die chinesische Regierung hat ihre Null-Covid-Strategie diskret beerdigt. Wo sich demokratische Minister hingestellt und lautstark Lockerungen verkündet hätten, treten in China Bürokraten vor die Presse und sprechen von “Optimierungen” der bestehenden Politik. Tatsächlich ist alles abgeschafft, was Null-Covid ausmacht: flächendeckende Lockdowns, strenge Isolation von Fällen und Kontakten, das Diktat der Corona-App, zermürbende Dauertesterei und ständiger Distanzunterricht. Stattdessen heißt es jetzt: Impfen, Impfen, Impfen. Xi Jinping ist eben doch für Überraschungen gut.
Die Abkehr von Null-Covid ist eine Reaktion auf die jüngsten Proteste, hat aber auch wirtschaftliche Gründe. China könnte wegen der Lockdowns in diesem Jahr das selbstgesteckte Wachstumsziel krachend verfehlen. Darauf weist der aktuelle Einbruch des Außenhandels hin, den Felix Lee analysiert. Wer jetzt Schadenfreude zeigt, sollte erst den Text lesen. Denn zum Außenhandel gehört auch der Import aus Deutschland, dessen Exporte entsprechend heftig zurückgehen.
Im Portrait stellen wir Ihnen heute Ivana Karásková vor. Die Forscherin aus Prag befasst sich mit den Folgen von Desinformation und dem Einfluss der Volksrepublik in Mittel- und Osteuropa. Am kommenden Mittwoch wird sie gemeinsam mit zwei weiteren Experten aus Ungarn und Serbien bei unserem Table.Live-Briefing zu Gast sein, in dem wir einen Blick auf China in der Region werfen.
Außerdem bieten wir im China.Table einen neuen Dienst an: Stellenanzeigen. Es ist derzeit schwer, Fachkräfte für den Einsatz in China zu finden – das zeigen unsere Analysen und Veranstaltungen genauso wie ökonomische Studien. Falls Sie Personal in unserer Zielgruppe suchen, können Sie sich an unsere Kollegen von der Anzeigenannahme wenden unter advertising@table.media.
Dass es um Chinas Wirtschaft nicht zum Besten steht, war den meisten Ökonomen angesichts der vielen Lockdowns bekannt. Das Ausmaß hat viele aber dann doch überrascht: Der chinesische Außenhandel ist im vergangenen Monat so stark eingebrochen wie seit Beginn der Corona-Pandemie im Februar 2020 nicht mehr. Er ging nach Angaben des Nationalen Zollamts um 9,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Das Defizit bei den Ausfuhren lag bei Minus 8,7 Prozent, die Einfuhren sackten gar um 10,6 Prozent ab.
Die rigide Null-Covid-Politik dürfte der Hauptgrund für die schlechten Zahlen sein. Immer wieder wurden ganze Ballungsräumen wegen angeblich zu hoher Infektionszahlen abgeriegelt. Die Lockdowns im November hätten Lieferketten unterbrochen und Menschen in China die Konsumlaune verdorben, sagt Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Peking der Deutschen Presse-Agentur. Hinzu kämen Störungen der Lieferketten. “Viele Waren konnten nicht hergestellt werden, weil es an Vorprodukten fehlten, die gar nicht geliefert werden konnten”, sagte der Kammerchef.
Der Einbruch im chinesischen Außenhandel trifft auch die deutsche Wirtschaft hart. Die deutschen Ausfuhren in die Volksrepublik fielen um 17,5 Prozent. Chinas Ausfuhren nach Deutschland gingen um 14,4 Prozent zurück. Noch größer ist der Rückgang der chinesischen Ausfuhren in die USA. Dieser lag im November bei einem Minus von 25,4 Prozent. China selbst importierte um 7,3 Prozent weniger aus den Vereinigten Staaten. Viele Container auf dem Weg in die USA seien leer.
Dabei schien es, dass im dritten Jahr der Pandemie viele Händler und Logistikunternehmen einen Umgang mit den vielen Lockdowns und Unterbrechungen gefunden hatten. “Was die Lieferketten angeht, haben viele Händler Wege gefunden, wie sie den Warenverkehr gerade mit China trotz dortiger Lockdowns organisiert bekommen”, sagte etwa der Ökonom Jens Südekum vom Institut für Wettbewerbsökonomie an der Uni Düsseldorf. In dieser flexiblen Handhabung sah er auch einen Grund, warum die hohen Inflationsraten in Deutschland und Europa ihren Zenit überschritten haben.
Doch die Lockdowns im Oktober und November waren offenbar zu massiv. Zeitweise durften mehr als 200 Millionen Menschen ihre Wohnungen oder die eigens gebauten Quarantäneeinrichtungen nicht verlassen. Nach Schätzungen der japanischen Finanzgruppe Nomura waren Regionen betroffen, die in normalen Zeiten bis zu einem Fünftel zum Bruttoinlandsprodukt beisteuern. Trotz sogenannter geschlossener Kreisläufe in vielen Betrieben, in denen die Mitarbeiter über Tage und Wochen ohne Ausgang leben und arbeiten, standen Fabriken still.
Das hatte Folgen: Wegen des Auftragsrückgangs sollen zahlreiche chinesische Fabriken im kommenden Jahr bereits zwei Wochen früher als gewöhnlich für das chinesische Neujahrsfest geschlossen werden. Das chinesische Neujahr fällt nächstes Jahr auf den 21. Januar. Normalerweise sind nur die sieben Tage nach dem Feiertag offiziell frei.
Auch der Konsum leidet erheblich unter den strengen Lockdowns. Ganze Shopping-Malls, von denen einige erst in den letzten Jahren eröffnet hatten, stehen nun leer. “Wer kann schon drei Monate ohne Umsätze überleben?”, fragt auf Twitter etwa ein ausländischer Geschäftsbetreiber in der einst pulsierenden Anfu-Lu in Shanghai. Dort hatten vor 15 Tagen die Anti-Covid-Proteste stattgefunden. Inzwischen ist das gesamte Viertel abgeriegelt, Geschäfte dürfen trotz der zugesagten Lockerungen in der Ecke auch weiter nicht öffnen.
“Die Führung hat erkannt, dass sich die Null-Covid-Politik und eine wirtschaftliche Erholung gegenseitig ausschließen“, sagte Hildebrandt zur verkündeten Kehrtwende in der Covid-Politik. “Das Ruder wird nun rumgerissen und auf eine Lockerung hingearbeitet.” Ein zügiger und flächendeckender Ausstieg aus der Null-Covid-Politik wäre “eine Wohltat” für die Erholung des Außenhandels und der Wirtschaft.
Ein weiterer Grund für den Rückgang der chinesischen Außenhandelszahlen ist allerdings auch die schwache weltweite Nachfrage insgesamt. Hohe Inflation und Energiepreise in den meisten Teilen der Welt in Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine setzen auch Chinas Wirtschaft zu. Das wiederum könnte ein Grund sein, warum Peking nicht mehr ganz so geschlossen zu Putin hält. Die Führung war zu Beginn des Krieges im Februar von einer nur kurzen militärischen Auseinandersetzung ausgegangen, die China wirtschaftlich nur wenig treffen würde. In dieser Einschätzung hatte sie sich getäuscht.
Allen Autarkiebestrebungen der chinesischen Führung zum Trotz, trägt der Außenhandel auch weiter wesentlich zum Wirtschaftswachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt bei. Die Weltbank geht in ihren Berechnungen bereits davon aus, dass die chinesische Führung ihre Wachstumsvorgabe von 5,5 Prozent für das Jahr 2022 nicht erreichen wird. Die Weltbank geht nur noch von einem Zuwachs der chinesischen Wirtschaft von 2,8 Prozent aus. Das wäre das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die Führung ihr selbst gestecktes Ziel verfehlt.
Die Corona-Maßnahmen waren in den vergangenen zweieinhalb Jahren die größte Quelle für Unmut unter chinesischen und ausländischen Bewohnern des Landes – jetzt kommen die Lockerungen Schlag auf Schlag. Die Gesundheitskommission hat am Mittwoch eine Pressekonferenz abgehalten und darin de facto das Ende der Null-Covid-Strategie bekannt gegeben. Offiziell handelt es allerdings nur um ihre “aktive Optimierung”, schließlich war die Strategie bis gestern noch hochgelobte Staatsdoktrin.
Hier die Änderungen im Überblick:
Das Programm klingt nach einer enormen Befreiung für die Lockdown-geplagten Stadtbewohner. Es ist ganz offensichtlich die Antwort auf die Unzufriedenheit, die sie klar geäußert haben. Doch die Lockerungen werfen Fragen auf.
Der Berliner Virologe Christian Drosten warnt in einem Interview sogar davor, dass China zur Brutstätte für neue Varianten werden könnte. Ein mutationsfreudiges Virus trifft dort auf eine große und nur wenig immune Bevölkerung.
Tatsächlich ist eine Rückkehr zu Kontaktbeschränkungen wahrscheinlich, wenn auch durch die Hintertür. Wenn sich Corona unter Schülerinnen und Schülern ausbreitet, werden die Schulen eben doch schließen müssen. Die Omikron-Variante von Sars-CoV-2 ist so ansteckend, dass die radikalen Kontaktbeschränkungen der vergangenen acht Monate das einzig wirksame Mittel waren, das Virus zu kontrollieren (China.Table berichtete). Das ist einer der Gründe dafür, dass China im Frühjahr nach weitgehend virusfreien zwei Jahren plötzlich so heftige Probleme bekommen hat.
Jetzt droht China eine exponentielle Ausbreitung: Fallzahlen, die immer schneller steigen. Das lässt sich nur schwer wieder einfangen. Auch wenn Vize-Ministerpräsidentin Sun Chunlan als Grund für die Lockerungen die Harmlosigkeit von Omikron nennt: Die Variante ist für ältere und vorerkrankte Patienten mit schlechtem Impfschutz auch keineswegs harmlos – die Sterberate war in Europa vor allem wegen der Booster-Impfungen gesunken. China hat pro Kopf zudem nur halb so viele Krankenhausbetten wie Deutschland. Nur 68 Prozent der chinesischen Senioren sind geboostert, in Deutschland sind es 86 und in Japan 90 Prozent.
Umso dringender ist es jetzt, die Impfquote unter den Älteren hochzutreiben. Zheng Zhongwei, Direktor des Wissenschaftszentrums der Nationalen Gesundheitskommission, betonte die Sicherheit und Wirksamkeit des chinesischen Corona-Vakzins. Die älteren Menschen sollen sich unbedingt boostern lassen, so die Kommission; eine Impfpflicht werde es aber nicht geben. Auch die 18- bis 59-Jährigen, deren Impfung mehr als ein halbes Jahr zurückliege, bräuchten eine Auffrischung.
In China läuft also eine neue Impfkampagne an. Doch bis die Gefährdeten geboostert sind, wird es noch dauern. Auf eine Überlastung der Krankenhäuser in der Zwischenzeit kann die Gesundheitskommission eigentlich nur mit einer Rückkehr zu Einschränkungen reagieren.
Der taiwanische Chipfertiger TSMC verdreifacht seine Investitionen in den USA. Statt eine Halbleiterfabrik für zwölf Milliarden US-Dollar im US-Bundesstaat Arizona zu errichten, plant der weltgrößte Auftragsfertiger von hochwertigen Chips dort nun zwei Fabriken für rund 40 Milliarden Dollar zu bauen, gab das Unternehmen am Dienstag bekannt. In beiden Fabriken sollen die äußerst leistungsstarken 4- und 3-Nanometer-Wafer hergestellt werden.
Zuvor war die Produktion von 5-Nanometer-Chips in einer Fabrik angedacht gewesen. Laut Mitteilung der TSMC soll die Produktion in 4-nm-Technik im Jahr 2024 aufgenommen werden. Die zweite Halbleiterfabrik wird demnach mit der Herstellung von 3-nm-Chips 2026 beginnen. Je kleiner die Transistoren werden, desto mehr können sie mit geringerem Stromverbrauch leisten. Diese Halbleiter sind daher besonders für mobile Hightech wie Smartphones, aber auch für moderne Militärtechnologie wichtig. TSCM ist in diesem Bereich weltweit führend.
Apple und Nvidia sollen zu den ersten Abnehmern der von TSMC in den USA hergestellten Chips gehören, meldete Nikkei Asia. Pro Jahr sollen rund 600.000 Wafer in Arizona hergestellt werden. Das ist deutlich mehr als die ursprünglich für die 5-nm-Chipfabrik geplanten 20.000 Wafer pro Monat. An die Produktion in Taiwan werden die Werke in Arizona aber trotzdem nicht herankommen: Bei TSMC in Taiwan würden pro Monat rund zwei Millionen Wafer produziert, erklärte jüngst Taiwans Wirtschaftsminister Wang Mei-Hua. Die Zahl schließe auch ältere Generationen mit ein. ari
Die Europäische Union verschärft in zwei Fällen ihr Vorgehen gegen China bei der Welthandelsorganisation (WTO). Brüssel habe die Einrichtung zweier Schiedsgerichte für zwei laufende Verfahren beantragt, teilte die EU am Mittwoch mit. Bei den WTO-Verfahren geht es um die De-facto-Handelsblockade gegen Litauen und den Patentschutz bei Hightech-Produkten. In beiden Fällen hatte Brüssel Anfang des Jahres Konsultationen mit der Volksrepublik beantragt, die nach Angaben der EU auch stattfanden. Eine Lösung konnte dabei nicht gefunden werden.
“In beiden Fällen schaden die chinesischen Maßnahmen den europäischen Unternehmen in hohem Maße”, teilte die EU mit. Die “diskriminierenden Maßnahmen gegen Litauen” beeinträchtigten den Binnenmarkt und die Lieferketten innerhalb der EU. Nun wird sich das Streitbeilegungsgremium der WTO (Dispute Settlement Body) am 20. Dezember mit der Einsetzung der Schiedsgerichte befassen. Peking kann sich einmalig gegen die Einrichtung aussprechen. Sollte das der Fall sein, wird die EU nach eigenen Angaben den Antrag erneuern und das Panel dann Ende Januar 2023 einsetzen. Panelverfahren können dann bis zu eineinhalb Jahren dauern.
Dieser Schritt sende eine wichtige Botschaft an China, sagte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis: “Die EU wird den Binnenmarkt und die EU-Mitgliedstaaten mit allen Mitteln gegen Chinas politisch motivierten wirtschaftlichen Zwang verteidigen.” Offizielle Importeinschränkungen gibt es unter anderem gegen Rindfleisch, Alkohol und Getreide aus Litauen. Mit diesen Belegen und Zeugenaussagen von betroffenen Unternehmen zu anderen Gängelungen der chinesischen Zollbehörde gehe man davon aus, in diesem Verfahren erfolgreich zu sein, hieß es aus EU-Kreisen. ari
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einem Bericht des Nachrichtenmagazins “Der Spiegel” zufolge dem Impfstoff der chinesischen Firma Sinovac eine Einfuhrgenehmigung erteilt. “Mit dieser Zulassung wollen wir erreichen, dass chinesische Bürger durch den eigenen Impfstoff hier auch geschützt sind”, sagte Lauterbach.
Der Impfstoff darf damit nach Deutschland eingeführt, allerdings ausschließlich an chinesische Staatsangehörige verabreicht werden. Grundlage dafür sei eine Bewertung durch das Paul-Ehrlich-Institut, heißt es in dem Bericht. Geimpft werden darf demnach nur, wenn die chinesische Botschaft in Berlin und die chinesischen Konsulate die Verantwortung dafür übernehmen. Eine Zulassung für Deutsche ist nicht vorgesehen.
Ein klassischer Fall von Reziprozität: Beim Besuch des Kanzlers Olaf Scholz im Oktober in Peking gab die chinesische Führung grünes Licht für die Verabreichung des Impfstoffs von Biontech – allerdings nur für Ausländer. flee
Chinas Rolle in Zentral- und Osteuropa hat sich verändert. Nach Ansicht von Ivana Karásková nicht zum Guten. Karásková ist China Research Fellow und Projektkoordinatorin bei der Denkfabrik Association for International Affairs (AMO) in Prag. Eigentlich wollte sie Journalistin werden und aus der Welt berichten. Doch nach dem Studium schrecken sie die unsicheren Zukunftsaussichten ab. Sie entscheidet sich für die Wissenschaft und studiert und lehrt in Prag, Shanghai und Taipeh. Karásková erkundet so die Welt, über die sie später als Wissenschaftlerin berichten wird.
Denn am AMO untersucht Karásková Chinas Einfluss in Zentral- und Osteuropa. Mit Blick auf die vergangenen Jahre sagt sie: Die Wirtschaftskrise 2008 hat Osteuropa hart getroffen. Groß war die Hoffnung, mit chinesischen Investitionen wieder auf die Beine zu kommen. Doch der Investitionsboom blieb aus, denn “China hatte keinen Plan, wo es wirklich investieren will”, so Karásková. Außerdem gab es einen weiteren Haken: “Die Investitionen aus China kamen mit politischen Forderungen”, erklärt Karásková. Dass vielen Ländern Zentral- und Osteuropas die Situation in Hongkong und Xinjiang Bauchschmerzen bereitete, kam in Peking nicht gut an.
Dennoch ist China ein wichtiger Akteur geblieben. Und Karásková hat sich zur Aufgabe gemacht, dessen Einfluss zu erforschen. 2016 gründet sie die Initiative Choice (China Observers in Central and Eastern Europe) – einen Hub für Chinaexperten aus Zentral und Osteuropa. “Ich hätte China-Experten in Berlin, Brüssel und Washington treffen können, aber nicht in Prag oder Warschau.” Zusätzlich ist sie Gründerin von MapInfluenCE. Das Projekt zeichnet detailliert nach, wie sich China und Russland im Kampf der Narrative verhalten.
Karásková erklärt: China versuche seit Jahren, das Vertrauen in westliche Demokratien über Social Media und auch klassische Medienformate zu untergraben. Ein Beispiel: Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, behauptete im Frühjahr 2020, das Corona-Virus stamme aus einem US-Labor. Eine Lüge, die sich über westliche Social-Media-Kanäle rasant verbreitete. Auch, weil eine Armee an neuen Fake-Accounts zusammen mit Accounts chinesischer Offizieller die Falschmeldung multiplizierten. So auch die polnische Version von China Radio International (CRI).
Das Ergebnis beunruhigt Karásková. Wer westliche Berichterstattung und chinesische Desinformation gegenüberstellt, könnte denken, dass die Wahrheit zwischen beiden Informations-Polen irgendwo in der Mitte läge. Das ist nicht nur falsch, sondern brandgefährlich für Demokratien, deren wichtigste Währung die Wahrheit ist, sagt Karásková.
Für Karásková kommt mit Russlands Invasion in der Ukraine eine neue Dimension hinzu. Denn China und Russland lernen voneinander und multiplizieren dieselben anti-westlichen Narrative. Und das in westlichen sozialen Netzwerken. Die Botschaft aus China lautet: Die Nato trage die Schuld am Krieg und die europäischen Demokratien stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Vor allem Osteuropa ist Ziel der Desinformationskampagnen. So wird China für Zentral- und Osteuropa “aus einem problematischen Partner zu einem Paria-Partner”, sagt Karásková.
Außerdem vermutet sie: “Bei der Desinformation über die Ukraine geht es auch um Taiwan.” Das Ziel sei es, Anti-Nato-Narrative schon jetzt zu befeuern, damit Chinas Propaganda im Falle einer Invasion in Taiwan schon auf bestehende anti-westliche Propaganda aufbauen könne. Die EU müsse das antizipieren und mehr gegen chinesische Desinformation tun, fordert Karásková. Jonathan Kaspar Lehrer
Kerstin Baumann ist seit Beginn des Monats für Marketing Purchasing bei der Hager Group in Europa und China zuständig. Baumann war zuvor unter anderem als Purchasing Manager für Regional Sourcing in Europa und Indien im Einsatz.
Weili Zang ist seit November zur neue Global Head of Sustainability Audit & Systems beim Autozulieferer Vitesco Technologies in Regensburg aufgestiegen. Sie war zuvor bereits in der Abteilung tätig.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Die Weihnachtszeit ist am Hongkonger Hafen angekommen – optisch etwas tropischer als in den europäischen Breitengraden, umringt von Palmen. Der überdimensionale Weihnachtsbaum, der die echten Bäume etwas übertrieben überragt, ist Teil von Christmas Town im West Kowloon Art Park. Oder handelt es sich dabei etwa um Kunst?
die chinesische Regierung hat ihre Null-Covid-Strategie diskret beerdigt. Wo sich demokratische Minister hingestellt und lautstark Lockerungen verkündet hätten, treten in China Bürokraten vor die Presse und sprechen von “Optimierungen” der bestehenden Politik. Tatsächlich ist alles abgeschafft, was Null-Covid ausmacht: flächendeckende Lockdowns, strenge Isolation von Fällen und Kontakten, das Diktat der Corona-App, zermürbende Dauertesterei und ständiger Distanzunterricht. Stattdessen heißt es jetzt: Impfen, Impfen, Impfen. Xi Jinping ist eben doch für Überraschungen gut.
Die Abkehr von Null-Covid ist eine Reaktion auf die jüngsten Proteste, hat aber auch wirtschaftliche Gründe. China könnte wegen der Lockdowns in diesem Jahr das selbstgesteckte Wachstumsziel krachend verfehlen. Darauf weist der aktuelle Einbruch des Außenhandels hin, den Felix Lee analysiert. Wer jetzt Schadenfreude zeigt, sollte erst den Text lesen. Denn zum Außenhandel gehört auch der Import aus Deutschland, dessen Exporte entsprechend heftig zurückgehen.
Im Portrait stellen wir Ihnen heute Ivana Karásková vor. Die Forscherin aus Prag befasst sich mit den Folgen von Desinformation und dem Einfluss der Volksrepublik in Mittel- und Osteuropa. Am kommenden Mittwoch wird sie gemeinsam mit zwei weiteren Experten aus Ungarn und Serbien bei unserem Table.Live-Briefing zu Gast sein, in dem wir einen Blick auf China in der Region werfen.
Außerdem bieten wir im China.Table einen neuen Dienst an: Stellenanzeigen. Es ist derzeit schwer, Fachkräfte für den Einsatz in China zu finden – das zeigen unsere Analysen und Veranstaltungen genauso wie ökonomische Studien. Falls Sie Personal in unserer Zielgruppe suchen, können Sie sich an unsere Kollegen von der Anzeigenannahme wenden unter advertising@table.media.
Dass es um Chinas Wirtschaft nicht zum Besten steht, war den meisten Ökonomen angesichts der vielen Lockdowns bekannt. Das Ausmaß hat viele aber dann doch überrascht: Der chinesische Außenhandel ist im vergangenen Monat so stark eingebrochen wie seit Beginn der Corona-Pandemie im Februar 2020 nicht mehr. Er ging nach Angaben des Nationalen Zollamts um 9,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Das Defizit bei den Ausfuhren lag bei Minus 8,7 Prozent, die Einfuhren sackten gar um 10,6 Prozent ab.
Die rigide Null-Covid-Politik dürfte der Hauptgrund für die schlechten Zahlen sein. Immer wieder wurden ganze Ballungsräumen wegen angeblich zu hoher Infektionszahlen abgeriegelt. Die Lockdowns im November hätten Lieferketten unterbrochen und Menschen in China die Konsumlaune verdorben, sagt Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Peking der Deutschen Presse-Agentur. Hinzu kämen Störungen der Lieferketten. “Viele Waren konnten nicht hergestellt werden, weil es an Vorprodukten fehlten, die gar nicht geliefert werden konnten”, sagte der Kammerchef.
Der Einbruch im chinesischen Außenhandel trifft auch die deutsche Wirtschaft hart. Die deutschen Ausfuhren in die Volksrepublik fielen um 17,5 Prozent. Chinas Ausfuhren nach Deutschland gingen um 14,4 Prozent zurück. Noch größer ist der Rückgang der chinesischen Ausfuhren in die USA. Dieser lag im November bei einem Minus von 25,4 Prozent. China selbst importierte um 7,3 Prozent weniger aus den Vereinigten Staaten. Viele Container auf dem Weg in die USA seien leer.
Dabei schien es, dass im dritten Jahr der Pandemie viele Händler und Logistikunternehmen einen Umgang mit den vielen Lockdowns und Unterbrechungen gefunden hatten. “Was die Lieferketten angeht, haben viele Händler Wege gefunden, wie sie den Warenverkehr gerade mit China trotz dortiger Lockdowns organisiert bekommen”, sagte etwa der Ökonom Jens Südekum vom Institut für Wettbewerbsökonomie an der Uni Düsseldorf. In dieser flexiblen Handhabung sah er auch einen Grund, warum die hohen Inflationsraten in Deutschland und Europa ihren Zenit überschritten haben.
Doch die Lockdowns im Oktober und November waren offenbar zu massiv. Zeitweise durften mehr als 200 Millionen Menschen ihre Wohnungen oder die eigens gebauten Quarantäneeinrichtungen nicht verlassen. Nach Schätzungen der japanischen Finanzgruppe Nomura waren Regionen betroffen, die in normalen Zeiten bis zu einem Fünftel zum Bruttoinlandsprodukt beisteuern. Trotz sogenannter geschlossener Kreisläufe in vielen Betrieben, in denen die Mitarbeiter über Tage und Wochen ohne Ausgang leben und arbeiten, standen Fabriken still.
Das hatte Folgen: Wegen des Auftragsrückgangs sollen zahlreiche chinesische Fabriken im kommenden Jahr bereits zwei Wochen früher als gewöhnlich für das chinesische Neujahrsfest geschlossen werden. Das chinesische Neujahr fällt nächstes Jahr auf den 21. Januar. Normalerweise sind nur die sieben Tage nach dem Feiertag offiziell frei.
Auch der Konsum leidet erheblich unter den strengen Lockdowns. Ganze Shopping-Malls, von denen einige erst in den letzten Jahren eröffnet hatten, stehen nun leer. “Wer kann schon drei Monate ohne Umsätze überleben?”, fragt auf Twitter etwa ein ausländischer Geschäftsbetreiber in der einst pulsierenden Anfu-Lu in Shanghai. Dort hatten vor 15 Tagen die Anti-Covid-Proteste stattgefunden. Inzwischen ist das gesamte Viertel abgeriegelt, Geschäfte dürfen trotz der zugesagten Lockerungen in der Ecke auch weiter nicht öffnen.
“Die Führung hat erkannt, dass sich die Null-Covid-Politik und eine wirtschaftliche Erholung gegenseitig ausschließen“, sagte Hildebrandt zur verkündeten Kehrtwende in der Covid-Politik. “Das Ruder wird nun rumgerissen und auf eine Lockerung hingearbeitet.” Ein zügiger und flächendeckender Ausstieg aus der Null-Covid-Politik wäre “eine Wohltat” für die Erholung des Außenhandels und der Wirtschaft.
Ein weiterer Grund für den Rückgang der chinesischen Außenhandelszahlen ist allerdings auch die schwache weltweite Nachfrage insgesamt. Hohe Inflation und Energiepreise in den meisten Teilen der Welt in Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine setzen auch Chinas Wirtschaft zu. Das wiederum könnte ein Grund sein, warum Peking nicht mehr ganz so geschlossen zu Putin hält. Die Führung war zu Beginn des Krieges im Februar von einer nur kurzen militärischen Auseinandersetzung ausgegangen, die China wirtschaftlich nur wenig treffen würde. In dieser Einschätzung hatte sie sich getäuscht.
Allen Autarkiebestrebungen der chinesischen Führung zum Trotz, trägt der Außenhandel auch weiter wesentlich zum Wirtschaftswachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt bei. Die Weltbank geht in ihren Berechnungen bereits davon aus, dass die chinesische Führung ihre Wachstumsvorgabe von 5,5 Prozent für das Jahr 2022 nicht erreichen wird. Die Weltbank geht nur noch von einem Zuwachs der chinesischen Wirtschaft von 2,8 Prozent aus. Das wäre das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die Führung ihr selbst gestecktes Ziel verfehlt.
Die Corona-Maßnahmen waren in den vergangenen zweieinhalb Jahren die größte Quelle für Unmut unter chinesischen und ausländischen Bewohnern des Landes – jetzt kommen die Lockerungen Schlag auf Schlag. Die Gesundheitskommission hat am Mittwoch eine Pressekonferenz abgehalten und darin de facto das Ende der Null-Covid-Strategie bekannt gegeben. Offiziell handelt es allerdings nur um ihre “aktive Optimierung”, schließlich war die Strategie bis gestern noch hochgelobte Staatsdoktrin.
Hier die Änderungen im Überblick:
Das Programm klingt nach einer enormen Befreiung für die Lockdown-geplagten Stadtbewohner. Es ist ganz offensichtlich die Antwort auf die Unzufriedenheit, die sie klar geäußert haben. Doch die Lockerungen werfen Fragen auf.
Der Berliner Virologe Christian Drosten warnt in einem Interview sogar davor, dass China zur Brutstätte für neue Varianten werden könnte. Ein mutationsfreudiges Virus trifft dort auf eine große und nur wenig immune Bevölkerung.
Tatsächlich ist eine Rückkehr zu Kontaktbeschränkungen wahrscheinlich, wenn auch durch die Hintertür. Wenn sich Corona unter Schülerinnen und Schülern ausbreitet, werden die Schulen eben doch schließen müssen. Die Omikron-Variante von Sars-CoV-2 ist so ansteckend, dass die radikalen Kontaktbeschränkungen der vergangenen acht Monate das einzig wirksame Mittel waren, das Virus zu kontrollieren (China.Table berichtete). Das ist einer der Gründe dafür, dass China im Frühjahr nach weitgehend virusfreien zwei Jahren plötzlich so heftige Probleme bekommen hat.
Jetzt droht China eine exponentielle Ausbreitung: Fallzahlen, die immer schneller steigen. Das lässt sich nur schwer wieder einfangen. Auch wenn Vize-Ministerpräsidentin Sun Chunlan als Grund für die Lockerungen die Harmlosigkeit von Omikron nennt: Die Variante ist für ältere und vorerkrankte Patienten mit schlechtem Impfschutz auch keineswegs harmlos – die Sterberate war in Europa vor allem wegen der Booster-Impfungen gesunken. China hat pro Kopf zudem nur halb so viele Krankenhausbetten wie Deutschland. Nur 68 Prozent der chinesischen Senioren sind geboostert, in Deutschland sind es 86 und in Japan 90 Prozent.
Umso dringender ist es jetzt, die Impfquote unter den Älteren hochzutreiben. Zheng Zhongwei, Direktor des Wissenschaftszentrums der Nationalen Gesundheitskommission, betonte die Sicherheit und Wirksamkeit des chinesischen Corona-Vakzins. Die älteren Menschen sollen sich unbedingt boostern lassen, so die Kommission; eine Impfpflicht werde es aber nicht geben. Auch die 18- bis 59-Jährigen, deren Impfung mehr als ein halbes Jahr zurückliege, bräuchten eine Auffrischung.
In China läuft also eine neue Impfkampagne an. Doch bis die Gefährdeten geboostert sind, wird es noch dauern. Auf eine Überlastung der Krankenhäuser in der Zwischenzeit kann die Gesundheitskommission eigentlich nur mit einer Rückkehr zu Einschränkungen reagieren.
Der taiwanische Chipfertiger TSMC verdreifacht seine Investitionen in den USA. Statt eine Halbleiterfabrik für zwölf Milliarden US-Dollar im US-Bundesstaat Arizona zu errichten, plant der weltgrößte Auftragsfertiger von hochwertigen Chips dort nun zwei Fabriken für rund 40 Milliarden Dollar zu bauen, gab das Unternehmen am Dienstag bekannt. In beiden Fabriken sollen die äußerst leistungsstarken 4- und 3-Nanometer-Wafer hergestellt werden.
Zuvor war die Produktion von 5-Nanometer-Chips in einer Fabrik angedacht gewesen. Laut Mitteilung der TSMC soll die Produktion in 4-nm-Technik im Jahr 2024 aufgenommen werden. Die zweite Halbleiterfabrik wird demnach mit der Herstellung von 3-nm-Chips 2026 beginnen. Je kleiner die Transistoren werden, desto mehr können sie mit geringerem Stromverbrauch leisten. Diese Halbleiter sind daher besonders für mobile Hightech wie Smartphones, aber auch für moderne Militärtechnologie wichtig. TSCM ist in diesem Bereich weltweit führend.
Apple und Nvidia sollen zu den ersten Abnehmern der von TSMC in den USA hergestellten Chips gehören, meldete Nikkei Asia. Pro Jahr sollen rund 600.000 Wafer in Arizona hergestellt werden. Das ist deutlich mehr als die ursprünglich für die 5-nm-Chipfabrik geplanten 20.000 Wafer pro Monat. An die Produktion in Taiwan werden die Werke in Arizona aber trotzdem nicht herankommen: Bei TSMC in Taiwan würden pro Monat rund zwei Millionen Wafer produziert, erklärte jüngst Taiwans Wirtschaftsminister Wang Mei-Hua. Die Zahl schließe auch ältere Generationen mit ein. ari
Die Europäische Union verschärft in zwei Fällen ihr Vorgehen gegen China bei der Welthandelsorganisation (WTO). Brüssel habe die Einrichtung zweier Schiedsgerichte für zwei laufende Verfahren beantragt, teilte die EU am Mittwoch mit. Bei den WTO-Verfahren geht es um die De-facto-Handelsblockade gegen Litauen und den Patentschutz bei Hightech-Produkten. In beiden Fällen hatte Brüssel Anfang des Jahres Konsultationen mit der Volksrepublik beantragt, die nach Angaben der EU auch stattfanden. Eine Lösung konnte dabei nicht gefunden werden.
“In beiden Fällen schaden die chinesischen Maßnahmen den europäischen Unternehmen in hohem Maße”, teilte die EU mit. Die “diskriminierenden Maßnahmen gegen Litauen” beeinträchtigten den Binnenmarkt und die Lieferketten innerhalb der EU. Nun wird sich das Streitbeilegungsgremium der WTO (Dispute Settlement Body) am 20. Dezember mit der Einsetzung der Schiedsgerichte befassen. Peking kann sich einmalig gegen die Einrichtung aussprechen. Sollte das der Fall sein, wird die EU nach eigenen Angaben den Antrag erneuern und das Panel dann Ende Januar 2023 einsetzen. Panelverfahren können dann bis zu eineinhalb Jahren dauern.
Dieser Schritt sende eine wichtige Botschaft an China, sagte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis: “Die EU wird den Binnenmarkt und die EU-Mitgliedstaaten mit allen Mitteln gegen Chinas politisch motivierten wirtschaftlichen Zwang verteidigen.” Offizielle Importeinschränkungen gibt es unter anderem gegen Rindfleisch, Alkohol und Getreide aus Litauen. Mit diesen Belegen und Zeugenaussagen von betroffenen Unternehmen zu anderen Gängelungen der chinesischen Zollbehörde gehe man davon aus, in diesem Verfahren erfolgreich zu sein, hieß es aus EU-Kreisen. ari
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einem Bericht des Nachrichtenmagazins “Der Spiegel” zufolge dem Impfstoff der chinesischen Firma Sinovac eine Einfuhrgenehmigung erteilt. “Mit dieser Zulassung wollen wir erreichen, dass chinesische Bürger durch den eigenen Impfstoff hier auch geschützt sind”, sagte Lauterbach.
Der Impfstoff darf damit nach Deutschland eingeführt, allerdings ausschließlich an chinesische Staatsangehörige verabreicht werden. Grundlage dafür sei eine Bewertung durch das Paul-Ehrlich-Institut, heißt es in dem Bericht. Geimpft werden darf demnach nur, wenn die chinesische Botschaft in Berlin und die chinesischen Konsulate die Verantwortung dafür übernehmen. Eine Zulassung für Deutsche ist nicht vorgesehen.
Ein klassischer Fall von Reziprozität: Beim Besuch des Kanzlers Olaf Scholz im Oktober in Peking gab die chinesische Führung grünes Licht für die Verabreichung des Impfstoffs von Biontech – allerdings nur für Ausländer. flee
Chinas Rolle in Zentral- und Osteuropa hat sich verändert. Nach Ansicht von Ivana Karásková nicht zum Guten. Karásková ist China Research Fellow und Projektkoordinatorin bei der Denkfabrik Association for International Affairs (AMO) in Prag. Eigentlich wollte sie Journalistin werden und aus der Welt berichten. Doch nach dem Studium schrecken sie die unsicheren Zukunftsaussichten ab. Sie entscheidet sich für die Wissenschaft und studiert und lehrt in Prag, Shanghai und Taipeh. Karásková erkundet so die Welt, über die sie später als Wissenschaftlerin berichten wird.
Denn am AMO untersucht Karásková Chinas Einfluss in Zentral- und Osteuropa. Mit Blick auf die vergangenen Jahre sagt sie: Die Wirtschaftskrise 2008 hat Osteuropa hart getroffen. Groß war die Hoffnung, mit chinesischen Investitionen wieder auf die Beine zu kommen. Doch der Investitionsboom blieb aus, denn “China hatte keinen Plan, wo es wirklich investieren will”, so Karásková. Außerdem gab es einen weiteren Haken: “Die Investitionen aus China kamen mit politischen Forderungen”, erklärt Karásková. Dass vielen Ländern Zentral- und Osteuropas die Situation in Hongkong und Xinjiang Bauchschmerzen bereitete, kam in Peking nicht gut an.
Dennoch ist China ein wichtiger Akteur geblieben. Und Karásková hat sich zur Aufgabe gemacht, dessen Einfluss zu erforschen. 2016 gründet sie die Initiative Choice (China Observers in Central and Eastern Europe) – einen Hub für Chinaexperten aus Zentral und Osteuropa. “Ich hätte China-Experten in Berlin, Brüssel und Washington treffen können, aber nicht in Prag oder Warschau.” Zusätzlich ist sie Gründerin von MapInfluenCE. Das Projekt zeichnet detailliert nach, wie sich China und Russland im Kampf der Narrative verhalten.
Karásková erklärt: China versuche seit Jahren, das Vertrauen in westliche Demokratien über Social Media und auch klassische Medienformate zu untergraben. Ein Beispiel: Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, behauptete im Frühjahr 2020, das Corona-Virus stamme aus einem US-Labor. Eine Lüge, die sich über westliche Social-Media-Kanäle rasant verbreitete. Auch, weil eine Armee an neuen Fake-Accounts zusammen mit Accounts chinesischer Offizieller die Falschmeldung multiplizierten. So auch die polnische Version von China Radio International (CRI).
Das Ergebnis beunruhigt Karásková. Wer westliche Berichterstattung und chinesische Desinformation gegenüberstellt, könnte denken, dass die Wahrheit zwischen beiden Informations-Polen irgendwo in der Mitte läge. Das ist nicht nur falsch, sondern brandgefährlich für Demokratien, deren wichtigste Währung die Wahrheit ist, sagt Karásková.
Für Karásková kommt mit Russlands Invasion in der Ukraine eine neue Dimension hinzu. Denn China und Russland lernen voneinander und multiplizieren dieselben anti-westlichen Narrative. Und das in westlichen sozialen Netzwerken. Die Botschaft aus China lautet: Die Nato trage die Schuld am Krieg und die europäischen Demokratien stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Vor allem Osteuropa ist Ziel der Desinformationskampagnen. So wird China für Zentral- und Osteuropa “aus einem problematischen Partner zu einem Paria-Partner”, sagt Karásková.
Außerdem vermutet sie: “Bei der Desinformation über die Ukraine geht es auch um Taiwan.” Das Ziel sei es, Anti-Nato-Narrative schon jetzt zu befeuern, damit Chinas Propaganda im Falle einer Invasion in Taiwan schon auf bestehende anti-westliche Propaganda aufbauen könne. Die EU müsse das antizipieren und mehr gegen chinesische Desinformation tun, fordert Karásková. Jonathan Kaspar Lehrer
Kerstin Baumann ist seit Beginn des Monats für Marketing Purchasing bei der Hager Group in Europa und China zuständig. Baumann war zuvor unter anderem als Purchasing Manager für Regional Sourcing in Europa und Indien im Einsatz.
Weili Zang ist seit November zur neue Global Head of Sustainability Audit & Systems beim Autozulieferer Vitesco Technologies in Regensburg aufgestiegen. Sie war zuvor bereits in der Abteilung tätig.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Die Weihnachtszeit ist am Hongkonger Hafen angekommen – optisch etwas tropischer als in den europäischen Breitengraden, umringt von Palmen. Der überdimensionale Weihnachtsbaum, der die echten Bäume etwas übertrieben überragt, ist Teil von Christmas Town im West Kowloon Art Park. Oder handelt es sich dabei etwa um Kunst?