Der Datenschutz ist schon im europäischen Inland ziemlich kompliziert. Wenn nun auch noch zwei neue chinesische Datenschutzgesetze hinzukommen, wird es richtig schwierig, sich an alle Vorgaben zu halten. Welche Daten muss ein Unternehmen nach chinesischen Regeln in China speichern? Welche darf es nach EU-Regeln gar nicht dort ablegen? Die Widersprüche zwischen den Gesetzgebungen sind absehbar, schreibt Falk Steiner. Während die Details noch offen sind, ist die Höhe der Strafen allerdings schon bekannt. Den Verantwortlichen drohen Bußgelder von bis zu 125.000 Euro. Berater:innen und Anwälte werden prächtig an den Gesetzen verdienen.
Nächste Woche ist es so weit. Die Kommunistische Partei Chinas feiert ihr hundertjähriges Jubiläum. Dafür ist nichts zu teuer. Xi Jinping hat seiner Partei sogar ein neues, gigantisches Museum spendiert, das deren Geschichte in einem besonders vorteilhaften Licht erscheinen lässt. Welche Symbole in der Architektur und den Details des tempelartigen Gebäudes versteckt sind, erklärt uns Johnny Erling. So trägt das Postamt im Museum eine exklusive Postleitzahl: 100100. Dabei zeigt Xi Weitsicht, denn schon 2050 wird auch das hundertjährige Bestehen der Volksrepublik gefeiert. Zu den Ausstellungsstücken gehören vorsorglich bereits 50 Reden, Weisungen und Briefe von Xi selbst, damit die Kuratoren dann nicht ohne Material dastehen.
Ein erholsames Wochenende wünscht
Mit gleich zwei Gesetzen will China den Umgang mit Daten regeln. Das entspricht dem Trend, immer mehr Rechtsbereichen einen klareren Rahmen zu geben. Doch wie immer behält sich der Staat trotz scheinbar steigender Transparenz erhebliche Einflussmöglichkeiten vor.
Das neue Datensicherheitsgesetz und das kommende Datenschutzgesetz sind weitere Zeichen, dass die Staatsführung die faktische Macht der Technologiekonzerne einhegen will und auch ausländische Unternehmen zur Kooperation verpflichtet. Sie sind ein systematisch logischer Baustein für den chinesischen Weg zur digitalen Souveränität, der nicht zuletzt unter dem Eindruck der Wirtschaftssanktionen der USA verstärkt angegangen wird. Die Volksrepublik schafft damit Recht, auf das sich ausländische wie inländische Unternehmen formal berufen können. Zumindest auf dem Papier entsteht dadurch Rechtssicherheit, die auch von europäischen Vertretern oft eingefordert wurde.
Die zwei Gesetze sind:
Das erste Gesetz, das Datensicherheitsgesetz, wurde bereits verabschiedet und tritt am 1. September 2021 in Kraft. Es verpflichtet Datenverarbeiter zur Einhaltung von Mindeststandards für IT-Sicherheit. Sie sind dafür zur Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden verpflichtet. Dabei regelt es nicht nur die Sicherheit personenbezogener Daten, sondern auch den Umgang mit Daten ohne jeden direkten Bezug zu Menschen. Welche Mindeststandards künftig genau zu beachten sind, soll von der Branche abhängen. Die zuständigen Regulierungsstellen und Regionen sollen entsprechende Vorschriften erlassen. Doch auch Industrieorganisationen sollen branchenspezifische Cybersicherheits-Vorgaben vorschlagen, heißt es im Gesetz.
Einige Mindeststandards sind jedoch bereits festgelegt: So werden die Meldung von Sicherheitsvorfällen und ein Vorfallreaktionsplan (Incident Response Plan) für Datensicherheitsprobleme verpflichtend und auch mehrstufige Verfahren zum technischen Schutz von Daten werden vorgeschrieben – alles, ohne exakt spezifiziert zu sein. Werden die Anforderungen nicht eingehalten, drohen empfindliche Geldstrafen oder gar der Entzug der Betriebserlaubnis. Hinzu kommen Geldstrafen bis zu einer Million Yuan (derzeit gut 125.000 Euro) für verantwortliche Personen.
Eine besondere Herausforderung für in- wie ausländische Akteure in China dürften die sogenannten “Kerndaten” werden. Wer sie verarbeitet, soll besonderen Anforderungen unterliegen. Dazu gehört auch eine enge Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden.
Experten erwarten, dass sehr viele Unternehmen im Chinageschäft von den neuen Regeln betroffen sein werden. Es unterliegen auf jeden Fall mehr Branchen als bisher dem staatlichen Einfluss im Namen von Sicherheitsinteressen, sagt Dennis-Kenji Kipker von der Beratungsfirma Certavo. “Hierzu wird ein Klassifikationssystem mit unterschiedlichen Schweregraden definiert”, erläutert Kipker dem China.Table.
Bisher ist noch nicht festgelegt, welche Branchen wie betroffen sind. “Aber es dürften sicherlich solche davon erfasst sein, die besonders zahlreich Daten verarbeiten und dabei auch innovative technische Instrumente nutzen”, so Kipker. Dazu gehören zum Beispiel die Cloud-Dienste oder die Auswertung von Daten mittels KI, beispielsweise zu Scoring- und Analysezwecken.
Die Sektoren Telekommunikation und Finanzen sind vermutlich am stärksten betroffen. Doch auch die Automobilbranche, Medizingerätehersteller oder die Agrarwirtschaft und andere zunehmend datenerhebende Sektoren könnten hier eingeschlossen werden. Das Gesetz sieht unter anderem Pflichten zur Speicherung in China vor. Die genaueren Anforderungen werden jedoch erst in noch festzulegenden Maßnahmen definiert, also den Verwaltungsanweisungen, mit denen die Behörden die Gesetze umsetzten.
Etwas unklar ist indessen, was das für Unternehmen bedeutet, die in China Daten speichern oder Daten dorthin übermitteln. Wer muss künftig was in China speichern, was an wen weitergeben? Dies sei einzelfallabhängig, sagt der Datenrechtsexperte Kipker. “Generelle Empfehlungen, die über alle Branchen hinweg rechtssicher sind, können deshalb nicht gegeben werden.” Er rate möglichen Betroffenen, die Entwicklung der Gesetzgebung im Auge zu behalten. Die Unternehmen sollten insbesondere auch beachten, ob sie nicht schon durch bestehende Gesetze gezwungen sind, Daten vor Ort in China zu speichern. “Dessen sind sich viele Unternehmen nicht bewusst“, beobachtet Kipker.
Das zweite Gesetz ist noch in Arbeit. Es handel sich um das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (Personal Information Protection Law), das in zwei Entwürfen bereits öffentlich diskutiert wurde. Es wird Unternehmen und Politik noch einmal vor weitere Probleme stellen. Die EU-Kommission wird im Rahmen einer sogenannten Adäquanzentscheidung prüfen müssen, inwieweit der neue chinesische Rechtsrahmen ausreichend Garantien für eine rechtmäßige Speicherung europäischer Daten in China bietet.
In einigen Teilen wird das chinesische Gesetz dabei eine weitgehende Kopie der Europäischen Datenschutzgrundverordnung sein – doch mit deutlich anderem Regelungsgehalt, sobald es um Gemeinwohlinteressen geht. Formaljuristisch wird Chinas Datenschutzrecht damit dennoch über das Schutzniveau der USA hinausgehen. Dort wird es trotz jahrelanger Diskussionen auch mit dem neugewählten Kongress absehbar kein Datenschutzgesetz auf Bundesebene geben. Viele Datentransfers in die Vereinigten Staaten finden derzeit auf rechtlich fragwürdiger Grundlage statt, nachdem der Europäische Gerichtshof zwei Vereinbarungen zum Schutz der Daten für nicht ausreichend befunden hatte, die Datenschutzaufsichtsbehörden strengen nun vermehrt Verfahren an. Im Chinageschäft setzen viele Unternehmen derzeit vor allem auf die sogenannten Standardvertragsklauseln, mit denen die EU Rechtssicherheit für Datentransfers in jene Länder schaffen will, die kein dem europäischen Niveau vergleichbares Datenschutzniveau haben.
Doch das ist ein durchaus heikler Weg. Der hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Alexander Rossnagel erläutert auf Anfrage von China.Table: “Für Datenübermittlungen gilt die Notwendigkeit über Standarddatenschutzklauseln und andere juristische Sicherheitsinstrumente hinaus zusätzliche Schutzmaßnahmen für Grundrechte von EU-Bürgerinnen und Bürgern zu treffen.” Die Aufsichtsbehörde registriere die dortigen Bemühungen um neue Datenschutzgesetze. “Aber über die Zugriffsrechte von Nachrichtendiensten und Sicherheitsbehörden auf personenbezogene Daten und den Rechtsschutz gegen solche Grundrechtseingriffe muss sich jeder Verantwortliche informieren.” Das könne zum Beispiel durch Nachfrage in seinem Wirtschaftsverband erfolgen. Verstöße gegen die Pflichten aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) können empfindliche finanzielle Strafen nach sich ziehen – für Unternehmen könnte das bedeuten, dass die rechtlichen Anforderungen in beiden Rechtskreisen gleichzeitig unerfüllbar sind.
Der Datenrechtsspezialist Kipker warnt Unternehmen vor zu großer Zuversicht, dass die neuen Gesetze die komplizierte Lage deutlich vereinfachen: “Obwohl das Datensicherheitsgesetz und das PIPL verschiedene Prinzipien aus dem europäischen Datenschutzrecht übernehmen, insbesondere letzteres Gesetz, führt dies nicht zwangsläufig zu einem besseren Datenschutz in der VR China auch in der Praxis”, sagt Kipker. “Zwar wird die Datenverarbeitung durch private Einrichtungen mit den aktuellen Gesetzesvorhaben stärker denn je reguliert, die umfassenden Zugriffsbefugnisse durch den chinesischen Staat bleiben aber nach wie vor.” Im Zweifelsfall sollte rechtlicher Beistand nicht aus der EU oder Deutschland organisiert werden, sondern direkt aus China. Denn für Kipker ist wesentlich: In China gebe es “trotz der neuen Gesetze ein gänzlich anderes Verständnis von Datenschutz, als wir es kennen.”
06/28/2021, 9:00-11:30 AM (3:00 PM – 5:30 PM Beijing Time)
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Der New Yorker Vermögensverwalter Blackstone hat angekündigt, den chinesischen Immobilienentwickler Soho China für rund gut drei Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Blackstone, das 1995 gegründet wurde, ist einer der größten Immobilienbesitzer der Welt und hat rund 196 Milliarden US-Dollar Investorenkapital unter Management. Inklusive Assets sind es sogar 649 Milliarden.
Soho China ist eine chinesische Baufirma, die hauptsächlich im Büro- und Gewerbebereich tätig ist. Das Unternehmen wurde 1995 in Peking gegründet und betreibt 1,3 Millionen Quadratmeter Gewerbeimmobilien in der Volksrepublik. Zu den wichtigsten Vermögenswerten zählen die Wahrzeichen Bund Soho in Schanghai und das Wangjing Soho in Peking, das von der Star-Architektin Zaha Hadid entworfen wurde und am östlichen 3. Ring unweit des Außenministeriums liegt.
Soho gilt als der erste moderne Immobilienentwickler in China, der mit moderner Architektur auf internationalem Niveau überzeugt hat. Das Unternehmen ging 2007 in Hongkong an die Börse. Nach einer langen Abwärtsbewegung ist die Aktie des Unternehmens um über 25 Prozent gestiegen, als die Nachricht von den Übernahmeabsichten des US-Investors einschlug. Nun hat das Unternehmen einen Marktwert von 2,55 Milliarden US-Dollar. Blackstone bietet fünf HK-Dollar pro Aktie bei einem Marktwert von 4,6 HK-Dollar.
Der Vorsitzende von Soho, Pan Shiyi, und CEO Chang Xin haben sich bereit erklärt, den Großteil ihrer Anteile zu verkaufen. Das Ehepaar hat das Geschäft gemeinsam gestartet. Die Milliardäre leben inzwischen überwiegend in New York. Nach Abschluss des Deals wollen sie einen Anteil von neun Prozent behalten. Das derzeitige Betriebs- und Managementteam von Soho China soll bestehen bleiben, heißt es in der Erklärung des Unternehmens.
Die Soho-Gruppe gilt schon seit längerem als Übernahmeobjekt. Auf seinem Höhepunkt im Jahr 2010 erreichte das Unternehmen einen Umsatz von 23,8 Milliarden Yuan (rund drei Milliarden Euro) doch bis zum Jahr 2012 sank der Umsatz auf 9,47 Milliarden Yuan (1,23 Milliarden Euro). Ab da begann das Unternehmen, seine Immobilien in Großstädten wie Schanghai und Peking zu verkaufen. Schon im vergangenen Jahr wollte Blackstone das Unternehmen kaufen. Doch unter US-Präsident Donald Trump schien das Geschäft zu politisch riskant.
Für den Deal mit Blackstone müssen die chinesischen Wettbewerbsbehörden noch eine Freigabe erteilen. Die Zeichen sind positiv. Denn China öffnet gerade seinen Immobilien- und Finanzmarkt für internationale Investoren. Besonders interessiert sind US-amerikanische Unternehmen, die sich trotz der politischen Auseinandersetzungen zwischen der aufsteigenden und amtierenden Weltmacht massiv einkaufen wollen.
Für Blackstone ist es nun schon das dritte große China-Geschäft seit der Abwahl von Donald Trump.
Schon während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump hat sich Gründer und CEO Stephen Schwarzman offen gegen seinen Präsidenten gestellt. Es sei nicht gut, dass China und die USA entkoppelt würden. “Das bremst die ganze Welt. Es wird Zeit wieder zusammenzukommen”, sagte er im September 2019, obwohl Schwarzman einer CEO Kommission angehörte, die Trump beraten hat. Zugleich kritisierte er aber auch China. Er forderte die Öffnung des Marktes: “Es läuft gut für euch. Es läuft nicht gut für uns. Das müssen wir neu austarieren.”
Nun bekommt er offensichtlich, was er will. Blackstone investiert bereits seit 2008 in Büro-, Einzelhandels- und Logistikimmobilien in der Volksrepublik und besitzt derzeit rund sechs Millionen Quadratmeter an Immobilien im Land, die überwiegend vor der Amtsübernahme von Trump erworben wurden. Das Unternehmen hatte bereits mehrfach angedeutet, verstärkt nach Objekten auf den asiatischen Märkten Ausschau zu halten. Ein asienbezogener Beteiligungsfonds, mit dem rund fünf Milliarden US-Dollar eingeworben werden sollen, sei in Planung.
Blackstone ist nicht das einige US-Investmentunternehmen, das nun verstärkt in China investiert. Im Mai erhielt Blackrock, ein anderes Unternehmen mit ähnlichem Namen, von der chinesischen Bankenaufsicht CBRC die Zustimmung als Mehrheitsteilhaber für ein Joint-Venture mit der staatlichen chinesischen Construction Bank. Das ist an der Marktkapitalisierung gemessen die fünftgrößte Bank weltweit. Das daraus hervorgehende Wealth Management Venture wird zu 50,1 Prozent im Besitz von Blackrock und zu 40 Prozent der Vermögensverwaltungseinheit von CCB gehören. Den Rest hält der staatliche Investor Temasek Holdings aus Singapur.
China gilt generell als wichtiger Zukunftsmarkt der Finanzbranche. “Wir sind entschlossen, in China zu investieren, um einheimischen Anlegern inländische Vermögenswerte anzubieten”, erklärt Laurence Fink, Chairman und CEO von Blackrock. Im vergangenen August bereits gab die chinesische Wertpapieraufsichtsbehörde dem Unternehmen die Genehmigung zur Gründung eines Fondsgeschäfts.
Auch Goldman Sachs hat die Chance ergriffen. Ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen Goldman Sachs (51 Prozent) und der dem Wealth Management der Staatsbank ICBC (49 Prozent) wurde von Peking im Mai ebenfalls genehmigt. Das gemeinsame Ziel der neuen Kooperationen, von Blackstone, Blackrock und Goldman Sachs: Das Geld von Chinas Wohlhabenden zu verwalten. Deren Zahl steigt derzeit Jahr für Jahr immer weiter an.
In ihrer Regierungserklärung vor dem EU-Gipfel in Brüssel ist Bundeskanzlerin Angela Merkel mehrfach auf China eingegangen. Sie erklärte noch einmal den Sinn der Neuausrichtung des Verteidigungsbündnisses Nato (China.Table berichtete). “Es gilt, der zunehmenden Bedeutung Chinas unmittelbar Rechnung zu tragen”, sagte sie am Donnerstag vor dem Bundestag. Das primäre Ziel der Nato bleibe es aber, für Sicherheit im Bereich des Nordatlantik zu sorgen; hier erwähnte sie ausdrücklich Russland.
Auch die Beschäftigung des G7-Gipfels mit China und die Gründung eines Gegenentwurfs zur Seidenstraßen-Initiative kommentierte Merkel in ihrer Erklärung (China.Table berichtete). Die Gruppe der sieben etablierten Industrienationen zeige sich als “geschlossenes Wertebündnis”, für das “die Frage der Beziehungen zu China” immer zentralere Bedeutung einnehme. Merkel betonte aber nicht in erster Linie die Konfrontation mit China, sondern die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zur Lösung globaler Probleme wie dem Klimawandel. Die Infrastrukturinitiative sieht sie als “besseres Entwicklungsangebot” als die neue Seidenstraße. fin
Lange Schlangen von wartenden Menschen bildeten sich vor den Kiosken in vielen Hongkonger Stadtteilen. Der Ansturm galt der letzten Ausgabe der Zeitung “Apple Daily“. Bei dem Boulevardblatt gingen nach 26 Jahren nun die Lichter aus. Die Behörden übten zuletzt massiv Druck auf die vom Verleger Jimmy Lai gegründete China-kritische Zeitung aus. Nachdem der Verwaltungsrat des börsennotierten Mutterkonzerns Next Digital das Aus angekündigt hatte, wurden zuletzt auch die Finanzen von Apple Daily eingefroren (China.Table berichtete).
In einem Abschiedsbrief sagte der stellvertretende Chefredakteur Chan Pui Man: “Apple Daily ist tot”. Er machte zuletzt auch darauf aufmerksam, dass “die Pressefreiheit zum Opfer der Tyrannei” geworden ist. Chan wurde vergangene Woche verhaftet. Die Polizei hatte den Chefredakteur, den Herausgeber und drei weitere Führungskräfte wegen mehr als 30 Berichten festgenommen. Sie sollen angeblich zu ausländischen Sanktionen aufgerufen und so gegen das Nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben, das im vergangenen Sommer verabschiedet wurde. niw
Die Zollstreitigkeiten zwischen China und Australien gehen in die nächste Stufe. Peking hat bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Klage wegen australischer Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen für chinesische Exporte von Eisenbahnrädern, Windtürmen und Edelstahlspülen eingereicht. Die vom Handelsministerium verkündete Klage, wäre bereits die dritte zwischen beiden Ländern. Australien hatte zuvor wegen chinesischer Zölle auf Gerste und Wein bei der WTO geklagt (China.Table berichtete).
Die Beziehungen beider Länder haben sich seit dem vergangenen Jahr immer mehr verschlechtert, nachdem Australiens Premierminister Scott Morrison eine unabhängige Untersuchung zu den Ursprüngen des Coronavirus gefordert hatte. Australien werde den Fall “energisch verteidigen”, sagte Handelsminister Dan Tehan nach der Ankündigung. niw
Bis 2033 will China seinen Erfolgen im Weltraum ein weiteres Glanzstück hinzufügen. Die Raumfahrtbehörde des Landes hat vor, ein Raumschiff mit Menschen an Bord zum Mars zu schicken. Es seien ab diesem Datum sogar fünf Missionen geplant, sagte, Wang Xiaojun, der Leiter der prestigeträchtigen Chinesischen Akademie für Trägerraketentechnologie (nach dem englischen Namen CALT abgekürzt), einem Hersteller von Weltraumfahrzeugen. Mit diesem engen Zeitplan könnte China die USA im Rennen zum roten Planeten schlagen. Auf einer Weltraumkonferenz sagte Wang, das Ziel der Mission sei unter anderem die Rückführung von Bodenproben. Das berichten FAZ und Financial Times.
China pflegt derzeit ambitionierte Pläne für die Erkundung des Weltraums, die an das “Space Race” zwischen Sowjetunion und USA in den Fünfziger- und Sechzigerjahren erinnern (China.Table berichtete). Zu den Langzeitvorhaben gehören neben einer Mondlandung mit Besatzung auch der Bau einer Kette von Raumstationen und reguläre Pendelflüge zu anderen Planeten. Vor dem hundertjährigen Jahrestag der Partei überbieten sich ihre Organe derzeit in besonders selbstbewussten Ankündigungen. fin
Wenn man den Jubiläumsbau für die Partei von oben “aus der Luft sieht” gibt er ein Geheimnis sofort preis. In seiner Konstruktion stecke die Form des Schriftzeichens Gong (工), verrät die Nachrichtenagentur Xinhua. Gong ist eine sprachliche Kurzform für Arbeiten, oder auch für die Arbeiterklasse, deren Vorreiter bekanntlich die Kommunistische Partei Chinas ist.
Besucher, die sich der imposanten Anlage im Norden Pekings auf üblichem Weg zu Fuß nähern, haben es schwerer, das proletarische Wesen des neugebauten “Museum der Kommunistischen Partei” zu erkennen. Sie blicken auf eine “traditionell chinesische Kolonnadenstruktur” mit sechs mächtigen Säulen auf der Nord- und ebenso vielen Pfeilern auf der Südfassade. Jeweils acht Säulen stützen die beiden Ost-West-Seiten. Die Zahlen Sechs und Acht dienen im Chinesischen auch als Glückssymbole. Sie drücken Wünsche nach gutem Gelingen aus, die die Partei auf immer begleiten sollen. Insgesamt bringt es das Bauwerk auf 28 Säulen, ebenso viele, wie die Partei in Jahren gerechnet nach ihrer Gründung 1921 brauchte, um China zu erobern und 1949 die Volksrepublik auszurufen.
Alles an dem neuen Museum ist symbolisch überfrachtet. Dahinter steckt die Absicht seiner Architekten und des sie beratenden Baumeisters, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Es ist sein erstes Signature-Buildung. Auch hinter der Wahl des Standorts im Olympiapark der Hauptstadt verbirgt sich Kalkül. Die 150.000 Quadratmeter große Ausstellungshalle liegt auf dem Meridian Pekings. Diese einst kaiserlichen Nord-Südachse, die für das Unesco Weltkulturerbe vorgeschlagen worden ist, zieht sich vom Himmelstempel über das Tiananmen-Tor, dem Gugong- Kaiserpalast und den Trommelturm zum heutigen Olympiagelände im Norden fort.
Passender könnte das Umfeld für ein Großmuseum zu Ehren der über China alleinherrschenden Partei nicht sein, die nach 100 Jahren ihres Daseins mit heute 92 Millionen Mitgliedern die größte KP der Welt ist. Zur imperialen Adresse gehört auch ihre exklusive Postleitzahl “100100”. Sie stehe für den KP-Geburtstag, so schreibt Xinhua, und auch “für ihre mutig verfolgten beiden Jahrhundertziele”. Bis 2050, dem zukünftigen 100. Geburtstag der Volksrepublik, soll die Nation in alter Größe wiedererstanden und China Weltmacht sein.
Kein Aufwand war Peking für das Museum zu groß, das Chinas Medien als “Hongsi Dibiao” (红色地标), als “roter Meilenstein” der Hauptstadt anpreisen. “Fast 50.000 Personen und mehr als 200 Arbeitseinheiten” waren am Bau von der Grundsteinlegung am 26. August 2018 bis zur Fertigstellung im Mai 2021 beteiligt. Die bekanntesten staatlichen Bildhauer modellierten aus weißen Marmor die rund um das Museum aufgestellten fünf Skulpturengruppen. Hunderte Heldenfiguren versammeln sich um die Parteifahne. Thematisch unterteilen sie sich ebenso wie die Exponate in der Ausstellung nach der in vier Etappen untergliederten KP-Geschichte. Am Anfang steht der “Glauben” an die kommunistische Sache (信仰). Der abschließende Hauptteil widmet sich der unter Führung von Xi stehenden Gegenwart und einer verheißungsvollen Zukunft seiner “neuen Ära des chinesischen Sozialismus.” Diese Phase heißt: “Dem Traum folgen” (追梦).
Die vom Museum verkörperte “Spiritualität” ist gewollt. Von Anfang an verlangte Xi im April 2018 nach einer “würdevollen und Ehrfurcht weckenden Architektur”. Im Gegensatz zu anderen Ausstellungen sollte das Parteimuseum “die Augen seiner Betrachter aufleuchten lassen.”
Im Rückblick auf die Baugeschichte schreibt Xinhua: “Xi betonte die Notwendigkeit, eine heilige Tempelanlage zu bauen, die zum spirituellen Heim für Mitglieder der Kommunistischen Partei wird, um hier erzogen zu werden und ihre kommunistische Taufe zu erhalten” (强调要建成一个神圣殿堂,成为共产党员受教育受洗礼的精神家园). Die Ausstellungsplanung hätte die Besucher zu bestärken, “den originalen Idealen und der Mission der Partei immer treu zu bleiben.” Das sei die “rote Linie”.
Der Staatssender CCTV zeigte die Eröffnung des Museums als Aufmacher seiner Haupt-Nachrichtensendung gleich an zwei Tagen hintereinander, am 18. und 19. Juni. Zur Einweihung ließ Parteichef Xi mit erhobener Faust sein Politbüro zum Nachsprechen des Partei-Schwurs antreten, “ein Leben lang für den Kommunismus zu kämpfen.” Es war ein Déjà-vu, nachdem er Ende 2017 den Eid schon einmal beim Besuch des Shanghaier KP-Museums öffentlich abgelegt hatte. Das war kurz nach Ende des 19. Parteitag, auf dem er durchsetzte, dass sein “Xi Jinping Denken für die neue Ära des Sozialismus” in die dafür geänderten Parteistatuten aufgenommen wurde.
Bald darauf ordnete Xi 2018 den Bau des Pekinger Museums zur 100-Jahr-Feier der KP-Gründung an. Planung, Konzeption und Ausführung machte er zur Chefsache. “Xi hat großen Wert auf den Bau der Ausstellungshalle gelegt, sie geplant und betreut und sich viele Male über den Fortgang berichten lassen und Instruktionen erteilt.”
Über die Kosten des Projekts schweigt die Partei. Das blockartige Monument verbindet die Baustile der Großen Halle des Volkes und des Mao-Mausoleums. Kein Wunder. Dasselbe “Beijing Architectural Design and Research Institute Co., Ltd.”, das einst für Mao die säulenbewehrte Große Halle 1959 zum zehnjährigen Bestehen der Volksrepublik baute, erhielt den Auftrag, das neue Museum zu errichten.
Von Xi Jinping selber sind 50 Briefe, Weisungen, Redemanuskripte und Objekte aller Art ausgestellt. Das im Ausland gekaufte wertvollste Exponat stammt von Karl Marx, eines von ihm 1845 in Brüssel benutztes, handschriftliches Notizheft. Neue Erkenntnisse zu Chinas Partei sind im Museum nicht zu erwarten. Die KP konfrontiert ihr eigenes Narrativ nicht mit den Fakten. Schon gar nicht unter Xi, der kritische Geschichtsaufarbeitung und Vergangenheitsbewältigung als “historischen Nihilismus” verurteilt hat. Der Museumsbau ist Teil der, wie das Wall Street Journal schrieb, derzeit laufenden, größten Propaganda- und Erziehungskampagne zur Neu- und Umschreibung der chinesischen Geschichte seit Maos Zeiten.
Almut Rößner became a board member of the German Association for Asian Studies (DGA) in May. At the same time, she keeps her position as executive director of the German Asia-Pacific Business Association (OAV).
Der Kommunismus ist atheistisch? Grundsätzlich ja, aber in China gewährt der Staat zumindest formal Religionsfreiheit. Das macht solche Anordnungen von Symbolen möglich: Die rote Flagge mit Stern flattert stolz vor dieser katholischen Kirche. Im KP-Staat ist natürlich klar, wer letztlich am längeren Hebel sitzt.
Der Datenschutz ist schon im europäischen Inland ziemlich kompliziert. Wenn nun auch noch zwei neue chinesische Datenschutzgesetze hinzukommen, wird es richtig schwierig, sich an alle Vorgaben zu halten. Welche Daten muss ein Unternehmen nach chinesischen Regeln in China speichern? Welche darf es nach EU-Regeln gar nicht dort ablegen? Die Widersprüche zwischen den Gesetzgebungen sind absehbar, schreibt Falk Steiner. Während die Details noch offen sind, ist die Höhe der Strafen allerdings schon bekannt. Den Verantwortlichen drohen Bußgelder von bis zu 125.000 Euro. Berater:innen und Anwälte werden prächtig an den Gesetzen verdienen.
Nächste Woche ist es so weit. Die Kommunistische Partei Chinas feiert ihr hundertjähriges Jubiläum. Dafür ist nichts zu teuer. Xi Jinping hat seiner Partei sogar ein neues, gigantisches Museum spendiert, das deren Geschichte in einem besonders vorteilhaften Licht erscheinen lässt. Welche Symbole in der Architektur und den Details des tempelartigen Gebäudes versteckt sind, erklärt uns Johnny Erling. So trägt das Postamt im Museum eine exklusive Postleitzahl: 100100. Dabei zeigt Xi Weitsicht, denn schon 2050 wird auch das hundertjährige Bestehen der Volksrepublik gefeiert. Zu den Ausstellungsstücken gehören vorsorglich bereits 50 Reden, Weisungen und Briefe von Xi selbst, damit die Kuratoren dann nicht ohne Material dastehen.
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Mit gleich zwei Gesetzen will China den Umgang mit Daten regeln. Das entspricht dem Trend, immer mehr Rechtsbereichen einen klareren Rahmen zu geben. Doch wie immer behält sich der Staat trotz scheinbar steigender Transparenz erhebliche Einflussmöglichkeiten vor.
Das neue Datensicherheitsgesetz und das kommende Datenschutzgesetz sind weitere Zeichen, dass die Staatsführung die faktische Macht der Technologiekonzerne einhegen will und auch ausländische Unternehmen zur Kooperation verpflichtet. Sie sind ein systematisch logischer Baustein für den chinesischen Weg zur digitalen Souveränität, der nicht zuletzt unter dem Eindruck der Wirtschaftssanktionen der USA verstärkt angegangen wird. Die Volksrepublik schafft damit Recht, auf das sich ausländische wie inländische Unternehmen formal berufen können. Zumindest auf dem Papier entsteht dadurch Rechtssicherheit, die auch von europäischen Vertretern oft eingefordert wurde.
Die zwei Gesetze sind:
Das erste Gesetz, das Datensicherheitsgesetz, wurde bereits verabschiedet und tritt am 1. September 2021 in Kraft. Es verpflichtet Datenverarbeiter zur Einhaltung von Mindeststandards für IT-Sicherheit. Sie sind dafür zur Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden verpflichtet. Dabei regelt es nicht nur die Sicherheit personenbezogener Daten, sondern auch den Umgang mit Daten ohne jeden direkten Bezug zu Menschen. Welche Mindeststandards künftig genau zu beachten sind, soll von der Branche abhängen. Die zuständigen Regulierungsstellen und Regionen sollen entsprechende Vorschriften erlassen. Doch auch Industrieorganisationen sollen branchenspezifische Cybersicherheits-Vorgaben vorschlagen, heißt es im Gesetz.
Einige Mindeststandards sind jedoch bereits festgelegt: So werden die Meldung von Sicherheitsvorfällen und ein Vorfallreaktionsplan (Incident Response Plan) für Datensicherheitsprobleme verpflichtend und auch mehrstufige Verfahren zum technischen Schutz von Daten werden vorgeschrieben – alles, ohne exakt spezifiziert zu sein. Werden die Anforderungen nicht eingehalten, drohen empfindliche Geldstrafen oder gar der Entzug der Betriebserlaubnis. Hinzu kommen Geldstrafen bis zu einer Million Yuan (derzeit gut 125.000 Euro) für verantwortliche Personen.
Eine besondere Herausforderung für in- wie ausländische Akteure in China dürften die sogenannten “Kerndaten” werden. Wer sie verarbeitet, soll besonderen Anforderungen unterliegen. Dazu gehört auch eine enge Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden.
Experten erwarten, dass sehr viele Unternehmen im Chinageschäft von den neuen Regeln betroffen sein werden. Es unterliegen auf jeden Fall mehr Branchen als bisher dem staatlichen Einfluss im Namen von Sicherheitsinteressen, sagt Dennis-Kenji Kipker von der Beratungsfirma Certavo. “Hierzu wird ein Klassifikationssystem mit unterschiedlichen Schweregraden definiert”, erläutert Kipker dem China.Table.
Bisher ist noch nicht festgelegt, welche Branchen wie betroffen sind. “Aber es dürften sicherlich solche davon erfasst sein, die besonders zahlreich Daten verarbeiten und dabei auch innovative technische Instrumente nutzen”, so Kipker. Dazu gehören zum Beispiel die Cloud-Dienste oder die Auswertung von Daten mittels KI, beispielsweise zu Scoring- und Analysezwecken.
Die Sektoren Telekommunikation und Finanzen sind vermutlich am stärksten betroffen. Doch auch die Automobilbranche, Medizingerätehersteller oder die Agrarwirtschaft und andere zunehmend datenerhebende Sektoren könnten hier eingeschlossen werden. Das Gesetz sieht unter anderem Pflichten zur Speicherung in China vor. Die genaueren Anforderungen werden jedoch erst in noch festzulegenden Maßnahmen definiert, also den Verwaltungsanweisungen, mit denen die Behörden die Gesetze umsetzten.
Etwas unklar ist indessen, was das für Unternehmen bedeutet, die in China Daten speichern oder Daten dorthin übermitteln. Wer muss künftig was in China speichern, was an wen weitergeben? Dies sei einzelfallabhängig, sagt der Datenrechtsexperte Kipker. “Generelle Empfehlungen, die über alle Branchen hinweg rechtssicher sind, können deshalb nicht gegeben werden.” Er rate möglichen Betroffenen, die Entwicklung der Gesetzgebung im Auge zu behalten. Die Unternehmen sollten insbesondere auch beachten, ob sie nicht schon durch bestehende Gesetze gezwungen sind, Daten vor Ort in China zu speichern. “Dessen sind sich viele Unternehmen nicht bewusst“, beobachtet Kipker.
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Doch das ist ein durchaus heikler Weg. Der hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Alexander Rossnagel erläutert auf Anfrage von China.Table: “Für Datenübermittlungen gilt die Notwendigkeit über Standarddatenschutzklauseln und andere juristische Sicherheitsinstrumente hinaus zusätzliche Schutzmaßnahmen für Grundrechte von EU-Bürgerinnen und Bürgern zu treffen.” Die Aufsichtsbehörde registriere die dortigen Bemühungen um neue Datenschutzgesetze. “Aber über die Zugriffsrechte von Nachrichtendiensten und Sicherheitsbehörden auf personenbezogene Daten und den Rechtsschutz gegen solche Grundrechtseingriffe muss sich jeder Verantwortliche informieren.” Das könne zum Beispiel durch Nachfrage in seinem Wirtschaftsverband erfolgen. Verstöße gegen die Pflichten aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) können empfindliche finanzielle Strafen nach sich ziehen – für Unternehmen könnte das bedeuten, dass die rechtlichen Anforderungen in beiden Rechtskreisen gleichzeitig unerfüllbar sind.
Der Datenrechtsspezialist Kipker warnt Unternehmen vor zu großer Zuversicht, dass die neuen Gesetze die komplizierte Lage deutlich vereinfachen: “Obwohl das Datensicherheitsgesetz und das PIPL verschiedene Prinzipien aus dem europäischen Datenschutzrecht übernehmen, insbesondere letzteres Gesetz, führt dies nicht zwangsläufig zu einem besseren Datenschutz in der VR China auch in der Praxis”, sagt Kipker. “Zwar wird die Datenverarbeitung durch private Einrichtungen mit den aktuellen Gesetzesvorhaben stärker denn je reguliert, die umfassenden Zugriffsbefugnisse durch den chinesischen Staat bleiben aber nach wie vor.” Im Zweifelsfall sollte rechtlicher Beistand nicht aus der EU oder Deutschland organisiert werden, sondern direkt aus China. Denn für Kipker ist wesentlich: In China gebe es “trotz der neuen Gesetze ein gänzlich anderes Verständnis von Datenschutz, als wir es kennen.”
06/28/2021, 9:00-11:30 AM (3:00 PM – 5:30 PM Beijing Time)
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Der New Yorker Vermögensverwalter Blackstone hat angekündigt, den chinesischen Immobilienentwickler Soho China für rund gut drei Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Blackstone, das 1995 gegründet wurde, ist einer der größten Immobilienbesitzer der Welt und hat rund 196 Milliarden US-Dollar Investorenkapital unter Management. Inklusive Assets sind es sogar 649 Milliarden.
Soho China ist eine chinesische Baufirma, die hauptsächlich im Büro- und Gewerbebereich tätig ist. Das Unternehmen wurde 1995 in Peking gegründet und betreibt 1,3 Millionen Quadratmeter Gewerbeimmobilien in der Volksrepublik. Zu den wichtigsten Vermögenswerten zählen die Wahrzeichen Bund Soho in Schanghai und das Wangjing Soho in Peking, das von der Star-Architektin Zaha Hadid entworfen wurde und am östlichen 3. Ring unweit des Außenministeriums liegt.
Soho gilt als der erste moderne Immobilienentwickler in China, der mit moderner Architektur auf internationalem Niveau überzeugt hat. Das Unternehmen ging 2007 in Hongkong an die Börse. Nach einer langen Abwärtsbewegung ist die Aktie des Unternehmens um über 25 Prozent gestiegen, als die Nachricht von den Übernahmeabsichten des US-Investors einschlug. Nun hat das Unternehmen einen Marktwert von 2,55 Milliarden US-Dollar. Blackstone bietet fünf HK-Dollar pro Aktie bei einem Marktwert von 4,6 HK-Dollar.
Der Vorsitzende von Soho, Pan Shiyi, und CEO Chang Xin haben sich bereit erklärt, den Großteil ihrer Anteile zu verkaufen. Das Ehepaar hat das Geschäft gemeinsam gestartet. Die Milliardäre leben inzwischen überwiegend in New York. Nach Abschluss des Deals wollen sie einen Anteil von neun Prozent behalten. Das derzeitige Betriebs- und Managementteam von Soho China soll bestehen bleiben, heißt es in der Erklärung des Unternehmens.
Die Soho-Gruppe gilt schon seit längerem als Übernahmeobjekt. Auf seinem Höhepunkt im Jahr 2010 erreichte das Unternehmen einen Umsatz von 23,8 Milliarden Yuan (rund drei Milliarden Euro) doch bis zum Jahr 2012 sank der Umsatz auf 9,47 Milliarden Yuan (1,23 Milliarden Euro). Ab da begann das Unternehmen, seine Immobilien in Großstädten wie Schanghai und Peking zu verkaufen. Schon im vergangenen Jahr wollte Blackstone das Unternehmen kaufen. Doch unter US-Präsident Donald Trump schien das Geschäft zu politisch riskant.
Für den Deal mit Blackstone müssen die chinesischen Wettbewerbsbehörden noch eine Freigabe erteilen. Die Zeichen sind positiv. Denn China öffnet gerade seinen Immobilien- und Finanzmarkt für internationale Investoren. Besonders interessiert sind US-amerikanische Unternehmen, die sich trotz der politischen Auseinandersetzungen zwischen der aufsteigenden und amtierenden Weltmacht massiv einkaufen wollen.
Für Blackstone ist es nun schon das dritte große China-Geschäft seit der Abwahl von Donald Trump.
Schon während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump hat sich Gründer und CEO Stephen Schwarzman offen gegen seinen Präsidenten gestellt. Es sei nicht gut, dass China und die USA entkoppelt würden. “Das bremst die ganze Welt. Es wird Zeit wieder zusammenzukommen”, sagte er im September 2019, obwohl Schwarzman einer CEO Kommission angehörte, die Trump beraten hat. Zugleich kritisierte er aber auch China. Er forderte die Öffnung des Marktes: “Es läuft gut für euch. Es läuft nicht gut für uns. Das müssen wir neu austarieren.”
Nun bekommt er offensichtlich, was er will. Blackstone investiert bereits seit 2008 in Büro-, Einzelhandels- und Logistikimmobilien in der Volksrepublik und besitzt derzeit rund sechs Millionen Quadratmeter an Immobilien im Land, die überwiegend vor der Amtsübernahme von Trump erworben wurden. Das Unternehmen hatte bereits mehrfach angedeutet, verstärkt nach Objekten auf den asiatischen Märkten Ausschau zu halten. Ein asienbezogener Beteiligungsfonds, mit dem rund fünf Milliarden US-Dollar eingeworben werden sollen, sei in Planung.
Blackstone ist nicht das einige US-Investmentunternehmen, das nun verstärkt in China investiert. Im Mai erhielt Blackrock, ein anderes Unternehmen mit ähnlichem Namen, von der chinesischen Bankenaufsicht CBRC die Zustimmung als Mehrheitsteilhaber für ein Joint-Venture mit der staatlichen chinesischen Construction Bank. Das ist an der Marktkapitalisierung gemessen die fünftgrößte Bank weltweit. Das daraus hervorgehende Wealth Management Venture wird zu 50,1 Prozent im Besitz von Blackrock und zu 40 Prozent der Vermögensverwaltungseinheit von CCB gehören. Den Rest hält der staatliche Investor Temasek Holdings aus Singapur.
China gilt generell als wichtiger Zukunftsmarkt der Finanzbranche. “Wir sind entschlossen, in China zu investieren, um einheimischen Anlegern inländische Vermögenswerte anzubieten”, erklärt Laurence Fink, Chairman und CEO von Blackrock. Im vergangenen August bereits gab die chinesische Wertpapieraufsichtsbehörde dem Unternehmen die Genehmigung zur Gründung eines Fondsgeschäfts.
Auch Goldman Sachs hat die Chance ergriffen. Ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen Goldman Sachs (51 Prozent) und der dem Wealth Management der Staatsbank ICBC (49 Prozent) wurde von Peking im Mai ebenfalls genehmigt. Das gemeinsame Ziel der neuen Kooperationen, von Blackstone, Blackrock und Goldman Sachs: Das Geld von Chinas Wohlhabenden zu verwalten. Deren Zahl steigt derzeit Jahr für Jahr immer weiter an.
In ihrer Regierungserklärung vor dem EU-Gipfel in Brüssel ist Bundeskanzlerin Angela Merkel mehrfach auf China eingegangen. Sie erklärte noch einmal den Sinn der Neuausrichtung des Verteidigungsbündnisses Nato (China.Table berichtete). “Es gilt, der zunehmenden Bedeutung Chinas unmittelbar Rechnung zu tragen”, sagte sie am Donnerstag vor dem Bundestag. Das primäre Ziel der Nato bleibe es aber, für Sicherheit im Bereich des Nordatlantik zu sorgen; hier erwähnte sie ausdrücklich Russland.
Auch die Beschäftigung des G7-Gipfels mit China und die Gründung eines Gegenentwurfs zur Seidenstraßen-Initiative kommentierte Merkel in ihrer Erklärung (China.Table berichtete). Die Gruppe der sieben etablierten Industrienationen zeige sich als “geschlossenes Wertebündnis”, für das “die Frage der Beziehungen zu China” immer zentralere Bedeutung einnehme. Merkel betonte aber nicht in erster Linie die Konfrontation mit China, sondern die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zur Lösung globaler Probleme wie dem Klimawandel. Die Infrastrukturinitiative sieht sie als “besseres Entwicklungsangebot” als die neue Seidenstraße. fin
Lange Schlangen von wartenden Menschen bildeten sich vor den Kiosken in vielen Hongkonger Stadtteilen. Der Ansturm galt der letzten Ausgabe der Zeitung “Apple Daily“. Bei dem Boulevardblatt gingen nach 26 Jahren nun die Lichter aus. Die Behörden übten zuletzt massiv Druck auf die vom Verleger Jimmy Lai gegründete China-kritische Zeitung aus. Nachdem der Verwaltungsrat des börsennotierten Mutterkonzerns Next Digital das Aus angekündigt hatte, wurden zuletzt auch die Finanzen von Apple Daily eingefroren (China.Table berichtete).
In einem Abschiedsbrief sagte der stellvertretende Chefredakteur Chan Pui Man: “Apple Daily ist tot”. Er machte zuletzt auch darauf aufmerksam, dass “die Pressefreiheit zum Opfer der Tyrannei” geworden ist. Chan wurde vergangene Woche verhaftet. Die Polizei hatte den Chefredakteur, den Herausgeber und drei weitere Führungskräfte wegen mehr als 30 Berichten festgenommen. Sie sollen angeblich zu ausländischen Sanktionen aufgerufen und so gegen das Nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben, das im vergangenen Sommer verabschiedet wurde. niw
Die Zollstreitigkeiten zwischen China und Australien gehen in die nächste Stufe. Peking hat bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Klage wegen australischer Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen für chinesische Exporte von Eisenbahnrädern, Windtürmen und Edelstahlspülen eingereicht. Die vom Handelsministerium verkündete Klage, wäre bereits die dritte zwischen beiden Ländern. Australien hatte zuvor wegen chinesischer Zölle auf Gerste und Wein bei der WTO geklagt (China.Table berichtete).
Die Beziehungen beider Länder haben sich seit dem vergangenen Jahr immer mehr verschlechtert, nachdem Australiens Premierminister Scott Morrison eine unabhängige Untersuchung zu den Ursprüngen des Coronavirus gefordert hatte. Australien werde den Fall “energisch verteidigen”, sagte Handelsminister Dan Tehan nach der Ankündigung. niw
Bis 2033 will China seinen Erfolgen im Weltraum ein weiteres Glanzstück hinzufügen. Die Raumfahrtbehörde des Landes hat vor, ein Raumschiff mit Menschen an Bord zum Mars zu schicken. Es seien ab diesem Datum sogar fünf Missionen geplant, sagte, Wang Xiaojun, der Leiter der prestigeträchtigen Chinesischen Akademie für Trägerraketentechnologie (nach dem englischen Namen CALT abgekürzt), einem Hersteller von Weltraumfahrzeugen. Mit diesem engen Zeitplan könnte China die USA im Rennen zum roten Planeten schlagen. Auf einer Weltraumkonferenz sagte Wang, das Ziel der Mission sei unter anderem die Rückführung von Bodenproben. Das berichten FAZ und Financial Times.
China pflegt derzeit ambitionierte Pläne für die Erkundung des Weltraums, die an das “Space Race” zwischen Sowjetunion und USA in den Fünfziger- und Sechzigerjahren erinnern (China.Table berichtete). Zu den Langzeitvorhaben gehören neben einer Mondlandung mit Besatzung auch der Bau einer Kette von Raumstationen und reguläre Pendelflüge zu anderen Planeten. Vor dem hundertjährigen Jahrestag der Partei überbieten sich ihre Organe derzeit in besonders selbstbewussten Ankündigungen. fin
Wenn man den Jubiläumsbau für die Partei von oben “aus der Luft sieht” gibt er ein Geheimnis sofort preis. In seiner Konstruktion stecke die Form des Schriftzeichens Gong (工), verrät die Nachrichtenagentur Xinhua. Gong ist eine sprachliche Kurzform für Arbeiten, oder auch für die Arbeiterklasse, deren Vorreiter bekanntlich die Kommunistische Partei Chinas ist.
Besucher, die sich der imposanten Anlage im Norden Pekings auf üblichem Weg zu Fuß nähern, haben es schwerer, das proletarische Wesen des neugebauten “Museum der Kommunistischen Partei” zu erkennen. Sie blicken auf eine “traditionell chinesische Kolonnadenstruktur” mit sechs mächtigen Säulen auf der Nord- und ebenso vielen Pfeilern auf der Südfassade. Jeweils acht Säulen stützen die beiden Ost-West-Seiten. Die Zahlen Sechs und Acht dienen im Chinesischen auch als Glückssymbole. Sie drücken Wünsche nach gutem Gelingen aus, die die Partei auf immer begleiten sollen. Insgesamt bringt es das Bauwerk auf 28 Säulen, ebenso viele, wie die Partei in Jahren gerechnet nach ihrer Gründung 1921 brauchte, um China zu erobern und 1949 die Volksrepublik auszurufen.
Alles an dem neuen Museum ist symbolisch überfrachtet. Dahinter steckt die Absicht seiner Architekten und des sie beratenden Baumeisters, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Es ist sein erstes Signature-Buildung. Auch hinter der Wahl des Standorts im Olympiapark der Hauptstadt verbirgt sich Kalkül. Die 150.000 Quadratmeter große Ausstellungshalle liegt auf dem Meridian Pekings. Diese einst kaiserlichen Nord-Südachse, die für das Unesco Weltkulturerbe vorgeschlagen worden ist, zieht sich vom Himmelstempel über das Tiananmen-Tor, dem Gugong- Kaiserpalast und den Trommelturm zum heutigen Olympiagelände im Norden fort.
Passender könnte das Umfeld für ein Großmuseum zu Ehren der über China alleinherrschenden Partei nicht sein, die nach 100 Jahren ihres Daseins mit heute 92 Millionen Mitgliedern die größte KP der Welt ist. Zur imperialen Adresse gehört auch ihre exklusive Postleitzahl “100100”. Sie stehe für den KP-Geburtstag, so schreibt Xinhua, und auch “für ihre mutig verfolgten beiden Jahrhundertziele”. Bis 2050, dem zukünftigen 100. Geburtstag der Volksrepublik, soll die Nation in alter Größe wiedererstanden und China Weltmacht sein.
Kein Aufwand war Peking für das Museum zu groß, das Chinas Medien als “Hongsi Dibiao” (红色地标), als “roter Meilenstein” der Hauptstadt anpreisen. “Fast 50.000 Personen und mehr als 200 Arbeitseinheiten” waren am Bau von der Grundsteinlegung am 26. August 2018 bis zur Fertigstellung im Mai 2021 beteiligt. Die bekanntesten staatlichen Bildhauer modellierten aus weißen Marmor die rund um das Museum aufgestellten fünf Skulpturengruppen. Hunderte Heldenfiguren versammeln sich um die Parteifahne. Thematisch unterteilen sie sich ebenso wie die Exponate in der Ausstellung nach der in vier Etappen untergliederten KP-Geschichte. Am Anfang steht der “Glauben” an die kommunistische Sache (信仰). Der abschließende Hauptteil widmet sich der unter Führung von Xi stehenden Gegenwart und einer verheißungsvollen Zukunft seiner “neuen Ära des chinesischen Sozialismus.” Diese Phase heißt: “Dem Traum folgen” (追梦).
Die vom Museum verkörperte “Spiritualität” ist gewollt. Von Anfang an verlangte Xi im April 2018 nach einer “würdevollen und Ehrfurcht weckenden Architektur”. Im Gegensatz zu anderen Ausstellungen sollte das Parteimuseum “die Augen seiner Betrachter aufleuchten lassen.”
Im Rückblick auf die Baugeschichte schreibt Xinhua: “Xi betonte die Notwendigkeit, eine heilige Tempelanlage zu bauen, die zum spirituellen Heim für Mitglieder der Kommunistischen Partei wird, um hier erzogen zu werden und ihre kommunistische Taufe zu erhalten” (强调要建成一个神圣殿堂,成为共产党员受教育受洗礼的精神家园). Die Ausstellungsplanung hätte die Besucher zu bestärken, “den originalen Idealen und der Mission der Partei immer treu zu bleiben.” Das sei die “rote Linie”.
Der Staatssender CCTV zeigte die Eröffnung des Museums als Aufmacher seiner Haupt-Nachrichtensendung gleich an zwei Tagen hintereinander, am 18. und 19. Juni. Zur Einweihung ließ Parteichef Xi mit erhobener Faust sein Politbüro zum Nachsprechen des Partei-Schwurs antreten, “ein Leben lang für den Kommunismus zu kämpfen.” Es war ein Déjà-vu, nachdem er Ende 2017 den Eid schon einmal beim Besuch des Shanghaier KP-Museums öffentlich abgelegt hatte. Das war kurz nach Ende des 19. Parteitag, auf dem er durchsetzte, dass sein “Xi Jinping Denken für die neue Ära des Sozialismus” in die dafür geänderten Parteistatuten aufgenommen wurde.
Bald darauf ordnete Xi 2018 den Bau des Pekinger Museums zur 100-Jahr-Feier der KP-Gründung an. Planung, Konzeption und Ausführung machte er zur Chefsache. “Xi hat großen Wert auf den Bau der Ausstellungshalle gelegt, sie geplant und betreut und sich viele Male über den Fortgang berichten lassen und Instruktionen erteilt.”
Über die Kosten des Projekts schweigt die Partei. Das blockartige Monument verbindet die Baustile der Großen Halle des Volkes und des Mao-Mausoleums. Kein Wunder. Dasselbe “Beijing Architectural Design and Research Institute Co., Ltd.”, das einst für Mao die säulenbewehrte Große Halle 1959 zum zehnjährigen Bestehen der Volksrepublik baute, erhielt den Auftrag, das neue Museum zu errichten.
Von Xi Jinping selber sind 50 Briefe, Weisungen, Redemanuskripte und Objekte aller Art ausgestellt. Das im Ausland gekaufte wertvollste Exponat stammt von Karl Marx, eines von ihm 1845 in Brüssel benutztes, handschriftliches Notizheft. Neue Erkenntnisse zu Chinas Partei sind im Museum nicht zu erwarten. Die KP konfrontiert ihr eigenes Narrativ nicht mit den Fakten. Schon gar nicht unter Xi, der kritische Geschichtsaufarbeitung und Vergangenheitsbewältigung als “historischen Nihilismus” verurteilt hat. Der Museumsbau ist Teil der, wie das Wall Street Journal schrieb, derzeit laufenden, größten Propaganda- und Erziehungskampagne zur Neu- und Umschreibung der chinesischen Geschichte seit Maos Zeiten.
Almut Rößner became a board member of the German Association for Asian Studies (DGA) in May. At the same time, she keeps her position as executive director of the German Asia-Pacific Business Association (OAV).
Der Kommunismus ist atheistisch? Grundsätzlich ja, aber in China gewährt der Staat zumindest formal Religionsfreiheit. Das macht solche Anordnungen von Symbolen möglich: Die rote Flagge mit Stern flattert stolz vor dieser katholischen Kirche. Im KP-Staat ist natürlich klar, wer letztlich am längeren Hebel sitzt.