Table.Briefing: China

Datenschutzgesetz + VDMA + Ungarn + Fünfjahresplan + Taiwan + Olympia + Sabrina Habich-Sobiegalla

  • Neues Datenschutzgesetz nach EU-Modell
  • VDMA beklagt Einreisemöglichkeiten nach China
  • Ungarn – EU-Plattform für Chinas “Soft Power”
  • IfW: Fünfjahresplan riskant für deutsche Wirtschaft
  • US-Sportler gegen Boykott der Winterspiele in Peking
  • Taiwan: China setzt Paraguay mit Impfstoff-Diplomatie unter Druck
  • Im Portrait: Sabrina Habich-Sobiegalla
Liebe Leserin, lieber Leser,

schmale zehn Zeilen war dem Bundespresseamt die Wiedergabe eines Telefonats wert, das die Kanzlerin am Mittwoch mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping führte. Von “internationalen Bemühungen bei der Produktion und der Verteilung von Impfstoffen” war darin die Rede und von “Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Anstrengungen zum Klimaschutz sowie zum Erhalt von Biodiversität”. Einen “Dialog” will die deutsche Bundeskanzlerin mit Xi bei den kommenden deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen führen, “vertieft” an bilateralen Aufgabenstellungen arbeiten und über die “gesamte Bandbreite der Beziehungen” sprechen, einschließlich solcher Themen, bei denen “Meinungsverschiedenheiten bestehen”.

Meinungsverschiedenheiten? Peking ist mit ernstzunehmenden Vorwürfen konfrontiert, beim Umgang mit der uigurischen Minderheit die Menschenrechte zu verletzen. In Hongkong sitzen Demokraten im Gefängnis, während das Parlament politisch gleichgeschaltet wird. Und seit gut einer Woche sind europäische Parlamentarier und Wissenschaftler durch Sanktionen Pekings in ihrer Arbeit behindert.

Natürlich müssen Güterabwägungen getroffen werden, wenn Europa, wenn die deutsche Bundesregierung nach China blickt. Eigene ökonomische Interessen in einer globalisierten Welt und nicht zuletzt klimapolitische Fragen sind evident. Doch welche Durchsetzungskraft nach außen und Glaubwürdigkeit nach innen hat eine Kanzlerin noch, die am Tiefpunkt der europäisch-chinesischen Beziehungen über ein Telefonat mit Xi zur “Biodiversität” informiert – aber Europa mit keinem einzigen Wort erwähnt?

Angela Merkel will ihre Grundsätze zum Umgang mit der Autokratie Pekings auf den letzten hundert Metern ihrer Kanzlerschaft nicht mehr revidieren. Die Wandel-durch-Handel-Kanzlerin hat noch kurz vor Weihnachten in Brüssel und auch in Peking dem Wunsch Nachdruck verliehen, das chinesisch-europäische Investitionsabkommen unter deutscher Ratspräsidentschaft unter Dach und Fach zu bringen. Und glaubt man den Verlautbarungen chinesischer Staatsmedien, hat ihr Xi Jinping gestern am Telefon mehr als deutlich gemacht, dass er Europas Sanktionen gegen seine Getreuen wenige Wochen danach keineswegs als angemessenen Dank dafür bewertet.

Was von diesem Tag bleibt, ist ein Punktgewinn für Xi und eine deutsche Ohrfeige für Brüssel. Im Kanzleramt werden die Koffer gepackt.

Ihre
Antje Sirleschtov
Bild von Antje  Sirleschtov

Presseschau

Biden Pitches Infrastructure Plan as Vital to Keep Up With China BLOOMBERG
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Taiwan meldet Eintritt von chinesischen Kampfjets in Luftraum HANDELSBLATT
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Chinas Staatschef Xi beklagt sich über “Störungen” und fordert in einem Telefonat mit Kanzlerin Merkel mehr Kooperation statt Einmischung SPIEGEL
China wird im Südchinesischen Meer immer aktiver: Provokation oder Routineübung? TAGESSCHAU

Analyse

Datenschutz nach EU-Modell

Der Nationale Volkskongress hat bereits im Juli 2020 den Entwurf für das neue Data Security Law (DSL) vorgestellt. Im Gegensatz zu dem seit 2017 geltenden Cyber Security Law (CSL) soll das Datensicherheitsgesetz den Rahmen für die Regulation aller Aktivitäten mit Daten in China bilden. Dabei geht es nicht nur um die digitalen Daten, sondern um analoge papierbasierte Offline-Daten.

Zu den von der europäischen DSGVO übernommenen Prinzipien gehören die Einwilligung, die Wahrnehmung von Betroffenenrechten, aber auch technisch-organisatorische Anforderungen an die Datensicherheit. Dabei geht es vor allem um das Verhältnis zwischen Kunden und Unternehmen. Im Unterschied zu der EU behält sich Peking weitreichende Datenverarbeitungsbefugnisse zu Zwecken der staatlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder des “Gemeinwohls” vor. 

Ausländische Unternehmen fallen auch in diese Regelung, wenn sie mit Daten in China arbeiten, selbst wenn sie keinen Sitz in China haben. 

“Beim Datenschutz in China gehe es zunächst einmal nicht so sehr um den generellen Schutz der Privatsphäre, sondern erst einmal darum, den Konsum sicherer zu machen”, meint Matthias Schroeder von der Pekinger Kanzlei Ding, Schroeder & Partner, die auf Mergers & Acquisitions und Investitionsrecht spezialisiert ist. Schroeder ist zudem Aufsichtsratsvorsitzender eines chinesischen Unternehmens, das in Frankfurt im geregelten Markt gelistet ist. 

Der Datenschutz werde von Konsumenteninteressen getrieben, die Angst hätten, beim Einkaufen oder bei Geschäften generell über den Tisch gezogen zu werden.

Die Spannweite dieser Geschäfte ist breit. Sie kann bei der Jahreskarte beim Gemüsehändler anfangen, die sich mit den Einkäufen nach und nach aufbraucht, über online Konsumverhalten bis hin zu der Frage, wer mit wem in welchem Hotel übernachtet. 

Mehr Datenschutz für Kunden

In all diesen Fällen wollen inzwischen auch die chinesischen Kunden, dass Ihre Daten geschützt sind und die Menschen, die diese Daten missbrauchen oder weitergeben, per Gesetz bestraft werden können. 

Einer der häufigsten Formen des Datenmissbrauchs ist die Weitergabe der Telefonnummer mit anderen persönlichen Daten. Man bekommt dann sogenannte “cold calls”, in denen einem Produkte angeboten werden, von denen die Anrufer glauben, dass man sie brauchen könnten. Sie kennen dann zum Beispiel das eigene Kind mit Namen, wissen in welchen Fächern es schwach ist und bieten Online-Nachhilfe an.

“Es ist noch nicht so, dass die Bürger laut nach einem Gesetz gegen den Staat rufen würden. Die Menschen sind eher genervt davon, wem sie alles im Geschäftsleben ihre Daten preisgeben müssen”, erklärt Schroeder. Auch in China spüre man, dass mit den eigenen Daten viel Geld gemacht werde. Das sei derzeit die Hauptsorge der Menschen. Internationale Mahnungen zu mehr Datenschutz spielen dabei keine Rolle. “Die Regierung in Peking geht ihren eigenen Weg, in ihrem eigenen Tempo. Sie muss sich natürlich mit den Menschen im Land synchronisieren, aber die Richtung oder die Geschwindigkeit lässt sie sich vom Ausland kaum vorschreiben.” 

Entwurf wird öffentlich diskutiert

Dass China sich dennoch eng an der EU-Datenschutz-Grundverordnung orientiert, die in deren Mitgliedsstaaten Gesetzescharakter hat, hält er dabei für keinen Widerspruch. “Es macht keinen Sinn das Rad neu zu erfinden, wenn man die Zeit sparen kann und etwas Überzeugendes einfach übernimmt”, so Schroeder. Derzeit liegt der Gesetzesentwurf öffentlich aus. Diese Praxis wurde vor rund 15 Jahren eingeführt, erstmals bei den Entwürfen zum Eigentumsgesetz und dem Arbeitsvertragsgesetz. “Damals hat man erkannt, dass schon die Diskussion ein Ventil ist, um Druck abzubauen”, sagt Schroeder. Es gingen damals rund 190.000 Kommentare und Vorschläge ein. Trotz dieser Menge sei die soziale Stabilität, wie mancher in der Partei befürchtete, nicht gefährdet gewesen. Im Gegenteil: “Die Regierung hat festgestellt, dass auch brauchbare Vorschläge darunter waren und dass offene Kritik an Entwürfen nicht so schmerzt, wie Kritik an erlassenen Gesetzen”, so Schroeder. Beim Datenschutzgesetz laufe das nun ähnlich. 

“Die Struktur zwischen der EU-Verordnung und dem Entwurf aus Peking ist praktisch gleich”, erklärt Schroeder. Zentral sei der Grundsatz, dass die eigenen personenbezogenen Daten einem selbst gehörten. Außerdem balanciert die Verordnung zwei Ziele aus: “Die Daten des Einzelnen zu schützen und gleichzeitig den geordneten Verkehr von Daten in der Wirtschaft zu ermöglichen.

In beiden Gesetzen stehe die Zustimmung des Dateninhabers zur weiteren Datennutzung im Mittelpunkt. Unterschiede gebe es bei den Ausnahmen: So nehme der chinesische Entwurf ausdrücklich den öffentlichen Gesundheitsnotstand als Ausnahmetatbestand für die Verarbeitung personenbezogener Daten auf, wodurch eine Covid-19-App problemlos weitreichende Daten erfassen könnte. Zudem können Daten, die die Regierung braucht, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, ohne Zustimmung erhoben werden.

Sonderrechte für die Regierung

Auffallend ist auch, dass der Entwurf bezüglich der Ausnahmen “eine weitgehende Ermächtigungsklausel für den Gesetzes- und Verordnungsgeber enthält, die es dem Staat ermöglicht, nachzujustieren und sich dann doch zu holen, was er braucht.” Das Gesetz zementiert damit nicht nur den Datenschutz der Menschen, sondern auch einen weitgehenden Spielraum des Staates deren Daten zu benutzen. Dennoch löst die Klausel in der Bevölkerung derzeit keinen Sturm der Entrüstung aus. “Dass der Staat in China die Daten erheben darf, die ihm für seine Arbeit wichtig sind, das ist den Menschen derzeit nicht so wichtig”, sagt Schroeder. Sie hätten einstweilen einen anderen Blickwinkel: “Sie wollen, dass der Staat sie als Konsumenten vor den großen Konzernen schützt. Und was das angeht, bringen die Menschen hierzulande dem Staat ein größeres Vertrauen entgegen als wir im Westen dies tun.” Das Gefühl, sich vor dem Staat schützen zu müssen, sei hier noch nicht so ausgeprägt. »Aber das kommt sicherlich noch, wenn China eine andere Entwicklungsstufe erreicht hat.« Wenn eine große Mehrheit der Bevölkerung das Bedürfnis nach mehr Schutz vor den Zumutungen des Staates verspürte, dann “kann das auch die Zensur nicht verhindern”, erläutert Schroeder. Dann müsse sich der Staat mit dieser Frage beschäftigen. Bis dahin versuche der Staat mit dem Gesetz, solange wie möglich “keine schlafenden Hunde zu wecken”, analysiert Schroeder.

Dennoch sei das Gesetz für die Rechte der Konsumenten gegenüber den Unternehmen ein großer Fortschritt, sagt der Anwalt. “Und für die Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat ist es kein Rückschritt, eher das Gegenteil.” Der Staat erlässt ein Gesetz, das den Fokus auf die persönlichen Daten richtet und er unterwirft sich in Artikel 33 ausdrücklich selbst diesem Gesetz. Aller Ausnahmen zum Trotz. “Darin sehe ich durchaus einen Fortschritt.” Doch immerhin sei es ein wichtiger Schritt in Richtung Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. “Wenn der Staat sagt, wir machen ein Gesetz, das auch die staatlichen Organe bindet, dann ist das ein starkes Signal.” Der Staat könne die Daten nicht immer erheben, sondern es müsse eine der genannten Ausnahmen gelten. An dieser Stelle sei ein neuer Hebel entstanden. 

Data Security Law noch 2021

Aber natürlich dürfe man nicht vergessen, dass es in China mit der Umsetzung solcher Gesetze noch hapere. “Wir dürfen uns hier sicher keinen Illusionen hingeben. Der Staat wird durch dieses Gesetz kein demokratischer Verfassungsstaat, so wie wir ihn kennen. Es ist so verfasst, dass der Staat weiter regieren kann, wie er möchte”. Und er möchte so viele Daten erheben, speichern und analysieren wie es geht, um zu erfahren, wie die Stimmung im Land ist, aber auch, um das Verhalten seiner Bürger zu steuern. Allerdings gebe ihm das Gesetz selbst “hierfür nicht mehr Möglichkeiten als bisher, sondern tendenziell weniger.” Dies bewirkt einen Rechtfertigungsdruck, den es vorher nicht gab. Allein dieser Druck kann zu einem sensibleren Umgang mit Daten und Persönlichkeitsrechten führen und in der Bevölkerung das Bewusstsein dafür stärken. “Die Möglichkeiten der Menschen, dem Staat auf die Finger zu schauen, werden dadurch jedenfalls größer, wenn auch nicht so groß, wie wir uns das mit Blick aus dem Westen wünschen würden.” 

Das Data Security Law soll noch im Laufe des Jahres in Kraft treten.

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Maschinenbauer beklagen Quarantäne-Hotels ohne Fenster

Der Maschinenbau-Verband VDMA fordert Erleichterungen für die Einreise von Fachpersonal, das Kunden in China beim Aufbau neuer Maschinen unterstützt. Die derzeitigen Regeln seien ein ernstes Hemmnis für die Geschäfte und verschaffen einheimischen Anbietern einen Vorteil, klagt der Verband. Die nötige “Minister-Erlaubnis” für die Einreise sei kaum noch zu bekommen, sagt Ulrich Ackermann, Leiter des Bereichs Außenwirtschaft beim VDMA. Er meint damit das Einladungsschreiben durch die Provinzregierung oder andere zuständige Behörden, das seit Pandemie-Beginn Voraussetzung für die Visavergabe ist. Eine Impfung mit westlichen Impfstoffen wird dem Vernehmen nach bisher nicht anerkannt.

Nach Einreise in China erwartet dann alle Reisenden aus dem Ausland ohne Ausnahme eine zweiwöchige Quarantäne im Hotel. Sie dürfen in dieser Zeit das Zimmer nicht verlassen. Das verlängert die Geschäftsreisen der Fachkräfte erheblich – und zehrt an den Nerven. Gerade Mittelständler halten keine große Organisation in China vor. Stattdessen versorgen reisende Ingenieure und Techniker den Markt von Deutschland aus mit Serviceleistungen. Das spielt besonders dann eine Rolle, wenn es gilt, eine neue Anlage aufzustellen und in Betrieb zu nehmen. Die Kunden haben oft zahlreiche Fragen an die Fachleute vor Ort.

“Unzumutbare” Zimmer

Ein weiteres Problem sieht der VDMA in den konkreten Bedingungen der zweiwöchigen Quarantäne. “Die Unterbringung in den Quarantänehotels ist gemessen an europäischen Standards häufig unzumutbar”, sagte Ackermann. Zuweilen hätten die Hotelzimmer, in denen die deutschen Mitarbeiter quasi eingesperrt seien, keine Fenster. “Ausländische Reisende müssen in China eine Unterbringung erhalten, die zumindest die Grundanforderungen an Hygienestandards erfüllt”, fordert Ackermann. Die Dauer der Quarantäne ist ein weiterer Kritikpunkt. Zu den allgemein geltenden 14 Tagen kommt eventuell eine weitere Woche bei Weiterreise in andere Regionen hinzu.

Es wächst die Sorge, dass das Ausmaß der Einreisebeschränkungen auch industriepolitisch motiviert sein könnte. “Chinesische Wettbewerber nutzen die Abriegelung Chinas, um in unsere Märkte weiter einzudringen und nutzen die Nicht-Verfügbarkeit der deutschen Experten als Verkaufsargument”, warnt Christof Boensch, Chef des Mittelständlers  Frimo, der Maschinen zur Kunststoffverarbeitung herstellt.

Der Textilmaschinenspezialist Erbatech sorgt sich darum, dass die Kunden ihre Schlusszahlung nicht überweisen, bis die neue Ausrüstung wirklich läuft – und dabei muss ein deutscher Fachmann vor Ort helfen. “Der Firma Erbatech droht ein beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden”, sagt Firmenchef Ulrich von Christen. Der Maschinenbauer Reifenhäuser aus Troisdorf bestätigt: “Neukunden benötigen persönliche Unterstützung vor Ort.”

Hotel-Quarantäne wird zur lästigen Routine

Der Zeitpunkt und der apodiktische Ton der Pressemitteilung des VDMA verwirren allerdings auch: “China muss Lösungen für die Einreise von Fachpersonal anbieten!” Wirklich? Der Infektionsschutz ist derzeit das heiß diskutierte Thema schlechthin, vom Kita-Kind bis zum CEO sind alle von Einschränkungen betroffen. Die USA beschränken auch unter Joe Biden die Einreise äußert strikt – auch für Geschäftsleute aus der EU. Mangels eines internationalen Standards zur Unterscheidung von immunen und nicht immunen Personen gelten derzeit überall auf der Welt die bestehenden Beschränkungen weiter, auch in Großbritannien und in Deutschland. China will mit der Vorgabe einer Behörden-Erlaubnis den Verkehr mit dem Ausland während der Pandemie auf das nötige Minimum beschränken.

Das Verfahren bei der Einreise für Geschäftsreisende hat sich bei aller Umständlichkeit zudem inzwischen eingespielt. In der Regel ist es möglich, verschiedene Hotels für die Quarantäne auszusuchen. Die Details müssen die Betroffenen allerdings vor Ort verhandeln: Ist die Lieferung von Essensbestellungen aufs Zimmer möglich? Welche Sterneklassen stehen zur Auswahl? Es ist in der Tat nicht möglich, das schon von Deutschland aus zu organisieren – es sei denn, das Unternehmen verfügt über entsprechende Kontakte und die Mitarbeiter können den Quarantäneaufenthalt vorbereiten.

Wann öffnet China wieder?

Inzwischen mehren sich die Gerüchte, dass es bald, manche sprechen von Mitte Mai, möglich werden soll, ohne die Hotel-Quarantäne nach China einzureisen. Allerdings soll das im ersten Schritt bei Ausländern nur funktionieren, wenn sie über einen entsprechenden Aufenthaltsstatus in China verfügen und mit einem chinesischen Impfstoff geimpft sind – das gilt also eher für Expats als für reisende Techniker.

Gleichzeitig gibt es Bestrebungen, dass Europa und China ihre jeweiligen Impfstoffe wechselseitig anerkennen. Damit wird dann auch ein vereinfachtes Reisen für Ausländer nach China möglich. Zur Debatte steht beispielsweise ein Aufenthalt von einer Woche in einem Hotel der eigenen Wahl, wie in Peking zu hören ist. Doch hier ist noch nichts entschieden.

Wann sich China für Touristen wieder öffnet, ist derzeit nicht klar. Hinter den Kulissen spricht man sogar davon, dass dies erst wieder nach den Olympischen Winterspielen 2022 der Fall sein könnte. Klar ist dagegen: Die Öffnungspolitik der Chinesen hängt eng mit der Frage zusammen, wie schnell Europa Corona in den Griff bekommt und wie sich die politischen Beziehungen entwickeln. Sie sind seit den gegenseitigen Sanktionen auf einem Tiefpunkt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. 

Der VDMA fürchtet nun, dass die strengeren Einreisebestimmungen auch über das Ende der Pandemie in Europa hinaus bestehen bleiben. Ackermann weist gegenüber dem China.Table darauf hin, dass die Impfkampagne dort noch bis 2022 dauern soll – und sich möglicherweise noch weiter hinstreckt. Das könne eine Rechtfertigung sein, die Fachleute der Maschinenbaubranche weiter durch die langwierigen Einreiseprozeduren zu schicken. Finn Mayer-Kuckuk, Frank Sieren

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Ungarn – EU-Plattform für Chinas “Soft Power”

Als einer der ersten EU-Regierungschefs lässt sich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán Ende Februar gegen Covid-19 impfen. In der Spritze steckte aber nicht etwa Moderna oder Biontech/Pfizer, sondern das Vakzin des chinesischen Herstellers Sinopharm. Zumindest teilte Orbán das öffentlich auf Facebook mit. Als bisher einziges EU-Land hat Ungarn Sinopharm für die Impfkampagne der Bevölkerung im Einsatz. Zu Beginn der Woche stellte das Nationale Institut für Pharmazie und Ernährung dem chinesischen Covid-19-Impfstoff ein Zertifikat für Good Manufacturing Practice aus – und gab der Volksrepublik damit Munition für Propaganda.

Die ungarische Wissenschaftlerin und China-Expertin Ágnes Szunomár sieht die positiv geprägten Bande zwischen Ungarn und China generell eher politisch als wirtschaftlich geprägt: “Was Ungarn China bieten kann, ist eine starke politische Bindung”, sagt Szunomár, die die Forschungsgruppe für Entwicklungsökonomie am Institut für Weltwirtschaft des Zentrums für Wirtschafts- und Regionalstudien in Budapest leitet.

Wirtschaft gen EU ausgerichtet

Denn wirtschaftlich habe sich zwischen den beiden Ländern in den vergangenen Jahren nicht viel getan: “Business as usual” wie es die Wissenschaftlerin nennt. “Was sich ändert, ist der wirtschaftspolitische Kontext dieser Beziehung”, so Szunomár. Für Ungarn sei der ökonomische Gewinn der Verbindung nicht mehr so wichtig. “Es scheint, dass diese Beziehung mehr und mehr auf politischen Kontakten und politischen Freundschaften zwischen Ungarn und China beruht.”

Anders als in einigen anderen osteuropäischen Staaten habe sich in Ungarn bisher keine Müdigkeit angesichts geringer Investitionen nach chinesischen Versprechen breitgemacht, erklärt die Wissenschaftlerin. Die ungarischen Unternehmen hätten generell wenig Vorteile von Geschäften mit der Volksrepublik, ein großer Teil sei kleine und mittlere Firmen. Diese hätten eher geringe Chancen auf dem chinesischen Markt. Zudem komme der Großteil der Investitionen, rund 60 Prozent, immer noch aus der EU und nicht aus China. Gut ein Viertel der Investitionen stamme aus Deutschland, so Szunomár. Damit gehe die Ausrichtung der ungarischen Wirtschaft immer noch deutlich in Richtung EU.

Flut an chinesischen Investitionen blieb aus

Ungarn hat im vergangenen Jahr Waren im Wert von rund 8,72 Milliarden US-Dollar aus China importiert, wie aus Statistiken der Außenhandelsdatenbank der Vereinten Nationen (Comtrade) hervorgeht. Im Gegenzug exportierte Ungarn Güter im Wert von 2,04 Milliarden US-Dollar in die Volksrepublik. Den größten Anteil haben dabei auf beiden Seiten Elektronikartikel.

Ungarn war einer der Vorreiter im Kreis der ost- und mitteleuropäischen Länder (CEEC) bei der Neuaufstellung seiner Beziehungen zu China Anfang der 2000er-Jahre. Die chinesischen Investitionen in Ungarn nahmen nach dem EU-Beitritt des Landes im Jahr 2004 deutlich zu, in der Region ist das Land der größte Empfänger von Investitionen aus der Volksrepublik – exakte Zahlen zu finden, gestaltet sich jedoch als nicht unbedingt einfach. Chinas kumulierte Investitionen in Ungarn hätten bis Ende 2020 die Höhe von 5,5 Milliarden US-Dollar überschritten und machen die Hälfte der chinesischen Investitionen in den CEEC aus, gab der chinesische Botschafter in Budapest, Dayu Qi, jüngst in einem Interview an.

Der größte Investment-Deal zwischen China und Ungarn ist weiterhin die Akquisition des Chemieunternehmens BorsodChem durch die chinesische Wanhua Group im Jahr 2011. Daneben sind unter anderem Huawei, ZTE, Sevenstar und Comlink in Ungarn als Investoren aktiv – die erwartete Flut an neuen Investitionen aus der Volksrepublik blieb aber aus.

KP-Lehrkräfte an der ersten chinesischen Universität in der EU

Mit Volldampf wird derweil ein anderes Projekt vorangetrieben: Die erste chinesische Hochschule in der EU mit Lehrkräften aus der KP Chinas – die Einigung auf einen europäischen Campus für die Shanghaier Elite-Uni Fudan in Budapest war bereits Ende 2019 erfolgt. Nach und nach tröpfeln nun konkrete Details des Pekinger Prestigeprojekts in Ungarn nach Außen. Der Bau des Campus in der ungarischen Hauptstadt wird von der Regierung auf rund 540 Milliarden Forint (1,5 Milliarden Euro) geschätzt – und soll größtenteils mit chinesischem Material, mit chinesischen Arbeitskräften und auch mit chinesischen Krediten realisiert werden, wie die Investigativ-Plattform Direkt 36 basierend auf einem Dokument des ungarischen Innovationsministeriums herausfand.

Die Fudan ist nicht nur eine Eliteuniversität, sondern wird damit auch ein wichtiges Instrument für politischen Einfluss Chinas im Ausland. Dem Bericht zufolge arbeitet die Hochschule aktiv mit dem chinesischen Geheimdienst zusammen. Zudem sollen mindestens ein Viertel der Lehrkräfte und Studierenden Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas sein.

Auch stehe bereits fest, dass der Bauauftrag an die China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) gehen wird. Der chinesische Auftragnehmer muss demnach nicht befürchten, dass ein anderes Unternehmen die Ausschreibung in einen offenen Wettbewerb gewinnen könnte. Den Regierungsdokumenten zufolge “kann der Bau nur als chinesisches Projekt durchgeführt werden”, berichtet Direkt 36. Gründer und Träger des EU-Campus der Fudan-Universität sei eine chinesisch-ungarische Vermögensverwaltung. Budapest bringt der Enthüllung zufolge 100 Milliarden Forint in das Projekt ein – der Rest der veranschlagten 450 Milliarden Forint wird von der China Development Bank geliehen. Ungarn baut mit chinesischem Geld.

Das Universitätsprojekt läuft ganz nach dem Vorbild eines älteren Vorzeigeprojekts für chinesisch-ungarische Kooperation, der Eisenbahnlinie zwischen Budapest und der serbischen Hauptstadt Belgrad. Dafür hatte Ungarn ein Darlehen bei der chinesischen Eximbank genommen mit dem gut 85 Prozent der Kosten des zwischen 2,1 Milliarden und drei Milliarden Euro teuren Bahnprojekts finanziert werden. Serbien hatte ebenfalls ein Darlehen bekommen. Weitere finanzielle Details des Eisenbahnprojekts sind seit zehn Jahren der Geheimhaltung unterstellt, berichtet der Think-Tank China Observers in Central and Eastern Europe (Choice). Die ungarische Opposition spricht demnach von einer “bodenlosen Grube für das Geld der ungarischen Steuerzahler”.

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News

IfW: Fünfjahresplan riskant für deutsche Wirtschaft

Das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) warnt vor einer drohenden Entkopplung Chinas vom Ausland und negativen Folgen für die deutsche Wirtschaft. Der jüngst verabschiedete 14. Fünfjahresplan setze auf die Stärkung der einheimischen Wirtschaft (wie China.Table berichtete) was zum Nachteil von Handelspartnern und europäischen Unternehmen in China gehen könne, so das IfW in einer heute erscheinenden Analyse (hier das IfW-Dokument).

“China will so seine Abhängigkeit von ausländischer Technologie, von ausländischen Zulieferern und von der ausländischen Nachfrage reduzieren“, schreibt darin die IfW-Expertin Wan-Hsin Liu. Der Fünfjahresplan sehe dafür eine massive Förderung chinesischer Firmen in den Bereichen Innovation, Technologie und Wissenschaft sowie die Stärkung der Binnenwirtschaft (“Dual Circulation”) als Hauptstütze des Wirtschaftswachstums vor (China.Table berichtete). Kurzfristig könnten deutschen Unternehmen von der Stärkung der Binnennachfrage profitieren. Mittelfristig drohen sich die Absatzchancen jedoch zu verschlechtern, da chinesische Wettbewerber ausländische Unternehmen durch “gestiegene technologische Leistungsfähigkeit” und eine größere “Vielfalt und Qualität ihrer Produkte” vom Markt verdrängen könnten.

Um bei Technologien und Innovationen aufzuholen, werde China die Übernahme ausländischer Firmen mit entsprechendem Know-how vorantreiben, prognostizieren die IfW-Forscher:innen. “Öfter als in der Vergangenheit dürften Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten oder auch Produktion dann aber von den europäischen Standorten nach China verlagert werden”, so Liu.

Eine Abschottung seitens der EU oder ein verstärkter Schutz vor Firmenübernahmen sei den IfW-Forscher:innen zufolge jedoch nicht die richtige Antwort. Vielmehr empfehlen sie, das Investitionsabkommen mit China zu ratifizieren, da die EU damit die chinesischen Zusagen zur Marktöffnung überwachen und einfordern könne. Außerdem müsse die EU die Innovationsfähigkeit der europäischen Unternehmen durch Investitionen in Bildung, Grundlagenforschung und moderne Infrastruktur stärken, so die Wissenschaftler:innen des IfW Kiel. nib

  • 14. Fünfjahresplan
  • Deutschland
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  • KP Chinas

US-Sportler gegen Boykott der Winterspiele in Peking

Das Nationale Olympische und Paralympische Komitee der USA (USOPC) hat sich gegen einen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking ausgesprochen. Die Athlet:innen sollten nicht als “politische Spielfiguren” eingesetzt werden, sagte USOPC-Präsidentin Susanne Lyons gestern am Rande einer Presseveranstaltung des US-Teams laut einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP. “Wir vom USOPC lehnen Athleten-Boykotte ab, weil es gezeigt hat, dass sie sich negativ auf die Sportler auswirken, ohne globale Probleme effektiv anzugehen”, sagte Lyons zu Journalist:innen. Für die Athlet:innen sei es der “einzige Traum, die USA zu repräsentieren”, sagte Lyons demnach.

Verwirrung hatte es zuvor um eine Äußerung des Sprechers des US-Außenministeriums Ned Price gegeben. Dieser hatte am Dienstag Medienberichten zufolge erklärt, aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in China gemeinsam mit anderen Nationen ein Fernbleiben von den Winterspielen erwägen zu wollen.

Später stellte Price demnach in einer E-Mail klar, dass die USA einen koordinierten Ansatz verfolgten, es aber nicht um einen konkreten Boykott gehe. Anschließend schrieb er zudem in einem Tweet, dass es nichts Neues zu der Thematik gebe. “2022 ist noch weit entfernt, aber wir werden weiterhin eng mit Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten, um unsere gemeinsamen Anliegen zu definieren und unseren gemeinsamen Ansatz für China festzulegen”, schrieb Price. ari

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  • Sport
  • USA

Taiwan: China setzt Paraguay mit Impfstoff-Diplomatie unter Druck

Taiwan hat Medienberichten zufolge der chinesischen Regierung vorgeworfen, Paraguay und andere verbündete Staaten im Zuge der “Impfstoff-Diplomatie” unter Druck zu setzen. Peking habe Paraguay Millionen von Covid-19-Impfdosen versprochen, wenn das südamerikanische Land im Gegenzug die diplomatische Anerkennung Taiwans aufgebe, sagte der taiwanische Außenminister Joseph Wu laut einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP. “Chinas Impfstoff-Diplomatie lässt ihre Muskeln in vielen Teilen der Welt spielen, insbesondere in Mittel- und Südamerika“, sagte Wu demnach.

“Wenn Sie sich die Länder ansehen, die die chinesischen Impfstoffe erhalten, sei es Brasilien, Chile oder El Salvador, dann hat das meiner Meinung nach große Auswirkungen auf unsere diplomatischen Verbündeten“, sagte Wu. Paraguay ist eines von nur 15 Ländern, die Taiwan offiziell als souveränen Staat anerkennen. Neben dem südamerikanischen Land haben unter anderem auch die zentralamerikanischen Staaten Guatemala, Honduras und Nicaragua sowie mehrere karibische Inselstaaten wie St. Lucia sowie St. Kitts und Nevis offiziell diplomatische Verbindungen mit Taipeh.

Wu sagte, der paraguayische Präsident Mario Abdo Benítez sei unter Druck gesetzt worden, Taiwan habe deshalb nun andere Länder gebeten, bei der Beschaffung von Impfstoffen für Paraguay mitzuwirken, wie die South China Morning Post berichtete. Indien habe bereits 100.000 Dosen Impfstoff an Paraguay geschickt. Weitere 100.000 Dosen seien zugesagt worden, so Wu. Auch mit den USA, Australien und Japan werde über die Lieferung von Impfstoff-Dosen gesprochen, um Chinas Vorstoß einzudämmen. ari

  • Corona-Impfstoffe
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  • Pharma
  • Taiwan

Portrait

Sabrina Habich-Sobiegalla

Sabrina Habich-Sobiegalla ist Juniorprofessorin für Staat und Gesellschaft des modernen China an der FU Berlin.
Juniorprofessorin für Staat und Gesellschaft des modernen China

Wie groß ist die Akzeptanz der Corona-Warn-App in China im Vergleich zu Deutschland und den USA? Das ist eine der Fragen, mit denen sich Sabrina Habich-Sobiegalla zurzeit beschäftigt. Die 37-Jährige ist Juniorprofessorin für Staat und Gesellschaft des modernen China am Institut für Chinastudien der FU Berlin. Ihre Forschung dreht sich unter anderem um Digitalisierung und den Einsatz von KI in China, um Erneuerbare Energien und die sozialen Auswirkungen lokaler Ressourcenpolitik.

Habich-Sobiegalla, die aus dem niedersächsischen Bad Gandersheim stammt, forschte zuletzt überwiegend zu den Entwicklungen in Festland-China – enge persönliche Bindungen hat sie aber vor allem nach Hongkong und nach Taiwan. Mit einer Postkarte ihrer Brieffreundin aus Hongkong fing es an: Die Skyline der Stadt und die Schriftzeichen auf der Karte faszinierten die Jugendliche. So sehr, dass sie mit 14 Jahren an der Volkshochschule einen Chinesisch-Kurs belegte und zwei Jahre später die erste Gelegenheit ergriff, um nach Hongkong zu gehen.

Sabrina Habich-Sobiegalla voller Sorge

Als Austauschschülerin besuchte sie in Hongkong eine katholische Mädchenschule: “Dort ging es sehr streng und diszipliniert zu.” Wohler fühlte sie sich bei ihrer Gastfamilie, obwohl sie zu sechst auf 40 Quadratmetern lebten. Bis heute hält Habich-Sobiegalla Kontakt zur Familie und zur Stadt. Die aktuellen Entwicklungen vor Ort sieht sie mit Sorge. “Ich habe Hongkong immer als freies China, als freie Gesellschaft erlebt. Die gibt es nun nicht mehr.” Doch sie kenne auch Hongkonger, die das Vorgehen der Volksrepublik ausdrücklich unterstützen. “Deswegen bin ich vorsichtig damit, im Namen der ganzen Bevölkerung in Hongkong zu sprechen.”

Nach dem Studium der Sinologie, BWL und Politikwissenschaft in Würzburg ging sie nach Taiwan – auch, um ihre chinesischen Sprachkenntnisse zu verbessern, nachdem sie in Hongkong Kantonesisch gelernt hatte. Sie blieb vier Jahre und promovierte an der Chengchi-Nationaluniversität in Taipeh. Für ihre Doktorarbeit reiste sie regelmäßig nach dwestchina. Das Thema der Arbeit: unfreiwillige Umsiedlungen im Zuge von Staudammprojekten.

“Ich wäre in Taiwan geblieben, hätte ich nicht meinen Eltern versprochen, nach vier Jahren zurückzukommen”, sagt Habich-Sobiegalla. Nach ihrer Rückkehr ging sie zunächst an die Universität Tübingen, dann an die Universität Wien. Seit 2017 hat sie die Juniorprofessur an der FU Berlin inne. Taipeh ist für sie bis heute ein zweites Zuhause, dort hat sie viele Freunde und familiäre Beziehungen. Das Gebaren der Volksrepublik in Bezug auf Taiwan, das “Säbelrasseln“, wie sie sagt, betrübt sie. “Die Regierung hat in Xinjiang zu sehr harten Maßnahmen gegriffen, sie hat in Hongkong zu sehr harten Maßnahmen gegriffen. Aus chinesischer Sicht fehlt noch Taiwan, das bereitet mir Sorge.”

Den stärkeren Druck der chinesischen Führung bekomme auch sie zu spüren: “Es wird immer schwieriger für westliche Wissenschaftler:innen, nach China zu reisen und zu forschen.” Interviews würden kurzfristig abgesagt, hinzu komme die wachsende Sorge, chinesische Wissenschaftler in Gefahr zu bringen, wenn man sich mit ihnen treffe. “Das macht es schwieriger auf beiden Seiten.” Sarah Schaefer

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Dessert

Chinesische Fernsehsender haben westliche Markenlogos in ihren Programmen unkenntlich gemacht, nachdem sich einige Hersteller kritisch zu Vorwürfen der Zwangsarbeit in Xinjiang geäußert haben.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
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    Meinungsverschiedenheiten? Peking ist mit ernstzunehmenden Vorwürfen konfrontiert, beim Umgang mit der uigurischen Minderheit die Menschenrechte zu verletzen. In Hongkong sitzen Demokraten im Gefängnis, während das Parlament politisch gleichgeschaltet wird. Und seit gut einer Woche sind europäische Parlamentarier und Wissenschaftler durch Sanktionen Pekings in ihrer Arbeit behindert.

    Natürlich müssen Güterabwägungen getroffen werden, wenn Europa, wenn die deutsche Bundesregierung nach China blickt. Eigene ökonomische Interessen in einer globalisierten Welt und nicht zuletzt klimapolitische Fragen sind evident. Doch welche Durchsetzungskraft nach außen und Glaubwürdigkeit nach innen hat eine Kanzlerin noch, die am Tiefpunkt der europäisch-chinesischen Beziehungen über ein Telefonat mit Xi zur “Biodiversität” informiert – aber Europa mit keinem einzigen Wort erwähnt?

    Angela Merkel will ihre Grundsätze zum Umgang mit der Autokratie Pekings auf den letzten hundert Metern ihrer Kanzlerschaft nicht mehr revidieren. Die Wandel-durch-Handel-Kanzlerin hat noch kurz vor Weihnachten in Brüssel und auch in Peking dem Wunsch Nachdruck verliehen, das chinesisch-europäische Investitionsabkommen unter deutscher Ratspräsidentschaft unter Dach und Fach zu bringen. Und glaubt man den Verlautbarungen chinesischer Staatsmedien, hat ihr Xi Jinping gestern am Telefon mehr als deutlich gemacht, dass er Europas Sanktionen gegen seine Getreuen wenige Wochen danach keineswegs als angemessenen Dank dafür bewertet.

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    Biden Pitches Infrastructure Plan as Vital to Keep Up With China BLOOMBERG
    China lashes out over boycott calls that ´politicise´ Beijing Winter Olympics SCMP
    Hong Kong Courts the Rich as China Tightens Its Grip NYT
    Hong Kong activists plead guilty but say ´history will absolve us´ THE GUARDIAN
    China urges U.S. to improve ist own human rights XINHUA
    Wuhan on fast track to recover in catering, tourism and employment GLOBALTIMES
    Taiwan meldet Eintritt von chinesischen Kampfjets in Luftraum HANDELSBLATT
    Weinbau in China – Copy Taste ZEIT PAY
    Menschenrechtsverletzungen in China- USA wollen Gespräche über Olympiaboykott 2022 SPIEGEL
    Chinas Staatschef Xi beklagt sich über “Störungen” und fordert in einem Telefonat mit Kanzlerin Merkel mehr Kooperation statt Einmischung SPIEGEL
    China wird im Südchinesischen Meer immer aktiver: Provokation oder Routineübung? TAGESSCHAU

    Analyse

    Datenschutz nach EU-Modell

    Der Nationale Volkskongress hat bereits im Juli 2020 den Entwurf für das neue Data Security Law (DSL) vorgestellt. Im Gegensatz zu dem seit 2017 geltenden Cyber Security Law (CSL) soll das Datensicherheitsgesetz den Rahmen für die Regulation aller Aktivitäten mit Daten in China bilden. Dabei geht es nicht nur um die digitalen Daten, sondern um analoge papierbasierte Offline-Daten.

    Zu den von der europäischen DSGVO übernommenen Prinzipien gehören die Einwilligung, die Wahrnehmung von Betroffenenrechten, aber auch technisch-organisatorische Anforderungen an die Datensicherheit. Dabei geht es vor allem um das Verhältnis zwischen Kunden und Unternehmen. Im Unterschied zu der EU behält sich Peking weitreichende Datenverarbeitungsbefugnisse zu Zwecken der staatlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder des “Gemeinwohls” vor. 

    Ausländische Unternehmen fallen auch in diese Regelung, wenn sie mit Daten in China arbeiten, selbst wenn sie keinen Sitz in China haben. 

    “Beim Datenschutz in China gehe es zunächst einmal nicht so sehr um den generellen Schutz der Privatsphäre, sondern erst einmal darum, den Konsum sicherer zu machen”, meint Matthias Schroeder von der Pekinger Kanzlei Ding, Schroeder & Partner, die auf Mergers & Acquisitions und Investitionsrecht spezialisiert ist. Schroeder ist zudem Aufsichtsratsvorsitzender eines chinesischen Unternehmens, das in Frankfurt im geregelten Markt gelistet ist. 

    Der Datenschutz werde von Konsumenteninteressen getrieben, die Angst hätten, beim Einkaufen oder bei Geschäften generell über den Tisch gezogen zu werden.

    Die Spannweite dieser Geschäfte ist breit. Sie kann bei der Jahreskarte beim Gemüsehändler anfangen, die sich mit den Einkäufen nach und nach aufbraucht, über online Konsumverhalten bis hin zu der Frage, wer mit wem in welchem Hotel übernachtet. 

    Mehr Datenschutz für Kunden

    In all diesen Fällen wollen inzwischen auch die chinesischen Kunden, dass Ihre Daten geschützt sind und die Menschen, die diese Daten missbrauchen oder weitergeben, per Gesetz bestraft werden können. 

    Einer der häufigsten Formen des Datenmissbrauchs ist die Weitergabe der Telefonnummer mit anderen persönlichen Daten. Man bekommt dann sogenannte “cold calls”, in denen einem Produkte angeboten werden, von denen die Anrufer glauben, dass man sie brauchen könnten. Sie kennen dann zum Beispiel das eigene Kind mit Namen, wissen in welchen Fächern es schwach ist und bieten Online-Nachhilfe an.

    “Es ist noch nicht so, dass die Bürger laut nach einem Gesetz gegen den Staat rufen würden. Die Menschen sind eher genervt davon, wem sie alles im Geschäftsleben ihre Daten preisgeben müssen”, erklärt Schroeder. Auch in China spüre man, dass mit den eigenen Daten viel Geld gemacht werde. Das sei derzeit die Hauptsorge der Menschen. Internationale Mahnungen zu mehr Datenschutz spielen dabei keine Rolle. “Die Regierung in Peking geht ihren eigenen Weg, in ihrem eigenen Tempo. Sie muss sich natürlich mit den Menschen im Land synchronisieren, aber die Richtung oder die Geschwindigkeit lässt sie sich vom Ausland kaum vorschreiben.” 

    Entwurf wird öffentlich diskutiert

    Dass China sich dennoch eng an der EU-Datenschutz-Grundverordnung orientiert, die in deren Mitgliedsstaaten Gesetzescharakter hat, hält er dabei für keinen Widerspruch. “Es macht keinen Sinn das Rad neu zu erfinden, wenn man die Zeit sparen kann und etwas Überzeugendes einfach übernimmt”, so Schroeder. Derzeit liegt der Gesetzesentwurf öffentlich aus. Diese Praxis wurde vor rund 15 Jahren eingeführt, erstmals bei den Entwürfen zum Eigentumsgesetz und dem Arbeitsvertragsgesetz. “Damals hat man erkannt, dass schon die Diskussion ein Ventil ist, um Druck abzubauen”, sagt Schroeder. Es gingen damals rund 190.000 Kommentare und Vorschläge ein. Trotz dieser Menge sei die soziale Stabilität, wie mancher in der Partei befürchtete, nicht gefährdet gewesen. Im Gegenteil: “Die Regierung hat festgestellt, dass auch brauchbare Vorschläge darunter waren und dass offene Kritik an Entwürfen nicht so schmerzt, wie Kritik an erlassenen Gesetzen”, so Schroeder. Beim Datenschutzgesetz laufe das nun ähnlich. 

    “Die Struktur zwischen der EU-Verordnung und dem Entwurf aus Peking ist praktisch gleich”, erklärt Schroeder. Zentral sei der Grundsatz, dass die eigenen personenbezogenen Daten einem selbst gehörten. Außerdem balanciert die Verordnung zwei Ziele aus: “Die Daten des Einzelnen zu schützen und gleichzeitig den geordneten Verkehr von Daten in der Wirtschaft zu ermöglichen.

    In beiden Gesetzen stehe die Zustimmung des Dateninhabers zur weiteren Datennutzung im Mittelpunkt. Unterschiede gebe es bei den Ausnahmen: So nehme der chinesische Entwurf ausdrücklich den öffentlichen Gesundheitsnotstand als Ausnahmetatbestand für die Verarbeitung personenbezogener Daten auf, wodurch eine Covid-19-App problemlos weitreichende Daten erfassen könnte. Zudem können Daten, die die Regierung braucht, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, ohne Zustimmung erhoben werden.

    Sonderrechte für die Regierung

    Auffallend ist auch, dass der Entwurf bezüglich der Ausnahmen “eine weitgehende Ermächtigungsklausel für den Gesetzes- und Verordnungsgeber enthält, die es dem Staat ermöglicht, nachzujustieren und sich dann doch zu holen, was er braucht.” Das Gesetz zementiert damit nicht nur den Datenschutz der Menschen, sondern auch einen weitgehenden Spielraum des Staates deren Daten zu benutzen. Dennoch löst die Klausel in der Bevölkerung derzeit keinen Sturm der Entrüstung aus. “Dass der Staat in China die Daten erheben darf, die ihm für seine Arbeit wichtig sind, das ist den Menschen derzeit nicht so wichtig”, sagt Schroeder. Sie hätten einstweilen einen anderen Blickwinkel: “Sie wollen, dass der Staat sie als Konsumenten vor den großen Konzernen schützt. Und was das angeht, bringen die Menschen hierzulande dem Staat ein größeres Vertrauen entgegen als wir im Westen dies tun.” Das Gefühl, sich vor dem Staat schützen zu müssen, sei hier noch nicht so ausgeprägt. »Aber das kommt sicherlich noch, wenn China eine andere Entwicklungsstufe erreicht hat.« Wenn eine große Mehrheit der Bevölkerung das Bedürfnis nach mehr Schutz vor den Zumutungen des Staates verspürte, dann “kann das auch die Zensur nicht verhindern”, erläutert Schroeder. Dann müsse sich der Staat mit dieser Frage beschäftigen. Bis dahin versuche der Staat mit dem Gesetz, solange wie möglich “keine schlafenden Hunde zu wecken”, analysiert Schroeder.

    Dennoch sei das Gesetz für die Rechte der Konsumenten gegenüber den Unternehmen ein großer Fortschritt, sagt der Anwalt. “Und für die Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat ist es kein Rückschritt, eher das Gegenteil.” Der Staat erlässt ein Gesetz, das den Fokus auf die persönlichen Daten richtet und er unterwirft sich in Artikel 33 ausdrücklich selbst diesem Gesetz. Aller Ausnahmen zum Trotz. “Darin sehe ich durchaus einen Fortschritt.” Doch immerhin sei es ein wichtiger Schritt in Richtung Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. “Wenn der Staat sagt, wir machen ein Gesetz, das auch die staatlichen Organe bindet, dann ist das ein starkes Signal.” Der Staat könne die Daten nicht immer erheben, sondern es müsse eine der genannten Ausnahmen gelten. An dieser Stelle sei ein neuer Hebel entstanden. 

    Data Security Law noch 2021

    Aber natürlich dürfe man nicht vergessen, dass es in China mit der Umsetzung solcher Gesetze noch hapere. “Wir dürfen uns hier sicher keinen Illusionen hingeben. Der Staat wird durch dieses Gesetz kein demokratischer Verfassungsstaat, so wie wir ihn kennen. Es ist so verfasst, dass der Staat weiter regieren kann, wie er möchte”. Und er möchte so viele Daten erheben, speichern und analysieren wie es geht, um zu erfahren, wie die Stimmung im Land ist, aber auch, um das Verhalten seiner Bürger zu steuern. Allerdings gebe ihm das Gesetz selbst “hierfür nicht mehr Möglichkeiten als bisher, sondern tendenziell weniger.” Dies bewirkt einen Rechtfertigungsdruck, den es vorher nicht gab. Allein dieser Druck kann zu einem sensibleren Umgang mit Daten und Persönlichkeitsrechten führen und in der Bevölkerung das Bewusstsein dafür stärken. “Die Möglichkeiten der Menschen, dem Staat auf die Finger zu schauen, werden dadurch jedenfalls größer, wenn auch nicht so groß, wie wir uns das mit Blick aus dem Westen wünschen würden.” 

    Das Data Security Law soll noch im Laufe des Jahres in Kraft treten.

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    Maschinenbauer beklagen Quarantäne-Hotels ohne Fenster

    Der Maschinenbau-Verband VDMA fordert Erleichterungen für die Einreise von Fachpersonal, das Kunden in China beim Aufbau neuer Maschinen unterstützt. Die derzeitigen Regeln seien ein ernstes Hemmnis für die Geschäfte und verschaffen einheimischen Anbietern einen Vorteil, klagt der Verband. Die nötige “Minister-Erlaubnis” für die Einreise sei kaum noch zu bekommen, sagt Ulrich Ackermann, Leiter des Bereichs Außenwirtschaft beim VDMA. Er meint damit das Einladungsschreiben durch die Provinzregierung oder andere zuständige Behörden, das seit Pandemie-Beginn Voraussetzung für die Visavergabe ist. Eine Impfung mit westlichen Impfstoffen wird dem Vernehmen nach bisher nicht anerkannt.

    Nach Einreise in China erwartet dann alle Reisenden aus dem Ausland ohne Ausnahme eine zweiwöchige Quarantäne im Hotel. Sie dürfen in dieser Zeit das Zimmer nicht verlassen. Das verlängert die Geschäftsreisen der Fachkräfte erheblich – und zehrt an den Nerven. Gerade Mittelständler halten keine große Organisation in China vor. Stattdessen versorgen reisende Ingenieure und Techniker den Markt von Deutschland aus mit Serviceleistungen. Das spielt besonders dann eine Rolle, wenn es gilt, eine neue Anlage aufzustellen und in Betrieb zu nehmen. Die Kunden haben oft zahlreiche Fragen an die Fachleute vor Ort.

    “Unzumutbare” Zimmer

    Ein weiteres Problem sieht der VDMA in den konkreten Bedingungen der zweiwöchigen Quarantäne. “Die Unterbringung in den Quarantänehotels ist gemessen an europäischen Standards häufig unzumutbar”, sagte Ackermann. Zuweilen hätten die Hotelzimmer, in denen die deutschen Mitarbeiter quasi eingesperrt seien, keine Fenster. “Ausländische Reisende müssen in China eine Unterbringung erhalten, die zumindest die Grundanforderungen an Hygienestandards erfüllt”, fordert Ackermann. Die Dauer der Quarantäne ist ein weiterer Kritikpunkt. Zu den allgemein geltenden 14 Tagen kommt eventuell eine weitere Woche bei Weiterreise in andere Regionen hinzu.

    Es wächst die Sorge, dass das Ausmaß der Einreisebeschränkungen auch industriepolitisch motiviert sein könnte. “Chinesische Wettbewerber nutzen die Abriegelung Chinas, um in unsere Märkte weiter einzudringen und nutzen die Nicht-Verfügbarkeit der deutschen Experten als Verkaufsargument”, warnt Christof Boensch, Chef des Mittelständlers  Frimo, der Maschinen zur Kunststoffverarbeitung herstellt.

    Der Textilmaschinenspezialist Erbatech sorgt sich darum, dass die Kunden ihre Schlusszahlung nicht überweisen, bis die neue Ausrüstung wirklich läuft – und dabei muss ein deutscher Fachmann vor Ort helfen. “Der Firma Erbatech droht ein beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden”, sagt Firmenchef Ulrich von Christen. Der Maschinenbauer Reifenhäuser aus Troisdorf bestätigt: “Neukunden benötigen persönliche Unterstützung vor Ort.”

    Hotel-Quarantäne wird zur lästigen Routine

    Der Zeitpunkt und der apodiktische Ton der Pressemitteilung des VDMA verwirren allerdings auch: “China muss Lösungen für die Einreise von Fachpersonal anbieten!” Wirklich? Der Infektionsschutz ist derzeit das heiß diskutierte Thema schlechthin, vom Kita-Kind bis zum CEO sind alle von Einschränkungen betroffen. Die USA beschränken auch unter Joe Biden die Einreise äußert strikt – auch für Geschäftsleute aus der EU. Mangels eines internationalen Standards zur Unterscheidung von immunen und nicht immunen Personen gelten derzeit überall auf der Welt die bestehenden Beschränkungen weiter, auch in Großbritannien und in Deutschland. China will mit der Vorgabe einer Behörden-Erlaubnis den Verkehr mit dem Ausland während der Pandemie auf das nötige Minimum beschränken.

    Das Verfahren bei der Einreise für Geschäftsreisende hat sich bei aller Umständlichkeit zudem inzwischen eingespielt. In der Regel ist es möglich, verschiedene Hotels für die Quarantäne auszusuchen. Die Details müssen die Betroffenen allerdings vor Ort verhandeln: Ist die Lieferung von Essensbestellungen aufs Zimmer möglich? Welche Sterneklassen stehen zur Auswahl? Es ist in der Tat nicht möglich, das schon von Deutschland aus zu organisieren – es sei denn, das Unternehmen verfügt über entsprechende Kontakte und die Mitarbeiter können den Quarantäneaufenthalt vorbereiten.

    Wann öffnet China wieder?

    Inzwischen mehren sich die Gerüchte, dass es bald, manche sprechen von Mitte Mai, möglich werden soll, ohne die Hotel-Quarantäne nach China einzureisen. Allerdings soll das im ersten Schritt bei Ausländern nur funktionieren, wenn sie über einen entsprechenden Aufenthaltsstatus in China verfügen und mit einem chinesischen Impfstoff geimpft sind – das gilt also eher für Expats als für reisende Techniker.

    Gleichzeitig gibt es Bestrebungen, dass Europa und China ihre jeweiligen Impfstoffe wechselseitig anerkennen. Damit wird dann auch ein vereinfachtes Reisen für Ausländer nach China möglich. Zur Debatte steht beispielsweise ein Aufenthalt von einer Woche in einem Hotel der eigenen Wahl, wie in Peking zu hören ist. Doch hier ist noch nichts entschieden.

    Wann sich China für Touristen wieder öffnet, ist derzeit nicht klar. Hinter den Kulissen spricht man sogar davon, dass dies erst wieder nach den Olympischen Winterspielen 2022 der Fall sein könnte. Klar ist dagegen: Die Öffnungspolitik der Chinesen hängt eng mit der Frage zusammen, wie schnell Europa Corona in den Griff bekommt und wie sich die politischen Beziehungen entwickeln. Sie sind seit den gegenseitigen Sanktionen auf einem Tiefpunkt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. 

    Der VDMA fürchtet nun, dass die strengeren Einreisebestimmungen auch über das Ende der Pandemie in Europa hinaus bestehen bleiben. Ackermann weist gegenüber dem China.Table darauf hin, dass die Impfkampagne dort noch bis 2022 dauern soll – und sich möglicherweise noch weiter hinstreckt. Das könne eine Rechtfertigung sein, die Fachleute der Maschinenbaubranche weiter durch die langwierigen Einreiseprozeduren zu schicken. Finn Mayer-Kuckuk, Frank Sieren

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    Ungarn – EU-Plattform für Chinas “Soft Power”

    Als einer der ersten EU-Regierungschefs lässt sich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán Ende Februar gegen Covid-19 impfen. In der Spritze steckte aber nicht etwa Moderna oder Biontech/Pfizer, sondern das Vakzin des chinesischen Herstellers Sinopharm. Zumindest teilte Orbán das öffentlich auf Facebook mit. Als bisher einziges EU-Land hat Ungarn Sinopharm für die Impfkampagne der Bevölkerung im Einsatz. Zu Beginn der Woche stellte das Nationale Institut für Pharmazie und Ernährung dem chinesischen Covid-19-Impfstoff ein Zertifikat für Good Manufacturing Practice aus – und gab der Volksrepublik damit Munition für Propaganda.

    Die ungarische Wissenschaftlerin und China-Expertin Ágnes Szunomár sieht die positiv geprägten Bande zwischen Ungarn und China generell eher politisch als wirtschaftlich geprägt: “Was Ungarn China bieten kann, ist eine starke politische Bindung”, sagt Szunomár, die die Forschungsgruppe für Entwicklungsökonomie am Institut für Weltwirtschaft des Zentrums für Wirtschafts- und Regionalstudien in Budapest leitet.

    Wirtschaft gen EU ausgerichtet

    Denn wirtschaftlich habe sich zwischen den beiden Ländern in den vergangenen Jahren nicht viel getan: “Business as usual” wie es die Wissenschaftlerin nennt. “Was sich ändert, ist der wirtschaftspolitische Kontext dieser Beziehung”, so Szunomár. Für Ungarn sei der ökonomische Gewinn der Verbindung nicht mehr so wichtig. “Es scheint, dass diese Beziehung mehr und mehr auf politischen Kontakten und politischen Freundschaften zwischen Ungarn und China beruht.”

    Anders als in einigen anderen osteuropäischen Staaten habe sich in Ungarn bisher keine Müdigkeit angesichts geringer Investitionen nach chinesischen Versprechen breitgemacht, erklärt die Wissenschaftlerin. Die ungarischen Unternehmen hätten generell wenig Vorteile von Geschäften mit der Volksrepublik, ein großer Teil sei kleine und mittlere Firmen. Diese hätten eher geringe Chancen auf dem chinesischen Markt. Zudem komme der Großteil der Investitionen, rund 60 Prozent, immer noch aus der EU und nicht aus China. Gut ein Viertel der Investitionen stamme aus Deutschland, so Szunomár. Damit gehe die Ausrichtung der ungarischen Wirtschaft immer noch deutlich in Richtung EU.

    Flut an chinesischen Investitionen blieb aus

    Ungarn hat im vergangenen Jahr Waren im Wert von rund 8,72 Milliarden US-Dollar aus China importiert, wie aus Statistiken der Außenhandelsdatenbank der Vereinten Nationen (Comtrade) hervorgeht. Im Gegenzug exportierte Ungarn Güter im Wert von 2,04 Milliarden US-Dollar in die Volksrepublik. Den größten Anteil haben dabei auf beiden Seiten Elektronikartikel.

    Ungarn war einer der Vorreiter im Kreis der ost- und mitteleuropäischen Länder (CEEC) bei der Neuaufstellung seiner Beziehungen zu China Anfang der 2000er-Jahre. Die chinesischen Investitionen in Ungarn nahmen nach dem EU-Beitritt des Landes im Jahr 2004 deutlich zu, in der Region ist das Land der größte Empfänger von Investitionen aus der Volksrepublik – exakte Zahlen zu finden, gestaltet sich jedoch als nicht unbedingt einfach. Chinas kumulierte Investitionen in Ungarn hätten bis Ende 2020 die Höhe von 5,5 Milliarden US-Dollar überschritten und machen die Hälfte der chinesischen Investitionen in den CEEC aus, gab der chinesische Botschafter in Budapest, Dayu Qi, jüngst in einem Interview an.

    Der größte Investment-Deal zwischen China und Ungarn ist weiterhin die Akquisition des Chemieunternehmens BorsodChem durch die chinesische Wanhua Group im Jahr 2011. Daneben sind unter anderem Huawei, ZTE, Sevenstar und Comlink in Ungarn als Investoren aktiv – die erwartete Flut an neuen Investitionen aus der Volksrepublik blieb aber aus.

    KP-Lehrkräfte an der ersten chinesischen Universität in der EU

    Mit Volldampf wird derweil ein anderes Projekt vorangetrieben: Die erste chinesische Hochschule in der EU mit Lehrkräften aus der KP Chinas – die Einigung auf einen europäischen Campus für die Shanghaier Elite-Uni Fudan in Budapest war bereits Ende 2019 erfolgt. Nach und nach tröpfeln nun konkrete Details des Pekinger Prestigeprojekts in Ungarn nach Außen. Der Bau des Campus in der ungarischen Hauptstadt wird von der Regierung auf rund 540 Milliarden Forint (1,5 Milliarden Euro) geschätzt – und soll größtenteils mit chinesischem Material, mit chinesischen Arbeitskräften und auch mit chinesischen Krediten realisiert werden, wie die Investigativ-Plattform Direkt 36 basierend auf einem Dokument des ungarischen Innovationsministeriums herausfand.

    Die Fudan ist nicht nur eine Eliteuniversität, sondern wird damit auch ein wichtiges Instrument für politischen Einfluss Chinas im Ausland. Dem Bericht zufolge arbeitet die Hochschule aktiv mit dem chinesischen Geheimdienst zusammen. Zudem sollen mindestens ein Viertel der Lehrkräfte und Studierenden Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas sein.

    Auch stehe bereits fest, dass der Bauauftrag an die China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) gehen wird. Der chinesische Auftragnehmer muss demnach nicht befürchten, dass ein anderes Unternehmen die Ausschreibung in einen offenen Wettbewerb gewinnen könnte. Den Regierungsdokumenten zufolge “kann der Bau nur als chinesisches Projekt durchgeführt werden”, berichtet Direkt 36. Gründer und Träger des EU-Campus der Fudan-Universität sei eine chinesisch-ungarische Vermögensverwaltung. Budapest bringt der Enthüllung zufolge 100 Milliarden Forint in das Projekt ein – der Rest der veranschlagten 450 Milliarden Forint wird von der China Development Bank geliehen. Ungarn baut mit chinesischem Geld.

    Das Universitätsprojekt läuft ganz nach dem Vorbild eines älteren Vorzeigeprojekts für chinesisch-ungarische Kooperation, der Eisenbahnlinie zwischen Budapest und der serbischen Hauptstadt Belgrad. Dafür hatte Ungarn ein Darlehen bei der chinesischen Eximbank genommen mit dem gut 85 Prozent der Kosten des zwischen 2,1 Milliarden und drei Milliarden Euro teuren Bahnprojekts finanziert werden. Serbien hatte ebenfalls ein Darlehen bekommen. Weitere finanzielle Details des Eisenbahnprojekts sind seit zehn Jahren der Geheimhaltung unterstellt, berichtet der Think-Tank China Observers in Central and Eastern Europe (Choice). Die ungarische Opposition spricht demnach von einer “bodenlosen Grube für das Geld der ungarischen Steuerzahler”.

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    IfW: Fünfjahresplan riskant für deutsche Wirtschaft

    Das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) warnt vor einer drohenden Entkopplung Chinas vom Ausland und negativen Folgen für die deutsche Wirtschaft. Der jüngst verabschiedete 14. Fünfjahresplan setze auf die Stärkung der einheimischen Wirtschaft (wie China.Table berichtete) was zum Nachteil von Handelspartnern und europäischen Unternehmen in China gehen könne, so das IfW in einer heute erscheinenden Analyse (hier das IfW-Dokument).

    “China will so seine Abhängigkeit von ausländischer Technologie, von ausländischen Zulieferern und von der ausländischen Nachfrage reduzieren“, schreibt darin die IfW-Expertin Wan-Hsin Liu. Der Fünfjahresplan sehe dafür eine massive Förderung chinesischer Firmen in den Bereichen Innovation, Technologie und Wissenschaft sowie die Stärkung der Binnenwirtschaft (“Dual Circulation”) als Hauptstütze des Wirtschaftswachstums vor (China.Table berichtete). Kurzfristig könnten deutschen Unternehmen von der Stärkung der Binnennachfrage profitieren. Mittelfristig drohen sich die Absatzchancen jedoch zu verschlechtern, da chinesische Wettbewerber ausländische Unternehmen durch “gestiegene technologische Leistungsfähigkeit” und eine größere “Vielfalt und Qualität ihrer Produkte” vom Markt verdrängen könnten.

    Um bei Technologien und Innovationen aufzuholen, werde China die Übernahme ausländischer Firmen mit entsprechendem Know-how vorantreiben, prognostizieren die IfW-Forscher:innen. “Öfter als in der Vergangenheit dürften Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten oder auch Produktion dann aber von den europäischen Standorten nach China verlagert werden”, so Liu.

    Eine Abschottung seitens der EU oder ein verstärkter Schutz vor Firmenübernahmen sei den IfW-Forscher:innen zufolge jedoch nicht die richtige Antwort. Vielmehr empfehlen sie, das Investitionsabkommen mit China zu ratifizieren, da die EU damit die chinesischen Zusagen zur Marktöffnung überwachen und einfordern könne. Außerdem müsse die EU die Innovationsfähigkeit der europäischen Unternehmen durch Investitionen in Bildung, Grundlagenforschung und moderne Infrastruktur stärken, so die Wissenschaftler:innen des IfW Kiel. nib

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    US-Sportler gegen Boykott der Winterspiele in Peking

    Das Nationale Olympische und Paralympische Komitee der USA (USOPC) hat sich gegen einen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking ausgesprochen. Die Athlet:innen sollten nicht als “politische Spielfiguren” eingesetzt werden, sagte USOPC-Präsidentin Susanne Lyons gestern am Rande einer Presseveranstaltung des US-Teams laut einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP. “Wir vom USOPC lehnen Athleten-Boykotte ab, weil es gezeigt hat, dass sie sich negativ auf die Sportler auswirken, ohne globale Probleme effektiv anzugehen”, sagte Lyons zu Journalist:innen. Für die Athlet:innen sei es der “einzige Traum, die USA zu repräsentieren”, sagte Lyons demnach.

    Verwirrung hatte es zuvor um eine Äußerung des Sprechers des US-Außenministeriums Ned Price gegeben. Dieser hatte am Dienstag Medienberichten zufolge erklärt, aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in China gemeinsam mit anderen Nationen ein Fernbleiben von den Winterspielen erwägen zu wollen.

    Später stellte Price demnach in einer E-Mail klar, dass die USA einen koordinierten Ansatz verfolgten, es aber nicht um einen konkreten Boykott gehe. Anschließend schrieb er zudem in einem Tweet, dass es nichts Neues zu der Thematik gebe. “2022 ist noch weit entfernt, aber wir werden weiterhin eng mit Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten, um unsere gemeinsamen Anliegen zu definieren und unseren gemeinsamen Ansatz für China festzulegen”, schrieb Price. ari

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    Taiwan: China setzt Paraguay mit Impfstoff-Diplomatie unter Druck

    Taiwan hat Medienberichten zufolge der chinesischen Regierung vorgeworfen, Paraguay und andere verbündete Staaten im Zuge der “Impfstoff-Diplomatie” unter Druck zu setzen. Peking habe Paraguay Millionen von Covid-19-Impfdosen versprochen, wenn das südamerikanische Land im Gegenzug die diplomatische Anerkennung Taiwans aufgebe, sagte der taiwanische Außenminister Joseph Wu laut einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP. “Chinas Impfstoff-Diplomatie lässt ihre Muskeln in vielen Teilen der Welt spielen, insbesondere in Mittel- und Südamerika“, sagte Wu demnach.

    “Wenn Sie sich die Länder ansehen, die die chinesischen Impfstoffe erhalten, sei es Brasilien, Chile oder El Salvador, dann hat das meiner Meinung nach große Auswirkungen auf unsere diplomatischen Verbündeten“, sagte Wu. Paraguay ist eines von nur 15 Ländern, die Taiwan offiziell als souveränen Staat anerkennen. Neben dem südamerikanischen Land haben unter anderem auch die zentralamerikanischen Staaten Guatemala, Honduras und Nicaragua sowie mehrere karibische Inselstaaten wie St. Lucia sowie St. Kitts und Nevis offiziell diplomatische Verbindungen mit Taipeh.

    Wu sagte, der paraguayische Präsident Mario Abdo Benítez sei unter Druck gesetzt worden, Taiwan habe deshalb nun andere Länder gebeten, bei der Beschaffung von Impfstoffen für Paraguay mitzuwirken, wie die South China Morning Post berichtete. Indien habe bereits 100.000 Dosen Impfstoff an Paraguay geschickt. Weitere 100.000 Dosen seien zugesagt worden, so Wu. Auch mit den USA, Australien und Japan werde über die Lieferung von Impfstoff-Dosen gesprochen, um Chinas Vorstoß einzudämmen. ari

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    Portrait

    Sabrina Habich-Sobiegalla

    Sabrina Habich-Sobiegalla ist Juniorprofessorin für Staat und Gesellschaft des modernen China an der FU Berlin.
    Juniorprofessorin für Staat und Gesellschaft des modernen China

    Wie groß ist die Akzeptanz der Corona-Warn-App in China im Vergleich zu Deutschland und den USA? Das ist eine der Fragen, mit denen sich Sabrina Habich-Sobiegalla zurzeit beschäftigt. Die 37-Jährige ist Juniorprofessorin für Staat und Gesellschaft des modernen China am Institut für Chinastudien der FU Berlin. Ihre Forschung dreht sich unter anderem um Digitalisierung und den Einsatz von KI in China, um Erneuerbare Energien und die sozialen Auswirkungen lokaler Ressourcenpolitik.

    Habich-Sobiegalla, die aus dem niedersächsischen Bad Gandersheim stammt, forschte zuletzt überwiegend zu den Entwicklungen in Festland-China – enge persönliche Bindungen hat sie aber vor allem nach Hongkong und nach Taiwan. Mit einer Postkarte ihrer Brieffreundin aus Hongkong fing es an: Die Skyline der Stadt und die Schriftzeichen auf der Karte faszinierten die Jugendliche. So sehr, dass sie mit 14 Jahren an der Volkshochschule einen Chinesisch-Kurs belegte und zwei Jahre später die erste Gelegenheit ergriff, um nach Hongkong zu gehen.

    Sabrina Habich-Sobiegalla voller Sorge

    Als Austauschschülerin besuchte sie in Hongkong eine katholische Mädchenschule: “Dort ging es sehr streng und diszipliniert zu.” Wohler fühlte sie sich bei ihrer Gastfamilie, obwohl sie zu sechst auf 40 Quadratmetern lebten. Bis heute hält Habich-Sobiegalla Kontakt zur Familie und zur Stadt. Die aktuellen Entwicklungen vor Ort sieht sie mit Sorge. “Ich habe Hongkong immer als freies China, als freie Gesellschaft erlebt. Die gibt es nun nicht mehr.” Doch sie kenne auch Hongkonger, die das Vorgehen der Volksrepublik ausdrücklich unterstützen. “Deswegen bin ich vorsichtig damit, im Namen der ganzen Bevölkerung in Hongkong zu sprechen.”

    Nach dem Studium der Sinologie, BWL und Politikwissenschaft in Würzburg ging sie nach Taiwan – auch, um ihre chinesischen Sprachkenntnisse zu verbessern, nachdem sie in Hongkong Kantonesisch gelernt hatte. Sie blieb vier Jahre und promovierte an der Chengchi-Nationaluniversität in Taipeh. Für ihre Doktorarbeit reiste sie regelmäßig nach dwestchina. Das Thema der Arbeit: unfreiwillige Umsiedlungen im Zuge von Staudammprojekten.

    “Ich wäre in Taiwan geblieben, hätte ich nicht meinen Eltern versprochen, nach vier Jahren zurückzukommen”, sagt Habich-Sobiegalla. Nach ihrer Rückkehr ging sie zunächst an die Universität Tübingen, dann an die Universität Wien. Seit 2017 hat sie die Juniorprofessur an der FU Berlin inne. Taipeh ist für sie bis heute ein zweites Zuhause, dort hat sie viele Freunde und familiäre Beziehungen. Das Gebaren der Volksrepublik in Bezug auf Taiwan, das “Säbelrasseln“, wie sie sagt, betrübt sie. “Die Regierung hat in Xinjiang zu sehr harten Maßnahmen gegriffen, sie hat in Hongkong zu sehr harten Maßnahmen gegriffen. Aus chinesischer Sicht fehlt noch Taiwan, das bereitet mir Sorge.”

    Den stärkeren Druck der chinesischen Führung bekomme auch sie zu spüren: “Es wird immer schwieriger für westliche Wissenschaftler:innen, nach China zu reisen und zu forschen.” Interviews würden kurzfristig abgesagt, hinzu komme die wachsende Sorge, chinesische Wissenschaftler in Gefahr zu bringen, wenn man sich mit ihnen treffe. “Das macht es schwieriger auf beiden Seiten.” Sarah Schaefer

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    Dessert

    Chinesische Fernsehsender haben westliche Markenlogos in ihren Programmen unkenntlich gemacht, nachdem sich einige Hersteller kritisch zu Vorwürfen der Zwangsarbeit in Xinjiang geäußert haben.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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