heute ist Kindertag. Doch dass die Entscheider in Peking just einen Tag zuvor die Drei-Kind-Politik verkünden, empfinden viele Chinesen mehr als Affront, denn als familienfreundliche Maßnahme, die die Geburtenrate in der Volksrepublik in die Höhe treiben soll. Denn um das zu erreichen, hätte es Betreuungszuschüsse, Minderungen der horrenden Schulgebühren in den Großstädten oder einfach einen Plan geben müssen, wie sich Beruf und Familie in einem immer härteren Wettbewerbsumfeld vereinbaren lassen. Michael Radunski hat mit Soziologen und Familienexperten über den Kern der überraschenden “Aus-Eins-mach-Drei”-Familienplanung gesprochen und zeigt, dass die Sorge vor einer Überalterung der Gesellschaft die Machthaber in Peking antreibt. Durch den Mangel an jungen Arbeitskräften drohe ein “Niedergang der Wirtschaft”. Im Ringen mit den USA könnte China so seinen wichtigsten Trumpf verlieren.
Stellen Sie sich vor, Sie werden für Mülltrennung belohnt. Ja, wirklich. Ihnen wird dafür sogar Geld ausbezahlt. In Changsha im Süden des Landes hat die chinesische Regierung ein Bonussystem eingeführt, das Mülltrennung per QR-Code nicht nur leicht, sondern auch attraktiv machen soll. Jeder registrierte Haushalt kann Punkte sammeln. Dass dabei auch deutsche Müllentsorger von Berlin bis München ins Spiel kommen, zeigt Frank Sierens Analyse.
Chinas Regierung erlaubt es verheirateten Paaren, in Zukunft drei Kinder zu bekommen. Das berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag mit Verweis auf eine Sitzung des Politbüros unter Leitung von Staatspräsident Xi Jinping. “Allen Paaren zu erlauben, drei Kinder zu haben, werde dabei helfen, die Bevölkerungsstruktur zu verbessern”, zitiert die Nachrichtenagentur aus der Sitzung. Ziel sei es, “die Geburtenpolitik weiter zu optimieren”. Ab wann die neue Erlaubnis gelten soll, ist jedoch noch offen.
Neben der Drei-Kind-Politik beschloss man, das Renteneintrittsalter schrittweise anzuheben. Es ist ein Vorhaben, das bereits im aktuellen Fünf-Jahres-Plan beschlossen wurden. Doch auch hierzu wurde am Montag mit Details gespart.
“Die Entscheidungen von Montag sind die politische Reaktion auf die niedrige Geburtenrate und die Alterung der chinesischen Gesellschaft, wie sie der 7. Nationale Bevölkerungszensus aufgezeigt hat und dessen Ergebnisse vor kurzem veröffentlicht wurden”, sagt Kaijun Chen, ausgebildete Soziologin der Universität Oxford und inzwischen Nachhaltigkeitsberaterin in Peking, gegenüber China Table.
Jene Volkszählung zeigt, dass Chinas Bevölkerung in den vergangenen zehn Jahren noch um jährlich 0,53 Prozent auf 1,41 Milliarden Menschen gewachsen ist – so wenig wie seit Jahrzehnten nicht mehr (China Table berichtete: Zensus zeigt Bevölkerungsrückgang). Statistisch bekommt eine Frau 1,3 Kinder. China liegt damit auf dem Niveau von alternden Gesellschaften wie den Industrieländern Japan und Italien. Experten warnen, sollte dieser Trend anhalten, könnte Chinas Bevölkerung schon dieses Jahr schrumpfen. Das bestreiten die zuständigen Behörden zwar vehement, doch auch die offiziellen Stellen rechnen mit einem Rückgang spätestens im Jahr 2027 (China Table berichtete: Alternde Bevölkerung bietet Chancen für deutsche Wirtschaft).
“Die chinesischen Behörden haben schnell eine Drei-Kind-Politik verkündet, weil sie die wahren Daten des Zensus kennen. Diese wollen sie nicht veröffentlichen, aber sie sind derart erschreckend, dass sie nun handeln müssen”, sagt der Experte für chinesische Familienpolitik Yi Fuxian im Gespräch mit China Table.
Erst 2015 hatte man versucht umzusteuern: Die seit 1979 geltende Ein-Kind-Politik wurde abgeschafft; von nun an durften Paare zwei Kinder haben. Das sorgte 2016 zwar kurzzeitig für einen leichten Anstieg der Geburten, seither fiel die Zahl allerdings wieder Jahr um Jahr.
Und so ist die Diagnose eindeutig: Chinas Bevölkerung vergreist, bevor es das Land zu ausreichend hohem Wohlstand geschafft hat. Das ungleiche Geschlechterverhältnis wird in den kommenden Jahrzehnten bei vielen Männern weiter für Frust sorgen, weil sie keine Partnerin finden. Und auch die Geburtenrate sinkt noch immer. “Schon die Zwei-Kind-Politik kam zu spät und war zu wenig. So wird es auch jetzt mit der Drei-Kind-Politik sein”, prophezeit Yi Fuxian.
In der Wirtschaft sorgte die montägliche Entscheidung der Kommunistischen Partei jedoch zunächst für gute Stimmung: In der Hoffnung auf einen Babyboom stiegen die Aktienwerte von Unternehmen in den Bereichen künstliche Befruchtung, Geburtshilfe und Baby-Produkte.
Kaijun Chen glaubt jedoch nicht an einen nachhaltigen Effekt. “Die beschlossenen Maßnahmen werden nicht die Wirkung entfalten, die man sich von ihnen erhofft.” Mit dem Wechsel von einer Zwei- auf eine Drei-Kind-Politik ließen sich die eigentlichen Probleme nicht beheben. Die niedrige Geburtenrate hänge nicht mit Paaren zusammen, die bereits zwei Kinder haben und gerne ein drittes Kind bekommen möchten. “Es geht um junge Chinesinnen und Chinesen, Verheiratete wie Ledige. Sie haben nicht vor, überhaupt Kinder zu bekommen”, sagt Chen und zählt die Gründe auf: Oft sei es enormer Druck am Arbeitsplatz, der einem Leben mit Kind im Weg stehe. Hinzukämen hohe Wohn- und Mietkosten in Chinas Großstädten sowie die enormen Ausgaben für Kinderbetreuung, Erziehung und Schule. Vor 15 Jahren kostete es eine durchschnittliche Familie in China knapp 75.000 US-Dollar um ein Kind großzuziehen. 2020 beliefen sich die Kosten schon auf rund 300.000 US-Dollar.
All das spiegelte sich am Montag auch in den Reaktionen der Bürger in den sozialen Netzwerken wider. Viele Nutzer verwiesen auf die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten in den Städten, weshalb immer mehr Paare ganz auf Kinder verzichten. “Ich bin bereit, drei Kinder zu haben, wenn Sie mir fünf Millionen Yuan (etwa 645.000 Euro) geben”, schrieb beispielsweise ein Nutzer auf dem Kurznachrichtendienst Weibo.
Entsprechend solle der Wechsel hin zur Drei-Kind-Politik einhergehen mit “unterstützenden Maßnahmen, die zur Verbesserung der Bevölkerungsstruktur unseres Landes beitragen”, zitiert Xinhua aus dem Treffen des Politbüros. Details wurden allerdings nicht genannt.
Niedrige Geburtsraten und eine alte Gesellschaft könnten dramatische Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung Chinas haben. “Wenn die Zahl der Arbeitskräfte geringer wird, beginnt der Niedergang der Wirtschaft“, sagt Yi Fuxian. Chinas Wachstum werde abflachen, prognostiziert der Wissenschaftler. Der Zuwachs in China werde in den Jahren 2030 bis 2035 geringer ausfallen als in den USA. “Es wird unmöglich, die USA als größte Volkswirtschaft abzulösen.”
Eingriffe in die private Familienplanung haben in China eine lange Tradition. Ein Kind pro Familie – so lautete die Vorgabe von 1979 an. Mit dieser “Ein-Kind-Politik” wollten die Machthaber in Peking das Bevölkerungswachstum verlangsamen, eine Nahrungsknappheit wie bei der verheerenden Hungerkatastrophe zwischen 1958 und 1962 verhindern und den einsetzenden Wirtschaftsboom unterstützen. Zwar gab es einige Ausnahmen – etwa für ethnische Minderheiten oder für einen Teil der Bauernschaft. Zudem durften Eltern auf dem Land ab 1984 ein zweites Kind bekommen, wenn ihr Erstgeborenes ein Mädchen war.
Insgesamt wurde die Ein-Kind-Politik jedoch konsequent durchgesetzt. So sank die Zahl der Kinder, die eine Frau im Durchschnitt zur Welt bringt, in China von fast 4,9 im Jahr 1975 auf rund 2,5 im Jahr 1995 – zehn Jahre später lag die Geburtenrate sogar nur mehr bei 1,6. Die KP Chinas brüstete sich damit, zwischen 400 und 600 Millionen Geburten verhindert zu haben. Doch Bevölkerungswissenschaftler verweisen darauf, dass ein Rückgang der Geburtenrate mit steigendem Wohlstand auch ohne die rigiden Maßnahmen eingesetzt hätte.
Ökonomisch ging die Rechnung auf, es folgten Jahre des ungebremsten Wirtschaftswachstums. Doch sozial wie auch demografisch hatte die rigide Vorgabe dramatische Schattenseiten: Zwangsabtreibungen selbst in späteren Phasen der Schwangerschaft, das selektive Töten von weiblichen Föten und schlussendlich ein massiver Männerüberschuss sowie eine starke Überalterung der chinesischen Gesellschaft.
Auch legte die Ein-Kind-Politik die Ungleichheit zwischen Arm und Reich offen: Bei Verstößen gegen die Ein-Kind-Regel waren massive Geldstrafen fällig, die sogenannte soziale Kompensations-Gebühr. Vor allem Paare in den glitzernden Metropolen, die es sich leisten konnten, nahmen solche Strafen für ein zweites Kind in Kauf. Der bekannte Filmregisseur Zhang Yimou konnte es sich 2014 leisten, eine Strafe von umgerechnet 1,2 Millionen US-Dollar zu zahlen, weil er gegen die staatliche Ein-Kind-Politik verstoßen hatte.
Im Jahre 2016 folgte der große Kurswechsel: das Ende der Ein-Kind-Politik. Doch die staatlichen Restriktionen wurden nicht aufgehoben, sondern lediglich gelockert, sodass es allen Paaren erlaubt war, zwei Kinder zu bekommen.
Scharfe Kritik gibt es denn auch an der neuen Drei-Kind-Politik. “Regierungen haben kein Recht darauf, zu regulieren, wie viele Kinder Paare bekommen. Anstatt die Geburtenpolitik zu optimieren, sollte China lieber die Lebenswünsche der Menschen respektieren und sämtliche in die Privatsphäre eindringenden Strafmaßnahmen zur Kontrolle der Familien beenden”, sagt Joshua Rosenzweig, China-Chef der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. “Das Limit von zwei auf drei Kinder zu erhöhen, bringt China kein Stück näher, seine Menschenrechtsverpflichtungen zu erfüllen.” Jeder sollte das Recht haben selbst zu entscheiden, ob und wann er Kinder haben möchte, fordert Rosenzweig.
Auch Yi Fuxian findet im Gespräch mit China Table harsche Worte: “Auch die jetzt beschlossene Drei-Kind-Politik ist ein Instrument der Bevölkerungskontrolle. Sie zeigt, dass Chinas Behörden noch immer nicht ihre Hände von den Genitalien der Menschen lassen können.”
Um sein Abfallmanagement zu verbessern setzt China immer mehr auf Big Data. Das geht so weit, dass in einigen Regionen QR-Codes auf die Müllsäcke gedruckt werden, damit die Entsorgungsfirmen und Behörden nachvollziehen können, wer was wann weggeworfen hat. Eine Pilotzone für diese Technologie ist die High-Tech Industrial Development Zone in der Acht-Millionen-Metropole Changsha, der Hauptstadt der südchinesischen Provinz Hunan. Hier sind bereits knapp 7.200 Haushalte und gut 20.600 Menschen mit dem intelligenten Abfallsammelsystem verbunden. Es ist ein System, das nur belohnt, nicht bestraft: Nach der Registrierung per Handy erhält jeder Haushalt ein Konto, auf dem Bonuspunkte für ordnungsgemäß entsorgte Materialien vergeben werden. Die Punkte können später gegen Waren oder Bargeld eingetauscht werden. Ähnliche Systeme werden bereits an anderen Orten in China getestet.
Im Jahr 2018 erreichte Chinas Hausabfall 22,8 Millionen Tonnen, eine Menge, die bis 2030 auf 409 Millionen Tonnen steigen könnte, da China sich weiterhin rasant urbanisiert und wirtschaftlich weiter wächst. Die anschwellenden Müllberge stellen eine Herausforderung für die lokale Umwelt und Chinas Klimaziele dar.
Chinas Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) erklärt, dass im vergangenen Jahr 1,27 Millionen Tonnen Müll pro Tag wiederverwertet werden konnten, ein beachtlicher Anstieg von 63 Prozent gegenüber 2015. Bis 2025 will China in allen Städten auf Präfektur-Ebene, von denen es derzeit 299 gibt, eine strikte Abfalltrennung einführen. Doch nicht jede Stadt und Kommune kann mit dem Tempo Schritt halten.
Bei diesem Tempo ist auch deutsches Know-how gefragt. So verkaufte das Berliner Recyclingunternehmen Alba sein China- und Service-Geschäft bereits 2016 zu 60 Prozent an die Unternehmerfamilie Deng, der auch der chinesische Umweltkonzern Chengdu Techcent Environment gehört. Alba macht rund zwei Milliarden Euro Umsatz im Jahr, wurde 1968 von den Brüdern Axel und Eric Schweitzer gegründet und hat bereits 1973 in Berlin die ersten farbigen Wertstofftonnen für Glas oder Papier aufgestellt.
Nun mussten sich die Brüder mussten auf den chinesischen Müll einstellen: “Der Müll in China hat oft eine ganz andere Zusammensetzung, er enthält viel mehr organisches Material wie Essensreste.” Aber auch der Elektroschrott habe eine andere Zusammensetzung. “Wir haben in Hongkong die modernste Recyclinganlage für Elektrogeräte aufgebaut”, sagte Axel Schweitzer schon 2019 im Interview. “Da gibt es natürlich wesentlich mehr Reiskocher oder Klimaanlagen als in Europa. Deshalb ist es so wichtig, unsere Technologien an die lokalen Gegebenheiten anzupassen und nicht einfach unsere Anlagen per `Copy und Paste´ dort aufzubauen.”
Alba ist kein Einzelfall. Auch das Münchner Familien-Unternehmen Martin GmbH für Umwelt und Energietechnik profitiert vom chinesischen Müll. Im Februar diesen Jahres meldete das Unternehmen, es habe über seinen Lizenzpartner Chongqing Sanfeng Covanta Environmental Industry Co., Ltd, 19 Aufträge aus 11 chinesischen Provinzen für Rostsysteme in Müllverbrennungsanlagen erhalten. Anlagen, die zwischen 300 und 750 Tonnen Müll pro Tag verarbeiten können.
Im südchinesischen Shenzhen wird voraussichtlich in diesem Jahr die weltgrößte Waste-to-Energy-Anlage (WTE) fertig gestellt. Sie kann mehr als 5000 Tonnen Müll täglich verbrennen, etwa ein Drittel des täglichen Mülls der boomenden 20-Millionen-Metropole. Der Strom, der aus der Müllverbrennung gewonnen wird, kann rund 100.000 Haushalte durchgehend versorgen. Die neue Anlage wurde von einem dänischen Architekturbüro und dem Stuttgarter Ingenieurbüro Schlaich Bergermann Partner entwickelt. Sie kostet 560 Millionen US-Dollar.
Zur Anlage gehört auch eine 44.000 Quadratmeter große Solaranlage – sie nimmt zwei Drittel des Daches ein. Über 300 solcher WTE-Anlagen sind in China in Betrieb. Damit hat China die weltgrößten Kapazitäten. In den vergangenen fünf Jahren sind die Kapazitäten um 26 Prozent gewachsen, während sie in den OECD Ländern lediglich um vier Prozent gewachsen sind.
Für die Anlagen ist es wichtig, dass der Müll getrennt wird. Im Jahr 2019 war Shanghai eine der ersten großen chinesischen Städte, die ihr Abfallsammelsystem überarbeitete. Wer Küchenabfälle, Trockenabfälle, recycelbare und toxische Abfälle nicht sauber voneinander trennte, wurde mit Geldstrafen belegt: bis zu 200 Yuan (ca. 25 Euro) für Privatpersonen und bis zu 50.000 Yuan (rund 6.460 Euro) für Unternehmen. Das System wurde innerhalb weniger Tage zum kontroversen Stadtgespräch. Vielerorts regte sich Kritik, da die Kategorien oftmals nicht klar voneinander zu unterscheiden waren. Chinas Tech-Startups sprangen in die Bresche, indem sie Apps entwickelten, mit denen man den Müll korrekt in “nass” (kompostierbar), “trocken”, “giftig” oder “recycelbar” kategorisieren konnte. Alibaba berichtete, dass seine an die Bezahl-App Alipay angegliederte Müllsortierung-Mini-App in nur drei Tagen eine Million Nutzer erreicht habe.
Seit gut 20 Jahren versucht China, seine Recyclingquote zu erhöhen, bisher jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Verlässliche Daten liegen nicht vor. In verschiedenen Berichten wurde die Quote 2019 auf 5 bis 20 Prozent geschätzt. Die Schätzung von 20 Prozent stammt allerdings aus einer Zeitschrift, die eng mit dem chinesischen Ministerium für Ökologie und Umwelt verbunden ist. Eins ist aber sicher: Gegenwärtig produziert China bereits mehr Abfall als die Vereinigten Staaten. Dabei hat China erst ein Pro-Kopf-Einkommen von rund 10.000 US-Dollar, während die USA rund 60.000 US-Dollar haben.
Das Weltwirtschaftsforum schätzt, dass China bis 2030 das doppelte Hausmüllvolumen Amerikas haben wird. Hauptursache ist, dass die wachsende Mittelschicht Chinas tendenziell immer mehr Müll produziert. Weltweit rangierten die USA mit über 17,1 Millionen Tonnen im Jahr 2019 auf Platz zwei bei der Erzeugung von Einweg-Kunststoffabfällen, in der Pro-Kopf-Abrechnung liegen die USA allerdings nur auf dem neunten Platz – mit 52 Kilogramm pro Jahr. China war mit mehr als 25,3 Millionen Tonnen weltweit führend bei der Abfallerzeugung, kam in der Pro-Kopf-Abrechnung aber mit 18 Kilogramm pro Jahr nur auf etwa ein Drittel der Pro-Kopf-Rate der USA. China hat bereits 2018 einen Importstopp für Abfallstoffe wie Textilien, Papier, Schrott und verschiedene Kunststoffe verhängt. Das bedeutet zum Beispiel, dass China seine Papier-Importmengen von 25 Millionen Tonnen im Jahr 2017 auf null Tonnen im Jahr 2021 reduziert hat.
Ungarns geplante Produktionsanlage für Covid-19-Impfstoffe soll Medienberichten zufolge auch für die Herstellung chinesischer Corona-Vakzine ausgerüstet werden. Das teilte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó am Montag nach einem Treffen mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi mit, wie Reuters unter Berufung auf Ungarns staatliche Nachrichtenagentur MIT berichtete. Das Abkommen bedeute demnach einen “großen strategischen Vorteil” für Ungarn, so Szijjártó. Ungarn wäre damit der erste EU-Staat, in dem chinesische Impfstoffe hergestellt würden. Wann die Produktion des chinesischen Impfstoffes in Ungarn beginnen könnte, blieb offen. Das Produkt von Sinopharm hat bisher keine Zulassung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA für die EU. Ungarn hatte beschlossen, das Vakzin mit einer Notzulassung zu verwenden.
Szijjártó überreichte Wang Yi zudem einen Verdienstorden von Ungarn, wie die Nachrichtenplattform Hungary Today berichtete. Wang habe während der Coronavirus-Pandemie seine Freundschaft mit Ungarn bewiesen, sagte Szijjártó demnach bei der Zeremonie in Giuyang. Mit der Möglichkeit, den chinesischen Sinopharm-Impfstoff kaufen zu können, habe Wang dazu beigetragen “die Sicherheit von einer Million Ungarn zu gewährleisten”, zitiert das Onlineportal Szijjártó.
Irlands Außenminister Simon Coveney warnte indes nach Angaben des chinesischen Außenministeriums vor einem weiteren Auseinanderdriften der EU und China. Es sei ein “historischer Fehler”, wenn sich beide Seiten wegen “künstlicher Hindernisse” weiter voneinander weg bewegten, sagte Coveney laut einer Mitteilung bei einem Treffen mit Wang Yi ebenfalls am Montag in Guiyang. Die Probleme mit dem umstrittenen Investitionsabkommen CAI sollten durch einen Dialog beigelegt werden, hieß es weiter. Irland wolle die Zusammenarbeit mit China unter anderem in den Bereichen Cybersecurity und Flugzeugbau ausweiten. Ein Statement zu dem Gespräch von der irischen Seite gab es zunächst nicht.
Am Wochenende hatte Wang Yi bereits die Außenminister von Serbien und Polen getroffen. Es waren die ersten persönlichen Gespräche zwischen Ministern europäischer Länder und ihrem chinesischen Amtskollegen seit Beginn der Corona-Pandemie. Dass die Volksrepublik Vertreter von drei osteuropäischen Staaten einlud, wurde als Versuch gewertet, vor allem dort für die Zusammenarbeit in Sachen CAI und BRI zu werben. Die zwei EU-Staaten Ungarn und Polen sowie Serbien gelten ohnehin Peking mehr zugewandt als andere Länder. Irland betonte, es handele sich nicht um einen Gruppenbesuch, sondern ein Einzeltreffen seines Außenministers mit Wang Yi.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wird vom heutigen Dienstag bis Freitag seine erste Reise nach Asien antreten – ein Halt in China ist jedoch nicht geplant. Borrell wird in Indonesien Vertreter der ASEAN-Staaten treffen. Bei dem Besuch will die EU einer Mitteilung zufolge ihre Indo-Pazifik-Strategie vertiefen, die als Gegengewicht zu Chinas Aktivitäten in der Region angesehen wird. ari
Aufgrund von 20 Neuinfektionen innerhalb eines Tages hat Peking am Montag abermals Reisebeschränkungen für die Provinz Guangdong erlassen. Die Zahl der neuen Fälle ist der höchste Wert seit Monaten. Guangdong liegt unmittelbar an der Grenze von Hongkong.
Im Bezirk Liwan im Südwesten der Provinzmetropole Guangzhou, wo die meisten Fälle aufgetreten sind, wurden die Bewohner dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Seit Montag gilt eine Testpflicht für alle Bewohner, um die Provinz per Bus, Bahn oder Flieger verlassen zu können. Für Lastwagenfahrer, die den Transport von Waren sichern, sind Teststationen an den Autobahnen und Hauptstraßen der Region errichtet worden. Dem Luftverkehrsdaten-Anbieter Variflight zufolge sind bis Montagmittag über 500 Flüge am internationalen Flughafen gestrichen worden.
Bereits seit dem 21. Mai sind in der Provinzhauptstadt Guangzhou neue Corona-Infektionen aufgetreten, was die Behörden dazu veranlasst hat, Märkte, Kitas und Innenbereiche von Restaurants zu schließen. Seit den neuen Fällen in Guangzhou und dem aktuellen Anstieg in der gesamten Provinz werden flächendeckend Massentests durchgeführt. Dennoch ist weiterhin unklar, wie es zu den neuen Ansteckungen kommen konnte. niw
Peking plant die Kontrollen in Industrien, die einen besonders hohen Energieverbrauch haben und viel Emissionen verursachen, weiter zu verschärfen. Ziel sei es, kohlenstoffarme Entwicklungen im Land voranzubringen. Das verkündete das Umweltministerium am Montag. Kontrollen in Branchen wie Stahl und Aluminium sollten künftig verstärkt werden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Auch die Richtlinien für Ölraffinerien, Kokereien und andere Projekte, die eine hohe Belastung für die Umwelt darstellen, sollen nicht gesenkt werden, so das Ministerium für Ökologie und Umwelt (MEE). Details dazu wurden allerdings nicht erörtert.
Das MEE forderte die Stahlwerke dazu auf, Hochöfen und Konverter in Elektrolichtbogenöfen umzuwandeln. Diese Herstellungsmethode ist energetisch günstiger als der Prozess, der notwendig ist, um Stahl aus Eisenerz herzustellen. Zudem wurden die Umweltbehörden auf Provinzebene dazu aufgerufen, lokale Projekte mit hoher Energieintensität und hohen Emissionen besser zu koordinieren und zu verwalten, und diese bis Ende Oktober an das MEE zu melden. Danach sollen die Daten alle sechs Monate aktualisiert werden. niw
Man darf mit Fug und Recht behaupten, dass Bytedance-Gründer Zhang Yiming kein sonderlich begabter Manager ist. Das klingt vielleicht albern, weil er doch mit seinem chinesischen Start-up innerhalb von neun Jahren eine Digitalplattform geschaffen hat, deren Angebot ihre Kunden in der ganzen Welt inzwischen länger an den Bildschirmen hält als Facebook, Instagram & Co. Aber: Zhang hat diese Behauptung vor wenigen Tagen selbst aufgestellt. Und das nur wenige Monate nachdem sein Videoportal Tiktok im Kampf um die Aufmerksamkeit der Internetnutzer erstmals die Weltspitze übernommen hat.
“Die Wahrheit ist: Mir fehlen einige der Fähigkeiten, die einen idealen Manager ausmachen”, hatte Zhang Yiming geschrieben. Der Satz war Teil einer ausführlichen Begründung dafür, weshalb der 38-Jährige Mitte Mai offenbar freiwillig den Chefposten seines Milliarden-Unternehmens geräumt hat. In einem offenen Brief an die Bytedance-Angestellten hatte er verkündet, dass Co-Gründer Liang Rubo künftig die Geschäfte führen werde. In einer sechsmonatigen Übergangszeit wird Zhang Yiming den Wechsel begleiten, um seinem Nachfolger einen reibungslosen Start zu ermöglichen. Er selbst wolle mehr Zeit haben, auf neue Ideen zu kommen, langfristige Strategien zu entwickeln oder sich mit sozialer Verantwortung auseinanderzusetzen, kündigte er an.
Als Teenager begann Zhang Yiming ein Studium der Mikroelektronik in der Küstenstadt Tianjin, nahe Peking. Später schwenkte er um auf Software-Technologie und graduierte im Jahr 2005. Als er 2012 Bytedance gründete, hatte er bereits eine ganze Menge Erfahrungen bei verschiedenen Unternehmen gesammelt. Unter anderem heuerte er 2008 bei Microsoft an. Ein Jahr später gründete er mit 99fang.com seine erste eigene Firma, die Dienstleistungen im Immobiliensektor anbot.
Der Rückzug vom Chefposten großer chinesischer Techfirmen scheint in China derweil Schule zu machen. Alibaba-Gründer Jack Ma war 2019 der Erste, der die Verantwortung abgab. Im März dieses Jahres entschied dann auch Pinduoduo-Boss Colin Huang, er wolle lieber Wissenschaftler sein als Manager, nachdem er sein E-Commerce-Unternehmen zu einem der größten Chinas aufgebaut hatte. Zhang Yiming ist jetzt also der nächste hochkarätige Rückzieher in einer Branche, die in den vergangenen Jahren zunehmend ins Visier der staatlichen Aufseher geraten ist und immer strenger reguliert wird. Der chinesischen Regierung sind die rasant wachsenden Online-Imperien mit ihrer Dynamik und Marktmacht nicht geheuer. Staatspräsident Xi Jinping hält die Kontrolle der Internetfirmen sogar für unabdingbar, um soziale Stabilität zu gewährleisten.
Der Zeitpunkt von Zhang Yimings Verlautbarung ist erstaunlich. Tiktok erlebte 2020 einen spektakulären Boom und durfte am Ende des Jahres stolz feststellen, dass seine Anhänger die treusten sind unter allen Fans sozialer Onlineplattformen: weltweit und auch in Deutschland. Hierzulande belegte die App erstmals Rang eins mit 19,1 Stunden durchschnittlicher Nutzungsdauer im Monat (weltweit: 21,5) und damit rund doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Auch andere Plattformen wie Facebook oder Whatsapp legten zu, aber in keiner Weise vergleichbar mit der Explosion des chinesischen Portals.
Weltweit nutzen inzwischen 1,2 Milliarden Menschen die Tiktok-Applikation. Allein in den USA sind es rund 100 Millionen, obwohl die Anwendung im vergangenen Jahr dort in den Verdacht geraten war, ein Risiko für die nationale Sicherheit zu sein. Die damalige Trump-Administration wollte Tiktok auf dem amerikanischen Markt sogar verbieten, weil sie fürchtete, dass die Daten der US-Nutzer in die Hände der chinesischen Regierung fallen würden. Chinesische Internetfirmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, dem Staat sämtliche Daten ihrer Nutzer zur Verfügung zu stellen, wenn er danach fragt. Zumindest jene Daten, die auf chinesischen Servern gespeichert sind.
Der europäische Verbraucherverband BEUC warnte vergangene Woche derweil vor Verstößen von Tiktok gegen das Verbraucherrecht und hat die EU-Kommission zu einer Überprüfung veranlasst. Die Verbraucherschützer werfen Tiktok verstecktes Marketing und auf Kinder abzielende aggressive Werbetechniken vor. Das Unternehmen muss sich deswegen innerhalb eines Monats gegenüber der Kommission zu den Vorwürfen äußern.
Kritisch bewertet auch das Australian Strategy Policy Institute (ASPI) die Anwendung, die in China nicht Tiktok, sondern Douyin heißt. Seine Studie ergab, dass der Algorithmus von Tiktok Inhalte im Sinne der chinesischen Regierung platziert und unliebsame Sequenzen versteckt. Wenn es beispielsweise um Xinjiang geht, bekommen Nutzer überwiegend fröhlich tanzende Uiguren zu sehen. Videos, die die massiven Menschenrechtsverbrechen thematisieren, sind wesentlich schwieriger zu finden.
Dennoch nahm Tiktoks Siegeszug im vergangenen Jahr enorm an Fahrt auf. Zhang Yiming integrierte 2020 den Onlineverkauf in den Videodienst und generierte damit im vergangenen Jahr 26 Milliarden US-Dollar Umsätze durch den Vertrieb von Make-up, Kleidung und Merchandise-Artikeln. Alibabas digitaler Marktplatz Taobao benötigte sechs Jahre, um dieses Volumen zu erreichen. Das Wachstum schreit förmlich nach einem Börsengang von Bytedance, über den seit einer Weile gemunkelt wird und dessen Volumen gigantische Maßstäbe in der Tech-Industrie setzen könnte. Bei einem IPO könnte das Unternehmen mit rund 200 Milliarden US-Dollar bewertet werden.
Weshalb also gibt Zhang Yiming am Vorabend des größten Triumphs seiner Firma die Zügel aus der Hand? “Ich bin mehr daran interessiert, Organisations- und Marktprinzipien zu analysieren und diese Theorien zu nutzen, um die Managementarbeit weiter zu reduzieren, statt tatsächlich Menschen zu managen”, schrieb er. Er sei kein sonderlich sozialer Mensch, sondern einer, der es bevorzuge zu lesen, im Netz zu surfen oder “zu tagträumen, was vielleicht möglich wäre”.
Ganz so einsam wird es jedoch nicht werden um Zhang Yiming, wenn man seiner Ankündigung Glauben schenken mag. Er freue sich auf den neuen Abschnitt und darauf, die Reise von Bytedance mit seinen Mitstreitern “gemeinsam fortzusetzen”. Marcel Grzanna
Peter Hessler, renowned book author and China expert, loses his position at Sichuan University. His employment contract was not renewed, so he will move back to Colorado at the end of the semester with his wife and two daughters. Hessler has taught journalism and English since 2019 and was also China correspondent for The New Yorker. His books Oracle Bones and Country Driving became bestsellers.
Bjoern Szesni has been head of the “Intercultural Teacher Training China” program at MitOst as program manager since April. Szesni previously worked as a freelance consultant for four years and as a regional manager China for the software company Model Engineering Solutions for two years from 2019 to 2020. MitOst is a non-profit and non-governmental organization based in Berlin that implements international projects focusing on civic education and cultural exchange in Europe and neighboring regions. The organization was founded in 1996 and has 1,400 members in 40 countries.
Um den heutigen Kindertag zu feiern, laufen Kinder in Chongqing gegen Mini-Schweine um die Wette. Wer zuerst ins Ziel kommt, ist egal: Nur die Kinder bekommen einen Preis.
heute ist Kindertag. Doch dass die Entscheider in Peking just einen Tag zuvor die Drei-Kind-Politik verkünden, empfinden viele Chinesen mehr als Affront, denn als familienfreundliche Maßnahme, die die Geburtenrate in der Volksrepublik in die Höhe treiben soll. Denn um das zu erreichen, hätte es Betreuungszuschüsse, Minderungen der horrenden Schulgebühren in den Großstädten oder einfach einen Plan geben müssen, wie sich Beruf und Familie in einem immer härteren Wettbewerbsumfeld vereinbaren lassen. Michael Radunski hat mit Soziologen und Familienexperten über den Kern der überraschenden “Aus-Eins-mach-Drei”-Familienplanung gesprochen und zeigt, dass die Sorge vor einer Überalterung der Gesellschaft die Machthaber in Peking antreibt. Durch den Mangel an jungen Arbeitskräften drohe ein “Niedergang der Wirtschaft”. Im Ringen mit den USA könnte China so seinen wichtigsten Trumpf verlieren.
Stellen Sie sich vor, Sie werden für Mülltrennung belohnt. Ja, wirklich. Ihnen wird dafür sogar Geld ausbezahlt. In Changsha im Süden des Landes hat die chinesische Regierung ein Bonussystem eingeführt, das Mülltrennung per QR-Code nicht nur leicht, sondern auch attraktiv machen soll. Jeder registrierte Haushalt kann Punkte sammeln. Dass dabei auch deutsche Müllentsorger von Berlin bis München ins Spiel kommen, zeigt Frank Sierens Analyse.
Chinas Regierung erlaubt es verheirateten Paaren, in Zukunft drei Kinder zu bekommen. Das berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag mit Verweis auf eine Sitzung des Politbüros unter Leitung von Staatspräsident Xi Jinping. “Allen Paaren zu erlauben, drei Kinder zu haben, werde dabei helfen, die Bevölkerungsstruktur zu verbessern”, zitiert die Nachrichtenagentur aus der Sitzung. Ziel sei es, “die Geburtenpolitik weiter zu optimieren”. Ab wann die neue Erlaubnis gelten soll, ist jedoch noch offen.
Neben der Drei-Kind-Politik beschloss man, das Renteneintrittsalter schrittweise anzuheben. Es ist ein Vorhaben, das bereits im aktuellen Fünf-Jahres-Plan beschlossen wurden. Doch auch hierzu wurde am Montag mit Details gespart.
“Die Entscheidungen von Montag sind die politische Reaktion auf die niedrige Geburtenrate und die Alterung der chinesischen Gesellschaft, wie sie der 7. Nationale Bevölkerungszensus aufgezeigt hat und dessen Ergebnisse vor kurzem veröffentlicht wurden”, sagt Kaijun Chen, ausgebildete Soziologin der Universität Oxford und inzwischen Nachhaltigkeitsberaterin in Peking, gegenüber China Table.
Jene Volkszählung zeigt, dass Chinas Bevölkerung in den vergangenen zehn Jahren noch um jährlich 0,53 Prozent auf 1,41 Milliarden Menschen gewachsen ist – so wenig wie seit Jahrzehnten nicht mehr (China Table berichtete: Zensus zeigt Bevölkerungsrückgang). Statistisch bekommt eine Frau 1,3 Kinder. China liegt damit auf dem Niveau von alternden Gesellschaften wie den Industrieländern Japan und Italien. Experten warnen, sollte dieser Trend anhalten, könnte Chinas Bevölkerung schon dieses Jahr schrumpfen. Das bestreiten die zuständigen Behörden zwar vehement, doch auch die offiziellen Stellen rechnen mit einem Rückgang spätestens im Jahr 2027 (China Table berichtete: Alternde Bevölkerung bietet Chancen für deutsche Wirtschaft).
“Die chinesischen Behörden haben schnell eine Drei-Kind-Politik verkündet, weil sie die wahren Daten des Zensus kennen. Diese wollen sie nicht veröffentlichen, aber sie sind derart erschreckend, dass sie nun handeln müssen”, sagt der Experte für chinesische Familienpolitik Yi Fuxian im Gespräch mit China Table.
Erst 2015 hatte man versucht umzusteuern: Die seit 1979 geltende Ein-Kind-Politik wurde abgeschafft; von nun an durften Paare zwei Kinder haben. Das sorgte 2016 zwar kurzzeitig für einen leichten Anstieg der Geburten, seither fiel die Zahl allerdings wieder Jahr um Jahr.
Und so ist die Diagnose eindeutig: Chinas Bevölkerung vergreist, bevor es das Land zu ausreichend hohem Wohlstand geschafft hat. Das ungleiche Geschlechterverhältnis wird in den kommenden Jahrzehnten bei vielen Männern weiter für Frust sorgen, weil sie keine Partnerin finden. Und auch die Geburtenrate sinkt noch immer. “Schon die Zwei-Kind-Politik kam zu spät und war zu wenig. So wird es auch jetzt mit der Drei-Kind-Politik sein”, prophezeit Yi Fuxian.
In der Wirtschaft sorgte die montägliche Entscheidung der Kommunistischen Partei jedoch zunächst für gute Stimmung: In der Hoffnung auf einen Babyboom stiegen die Aktienwerte von Unternehmen in den Bereichen künstliche Befruchtung, Geburtshilfe und Baby-Produkte.
Kaijun Chen glaubt jedoch nicht an einen nachhaltigen Effekt. “Die beschlossenen Maßnahmen werden nicht die Wirkung entfalten, die man sich von ihnen erhofft.” Mit dem Wechsel von einer Zwei- auf eine Drei-Kind-Politik ließen sich die eigentlichen Probleme nicht beheben. Die niedrige Geburtenrate hänge nicht mit Paaren zusammen, die bereits zwei Kinder haben und gerne ein drittes Kind bekommen möchten. “Es geht um junge Chinesinnen und Chinesen, Verheiratete wie Ledige. Sie haben nicht vor, überhaupt Kinder zu bekommen”, sagt Chen und zählt die Gründe auf: Oft sei es enormer Druck am Arbeitsplatz, der einem Leben mit Kind im Weg stehe. Hinzukämen hohe Wohn- und Mietkosten in Chinas Großstädten sowie die enormen Ausgaben für Kinderbetreuung, Erziehung und Schule. Vor 15 Jahren kostete es eine durchschnittliche Familie in China knapp 75.000 US-Dollar um ein Kind großzuziehen. 2020 beliefen sich die Kosten schon auf rund 300.000 US-Dollar.
All das spiegelte sich am Montag auch in den Reaktionen der Bürger in den sozialen Netzwerken wider. Viele Nutzer verwiesen auf die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten in den Städten, weshalb immer mehr Paare ganz auf Kinder verzichten. “Ich bin bereit, drei Kinder zu haben, wenn Sie mir fünf Millionen Yuan (etwa 645.000 Euro) geben”, schrieb beispielsweise ein Nutzer auf dem Kurznachrichtendienst Weibo.
Entsprechend solle der Wechsel hin zur Drei-Kind-Politik einhergehen mit “unterstützenden Maßnahmen, die zur Verbesserung der Bevölkerungsstruktur unseres Landes beitragen”, zitiert Xinhua aus dem Treffen des Politbüros. Details wurden allerdings nicht genannt.
Niedrige Geburtsraten und eine alte Gesellschaft könnten dramatische Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung Chinas haben. “Wenn die Zahl der Arbeitskräfte geringer wird, beginnt der Niedergang der Wirtschaft“, sagt Yi Fuxian. Chinas Wachstum werde abflachen, prognostiziert der Wissenschaftler. Der Zuwachs in China werde in den Jahren 2030 bis 2035 geringer ausfallen als in den USA. “Es wird unmöglich, die USA als größte Volkswirtschaft abzulösen.”
Eingriffe in die private Familienplanung haben in China eine lange Tradition. Ein Kind pro Familie – so lautete die Vorgabe von 1979 an. Mit dieser “Ein-Kind-Politik” wollten die Machthaber in Peking das Bevölkerungswachstum verlangsamen, eine Nahrungsknappheit wie bei der verheerenden Hungerkatastrophe zwischen 1958 und 1962 verhindern und den einsetzenden Wirtschaftsboom unterstützen. Zwar gab es einige Ausnahmen – etwa für ethnische Minderheiten oder für einen Teil der Bauernschaft. Zudem durften Eltern auf dem Land ab 1984 ein zweites Kind bekommen, wenn ihr Erstgeborenes ein Mädchen war.
Insgesamt wurde die Ein-Kind-Politik jedoch konsequent durchgesetzt. So sank die Zahl der Kinder, die eine Frau im Durchschnitt zur Welt bringt, in China von fast 4,9 im Jahr 1975 auf rund 2,5 im Jahr 1995 – zehn Jahre später lag die Geburtenrate sogar nur mehr bei 1,6. Die KP Chinas brüstete sich damit, zwischen 400 und 600 Millionen Geburten verhindert zu haben. Doch Bevölkerungswissenschaftler verweisen darauf, dass ein Rückgang der Geburtenrate mit steigendem Wohlstand auch ohne die rigiden Maßnahmen eingesetzt hätte.
Ökonomisch ging die Rechnung auf, es folgten Jahre des ungebremsten Wirtschaftswachstums. Doch sozial wie auch demografisch hatte die rigide Vorgabe dramatische Schattenseiten: Zwangsabtreibungen selbst in späteren Phasen der Schwangerschaft, das selektive Töten von weiblichen Föten und schlussendlich ein massiver Männerüberschuss sowie eine starke Überalterung der chinesischen Gesellschaft.
Auch legte die Ein-Kind-Politik die Ungleichheit zwischen Arm und Reich offen: Bei Verstößen gegen die Ein-Kind-Regel waren massive Geldstrafen fällig, die sogenannte soziale Kompensations-Gebühr. Vor allem Paare in den glitzernden Metropolen, die es sich leisten konnten, nahmen solche Strafen für ein zweites Kind in Kauf. Der bekannte Filmregisseur Zhang Yimou konnte es sich 2014 leisten, eine Strafe von umgerechnet 1,2 Millionen US-Dollar zu zahlen, weil er gegen die staatliche Ein-Kind-Politik verstoßen hatte.
Im Jahre 2016 folgte der große Kurswechsel: das Ende der Ein-Kind-Politik. Doch die staatlichen Restriktionen wurden nicht aufgehoben, sondern lediglich gelockert, sodass es allen Paaren erlaubt war, zwei Kinder zu bekommen.
Scharfe Kritik gibt es denn auch an der neuen Drei-Kind-Politik. “Regierungen haben kein Recht darauf, zu regulieren, wie viele Kinder Paare bekommen. Anstatt die Geburtenpolitik zu optimieren, sollte China lieber die Lebenswünsche der Menschen respektieren und sämtliche in die Privatsphäre eindringenden Strafmaßnahmen zur Kontrolle der Familien beenden”, sagt Joshua Rosenzweig, China-Chef der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. “Das Limit von zwei auf drei Kinder zu erhöhen, bringt China kein Stück näher, seine Menschenrechtsverpflichtungen zu erfüllen.” Jeder sollte das Recht haben selbst zu entscheiden, ob und wann er Kinder haben möchte, fordert Rosenzweig.
Auch Yi Fuxian findet im Gespräch mit China Table harsche Worte: “Auch die jetzt beschlossene Drei-Kind-Politik ist ein Instrument der Bevölkerungskontrolle. Sie zeigt, dass Chinas Behörden noch immer nicht ihre Hände von den Genitalien der Menschen lassen können.”
Um sein Abfallmanagement zu verbessern setzt China immer mehr auf Big Data. Das geht so weit, dass in einigen Regionen QR-Codes auf die Müllsäcke gedruckt werden, damit die Entsorgungsfirmen und Behörden nachvollziehen können, wer was wann weggeworfen hat. Eine Pilotzone für diese Technologie ist die High-Tech Industrial Development Zone in der Acht-Millionen-Metropole Changsha, der Hauptstadt der südchinesischen Provinz Hunan. Hier sind bereits knapp 7.200 Haushalte und gut 20.600 Menschen mit dem intelligenten Abfallsammelsystem verbunden. Es ist ein System, das nur belohnt, nicht bestraft: Nach der Registrierung per Handy erhält jeder Haushalt ein Konto, auf dem Bonuspunkte für ordnungsgemäß entsorgte Materialien vergeben werden. Die Punkte können später gegen Waren oder Bargeld eingetauscht werden. Ähnliche Systeme werden bereits an anderen Orten in China getestet.
Im Jahr 2018 erreichte Chinas Hausabfall 22,8 Millionen Tonnen, eine Menge, die bis 2030 auf 409 Millionen Tonnen steigen könnte, da China sich weiterhin rasant urbanisiert und wirtschaftlich weiter wächst. Die anschwellenden Müllberge stellen eine Herausforderung für die lokale Umwelt und Chinas Klimaziele dar.
Chinas Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) erklärt, dass im vergangenen Jahr 1,27 Millionen Tonnen Müll pro Tag wiederverwertet werden konnten, ein beachtlicher Anstieg von 63 Prozent gegenüber 2015. Bis 2025 will China in allen Städten auf Präfektur-Ebene, von denen es derzeit 299 gibt, eine strikte Abfalltrennung einführen. Doch nicht jede Stadt und Kommune kann mit dem Tempo Schritt halten.
Bei diesem Tempo ist auch deutsches Know-how gefragt. So verkaufte das Berliner Recyclingunternehmen Alba sein China- und Service-Geschäft bereits 2016 zu 60 Prozent an die Unternehmerfamilie Deng, der auch der chinesische Umweltkonzern Chengdu Techcent Environment gehört. Alba macht rund zwei Milliarden Euro Umsatz im Jahr, wurde 1968 von den Brüdern Axel und Eric Schweitzer gegründet und hat bereits 1973 in Berlin die ersten farbigen Wertstofftonnen für Glas oder Papier aufgestellt.
Nun mussten sich die Brüder mussten auf den chinesischen Müll einstellen: “Der Müll in China hat oft eine ganz andere Zusammensetzung, er enthält viel mehr organisches Material wie Essensreste.” Aber auch der Elektroschrott habe eine andere Zusammensetzung. “Wir haben in Hongkong die modernste Recyclinganlage für Elektrogeräte aufgebaut”, sagte Axel Schweitzer schon 2019 im Interview. “Da gibt es natürlich wesentlich mehr Reiskocher oder Klimaanlagen als in Europa. Deshalb ist es so wichtig, unsere Technologien an die lokalen Gegebenheiten anzupassen und nicht einfach unsere Anlagen per `Copy und Paste´ dort aufzubauen.”
Alba ist kein Einzelfall. Auch das Münchner Familien-Unternehmen Martin GmbH für Umwelt und Energietechnik profitiert vom chinesischen Müll. Im Februar diesen Jahres meldete das Unternehmen, es habe über seinen Lizenzpartner Chongqing Sanfeng Covanta Environmental Industry Co., Ltd, 19 Aufträge aus 11 chinesischen Provinzen für Rostsysteme in Müllverbrennungsanlagen erhalten. Anlagen, die zwischen 300 und 750 Tonnen Müll pro Tag verarbeiten können.
Im südchinesischen Shenzhen wird voraussichtlich in diesem Jahr die weltgrößte Waste-to-Energy-Anlage (WTE) fertig gestellt. Sie kann mehr als 5000 Tonnen Müll täglich verbrennen, etwa ein Drittel des täglichen Mülls der boomenden 20-Millionen-Metropole. Der Strom, der aus der Müllverbrennung gewonnen wird, kann rund 100.000 Haushalte durchgehend versorgen. Die neue Anlage wurde von einem dänischen Architekturbüro und dem Stuttgarter Ingenieurbüro Schlaich Bergermann Partner entwickelt. Sie kostet 560 Millionen US-Dollar.
Zur Anlage gehört auch eine 44.000 Quadratmeter große Solaranlage – sie nimmt zwei Drittel des Daches ein. Über 300 solcher WTE-Anlagen sind in China in Betrieb. Damit hat China die weltgrößten Kapazitäten. In den vergangenen fünf Jahren sind die Kapazitäten um 26 Prozent gewachsen, während sie in den OECD Ländern lediglich um vier Prozent gewachsen sind.
Für die Anlagen ist es wichtig, dass der Müll getrennt wird. Im Jahr 2019 war Shanghai eine der ersten großen chinesischen Städte, die ihr Abfallsammelsystem überarbeitete. Wer Küchenabfälle, Trockenabfälle, recycelbare und toxische Abfälle nicht sauber voneinander trennte, wurde mit Geldstrafen belegt: bis zu 200 Yuan (ca. 25 Euro) für Privatpersonen und bis zu 50.000 Yuan (rund 6.460 Euro) für Unternehmen. Das System wurde innerhalb weniger Tage zum kontroversen Stadtgespräch. Vielerorts regte sich Kritik, da die Kategorien oftmals nicht klar voneinander zu unterscheiden waren. Chinas Tech-Startups sprangen in die Bresche, indem sie Apps entwickelten, mit denen man den Müll korrekt in “nass” (kompostierbar), “trocken”, “giftig” oder “recycelbar” kategorisieren konnte. Alibaba berichtete, dass seine an die Bezahl-App Alipay angegliederte Müllsortierung-Mini-App in nur drei Tagen eine Million Nutzer erreicht habe.
Seit gut 20 Jahren versucht China, seine Recyclingquote zu erhöhen, bisher jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Verlässliche Daten liegen nicht vor. In verschiedenen Berichten wurde die Quote 2019 auf 5 bis 20 Prozent geschätzt. Die Schätzung von 20 Prozent stammt allerdings aus einer Zeitschrift, die eng mit dem chinesischen Ministerium für Ökologie und Umwelt verbunden ist. Eins ist aber sicher: Gegenwärtig produziert China bereits mehr Abfall als die Vereinigten Staaten. Dabei hat China erst ein Pro-Kopf-Einkommen von rund 10.000 US-Dollar, während die USA rund 60.000 US-Dollar haben.
Das Weltwirtschaftsforum schätzt, dass China bis 2030 das doppelte Hausmüllvolumen Amerikas haben wird. Hauptursache ist, dass die wachsende Mittelschicht Chinas tendenziell immer mehr Müll produziert. Weltweit rangierten die USA mit über 17,1 Millionen Tonnen im Jahr 2019 auf Platz zwei bei der Erzeugung von Einweg-Kunststoffabfällen, in der Pro-Kopf-Abrechnung liegen die USA allerdings nur auf dem neunten Platz – mit 52 Kilogramm pro Jahr. China war mit mehr als 25,3 Millionen Tonnen weltweit führend bei der Abfallerzeugung, kam in der Pro-Kopf-Abrechnung aber mit 18 Kilogramm pro Jahr nur auf etwa ein Drittel der Pro-Kopf-Rate der USA. China hat bereits 2018 einen Importstopp für Abfallstoffe wie Textilien, Papier, Schrott und verschiedene Kunststoffe verhängt. Das bedeutet zum Beispiel, dass China seine Papier-Importmengen von 25 Millionen Tonnen im Jahr 2017 auf null Tonnen im Jahr 2021 reduziert hat.
Ungarns geplante Produktionsanlage für Covid-19-Impfstoffe soll Medienberichten zufolge auch für die Herstellung chinesischer Corona-Vakzine ausgerüstet werden. Das teilte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó am Montag nach einem Treffen mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi mit, wie Reuters unter Berufung auf Ungarns staatliche Nachrichtenagentur MIT berichtete. Das Abkommen bedeute demnach einen “großen strategischen Vorteil” für Ungarn, so Szijjártó. Ungarn wäre damit der erste EU-Staat, in dem chinesische Impfstoffe hergestellt würden. Wann die Produktion des chinesischen Impfstoffes in Ungarn beginnen könnte, blieb offen. Das Produkt von Sinopharm hat bisher keine Zulassung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA für die EU. Ungarn hatte beschlossen, das Vakzin mit einer Notzulassung zu verwenden.
Szijjártó überreichte Wang Yi zudem einen Verdienstorden von Ungarn, wie die Nachrichtenplattform Hungary Today berichtete. Wang habe während der Coronavirus-Pandemie seine Freundschaft mit Ungarn bewiesen, sagte Szijjártó demnach bei der Zeremonie in Giuyang. Mit der Möglichkeit, den chinesischen Sinopharm-Impfstoff kaufen zu können, habe Wang dazu beigetragen “die Sicherheit von einer Million Ungarn zu gewährleisten”, zitiert das Onlineportal Szijjártó.
Irlands Außenminister Simon Coveney warnte indes nach Angaben des chinesischen Außenministeriums vor einem weiteren Auseinanderdriften der EU und China. Es sei ein “historischer Fehler”, wenn sich beide Seiten wegen “künstlicher Hindernisse” weiter voneinander weg bewegten, sagte Coveney laut einer Mitteilung bei einem Treffen mit Wang Yi ebenfalls am Montag in Guiyang. Die Probleme mit dem umstrittenen Investitionsabkommen CAI sollten durch einen Dialog beigelegt werden, hieß es weiter. Irland wolle die Zusammenarbeit mit China unter anderem in den Bereichen Cybersecurity und Flugzeugbau ausweiten. Ein Statement zu dem Gespräch von der irischen Seite gab es zunächst nicht.
Am Wochenende hatte Wang Yi bereits die Außenminister von Serbien und Polen getroffen. Es waren die ersten persönlichen Gespräche zwischen Ministern europäischer Länder und ihrem chinesischen Amtskollegen seit Beginn der Corona-Pandemie. Dass die Volksrepublik Vertreter von drei osteuropäischen Staaten einlud, wurde als Versuch gewertet, vor allem dort für die Zusammenarbeit in Sachen CAI und BRI zu werben. Die zwei EU-Staaten Ungarn und Polen sowie Serbien gelten ohnehin Peking mehr zugewandt als andere Länder. Irland betonte, es handele sich nicht um einen Gruppenbesuch, sondern ein Einzeltreffen seines Außenministers mit Wang Yi.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wird vom heutigen Dienstag bis Freitag seine erste Reise nach Asien antreten – ein Halt in China ist jedoch nicht geplant. Borrell wird in Indonesien Vertreter der ASEAN-Staaten treffen. Bei dem Besuch will die EU einer Mitteilung zufolge ihre Indo-Pazifik-Strategie vertiefen, die als Gegengewicht zu Chinas Aktivitäten in der Region angesehen wird. ari
Aufgrund von 20 Neuinfektionen innerhalb eines Tages hat Peking am Montag abermals Reisebeschränkungen für die Provinz Guangdong erlassen. Die Zahl der neuen Fälle ist der höchste Wert seit Monaten. Guangdong liegt unmittelbar an der Grenze von Hongkong.
Im Bezirk Liwan im Südwesten der Provinzmetropole Guangzhou, wo die meisten Fälle aufgetreten sind, wurden die Bewohner dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Seit Montag gilt eine Testpflicht für alle Bewohner, um die Provinz per Bus, Bahn oder Flieger verlassen zu können. Für Lastwagenfahrer, die den Transport von Waren sichern, sind Teststationen an den Autobahnen und Hauptstraßen der Region errichtet worden. Dem Luftverkehrsdaten-Anbieter Variflight zufolge sind bis Montagmittag über 500 Flüge am internationalen Flughafen gestrichen worden.
Bereits seit dem 21. Mai sind in der Provinzhauptstadt Guangzhou neue Corona-Infektionen aufgetreten, was die Behörden dazu veranlasst hat, Märkte, Kitas und Innenbereiche von Restaurants zu schließen. Seit den neuen Fällen in Guangzhou und dem aktuellen Anstieg in der gesamten Provinz werden flächendeckend Massentests durchgeführt. Dennoch ist weiterhin unklar, wie es zu den neuen Ansteckungen kommen konnte. niw
Peking plant die Kontrollen in Industrien, die einen besonders hohen Energieverbrauch haben und viel Emissionen verursachen, weiter zu verschärfen. Ziel sei es, kohlenstoffarme Entwicklungen im Land voranzubringen. Das verkündete das Umweltministerium am Montag. Kontrollen in Branchen wie Stahl und Aluminium sollten künftig verstärkt werden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Auch die Richtlinien für Ölraffinerien, Kokereien und andere Projekte, die eine hohe Belastung für die Umwelt darstellen, sollen nicht gesenkt werden, so das Ministerium für Ökologie und Umwelt (MEE). Details dazu wurden allerdings nicht erörtert.
Das MEE forderte die Stahlwerke dazu auf, Hochöfen und Konverter in Elektrolichtbogenöfen umzuwandeln. Diese Herstellungsmethode ist energetisch günstiger als der Prozess, der notwendig ist, um Stahl aus Eisenerz herzustellen. Zudem wurden die Umweltbehörden auf Provinzebene dazu aufgerufen, lokale Projekte mit hoher Energieintensität und hohen Emissionen besser zu koordinieren und zu verwalten, und diese bis Ende Oktober an das MEE zu melden. Danach sollen die Daten alle sechs Monate aktualisiert werden. niw
Man darf mit Fug und Recht behaupten, dass Bytedance-Gründer Zhang Yiming kein sonderlich begabter Manager ist. Das klingt vielleicht albern, weil er doch mit seinem chinesischen Start-up innerhalb von neun Jahren eine Digitalplattform geschaffen hat, deren Angebot ihre Kunden in der ganzen Welt inzwischen länger an den Bildschirmen hält als Facebook, Instagram & Co. Aber: Zhang hat diese Behauptung vor wenigen Tagen selbst aufgestellt. Und das nur wenige Monate nachdem sein Videoportal Tiktok im Kampf um die Aufmerksamkeit der Internetnutzer erstmals die Weltspitze übernommen hat.
“Die Wahrheit ist: Mir fehlen einige der Fähigkeiten, die einen idealen Manager ausmachen”, hatte Zhang Yiming geschrieben. Der Satz war Teil einer ausführlichen Begründung dafür, weshalb der 38-Jährige Mitte Mai offenbar freiwillig den Chefposten seines Milliarden-Unternehmens geräumt hat. In einem offenen Brief an die Bytedance-Angestellten hatte er verkündet, dass Co-Gründer Liang Rubo künftig die Geschäfte führen werde. In einer sechsmonatigen Übergangszeit wird Zhang Yiming den Wechsel begleiten, um seinem Nachfolger einen reibungslosen Start zu ermöglichen. Er selbst wolle mehr Zeit haben, auf neue Ideen zu kommen, langfristige Strategien zu entwickeln oder sich mit sozialer Verantwortung auseinanderzusetzen, kündigte er an.
Als Teenager begann Zhang Yiming ein Studium der Mikroelektronik in der Küstenstadt Tianjin, nahe Peking. Später schwenkte er um auf Software-Technologie und graduierte im Jahr 2005. Als er 2012 Bytedance gründete, hatte er bereits eine ganze Menge Erfahrungen bei verschiedenen Unternehmen gesammelt. Unter anderem heuerte er 2008 bei Microsoft an. Ein Jahr später gründete er mit 99fang.com seine erste eigene Firma, die Dienstleistungen im Immobiliensektor anbot.
Der Rückzug vom Chefposten großer chinesischer Techfirmen scheint in China derweil Schule zu machen. Alibaba-Gründer Jack Ma war 2019 der Erste, der die Verantwortung abgab. Im März dieses Jahres entschied dann auch Pinduoduo-Boss Colin Huang, er wolle lieber Wissenschaftler sein als Manager, nachdem er sein E-Commerce-Unternehmen zu einem der größten Chinas aufgebaut hatte. Zhang Yiming ist jetzt also der nächste hochkarätige Rückzieher in einer Branche, die in den vergangenen Jahren zunehmend ins Visier der staatlichen Aufseher geraten ist und immer strenger reguliert wird. Der chinesischen Regierung sind die rasant wachsenden Online-Imperien mit ihrer Dynamik und Marktmacht nicht geheuer. Staatspräsident Xi Jinping hält die Kontrolle der Internetfirmen sogar für unabdingbar, um soziale Stabilität zu gewährleisten.
Der Zeitpunkt von Zhang Yimings Verlautbarung ist erstaunlich. Tiktok erlebte 2020 einen spektakulären Boom und durfte am Ende des Jahres stolz feststellen, dass seine Anhänger die treusten sind unter allen Fans sozialer Onlineplattformen: weltweit und auch in Deutschland. Hierzulande belegte die App erstmals Rang eins mit 19,1 Stunden durchschnittlicher Nutzungsdauer im Monat (weltweit: 21,5) und damit rund doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Auch andere Plattformen wie Facebook oder Whatsapp legten zu, aber in keiner Weise vergleichbar mit der Explosion des chinesischen Portals.
Weltweit nutzen inzwischen 1,2 Milliarden Menschen die Tiktok-Applikation. Allein in den USA sind es rund 100 Millionen, obwohl die Anwendung im vergangenen Jahr dort in den Verdacht geraten war, ein Risiko für die nationale Sicherheit zu sein. Die damalige Trump-Administration wollte Tiktok auf dem amerikanischen Markt sogar verbieten, weil sie fürchtete, dass die Daten der US-Nutzer in die Hände der chinesischen Regierung fallen würden. Chinesische Internetfirmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, dem Staat sämtliche Daten ihrer Nutzer zur Verfügung zu stellen, wenn er danach fragt. Zumindest jene Daten, die auf chinesischen Servern gespeichert sind.
Der europäische Verbraucherverband BEUC warnte vergangene Woche derweil vor Verstößen von Tiktok gegen das Verbraucherrecht und hat die EU-Kommission zu einer Überprüfung veranlasst. Die Verbraucherschützer werfen Tiktok verstecktes Marketing und auf Kinder abzielende aggressive Werbetechniken vor. Das Unternehmen muss sich deswegen innerhalb eines Monats gegenüber der Kommission zu den Vorwürfen äußern.
Kritisch bewertet auch das Australian Strategy Policy Institute (ASPI) die Anwendung, die in China nicht Tiktok, sondern Douyin heißt. Seine Studie ergab, dass der Algorithmus von Tiktok Inhalte im Sinne der chinesischen Regierung platziert und unliebsame Sequenzen versteckt. Wenn es beispielsweise um Xinjiang geht, bekommen Nutzer überwiegend fröhlich tanzende Uiguren zu sehen. Videos, die die massiven Menschenrechtsverbrechen thematisieren, sind wesentlich schwieriger zu finden.
Dennoch nahm Tiktoks Siegeszug im vergangenen Jahr enorm an Fahrt auf. Zhang Yiming integrierte 2020 den Onlineverkauf in den Videodienst und generierte damit im vergangenen Jahr 26 Milliarden US-Dollar Umsätze durch den Vertrieb von Make-up, Kleidung und Merchandise-Artikeln. Alibabas digitaler Marktplatz Taobao benötigte sechs Jahre, um dieses Volumen zu erreichen. Das Wachstum schreit förmlich nach einem Börsengang von Bytedance, über den seit einer Weile gemunkelt wird und dessen Volumen gigantische Maßstäbe in der Tech-Industrie setzen könnte. Bei einem IPO könnte das Unternehmen mit rund 200 Milliarden US-Dollar bewertet werden.
Weshalb also gibt Zhang Yiming am Vorabend des größten Triumphs seiner Firma die Zügel aus der Hand? “Ich bin mehr daran interessiert, Organisations- und Marktprinzipien zu analysieren und diese Theorien zu nutzen, um die Managementarbeit weiter zu reduzieren, statt tatsächlich Menschen zu managen”, schrieb er. Er sei kein sonderlich sozialer Mensch, sondern einer, der es bevorzuge zu lesen, im Netz zu surfen oder “zu tagträumen, was vielleicht möglich wäre”.
Ganz so einsam wird es jedoch nicht werden um Zhang Yiming, wenn man seiner Ankündigung Glauben schenken mag. Er freue sich auf den neuen Abschnitt und darauf, die Reise von Bytedance mit seinen Mitstreitern “gemeinsam fortzusetzen”. Marcel Grzanna
Peter Hessler, renowned book author and China expert, loses his position at Sichuan University. His employment contract was not renewed, so he will move back to Colorado at the end of the semester with his wife and two daughters. Hessler has taught journalism and English since 2019 and was also China correspondent for The New Yorker. His books Oracle Bones and Country Driving became bestsellers.
Bjoern Szesni has been head of the “Intercultural Teacher Training China” program at MitOst as program manager since April. Szesni previously worked as a freelance consultant for four years and as a regional manager China for the software company Model Engineering Solutions for two years from 2019 to 2020. MitOst is a non-profit and non-governmental organization based in Berlin that implements international projects focusing on civic education and cultural exchange in Europe and neighboring regions. The organization was founded in 1996 and has 1,400 members in 40 countries.
Um den heutigen Kindertag zu feiern, laufen Kinder in Chongqing gegen Mini-Schweine um die Wette. Wer zuerst ins Ziel kommt, ist egal: Nur die Kinder bekommen einen Preis.