Table.Briefing: China

Eberhard Sandschneider im Interview + Weniger Chips für die Auto-Branche

  • Politik-Wissenschaftler Sandschneider blickt auf den Parteitag
  • BYD mit Vorsprung im E-Auto-Rennen
  • Chipsangebot wird knapper
  • Patricia Flor startet als Botschafterin
  • Bericht: Xi lädt Europäer ein
  • Produktionsende für den Jeep
  • Chancen für eine Kreislaufwirtschaft
  • Designierter EU-Botschafter in Kritik
  • US-Ministerin Yellen: Abhängigkeit reduzieren
  • Salomonen: Keine Militärbasis für China
  • Im Portrait: Antonia Hmaidi – Neues Multitalent für Merics
Liebe Leserin, lieber Leser,

rund zehn Monate lang war der höchste diplomatische Posten Deutschlands in China vakant. Nun gibt es wieder eine Vertreterin in Peking: Botschafterin Patricia Flor hat am Freitag ihre Akkreditierungspapiere im Außenministerium überreicht. Auf den sozialen Medien präsentierte sich die Diplomatin in einem Vorstellungsvideo erstmals auf Mandarin und Englisch. Welche Themen Flor anpacken möchte, lesen Sie heute in unseren News. Eines ist bereits klar: Die 60-Jährige tritt ihren neuen Job in politisch hoch angespannten Zeiten an – geopolitisch, aber auch in der Volksrepublik selbst. 

Denn im Herbst stellt sich die Führung beim Parteitag der KPCh neu auf. Die heiße Phase ist aber schon jetzt. Denn die Entscheidungen darüber, wer welchen Posten bekommt, seien bis zum Parteitag längst getroffen, betont der Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider im Gespräch mit Michael Radunski. Sandschneider erklärt, welche Probleme Xi Jinping vor dem großen Polit-Happening hat und welche Ziele er verfolgt: “Xi ist der große Moderator, nicht der große Alleinherrscher.”

Auch der wachsende Unmut in der Bevölkerung ob der anhaltend strengen Corona-Maßnahmen geht Sandschneider zufolge an Xi nicht problemlos vorbei. Der harte Corona-Lockdown in Shanghai ist indes nicht unbeteiligt daran, dass der chinesische Hersteller BYD mittlerweile an Tesla vorbeigezogen ist. BYD baut den Großteil seiner Fahrzeuge im südchinesischen Shenzhen, das weniger von Corona-Maßnahmen betroffen war als Shanghai, wo Tesla sitzt. Das ist aber nicht der einzige Grund für das Überholmanöver aus Shenzhen, wie unser Autorenteam in China schreibt: Auch technologisch habe BYD gut aufgeholt.

In unserer zweiten Analyse widmen wir uns heute dem Hauptproblem der Autoindustrie: dem weltweiten Mangel an Halbleitern. Noch gelingt es den Autobauern, den Mangel zu kaschieren – und gar Profit daraus zu schlagen. Denn hohe Nachfrage und geringes Angebot lassen die Preise steigen. Doch diese Strategie wird bald ein Ende finden. Und so warnt Christian Domke Seidel in seiner Analyse: Der Chipmangel wird noch mehrere Jahre anhalten – zumindest in der Autobranche. Die Firmen müssen deshalb dringend reagieren.Wie, das zeigen chinesische Autokonzerne: Die Guangzhou Automobile Group beteiligt sich an lokalen Chipherstellern, während BYD sich Schürfrechte für Lithium sichert.  

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Ihre
Amelie Richter
Bild von Amelie  Richter

Interview

“Ich kann bei Xi kein Streben nach Allmacht erkennen”

Eberhard Sandschneider ist Partner bei Berlin Global Advisors.
Eberhard Sandschneider ist Partner bei Berlin Global Advisors.

Herr Sandschneider, warten Sie schon gespannt auf den Herbst?

Nein. Warum sollte ich?

Der große Parteitag der KP China steht an.

Das stimmt. Aber wenn im Herbst der Parteitag zusammenkommt, dann ist alles schon entschieden. Jetzt ist die spannende Zeit, jetzt werden die Entscheidungen getroffen. In Zhongnanhai, in Beidaihe oder wo immer sich die Herren zusammensetzen. Was im Herbst stattfindet, ist pure Akklamation.  

Und was hören Sie?

Ich höre von Gerüchten, dass der Parteitag vielleicht vorgezogen werden soll. Sehr wahrscheinlich ist das allerdings nicht.

Wenn er nun vorgezogen würde, wäre das gut oder schlecht für Xi Jinping?

Das wäre gut für Xi, ökonomisch und politisch. Ökonomisch, weil aktuell die wirtschaftlichen Folgen der vielen Lockdowns noch nicht voll auf die Wirtschaft durchschlagen. Die aktuellen Wirtschaftszahlen sind derzeit noch besser als sie im Herbst sein werden und…

… und Sie glauben, dass Chinas Führung im Herbst auch schlechte Daten veröffentlichen würde?

Nein, mit Sicherheit nicht. Schlecht ist relativ. Alle veröffentlichten Wirtschaftsdaten waren, sind und werden immer politisch gelenkt sein. Darauf kann man nichts geben. Wenn Xi glaubt, eine Fünf vor dem Komma zu brauchen, wird er sie auch bekommen. Aber durch die strikte Corona-Politik hat der Druck der Realität auf die Führung in Peking enorm zugenommen.

Und politisch?

Politisch wäre ein vorgezogener Parteitag gut für Xi, weil das bedeuten würde, dass der Regierungswechsel relativ reibungslos vollzogen würde.

Welcher Regierungswechsel? Xi Jinping hat sich doch schon im Vorfeld eine dritte Amtszeit als Präsident gesichert, was seit Deng Xiaoping verfassungsmäßig untersagt war.

Das stimmt. An Xis dritter Amtszeit besteht kaum Zweifel. Alles andere käme einer Revolution gleich. Aber die große Frage ist, ob es ihm gelingen wird, seine Vertrauten in Führungspositionen zu bringen, so wie er das braucht. Das wird schwierig, und deshalb glaube ich auch nicht an einen frühen Parteitag.

Olympische Spiele Peking 2022

Sie zweifeln, dass Xi als starker Mann an der Spitze seine Vertrauten in Position bringen wird?

Tja, in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation, in Anbetracht der großen Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung über den Umgang mit der Corona-Pandemie ist das alles andere als sicher. Sie müssen sehen, viele seiner Vertrauten werden in den Ruhestand gehen, angefangen von Liu He über Yang Jiechi bis hin zu Li Keqiang. Aber Xi braucht wieder ein Netzwerk um sich herum, dass ihn dann auch trägt.

Dabei wird Xi gerne als fast schon allmächtiger Führer Chinas dargestellt.

Das ist eine Fehleinschätzung, die vor allem im Westen gerne vorgenommen wird. Egal wer an der Spitze der KP steht, muss viele unterschiedliche Fraktionen, Clans, Gruppierungen ausbalancieren. Die Alt-Kommunisten, die Reformer und wen es da nicht alles gibt. Sie mögen in den vergangenen Jahren vielleicht weniger sichtbar gewesen sein, es gibt es aber dennoch weiterhin. Xi ist der große Moderator, nicht der große Alleinherrscher.  

Aber wir hören und sehen doch fast täglich lautstarke Solidaritätsbekundungen aus den Provinzen. Sie alle schwören Xi Jinping die Treue und geloben Unterstützung.

Das ist das übliche Spiel. Ich bin mir nicht sicher, ob da Solidarität demonstriert oder doch eher geheuchelt wird. Sicher ist allerdings: Das ist reine Show, die kurz vor einem Parteitag dazugehört.

Läuft also alles wie immer?

Nicht unbedingt. Die Probleme sind groß und gleichzeitig gibt es eine Teillähmung der Kommunistischen Partei, vor allem auf der mittleren und unteren Ebene. Dort warten alle ab, was oben passiert. Keiner wagt, seinen Kopf herauszustrecken. Der Letzte, der das gewagt hat, war Bo Xilai…

… und der sitzt seitdem hinter Gittern. Also wer ist denn Xi nun: Anfangs glaubte man in ihm einen großen Reformer zu erkennen. Doch dann folgten eine fortschreitende Abschottung des Landes, eine Ideologisierung und Re-Nationalisierung.

Das ist alles richtig. Aber ich kann bei all dem kein Streben nach Allmacht erkennen. Alles, was Xi Jinping in seiner Verantwortung getan hat – auch die Rückschritte und Einengungen der Bewegung wie auch der thematischen Spielräume – all das sehe ich als klares Indiz für seine Risikowahrnehmung in der chinesischen Gesellschaft. Das, was in den Jahren 2000 bis 2012 in China passiert ist, war ihm offensichtlich zu liberal und auch zu gefährlich.

Inwiefern?

Ein Schlüsselmoment war sicherlich der Verlust des Informationsmonopols durch soziale Medien. Das war einst das zentrale Herrschaftselement der KP – und das war ihnen in den Jahren 2007 durch das iPhone bis 2012 verloren gegangen. Doch seither tut man alles Mögliche, um diese Kontrolle wiederzuerlangen. Ja, sie sogar noch durch Technologie zu stärken.

Sie meinen das harte Vorgehen gegen Tech-Konzerne?

Ja, auch. Sehen Sie, Xi Jinping macht das ja nicht, weil er denkt, dass chinesische Tech-Konzerne zu gut sind oder zu viel Geld verdienen. Er geht auch nicht wegen persönlicher Abneigung gegen quatschende Unternehmer wie Jack Ma vor. Alle das sieht Xi als gefährlich an. Kontrollverlust ist für ihn die schlimmste Befürchtung.

Im Ernst, gefährlich für die Volksrepublik China?

Nein, gefährlich für den Machterhalt der Kommunistischen Partei. Das ist die zentrale Größe. Die Kommunistische Partei Chinas steht immer über dem Land. Wir im Westen machen diesen Fehler immer wieder: Wir sehen in Chinas Politikern immer die Regierungsbeamten, aber das ist gar nicht so wichtig. Entscheidend sind ihre Parteifunktionen. Xi Jinping ist natürlich der Staatspräsident Chinas, aber das wichtigste Amt ist seine Rolle als Vorsitzender der zentralen Militärkommission. Xi geht es vor allem um Stabilität und Machterhalt.

Das schließt sich der Kreis: Deng Xiaoping wollte durch die Amtszeitbegrenzung für den Präsidenten für Stabilität sorgen, damit Exzesse wie unter Mao verhindert werden. Das hat Xi nun abgeschafft, der Parteitag wird seiner dritten Amtszeit zustimmen.

Ja, aber erlauben Sie mir den Hinweis: Wenn sie von Stabilität sprechen – auch für uns im globalen Maßstab – mache ich mir keine Sorgen um China, sondern viel mehr um die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir werden im November bei den Midterms zittern. Und wir werden erst recht 2024 zittern, wenn zu befürchten steht, dass Donald Trump wieder ins Weiße Haus einziehen wird. Dann ist der große Unsicherheitsfaktor in der internationalen Politik nicht Peking, sondern Washington. Gemessen an der Situation in den USA erscheint China paradoxerweise fast wie ein Hort der Stabilität.

Eberhard Sandschneider war von 1998 bis 2020 Professor für Politik Chinas und internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Von 2003 bis 2016 war er zudem Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Inzwischen ist er Partner bei der Beratungsfirma “Berlin Global Advisors”.

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Analyse

BYD zieht Tesla davon 

BYD konnte seinen Absatz im Vergleich zum Vorjahr massiv steigern. Tesla kämpft derweil mit Problemen in der Produktion.
BYD konnte seinen Absatz im Vergleich zum Vorjahr massiv steigern.

Tesla hatte in den vergangenen Monaten in China mit deutlichen Problemen zu kämpfen. Weil die Fabrik in Shanghai vom großen Lockdown betroffen war, verkaufte der US-Autobauer laut Schätzungen 80.000 bis 100.000 Autos weniger als eigentlich geplant. 

Dies war auch der maßgebliche Grund dafür, dass der Konzern von Elon Musk bei seinen weltweiten Verkäufen erstmals seit drei Jahren wieder hinter den chinesischen Elektro-Platzhirschen BYD zurückgefallen ist. Während Tesla in der ersten Jahreshälfte weltweit 564.000 Autos absetzte, konnte der Shenzhener Konzern 641.000 Fahrzeuge verkaufen – das sind 300 Prozent mehr als im Vorjahresvergleich. 

Ganz gerecht ist der Vergleich von Tesla und BYD freilich nicht. Denn während Tesla ausschließlich Premium-Elektroautos produziert, handelt es sich bei rund der Hälfte der von BYD produzierten Fahrzeuge noch um Plug-in-Hybride. Die haben neben einer großen Batterie auch einen Verbrennungsmotor. Hinzu kommt geografisches Glück. BYD baut den Großteil seiner Fahrzeuge im südchinesischen Shenzhen, das weniger von harten Corona-Maßnahmen betroffen war als Shanghai. 

BYD: Warren Buffett stieg früh ein

Unter Autoexperten gibt es dennoch kaum Zweifel, dass BYD seine steile Erfolgsgeschichte fortsetzen wird und auch außerhalb Chinas sowohl für Tesla als auch für die deutschen Premium-Hersteller in Zukunft die wohl größte Herausforderung darstellen wird. US-Investor Warren Buffett hatte anscheinend den richtigen Riecher, als er sich bereits 2008 mit acht Prozent an BYD beteiligte. Der Aktienkurs des an der Hongkonger Börse gelisteten Unternehmens hat sich seitdem mehr als verzwanzigfacht. Erst Ende Juni markierten die Papiere ein neues Allzeithoch. 

Mitte der 1990er Jahre vom ehemaligen Universitätsprofessor Wang Chuanfu gegründet, begann BYD als Hersteller von wiederaufladbaren Batterien, bevor es Anfang der 2000er-Jahre in die Automobilindustrie expandierte. Davon, dass BYD seine eigenen Batterien herstellt und viel in Forschung investiert hat, profitiert das Unternehmen immer spürbarer. 

Die Batterie macht den Unterschied

“BYD hat sich in den letzten fünf Jahren deutlich weiterentwickelt und nach oben positioniert”, so der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Die Fahrzeuge seien modern, “state of the art” und damit auch deutliche Wettbewerber für die deutschen Premium-Hersteller in China

Ein wesentlicher Punkt sei das große Batterie-Knowhow von BYD, das etwa in der sogenannten Blade-Batterie zum Ausdruck komme. Dabei handelt es sich um großformatige prismatische Zellen, die deutlich höhere Energiedichten auf gleichem Volumen erlauben. “BYD bildet hier die Spitze der Entwicklung ab”, sagt Dudenhöffer.

Auch bei der Batterie-Integration ins Fahrzeug sei BYD sehr innovativ und nutze bereits die sogenannte Cell-to-Chassis-Technik. Hierbei werden die Batterien direkt mit dem Fahrgestell verbunden, womit das Gewicht des Autos reduziert werden kann (China.Table berichtete). Cell-to-Chassis macht zwar auch Tesla – BYD sei hier aber Mercedes und BMW deutlich voraus. 

Expansion ins Ausland läuft an

Die steigenden Verkaufszahlen, so Dudenhöffer, seien daher keine Eintagsfliege. “BYD wird bald auch in Europa auf sich aufmerksam machen”, schlussfolgert der Autoexperte, der aber auch anderen chinesischen Herstellern gute Chancen einräumt. SAIC, FAW, XPeng, Nio, Geely, Lynck & Co, Polestar zeigten, wie stark die Chinesen sind und sich Stück für Stück in den westlichen Automärkten nach oben entwickelten. “Wir kommen in die Phase, in der die Teslas von China lernen”, ist Dudenhöffer überzeugt. 

BYD verkauft bereits heute Elektrobusse in Europa, Japan und Indien und unternimmt Schritte, um auch PKW in Europa, Australien, Lateinamerika und den Philippinen auf den Markt zu bringen. Erst Anfang des Monats unterzeichneten die Chinesen einen Vertrag mit dem niederländischen Autohändler Louwman. Auch in Südostasien prüft BYD derzeit seine Möglichkeiten. Jörn Petring/Gregor Koppenburg 

  • Autoindustrie

Wieso Chips Mangelware bleiben

Der Trumpchi GS8 der Guangzhou Automobile Group: Wegen des Halbleitermangels beteiligt sich der chinesische Autobauer nun an lokalen Chipherstellern. Die Autoindustrie wird wohl noch bis 2024 mit Halbleitermangel zu kämpfen haben.
Der Trumpchi GS8 der Guangzhou Automobile Group: Wegen des Halbleitermangels beteiligt sich der chinesische Autobauer nun an lokalen Chipherstellern.

Der Markt für Halbleiter hat sich zum Dauerproblem für die Automobilhersteller entwickelt. Die Nachfrage steigt, das Angebot aber stagniert bestenfalls. Das hat Folgen: Es werden nicht mehr genug Autos gebaut, um die Nachfrage zu bedienen. So steigen zwar die Gewinnmargen, doch die Hersteller können ihre Wachstumspläne vergessen. Und das längerfristig. Eine neue Studie der Unternehmensberatung AlixPartners geht davon aus, dass der Mangel an Halbleitern auch im Jahr 2024 die Produktion beeinträchtigen wird.

Zentraler Aspekt sei, dass Elektroautos etwa zehnmal so viele Chips benötigen würden, wie herkömmliche Autos. Zusätzlich genieße die Autoindustrie bei den Chipproduzenten keine Priorität, so AlixPartners. Diese würde analoge Chips benötigen, die Hersteller der Halbleiter würden allerdings in die sehr viel profitablere Produktion von Mikrocontrollern investieren. Diese werden unter anderem in Unterhaltungselektronik und Mobiltelefonen eingesetzt. 

Entlang der Wertschöpfungskette investieren

Chinesische Hersteller reagieren auf die Engpässe und beteiligen sich an lokalen Chipherstellern. So etwa die Guangzhou Automobile Group (GAC). Der Schritt ist nur konsequent, schließlich kommen gerade einmal fünf Prozent der Halbleiter, die für den Automobilbau benötigt werden, aus der Volksrepublik. 

Investitionen entlang der Wertschöpfungskette sind beispielsweise für BYD ein Erfolgsrezept. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2022 habe die Marke seine Auslieferungen verdoppeln können, rechnet das Fachportal BSBC vor. Auf insgesamt 590.000 Stück. Kein anderer Hersteller weltweit verkaufte so viele New Energy Vehicle wie BYD.

Der große Vorteil der Marke ist, dass der Konzern auch der drittgrößte Batteriehersteller der Welt ist. Selbst Tesla möchte beim Konkurrenten einkaufen. Entscheidend ist, dass BYD zusätzlich Schürfrechte für Lithium in Chile besitzt und den Rohstoff selbst abbaut. Bald geht BYD Semiconductor an die Börse. Mit dem Erlös will der Hersteller die Entwicklung eigener Halbleiter finanzieren. 

Doch selbst BYD kann die Nachfrage nur schwer bedienen. Das hat mit mangelnden Produktionskapazitäten zu tun. Derzeit wird schon die fünfte Fabrik gebaut. Nach Fertigstellung soll die Marke rund 3,4 Millionen Fahrzeuge pro Jahr fertigen können. Wobei Modelle mit Verbrennungsmotor seit Ende März nicht mehr im Programm sind. 

Chips werden teuer

Die Beteiligung an Chipherstellern alleine dürfte aber das Problem nicht beheben. Showa Denko KK, ein Chemiekonzern aus Japan, warnte gegenüber dem Nachrichtenportal Bloomberg News die Chipindustrie vor massiven Preissteigerungen in naher Zukunft. Der Konzern beliefert unter anderem Taiwan Semiconductor Manufacturing und Infineon mit Rohstoffen für die Chipproduktion. 

Hideki Somemiya, der Finanzvorstand, kündigte an, dass “die aktuellen Marktbewegungen uns zwingen, doppelt so viel zu berechnen, wie ursprünglich geplant.” Hintergrund seien enorme Energiekosten, unterbrochene Lieferketten und ein schwacher Yen. Sein Unternehmen habe den Verkauf bestimmter Rohstoffe bereits eingestellt und Verträge mit Kunden beendet, wenn es keine Basis für eine rentable Zusammenarbeit gäbe. Selbst der Rückzug aus einzelnen Geschäftsbereichen steht zur Diskussion. Der große Schock für die Autohersteller könnte also noch kommen. 

Knappes Angebot erhöht die Margen

Doch es gibt auch gute Nachrichten, wie die Studie von AlixPartners vorrechnet. Aufgrund der hohen Nachfrage und des geringen Angebots hätten die 25 größten Automobilhersteller ihre Umsatzrendite um 2,5 Prozentpunkte gesteigert – auf über 10,3 Prozent. Ein Trend, der noch ein wenig anhalten dürfte. “Die Automobilproduktion wird die Nachfrage erst 2025 wieder übersteigen”, erklärte Fabian Piontek, Berater bei AlixPartners, gegenüber Reuters. 

Das beste Beispiel dafür ist Daimler Truck. Dessen Vorstandschef Martin Daum erklärte jüngst auf der Jahreshauptversammlung, dass die Jahresproduktion von über einer halben Million Fahrzeuge längst ausverkauft sei. Trotz einer Preissteigerung von rund zehn Prozent. AlixPartners mahnt aber zur Vorsicht. Die zusätzlichen Gewinne seien dringend nötig, da die Investitionskosten für Elektroautos in den kommenden fünf Jahren bei weltweit rund 500 Milliarden Dollar liegen würden. 

Zumal der größte Automarkt der Welt mit den größten Wachstumsraten immer noch China ist. BYD hat hier auch deswegen Erfolg, weil das Unternehmen sich zu großen Teilen über den günstigen Preis definiert. Die Marge beträgt gerade einmal 1,5 Prozent.

  • Autoindustrie
  • Chips

News

Deutsche Botschafterin in China tritt Amt an

Deutschlands höchster diplomatischer Posten in China ist wieder besetzt: Botschafterin Patricia Flor überreichte am Freitag ihre Akkreditierungspapiere in Peking, wie sie auf Twitter mitteilte. “In Zeiten der grundlegenden Veränderung brauchen wir, Deutschland, die EU und China, einen klaren Blick darauf, was wir gemeinsam erreichen können”, sagte Flor in einem Vorstellungsvideo. Darin schlug sie auch kritische Töne an. “Wir sind uns in einigen Kernfragen nicht einig, zum Beispiel in unserer Auslegung der Menschenrechte und in unserer Haltung zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine”, so die ehemalige EU-Diplomatin.

Gleichzeitig gebe es jedoch Herausforderungen, die nur gemeinsam bewältigt werden könnten. Flor nannte hier den Klimawandel und die globale Ernährungskrise. Mit der sich noch in Arbeit befindlichen China-Strategie Deutschlands im Hinterkopf werde sie daran arbeiten, Wege zu finden, “um uns auf eine neue Grundlage unserer künftigen Beziehungen zu einigen, basierend auf Gegenseitigkeit“, sagte Flor.

Die 60-Jährige war zuvor seit Mitte 2018 Botschafterin der Europäischen Union in Japan und im Rahmen des Auswärtigen Dienstes auf verschiedenen Posten in deutschen Botschaften und Vertretungen tätig. Flor folgt auf Jan Hecker, der im September unerwartet verstarb (China.Table berichtete). Die Botschaft in Peking gehört zu den wichtigsten deutschen Auslandsvertretungen neben Washington und Paris. Nach Heckers Tod kurz vor der Bundestagswahl galt als ausgemacht, dass die alte Regierung nicht sofort einen Ersatz benennt, sondern die Nachfolge-Regierung über die Top-Personalie entscheiden lässt. Mit Flor ist der höchste Posten in der deutschen Botschaft in Peking erstmals mit einer Frau besetzt. ari

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Einladung zu Treffen mit Xi

Europäische Spitzenpolitiker sollen einem Bericht zufolge eingeladen worden sein, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping im November in Peking zu treffen. Das berichtet die Zeitung “South China Morning Post” am Montag. Laut SCMP soll die Einladung an Bundeskanzler Olaf Scholz, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez verschickt worden sein. Nun sei es an den Europäern, zu entscheiden, ob sie die Einladung Chinas annehmen wollen.

Ein Treffen im November wäre unmittelbar nach dem 20. Parteitag im Oktober. Die Tatsache, dass Xi europäische Staats- und Regierungschefs im November nach China einlädt, bestätigt wiederum indirekt, wovon im Grunde alle Beobachter ausgehen: nämlich dass Xi Jinping eine dritte Amtszeit als Präsident bekommen wird. Das Treffen würde die Rückkehr der persönlichen Diplomatie zwischen Europa und China markieren – nach fast drei Jahren strikter Null-Covid-Politik, die einen persönlichen Austausch der Spitzenpolitiker von Europa und China unmöglich gemacht hat. rad

  • Diplomatie
  • Geopolitik
  • Xi Jinping

Stellantis beendet Jeep-Produktion in China

Der Autokonzern Stellantis stellt die Produktion des Jeeps in China ein. Damit beendet der Opel-Mutterkonzern ein zwölfjähriges Joint Venture mit der GAC Group. Als Grund führte Stellantis in einer Mitteilung am Montag an, dass es nicht gelungen sei, die Mehrheit an dem Joint Venture mit Guangzhou Automobile Group zu erlangen.

“Stellantis beabsichtigt, mit der GAC Group bei der geordneten Beendigung des im März 2010 gegründeten Joint Ventures zusammenzuarbeiten, das in den letzten Jahren Verluste erwirtschaftet hat”, hieß es. Die Beendigung des 2010 begonnenen Joint-Ventures wird im ersten Halbjahr 2022 zu einer nicht zahlungswirksamen Wertminderung in Höhe von etwa 297 Millionen Euro führen.

Im Januar hatte Stellantis noch angekündigt, den Anteil an dem Joint Venture mit GAC von 50 auf 75 Prozent erhöhen zu wollen, nachdem eine Gesetzesänderung zusätzliche ausländische Investitionen in solche Joint Ventures ermöglicht hatte. Doch das Vorhaben scheiterte, zwischen den beiden Partnern kam es zu einem Riss. Nun verordnet Chief Executive Officer Carlos Tavares dem Unternehmen eine neue Strategie: In Zukunft will Stellantis sich auf den Import von Fahrzeugen nach China konzentrieren. rad

  • Autoindustrie

Großes Potenzial für gemeinsame Kreislaufwirtschaft

Die EU bemüht sich im Bereich Kreislaufwirtschaft um eine stärkere internationale Zusammenarbeit. Doch in den bilateralen Handelsabkommen, die rund 40 Prozent des gesamten Handelsvolumens der EU regeln, wird die Kreislaufwirtschaft bislang nur selten explizit erwähnt. Dabei besteht mit Handelspartnern wie China ein großes Potenzial, vor allem in den Bereichen Kunststoffe und Textilien. Zu diesem Ergebnis kommt das am Montag veröffentlichte Policy Briefing des Institute for European Environmental Policy (IEEP).

Um Handelsabkommen verstärkt für die Kreislaufwirtschaft zu nutzen, empfiehlt das IEEP, die Abkommen um Verpflichtungen zur Zusammenarbeit in der Kreislaufwirtschaft zu ergänzen. So sollte man verstärkt Wissen über die Kreislaufwirtschaft, die Datenerhebungsmethoden und den Überwachungsrahmen austauschen und harmonisieren, um Datenlücken über den Fluss von Material- und Energieressourcen zu schließen.

Für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft und eines nachhaltigen Handels bieten dem IEEP-Bericht zufolge besonders die Strategien Chinas und der EU zur Förderung nachhaltiger Kunststoffe und Textilien eine solide Grundlage. Bei Kunststoffen gibt es gar eine ähnliche Gesetzgebung: Dazu gehören das Verbot einiger Kunststoffprodukte (Plastiktüten, Einweggeschirr und -besteck, Mikroplastik in Körperpflegeprodukten), die Förderung von Alternativen zu Kunststoffen und die Verbesserung der Infrastruktur für das Kunststoffrecycling. Chinesische Kunststoffprodukte müssen bislang keinen bestimmten Anteil an recyceltem Kunststoff enthalten, während die EU den Anteil an recyceltem Kunststoff weiter erhöht.

Auch im Bereich der Textilien planen sowohl China als auch die EU ähnliche Maßnahmen: Beide haben sich zum Ziel gesetzt, die Recyclingrate für Textilien zu erhöhen, die endgültige Entsorgung (zum Beispiel auf Deponien) von Textilabfällen zu minimieren und dem Trend zur “Fast Fashion” entgegenzuwirken. Zudem ergänzen sich die Absicht der EU, den Export von Textilabfällen einzuschränken, und das chinesische Verbot der Einfuhr von Textilabfällen. Dies bietet Potenzial für einen größeren Kreislauf in der globalen Textilwirtschaft. leo

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Designierter EU-Botschafter verblüfft mit Taiwan-Aussage

Ein Interview des künftigen EU-Botschafters in China hat wegen einer Aussage zu Taiwan für Aufmerksamkeit gesorgt. Im Gespräch mit der katalanischen Tageszeitung La Vanguardia sagte Jorge Toledo Albiñana, dass die Europäische Union, die Unabhängigkeit Taiwans nicht verteidige, “sondern die friedliche Wiedervereinigung“. Anschließend schwenkte Toledo wieder auf die altbekannte Linie ein: “Wir glauben, dass es nur ein China geben sollte, aber im Falle einer militärischen Invasion haben wir sehr deutlich gemacht, dass die EU zusammen mit den USA und ihren Verbündeten ähnliche oder sogar noch schwerere Maßnahmen ergreifen wird, als wir sie jetzt gegen Russland ergriffen haben”, fügte der Spanier an.

Die “Ein-China-Politik” (“One-China-policy”) ist die gängige Position Brüssels, wenn es um den Status von Taipeh geht. Doch dass Toledo von einer “friedlichen Wiedervereinigung” sprach, wurde in den sozialen Netzwerken kritisiert.

Toledo äußerte sich in dem Interview auch zu weiteren Themen der China-Politik. Eine Entkopplung gebe es, “aber nicht nach dem Willen Chinas”, sagte der Spanier. So habe der Westen die Notwendigkeit erkannt, seine Produktion zu überdenken. “Die Pandemie hat die Verwundbarkeit von Wertschöpfungsketten offengelegt”, sagte Toledo. Chinas Exporte nach Europa wachsen jedoch weiter, wie der Diplomat erklärte.

Der designierte EU-Botschafter in China sprach zudem zu nationalen Themen: “China hat fast 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit. Dies ist ein Erfolg des freien Marktes, kein Kommunismus.” Wie in jedem Land, das sich sehr schnell entwickle, komme jedoch eine Zeit, in der es nicht so schnell weiter wachsen könne. “Der demografische Druck auf die Wirtschaft ist enorm“, sagte Toledo.

Toledo war bis vor Kurzem Spaniens Botschafter in Japan. Seinen Job als EU-Botschafter soll er dem Bericht zufolge voraussichtlich im September antreten und damit dem Franzosen Nicolas Chapuis nachfolgen (China.Table berichtete). ari

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USA wollen ihre Abhängigkeit von China reduzieren

Die USA wollen ihre Abhängigkeit von China bei zentralen Importgütern wie Seltenen Erden oder Solarzellen verringern. Das sagte US-Finanzministerin Janet Yellen am Montag bei ihrem Besuch in Südkorea. Sie werde sich deshalb für verstärkte Handelsbeziehungen mit Südkorea und anderen vertrauenswürdigen Verbündeten einsetzen, sagte Yellen in Seoul. Es gelte zu verhindern, dass die Volksrepublik die “übermäßige Abhängigkeit” der USA aus strategischen Gründen ausnutze und Lieferungen einstelle, wie sie es bei anderen Ländern getan habe. Die Möglichkeiten müssten eingeschränkt werden, mit denen “geopolitische Rivalen in der Lage sind, uns zu manipulieren und unsere Sicherheit zu gefährden”. Zumal die Preise für Seltene Erden zuletzt rasant angestiegen sind (China.Table berichtete).

Yellen warb für eine Diversifizierung der Lieferketten und erklärte zugleich, China sei offen für Bedenken der USA in anderen Bereichen und habe einige konstruktive Schritte eingeleitet. “Ich möchte nicht den Eindruck einer reinen Eskalation der Feindseligkeiten mit China vermitteln.”

Bei Seltenen Erden handelt es sich um 17 chemische Elemente, die für viele Hightech-Produkte wie Handys und auch in der Rüstungsindustrie unverzichtbar sind. Zudem spielen sie bei der Produktion von Elektroautos eine wichtige Rolle. Seltene Erden kommen weltweit viel häufiger vor, als es der Name vermuten lässt. Ihre aufwendige Förderung ist allerdings fest in chinesischer Hand. Die USA decken etwa 80 Prozent ihres Bedarfs aus der Volksrepublik China ab.

In Deutschland hatte Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies unlängst eine zu große Abhängigkeit von Seltenen Erden aus China beklagt (China.Table berichtete). Man dürfe die Fehler wie bei Öl und Gas mit der Abhängigkeit von Russland nun nicht bei anderen Rohstoffen wiederholen, sagte Kukies Anfang Juli. rtr

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Premier der Salomonen schließt Militärbasis aus

Der Premierminister der Salomonen hat eine chinesische Militärbasis in seinem Land ausdrücklich ausgeschlossen. In einem Interview mit dem Guardian sagte Manasseh Sogavare, ein derartiger Deal würde die Sicherheit in der Region untergraben und die Salomonen zu einem Feind der anderen Länder im indo-pazifischen Raum machen. Sein Land und dessen Bevölkerung würden dadurch zu einem potenziellen Ziel von Militärschlägen. 

Sogavare nannte stattdessen Australien als Partner der Wahl. Sollte es zu Sicherheitsproblemen in der Region kommen, werde man Canberra um Unterstützung bitten. Militärische Hilfe von China komme nur infrage, falls eine Lücke entstünde, die Australien nicht bedienen könnte.

Beim jährlichen Treffen der Staats- und Regierungschefs des Pacific Islands Forum, das diese Woche in Fidschi stattfand, betonte Sogavare, sein Land werde kein Mitglied der pazifischen Familie in Gefahr bringen. Vor einer Woche hatte er China allerdings noch als wertvollen Partner bezeichnet und den Wunsch nach einer permanenten Rolle Chinas bei der Polizeiausbildung auf den Salomonen bekräftigt. 

Im April haben die Salomonen ein umstrittenes Sicherheitsabkommen mit China unterzeichnet (China.Table berichtete). Es sieht vor, dass China die Salomonen bei Fragen der sozialen Ordnung und Sicherheit unterstützt. Es gibt aber auch Befürchtungen, dass damit die Erlaubnis für China einhergehen könnte, Militär-Schiffe vor den Salomonen zu stationieren. Eine Militärbasis auf den strategisch günstig gelegenen Salomonen wäre für Peking ein wichtiger Schritt, um die eigene Machtposition im Pazifik zu stärken. Eine solche Basis wäre nur 2.000 Kilometer von Australiens Küste entfernt. jul

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Heads

Antonia Hmaidi – das Multitalent

Antonia Hmaidi ist Analystin bei Merics.
Antonia Hmaidi ist Analystin bei Merics.

Ihre Karriere als China-Expertin beginnt mit einem Kung-Fu-Kurs. Da ist Antonia Hmaidi gerade einmal fünfzehn Jahre alt, aber schon Abiturientin in Schwäbisch-Hall. Die Hochbegabte hat vier Klassen übersprungen. Studieren will sie noch nicht. Denn trotz der rasanten Schullaufbahn hat sie erst einmal genug von Zahlen und Buchstaben. “Ich bin ein Abenteurertyp”, sagt die 29-Jährige auch heute. 

Kampfsport betreibt sie schon seit ihrer frühen Kindheit. Dann reizt es sie, nach der Schule für drei Monate eine Kung-Fu-Schule in China zu besuchen. Die örtliche Bürgerstiftung und Unternehmen helfen bei der Finanzierung. Als sie zurückkommt, nimmt sie in Bochum ihr Studium ostasiatischer Wirtschaft und Politik auf. “Ich bin kein glühender Anhänger der chinesischen Kultur”, sagt sie. “Aber die wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge interessieren mich seit meinem ersten Chinabesuch in der Kung-Fu-Schule.”

In Bochum macht sie ihren Bachelor, studiert ein Jahr in Peking und absolviert ihren Master in Internationalen Beziehungen in Genf samt Studienaufenthalt in Neu-Delhi. Die Erfahrungen im Ausland genießt sie. Peking empfindet sie als aufregend. “Man hatte den Eindruck, das Land öffne sich.” Doch das hat sich nicht bewahrheitet. “Damals durften Chinesen noch von der offiziellen Parteilinie abweichen. Das findet man heute kaum mehr”, sagt Hmaidi. 

Nach China einreisen kann sie nicht mehr

Sie forscht nach ihrer akademischen Karriere, unter anderem für die Bertelsmann Stiftung und lehrt an der Uni Duisburg-Essen. Ein Schwerpunkt: Chinas repressive Sozialkredit-Systeme. Dass Chinas Regierung auch gegenüber Ausländern Druck ausübt, muss sie 2018 erfahren. Im Rahmen eines Vortrags vor dem Chaos Computer Club (CCC) kritisiert sie das Vorgehen der Regierung gegen die Minderheit der Uiguren. “Bekannte aus dem Kultusministerium haben mir anschließend zu verstehen gegeben, dass ich nun besser nicht mehr nach China einreise”, erzählt sie. “Das hat mich überrascht. Ich dachte, ich sei zu unwichtig.”

Seither hat sich Ihre Arbeit verändert. “Meine Forschungen sind ausschließlich datengetrieben”, sagt sie. Der Austausch mit Kollegen in China ist zu riskant. Selbst per Videokonferenz geht nichts. “Ich wüsste nie, ob mein Gesprächspartner die Wahrheit sagt, und wenn er es tut, bringt er sich damit womöglich in Gefahr. Das will ich nicht verantworten”, sagt sie.

Neue Heimat Berlin

Seit Juni dieses Jahres ist Hmaidi in Berlin am Mercator Institut für China-Studien (Merics) angestellt. Hier beschäftigt sie sich unter anderem mit Chinas Streben nach technischer Eigenständigkeit, vor allem mit der Halbleiterproduktion des Landes. “Halbleiter sind ein Schlüssel zur Macht, zum Beispiel wegen ihrer Verwendung in Waffensystemen”, sagt sie.

Sie erforscht zudem Chinas Desinformations- und Hacking-Kampagnen. Das nötige technische Know-how hat sie sich selbst beigebracht. Seit Jahren ist sie Mitglied im CCC. Sie kann Server aufsetzen, Datenbanken installieren und programmieren.

Mit ihrer neuen Stelle verknüpft sie nach ihren vielen Reisen nun Sesshaftigkeit. Sie will in Berlin bleiben. “Das ist jetzt erstmal meine Heimat.” Andreas Schulte

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China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Im Portrait: Antonia Hmaidi – Neues Multitalent für Merics
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    rund zehn Monate lang war der höchste diplomatische Posten Deutschlands in China vakant. Nun gibt es wieder eine Vertreterin in Peking: Botschafterin Patricia Flor hat am Freitag ihre Akkreditierungspapiere im Außenministerium überreicht. Auf den sozialen Medien präsentierte sich die Diplomatin in einem Vorstellungsvideo erstmals auf Mandarin und Englisch. Welche Themen Flor anpacken möchte, lesen Sie heute in unseren News. Eines ist bereits klar: Die 60-Jährige tritt ihren neuen Job in politisch hoch angespannten Zeiten an – geopolitisch, aber auch in der Volksrepublik selbst. 

    Denn im Herbst stellt sich die Führung beim Parteitag der KPCh neu auf. Die heiße Phase ist aber schon jetzt. Denn die Entscheidungen darüber, wer welchen Posten bekommt, seien bis zum Parteitag längst getroffen, betont der Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider im Gespräch mit Michael Radunski. Sandschneider erklärt, welche Probleme Xi Jinping vor dem großen Polit-Happening hat und welche Ziele er verfolgt: “Xi ist der große Moderator, nicht der große Alleinherrscher.”

    Auch der wachsende Unmut in der Bevölkerung ob der anhaltend strengen Corona-Maßnahmen geht Sandschneider zufolge an Xi nicht problemlos vorbei. Der harte Corona-Lockdown in Shanghai ist indes nicht unbeteiligt daran, dass der chinesische Hersteller BYD mittlerweile an Tesla vorbeigezogen ist. BYD baut den Großteil seiner Fahrzeuge im südchinesischen Shenzhen, das weniger von Corona-Maßnahmen betroffen war als Shanghai, wo Tesla sitzt. Das ist aber nicht der einzige Grund für das Überholmanöver aus Shenzhen, wie unser Autorenteam in China schreibt: Auch technologisch habe BYD gut aufgeholt.

    In unserer zweiten Analyse widmen wir uns heute dem Hauptproblem der Autoindustrie: dem weltweiten Mangel an Halbleitern. Noch gelingt es den Autobauern, den Mangel zu kaschieren – und gar Profit daraus zu schlagen. Denn hohe Nachfrage und geringes Angebot lassen die Preise steigen. Doch diese Strategie wird bald ein Ende finden. Und so warnt Christian Domke Seidel in seiner Analyse: Der Chipmangel wird noch mehrere Jahre anhalten – zumindest in der Autobranche. Die Firmen müssen deshalb dringend reagieren.Wie, das zeigen chinesische Autokonzerne: Die Guangzhou Automobile Group beteiligt sich an lokalen Chipherstellern, während BYD sich Schürfrechte für Lithium sichert.  

    Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

    Ihre
    Amelie Richter
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    Interview

    “Ich kann bei Xi kein Streben nach Allmacht erkennen”

    Eberhard Sandschneider ist Partner bei Berlin Global Advisors.
    Eberhard Sandschneider ist Partner bei Berlin Global Advisors.

    Herr Sandschneider, warten Sie schon gespannt auf den Herbst?

    Nein. Warum sollte ich?

    Der große Parteitag der KP China steht an.

    Das stimmt. Aber wenn im Herbst der Parteitag zusammenkommt, dann ist alles schon entschieden. Jetzt ist die spannende Zeit, jetzt werden die Entscheidungen getroffen. In Zhongnanhai, in Beidaihe oder wo immer sich die Herren zusammensetzen. Was im Herbst stattfindet, ist pure Akklamation.  

    Und was hören Sie?

    Ich höre von Gerüchten, dass der Parteitag vielleicht vorgezogen werden soll. Sehr wahrscheinlich ist das allerdings nicht.

    Wenn er nun vorgezogen würde, wäre das gut oder schlecht für Xi Jinping?

    Das wäre gut für Xi, ökonomisch und politisch. Ökonomisch, weil aktuell die wirtschaftlichen Folgen der vielen Lockdowns noch nicht voll auf die Wirtschaft durchschlagen. Die aktuellen Wirtschaftszahlen sind derzeit noch besser als sie im Herbst sein werden und…

    … und Sie glauben, dass Chinas Führung im Herbst auch schlechte Daten veröffentlichen würde?

    Nein, mit Sicherheit nicht. Schlecht ist relativ. Alle veröffentlichten Wirtschaftsdaten waren, sind und werden immer politisch gelenkt sein. Darauf kann man nichts geben. Wenn Xi glaubt, eine Fünf vor dem Komma zu brauchen, wird er sie auch bekommen. Aber durch die strikte Corona-Politik hat der Druck der Realität auf die Führung in Peking enorm zugenommen.

    Und politisch?

    Politisch wäre ein vorgezogener Parteitag gut für Xi, weil das bedeuten würde, dass der Regierungswechsel relativ reibungslos vollzogen würde.

    Welcher Regierungswechsel? Xi Jinping hat sich doch schon im Vorfeld eine dritte Amtszeit als Präsident gesichert, was seit Deng Xiaoping verfassungsmäßig untersagt war.

    Das stimmt. An Xis dritter Amtszeit besteht kaum Zweifel. Alles andere käme einer Revolution gleich. Aber die große Frage ist, ob es ihm gelingen wird, seine Vertrauten in Führungspositionen zu bringen, so wie er das braucht. Das wird schwierig, und deshalb glaube ich auch nicht an einen frühen Parteitag.

    Olympische Spiele Peking 2022

    Sie zweifeln, dass Xi als starker Mann an der Spitze seine Vertrauten in Position bringen wird?

    Tja, in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation, in Anbetracht der großen Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung über den Umgang mit der Corona-Pandemie ist das alles andere als sicher. Sie müssen sehen, viele seiner Vertrauten werden in den Ruhestand gehen, angefangen von Liu He über Yang Jiechi bis hin zu Li Keqiang. Aber Xi braucht wieder ein Netzwerk um sich herum, dass ihn dann auch trägt.

    Dabei wird Xi gerne als fast schon allmächtiger Führer Chinas dargestellt.

    Das ist eine Fehleinschätzung, die vor allem im Westen gerne vorgenommen wird. Egal wer an der Spitze der KP steht, muss viele unterschiedliche Fraktionen, Clans, Gruppierungen ausbalancieren. Die Alt-Kommunisten, die Reformer und wen es da nicht alles gibt. Sie mögen in den vergangenen Jahren vielleicht weniger sichtbar gewesen sein, es gibt es aber dennoch weiterhin. Xi ist der große Moderator, nicht der große Alleinherrscher.  

    Aber wir hören und sehen doch fast täglich lautstarke Solidaritätsbekundungen aus den Provinzen. Sie alle schwören Xi Jinping die Treue und geloben Unterstützung.

    Das ist das übliche Spiel. Ich bin mir nicht sicher, ob da Solidarität demonstriert oder doch eher geheuchelt wird. Sicher ist allerdings: Das ist reine Show, die kurz vor einem Parteitag dazugehört.

    Läuft also alles wie immer?

    Nicht unbedingt. Die Probleme sind groß und gleichzeitig gibt es eine Teillähmung der Kommunistischen Partei, vor allem auf der mittleren und unteren Ebene. Dort warten alle ab, was oben passiert. Keiner wagt, seinen Kopf herauszustrecken. Der Letzte, der das gewagt hat, war Bo Xilai…

    … und der sitzt seitdem hinter Gittern. Also wer ist denn Xi nun: Anfangs glaubte man in ihm einen großen Reformer zu erkennen. Doch dann folgten eine fortschreitende Abschottung des Landes, eine Ideologisierung und Re-Nationalisierung.

    Das ist alles richtig. Aber ich kann bei all dem kein Streben nach Allmacht erkennen. Alles, was Xi Jinping in seiner Verantwortung getan hat – auch die Rückschritte und Einengungen der Bewegung wie auch der thematischen Spielräume – all das sehe ich als klares Indiz für seine Risikowahrnehmung in der chinesischen Gesellschaft. Das, was in den Jahren 2000 bis 2012 in China passiert ist, war ihm offensichtlich zu liberal und auch zu gefährlich.

    Inwiefern?

    Ein Schlüsselmoment war sicherlich der Verlust des Informationsmonopols durch soziale Medien. Das war einst das zentrale Herrschaftselement der KP – und das war ihnen in den Jahren 2007 durch das iPhone bis 2012 verloren gegangen. Doch seither tut man alles Mögliche, um diese Kontrolle wiederzuerlangen. Ja, sie sogar noch durch Technologie zu stärken.

    Sie meinen das harte Vorgehen gegen Tech-Konzerne?

    Ja, auch. Sehen Sie, Xi Jinping macht das ja nicht, weil er denkt, dass chinesische Tech-Konzerne zu gut sind oder zu viel Geld verdienen. Er geht auch nicht wegen persönlicher Abneigung gegen quatschende Unternehmer wie Jack Ma vor. Alle das sieht Xi als gefährlich an. Kontrollverlust ist für ihn die schlimmste Befürchtung.

    Im Ernst, gefährlich für die Volksrepublik China?

    Nein, gefährlich für den Machterhalt der Kommunistischen Partei. Das ist die zentrale Größe. Die Kommunistische Partei Chinas steht immer über dem Land. Wir im Westen machen diesen Fehler immer wieder: Wir sehen in Chinas Politikern immer die Regierungsbeamten, aber das ist gar nicht so wichtig. Entscheidend sind ihre Parteifunktionen. Xi Jinping ist natürlich der Staatspräsident Chinas, aber das wichtigste Amt ist seine Rolle als Vorsitzender der zentralen Militärkommission. Xi geht es vor allem um Stabilität und Machterhalt.

    Das schließt sich der Kreis: Deng Xiaoping wollte durch die Amtszeitbegrenzung für den Präsidenten für Stabilität sorgen, damit Exzesse wie unter Mao verhindert werden. Das hat Xi nun abgeschafft, der Parteitag wird seiner dritten Amtszeit zustimmen.

    Ja, aber erlauben Sie mir den Hinweis: Wenn sie von Stabilität sprechen – auch für uns im globalen Maßstab – mache ich mir keine Sorgen um China, sondern viel mehr um die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir werden im November bei den Midterms zittern. Und wir werden erst recht 2024 zittern, wenn zu befürchten steht, dass Donald Trump wieder ins Weiße Haus einziehen wird. Dann ist der große Unsicherheitsfaktor in der internationalen Politik nicht Peking, sondern Washington. Gemessen an der Situation in den USA erscheint China paradoxerweise fast wie ein Hort der Stabilität.

    Eberhard Sandschneider war von 1998 bis 2020 Professor für Politik Chinas und internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Von 2003 bis 2016 war er zudem Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Inzwischen ist er Partner bei der Beratungsfirma “Berlin Global Advisors”.

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    Analyse

    BYD zieht Tesla davon 

    BYD konnte seinen Absatz im Vergleich zum Vorjahr massiv steigern. Tesla kämpft derweil mit Problemen in der Produktion.
    BYD konnte seinen Absatz im Vergleich zum Vorjahr massiv steigern.

    Tesla hatte in den vergangenen Monaten in China mit deutlichen Problemen zu kämpfen. Weil die Fabrik in Shanghai vom großen Lockdown betroffen war, verkaufte der US-Autobauer laut Schätzungen 80.000 bis 100.000 Autos weniger als eigentlich geplant. 

    Dies war auch der maßgebliche Grund dafür, dass der Konzern von Elon Musk bei seinen weltweiten Verkäufen erstmals seit drei Jahren wieder hinter den chinesischen Elektro-Platzhirschen BYD zurückgefallen ist. Während Tesla in der ersten Jahreshälfte weltweit 564.000 Autos absetzte, konnte der Shenzhener Konzern 641.000 Fahrzeuge verkaufen – das sind 300 Prozent mehr als im Vorjahresvergleich. 

    Ganz gerecht ist der Vergleich von Tesla und BYD freilich nicht. Denn während Tesla ausschließlich Premium-Elektroautos produziert, handelt es sich bei rund der Hälfte der von BYD produzierten Fahrzeuge noch um Plug-in-Hybride. Die haben neben einer großen Batterie auch einen Verbrennungsmotor. Hinzu kommt geografisches Glück. BYD baut den Großteil seiner Fahrzeuge im südchinesischen Shenzhen, das weniger von harten Corona-Maßnahmen betroffen war als Shanghai. 

    BYD: Warren Buffett stieg früh ein

    Unter Autoexperten gibt es dennoch kaum Zweifel, dass BYD seine steile Erfolgsgeschichte fortsetzen wird und auch außerhalb Chinas sowohl für Tesla als auch für die deutschen Premium-Hersteller in Zukunft die wohl größte Herausforderung darstellen wird. US-Investor Warren Buffett hatte anscheinend den richtigen Riecher, als er sich bereits 2008 mit acht Prozent an BYD beteiligte. Der Aktienkurs des an der Hongkonger Börse gelisteten Unternehmens hat sich seitdem mehr als verzwanzigfacht. Erst Ende Juni markierten die Papiere ein neues Allzeithoch. 

    Mitte der 1990er Jahre vom ehemaligen Universitätsprofessor Wang Chuanfu gegründet, begann BYD als Hersteller von wiederaufladbaren Batterien, bevor es Anfang der 2000er-Jahre in die Automobilindustrie expandierte. Davon, dass BYD seine eigenen Batterien herstellt und viel in Forschung investiert hat, profitiert das Unternehmen immer spürbarer. 

    Die Batterie macht den Unterschied

    “BYD hat sich in den letzten fünf Jahren deutlich weiterentwickelt und nach oben positioniert”, so der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Die Fahrzeuge seien modern, “state of the art” und damit auch deutliche Wettbewerber für die deutschen Premium-Hersteller in China

    Ein wesentlicher Punkt sei das große Batterie-Knowhow von BYD, das etwa in der sogenannten Blade-Batterie zum Ausdruck komme. Dabei handelt es sich um großformatige prismatische Zellen, die deutlich höhere Energiedichten auf gleichem Volumen erlauben. “BYD bildet hier die Spitze der Entwicklung ab”, sagt Dudenhöffer.

    Auch bei der Batterie-Integration ins Fahrzeug sei BYD sehr innovativ und nutze bereits die sogenannte Cell-to-Chassis-Technik. Hierbei werden die Batterien direkt mit dem Fahrgestell verbunden, womit das Gewicht des Autos reduziert werden kann (China.Table berichtete). Cell-to-Chassis macht zwar auch Tesla – BYD sei hier aber Mercedes und BMW deutlich voraus. 

    Expansion ins Ausland läuft an

    Die steigenden Verkaufszahlen, so Dudenhöffer, seien daher keine Eintagsfliege. “BYD wird bald auch in Europa auf sich aufmerksam machen”, schlussfolgert der Autoexperte, der aber auch anderen chinesischen Herstellern gute Chancen einräumt. SAIC, FAW, XPeng, Nio, Geely, Lynck & Co, Polestar zeigten, wie stark die Chinesen sind und sich Stück für Stück in den westlichen Automärkten nach oben entwickelten. “Wir kommen in die Phase, in der die Teslas von China lernen”, ist Dudenhöffer überzeugt. 

    BYD verkauft bereits heute Elektrobusse in Europa, Japan und Indien und unternimmt Schritte, um auch PKW in Europa, Australien, Lateinamerika und den Philippinen auf den Markt zu bringen. Erst Anfang des Monats unterzeichneten die Chinesen einen Vertrag mit dem niederländischen Autohändler Louwman. Auch in Südostasien prüft BYD derzeit seine Möglichkeiten. Jörn Petring/Gregor Koppenburg 

    • Autoindustrie

    Wieso Chips Mangelware bleiben

    Der Trumpchi GS8 der Guangzhou Automobile Group: Wegen des Halbleitermangels beteiligt sich der chinesische Autobauer nun an lokalen Chipherstellern. Die Autoindustrie wird wohl noch bis 2024 mit Halbleitermangel zu kämpfen haben.
    Der Trumpchi GS8 der Guangzhou Automobile Group: Wegen des Halbleitermangels beteiligt sich der chinesische Autobauer nun an lokalen Chipherstellern.

    Der Markt für Halbleiter hat sich zum Dauerproblem für die Automobilhersteller entwickelt. Die Nachfrage steigt, das Angebot aber stagniert bestenfalls. Das hat Folgen: Es werden nicht mehr genug Autos gebaut, um die Nachfrage zu bedienen. So steigen zwar die Gewinnmargen, doch die Hersteller können ihre Wachstumspläne vergessen. Und das längerfristig. Eine neue Studie der Unternehmensberatung AlixPartners geht davon aus, dass der Mangel an Halbleitern auch im Jahr 2024 die Produktion beeinträchtigen wird.

    Zentraler Aspekt sei, dass Elektroautos etwa zehnmal so viele Chips benötigen würden, wie herkömmliche Autos. Zusätzlich genieße die Autoindustrie bei den Chipproduzenten keine Priorität, so AlixPartners. Diese würde analoge Chips benötigen, die Hersteller der Halbleiter würden allerdings in die sehr viel profitablere Produktion von Mikrocontrollern investieren. Diese werden unter anderem in Unterhaltungselektronik und Mobiltelefonen eingesetzt. 

    Entlang der Wertschöpfungskette investieren

    Chinesische Hersteller reagieren auf die Engpässe und beteiligen sich an lokalen Chipherstellern. So etwa die Guangzhou Automobile Group (GAC). Der Schritt ist nur konsequent, schließlich kommen gerade einmal fünf Prozent der Halbleiter, die für den Automobilbau benötigt werden, aus der Volksrepublik. 

    Investitionen entlang der Wertschöpfungskette sind beispielsweise für BYD ein Erfolgsrezept. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2022 habe die Marke seine Auslieferungen verdoppeln können, rechnet das Fachportal BSBC vor. Auf insgesamt 590.000 Stück. Kein anderer Hersteller weltweit verkaufte so viele New Energy Vehicle wie BYD.

    Der große Vorteil der Marke ist, dass der Konzern auch der drittgrößte Batteriehersteller der Welt ist. Selbst Tesla möchte beim Konkurrenten einkaufen. Entscheidend ist, dass BYD zusätzlich Schürfrechte für Lithium in Chile besitzt und den Rohstoff selbst abbaut. Bald geht BYD Semiconductor an die Börse. Mit dem Erlös will der Hersteller die Entwicklung eigener Halbleiter finanzieren. 

    Doch selbst BYD kann die Nachfrage nur schwer bedienen. Das hat mit mangelnden Produktionskapazitäten zu tun. Derzeit wird schon die fünfte Fabrik gebaut. Nach Fertigstellung soll die Marke rund 3,4 Millionen Fahrzeuge pro Jahr fertigen können. Wobei Modelle mit Verbrennungsmotor seit Ende März nicht mehr im Programm sind. 

    Chips werden teuer

    Die Beteiligung an Chipherstellern alleine dürfte aber das Problem nicht beheben. Showa Denko KK, ein Chemiekonzern aus Japan, warnte gegenüber dem Nachrichtenportal Bloomberg News die Chipindustrie vor massiven Preissteigerungen in naher Zukunft. Der Konzern beliefert unter anderem Taiwan Semiconductor Manufacturing und Infineon mit Rohstoffen für die Chipproduktion. 

    Hideki Somemiya, der Finanzvorstand, kündigte an, dass “die aktuellen Marktbewegungen uns zwingen, doppelt so viel zu berechnen, wie ursprünglich geplant.” Hintergrund seien enorme Energiekosten, unterbrochene Lieferketten und ein schwacher Yen. Sein Unternehmen habe den Verkauf bestimmter Rohstoffe bereits eingestellt und Verträge mit Kunden beendet, wenn es keine Basis für eine rentable Zusammenarbeit gäbe. Selbst der Rückzug aus einzelnen Geschäftsbereichen steht zur Diskussion. Der große Schock für die Autohersteller könnte also noch kommen. 

    Knappes Angebot erhöht die Margen

    Doch es gibt auch gute Nachrichten, wie die Studie von AlixPartners vorrechnet. Aufgrund der hohen Nachfrage und des geringen Angebots hätten die 25 größten Automobilhersteller ihre Umsatzrendite um 2,5 Prozentpunkte gesteigert – auf über 10,3 Prozent. Ein Trend, der noch ein wenig anhalten dürfte. “Die Automobilproduktion wird die Nachfrage erst 2025 wieder übersteigen”, erklärte Fabian Piontek, Berater bei AlixPartners, gegenüber Reuters. 

    Das beste Beispiel dafür ist Daimler Truck. Dessen Vorstandschef Martin Daum erklärte jüngst auf der Jahreshauptversammlung, dass die Jahresproduktion von über einer halben Million Fahrzeuge längst ausverkauft sei. Trotz einer Preissteigerung von rund zehn Prozent. AlixPartners mahnt aber zur Vorsicht. Die zusätzlichen Gewinne seien dringend nötig, da die Investitionskosten für Elektroautos in den kommenden fünf Jahren bei weltweit rund 500 Milliarden Dollar liegen würden. 

    Zumal der größte Automarkt der Welt mit den größten Wachstumsraten immer noch China ist. BYD hat hier auch deswegen Erfolg, weil das Unternehmen sich zu großen Teilen über den günstigen Preis definiert. Die Marge beträgt gerade einmal 1,5 Prozent.

    • Autoindustrie
    • Chips

    News

    Deutsche Botschafterin in China tritt Amt an

    Deutschlands höchster diplomatischer Posten in China ist wieder besetzt: Botschafterin Patricia Flor überreichte am Freitag ihre Akkreditierungspapiere in Peking, wie sie auf Twitter mitteilte. “In Zeiten der grundlegenden Veränderung brauchen wir, Deutschland, die EU und China, einen klaren Blick darauf, was wir gemeinsam erreichen können”, sagte Flor in einem Vorstellungsvideo. Darin schlug sie auch kritische Töne an. “Wir sind uns in einigen Kernfragen nicht einig, zum Beispiel in unserer Auslegung der Menschenrechte und in unserer Haltung zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine”, so die ehemalige EU-Diplomatin.

    Gleichzeitig gebe es jedoch Herausforderungen, die nur gemeinsam bewältigt werden könnten. Flor nannte hier den Klimawandel und die globale Ernährungskrise. Mit der sich noch in Arbeit befindlichen China-Strategie Deutschlands im Hinterkopf werde sie daran arbeiten, Wege zu finden, “um uns auf eine neue Grundlage unserer künftigen Beziehungen zu einigen, basierend auf Gegenseitigkeit“, sagte Flor.

    Die 60-Jährige war zuvor seit Mitte 2018 Botschafterin der Europäischen Union in Japan und im Rahmen des Auswärtigen Dienstes auf verschiedenen Posten in deutschen Botschaften und Vertretungen tätig. Flor folgt auf Jan Hecker, der im September unerwartet verstarb (China.Table berichtete). Die Botschaft in Peking gehört zu den wichtigsten deutschen Auslandsvertretungen neben Washington und Paris. Nach Heckers Tod kurz vor der Bundestagswahl galt als ausgemacht, dass die alte Regierung nicht sofort einen Ersatz benennt, sondern die Nachfolge-Regierung über die Top-Personalie entscheiden lässt. Mit Flor ist der höchste Posten in der deutschen Botschaft in Peking erstmals mit einer Frau besetzt. ari

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    Einladung zu Treffen mit Xi

    Europäische Spitzenpolitiker sollen einem Bericht zufolge eingeladen worden sein, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping im November in Peking zu treffen. Das berichtet die Zeitung “South China Morning Post” am Montag. Laut SCMP soll die Einladung an Bundeskanzler Olaf Scholz, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez verschickt worden sein. Nun sei es an den Europäern, zu entscheiden, ob sie die Einladung Chinas annehmen wollen.

    Ein Treffen im November wäre unmittelbar nach dem 20. Parteitag im Oktober. Die Tatsache, dass Xi europäische Staats- und Regierungschefs im November nach China einlädt, bestätigt wiederum indirekt, wovon im Grunde alle Beobachter ausgehen: nämlich dass Xi Jinping eine dritte Amtszeit als Präsident bekommen wird. Das Treffen würde die Rückkehr der persönlichen Diplomatie zwischen Europa und China markieren – nach fast drei Jahren strikter Null-Covid-Politik, die einen persönlichen Austausch der Spitzenpolitiker von Europa und China unmöglich gemacht hat. rad

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    Stellantis beendet Jeep-Produktion in China

    Der Autokonzern Stellantis stellt die Produktion des Jeeps in China ein. Damit beendet der Opel-Mutterkonzern ein zwölfjähriges Joint Venture mit der GAC Group. Als Grund führte Stellantis in einer Mitteilung am Montag an, dass es nicht gelungen sei, die Mehrheit an dem Joint Venture mit Guangzhou Automobile Group zu erlangen.

    “Stellantis beabsichtigt, mit der GAC Group bei der geordneten Beendigung des im März 2010 gegründeten Joint Ventures zusammenzuarbeiten, das in den letzten Jahren Verluste erwirtschaftet hat”, hieß es. Die Beendigung des 2010 begonnenen Joint-Ventures wird im ersten Halbjahr 2022 zu einer nicht zahlungswirksamen Wertminderung in Höhe von etwa 297 Millionen Euro führen.

    Im Januar hatte Stellantis noch angekündigt, den Anteil an dem Joint Venture mit GAC von 50 auf 75 Prozent erhöhen zu wollen, nachdem eine Gesetzesänderung zusätzliche ausländische Investitionen in solche Joint Ventures ermöglicht hatte. Doch das Vorhaben scheiterte, zwischen den beiden Partnern kam es zu einem Riss. Nun verordnet Chief Executive Officer Carlos Tavares dem Unternehmen eine neue Strategie: In Zukunft will Stellantis sich auf den Import von Fahrzeugen nach China konzentrieren. rad

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    Großes Potenzial für gemeinsame Kreislaufwirtschaft

    Die EU bemüht sich im Bereich Kreislaufwirtschaft um eine stärkere internationale Zusammenarbeit. Doch in den bilateralen Handelsabkommen, die rund 40 Prozent des gesamten Handelsvolumens der EU regeln, wird die Kreislaufwirtschaft bislang nur selten explizit erwähnt. Dabei besteht mit Handelspartnern wie China ein großes Potenzial, vor allem in den Bereichen Kunststoffe und Textilien. Zu diesem Ergebnis kommt das am Montag veröffentlichte Policy Briefing des Institute for European Environmental Policy (IEEP).

    Um Handelsabkommen verstärkt für die Kreislaufwirtschaft zu nutzen, empfiehlt das IEEP, die Abkommen um Verpflichtungen zur Zusammenarbeit in der Kreislaufwirtschaft zu ergänzen. So sollte man verstärkt Wissen über die Kreislaufwirtschaft, die Datenerhebungsmethoden und den Überwachungsrahmen austauschen und harmonisieren, um Datenlücken über den Fluss von Material- und Energieressourcen zu schließen.

    Für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft und eines nachhaltigen Handels bieten dem IEEP-Bericht zufolge besonders die Strategien Chinas und der EU zur Förderung nachhaltiger Kunststoffe und Textilien eine solide Grundlage. Bei Kunststoffen gibt es gar eine ähnliche Gesetzgebung: Dazu gehören das Verbot einiger Kunststoffprodukte (Plastiktüten, Einweggeschirr und -besteck, Mikroplastik in Körperpflegeprodukten), die Förderung von Alternativen zu Kunststoffen und die Verbesserung der Infrastruktur für das Kunststoffrecycling. Chinesische Kunststoffprodukte müssen bislang keinen bestimmten Anteil an recyceltem Kunststoff enthalten, während die EU den Anteil an recyceltem Kunststoff weiter erhöht.

    Auch im Bereich der Textilien planen sowohl China als auch die EU ähnliche Maßnahmen: Beide haben sich zum Ziel gesetzt, die Recyclingrate für Textilien zu erhöhen, die endgültige Entsorgung (zum Beispiel auf Deponien) von Textilabfällen zu minimieren und dem Trend zur “Fast Fashion” entgegenzuwirken. Zudem ergänzen sich die Absicht der EU, den Export von Textilabfällen einzuschränken, und das chinesische Verbot der Einfuhr von Textilabfällen. Dies bietet Potenzial für einen größeren Kreislauf in der globalen Textilwirtschaft. leo

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    Designierter EU-Botschafter verblüfft mit Taiwan-Aussage

    Ein Interview des künftigen EU-Botschafters in China hat wegen einer Aussage zu Taiwan für Aufmerksamkeit gesorgt. Im Gespräch mit der katalanischen Tageszeitung La Vanguardia sagte Jorge Toledo Albiñana, dass die Europäische Union, die Unabhängigkeit Taiwans nicht verteidige, “sondern die friedliche Wiedervereinigung“. Anschließend schwenkte Toledo wieder auf die altbekannte Linie ein: “Wir glauben, dass es nur ein China geben sollte, aber im Falle einer militärischen Invasion haben wir sehr deutlich gemacht, dass die EU zusammen mit den USA und ihren Verbündeten ähnliche oder sogar noch schwerere Maßnahmen ergreifen wird, als wir sie jetzt gegen Russland ergriffen haben”, fügte der Spanier an.

    Die “Ein-China-Politik” (“One-China-policy”) ist die gängige Position Brüssels, wenn es um den Status von Taipeh geht. Doch dass Toledo von einer “friedlichen Wiedervereinigung” sprach, wurde in den sozialen Netzwerken kritisiert.

    Toledo äußerte sich in dem Interview auch zu weiteren Themen der China-Politik. Eine Entkopplung gebe es, “aber nicht nach dem Willen Chinas”, sagte der Spanier. So habe der Westen die Notwendigkeit erkannt, seine Produktion zu überdenken. “Die Pandemie hat die Verwundbarkeit von Wertschöpfungsketten offengelegt”, sagte Toledo. Chinas Exporte nach Europa wachsen jedoch weiter, wie der Diplomat erklärte.

    Der designierte EU-Botschafter in China sprach zudem zu nationalen Themen: “China hat fast 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit. Dies ist ein Erfolg des freien Marktes, kein Kommunismus.” Wie in jedem Land, das sich sehr schnell entwickle, komme jedoch eine Zeit, in der es nicht so schnell weiter wachsen könne. “Der demografische Druck auf die Wirtschaft ist enorm“, sagte Toledo.

    Toledo war bis vor Kurzem Spaniens Botschafter in Japan. Seinen Job als EU-Botschafter soll er dem Bericht zufolge voraussichtlich im September antreten und damit dem Franzosen Nicolas Chapuis nachfolgen (China.Table berichtete). ari

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    USA wollen ihre Abhängigkeit von China reduzieren

    Die USA wollen ihre Abhängigkeit von China bei zentralen Importgütern wie Seltenen Erden oder Solarzellen verringern. Das sagte US-Finanzministerin Janet Yellen am Montag bei ihrem Besuch in Südkorea. Sie werde sich deshalb für verstärkte Handelsbeziehungen mit Südkorea und anderen vertrauenswürdigen Verbündeten einsetzen, sagte Yellen in Seoul. Es gelte zu verhindern, dass die Volksrepublik die “übermäßige Abhängigkeit” der USA aus strategischen Gründen ausnutze und Lieferungen einstelle, wie sie es bei anderen Ländern getan habe. Die Möglichkeiten müssten eingeschränkt werden, mit denen “geopolitische Rivalen in der Lage sind, uns zu manipulieren und unsere Sicherheit zu gefährden”. Zumal die Preise für Seltene Erden zuletzt rasant angestiegen sind (China.Table berichtete).

    Yellen warb für eine Diversifizierung der Lieferketten und erklärte zugleich, China sei offen für Bedenken der USA in anderen Bereichen und habe einige konstruktive Schritte eingeleitet. “Ich möchte nicht den Eindruck einer reinen Eskalation der Feindseligkeiten mit China vermitteln.”

    Bei Seltenen Erden handelt es sich um 17 chemische Elemente, die für viele Hightech-Produkte wie Handys und auch in der Rüstungsindustrie unverzichtbar sind. Zudem spielen sie bei der Produktion von Elektroautos eine wichtige Rolle. Seltene Erden kommen weltweit viel häufiger vor, als es der Name vermuten lässt. Ihre aufwendige Förderung ist allerdings fest in chinesischer Hand. Die USA decken etwa 80 Prozent ihres Bedarfs aus der Volksrepublik China ab.

    In Deutschland hatte Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies unlängst eine zu große Abhängigkeit von Seltenen Erden aus China beklagt (China.Table berichtete). Man dürfe die Fehler wie bei Öl und Gas mit der Abhängigkeit von Russland nun nicht bei anderen Rohstoffen wiederholen, sagte Kukies Anfang Juli. rtr

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    Premier der Salomonen schließt Militärbasis aus

    Der Premierminister der Salomonen hat eine chinesische Militärbasis in seinem Land ausdrücklich ausgeschlossen. In einem Interview mit dem Guardian sagte Manasseh Sogavare, ein derartiger Deal würde die Sicherheit in der Region untergraben und die Salomonen zu einem Feind der anderen Länder im indo-pazifischen Raum machen. Sein Land und dessen Bevölkerung würden dadurch zu einem potenziellen Ziel von Militärschlägen. 

    Sogavare nannte stattdessen Australien als Partner der Wahl. Sollte es zu Sicherheitsproblemen in der Region kommen, werde man Canberra um Unterstützung bitten. Militärische Hilfe von China komme nur infrage, falls eine Lücke entstünde, die Australien nicht bedienen könnte.

    Beim jährlichen Treffen der Staats- und Regierungschefs des Pacific Islands Forum, das diese Woche in Fidschi stattfand, betonte Sogavare, sein Land werde kein Mitglied der pazifischen Familie in Gefahr bringen. Vor einer Woche hatte er China allerdings noch als wertvollen Partner bezeichnet und den Wunsch nach einer permanenten Rolle Chinas bei der Polizeiausbildung auf den Salomonen bekräftigt. 

    Im April haben die Salomonen ein umstrittenes Sicherheitsabkommen mit China unterzeichnet (China.Table berichtete). Es sieht vor, dass China die Salomonen bei Fragen der sozialen Ordnung und Sicherheit unterstützt. Es gibt aber auch Befürchtungen, dass damit die Erlaubnis für China einhergehen könnte, Militär-Schiffe vor den Salomonen zu stationieren. Eine Militärbasis auf den strategisch günstig gelegenen Salomonen wäre für Peking ein wichtiger Schritt, um die eigene Machtposition im Pazifik zu stärken. Eine solche Basis wäre nur 2.000 Kilometer von Australiens Küste entfernt. jul

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    Heads

    Antonia Hmaidi – das Multitalent

    Antonia Hmaidi ist Analystin bei Merics.
    Antonia Hmaidi ist Analystin bei Merics.

    Ihre Karriere als China-Expertin beginnt mit einem Kung-Fu-Kurs. Da ist Antonia Hmaidi gerade einmal fünfzehn Jahre alt, aber schon Abiturientin in Schwäbisch-Hall. Die Hochbegabte hat vier Klassen übersprungen. Studieren will sie noch nicht. Denn trotz der rasanten Schullaufbahn hat sie erst einmal genug von Zahlen und Buchstaben. “Ich bin ein Abenteurertyp”, sagt die 29-Jährige auch heute. 

    Kampfsport betreibt sie schon seit ihrer frühen Kindheit. Dann reizt es sie, nach der Schule für drei Monate eine Kung-Fu-Schule in China zu besuchen. Die örtliche Bürgerstiftung und Unternehmen helfen bei der Finanzierung. Als sie zurückkommt, nimmt sie in Bochum ihr Studium ostasiatischer Wirtschaft und Politik auf. “Ich bin kein glühender Anhänger der chinesischen Kultur”, sagt sie. “Aber die wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge interessieren mich seit meinem ersten Chinabesuch in der Kung-Fu-Schule.”

    In Bochum macht sie ihren Bachelor, studiert ein Jahr in Peking und absolviert ihren Master in Internationalen Beziehungen in Genf samt Studienaufenthalt in Neu-Delhi. Die Erfahrungen im Ausland genießt sie. Peking empfindet sie als aufregend. “Man hatte den Eindruck, das Land öffne sich.” Doch das hat sich nicht bewahrheitet. “Damals durften Chinesen noch von der offiziellen Parteilinie abweichen. Das findet man heute kaum mehr”, sagt Hmaidi. 

    Nach China einreisen kann sie nicht mehr

    Sie forscht nach ihrer akademischen Karriere, unter anderem für die Bertelsmann Stiftung und lehrt an der Uni Duisburg-Essen. Ein Schwerpunkt: Chinas repressive Sozialkredit-Systeme. Dass Chinas Regierung auch gegenüber Ausländern Druck ausübt, muss sie 2018 erfahren. Im Rahmen eines Vortrags vor dem Chaos Computer Club (CCC) kritisiert sie das Vorgehen der Regierung gegen die Minderheit der Uiguren. “Bekannte aus dem Kultusministerium haben mir anschließend zu verstehen gegeben, dass ich nun besser nicht mehr nach China einreise”, erzählt sie. “Das hat mich überrascht. Ich dachte, ich sei zu unwichtig.”

    Seither hat sich Ihre Arbeit verändert. “Meine Forschungen sind ausschließlich datengetrieben”, sagt sie. Der Austausch mit Kollegen in China ist zu riskant. Selbst per Videokonferenz geht nichts. “Ich wüsste nie, ob mein Gesprächspartner die Wahrheit sagt, und wenn er es tut, bringt er sich damit womöglich in Gefahr. Das will ich nicht verantworten”, sagt sie.

    Neue Heimat Berlin

    Seit Juni dieses Jahres ist Hmaidi in Berlin am Mercator Institut für China-Studien (Merics) angestellt. Hier beschäftigt sie sich unter anderem mit Chinas Streben nach technischer Eigenständigkeit, vor allem mit der Halbleiterproduktion des Landes. “Halbleiter sind ein Schlüssel zur Macht, zum Beispiel wegen ihrer Verwendung in Waffensystemen”, sagt sie.

    Sie erforscht zudem Chinas Desinformations- und Hacking-Kampagnen. Das nötige technische Know-how hat sie sich selbst beigebracht. Seit Jahren ist sie Mitglied im CCC. Sie kann Server aufsetzen, Datenbanken installieren und programmieren.

    Mit ihrer neuen Stelle verknüpft sie nach ihren vielen Reisen nun Sesshaftigkeit. Sie will in Berlin bleiben. “Das ist jetzt erstmal meine Heimat.” Andreas Schulte

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