es ist eine öffentliche Ohrfeige, die Chinas Präsident Xi Jinping verteilt hat. Xi hat die hochrangigen Beamten des Landes zur Ordnung gerufen. Peking müsse in seiner Kommunikation mit der Welt “den Ton in den Griff bekommen” und solle “offen und selbstbewusst, aber auch bescheiden und demütig” sein. Dass Xi dies über die Nachrichtenagentur Xinhua verkünden ließ, zeugt von Verärgerung über das Verhalten und die Aussagen seiner Diplomaten, die sich immer öfter hässliche Wortgefechte mit ausländischen Vertretern liefern. Xi will ein “vertrauenswürdiges, liebenswertes und respektables” Image für China schaffen. Dieser Schritt kommt nicht zufällig, denn der Volksrepublik stehen schwierige Termine bevor. Zum einem der 32. Jahrestag des Tiananmen-Massakers am 4. Juni, aber auch das 100-jährige Bestehen der Kommunistischen Partei am 1. Juli.
So war auch der Zeitpunkt der Verhaftung des Menschenrechtsaktivisten Wang Aizhong nun kein Zufall. Marcel Grzanna hat mit Menschen gesprochen, die, egal ob mit 65 oder 24 Jahren, das Gedenken an die Opfer des 4. Juni 1989 am Leben halten, auch wenn das Datum dort immer mehr droht aus den Geschichtsbüchern zu verschwinden. Durch das Nationale Sicherheitsgesetz Pekings bleibt es nur eine Frage der Zeit.
“Infolge der Klimaerwärmung werden die arktischen Schifffahrtsrouten voraussichtlich zu wichtigen Transportrouten für den internationalen Handel werden”, heißt es im “Weißbuch zur Arktis” aus Sicht Pekings. Michael Radunski deckt auf, welche wirtschaftlichen Interessen dazu geführt haben, dass die Volksrepublik sich als ein “Fast-Arktisstaat” sieht und welche Rolle der Traum von der “Polaren Seidenstraße” spielt.
Für einen kurzen Moment lässt Sergej Lavrov die diplomatische Maske fallen. “Jedem ist seit Langem vollkommen klar, dass dies unser Territorium ist”, sagte Russlands Außenminister vergangene Woche im Hinblick auf die Arktis. “Das ist unser Land.” Als Russland wenige Tage später den Vorsitz des Arktischen Rates übernahm, sollte also nicht nur den acht Ratsmitgliedern (Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen, Island, Kanada, Russland und den USA) klar sein: Moskau erhebt Anspruch auf die gesamten 1,2 Millionen Quadratkilometer jener eisigen Region.
Und so zeigte sich Norwegens Außenministerin Ine Marie Eriksen Søreide schon im Dezember tief besorgt: “Wir beobachten in der Region ein selbstbewusstes Russland.” Aber auch neue Akteure würden plötzlich in die “strategisch wichtigste Region” hineindrängen. Damit meint Søreide vor allem China.
Im Januar 2018 veröffentlichte Peking erstmals eine eigene Arktis-Strategie. In einem Weißbuch wird als Ziel formuliert, die Region “zu verstehen, zu beschützen, zu entwickeln und an der Verwaltung teilzuhaben, damit die gemeinsamen Interessen aller Staaten und der internationalen Gemeinschaft gesichert werden können.” Doch hinter den diplomatischen Floskeln stecken Pekings eigene Interessen: Ressourcen und Rohstoffe ausbeuten, kurze Seewege nutzen und vor allem Mitentscheiden über die Zukunft der Region. “China ist schon lange in der Arktis engagiert, aber erst mit diesem Weißbuch hat Peking klar dargelegt, wie umfassend Chinas Interesse in Wirklichkeit ist”, sagt Marc Lanteigne von der Arctic University im norwegischen Tromsø im Gespräch mit China Table.
Tatsächlich gehört der Nordpol niemandem. Im UN-Seerechtsübereinkommen ist festgelegt, dass die fünf Staaten mit Land innerhalb des Polarkreises – Russland, die USA, Kanada, Dänemark und Norwegen – lediglich eine an ihrem jeweiligen Festland beginnende, 320 Kilometer breite Wirtschaftszone beanspruchen dürfen. Russland jedoch sieht das gesamte Polargebiet als eine einzige Fortsetzung seines Landgebiets unter Wasser. Lange Zeit interessierte diese Diskussion vor allem akademische Zirkel, Geologen und Kartografen. Denn die Arktis war von meterdickem Eis bedeckt, selbst an Land machten die extremen Bedingungen das Leben fast unmöglich.
Doch nun schmilzt das Eis. Die Nordostpassage ist im Sommer inzwischen befahrbar; die Nordwestpassage könnte bald folgen. Beide würden die Seewege zwischen Asien, Amerika und Europa enorm verkürzen. Zudem werden durch den Klimawandel bislang unzugängliche Rohstoffe, Seltenen Erden und Edelmetalle plötzlich greifbar. Schätzungen zufolge schlummern in der Arktis rund 13 Prozent der weltweiten Öl- und 30 Prozent der Gasvorkommen. Diamanten, Kupfer, Platin und Zink werden dort ebenso vermutet wie auch Seltene Erden, die für die Produktion von Smartphones und Autobatterien unerlässlich sind. Auch Sand und Kies, den die Bauindustrie derzeit so dringend benötigt, wären zu holen.
All das hat man auch in Peking registriert. Hier sieht man die sich öffnenden Seewege durch die Arktis als integralen Bestandteil der “Neuen Seidenstraßen”. Das Prestigeprojekt von Staatspräsident Xi Jinping – bestehend aus Land- und Maritimer Seidenstraße – soll mit einer Polaren Seidenstraße komplettiert werden. “Infolge der Klimaerwärmung werden die arktischen Schifffahrtsrouten voraussichtlich zu wichtigen Transportrouten für den internationalen Handel werden”, heißt es in Chinas Weißbuch zur Arktis.
Im Vergleich zu den Wegen über den Suez- und den Panamakanal würde die Nordostpassage die Transportzeit von Asien nach Europa um bis zu 40 Prozent auf 15 Tage verkürzen. Chinesische Investoren sind deshalb angehalten, sich an Projekten und Unternehmen in der Region zu beteiligen. Die chinesische Reederei Cosco schickt schon jetzt Schiffe auf die arktische Reiseroute. Mit der “Xuelong”-Flotte (Schneedrache) will Peking nicht nur das arktische Eis, sondern auch das russische Monopol in dieser entscheidenden Schiffsklasse brechen – und so der Volksrepublik den Weg durch die Arktis ebnen. Der damalige US-Außenminister Mike Pompeo bezifferte die Größenordnung von Chinas Aktivitäten in der Arktis: Zwischen 2012 und 2017 habe die Volksrepublik fast 90 Milliarden US-Dollar in die Region investiert, sagte Pompeo vor dem Arktischen Rat.
Doch China hat ein Problem: Die Volksrepublik ist kein Arktis-Staat, weshalb sie keine territorialen Ansprüche erheben kann. “Um seine Pläne zu rechtfertigen, versucht China, eine arktische Identität zu schaffen”, erklärt Arktis-Experte Lanteigne. Hierfür hat sich Peking einen besonderen Schachzug ausgedacht – und sich schlicht als “Fast-Arktisstaat” definiert. So versucht Peking, eine konzeptionelle Verbindung in die Region herzustellen: Man sei von den klimatischen Veränderungen in der Arktis direkt betroffen – etwa durch heftigen Niederschlag in Peking, eisige Winter in Shanghai oder eine zunehmende Verschmutzung an der chinesischen Ostküste. All das rechtfertige, dass man mehr Einfluss auf die Region nehme.
Angesichts solch weitreichender Pläne reagieren die tatsächlichen Arktis-Staaten misstrauisch: In Grönland hat die Partei “Inuit Ataqatigiit” die Parlamentswahl im April gewonnen, nachdem sie sich im Wahlkampf gegen den Abbau Seltener Erden durch chinesische Firmen stark gemacht hatte. Finnlands Regierung hat chinesische Pläne für die Mitfinanzierung einer Eisenbahn gestoppt.
Schwedens Beziehungen zu China sind ohnehin angespannt, seit Gui Minhai, ein Hongkonger Buchhändler mit schwedischem Pass in China wegen “illegaler Bereitstellung von Informationen im Ausland” im Gefängnis sitzt. Stockholm wiederum verärgerte Peking, als man den chinesischen Telekommunikationsanbieter Huawei vom Aufbau des landesweiten 5G-Netzes ausschloss. Norwegen bekam den Zorn Pekings zu spüren, als Liu Xiaobo 2010 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Prompt brach der Verkauf von Norwegens wichtigstem Exportartikel Lachs in China ein – offiziell wegen verschärfter Veterinärkontrollen.
Das Verhältnis zwischen Kanada und China ist ebenfalls mehr als schwierig: Meng Wanzhou, Tochter des Huawei-Gründers, steht auf Betreiben der US-Behörden seit Ende 2018 in Vancouver unter Hausarrest. Ihr wird Bankbetrug im Zusammenhang mit der Umgehung von Sanktionen gegen Iran vorgeworfen. Als ungleich härtere Vergeltung sperrte Peking die beiden Kanadier Michael Kovrig und Michael Spavor in China ins Gefängnis. Und im Konflikt zwischen China und den USA bedeuten Pekings Ambitionen in der Arktis ein weiteres Spannungsfeld.
“Das schränkt Chinas Möglichkeiten enorm ein”, sagt Arktis-Experte Lanteigne. Aber die Front ist nicht so geschlossen wie sie erscheint. Pekings Trumpf ist seine wirtschaftliche Stärke. “Bei uns in Norwegen drängen die Regionen an der Arktis die Regierung in Oslo zu einer Zusammenarbeit mit Peking.” Auch in den anderen Staaten lassen sich ähnliche Entwicklungen feststellen.
Doch Peking hat noch einen anderen potenziellen Verbündeten: Russland (China.Table berichtete zur möglichen Kooperation Russlands mit China gegen den Westen). Ausgerechnet das Land, das gerade den Vorsitz des Arktischen Rates übernommen hat und das selbst die gesamte Arktis für sich beansprucht. Neben einer beeindruckenden Eisbrecherflotte baut man seit Jahren seine militärische Präsenz in der Region aus: Stützpunkte werden verstärkt, neue Waffen wie Unterwasserdrohnen mit Nuklearantrieb getestet, jährlich eine militärische Großübung im eisigen Norden abgehalten. Hinzu kommt die Ausbeutung der Rohstoffe. Allein die Produktion von Flüssigerdgas will man bis 2035 verzehnfachen.
Doch die Exploration ist teuer. Hinzukommen die westlichen Sanktionen wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim. Sie unterbinden, dass russische Energieunternehmen neue Anleihen erhalten oder energiebezogene Ausrüstung und Technologie an Russland geliefert wird. Und so bleibt Russland als Partner einzig China. Es ist eine schwierige Beziehung. Doch Peking scheint es zu gelingen, eine Balance zwischen Vorpreschen und diplomatischer Rücksicht zu erzielen.
Klar ist: Um die neue Schlüsselregion für die Weltwirtschaft ist ein intensiver Wettbewerb entbrannt. Jahrzehntelange haben die acht Arktis-Anrainer ihre Interessen informell austariert. Meist reagierte man auf aktuelle Anlässe. Doch nun betritt mit China eine neue Großmacht die arktische Bühne. Lanteigne warnt: “Die Institutionen, die seit Jahrzehnten die Entpolitisierung und Stabilisierung der Arktis garantiert haben, sind womöglich nicht widerstandsfähig genug, um diesen neuen Anforderungen standzuhalten.” Denn China hat einen strategischen Plan. Peking weiß, was man will und wie man es erreichen kann.
Am vergangenen Freitag erhielt der chinesische Menschenrechtsaktivist Wang Aizhong einen unangenehmen Anruf. Jemand teilte ihm mit, sein Auto sei beschädigt worden. Er solle sofort zum Fahrzeug kommen, um den Schaden zu begutachten. Wang folgte der Aufforderung und musste feststellen, dass es in Wahrheit gar keinen Blechschaden gegeben hatte. Stattdessen lief er einer Gruppe von Polizeibeamten in die Arme, die ihn umgehend in Gewahrsam nahm. Kurz darauf durchsuchten die Beamten seine Wohnung und konfiszierten 29 Bücher, zwei Computer und ein Mobiltelefon. Auch Wangs Ehefrau wurde zum Verhör zitiert und zu den Kontakten ihres Mannes befragt. Er selbst ist seitdem verschwunden.
Den Sicherheitskräften in der Volksrepublik ist Wang ein Dorn im Auge, seitdem er vor Jahren mit einer Handvoll Mitstreitern die Straßenbewegung des Südens initiiert hatte, eine Gruppe von Dissidenten aus der südchinesischen Provinz Guangdong, die durch konspirative Treffen demokratische Ideen in die Gesellschaft injizieren will. Der Zeitpunkt der Festnahme kollidierte wohl kaum zufällig mit zwei Ereignissen, die in Kürze anstehen: die Feiern zum 100. Geburtstag der Kommunistischen Partei am 1. Juli und der 32. Jahrestag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens am Freitag.
Immer wieder sind Aktivist:innen in der Volksrepublik in den vergangenen Jahren verschwunden, wenn sich der 4. Juni näherte. Polizei und Staatssicherheit wollen das Risiko minimieren, dass Regimegegner aus der Volksrepublik an die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung im Jahr 1989 erinnern und möglicherweise eine öffentliche Debatte darüber anstoßen. Warnungen an Dissident:innen, deren Überwachung und die Zahl an Festnahmen nehmen deswegen vor dem Jahrestag immer drastisch zu. 2014 war Wang deshalb schon einmal für mehrere Wochen in Gewahrsam der Polizei. Gleichzeitig verhindert die Zensur rigoros direkte Hinweise in sozialen Medien auf die Tragödie vor 32 Jahren.
“Die Strategie, Kritiker mundtot zu machen, beschränkte Peking jahrelang auf die Volksrepublik. Inzwischen nutzt die chinesische Regierung ihren wachsenden Einfluss für Versuche, auch über die Landesgrenzen hinaus die Geschichte umzuschreiben”, sagt der im US-Exil lebende Menschenrechtsanwalt Teng Biao zu China.Table. “Wo das Regime keine direkte Kontrolle ausübt, versucht es, Analysten, Meinungsführer oder Journalisten gegen Gefälligkeiten gefügig zu machen, damit diese die Version der Partei im Ausland propagieren”, sagt Teng.
In den chinesischen Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau ist Pekings Einfluss bereits ausreichend groß, um die Erinnerungen an den 4. Juni zu verwässern. In Macau nutzte die Polizei einige wenige Parolen der Organisatoren, um die Absage der Veranstaltung zu begründen. Unter anderem würde die Bezeichnung “Massaker” ein falsches Bild von den Ereignissen zeichnen, argumentiert sie.
In Hongkong dagegen, wo jahrzehntelang zu Hunderttausenden der Opfer gedacht wurde, stützen sich die Behörde auf Hygieneregeln der Corona-Bestimmungen, obwohl es aktuell keine Neuinfektionen in der Stadt gibt und ein weitgehend normales Leben möglich ist. Die Veranstalter der Mahnwache werfen der Regierung deshalb vor, die Pandemie vorzuschieben. Es ist das zweite Jahr nacheinander, dass die Behörden die traditionelle Mahnwache im Victoria Park verbieten. Auch ein Erinnerungsmarsch, der am vergangenen Sonntag hätte stattfinden sollen, wurde verhindert.
Noch im Vorjahr waren trotz Verbot dennoch Tausende zusammengekommen, um mit Maske und Abstand der Toten von damals zu gedenken. Einer, der dabei war, ist Sunny Cheung. Der 24 Jahre alte Studentenführer, der 2019 vor dem US-Kongress mit seinen Darstellungen den Weg zur Implementierung des Hongkong Human Rights and Democracy Act durch das US-Parlament ebnete, ist inzwischen aus Angst vor einer Strafverfolgung aus Hongkong geflohen. “Es war eine friedliche Demonstration unter Berücksichtigung aller Hygieneregeln. Dennoch wurden zahlreiche führende Köpfe deswegen zu Haftstrafen verurteilt. Der Regierung geht es nicht um Corona, sondern darum der gesamten Demokratiebewegung in Hongkong den Mut zu rauben“, sagt Cheung im Gespräch mit China.Table.
Auf Basis des erst im Juli 2020 in Kraft getretenen Nationalen Sicherheitsgesetzes wurde unter anderem der Demokratie-Aktivist Joshua Wong rückwirkend verurteilt. Dass es auch in diesem Jahr zu einem nicht genehmigten Auflauf kommen könnte, ist unter diesen Voraussetzungen eher unwahrscheinlich. Zumal die Veranstalter bereits dazu aufriefen, die Menschen sollten zu Hause und über soziale Medien der Opfer gedenken.
Wer es öffentlich tut, muss mit einer Festnahme rechnen (wie China.Table berichtete). Am Sonntag beispielsweise setzte die Polizei die 65-jährige Alexandra Wong fest, eine prominente Figur der Hongkonger Protestbewegung, die alleine durch einen Park gelaufen war und ein Schild mit der Aufschrift: “32, 4. Juni, Tiananmens Klage” vor sich trug. Wong befand sich auf dem Weg zum Pekinger Liaison Büro der Stadt, ehe sie gestoppt wurde. 2019 war die Seniorin nach Ausbruch der Massenproteste in Hongkong gegen Pekings wachsenden Einfluss für mehr als ein Jahr verschleppt worden, als sie sich zu Besuch im benachbarten Shenzhen aufgehalten hatte. Wong hatte zuvor viel Aufmerksamkeit erlangt, weil sie als ältere Mitbürgerin die Studentenproteste unterstützt und bei den Aufmärschen häufig die britische Flagge getragen hatte.
Längst aber setzt der staatliche Kampf gegen die Erinnerung viel früher an: in der Schule. Sunny Cheung erinnert sich an die spärliche Aufarbeitung des Tiananmen-Massakers in seinem Geschichtsbuch, in dem kurz ein Konflikt zwischen Militär und Studenten erwähnt wurde, aber keinerlei Hintergründe und Details zu erfahren waren. “Unsere Lehrerin hat mit uns Dokumentationen über die wahren Ereignisse angeschaut und uns ermutigt, an den Gedenkfeiern teilzunehmen. Sie sagte, wir sollten diesen Teil der chinesischen Geschichte niemals vergessen. Er sei eine Schande für die Regierung” sagt er.
Doch auch für die Lehrer:innen wird die Luft in Hongkong durch das Nationale Sicherheitsgesetz immer dünner. Denn dieses gibt den Behörden wegen seiner vagen Formulierungen viel Spielraum, um Kritik an ihrer Politik zu ersticken. “In dem aktuellen sozialen Umfeld ist es zu riskant, fortzusetzen, was ich bislang getan habe”, zitiert die South China Morning Post den Lehrer Peter Lee, der seinen Schülern zuvor 30 Jahre lang im Vorfeld des Jahrestages explizit Hintergründe und Ausmaß des Massakers in einer Art Zusatzkurs lehrte. Lee unterrichtet seit 1989 normalerweise Mathematik in der Sekundarstufe einer Schule im Bezirk Wan Chai. Er selbst war am 4. Juni 1989 in Peking.
Die Behörden in Hongkong haben bereits 154 Lehrer:innen diszipliniert, drei von ihnen mit einem Entzug ihrer Lehrlizenz, weil sie “problematisches” Lehrmaterial eingesetzt hätten, um den Schülern die Hintergründe der Massenkundgebungen von 2019 zu vermitteln. Die Bildungsbehörde verlangt von den Hongkonger Lehrkörpern, dass sie “unvoreingenommene” Inhalte verwenden sollen. “Als professionelle Pädagogen sollten Lehrer immer objektiv und unparteiisch sein und nicht zulassen, dass politische Standpunkte einzelner oder bestimmter Körperschaften ihren Unterricht beeinflussen, oder die Schüler sogar in die Irre führen und ihnen negative Werte einflößen.”
Die Verkäufe von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (NEV) in China sind in den ersten vier Monaten dieses Jahres um fast 250 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, wie aus Daten der China Association of Automobile Manufacturers hervorgeht. Gleichzeitig sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen, da die Corona-Pandemie die Absatzzahlen im Vergleichsquartal Anfang 2020 verzerren. Damals wurden wegen Ausgangsbeschränkungen weitaus weniger Autos verkauft.
Die Aussichten für den Rest des Jahres bleiben positiv. Die Organisation prognostiziert mehr als 1,8 Millionen Verkäufe von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben für das Jahr 2021, berichtet China Daily. Im vergangenen Jahr wurden 1,36 Millionen solcher Fahrzeuge verkauft. Zu den New Energy Vehicles zählen reine Elektroautos, Plug-In-Hybride sowie Wasserstoffautos. nib
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dem Covid-19-Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinovac eine Notzulassung (Emergency Use Listing, kurz EUL) erteilt. Damit werde die Gewissheit gegeben, dass das Vakzin “den internationalen Standards für Sicherheit, Wirksamkeit und Herstellung” entspricht, wie es in einer WHO-Mitteilung am Dienstag hieß. “Die Welt braucht dringend mehrere Covid-19-Impfstoffe, um die enorme Zugangsungleichheit auf der ganzen Welt zu beseitigen”, sagte Mariângela Simão, stellvertretende Generaldirektorin der WHO für den Zugang zu Gesundheitsprodukten.
Das EUL der WHO ist eine Voraussetzung für die Aufnahme von Impfstoffen in das COVAX-Programm und für die Zulassung für die internationale Beschaffung. Es ermöglicht den einzelnen Ländern auch, ihre eigene behördliche Genehmigung für den Import und die Verabreichung von Corona-Impfstoffen zu beschleunigen. Für die Notzulassung seien die Produktionsanlagen des Sinovac-Impfstoffes inspiziert worden, so die WHO. Der Impfstoff sei einfacher zu lagern als andere Vakzine und deshalb besonders für “ressourcenarme Umgebungen” geeignet.
Für die Europäische Union läuft derzeit eine Prüfung des Sinovac-Impfstoffes der Arzneimittelbehörde EMA. Wann diese abgeschlossen sein wird, ist noch nicht klar. Auch ob der chinesische Impfstoff dann eine Zulassung für die EU bekommt, ist offen. ari
Nach der Ankündigung Pekings zur Drei-Kind-Politik haben chinesische Kinder- und Baby-Artikel-Hersteller den zweiten Tag infolge einen Gewinnzuwachs an der Börse erlebt. Die Aktie der Molkerei Beingmate stieg in Shenzhen um zehn Prozent, die des Dienstleisters für Fruchtbarkeitskliniken Jinfa Labi Maternity & Baby Articles legte ähnlich stark zu, wie Bloomberg berichtete. Hubei Goto Biopharm, Hersteller von pharmazeutischen Steroidhormonen, legte um sechs Prozent zu, die Papiere des Einzelhändler für Baby- und Kinderausstattung Shanghai Aiyingshi stiegen um zehn Prozent.
Analysen von Citi, Jefferies und CICC gingen davon aus, dass Chinas neue Geburtspolitik Unternehmen fördern wird, die von Herstellern von Säuglingsprodukten bis hin zu Dienstleistern für Eltern reichen. Citi geht davon aus, dass die neue Regelung aufgrund der geringeren Kosten für Kindererziehung besonders den kleineren Städten zugutekommen wird.
Die Reaktion der chinesischen Gesellschaft auf die Drei-Kind-Politik blieb eher verhalten. In sozialen Medien wurde unter anderem kritisiert, dass eine Familie mit drei Kindern wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten schwer finanzierbar sei. Feminist:innen wie die bekannte Aktivistin und Journalistin Lü Pin beklagten den patriarchalischen Ansatz der Politik. ari
Die von Tencent gestützte Full Truck Alliance plant Medienberichten zufolge seinen Börsengang in New York. Das Unternehmen, das auch als “Uber für Trucks” bezeichnet wird, beabsichtigt bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar aufzubringen, wie aus Berichten von Nachrichtenagenturen hervorgeht. Mit diesem Betrag wäre das Vorhaben nach dem des E-Zigarettenherstellers RLX Technology die zweitgrößte US-Börsennotierung eines chinesischen Unternehmens in diesem Jahr.
Full Truck Alliance reichte die Unterlagen für die US-Notierung in der vergangenen Woche ein. Der exakte Umfang der Kapitalaufnahme wurde in den Dokumenten an die Securities and Exchange Commission (SEC) nicht angegeben, Reuters und Nikkei Asia berufen sich auf mit dem Vorgang vertraute Personen. Das Unternehmen steuert demnach auf eine Bewertung von bis zu 20 Milliarden US-Dollar zu. Full Trucks Alliance bestätigte den US-Börsengang zunächst nicht. Mit 1,5 Milliarden US-Dollar würde Full Truck Alliance knapp hinter den 1,6 Milliarden US-Dollar liegen, die RLX Technology im Januar eingesammelt hatte.
Das im Rahmen der Notierung gesammelte Geld soll den SEC-Unterlagen zufolge zum Ausbau der Infrastruktur, Technologie-Entwicklung und Erweiterung der Dienstleistungen verwendet werden. Das “Uber für Trucks” ist in der Volksrepublik umstritten, Lkw-Fahrer:innen beklagen zunehmend Druck im Arbeitsalltag. ari
Tech-Riese Xiaomi hat im ersten Quartal ein starkes Umsatz- und Gewinnwachstum verzeichnet. Der Gesamtumsatz von Xiaomi stieg in den drei Monaten bis März dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr um 54,7 Prozent auf 76,9 Milliarden Yuan (rund 12 Milliarden US-Dollar), wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtete. Etwa zwei Drittel davon stammten demnach aus Smartphone-Verkäufen, die laut dem jüngsten veröffentlichten Gewinnbericht um fast 70 Prozent gestiegen waren.
Die globalen Smartphone-Lieferungen waren demnach im ersten Quartal auf gut 49 Millionen Telefone gestiegen. Das entspricht einem weltweiten Marktanteil von rund 14 Prozent und macht Xiaomi zum drittgrößten Smartphone-Anbieter der Welt hinter Samsung und Apple. Laut des von Caixin zitierten Finanzberichts hat das Unternehmen seinen Marktanteil für Smartphones in China im ersten Quartal von 5,5 Prozent im Vorjahr auf 16,1 Prozent erhöht und damit Huawei Marktanteile abgenommen.
Auch in Europa und Lateinamerika verzeichnete Xiaomi Wachstum: In Europa schoss das Unternehmen dem Bericht zufolge im ersten Quartal zum ersten Mal auf Platz zwei der meistverkauften Smartphone-Hersteller, nachdem die Lieferungen laut dem Bericht um gut 85 Prozent gestiegen waren. Xiaomi-Präsident Wang Xiang zeigte sich demnach auch zuversichtlich, dass das Unternehmen dank guter Beziehungen zu Chiplieferanten wie Qualcomm und MediaTek in der Lage ist, sein Wachstum des Smartphone-Geschäfts aufrechtzuerhalten. ari
Ab kommenden Jahr treten für ausländische Hersteller von Lebensmitteln neue Einfuhrregeln für China in Kraft. Ab dem 1. Januar 2022 müssen Lebensmittelhersteller aus dem Ausland beim chinesischen Zoll registriert sein, wie aus einem Erlass der chinesischen Zollgeneraldirektion hervorgeht. Das gilt demnach auch für Firmen, die die Waren verarbeiten oder lagern. Die Firmen müssen sich unter anderem mit Angaben zu Name und Adresse, Kontaktpersonen, der Registrierung im Heimatland, sowie zu Produktion und Produktionskapazitäten anmelden. Die Registrierung soll dann fünf Jahre lang gültig sein.
Für die Registrierung muss der chinesische Zoll demnach auch das staatliche System der Lebensmittelüberwachung im Exportland als gleichwertig anerkennen. Die Hersteller müssen zudem nachweisen, dass die Lebensmittel chinesische Vorschriften einhalten. Unter anderem bei Fleisch- und Milchprodukten und anderen tierischen Erzeugnissen muss außerdem die Überwachungsbehörde für Lebensmittel des Herkunftslandes bestätigen, dass der Hersteller die chinesischen Bestimmungen erfüllt. ari
Der prominente chinesische Blogger Qiu Ziming ist wegen Verunglimpfung von Märtyrern zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Qiu hatte im Februar die offizielle Todeszahl chinesischer Soldaten, die im Juni 2020 bei einem Grenzgefecht mit indischen Streitkräften ums Leben gekommen waren, angezweifelt. Die chinesischen Behörden hatten erst nachträglich eingeräumt, dass vier Soldaten der Volksbefreiungsarmee bei den Auseinandersetzungen ums Leben gekommen waren. Anfänglich hatten sie chinesische Opfer noch geleugnet.
Qiu Ziming ist damit der erste Fall, der auf Grundlage eines neuen Paragrafen im Strafgesetz verurteilt worden ist, der “Diffamierung von Märtyrern und Helden” unter Strafe stellt. Das Gericht in Nanjing erklärte, es habe strafmildernd anerkannt, dass der Angeklagte seine Schuld aufrichtig eingestanden und versprochen hatte, seine Tat nicht zu wiederholen. Zehn Tage nach seiner Festnahme hatte sich Qiu bereits im Staatsfernsehen öffentlich entschuldigen müssen. Ihm wurde vorgeworfen, “die Reputation von Helden beschädigt, nationalistische Gefühle verletzt und patriotische Herzen vergiftet” zu haben.
Qiu ist ein gelernter Wirtschaftsjournalist, der beim Kurznachrichtendienst Weibo 2,5 Millionen Abonnenten hatte, bis sein Konto nach den verhängnisvollen Aussagen bis auf Weiteres gesperrt wurde. grz
Es war literarische Pionierarbeit: “Als wir 2015 mit der Arbeit an der ersten ‘Kapsel‘ begannen, gab es keine einzige Geschichte aus dem zeitgenössischen chinesischen Science-Fiction-Kosmos in deutscher Sprache”, erinnert sich Lukas Dubro. “Kapsel” lautet der Titel des Literaturmagazins, das er zusammen mit einigen Mitstreiter:innen herausgibt. Entstanden ist das Magazin zum Ende seines Literaturstudiums an der FU Berlin. Mittlerweile hat es sich zu einer angesagten Heimat für chinesische Science-Fiction-Literatur entwickelt.
Dubro versteht sein Magazin vor allem als “Literaturvermittlungsinitiative”. Die Macher:innen versuchen, möglichst viele Zugänge zu den Geschichten chinesischer Science-Fiction-Autor:innen zu ermöglichen – über Illustrationen, Interviews und auch Kurzgeschichten. “Wir wollen Leute für die Erzählungen gewinnen, die noch nie vorher einen Text aus China gelesen haben”, fasst er ihre Mission zusammen.
Dubro sieht großes Potenzial darin, durch die Literatur Einblicke über China zu ermöglichen. Viele Autoren schrieben schließlich über Themen, die sie und viele Chines:innen bewegten. “Chi Hui hat eine Coming-of-Age-Geschichte mit Riesenkäfern verfasst, Xia Jia eine Hommage an ihren Opa, in der der Großvater der Hauptfigur trotz Krankheit eine kleine Revolution startet, Jiang Bo arbeitet in einer IT-Firma und schreibt Krimis und Space Operas über Big Data und Künstliche Intelligenz”, nennt Dubro einige Beispiele.
Sein erstes Interesse an China war 2005 entstanden. Damals hat er im Münsteraner Club Gleis 22 die chinesische Punkband Subs gesehen. “Ich hatte nach dem Konzert diesen einen Gedanken im Kopf: Es gibt dieses Land und ich weiß nichts darüber”, so Dubro. “Was mich damals am meisten faszinierte, war die chinesische Schrift.” Durch seine Übersetzungsarbeit hat er die Sprache über die Jahre immer besser erlernt. Mit einem Besuch in China hat es bis jetzt allerdings noch nicht geklappt. Aber das soll sich noch ändern: “Ich hoffe sehr, mit der Zeitschrift einmal nach China zu reisen.” Constantin Eckner
Erwin Gabardi is the new CEO of Volkswagen Anhui. He took over as head of strategy, management and operations there on June 1, 2021. “Erwin Gabardi is a proven expert who will lead the transformation of Volkswagen Anhui into a global center of excellence for e-mobility,” said Stephan Woellenstein, CEO of Volkswagen Group China. Gabardi previously served as Vice President of Corporate Strategy and Secretary General of Volkswagen Group China (VGC), leading strategic planning for the group and brand.
Joerg Graf has been appointed Chief Digitalization Officer of Volkswagen Anhui, effective May 1, 2021, to expand the group’s electromobility and digitalization activities. Graf has more than 30 years of experience in IT solutions, data management, and digital transformation in plants, logistics, and production in the automotive sector. From 2014 to 2019, Graf was Chief Information Officer and Head of Organizational Development at FAW-Volkswagen in China.
David Baumgart joined US technology company ThermoFisher Scientific as Director of Government Relations on June 1 and will report to Vicky Voulgaraki to help manage the group’s public affairs in Europe. Baumgart previously spent nearly five years as Director of Government Relations for Europe at China’s Alibaba Group.
Militär-Freizeitpark als Ausflugsziel: In Yinchuan im Nordwesten Chinas können Besucher:innen einen Blick in das Innere eines stillgelegten Unterseebootes werfen. Neben dem U-Boot sind auch der nach der Stadt benannte Zerstörer Yinchuan (107) der Volksbefreiungsarmee sowie Flugzeuge und eine Eisenbahn zu sehen.
es ist eine öffentliche Ohrfeige, die Chinas Präsident Xi Jinping verteilt hat. Xi hat die hochrangigen Beamten des Landes zur Ordnung gerufen. Peking müsse in seiner Kommunikation mit der Welt “den Ton in den Griff bekommen” und solle “offen und selbstbewusst, aber auch bescheiden und demütig” sein. Dass Xi dies über die Nachrichtenagentur Xinhua verkünden ließ, zeugt von Verärgerung über das Verhalten und die Aussagen seiner Diplomaten, die sich immer öfter hässliche Wortgefechte mit ausländischen Vertretern liefern. Xi will ein “vertrauenswürdiges, liebenswertes und respektables” Image für China schaffen. Dieser Schritt kommt nicht zufällig, denn der Volksrepublik stehen schwierige Termine bevor. Zum einem der 32. Jahrestag des Tiananmen-Massakers am 4. Juni, aber auch das 100-jährige Bestehen der Kommunistischen Partei am 1. Juli.
So war auch der Zeitpunkt der Verhaftung des Menschenrechtsaktivisten Wang Aizhong nun kein Zufall. Marcel Grzanna hat mit Menschen gesprochen, die, egal ob mit 65 oder 24 Jahren, das Gedenken an die Opfer des 4. Juni 1989 am Leben halten, auch wenn das Datum dort immer mehr droht aus den Geschichtsbüchern zu verschwinden. Durch das Nationale Sicherheitsgesetz Pekings bleibt es nur eine Frage der Zeit.
“Infolge der Klimaerwärmung werden die arktischen Schifffahrtsrouten voraussichtlich zu wichtigen Transportrouten für den internationalen Handel werden”, heißt es im “Weißbuch zur Arktis” aus Sicht Pekings. Michael Radunski deckt auf, welche wirtschaftlichen Interessen dazu geführt haben, dass die Volksrepublik sich als ein “Fast-Arktisstaat” sieht und welche Rolle der Traum von der “Polaren Seidenstraße” spielt.
Für einen kurzen Moment lässt Sergej Lavrov die diplomatische Maske fallen. “Jedem ist seit Langem vollkommen klar, dass dies unser Territorium ist”, sagte Russlands Außenminister vergangene Woche im Hinblick auf die Arktis. “Das ist unser Land.” Als Russland wenige Tage später den Vorsitz des Arktischen Rates übernahm, sollte also nicht nur den acht Ratsmitgliedern (Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen, Island, Kanada, Russland und den USA) klar sein: Moskau erhebt Anspruch auf die gesamten 1,2 Millionen Quadratkilometer jener eisigen Region.
Und so zeigte sich Norwegens Außenministerin Ine Marie Eriksen Søreide schon im Dezember tief besorgt: “Wir beobachten in der Region ein selbstbewusstes Russland.” Aber auch neue Akteure würden plötzlich in die “strategisch wichtigste Region” hineindrängen. Damit meint Søreide vor allem China.
Im Januar 2018 veröffentlichte Peking erstmals eine eigene Arktis-Strategie. In einem Weißbuch wird als Ziel formuliert, die Region “zu verstehen, zu beschützen, zu entwickeln und an der Verwaltung teilzuhaben, damit die gemeinsamen Interessen aller Staaten und der internationalen Gemeinschaft gesichert werden können.” Doch hinter den diplomatischen Floskeln stecken Pekings eigene Interessen: Ressourcen und Rohstoffe ausbeuten, kurze Seewege nutzen und vor allem Mitentscheiden über die Zukunft der Region. “China ist schon lange in der Arktis engagiert, aber erst mit diesem Weißbuch hat Peking klar dargelegt, wie umfassend Chinas Interesse in Wirklichkeit ist”, sagt Marc Lanteigne von der Arctic University im norwegischen Tromsø im Gespräch mit China Table.
Tatsächlich gehört der Nordpol niemandem. Im UN-Seerechtsübereinkommen ist festgelegt, dass die fünf Staaten mit Land innerhalb des Polarkreises – Russland, die USA, Kanada, Dänemark und Norwegen – lediglich eine an ihrem jeweiligen Festland beginnende, 320 Kilometer breite Wirtschaftszone beanspruchen dürfen. Russland jedoch sieht das gesamte Polargebiet als eine einzige Fortsetzung seines Landgebiets unter Wasser. Lange Zeit interessierte diese Diskussion vor allem akademische Zirkel, Geologen und Kartografen. Denn die Arktis war von meterdickem Eis bedeckt, selbst an Land machten die extremen Bedingungen das Leben fast unmöglich.
Doch nun schmilzt das Eis. Die Nordostpassage ist im Sommer inzwischen befahrbar; die Nordwestpassage könnte bald folgen. Beide würden die Seewege zwischen Asien, Amerika und Europa enorm verkürzen. Zudem werden durch den Klimawandel bislang unzugängliche Rohstoffe, Seltenen Erden und Edelmetalle plötzlich greifbar. Schätzungen zufolge schlummern in der Arktis rund 13 Prozent der weltweiten Öl- und 30 Prozent der Gasvorkommen. Diamanten, Kupfer, Platin und Zink werden dort ebenso vermutet wie auch Seltene Erden, die für die Produktion von Smartphones und Autobatterien unerlässlich sind. Auch Sand und Kies, den die Bauindustrie derzeit so dringend benötigt, wären zu holen.
All das hat man auch in Peking registriert. Hier sieht man die sich öffnenden Seewege durch die Arktis als integralen Bestandteil der “Neuen Seidenstraßen”. Das Prestigeprojekt von Staatspräsident Xi Jinping – bestehend aus Land- und Maritimer Seidenstraße – soll mit einer Polaren Seidenstraße komplettiert werden. “Infolge der Klimaerwärmung werden die arktischen Schifffahrtsrouten voraussichtlich zu wichtigen Transportrouten für den internationalen Handel werden”, heißt es in Chinas Weißbuch zur Arktis.
Im Vergleich zu den Wegen über den Suez- und den Panamakanal würde die Nordostpassage die Transportzeit von Asien nach Europa um bis zu 40 Prozent auf 15 Tage verkürzen. Chinesische Investoren sind deshalb angehalten, sich an Projekten und Unternehmen in der Region zu beteiligen. Die chinesische Reederei Cosco schickt schon jetzt Schiffe auf die arktische Reiseroute. Mit der “Xuelong”-Flotte (Schneedrache) will Peking nicht nur das arktische Eis, sondern auch das russische Monopol in dieser entscheidenden Schiffsklasse brechen – und so der Volksrepublik den Weg durch die Arktis ebnen. Der damalige US-Außenminister Mike Pompeo bezifferte die Größenordnung von Chinas Aktivitäten in der Arktis: Zwischen 2012 und 2017 habe die Volksrepublik fast 90 Milliarden US-Dollar in die Region investiert, sagte Pompeo vor dem Arktischen Rat.
Doch China hat ein Problem: Die Volksrepublik ist kein Arktis-Staat, weshalb sie keine territorialen Ansprüche erheben kann. “Um seine Pläne zu rechtfertigen, versucht China, eine arktische Identität zu schaffen”, erklärt Arktis-Experte Lanteigne. Hierfür hat sich Peking einen besonderen Schachzug ausgedacht – und sich schlicht als “Fast-Arktisstaat” definiert. So versucht Peking, eine konzeptionelle Verbindung in die Region herzustellen: Man sei von den klimatischen Veränderungen in der Arktis direkt betroffen – etwa durch heftigen Niederschlag in Peking, eisige Winter in Shanghai oder eine zunehmende Verschmutzung an der chinesischen Ostküste. All das rechtfertige, dass man mehr Einfluss auf die Region nehme.
Angesichts solch weitreichender Pläne reagieren die tatsächlichen Arktis-Staaten misstrauisch: In Grönland hat die Partei “Inuit Ataqatigiit” die Parlamentswahl im April gewonnen, nachdem sie sich im Wahlkampf gegen den Abbau Seltener Erden durch chinesische Firmen stark gemacht hatte. Finnlands Regierung hat chinesische Pläne für die Mitfinanzierung einer Eisenbahn gestoppt.
Schwedens Beziehungen zu China sind ohnehin angespannt, seit Gui Minhai, ein Hongkonger Buchhändler mit schwedischem Pass in China wegen “illegaler Bereitstellung von Informationen im Ausland” im Gefängnis sitzt. Stockholm wiederum verärgerte Peking, als man den chinesischen Telekommunikationsanbieter Huawei vom Aufbau des landesweiten 5G-Netzes ausschloss. Norwegen bekam den Zorn Pekings zu spüren, als Liu Xiaobo 2010 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Prompt brach der Verkauf von Norwegens wichtigstem Exportartikel Lachs in China ein – offiziell wegen verschärfter Veterinärkontrollen.
Das Verhältnis zwischen Kanada und China ist ebenfalls mehr als schwierig: Meng Wanzhou, Tochter des Huawei-Gründers, steht auf Betreiben der US-Behörden seit Ende 2018 in Vancouver unter Hausarrest. Ihr wird Bankbetrug im Zusammenhang mit der Umgehung von Sanktionen gegen Iran vorgeworfen. Als ungleich härtere Vergeltung sperrte Peking die beiden Kanadier Michael Kovrig und Michael Spavor in China ins Gefängnis. Und im Konflikt zwischen China und den USA bedeuten Pekings Ambitionen in der Arktis ein weiteres Spannungsfeld.
“Das schränkt Chinas Möglichkeiten enorm ein”, sagt Arktis-Experte Lanteigne. Aber die Front ist nicht so geschlossen wie sie erscheint. Pekings Trumpf ist seine wirtschaftliche Stärke. “Bei uns in Norwegen drängen die Regionen an der Arktis die Regierung in Oslo zu einer Zusammenarbeit mit Peking.” Auch in den anderen Staaten lassen sich ähnliche Entwicklungen feststellen.
Doch Peking hat noch einen anderen potenziellen Verbündeten: Russland (China.Table berichtete zur möglichen Kooperation Russlands mit China gegen den Westen). Ausgerechnet das Land, das gerade den Vorsitz des Arktischen Rates übernommen hat und das selbst die gesamte Arktis für sich beansprucht. Neben einer beeindruckenden Eisbrecherflotte baut man seit Jahren seine militärische Präsenz in der Region aus: Stützpunkte werden verstärkt, neue Waffen wie Unterwasserdrohnen mit Nuklearantrieb getestet, jährlich eine militärische Großübung im eisigen Norden abgehalten. Hinzu kommt die Ausbeutung der Rohstoffe. Allein die Produktion von Flüssigerdgas will man bis 2035 verzehnfachen.
Doch die Exploration ist teuer. Hinzukommen die westlichen Sanktionen wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim. Sie unterbinden, dass russische Energieunternehmen neue Anleihen erhalten oder energiebezogene Ausrüstung und Technologie an Russland geliefert wird. Und so bleibt Russland als Partner einzig China. Es ist eine schwierige Beziehung. Doch Peking scheint es zu gelingen, eine Balance zwischen Vorpreschen und diplomatischer Rücksicht zu erzielen.
Klar ist: Um die neue Schlüsselregion für die Weltwirtschaft ist ein intensiver Wettbewerb entbrannt. Jahrzehntelange haben die acht Arktis-Anrainer ihre Interessen informell austariert. Meist reagierte man auf aktuelle Anlässe. Doch nun betritt mit China eine neue Großmacht die arktische Bühne. Lanteigne warnt: “Die Institutionen, die seit Jahrzehnten die Entpolitisierung und Stabilisierung der Arktis garantiert haben, sind womöglich nicht widerstandsfähig genug, um diesen neuen Anforderungen standzuhalten.” Denn China hat einen strategischen Plan. Peking weiß, was man will und wie man es erreichen kann.
Am vergangenen Freitag erhielt der chinesische Menschenrechtsaktivist Wang Aizhong einen unangenehmen Anruf. Jemand teilte ihm mit, sein Auto sei beschädigt worden. Er solle sofort zum Fahrzeug kommen, um den Schaden zu begutachten. Wang folgte der Aufforderung und musste feststellen, dass es in Wahrheit gar keinen Blechschaden gegeben hatte. Stattdessen lief er einer Gruppe von Polizeibeamten in die Arme, die ihn umgehend in Gewahrsam nahm. Kurz darauf durchsuchten die Beamten seine Wohnung und konfiszierten 29 Bücher, zwei Computer und ein Mobiltelefon. Auch Wangs Ehefrau wurde zum Verhör zitiert und zu den Kontakten ihres Mannes befragt. Er selbst ist seitdem verschwunden.
Den Sicherheitskräften in der Volksrepublik ist Wang ein Dorn im Auge, seitdem er vor Jahren mit einer Handvoll Mitstreitern die Straßenbewegung des Südens initiiert hatte, eine Gruppe von Dissidenten aus der südchinesischen Provinz Guangdong, die durch konspirative Treffen demokratische Ideen in die Gesellschaft injizieren will. Der Zeitpunkt der Festnahme kollidierte wohl kaum zufällig mit zwei Ereignissen, die in Kürze anstehen: die Feiern zum 100. Geburtstag der Kommunistischen Partei am 1. Juli und der 32. Jahrestag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens am Freitag.
Immer wieder sind Aktivist:innen in der Volksrepublik in den vergangenen Jahren verschwunden, wenn sich der 4. Juni näherte. Polizei und Staatssicherheit wollen das Risiko minimieren, dass Regimegegner aus der Volksrepublik an die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung im Jahr 1989 erinnern und möglicherweise eine öffentliche Debatte darüber anstoßen. Warnungen an Dissident:innen, deren Überwachung und die Zahl an Festnahmen nehmen deswegen vor dem Jahrestag immer drastisch zu. 2014 war Wang deshalb schon einmal für mehrere Wochen in Gewahrsam der Polizei. Gleichzeitig verhindert die Zensur rigoros direkte Hinweise in sozialen Medien auf die Tragödie vor 32 Jahren.
“Die Strategie, Kritiker mundtot zu machen, beschränkte Peking jahrelang auf die Volksrepublik. Inzwischen nutzt die chinesische Regierung ihren wachsenden Einfluss für Versuche, auch über die Landesgrenzen hinaus die Geschichte umzuschreiben”, sagt der im US-Exil lebende Menschenrechtsanwalt Teng Biao zu China.Table. “Wo das Regime keine direkte Kontrolle ausübt, versucht es, Analysten, Meinungsführer oder Journalisten gegen Gefälligkeiten gefügig zu machen, damit diese die Version der Partei im Ausland propagieren”, sagt Teng.
In den chinesischen Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau ist Pekings Einfluss bereits ausreichend groß, um die Erinnerungen an den 4. Juni zu verwässern. In Macau nutzte die Polizei einige wenige Parolen der Organisatoren, um die Absage der Veranstaltung zu begründen. Unter anderem würde die Bezeichnung “Massaker” ein falsches Bild von den Ereignissen zeichnen, argumentiert sie.
In Hongkong dagegen, wo jahrzehntelang zu Hunderttausenden der Opfer gedacht wurde, stützen sich die Behörde auf Hygieneregeln der Corona-Bestimmungen, obwohl es aktuell keine Neuinfektionen in der Stadt gibt und ein weitgehend normales Leben möglich ist. Die Veranstalter der Mahnwache werfen der Regierung deshalb vor, die Pandemie vorzuschieben. Es ist das zweite Jahr nacheinander, dass die Behörden die traditionelle Mahnwache im Victoria Park verbieten. Auch ein Erinnerungsmarsch, der am vergangenen Sonntag hätte stattfinden sollen, wurde verhindert.
Noch im Vorjahr waren trotz Verbot dennoch Tausende zusammengekommen, um mit Maske und Abstand der Toten von damals zu gedenken. Einer, der dabei war, ist Sunny Cheung. Der 24 Jahre alte Studentenführer, der 2019 vor dem US-Kongress mit seinen Darstellungen den Weg zur Implementierung des Hongkong Human Rights and Democracy Act durch das US-Parlament ebnete, ist inzwischen aus Angst vor einer Strafverfolgung aus Hongkong geflohen. “Es war eine friedliche Demonstration unter Berücksichtigung aller Hygieneregeln. Dennoch wurden zahlreiche führende Köpfe deswegen zu Haftstrafen verurteilt. Der Regierung geht es nicht um Corona, sondern darum der gesamten Demokratiebewegung in Hongkong den Mut zu rauben“, sagt Cheung im Gespräch mit China.Table.
Auf Basis des erst im Juli 2020 in Kraft getretenen Nationalen Sicherheitsgesetzes wurde unter anderem der Demokratie-Aktivist Joshua Wong rückwirkend verurteilt. Dass es auch in diesem Jahr zu einem nicht genehmigten Auflauf kommen könnte, ist unter diesen Voraussetzungen eher unwahrscheinlich. Zumal die Veranstalter bereits dazu aufriefen, die Menschen sollten zu Hause und über soziale Medien der Opfer gedenken.
Wer es öffentlich tut, muss mit einer Festnahme rechnen (wie China.Table berichtete). Am Sonntag beispielsweise setzte die Polizei die 65-jährige Alexandra Wong fest, eine prominente Figur der Hongkonger Protestbewegung, die alleine durch einen Park gelaufen war und ein Schild mit der Aufschrift: “32, 4. Juni, Tiananmens Klage” vor sich trug. Wong befand sich auf dem Weg zum Pekinger Liaison Büro der Stadt, ehe sie gestoppt wurde. 2019 war die Seniorin nach Ausbruch der Massenproteste in Hongkong gegen Pekings wachsenden Einfluss für mehr als ein Jahr verschleppt worden, als sie sich zu Besuch im benachbarten Shenzhen aufgehalten hatte. Wong hatte zuvor viel Aufmerksamkeit erlangt, weil sie als ältere Mitbürgerin die Studentenproteste unterstützt und bei den Aufmärschen häufig die britische Flagge getragen hatte.
Längst aber setzt der staatliche Kampf gegen die Erinnerung viel früher an: in der Schule. Sunny Cheung erinnert sich an die spärliche Aufarbeitung des Tiananmen-Massakers in seinem Geschichtsbuch, in dem kurz ein Konflikt zwischen Militär und Studenten erwähnt wurde, aber keinerlei Hintergründe und Details zu erfahren waren. “Unsere Lehrerin hat mit uns Dokumentationen über die wahren Ereignisse angeschaut und uns ermutigt, an den Gedenkfeiern teilzunehmen. Sie sagte, wir sollten diesen Teil der chinesischen Geschichte niemals vergessen. Er sei eine Schande für die Regierung” sagt er.
Doch auch für die Lehrer:innen wird die Luft in Hongkong durch das Nationale Sicherheitsgesetz immer dünner. Denn dieses gibt den Behörden wegen seiner vagen Formulierungen viel Spielraum, um Kritik an ihrer Politik zu ersticken. “In dem aktuellen sozialen Umfeld ist es zu riskant, fortzusetzen, was ich bislang getan habe”, zitiert die South China Morning Post den Lehrer Peter Lee, der seinen Schülern zuvor 30 Jahre lang im Vorfeld des Jahrestages explizit Hintergründe und Ausmaß des Massakers in einer Art Zusatzkurs lehrte. Lee unterrichtet seit 1989 normalerweise Mathematik in der Sekundarstufe einer Schule im Bezirk Wan Chai. Er selbst war am 4. Juni 1989 in Peking.
Die Behörden in Hongkong haben bereits 154 Lehrer:innen diszipliniert, drei von ihnen mit einem Entzug ihrer Lehrlizenz, weil sie “problematisches” Lehrmaterial eingesetzt hätten, um den Schülern die Hintergründe der Massenkundgebungen von 2019 zu vermitteln. Die Bildungsbehörde verlangt von den Hongkonger Lehrkörpern, dass sie “unvoreingenommene” Inhalte verwenden sollen. “Als professionelle Pädagogen sollten Lehrer immer objektiv und unparteiisch sein und nicht zulassen, dass politische Standpunkte einzelner oder bestimmter Körperschaften ihren Unterricht beeinflussen, oder die Schüler sogar in die Irre führen und ihnen negative Werte einflößen.”
Die Verkäufe von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (NEV) in China sind in den ersten vier Monaten dieses Jahres um fast 250 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, wie aus Daten der China Association of Automobile Manufacturers hervorgeht. Gleichzeitig sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen, da die Corona-Pandemie die Absatzzahlen im Vergleichsquartal Anfang 2020 verzerren. Damals wurden wegen Ausgangsbeschränkungen weitaus weniger Autos verkauft.
Die Aussichten für den Rest des Jahres bleiben positiv. Die Organisation prognostiziert mehr als 1,8 Millionen Verkäufe von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben für das Jahr 2021, berichtet China Daily. Im vergangenen Jahr wurden 1,36 Millionen solcher Fahrzeuge verkauft. Zu den New Energy Vehicles zählen reine Elektroautos, Plug-In-Hybride sowie Wasserstoffautos. nib
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dem Covid-19-Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinovac eine Notzulassung (Emergency Use Listing, kurz EUL) erteilt. Damit werde die Gewissheit gegeben, dass das Vakzin “den internationalen Standards für Sicherheit, Wirksamkeit und Herstellung” entspricht, wie es in einer WHO-Mitteilung am Dienstag hieß. “Die Welt braucht dringend mehrere Covid-19-Impfstoffe, um die enorme Zugangsungleichheit auf der ganzen Welt zu beseitigen”, sagte Mariângela Simão, stellvertretende Generaldirektorin der WHO für den Zugang zu Gesundheitsprodukten.
Das EUL der WHO ist eine Voraussetzung für die Aufnahme von Impfstoffen in das COVAX-Programm und für die Zulassung für die internationale Beschaffung. Es ermöglicht den einzelnen Ländern auch, ihre eigene behördliche Genehmigung für den Import und die Verabreichung von Corona-Impfstoffen zu beschleunigen. Für die Notzulassung seien die Produktionsanlagen des Sinovac-Impfstoffes inspiziert worden, so die WHO. Der Impfstoff sei einfacher zu lagern als andere Vakzine und deshalb besonders für “ressourcenarme Umgebungen” geeignet.
Für die Europäische Union läuft derzeit eine Prüfung des Sinovac-Impfstoffes der Arzneimittelbehörde EMA. Wann diese abgeschlossen sein wird, ist noch nicht klar. Auch ob der chinesische Impfstoff dann eine Zulassung für die EU bekommt, ist offen. ari
Nach der Ankündigung Pekings zur Drei-Kind-Politik haben chinesische Kinder- und Baby-Artikel-Hersteller den zweiten Tag infolge einen Gewinnzuwachs an der Börse erlebt. Die Aktie der Molkerei Beingmate stieg in Shenzhen um zehn Prozent, die des Dienstleisters für Fruchtbarkeitskliniken Jinfa Labi Maternity & Baby Articles legte ähnlich stark zu, wie Bloomberg berichtete. Hubei Goto Biopharm, Hersteller von pharmazeutischen Steroidhormonen, legte um sechs Prozent zu, die Papiere des Einzelhändler für Baby- und Kinderausstattung Shanghai Aiyingshi stiegen um zehn Prozent.
Analysen von Citi, Jefferies und CICC gingen davon aus, dass Chinas neue Geburtspolitik Unternehmen fördern wird, die von Herstellern von Säuglingsprodukten bis hin zu Dienstleistern für Eltern reichen. Citi geht davon aus, dass die neue Regelung aufgrund der geringeren Kosten für Kindererziehung besonders den kleineren Städten zugutekommen wird.
Die Reaktion der chinesischen Gesellschaft auf die Drei-Kind-Politik blieb eher verhalten. In sozialen Medien wurde unter anderem kritisiert, dass eine Familie mit drei Kindern wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten schwer finanzierbar sei. Feminist:innen wie die bekannte Aktivistin und Journalistin Lü Pin beklagten den patriarchalischen Ansatz der Politik. ari
Die von Tencent gestützte Full Truck Alliance plant Medienberichten zufolge seinen Börsengang in New York. Das Unternehmen, das auch als “Uber für Trucks” bezeichnet wird, beabsichtigt bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar aufzubringen, wie aus Berichten von Nachrichtenagenturen hervorgeht. Mit diesem Betrag wäre das Vorhaben nach dem des E-Zigarettenherstellers RLX Technology die zweitgrößte US-Börsennotierung eines chinesischen Unternehmens in diesem Jahr.
Full Truck Alliance reichte die Unterlagen für die US-Notierung in der vergangenen Woche ein. Der exakte Umfang der Kapitalaufnahme wurde in den Dokumenten an die Securities and Exchange Commission (SEC) nicht angegeben, Reuters und Nikkei Asia berufen sich auf mit dem Vorgang vertraute Personen. Das Unternehmen steuert demnach auf eine Bewertung von bis zu 20 Milliarden US-Dollar zu. Full Trucks Alliance bestätigte den US-Börsengang zunächst nicht. Mit 1,5 Milliarden US-Dollar würde Full Truck Alliance knapp hinter den 1,6 Milliarden US-Dollar liegen, die RLX Technology im Januar eingesammelt hatte.
Das im Rahmen der Notierung gesammelte Geld soll den SEC-Unterlagen zufolge zum Ausbau der Infrastruktur, Technologie-Entwicklung und Erweiterung der Dienstleistungen verwendet werden. Das “Uber für Trucks” ist in der Volksrepublik umstritten, Lkw-Fahrer:innen beklagen zunehmend Druck im Arbeitsalltag. ari
Tech-Riese Xiaomi hat im ersten Quartal ein starkes Umsatz- und Gewinnwachstum verzeichnet. Der Gesamtumsatz von Xiaomi stieg in den drei Monaten bis März dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr um 54,7 Prozent auf 76,9 Milliarden Yuan (rund 12 Milliarden US-Dollar), wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtete. Etwa zwei Drittel davon stammten demnach aus Smartphone-Verkäufen, die laut dem jüngsten veröffentlichten Gewinnbericht um fast 70 Prozent gestiegen waren.
Die globalen Smartphone-Lieferungen waren demnach im ersten Quartal auf gut 49 Millionen Telefone gestiegen. Das entspricht einem weltweiten Marktanteil von rund 14 Prozent und macht Xiaomi zum drittgrößten Smartphone-Anbieter der Welt hinter Samsung und Apple. Laut des von Caixin zitierten Finanzberichts hat das Unternehmen seinen Marktanteil für Smartphones in China im ersten Quartal von 5,5 Prozent im Vorjahr auf 16,1 Prozent erhöht und damit Huawei Marktanteile abgenommen.
Auch in Europa und Lateinamerika verzeichnete Xiaomi Wachstum: In Europa schoss das Unternehmen dem Bericht zufolge im ersten Quartal zum ersten Mal auf Platz zwei der meistverkauften Smartphone-Hersteller, nachdem die Lieferungen laut dem Bericht um gut 85 Prozent gestiegen waren. Xiaomi-Präsident Wang Xiang zeigte sich demnach auch zuversichtlich, dass das Unternehmen dank guter Beziehungen zu Chiplieferanten wie Qualcomm und MediaTek in der Lage ist, sein Wachstum des Smartphone-Geschäfts aufrechtzuerhalten. ari
Ab kommenden Jahr treten für ausländische Hersteller von Lebensmitteln neue Einfuhrregeln für China in Kraft. Ab dem 1. Januar 2022 müssen Lebensmittelhersteller aus dem Ausland beim chinesischen Zoll registriert sein, wie aus einem Erlass der chinesischen Zollgeneraldirektion hervorgeht. Das gilt demnach auch für Firmen, die die Waren verarbeiten oder lagern. Die Firmen müssen sich unter anderem mit Angaben zu Name und Adresse, Kontaktpersonen, der Registrierung im Heimatland, sowie zu Produktion und Produktionskapazitäten anmelden. Die Registrierung soll dann fünf Jahre lang gültig sein.
Für die Registrierung muss der chinesische Zoll demnach auch das staatliche System der Lebensmittelüberwachung im Exportland als gleichwertig anerkennen. Die Hersteller müssen zudem nachweisen, dass die Lebensmittel chinesische Vorschriften einhalten. Unter anderem bei Fleisch- und Milchprodukten und anderen tierischen Erzeugnissen muss außerdem die Überwachungsbehörde für Lebensmittel des Herkunftslandes bestätigen, dass der Hersteller die chinesischen Bestimmungen erfüllt. ari
Der prominente chinesische Blogger Qiu Ziming ist wegen Verunglimpfung von Märtyrern zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Qiu hatte im Februar die offizielle Todeszahl chinesischer Soldaten, die im Juni 2020 bei einem Grenzgefecht mit indischen Streitkräften ums Leben gekommen waren, angezweifelt. Die chinesischen Behörden hatten erst nachträglich eingeräumt, dass vier Soldaten der Volksbefreiungsarmee bei den Auseinandersetzungen ums Leben gekommen waren. Anfänglich hatten sie chinesische Opfer noch geleugnet.
Qiu Ziming ist damit der erste Fall, der auf Grundlage eines neuen Paragrafen im Strafgesetz verurteilt worden ist, der “Diffamierung von Märtyrern und Helden” unter Strafe stellt. Das Gericht in Nanjing erklärte, es habe strafmildernd anerkannt, dass der Angeklagte seine Schuld aufrichtig eingestanden und versprochen hatte, seine Tat nicht zu wiederholen. Zehn Tage nach seiner Festnahme hatte sich Qiu bereits im Staatsfernsehen öffentlich entschuldigen müssen. Ihm wurde vorgeworfen, “die Reputation von Helden beschädigt, nationalistische Gefühle verletzt und patriotische Herzen vergiftet” zu haben.
Qiu ist ein gelernter Wirtschaftsjournalist, der beim Kurznachrichtendienst Weibo 2,5 Millionen Abonnenten hatte, bis sein Konto nach den verhängnisvollen Aussagen bis auf Weiteres gesperrt wurde. grz
Es war literarische Pionierarbeit: “Als wir 2015 mit der Arbeit an der ersten ‘Kapsel‘ begannen, gab es keine einzige Geschichte aus dem zeitgenössischen chinesischen Science-Fiction-Kosmos in deutscher Sprache”, erinnert sich Lukas Dubro. “Kapsel” lautet der Titel des Literaturmagazins, das er zusammen mit einigen Mitstreiter:innen herausgibt. Entstanden ist das Magazin zum Ende seines Literaturstudiums an der FU Berlin. Mittlerweile hat es sich zu einer angesagten Heimat für chinesische Science-Fiction-Literatur entwickelt.
Dubro versteht sein Magazin vor allem als “Literaturvermittlungsinitiative”. Die Macher:innen versuchen, möglichst viele Zugänge zu den Geschichten chinesischer Science-Fiction-Autor:innen zu ermöglichen – über Illustrationen, Interviews und auch Kurzgeschichten. “Wir wollen Leute für die Erzählungen gewinnen, die noch nie vorher einen Text aus China gelesen haben”, fasst er ihre Mission zusammen.
Dubro sieht großes Potenzial darin, durch die Literatur Einblicke über China zu ermöglichen. Viele Autoren schrieben schließlich über Themen, die sie und viele Chines:innen bewegten. “Chi Hui hat eine Coming-of-Age-Geschichte mit Riesenkäfern verfasst, Xia Jia eine Hommage an ihren Opa, in der der Großvater der Hauptfigur trotz Krankheit eine kleine Revolution startet, Jiang Bo arbeitet in einer IT-Firma und schreibt Krimis und Space Operas über Big Data und Künstliche Intelligenz”, nennt Dubro einige Beispiele.
Sein erstes Interesse an China war 2005 entstanden. Damals hat er im Münsteraner Club Gleis 22 die chinesische Punkband Subs gesehen. “Ich hatte nach dem Konzert diesen einen Gedanken im Kopf: Es gibt dieses Land und ich weiß nichts darüber”, so Dubro. “Was mich damals am meisten faszinierte, war die chinesische Schrift.” Durch seine Übersetzungsarbeit hat er die Sprache über die Jahre immer besser erlernt. Mit einem Besuch in China hat es bis jetzt allerdings noch nicht geklappt. Aber das soll sich noch ändern: “Ich hoffe sehr, mit der Zeitschrift einmal nach China zu reisen.” Constantin Eckner
Erwin Gabardi is the new CEO of Volkswagen Anhui. He took over as head of strategy, management and operations there on June 1, 2021. “Erwin Gabardi is a proven expert who will lead the transformation of Volkswagen Anhui into a global center of excellence for e-mobility,” said Stephan Woellenstein, CEO of Volkswagen Group China. Gabardi previously served as Vice President of Corporate Strategy and Secretary General of Volkswagen Group China (VGC), leading strategic planning for the group and brand.
Joerg Graf has been appointed Chief Digitalization Officer of Volkswagen Anhui, effective May 1, 2021, to expand the group’s electromobility and digitalization activities. Graf has more than 30 years of experience in IT solutions, data management, and digital transformation in plants, logistics, and production in the automotive sector. From 2014 to 2019, Graf was Chief Information Officer and Head of Organizational Development at FAW-Volkswagen in China.
David Baumgart joined US technology company ThermoFisher Scientific as Director of Government Relations on June 1 and will report to Vicky Voulgaraki to help manage the group’s public affairs in Europe. Baumgart previously spent nearly five years as Director of Government Relations for Europe at China’s Alibaba Group.
Militär-Freizeitpark als Ausflugsziel: In Yinchuan im Nordwesten Chinas können Besucher:innen einen Blick in das Innere eines stillgelegten Unterseebootes werfen. Neben dem U-Boot sind auch der nach der Stadt benannte Zerstörer Yinchuan (107) der Volksbefreiungsarmee sowie Flugzeuge und eine Eisenbahn zu sehen.