Table.Briefing: China

EU-Kammerchef Wuttke + Weltraumbahnhof

  • Jörg Wuttke plädiert für harte Verhandlungen
  • Bau eines Weltraumbahnhofs in Dschibuti
  • Britisches Gericht lehnt Klage von Uiguren ab
  • Covid-Infektionen erreichen neue Höchststände
  • Außenpolitik-Papier der SPD durchgesickert
  • Verlängerung der Zölle auf Alu-Räder
  • Im Portrait: Der Kopf des China-Hirn
  • Zur Sprache: Besuchsmarathon zum Neujahrsfest
Liebe Leserin, lieber Leser,

ein frohes neues Jahr des Hasen! Es verspricht dem Horoskop zufolge Ausgleich und Frieden. Das ist der Weltpolitik genauso zu gönnen wie uns allen privat.

Etwas mehr friedliches Privatleben hat ab Mai – hoffentlich – auch einer unserer wichtigsten China-Akteure: Jörg Wuttke tritt als Präsident der EU-Handelskammer ab. Der europäischen Wirtschaft in China wird eine herausragende Persönlichkeit verloren gehen. Wir haben Wuttke bei seinem Besuch in Berlin noch einmal ausführlich interviewt und veröffentlichen das Gespräch heute und morgen in zwei Teilen. Es geht um China-Strategien, Taiwan-Risiken, den Umgang mit Covid und die Lieferkettengesetze.

Wuttke glaubt nicht, dass die europäische Wirtschaft es sich leisten kann, weniger in China zu investieren. Stattdessen engagiert sie sich jetzt schon zusätzlich auch in anderen Weltgegenden – so klappt dann im Laufe der Zeit die Streuung der Investitionen.

Eine chinesische Privatfirma mit besten Verbindungen zur KP investiert derweil in Dschibuti. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Doch das Bauprojekt weckt in besonderem Maße Fantasien. Direkt in dem geopolitisch heiß umkämpften Gebiet errichtet China den ersten Weltraumstartplatz in Afrika. Dschibuti entwickelt sich zu einem bemerkenswerten Ort, schreibt Frank Sieren. Nur eine Million Einwohner, aber sechs internationale Militärstützpunkte, die Kontrolle über eine der für den Handel wichtigsten Meerengen und jetzt ein Raketenstartplatz. Das ist für uns Warnung und Ansporn zugleich.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Interview

“Germany and Europe First”

Jörg Wuttke zu der China und Taiwan Strategie Europas.
Jörg Wuttke ist Chef der EU-Handelskammer in China.

Das Jahr des Hasen wird in Deutschland das Jahr der China-Strategien. Die Entwürfe zweier Ministerien sind bereits gut bekannt, sie priorisieren die Rivalität und den Abbau von Abhängigkeiten. Wie steht die EU-Kammer dazu?  

Wenn das Papier hinten aus dem Wolf des Abstimmens durchkommt, wird es vermutlich schon wieder ganz anders aussehen.  

Hofft die Kammer denn, dass wenig davon übrigbleibt? 

Nein. Wir hoffen, dass alle Aspekte vertreten sind: China als Partner, Konkurrent und als Rivale. Wie die Gewichtung sein soll, hängt davon ab, wo die größten Vorteile liegen. Es kommt jetzt darauf an, dass wir eine klare, robuste Politik des Europe und Germany First machen. 

Germany First? Das klingt nach Donald Trump. 

Germany und Europe First – das ist für mich dasselbe. Ja, wir müssen schauen, wo unsere Interessen liegen. Es geht auch nicht um Protektionismus, sondern um Fokussierung. Die Chinesen machen längst China First. Darauf müssen wir robust reagieren. 

Bedeutet das mehr Industriepolitik? 

Industriepolitik halte ich in bestimmten Feldern für wichtig, die abgesichert sein müssen. Dazu gehören Pharmavorprodukte wie Antibiotika-Wirkstoffe und Vitamin B oder Industriemetalle wie Seltene Erden. Hier dürfen wir nicht erpressbar sein. China wird nicht zögern, solche Abhängigkeiten auch politisch einzusetzen. Deswegen brauchen wir Alternativen. 

Der Abbau von Abhängigkeiten bedeutet letztlich weniger China. Schmerzt Sie das nicht, der Sie 35 Jahre lang so mit dem Chinageschäft verbunden sind? 

Das ist nicht weniger China, das ist cleverer China. Denn eins ist klar: So wie bisher lief, geht es nicht weiter. Wir sind gut im Verkaufen, aber wir stoßen ständig auf Marktzugangshemmnisse. 

Die USA spielen ihre Wirtschaftsmacht in ihrer Konfrontation mit China konsequent aus. Sollte die EU ebenfalls mit Handelshürden arbeiten? 

Zölle auf chinesische Importe laufen nur auf eine Besteuerung der eigenen Konsumenten hinaus. Ich glaube nicht, dass wir dadurch etwas erreichen werden. Auch nach Amerika gehen heute mehr Container aus China als je zuvor. Wir sehen hier in Wirklichkeit ein Scheitern der Sanktionspolitik. Wir müssen das Thema Gegenseitigkeit geschickter angehen. 

Und wie? 

In der Diskussion um den Einstieg bei einem Terminal des Hamburger Hafens etwa hätte das Augenmerk darauf liegen sollen, dass chinesische Reedereien in Europa zwischen den Häfen untereinander verschiffen können, also von Piräus nach Antwerpen, von Valencia nach Hamburg. Wir dürfen das als Europäer in China nicht. Wir müssen von Dalian erst nach Pusan in Südkorea und können dann erst weiter nach Shanghai. Hier hätte man sagen können: OK, Ihr beteiligt Euch am Hamburger Hafen, aber das machen wir nur, wenn Ihr unseren Schiffen in China die gleichen Möglichkeiten erlaubt. 

China schützt seine Branchen durch eine ausgeprägte Industriepolitik. Die staatlichen und ökonomischen Akteure arbeiten Hand in Hand. Ziehen Politik und Wirtschaft in Europa ausreichend an einem Strang? 

Bei aller Industriepolitik müssen wir aufpassen, nicht Chinas System zu übernehmen. Wir sollten bei unserer liberalen DNA bleiben und schauen, wie wir mit der Konkurrenz umgehen können. Ich halte nichts von einem “Made in Europe 2025” in Anlehnung an “Made in China 2025”, bei den Behörden den Firmen vorgeben, wie hoch ihr Marktanteil zum Zielzeitpunkt sein soll. Wir müssen die chinesischen Firmen zwingen, mit offenem Visier zu spielen. Wir müssen schauen, wie weit sie subventioniert sind und dann eben Schlüsse daraus ziehen, inwieweit sie hier mitspielen dürfen.

Also befürworten Sie ein strengeres Investment-Screening?

Ein Screening für Investitionen kann sinnvoll sein. Chinesische Privatunternehmen sollten grundsätzlich aber weiter in Europa investieren dürfen. Am wichtigsten ist der Marktzugang in China.  

Der Politologe Eberhard Sandschneider hat im Interview mit China.Table die Diskussion um die China-Strategie “hysterisch” genannt. Wie empfinden Sie die Stimmung hier in Berlin? 

Meine Tour in Brüssel und Berlin zeigen mir, dass ein wahnsinniges Interesse an China da ist. Das nehme ich positiv zur Kenntnis. Man sollte sich jetzt aber so schnell wie möglich wieder in der Volksrepublik sehen lassen, um sich selbst ein Bild zu machen, wie die Lage dort ist. Reisen bildet.  

Der Elefant im Raum der Diskussion ist jedoch Taiwan. Die Führung in Peking hat ihre Drohungen massiv verstärkt. Die Strategie-Entwürfe tragen dem Rechnung. 

Ich bin absolut für eine tiefere wirtschaftliche Einbindung Taiwans. Wir sollten aber auf die roten Linien achten und dazu beitragen, den Status quo zu erhalten. Jede Salamitaktik, die das auflöst, führt zu Problemen, die dann kaum zu kontrollieren sind. 

Aber sollten wir uns nicht darauf vorbereiten, dass es zu einem Angriff Chinas auf Taiwan kommen könnte? 

Die rote Linie ist dazu da, genau ein solches Szenario zu verhindern. Ein Krieg um Taiwan würde den Krieg Russlands gegen die Ukraine klein aussehen lassen. Ein Krieg um Taiwan wäre nicht einfach eine Bedrohung des westlichen Investments in China, sondern würde zu einer globalen Kernschmelze führen. Die Kriegsvariante wirkt aber künstlich, es gibt keine Anzeichen, dass es dazu kommt. Die Gefahr, nicht in China zu sein, erscheint mir größer, als zu viel in China zu sein. Ich persönlich bin gegen vorauseilende Angst. In Deutschland und Europa herrscht jetzt schon eklatanter Arbeitskräftemangel, wer soll die ganzen Waren dann herstellen?  

Und Autoexperte Dudenhöffer sagt, wenn VW sich jetzt aus China zurückzieht, wäre es das Ende der deutschen Automobilindustrie. 

Für die Automobilbranche gilt: Wer in China nicht dabei ist, ist bei der Skalierung der technischen Fähigkeiten nicht dabei. Es geht ja nicht nur darum, Autos zu verkaufen. In China entwickelt sich derzeit der Markt für Elektroautos. Zugleich läuft der Wandel vom Benziner hin zum Computer auf Rädern. Wer dort nicht mitspielt, lernt nicht dazu. Die Amerikaner buttern genau deshalb genauso in China rein wie wir. Das gilt für viele andere Branchen auch, für Chemie, für Infrastruktur. 

Was Sie jetzt aufgezählt haben, lässt ja von dem wohlfeilen Gedanken, man könne einfach von China weg diversifizieren, nur wenig übrig.  

Im Gegenteil, in Wirklichkeit findet die Diversifizierung längst statt. Wir registrieren, dass keine europäische Firma China verlässt. Wir sehen zugleich, dass die Firmenchefs immer öfter in den Asean-Staaten oder in Indien unterwegs sind. Für viele lohnt es sich, denn China ist teurer geworden. Natürlich ist Kambodscha kein Ersatz für China. Dort gibt es oft nur eine einzige Straße, auf der sich dann die Lastwagen stauen. In Shenzhen führen die Autobahnen vierspurig auf den größten Hafen der Welt zu. Aber wir müssen unsere Hausaufgaben machen und nach neuen Standorten schauen, vielleicht auch wieder in Europa oder Amerika. 

Jörg Wuttke lebt seit nunmehr 35 Jahren in China und kennt sowohl die Wirtschaft als auch das politische System wie kaum ein anderer. Dreimal war er der Präsident der EU-Handelskammer. Bei den nächsten Wahlen im Mai wird er nicht noch mal für dieses Amt kandidieren.

Der zweite Teil des Interviews folgt in der morgigen Ausgabe.

  • EU
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  • Handel
  • Taiwan
  • Technologie
  • USA

Analyse

China baut Afrikas ersten Weltraum-Flughafen

Chinesische Investoren wollen rund eine Milliarde US-Dollar in Dschibuti ausgeben, um den ersten Weltraumbahnhof Afrikas zu bauen. Es handelt sich um das Privatunternehmen Hongkong Aerospace Technology Group und die Shanghaier Touchroad International Holdings Group. Touchroad gehört dem auf Afrika spezialisierten Unternehmer He Liehui. Er ist Vizepräsident der politisch wichtigen Chinese African People’s Friendship Assocation und hat bereits 2016 eine Sonderwirtschaftszone in Dschibuti gegründet.

Das Projekt ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch geopolitisch von Bedeutung. Es bindet China und Afrika enger aneinander und ist wichtig für das Selbstbewusstsein des afrikanischen Kontinents. “Keiner der bisher 54 Satelliten aus 15 afrikanischen Ländern wurde bisher von Afrika aus in den Weltraum geschickt”, sagte Temidayo Oniosun, Managing Director der Unternehmensberatung Space In Africa, dem Wirtschaftsmagazin African Business. Jetzt bestehe Hoffnung auf “den ersten afrikanischen Satelliten, der von afrikanischem Boden startet”.

China bringt die Weltraum-Branche nach Afrika

Der Markt ist allerdings noch klein. Im vergangenen Jahr haben alle afrikanischen Staaten zusammen genommen 534 Millionen US-Dollar für ihre Weltraumprogramme ausgegeben. Da ist noch viel Wachstum möglich, von dem nun erst einmal die Chinesen profitieren.

Chinas Weltraumflughafen in Dschibuti soll sieben Startrampen und drei Raketenteststationen bekommen. Bereits 2027 soll die Raketenstation fertig sein. Sie soll vor allem Satelliten ins All schicken. 30 Jahre werden die Chinesen den Weltraumflughafen managen. Danach wird er an Dschibuti übergeben. Präsident Ismail Omar Guelleh begrüßte bei der Unterzeichnung der Vereinbarung die Kooperation, ebenso wie Chinas Botschafter vor Ort, Hu Bin.

Lage am geostrategischen Hotspot

Dschibuti liegt ähnlich günstig am Äquator wie Kourou, der Weltraumhafen der europäischen Weltraumorganisation ESA in Französisch-Guayana (Südamerika). Entlang des Äquators profitieren startende Raketen von der Erdrotation, die ihnen höhere Geschwindigkeit auf dem Weg in den Orbit mitgibt.

Aber Dschibuti ist auch geostrategisch einer der wichtigsten Orte der Welt. Es liegt am Bab al-Mandab, einer nur 27 Kilometer breiten Meerenge, die den Suezkanal mit dem Indischen Ozean verbindet. Für den Welthandel, vor allem mit Europa, ist diese Schifffahrtsstraße eine Lebensader. Die frühere Kolonialmacht Frankreich hat deshalb dort ihren größten militärischen Auslandsstützpunkt, Italien ebenfalls, und sogar Japans Militär betreibt dort eine Basis. Am stärksten vertreten sind dort jedoch die USA seit 2002 mit dem Camp Lemonnier, einem zwei Quadratkilometer großen Gelände mit Nutzungsrecht für den nahe gelegenen Flughafen. 

China wirbt heftig um Dschibuti

Seit 2017 ist auch China vor Ort: Auf seiner ersten ausländischen Militärbasis sind 2.000 Soldaten stationiert. China hat dort einen Militärhafen errichtet, an dessen Pier auch Flugzeugträger anlegen können. Die Basis ist mit einem halben Quadratkilometer deutlich kleiner als die benachbarte Basis der USA.

Bei der Handelsinfrastruktur spielt China inzwischen allerdings die wichtigste Rolle. Erst im vergangenen Sommer hat die China Merchants Group, der größte Hafenbetreiber der Welt, einen Vertrag mit Dschibuti unterschrieben, um den dortigen Hafen für drei Milliarden Dollar auszubauen. Die China Merchants Group ist an dem Hafen nun mit 23,5 Prozent beteiligt. Der Hafen ist zugleich praktisch die Lebensader des nach der Bevölkerungszahl zweitgrößten Landes Afrikas: Äthiopien, dessen Wirtschaft selbst im schwierigen Jahr 2022 mit 5,3 Prozent gewachsen ist.  

Ausbildung von Lokführern für die von China finanzierte Zugstrecke zwischen Dschibuti und Adis Abeba.
Ausbildung von Lokführern für die von China finanzierte Zugstrecke zwischen Dschibuti und Adis Abeba.

Die Chinesen waren es auch, die die 750 Kilometer lange Eisenbahnstrecke der äthiopischen Hauptstadt Adis Abeba und Dschibuti für rund vier Milliarden US-Dollar gebaut haben. China hat Dschibuti zudem zum wichtigsten Unterseekabel-Hub der Region gemacht. Hier kommt das Glasfaserkabel “Peace” aus Pakistan an, Teil des globalen chinesischen Datennetzes. In der letzten Ausbaustufe soll das Peace-Kabel durch den Suezkanal verlaufen und im französischen Marseille enden.

Dschibuti ist hoch verschuldet

Der Raketenstartplatz wiederum wird im Nordosten von Dschibuti in der Region Obock gebaut und eine neue Autobahn und einen internationalen Hafen bekommen. Zudem sollen je ein Wind-, ein Solar- und ein Wasserkraftwerk entstehen. Ein großer Entwicklungsschritt für das kleine Land mit nur rund einer Million Einwohnern, einer ehemaligen französischen Kolonie. Die EU – oder wie im Fall des chinesischen Engagements ein Privatunternehmen – konnte sich trotz der günstigen geografischen Lage nicht durchringen, im großen Stil in einen Weltraumbahnhof zu investieren.

Eine Investition, die zu einem kritischen Zeitpunkt für Präsident Guelleh kommt: Denn Ende November vergangenen Jahres musste Dschibuti die Zahlungen für Kredite an China, aber auch an Kuwait einstellen. Laut Weltbank haben sich die internationalen Kreditkosten Dschibutis im vergangenen Jahr auf 184 Millionen US-Dollar verdreifacht. Sie könnten in diesem Jahr sogar auf 266 Millionen US-Dollar steigen. Bereits Ende 2021 hat der Internationale Währungsfonds die Schulden des Landes als “nicht nachhaltig” bezeichnet.

Geostrategie schlägt Kreditwürdigkeit

Dschibuti hat sich in den vergangenen rund 20 Jahren 1,5 Milliarden Dollar von China geliehen, hat das Boston University’s Global Development Policy Centre errechnet. Peking stört diese Entwicklung offensichtlich nicht so sehr, dass sie dem Projekt einen Riegel vorschiebt. Im Gegenteil: Die chinesische Botschaft ließ verlauten, dass sie “aktiv die nötige Unterstützung und Garantien geben wird.”

Die geostrategischen Überlegungen scheinen dabei wichtiger als mögliche wirtschaftliche Risiken.
Zwar ist über die genaue Finanzierungsstruktur des neuen Weltraumflughafens noch nichts bekannt. Es sieht allerdings so aus, als ob sich Dschibuti in diesem Fall nicht tiefer verschulden muss. Vielmehr stellt der Staat nur das Land zur Verfügung, während die Chinesen in das Projekt investieren, es bauen, für 30 Jahre betreiben, die Einheimischen ausbilden und den Weltraumhafen dann an Dschibuti übergeben.  

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News

Uiguren scheitern vor britischem Gericht

Der Weltkongress der Uiguren mit Sitz in München und die Nichtregierungsorganisation Global Legal Action Network sind nach Angaben der Nachrichtenagentur AP in Großbritannien mit dem Versuch gescheitert, den Import von Baumwolle aus der Region Xinjiang zu stoppen.

Die Aktivisten hatten die britische Regierung beschuldigt, die Einfuhr von Baumwollproduktion aus Xinjiang zuzulassen, obwohl es dort zu Zwangsarbeit kommt. Sie argumentierten, die Regierung habe es rechtswidrig versäumt, die Bedingungen der Baumwollproduktion in Xinjiang zu untersuchen.

Der Richter räumte zwar ein, dass es eindeutige und weit verbreitete Missstände in der Baumwollindustrie in Xinjiang gebe, zu denen auch Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit gehörten. Beweise für diese Angaben seien aber kaum zu sichern und strafrechtliche Ermittlungen damit wenig sinnvoll. Der Richter wies zudem darauf hin, dass die britische Regierung nach eigenen Worten eine Untersuchung einleiten könnte, falls neue Informationen auftauchen.

Der Weltkongress der Uiguren und Global Legal Action Network zielen darauf ab, dass Großbritannien und die Europäische Union dem Beispiel der USA folgen. Dafür haben sie mehrere Klagen eingereicht. In den USA trat 2022 ein Gesetz in Kraft, das alle Baumwollprodukte verbietet, die im Verdacht stehen, in Xinjiang hergestellt worden zu sein. flee

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Covid: Neue Höchststände erwartet

Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es Fortschritte beim Impfen und Boostern älterer Menschen. “China unternimmt enorme Anstrengungen, um jeden älteren Erwachsenen sowohl mit Primärdosen als auch mit Auffrischungsdosen zu erreichen”, sagte Kate O’Brien, WHO-Direktorin der Impf-Abteilung. Allerdings sei es für manche der Älteren schwierig, Änderungen in der Politik zu verstehen, sagte O’Brien. Denn gerade ihnen sei ja zuvor empfohlen worden, sich nicht impfen zu lassen.

Die Zahl der Corona-Patienten in Krankenhäusern steigt unterdessen weiter an und dürfte in diesen Tagen neue Höchststände erreichen. Nach Angaben des Wochenberichtes der WHO, der sich auf die von Peking übermittelten Daten stützt, war die Zahl bis Freitag im Vergleich zur Vorwoche um 70 Prozent auf 63.307 Patientinnen und Patienten. Diese Zahl spiegelt nicht die wahre Infektionslage wider, da die chinesischen Behörden in weiten Teilen das Testen eingestellt hat und die chinesischen Behörden und Staatsmedien die dramatische Situation herunterspielen.

Covid in China: Vorhersagen der Wellen

Das in London ansässige Forschungsinstitut Airfinity rechnet damit, dass die derzeitige Corona-Welle in der kommenden Woche mit bis zu 36.000 Toten pro Tag ihren Höhepunkt erreichen könnte. Die Behörden rechnen rund um das chinesische Neujahrsfest mit knapp zwei Milliarden Passagierbewegungen. Das dürfte zu einer zusätzlichen Ausbreitung des Virus beitragen. rtr/flee

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SPD plädiert für “robusteren Umgang”

Die SPD-Spitze plädiert für einen robusteren Umgang mit China und Russland und pocht auf eine größere wirtschaftliche Unabhängigkeit von beiden Ländern. Ein “Decoupling”, also eine völlige Lösung von China, sei nicht die richtige Antwort, heißt es in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden 21-seitigen Außenpolitik-Papier der SPD-Spitze. “Stattdessen brauchen wir eine europäische Resilienzstrategie, die Risiken verringert (De-Risking), auch mit Blick auf den Schutz kritischer Infrastruktur in Europa.”

Wirtschaftliche Abhängigkeiten von China müssten minimiert werden, “beispielsweise bei der Rohstoff-Beschaffung nach dem Prinzip China plus eins, bei dem wir neben China immer auch einen alternativen Lieferanten haben”, heißt es. Man müsse deutschen Unternehmen Anreize geben, damit sie ihre Wertschöpfungsketten und Absatzmärkte auf andere Staaten ausbauten.

Der Blick der Parteispitze auf China fällt damit deutlich kritischer aus als früher. Peking strebe nach wirtschaftlicher und militärischer Dominanz im indopazifischen Raum und wolle das internationale System zugunsten Chinas umbauen, heißt es. “Der Dialog mit China sollte gesucht und robust und konstruktiv-kritisch geführt werden”, wird in dem Papier deshalb gefordert. Menschenrechtsverstöße und Protektionismus müssten angesprochen werde.

Zwar bleibe es bei der Ein-China-Politik, aber Peking müsse klargemacht werden, dass die Taiwan-Frage nur mit friedlichen Mitteln gelöst werden könne. Zugleich wird eine gemeinsame europäische Chinapolitik eingefordert. “Europa darf sich nicht von Peking auseinanderdividieren lassen, sondern muss seine geopolitische Macht nutzen und mit einer Stimme für Europas Interessen und Werte sprechen.”

Die Lehre aus Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine müsse sein, mit Partnern weltweit enger zusammenzuarbeiten. Die Welt entwickele sich in eine multipolare und nicht eine bipolare Welt um die USA und China. So müsse man die Ängste der Partner etwa im indopazifischen Raum vor China ernst nehmen. rtr

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EU behält Antidumping-Zölle bei

Die Europäische Union hält an Antidumping-Zöllen auf Aluminium-Straßenräder aus China fest. Diese sind also weitere fünf Jahre gültig, wie die Brüsseler Behörde entschied. Die Zölle liegen derzeit bei 22,3 Prozent. So sollten faire Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Markt zwischen Importen aus China und der heimischen Produktion hergestellt werden, erklärte die Kommission. Die Verlängerung erfolgte nach einer Überprüfung, die zu dem Schluss gekommen war, dass Räder aus der Volksrepublik weiterhin auf dem EU-Markt zu Dumpingpreisen angeboten werden. ari

Presseschau

Sorge um Arbeitsplätze: Lindner warnt vor Abkopplung der deutschen Wirtschaft von China SPIEGEL
Indien will zur Supermacht Asiens aufsteigen: Kampf mit China eröffnet FR
China celebrates lunar new year as Covid infections hit 80 per cent FT
Chinesisches Neujahrsfest: China rechnet nicht mit neuer Coronawelle FAZ
Feiern zum chinesischen Neujahr: Zehn Menschen in Kalifornien erschossen ZDF
Die Folgen des Bevölkerungs-Rückgangs in China FAZ
Wer pflegt die Alten? China trifft der späte Fluch der Ein-Kind-Politik N-TV
Germany eyes “China lite” future that is less dependent ASIA
Warum Xi Jinpings Strategie bei Australien nicht aufgeht HANDELSBLATT
The Last Act Of Premier Su: Taiwan Recognises Same-sex Marriages Of Transnational Couples REPUBLICWORLD
Die arktische Seidenstraße: China sichert sich neue Wege in die Welt N-TV
After India, China gives financing assurances to Sri Lanka for IMF bailout package THEHINDU
“Peak China” – die Kommunistische Partei trägt die Verantwortung für den absehbar drastischen wirtschaftlichen Niedergang, der dem Land bevorsteht NZZ
European Luxury sector impatient for return of Chinese tourists CHANNELNEWSASIA
In China ist der Smart ein Spielzeug für junge Familien NZZ
VW-Boss spricht Klartext: China kriegt die E-Autos, die wir gerne hätten GIGA
Chip-Supermacht Taiwan DW
Kann Apple sich je aus den Fängen Chinas befreien? CAPITAL
ABB verkauft Power Conversion nach Taiwan BLICK
Interview: “Für Dolmetscher aus China wäre Liao eine heiße Kartoffel” RHEINPFALZ
US warns overdose crisis will spread overseas without action from China FT
Reiten: Klont sich China zum Erfolg? SPORT1

Heads

Wolfgang Hirn – Unstillbares China-Interesse

Wolfgang Hirn in China
Wolfgang Hirn in Shenzhen vor dem Denkmal von Deng Xiaoping.

Ungefähr zwanzigmal hat Wolfgang Hirn angefangen, Chinesisch zu lernen – und genauso oft wieder aufgehört. Der Journalist und Buchautor reist seit den 1980er-Jahren regelmäßig nach China und hat mittlerweile mehrere Bestseller über das Land und seinen Kontinent geschrieben. “Immer wieder nehme ich mir vor, diesmal am Ball zu bleiben, aber dann lasse ich das Chinesische doch wieder schleifen.”

Die Sprachbarriere scheint dem Arbeitseifer allerdings keinen Abbruch zu tun. Nach seiner Pensionierung beim manager magazin, für das er fast 35 Jahre in China und anderen Ländern unterwegs war, erschien 2020 sein aktuelles Buch “Shenzhen: Die Weltwirtschaft von morgen”. Im selben Jahr startete Hirn den kostenlosen Newsletter Chinahirn – ein privates und finanziell unabhängiges Projekt für alle, die mehr über das Land und seine Gesellschaft wissen wollen. In dem zweiwöchentlich erscheinenden Format ordnet er China-relevante Nachrichten ein, gibt Empfehlungen zu Büchern, Podcasts oder Veranstaltungen und widmet eine ganze Rubrik dem Essen und Reisen – zwei seiner Leidenschaften.

Schreiben gegen die Entfremdung

Die Idee zu Chinahirn trug Hirn schon länger mit sich herum, aber erst die Corona-Pandemie gab den entscheidenden Anstoß: “Ich saß und lag zu Hause herum und entschloss mich mangels Alternativen: So, jetzt fängst du mit dem Newsletter an.” Er legte los und konnte nicht mehr aufhören, mittlerweile schreibt er fast täglich für das Format. Sein Antrieb: die Wissenslücken über China zu füllen. “China ist die zweite Weltmacht – und wir wissen wenig bis gar nichts über dieses Land und seine Menschen.”

Als Hirn 1986 für das manager magazin das erste Mal ins Land reiste, ging es ihm kaum anders. Es war “eine Reise in eine völlig andere Welt”, erinnert er sich. “Fahrräder beherrschten die Straßen, selbst Pferdefuhrzeuge sah man noch in Beijing”. Die einzigen Autos waren die roten VW Santanas als Taxis. “Für Ausländer gab es eine spezielle Währung, die sich wie Spielgeld anfühlte.” Alles schien ihm so fremd, dass er unbedingt mehr wissen wollte. “Die Faszination für China ist seit meiner ersten Reise unverändert; die Kultur und lange Geschichte des Landes, die Freundlichkeit der Menschen – meistens zumindest -, dieser ehrgeizige Schaffenswillen und natürlich das Essen.”

Hirn blickt besorgt auf die zunehmende Entfremdung zwischen China und dem Westen, für die allerdings beide Seiten verantwortlich seien. Mit Chinahirn hofft er, zumindest einigen Menschen das Gefühl der Fremdheit zu nehmen – und zarte Gedanken für ein neues Buch werden auch schon gesponnen. “Natürlich über ein chinesisches Thema”, verrät Hirn. Svenja Napp

  • Gesellschaft
  • Zivilgesellschaft

Personalien

Yin Yong ist neuer Bürgermeister von Peking. Der Harvard-Absolvent führte das Amt bereits kommissarisch seit Oktober. Er war zuvor bereits Vize-Bürgermeister der chinesischen Hauptstadt.

Steffen Heeger ist neuer Chief Medical Officer beim Shanghaier Radiopharma-Unternehmen Full-Life Technologies. Heeger hatte zuvor leitende Positionen in der klinischen Entwicklung der Onkologie bei verschiedenen Unternehmen inne.

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Zur Sprache

Besuchsmarathon

串门 – chuànmén – Besuchsmarathon

Das Schriftzeichen 串 winkt optisch so prägnant mit dem Zaunpfahl, dass Sie es nach der Lektüre dieses Artikels so schnell nicht wieder vergessen dürften – Chinesischkenntnisse hin oder her. Als Leuchtreklame hat es schon manch hungriger Langnase in China den Weg zu kulinarischen Lokalitäten gewiesen. Und vielleicht ist es ja auch ein heißer Kandidat für den Wegweiser zu ihrer nächsten Grillparty?

Sie werden es erahnt haben: 串 – gesprochen chuàn – bedeutet “Spieß” oder “auf einen Spieß stecken”, je nach Kontext auch manchmal “Schnur” oder “auf eine Schnur ziehen”. Unterhaltsamer weise fädeln sich um das ikonische Zeichen viele unerwartete chinesische Alltagsbegriffe, die wunderbar bildliche Assoziationen wecken. Und das jenseits von naheliegenden Grundvokabeln wie den 羊肉串 yángròuchuàn, den “Lammspießen” (authentisch im Pekinger Dialekt natürlich nur mit dem hemmungslos gerollten, retroflexen “errrrr”-Laut am Ende, hier noch einmal zum Nachsprechen: 羊肉串儿 yángròuchuàrrr).

Rund um das derzeit laufende Frühlingsfest – das wichtigste Familienfest im chinesischen Kalender – üben sich die Chinesen zum Beispiel gerne im “Türenaufspießen” (串门 chuànmén). Gemeint ist hier kein Spießrutenlauf, sondern der Brauch, über die Feiertage die gesamte Verwandtschaft in einem Besuchsmarathon abzuklappern, sich also von einer Tür zu nächsten zu fädeln. Manchmal heißt das auch ohne Umschweife “die Verwandtschaft aufspießen” (串亲戚chuàn qīnqi “die Verwandtschaft abklappern”) – was im Spießbürgerkosmos selbst bei Feiertagsdisputen glücklicherweise nicht wörtlich genommen wird. Sich die Klinke in die Hand zu geben, geht aber natürlich auch das restliche Jahr über in anderen sozialen Geflechten. Zum Beispiel auf der Arbeit. Auch hier spricht man in China von “Türenspießen”, wenn man in einer freien Minute unangemeldet bei den Kollegen in den Nachbarbüros hereinschneit.

Wie an einer Perlenschnur auffädeln kann man auf Chinesisch übrigens auch Alkohol-Spelunken: 串酒吧 chuàn jiǔbā “Bars aufspießen/auffädeln” ist das Pendant zu unserer Sauf- oder Kneipentour. Wenn man dann ordentlich Baijiu getankt hat, meint man vielleicht, Stimmen zu hören, zum Beispiel in der Leitung. Fädeln sich tatsächlich plötzlich fremde Wortfetzen durch ein Telefonat, heißt das im Chinesischen 串话 chuàn huà (“Worte auffädeln, Sprache aufspießen”).

Wer sich derweil im Showbiz als Promi-Tausendsassa oder Amateur mal hier, mal da in Serien und Filmen einfädelt, der betreibt “Gastspießen” (客串 kèchuàn “Gastauftritt”) beziehungsweise ist ein “Gastspieß-Darsteller” (客串演员 kèchuàn yǎnyuán “Gastdarsteller/in”).

Und die Tierliebhaber unter uns haben vielleicht sogar ein “Spießchen” auf vier Pfoten zu Hause. 串种 chuànzhǒng oder umgangssprachlich auch 串儿 chuàr ist auf Chinesisch nämlich eine der gängigen Bezeichnungen für den “Mischling” bei Hunderassen.

Wenn Ihnen also beim nächsten Mal die Vokabeln im Lehrbuch zu spießig sind, drehen Sie doch den Spieß einfach mal um und stricken Sie sich ihr eigenes Vokabelwortfeld – vielleicht finden Sie ja auch noch ein paar weitere unterhaltsame Wortreihen rund um das Schriftzeichen 串.

Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Jörg Wuttke plädiert für harte Verhandlungen
    • Bau eines Weltraumbahnhofs in Dschibuti
    • Britisches Gericht lehnt Klage von Uiguren ab
    • Covid-Infektionen erreichen neue Höchststände
    • Außenpolitik-Papier der SPD durchgesickert
    • Verlängerung der Zölle auf Alu-Räder
    • Im Portrait: Der Kopf des China-Hirn
    • Zur Sprache: Besuchsmarathon zum Neujahrsfest
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    ein frohes neues Jahr des Hasen! Es verspricht dem Horoskop zufolge Ausgleich und Frieden. Das ist der Weltpolitik genauso zu gönnen wie uns allen privat.

    Etwas mehr friedliches Privatleben hat ab Mai – hoffentlich – auch einer unserer wichtigsten China-Akteure: Jörg Wuttke tritt als Präsident der EU-Handelskammer ab. Der europäischen Wirtschaft in China wird eine herausragende Persönlichkeit verloren gehen. Wir haben Wuttke bei seinem Besuch in Berlin noch einmal ausführlich interviewt und veröffentlichen das Gespräch heute und morgen in zwei Teilen. Es geht um China-Strategien, Taiwan-Risiken, den Umgang mit Covid und die Lieferkettengesetze.

    Wuttke glaubt nicht, dass die europäische Wirtschaft es sich leisten kann, weniger in China zu investieren. Stattdessen engagiert sie sich jetzt schon zusätzlich auch in anderen Weltgegenden – so klappt dann im Laufe der Zeit die Streuung der Investitionen.

    Eine chinesische Privatfirma mit besten Verbindungen zur KP investiert derweil in Dschibuti. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Doch das Bauprojekt weckt in besonderem Maße Fantasien. Direkt in dem geopolitisch heiß umkämpften Gebiet errichtet China den ersten Weltraumstartplatz in Afrika. Dschibuti entwickelt sich zu einem bemerkenswerten Ort, schreibt Frank Sieren. Nur eine Million Einwohner, aber sechs internationale Militärstützpunkte, die Kontrolle über eine der für den Handel wichtigsten Meerengen und jetzt ein Raketenstartplatz. Das ist für uns Warnung und Ansporn zugleich.

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Interview

    “Germany and Europe First”

    Jörg Wuttke zu der China und Taiwan Strategie Europas.
    Jörg Wuttke ist Chef der EU-Handelskammer in China.

    Das Jahr des Hasen wird in Deutschland das Jahr der China-Strategien. Die Entwürfe zweier Ministerien sind bereits gut bekannt, sie priorisieren die Rivalität und den Abbau von Abhängigkeiten. Wie steht die EU-Kammer dazu?  

    Wenn das Papier hinten aus dem Wolf des Abstimmens durchkommt, wird es vermutlich schon wieder ganz anders aussehen.  

    Hofft die Kammer denn, dass wenig davon übrigbleibt? 

    Nein. Wir hoffen, dass alle Aspekte vertreten sind: China als Partner, Konkurrent und als Rivale. Wie die Gewichtung sein soll, hängt davon ab, wo die größten Vorteile liegen. Es kommt jetzt darauf an, dass wir eine klare, robuste Politik des Europe und Germany First machen. 

    Germany First? Das klingt nach Donald Trump. 

    Germany und Europe First – das ist für mich dasselbe. Ja, wir müssen schauen, wo unsere Interessen liegen. Es geht auch nicht um Protektionismus, sondern um Fokussierung. Die Chinesen machen längst China First. Darauf müssen wir robust reagieren. 

    Bedeutet das mehr Industriepolitik? 

    Industriepolitik halte ich in bestimmten Feldern für wichtig, die abgesichert sein müssen. Dazu gehören Pharmavorprodukte wie Antibiotika-Wirkstoffe und Vitamin B oder Industriemetalle wie Seltene Erden. Hier dürfen wir nicht erpressbar sein. China wird nicht zögern, solche Abhängigkeiten auch politisch einzusetzen. Deswegen brauchen wir Alternativen. 

    Der Abbau von Abhängigkeiten bedeutet letztlich weniger China. Schmerzt Sie das nicht, der Sie 35 Jahre lang so mit dem Chinageschäft verbunden sind? 

    Das ist nicht weniger China, das ist cleverer China. Denn eins ist klar: So wie bisher lief, geht es nicht weiter. Wir sind gut im Verkaufen, aber wir stoßen ständig auf Marktzugangshemmnisse. 

    Die USA spielen ihre Wirtschaftsmacht in ihrer Konfrontation mit China konsequent aus. Sollte die EU ebenfalls mit Handelshürden arbeiten? 

    Zölle auf chinesische Importe laufen nur auf eine Besteuerung der eigenen Konsumenten hinaus. Ich glaube nicht, dass wir dadurch etwas erreichen werden. Auch nach Amerika gehen heute mehr Container aus China als je zuvor. Wir sehen hier in Wirklichkeit ein Scheitern der Sanktionspolitik. Wir müssen das Thema Gegenseitigkeit geschickter angehen. 

    Und wie? 

    In der Diskussion um den Einstieg bei einem Terminal des Hamburger Hafens etwa hätte das Augenmerk darauf liegen sollen, dass chinesische Reedereien in Europa zwischen den Häfen untereinander verschiffen können, also von Piräus nach Antwerpen, von Valencia nach Hamburg. Wir dürfen das als Europäer in China nicht. Wir müssen von Dalian erst nach Pusan in Südkorea und können dann erst weiter nach Shanghai. Hier hätte man sagen können: OK, Ihr beteiligt Euch am Hamburger Hafen, aber das machen wir nur, wenn Ihr unseren Schiffen in China die gleichen Möglichkeiten erlaubt. 

    China schützt seine Branchen durch eine ausgeprägte Industriepolitik. Die staatlichen und ökonomischen Akteure arbeiten Hand in Hand. Ziehen Politik und Wirtschaft in Europa ausreichend an einem Strang? 

    Bei aller Industriepolitik müssen wir aufpassen, nicht Chinas System zu übernehmen. Wir sollten bei unserer liberalen DNA bleiben und schauen, wie wir mit der Konkurrenz umgehen können. Ich halte nichts von einem “Made in Europe 2025” in Anlehnung an “Made in China 2025”, bei den Behörden den Firmen vorgeben, wie hoch ihr Marktanteil zum Zielzeitpunkt sein soll. Wir müssen die chinesischen Firmen zwingen, mit offenem Visier zu spielen. Wir müssen schauen, wie weit sie subventioniert sind und dann eben Schlüsse daraus ziehen, inwieweit sie hier mitspielen dürfen.

    Also befürworten Sie ein strengeres Investment-Screening?

    Ein Screening für Investitionen kann sinnvoll sein. Chinesische Privatunternehmen sollten grundsätzlich aber weiter in Europa investieren dürfen. Am wichtigsten ist der Marktzugang in China.  

    Der Politologe Eberhard Sandschneider hat im Interview mit China.Table die Diskussion um die China-Strategie “hysterisch” genannt. Wie empfinden Sie die Stimmung hier in Berlin? 

    Meine Tour in Brüssel und Berlin zeigen mir, dass ein wahnsinniges Interesse an China da ist. Das nehme ich positiv zur Kenntnis. Man sollte sich jetzt aber so schnell wie möglich wieder in der Volksrepublik sehen lassen, um sich selbst ein Bild zu machen, wie die Lage dort ist. Reisen bildet.  

    Der Elefant im Raum der Diskussion ist jedoch Taiwan. Die Führung in Peking hat ihre Drohungen massiv verstärkt. Die Strategie-Entwürfe tragen dem Rechnung. 

    Ich bin absolut für eine tiefere wirtschaftliche Einbindung Taiwans. Wir sollten aber auf die roten Linien achten und dazu beitragen, den Status quo zu erhalten. Jede Salamitaktik, die das auflöst, führt zu Problemen, die dann kaum zu kontrollieren sind. 

    Aber sollten wir uns nicht darauf vorbereiten, dass es zu einem Angriff Chinas auf Taiwan kommen könnte? 

    Die rote Linie ist dazu da, genau ein solches Szenario zu verhindern. Ein Krieg um Taiwan würde den Krieg Russlands gegen die Ukraine klein aussehen lassen. Ein Krieg um Taiwan wäre nicht einfach eine Bedrohung des westlichen Investments in China, sondern würde zu einer globalen Kernschmelze führen. Die Kriegsvariante wirkt aber künstlich, es gibt keine Anzeichen, dass es dazu kommt. Die Gefahr, nicht in China zu sein, erscheint mir größer, als zu viel in China zu sein. Ich persönlich bin gegen vorauseilende Angst. In Deutschland und Europa herrscht jetzt schon eklatanter Arbeitskräftemangel, wer soll die ganzen Waren dann herstellen?  

    Und Autoexperte Dudenhöffer sagt, wenn VW sich jetzt aus China zurückzieht, wäre es das Ende der deutschen Automobilindustrie. 

    Für die Automobilbranche gilt: Wer in China nicht dabei ist, ist bei der Skalierung der technischen Fähigkeiten nicht dabei. Es geht ja nicht nur darum, Autos zu verkaufen. In China entwickelt sich derzeit der Markt für Elektroautos. Zugleich läuft der Wandel vom Benziner hin zum Computer auf Rädern. Wer dort nicht mitspielt, lernt nicht dazu. Die Amerikaner buttern genau deshalb genauso in China rein wie wir. Das gilt für viele andere Branchen auch, für Chemie, für Infrastruktur. 

    Was Sie jetzt aufgezählt haben, lässt ja von dem wohlfeilen Gedanken, man könne einfach von China weg diversifizieren, nur wenig übrig.  

    Im Gegenteil, in Wirklichkeit findet die Diversifizierung längst statt. Wir registrieren, dass keine europäische Firma China verlässt. Wir sehen zugleich, dass die Firmenchefs immer öfter in den Asean-Staaten oder in Indien unterwegs sind. Für viele lohnt es sich, denn China ist teurer geworden. Natürlich ist Kambodscha kein Ersatz für China. Dort gibt es oft nur eine einzige Straße, auf der sich dann die Lastwagen stauen. In Shenzhen führen die Autobahnen vierspurig auf den größten Hafen der Welt zu. Aber wir müssen unsere Hausaufgaben machen und nach neuen Standorten schauen, vielleicht auch wieder in Europa oder Amerika. 

    Jörg Wuttke lebt seit nunmehr 35 Jahren in China und kennt sowohl die Wirtschaft als auch das politische System wie kaum ein anderer. Dreimal war er der Präsident der EU-Handelskammer. Bei den nächsten Wahlen im Mai wird er nicht noch mal für dieses Amt kandidieren.

    Der zweite Teil des Interviews folgt in der morgigen Ausgabe.

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    Analyse

    China baut Afrikas ersten Weltraum-Flughafen

    Chinesische Investoren wollen rund eine Milliarde US-Dollar in Dschibuti ausgeben, um den ersten Weltraumbahnhof Afrikas zu bauen. Es handelt sich um das Privatunternehmen Hongkong Aerospace Technology Group und die Shanghaier Touchroad International Holdings Group. Touchroad gehört dem auf Afrika spezialisierten Unternehmer He Liehui. Er ist Vizepräsident der politisch wichtigen Chinese African People’s Friendship Assocation und hat bereits 2016 eine Sonderwirtschaftszone in Dschibuti gegründet.

    Das Projekt ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch geopolitisch von Bedeutung. Es bindet China und Afrika enger aneinander und ist wichtig für das Selbstbewusstsein des afrikanischen Kontinents. “Keiner der bisher 54 Satelliten aus 15 afrikanischen Ländern wurde bisher von Afrika aus in den Weltraum geschickt”, sagte Temidayo Oniosun, Managing Director der Unternehmensberatung Space In Africa, dem Wirtschaftsmagazin African Business. Jetzt bestehe Hoffnung auf “den ersten afrikanischen Satelliten, der von afrikanischem Boden startet”.

    China bringt die Weltraum-Branche nach Afrika

    Der Markt ist allerdings noch klein. Im vergangenen Jahr haben alle afrikanischen Staaten zusammen genommen 534 Millionen US-Dollar für ihre Weltraumprogramme ausgegeben. Da ist noch viel Wachstum möglich, von dem nun erst einmal die Chinesen profitieren.

    Chinas Weltraumflughafen in Dschibuti soll sieben Startrampen und drei Raketenteststationen bekommen. Bereits 2027 soll die Raketenstation fertig sein. Sie soll vor allem Satelliten ins All schicken. 30 Jahre werden die Chinesen den Weltraumflughafen managen. Danach wird er an Dschibuti übergeben. Präsident Ismail Omar Guelleh begrüßte bei der Unterzeichnung der Vereinbarung die Kooperation, ebenso wie Chinas Botschafter vor Ort, Hu Bin.

    Lage am geostrategischen Hotspot

    Dschibuti liegt ähnlich günstig am Äquator wie Kourou, der Weltraumhafen der europäischen Weltraumorganisation ESA in Französisch-Guayana (Südamerika). Entlang des Äquators profitieren startende Raketen von der Erdrotation, die ihnen höhere Geschwindigkeit auf dem Weg in den Orbit mitgibt.

    Aber Dschibuti ist auch geostrategisch einer der wichtigsten Orte der Welt. Es liegt am Bab al-Mandab, einer nur 27 Kilometer breiten Meerenge, die den Suezkanal mit dem Indischen Ozean verbindet. Für den Welthandel, vor allem mit Europa, ist diese Schifffahrtsstraße eine Lebensader. Die frühere Kolonialmacht Frankreich hat deshalb dort ihren größten militärischen Auslandsstützpunkt, Italien ebenfalls, und sogar Japans Militär betreibt dort eine Basis. Am stärksten vertreten sind dort jedoch die USA seit 2002 mit dem Camp Lemonnier, einem zwei Quadratkilometer großen Gelände mit Nutzungsrecht für den nahe gelegenen Flughafen. 

    China wirbt heftig um Dschibuti

    Seit 2017 ist auch China vor Ort: Auf seiner ersten ausländischen Militärbasis sind 2.000 Soldaten stationiert. China hat dort einen Militärhafen errichtet, an dessen Pier auch Flugzeugträger anlegen können. Die Basis ist mit einem halben Quadratkilometer deutlich kleiner als die benachbarte Basis der USA.

    Bei der Handelsinfrastruktur spielt China inzwischen allerdings die wichtigste Rolle. Erst im vergangenen Sommer hat die China Merchants Group, der größte Hafenbetreiber der Welt, einen Vertrag mit Dschibuti unterschrieben, um den dortigen Hafen für drei Milliarden Dollar auszubauen. Die China Merchants Group ist an dem Hafen nun mit 23,5 Prozent beteiligt. Der Hafen ist zugleich praktisch die Lebensader des nach der Bevölkerungszahl zweitgrößten Landes Afrikas: Äthiopien, dessen Wirtschaft selbst im schwierigen Jahr 2022 mit 5,3 Prozent gewachsen ist.  

    Ausbildung von Lokführern für die von China finanzierte Zugstrecke zwischen Dschibuti und Adis Abeba.
    Ausbildung von Lokführern für die von China finanzierte Zugstrecke zwischen Dschibuti und Adis Abeba.

    Die Chinesen waren es auch, die die 750 Kilometer lange Eisenbahnstrecke der äthiopischen Hauptstadt Adis Abeba und Dschibuti für rund vier Milliarden US-Dollar gebaut haben. China hat Dschibuti zudem zum wichtigsten Unterseekabel-Hub der Region gemacht. Hier kommt das Glasfaserkabel “Peace” aus Pakistan an, Teil des globalen chinesischen Datennetzes. In der letzten Ausbaustufe soll das Peace-Kabel durch den Suezkanal verlaufen und im französischen Marseille enden.

    Dschibuti ist hoch verschuldet

    Der Raketenstartplatz wiederum wird im Nordosten von Dschibuti in der Region Obock gebaut und eine neue Autobahn und einen internationalen Hafen bekommen. Zudem sollen je ein Wind-, ein Solar- und ein Wasserkraftwerk entstehen. Ein großer Entwicklungsschritt für das kleine Land mit nur rund einer Million Einwohnern, einer ehemaligen französischen Kolonie. Die EU – oder wie im Fall des chinesischen Engagements ein Privatunternehmen – konnte sich trotz der günstigen geografischen Lage nicht durchringen, im großen Stil in einen Weltraumbahnhof zu investieren.

    Eine Investition, die zu einem kritischen Zeitpunkt für Präsident Guelleh kommt: Denn Ende November vergangenen Jahres musste Dschibuti die Zahlungen für Kredite an China, aber auch an Kuwait einstellen. Laut Weltbank haben sich die internationalen Kreditkosten Dschibutis im vergangenen Jahr auf 184 Millionen US-Dollar verdreifacht. Sie könnten in diesem Jahr sogar auf 266 Millionen US-Dollar steigen. Bereits Ende 2021 hat der Internationale Währungsfonds die Schulden des Landes als “nicht nachhaltig” bezeichnet.

    Geostrategie schlägt Kreditwürdigkeit

    Dschibuti hat sich in den vergangenen rund 20 Jahren 1,5 Milliarden Dollar von China geliehen, hat das Boston University’s Global Development Policy Centre errechnet. Peking stört diese Entwicklung offensichtlich nicht so sehr, dass sie dem Projekt einen Riegel vorschiebt. Im Gegenteil: Die chinesische Botschaft ließ verlauten, dass sie “aktiv die nötige Unterstützung und Garantien geben wird.”

    Die geostrategischen Überlegungen scheinen dabei wichtiger als mögliche wirtschaftliche Risiken.
    Zwar ist über die genaue Finanzierungsstruktur des neuen Weltraumflughafens noch nichts bekannt. Es sieht allerdings so aus, als ob sich Dschibuti in diesem Fall nicht tiefer verschulden muss. Vielmehr stellt der Staat nur das Land zur Verfügung, während die Chinesen in das Projekt investieren, es bauen, für 30 Jahre betreiben, die Einheimischen ausbilden und den Weltraumhafen dann an Dschibuti übergeben.  

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    News

    Uiguren scheitern vor britischem Gericht

    Der Weltkongress der Uiguren mit Sitz in München und die Nichtregierungsorganisation Global Legal Action Network sind nach Angaben der Nachrichtenagentur AP in Großbritannien mit dem Versuch gescheitert, den Import von Baumwolle aus der Region Xinjiang zu stoppen.

    Die Aktivisten hatten die britische Regierung beschuldigt, die Einfuhr von Baumwollproduktion aus Xinjiang zuzulassen, obwohl es dort zu Zwangsarbeit kommt. Sie argumentierten, die Regierung habe es rechtswidrig versäumt, die Bedingungen der Baumwollproduktion in Xinjiang zu untersuchen.

    Der Richter räumte zwar ein, dass es eindeutige und weit verbreitete Missstände in der Baumwollindustrie in Xinjiang gebe, zu denen auch Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit gehörten. Beweise für diese Angaben seien aber kaum zu sichern und strafrechtliche Ermittlungen damit wenig sinnvoll. Der Richter wies zudem darauf hin, dass die britische Regierung nach eigenen Worten eine Untersuchung einleiten könnte, falls neue Informationen auftauchen.

    Der Weltkongress der Uiguren und Global Legal Action Network zielen darauf ab, dass Großbritannien und die Europäische Union dem Beispiel der USA folgen. Dafür haben sie mehrere Klagen eingereicht. In den USA trat 2022 ein Gesetz in Kraft, das alle Baumwollprodukte verbietet, die im Verdacht stehen, in Xinjiang hergestellt worden zu sein. flee

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    Covid: Neue Höchststände erwartet

    Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es Fortschritte beim Impfen und Boostern älterer Menschen. “China unternimmt enorme Anstrengungen, um jeden älteren Erwachsenen sowohl mit Primärdosen als auch mit Auffrischungsdosen zu erreichen”, sagte Kate O’Brien, WHO-Direktorin der Impf-Abteilung. Allerdings sei es für manche der Älteren schwierig, Änderungen in der Politik zu verstehen, sagte O’Brien. Denn gerade ihnen sei ja zuvor empfohlen worden, sich nicht impfen zu lassen.

    Die Zahl der Corona-Patienten in Krankenhäusern steigt unterdessen weiter an und dürfte in diesen Tagen neue Höchststände erreichen. Nach Angaben des Wochenberichtes der WHO, der sich auf die von Peking übermittelten Daten stützt, war die Zahl bis Freitag im Vergleich zur Vorwoche um 70 Prozent auf 63.307 Patientinnen und Patienten. Diese Zahl spiegelt nicht die wahre Infektionslage wider, da die chinesischen Behörden in weiten Teilen das Testen eingestellt hat und die chinesischen Behörden und Staatsmedien die dramatische Situation herunterspielen.

    Covid in China: Vorhersagen der Wellen

    Das in London ansässige Forschungsinstitut Airfinity rechnet damit, dass die derzeitige Corona-Welle in der kommenden Woche mit bis zu 36.000 Toten pro Tag ihren Höhepunkt erreichen könnte. Die Behörden rechnen rund um das chinesische Neujahrsfest mit knapp zwei Milliarden Passagierbewegungen. Das dürfte zu einer zusätzlichen Ausbreitung des Virus beitragen. rtr/flee

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    SPD plädiert für “robusteren Umgang”

    Die SPD-Spitze plädiert für einen robusteren Umgang mit China und Russland und pocht auf eine größere wirtschaftliche Unabhängigkeit von beiden Ländern. Ein “Decoupling”, also eine völlige Lösung von China, sei nicht die richtige Antwort, heißt es in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden 21-seitigen Außenpolitik-Papier der SPD-Spitze. “Stattdessen brauchen wir eine europäische Resilienzstrategie, die Risiken verringert (De-Risking), auch mit Blick auf den Schutz kritischer Infrastruktur in Europa.”

    Wirtschaftliche Abhängigkeiten von China müssten minimiert werden, “beispielsweise bei der Rohstoff-Beschaffung nach dem Prinzip China plus eins, bei dem wir neben China immer auch einen alternativen Lieferanten haben”, heißt es. Man müsse deutschen Unternehmen Anreize geben, damit sie ihre Wertschöpfungsketten und Absatzmärkte auf andere Staaten ausbauten.

    Der Blick der Parteispitze auf China fällt damit deutlich kritischer aus als früher. Peking strebe nach wirtschaftlicher und militärischer Dominanz im indopazifischen Raum und wolle das internationale System zugunsten Chinas umbauen, heißt es. “Der Dialog mit China sollte gesucht und robust und konstruktiv-kritisch geführt werden”, wird in dem Papier deshalb gefordert. Menschenrechtsverstöße und Protektionismus müssten angesprochen werde.

    Zwar bleibe es bei der Ein-China-Politik, aber Peking müsse klargemacht werden, dass die Taiwan-Frage nur mit friedlichen Mitteln gelöst werden könne. Zugleich wird eine gemeinsame europäische Chinapolitik eingefordert. “Europa darf sich nicht von Peking auseinanderdividieren lassen, sondern muss seine geopolitische Macht nutzen und mit einer Stimme für Europas Interessen und Werte sprechen.”

    Die Lehre aus Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine müsse sein, mit Partnern weltweit enger zusammenzuarbeiten. Die Welt entwickele sich in eine multipolare und nicht eine bipolare Welt um die USA und China. So müsse man die Ängste der Partner etwa im indopazifischen Raum vor China ernst nehmen. rtr

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    EU behält Antidumping-Zölle bei

    Die Europäische Union hält an Antidumping-Zöllen auf Aluminium-Straßenräder aus China fest. Diese sind also weitere fünf Jahre gültig, wie die Brüsseler Behörde entschied. Die Zölle liegen derzeit bei 22,3 Prozent. So sollten faire Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Markt zwischen Importen aus China und der heimischen Produktion hergestellt werden, erklärte die Kommission. Die Verlängerung erfolgte nach einer Überprüfung, die zu dem Schluss gekommen war, dass Räder aus der Volksrepublik weiterhin auf dem EU-Markt zu Dumpingpreisen angeboten werden. ari

    Presseschau

    Sorge um Arbeitsplätze: Lindner warnt vor Abkopplung der deutschen Wirtschaft von China SPIEGEL
    Indien will zur Supermacht Asiens aufsteigen: Kampf mit China eröffnet FR
    China celebrates lunar new year as Covid infections hit 80 per cent FT
    Chinesisches Neujahrsfest: China rechnet nicht mit neuer Coronawelle FAZ
    Feiern zum chinesischen Neujahr: Zehn Menschen in Kalifornien erschossen ZDF
    Die Folgen des Bevölkerungs-Rückgangs in China FAZ
    Wer pflegt die Alten? China trifft der späte Fluch der Ein-Kind-Politik N-TV
    Germany eyes “China lite” future that is less dependent ASIA
    Warum Xi Jinpings Strategie bei Australien nicht aufgeht HANDELSBLATT
    The Last Act Of Premier Su: Taiwan Recognises Same-sex Marriages Of Transnational Couples REPUBLICWORLD
    Die arktische Seidenstraße: China sichert sich neue Wege in die Welt N-TV
    After India, China gives financing assurances to Sri Lanka for IMF bailout package THEHINDU
    “Peak China” – die Kommunistische Partei trägt die Verantwortung für den absehbar drastischen wirtschaftlichen Niedergang, der dem Land bevorsteht NZZ
    European Luxury sector impatient for return of Chinese tourists CHANNELNEWSASIA
    In China ist der Smart ein Spielzeug für junge Familien NZZ
    VW-Boss spricht Klartext: China kriegt die E-Autos, die wir gerne hätten GIGA
    Chip-Supermacht Taiwan DW
    Kann Apple sich je aus den Fängen Chinas befreien? CAPITAL
    ABB verkauft Power Conversion nach Taiwan BLICK
    Interview: “Für Dolmetscher aus China wäre Liao eine heiße Kartoffel” RHEINPFALZ
    US warns overdose crisis will spread overseas without action from China FT
    Reiten: Klont sich China zum Erfolg? SPORT1

    Heads

    Wolfgang Hirn – Unstillbares China-Interesse

    Wolfgang Hirn in China
    Wolfgang Hirn in Shenzhen vor dem Denkmal von Deng Xiaoping.

    Ungefähr zwanzigmal hat Wolfgang Hirn angefangen, Chinesisch zu lernen – und genauso oft wieder aufgehört. Der Journalist und Buchautor reist seit den 1980er-Jahren regelmäßig nach China und hat mittlerweile mehrere Bestseller über das Land und seinen Kontinent geschrieben. “Immer wieder nehme ich mir vor, diesmal am Ball zu bleiben, aber dann lasse ich das Chinesische doch wieder schleifen.”

    Die Sprachbarriere scheint dem Arbeitseifer allerdings keinen Abbruch zu tun. Nach seiner Pensionierung beim manager magazin, für das er fast 35 Jahre in China und anderen Ländern unterwegs war, erschien 2020 sein aktuelles Buch “Shenzhen: Die Weltwirtschaft von morgen”. Im selben Jahr startete Hirn den kostenlosen Newsletter Chinahirn – ein privates und finanziell unabhängiges Projekt für alle, die mehr über das Land und seine Gesellschaft wissen wollen. In dem zweiwöchentlich erscheinenden Format ordnet er China-relevante Nachrichten ein, gibt Empfehlungen zu Büchern, Podcasts oder Veranstaltungen und widmet eine ganze Rubrik dem Essen und Reisen – zwei seiner Leidenschaften.

    Schreiben gegen die Entfremdung

    Die Idee zu Chinahirn trug Hirn schon länger mit sich herum, aber erst die Corona-Pandemie gab den entscheidenden Anstoß: “Ich saß und lag zu Hause herum und entschloss mich mangels Alternativen: So, jetzt fängst du mit dem Newsletter an.” Er legte los und konnte nicht mehr aufhören, mittlerweile schreibt er fast täglich für das Format. Sein Antrieb: die Wissenslücken über China zu füllen. “China ist die zweite Weltmacht – und wir wissen wenig bis gar nichts über dieses Land und seine Menschen.”

    Als Hirn 1986 für das manager magazin das erste Mal ins Land reiste, ging es ihm kaum anders. Es war “eine Reise in eine völlig andere Welt”, erinnert er sich. “Fahrräder beherrschten die Straßen, selbst Pferdefuhrzeuge sah man noch in Beijing”. Die einzigen Autos waren die roten VW Santanas als Taxis. “Für Ausländer gab es eine spezielle Währung, die sich wie Spielgeld anfühlte.” Alles schien ihm so fremd, dass er unbedingt mehr wissen wollte. “Die Faszination für China ist seit meiner ersten Reise unverändert; die Kultur und lange Geschichte des Landes, die Freundlichkeit der Menschen – meistens zumindest -, dieser ehrgeizige Schaffenswillen und natürlich das Essen.”

    Hirn blickt besorgt auf die zunehmende Entfremdung zwischen China und dem Westen, für die allerdings beide Seiten verantwortlich seien. Mit Chinahirn hofft er, zumindest einigen Menschen das Gefühl der Fremdheit zu nehmen – und zarte Gedanken für ein neues Buch werden auch schon gesponnen. “Natürlich über ein chinesisches Thema”, verrät Hirn. Svenja Napp

    • Gesellschaft
    • Zivilgesellschaft

    Personalien

    Yin Yong ist neuer Bürgermeister von Peking. Der Harvard-Absolvent führte das Amt bereits kommissarisch seit Oktober. Er war zuvor bereits Vize-Bürgermeister der chinesischen Hauptstadt.

    Steffen Heeger ist neuer Chief Medical Officer beim Shanghaier Radiopharma-Unternehmen Full-Life Technologies. Heeger hatte zuvor leitende Positionen in der klinischen Entwicklung der Onkologie bei verschiedenen Unternehmen inne.

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    Zur Sprache

    Besuchsmarathon

    串门 – chuànmén – Besuchsmarathon

    Das Schriftzeichen 串 winkt optisch so prägnant mit dem Zaunpfahl, dass Sie es nach der Lektüre dieses Artikels so schnell nicht wieder vergessen dürften – Chinesischkenntnisse hin oder her. Als Leuchtreklame hat es schon manch hungriger Langnase in China den Weg zu kulinarischen Lokalitäten gewiesen. Und vielleicht ist es ja auch ein heißer Kandidat für den Wegweiser zu ihrer nächsten Grillparty?

    Sie werden es erahnt haben: 串 – gesprochen chuàn – bedeutet “Spieß” oder “auf einen Spieß stecken”, je nach Kontext auch manchmal “Schnur” oder “auf eine Schnur ziehen”. Unterhaltsamer weise fädeln sich um das ikonische Zeichen viele unerwartete chinesische Alltagsbegriffe, die wunderbar bildliche Assoziationen wecken. Und das jenseits von naheliegenden Grundvokabeln wie den 羊肉串 yángròuchuàn, den “Lammspießen” (authentisch im Pekinger Dialekt natürlich nur mit dem hemmungslos gerollten, retroflexen “errrrr”-Laut am Ende, hier noch einmal zum Nachsprechen: 羊肉串儿 yángròuchuàrrr).

    Rund um das derzeit laufende Frühlingsfest – das wichtigste Familienfest im chinesischen Kalender – üben sich die Chinesen zum Beispiel gerne im “Türenaufspießen” (串门 chuànmén). Gemeint ist hier kein Spießrutenlauf, sondern der Brauch, über die Feiertage die gesamte Verwandtschaft in einem Besuchsmarathon abzuklappern, sich also von einer Tür zu nächsten zu fädeln. Manchmal heißt das auch ohne Umschweife “die Verwandtschaft aufspießen” (串亲戚chuàn qīnqi “die Verwandtschaft abklappern”) – was im Spießbürgerkosmos selbst bei Feiertagsdisputen glücklicherweise nicht wörtlich genommen wird. Sich die Klinke in die Hand zu geben, geht aber natürlich auch das restliche Jahr über in anderen sozialen Geflechten. Zum Beispiel auf der Arbeit. Auch hier spricht man in China von “Türenspießen”, wenn man in einer freien Minute unangemeldet bei den Kollegen in den Nachbarbüros hereinschneit.

    Wie an einer Perlenschnur auffädeln kann man auf Chinesisch übrigens auch Alkohol-Spelunken: 串酒吧 chuàn jiǔbā “Bars aufspießen/auffädeln” ist das Pendant zu unserer Sauf- oder Kneipentour. Wenn man dann ordentlich Baijiu getankt hat, meint man vielleicht, Stimmen zu hören, zum Beispiel in der Leitung. Fädeln sich tatsächlich plötzlich fremde Wortfetzen durch ein Telefonat, heißt das im Chinesischen 串话 chuàn huà (“Worte auffädeln, Sprache aufspießen”).

    Wer sich derweil im Showbiz als Promi-Tausendsassa oder Amateur mal hier, mal da in Serien und Filmen einfädelt, der betreibt “Gastspießen” (客串 kèchuàn “Gastauftritt”) beziehungsweise ist ein “Gastspieß-Darsteller” (客串演员 kèchuàn yǎnyuán “Gastdarsteller/in”).

    Und die Tierliebhaber unter uns haben vielleicht sogar ein “Spießchen” auf vier Pfoten zu Hause. 串种 chuànzhǒng oder umgangssprachlich auch 串儿 chuàr ist auf Chinesisch nämlich eine der gängigen Bezeichnungen für den “Mischling” bei Hunderassen.

    Wenn Ihnen also beim nächsten Mal die Vokabeln im Lehrbuch zu spießig sind, drehen Sie doch den Spieß einfach mal um und stricken Sie sich ihr eigenes Vokabelwortfeld – vielleicht finden Sie ja auch noch ein paar weitere unterhaltsame Wortreihen rund um das Schriftzeichen 串.

    Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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