Table.Briefing: China

Comac + Biden-Agenda + AutoX + G7-Pläne + Diess + BBC + WHO + Jakóbowksi

  • Comac: Chinas Angriff auf Boeing und Airbus
  • Bidens härtere China-Politik
  • AutoX: Erste autonome Taxis in Shenzhen
  • G7: Briten wollen Koalition gegen China schmieden
  • VW-Chef Diess verteidigt Standort in Xinjiang
  • EU-Kritik an Sendeverbot für BBC
  • Streit um Covid-Rohdaten aus Wuhan
  • Im Portrait: Jakub Jakóbowksi
Liebe Leserin, lieber Leser,

Corona hat auch den Herstellern von Passierflugzeugen einen harten Schlag versetzt. In China erwarten Airbus und Boeing dennoch einen beachtlich wachsenden Absatzmarkt. Gregor Koppenburg und Jörn Petring unterziehen den chinesischen Wettbewerber der beiden Großanbieter, Comac, einem Stresstest.

Xiao Jianxiong nennt man in China “Professor X”. An der Princeton University hat Xiao gelehrt und das Computer Vision an Robotics Lab gegründet, bevor er 2016 in Shenzhen das Start-up AutoX gründete. Frank Sieren beschreibt, wie nun Xiaos erste autonome Taxis in der Millionenmetropole fahren und wichtige Daten für den Regelbetrieb sammeln.

Unter britischer Führung planen die G7-Mitgliedsländer eine gemeinsame China-Strategie. An diesem Freitag soll es beim virtuellen Auftakttreffen auch darum gehen, schreibt Nico Beckert.

Und zum Schluss geht es um Fußball. So erfolgreich die Elf auf dem Platz auch ist. Bei ihren internationalen Aktivitäten fehlt Bayern München offenbar Fortune. Erst beschwerten sich die Bayern lautstark, weil sie nicht pünktlich vom Berliner Flughafen BER zum Klub-Match nach Katar aufbrechen konnten. Nun verärgerten sie die Chinesen mit einem New-Year-Tweet, in dem auch die Flagge Taiwans zu sehen war. Nunmehr zum zweiten Mal musste sich der Verband für das gleiche diplomatische Eigentor entschuldigen.

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Antje Sirleschtov
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Analyse

Comac: Chinas Angriff auf Boeing und Airbus

Die Corona-Krise hat deutliche Spuren in den Auftragsbüchern der  beiden weltgrößten Flugzeugbauer hinterlassen. Airbus lieferte wegen der Pandemie im vergangenen Jahr 566 Flugzeuge aus. Das sind 34 Prozent weniger als noch 2019. Beim US-Konkurrenten Boeing, der neben der Corona-Krise weiterhin mit dem Image-Schaden durch die Absturz-Serie seiner 737-Max-Reihe zu kämpfen hat, brachen die Auslieferungen sogar um mehr als die Hälfte auf 157 Flugzeuge ein. 

Der chinesische Flugzeughersteller Comac lässt sich von diesem deprimierenden Marktumfeld nicht aus der Ruhe bringen. Wie der Konzern kürzlich ankündigte, soll wie geplant noch in diesem Jahr mit der Auslieferung des ersten chinesischen Mittelstreckenfliegers C919 begonnen werden.

Für die Luftfahrtindustrie der Volksrepublik wäre das ein großer Schritt. China kann Raumschiffe ins All schießen, ist Marktführer bei Elektroautos und hat das Land in Rekordzeit mit einem dichten Netz von Hochgeschwindigkeitszügen überzogen. Nur beim Bau von Passagierflugzeugen tat sich das nach technischem Fortschritt lechzende Land bislang schwer. 

Doch auch das ändert sich. Nachdem Comac bereits den kleinen Regionaljet ARJ-21 im Angebot hat, folgt mit der C919 die erste größere Passagiermaschine aus China. Der Flieger soll mit 168 Sitzen und einer Reichweite von 4075 Kilometern mit Boeings 737 und dem Airbus A320 konkurrieren, zwei der meistverkauften Flugzeuge der Welt. 

Bis Comac wirklich auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern fliegen kann, ist es nach Ansicht der meisten Luftfahrtexperten noch ein weiter Weg. Denn technisch ist die C919 noch längst nicht auf Augenhöhe mit den neusten Modellen von Airbus und Boeing, die vor allem mit einem geringeren Kerosin-Verbrauch Punkten.

Selbst Chinas Staatsmedien sind zurückhaltend in ihrer Bewertung. In den kommenden Jahrzehnten würden chinesische Flieger zwar sicher zu einer “starken Alternative” werden, schrieb Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua nach dem ersten Testflug der C919 vor drei Jahren. Kurzfristig sei es jedoch “unrealistisch”, dass die Vorherrschaft von Airbus und Boeing gebrochen wird. 

Die Frage ist dennoch weniger, ob es Comac schafft, zu einem dritten großen Anbieter zu werden, sondern wann

C919 zunächst nur für China

Schließlich ist die C919  Teil des chinesischen Industrieplans zur Entwicklung fortschrittlicher Industrie- und Technologiezweige. Pekings Strategie sieht vor, in vielen Sektoren die Technologielücke zu westlichen Firmen zu schließen und selbst Weltmarktführer hervorzubringen. Zunächst werden Produktionsanlagen modernisiert, später soll das Land dann zu einer “Industrie-Supermacht” aufsteigen. Für die meisten internationalen Flüge fehlt der C919 noch die Zulassung. Die braucht der Hersteller aber auch erstmal nicht. Denn allein der riesige Heimatmarkt kann Comac den Weg zu einem neuen Luftfahrt-Giganten ebnen.

Wie eng Chinas staatliche Fluggesellschaften und der ebenfalls staatlichen Flugzeugbauer Comac tatsächlich zusammenarbeiten, recherchierte im Januar die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei. Laut der Recherche strichen die drei führenden Airlines Air China, China Southern und China Eastern wegen des Coronavirus im vergangenen Jahr vorerst mehr als 100 Bestellungen für neue Maschinen von Boeing und Airbus. Lieferungen des Regionaljets ARJ-21 von Comac gingen dagegen wie geplant über die Bühne. Für die neue C919 liegen nach Angaben von Comac schon rund 800 Bestellungen vor. Doch selbst, wenn Comac auf seinem Heimatmarkt Vorteile genießen wird, müssen  sich weder Airbus noch Boeing derzeit große Sorgen machen. 

Der Bedarf an Flugzeugen ist in China so gewaltig, dass Comac alleine die Nachfrage nicht bewältigen könnte. So geht Boeing in einer neuen Marktanalyse davon aus, dass der chinesische Flugzeugmarkt trotz Corona sogar noch schneller wachsen wird als bislang gedacht. So sagen die Amerikaner vorher, dass China bis zum Jahr 2040 rund 8600 neue Passagier-Flugzeuge benötigen wird. Boeing prognostiziert für die nächsten 20 Jahre einen Bedarf an 6450 neuen Mittelstrecken-Flugzeugen wie der C919. Bei Großraum-Fliegern mit mehreren Gängen wird von 1590 Bestellungen ausgegangen.

Großraum-Flieger für 2025 geplant

Auch hier will Comac schon bald mitmischen. Gemeinsam mit dem russischen Luftfahrt-Unternehmen UAC arbeiten die Chinesen an einem Flieger, der 280 Passagieren Platz bietet und eine Reichweite von 12.000 Kilometern haben soll. Der Bau einer ersten Testmaschine soll in diesem Jahr beginnen. Der Marktstart der CR929 ist für das Jahr 2025 geplant. 

Gegenwind könnte den Chinesen bei ihren Plänen aus Washington drohen. Denn neben Tech-Konzernen wie Huawei und Xiaomi ist auch Comac bereits auf den schwarzen Listen der Amerikaner gelandet. Nach den nun geltenden Regeln dürfen keine US-Investoren Geld in Comac stecken, was aber für den chinesischen Staatsbetrieb ohnehin nicht relevant ist. Würde die US-Regierung jedoch ihr Vorgehen verschärfen, könnte Comac ähnlich wie Huawei von internationalen Zulieferern abgeschnitten werden. Gregor Koppenburg/Jörn Petring

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Bidens härtere China-Politik

So ziemlich alles will der neue US-Präsident Joe Biden anders machen als sein Vorgänger. Biden will auf Verständigung setzen, die Bündnispartner in Europa und Asien wieder stärker einbeziehen. Als einer seiner ersten Amtshandlungen ist die USA dem Pariser Klimaschutzabkommen beigetreten, ebenso der Weltgesundheitsorganisation. Doch in einem Punkt scheint Biden die Politik Donald Trumps fortsetzen zu wollen: im konfrontativen Umgang mit der chinesischen Führung in Peking

Bidens Präsidentschaft führt zu harten Verhandlungen

Im ersten Telefonat mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am vergangenen Donnerstag hat Biden die Volksrepublik als “ernsthaftesten Konkurrenten” der USA bezeichnet. Er sprach zwar nicht von Feind, wie der erratische Trump den chinesischen Staatschef zwischenzeitlich bezeichnete. Doch zugleich machte Biden klar, dass es auch unter seiner Führung harte Verhandlungen geben werde. “Wir sind bereit, mit Peking zusammenzuarbeiten – wenn dies in Amerikas Interesse ist.” 

Unverhohlen nannte Biden in dem zweistündigen Telefonat auch die aus seiner Sicht größten Konfliktpunkte: “Pekings zwangsweise und unfaire wirtschaftliche Praktiken, die Repression in Hongkong, Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und zunehmend herausfordernde Aktionen in der Region, einschließlich gegenüber Taiwan”. 

Chinas Präsident Xi wiederum wusste offenbar, was ihm mit Biden blüht und warnte vor einer zu konfrontativen Haltung, “die definitiv katastrophal für beide Länder und die Welt ist”. Kooperation sei die einzig richtige Wahl, während Auseinandersetzung beiden Ländern schaden werde. Zugleich stellte Xi klar: Hongkong, Taiwan und Xinjiang seien “innere Angelegenheiten Chinas”. Diese Kerninteressen Chinas hätten die USA zu respektieren.

Hatte Biden vor Amtsantritt im Januar bereits klar gemacht, dass es bei der China-Politik seines Landes zu keinem generellen Kurswechsel kommen werde, hat sein Stab inzwischen auch konkretisiert, was auf die Volksrepublik demnächst zukommen wird

Militärisch will der US-Präsident die US-Präsenz in Ost- und Südostasien strategisch neu aufstellen – und schließt auch Aufrüstung nicht aus. Einsatzkonzepte, Technologien und Truppenstärken sollen auf den Prüfstand gestellt werden. Daran würden 15 ranghohe und renommierte zivile und militärische Experten beteiligt, um in vier Monaten Handlungsempfehlungen für den weiteren Umgang mit China zu haben. “China stellt uns vor wachsende Herausforderungen, denen wir begegnen müssen, um im Indopazifik-Raum und weltweit den Frieden zu bewahren und unsere Interessen zu verteidigen”, begründete Biden diese Prioritätensetzung in einer Rede im Pentagon.

Die US-Streitkräfte unterhalten zwar bereits eine Pazifikflotte und haben Militärbasen bereits in Japan, Südkorea und dem US-Außengebiet Guam. Ihre Präsenz auf den Philippinen hatten sie aber in den vergangenen Jahrzehnten stetig reduziert. Bidens Stab erwägt nun wieder eine stärkere Zusammenarbeit mit dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte, den die US-Regierung unter Barack Obama und Biden als Vize noch heftig für Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Dutertes harten Drogenpolitik heftig kritisiert hatten. Duterte beschimpfte Obama damals als “Hurensohn”. Aber auch mit Vietnam, mit dem die USA sich bis 1975 im Krieg befand, befindet sich die USA im Gespräch. 

China beansprucht weite Teile des umstrittenen Südchinesischen Meeres bis weit an die Küsten Vietnams, der Philippinen und weiterer südostasiatischer Länder. Zudem ist das Südchinesische Meer inzwischen eine der befahrensten Schifffahrtswege der Welt – und daher auch für die USA von hohem strategischem Wert. In seiner Rede vor dem Pentagon sprach Biden von einem “freien und offenen Indo-Pazifik”, für den sich die USA einsetzen werde. Das heißt: Noch mehr Kreuzer der US-Navy in diesem Gewässer.

Mehr als “Pivot to Asia”

Biden dürfte den Fokus der USA auf die Region auch noch sehr viel stärker lenken als in der Präsidentschaft unter Obama. Der hatte zwar schon 2011 “Pivot to Asia” zur außenpolitischen Leitlinie der USA erklärt und mit dem Transpacific Partnership (TPP) auch wirtschaftlich ein Freihandelsraum schaffen wollen, das sämtliche Staaten im asiatisch-pazifischen Raum umfassen sollte – außer China. Trump setzte sämtlichen Freihandelsabkommen jedoch ein Ende. Inzwischen hat Peking mit dem Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) ein Freihandelsabkommen mit fast allen Ländern Ost- und Südostasiens abgeschlossen. Die USA sind nicht dabei. 

Experten hatten allerdings schon Obama für seine China-Strategie kritisiert und seine Leitlinie “Pivot to Asia” als “größtes außenpolitischen Versäumnis” bezeichnet. Halbherzig sei Obama vorgegangen, hätte im Sinne der USA nichts erreicht und stattdessen die kommunistische Führung in Peking angespornt, sich in der Region noch stärker zu engagieren. Nun will Biden diesen Fehler revidieren und hat zuletzt China schon mehrfach als aggressiven Rivalen beschrieben. “Wenn wir uns nicht bewegen, schnappen sie uns das Mittagessen weg”, sagte Biden am Donnerstag nach seinem Gespräch mit Xi. Biden kündigte an, mit massiven staatlichen Investitionen die USA für die Konfrontation und dem Wettbewerb mit China zu rüsten.

Auch wenn Biden offiziell die von Trump angezettelten Handelskonflikte seines Landes mit dem Rest der Welt kritisiert – die von der Trump-Regierung erlassenen Zusatzzölle auf Waren aus China will die Biden-Regierung aufrechterhalten. Er wolle sich nicht seiner Möglichkeiten berauben, hatte Biden schon im Dezember im Interview mit der New York Times erklärt.

Und mehr noch: Biden plant gar weitere Beschränkungen für bestimmte Exporte an Technologie nach China. Anders als Trump wolle sich die neue US-Regierung sehr viel stärker vorher mit verbündeten Staaten absprechen, betonte der Sprecher des US-Außenministeriums Edward Price: “Der US-Außenminister und der US-Präsident hatten erst nach einer Reihe von Telefonaten mit unseren engsten Verbündeten Kontakt zu China aufgenommen. Denn wir wollten sicher gehen, dass wir unsere Politik eng abgestimmt haben mit unseren Partnern in Europa und im indopazifischen Raum. 

Für Europa und insbesondere die Deutschen mit ihren ganz eigenen Geschäftsinteressen in der Volksrepublik dürfte das mehr Komplikationen bedeuten

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AutoX: Erste autonome Taxis in Shenzhen

Es ist ein Riesenschritt in der Entwicklung des autonomen Fahrens. Seit Ende Januar können Kunden im südchinesischen Shenzhen erstmals autonome Taxis im Alltagsverkehr buchen. Sie müssen sich dazu nur in einer App anmelden. Kein Sicherheitsbeifahrer sitzt mehr im Auto. Die 25 Taxis werden auch nicht in einer Zentrale ferngesteuert. Sie sind völlig autonom in einem Viertel der 20-Millionen-Stadt unterwegs, wie man in einem Youtube-Video sehen kann. Die Autos gehören dem chinesischen Start-up AutoX, das von Xiao Jianxiong in Shenzhen gegründet wurde. In China hat er den Spitznamen Professor X. 

Stresstest in dicht besiedelten Städten 

AutoX setzt nun an das Google-Unternehmen Waymo zu überholen. Die Waymo-Autos sind auch schon fahrerlos unterwegs, aber deutlich langsamer und in einem Vorort von Phoenix/Arizona. In Phoenix leben im Durchschnitt 1200 Bewohnern pro Quadratkilometer. In Shenzhen sind es 8000. “Je dichter der Verkehr, umso zuverlässiger sind die Stresstests und umso schneller wird die Technik alltagstauglich”, sagt AutoX-Chef Xiao selbstbewusst. “Wenn die Fahrzeuge auf chinesischen Großstadtstraßen sicher fahren, kommen sie überall in der Welt durch.” Seine Robotaxis seien zudem die “ersten weltweit, die auf normalen Straßen mit 80 Km/h und auf Autobahnen mit 100 Km/h fahren dürfen”, so Xiao.

Die Autos gelten auch nach internationalen Standards als sicher. Denn AutoX hat bereits vergangenen Herbst als erstes chinesisches Unternehmen eine US-Lizenz zum autonomen Fahren ohne Sicherheitsfahrer bekommen. Es ist nach Waymo und Nuro das dritte Unternehmen überhaupt. Die autonom fahrenden Autos von AutoX sind nun die einzigen, die sowohl in den USA als auch in China fahrerlos im Alltag fahren dürfen. 

Xiao: Autonomes Fahren bald massentauglich

Die Komplexität dieser Innovation werde gerne unterschätzt, meint John Krafcik, der Chef von Waymo. Autonomes Fahren sei “eine größere Herausforderung, als eine Rakete zu starten und sie in eine Umlaufbahn um die Erde zu bringen.” Denn die Sicherheitsherausforderungen seien fast unüberschaubar.

Xiao Jianxiong glaubt dennoch, dass autonome Taxis bereits in zwei bis vier Jahren als Massenprodukt auf chinesischen Straßen fahren werden. Nach zwei Jahrzehnten intensiver, weltweiter Forschung sei man endlich soweit. Er hat sein Start-up allerdings erst vor nicht einmal fünf Jahren gegründet.

Selbst Bill Russo, der Vorsitzende des Autokomitees der amerikanischen Handelskammer in Schanghai, zeigt sich überrascht über die Produktreife, nachdem er die selbst fahrenden Fahrzeuge von AutoX getestet hat. “Chinesische Unternehmen sind viel offener für Experimente gleich in einer realen Umgebung, als in abgeschirmten Bereichen”, sagt Russo. Das sei nach wie vor ein Manko für die wichtigen amerikanischen Anbieter wie Googles Waymo.

Russo verwendet ein Bild aus dem Skifahren: Die Chinesen würden gleich die schwarze Piste runterfahren und nicht erst auf dem Anfängerhügel üben. “Während AutoX im kalifornischen San José nur mit einem Auto in einem bestimmten Gebiet und nur mit einer Geschwindigkeit von 45 Kilometer pro Stunde testen darf, sind die Autos im Shenzhen wie normale Autos unterwegs”, sagt Russo. Nicht nur die Unternehmen, auch der Staat sei offener für Experimente.

Xiao Jianxiong verlässt sich zudem auf eine eigene, viel billigere Technologie als Google & Co. Deren Orientierungssystem besteht aus fünf Lidar-Sensoren – eine Art Laser-Radar – und vier Radarsystemen und kostet inklusive Kameras und Zentralcomputer rund 65.000 Euro. Lidar ist die Abkürzung für light detection and ranging, eine Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung mit Sensoren.

Xiao Jianxiong hält die Technologie für “teuer und wenig zufriedenstellend.” Deshalb geht er von Anfang an ungewöhnliche Wege. Er verlässt sich auf sieben Logitech Webcams, die zusammen maximal 500 US-Dollar kosten und mit einer 3-D-Deeplearning-Software verbunden sind. In der Branche ist man perplex, wie gut das funktioniert, als Xiao das System auf der MIT Technology Review’s EmTech Digital Konferenz 2017 vorstellt. 

Xiao mag die Lidar Sensoren nicht, die im Dunkeln nicht so weit schauen können wie Kameras. Und sie sind ihm zu hitze- und kälteanfällig. Seine Abneigung gegen das Lidarsystem teilt er mit Tesla-Gründer Elon Musk, der allerdings einen anderen Weg geht. Er setzt auf eine Kombination von Kameras, GPS und Ultraschallsensoren. Das AutoX System hat allerdings eine Schwäche. Die Linsen der Kameras dürfen nicht verschmutzen. Dann spielt die Software schon mal verrückt. 

Peking fördert die Technologie

Xiao, der in einer kleinen Stadt in Südchina groß geworden ist und in Hongkong studiert hat, wurde zunächst Professor der Princeton University und Gründer des dortigen Computer Vision and Robotics Labs, bis er 2016 AutoX gegründet hat. Inzwischen hat er in zwei Finanzierungsrunden über 160 Millionen Dollar eingesammelt. Zu seinen Investoren zählen unter anderem Alibaba, die DongFeng Group aus Wuhan und der Shanghaier Autohersteller SAIC. Letztere gehören zu den vier größten Autoherstellern Chinas. Zum Vergleich: Wymo ist mit über drei Milliarden US-Dollar finanziert und wurde zur gleichen Zeit wie AutoX gegründet.

Von nun an geht es für AutoX darum, so schnell wie möglich so viele Daten wie möglich im Alltagsbetrieb zu sammeln. Denn je mehr “Erfahrung” die Software macht, desto verlässlicher wird sie. Das funktioniert etwa so, als würde man die individuellen Erfahrungen vieler Autofahrer in einem Gehirn zusammenfassen, vergleichen und gleichzeitig verfügbar machen. 

In Schanghai unterhält AutoX dafür nach eigenen Angaben das größte Datenzentrum für selbstfahrende Autos in China und das größte Robotaxi-Testzentrum in ganz Asien. Laut einem im Winter 2020 veröffentlichten Plan der Regierung sollen in China schon 2025 dann 50 Prozent aller neu zugelassenen Wagen mit autonomen Fahrfunktionen ausgestattet sein. Das chinesische Verkehrsministerium unterstützt die Technologie des autonomen Fahrens als wesentlichen Bestandteil beim Aufbau eines landesweiten intelligenten Verkehrssystems und ermutigt Städte und Unternehmen, Pilotprogramme für Robotaxis einzuführen.

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News

G7: Briten planen D10-Koalition gegen China

Großbritannien, das dieses Jahr den Vorsitz der G7 führt, plant für den kommenden Freitag eine erste virtuelle Konferenz unter Führung des britischen Premierministers Boris Johnson. Dabei soll eine “gemeinsame Strategie zu China” entwickelt werden, berichtet Bloomberg. Zum G7-Gipfeltreffen vom 11. bis zum 13. Juni in Cornwall lud Großbritannien auch Australien, Südkorea und Indien ein. Premier Johnson will damit dem Bericht zufolge eine sogenannte D10-Koalition aus demokratischen Staaten zur Eindämmung Chinas formen. Großbritannien schlage eine gemeinsame Erklärung zur Förderung offener Gesellschaften, demokratischer Werte und der Menschenrechte vor, berichtet Bloomberg.

Großbritannien, Australien und Indien stehen auf unterschiedlicher Weise im Konflikt mit China. So wird im britischen Parlament seit mehreren Wochen eine Verschärfung des Handelsgesetzes verhandelt. Das britische Oberhaus hat schon zweimal gefordert, ein sogenanntes “Genocide Amendment” in das Gesetz aufzunehmen. Gelingt dies im dritten Anlauf trotz der Opposition durch die Regierungspartei im Unterhaus, würde ein zukünftiges Handelsabkommen zwischen Großbritannien und China wegen der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang erschwert. Auch der Entzug der britischen Sendelizenz für den chinesischen Staatssender CGTN und die anschließende Verbannung der BBC World News aus China erhöhten die diplomatischen Spannungen.

Auch mit Australien führt China einen “Handelskrieg”. Nach wiederholter australischer Kritik an Menschenrechtsverletzungen hat China hohe Importzölle beispielsweise auf Wein aus Australien erhoben. Zudem durften australische Kohlefrachter nicht in chinesischen Häfen andocken. Zwischen China und Indien kam es in den letzten Monaten wiederholt zu gewaltsamen militärischen Zusammenstößen mit zahlreichen Verletzten an der Grenze im Himalaya. nib

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Diess: Keine Zwangsarbeit bei VW

Volkswagen-Chef Herbert Diess hat erneut Vorwürfe zurückgewiesen, der Automobilkonzern führe in der chinesischen Uiguren-Region Xinjiang Zwangsarbeit. Der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” sagte Diess, Volkswagen stehe zu seinem Engagement in China – auch in Xinjiang. Die Präsenz des deutschen Konzerns in der Region trage eher zu einer Verbesserung der Lage für die Menschen bei als eine Abkehr.

“Weder wir, noch unsere Zulieferer beschäftigen Zwangsarbeiter. Hier haben wir eine Null-Toleranz. Auch in Xinjiang halten wir unsere Werte hoch, dazu gehören eine Arbeitnehmervertretung, Achtung von Minderheiten und Sozial- und Arbeitsstandards”, sagte der Vorstandschef von VW.

VW betreibt in der Provinzhauptstadt Ürümqi ein Werk zusammen mit dem Joint-Venture-Partner SAIC. Der VW-Konzern verkauft mehr als 40 Prozent seiner Autos in China.

Diess rechtfertigt in dem Interview generell Geschäfte in autokratisch regierten Staaten: Nur 5,7 Prozent der Weltbevölkerung lebten laut “Economist” in einer Demokratie, “so wie wir sie kennen”, sagte er: “Wären wir nur in diesen Ländern tätig, hätten wir und auch alle anderen Weltunternehmen keinen Bestand.” asi

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EU verurteilt Vorgehen gegen BBC

Die EU hat sich in der Medienschlacht zwischen Peking und London zu Wort gemeldet: In einer Mitteilung verurteilte der Europäische Auswärtige Dienst (EEAS) die Entscheidung Chinas, dem britischen Fernsehsender BBC World News die Sendelizenz zu entziehen. Das sei der jüngste Schritt Chinas, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen innerhalb seiner Grenzen einzuschränken, kritisierte der EEAS. “Die Entscheidung, die BBC zu verbieten, sollte rückgängig gemacht werden.”

Die EU-Außenbehörde verurteilte zudem, dass der zwar unabhängige, aber staatliche finanzierte Sender in Hongkong (RTHK) angekündigt habe, die Übertragung von BBC World Service Radio und BBC News Weekly einzustellen. Damit werde die “Aushöhlung der Rechte und Freiheiten” in Hongkong weiter verstärkt. Der Schritt zeige auch die Verringerung der Autonomie Hongkongs innerhalb des “Ein Land, zwei Systeme”-Prinzips, so EEAS. Die EU wies darauf hin, dass die Bürgerinnen und Bürger Chinas laut Verfassung Rede- und Pressefreiheit genießen müssen und es sich dabei um ein Menschenrecht handle.

China hatte am Donnerstag BBC wegen “gesetzeswidriger Inhalte” die Ausstrahlung im Land verboten und warf dem Sender die Verbreitung von Falschnachrichten über Xinjiang und Hongkong vor. Die britische Medienaufsicht Ofcom hatte wiederum zuvor dem chinesischen Nachrichtensender CGTN die Sendeerlaubnis für das Vereinigte Königreich entzogen und dies mit politischem Einfluss begründet. Auch in Deutschland droht CGTN nach Verlust der britischen Sendelizenz das Sende-Aus. ari

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Streit um Coronavirus-Rohdaten aus Wuhan

Nach der WHO-Mission in Wuhan entzündet sich eine Diskussion um Coronavirus-Rohdaten, die die chinesische Regierung den Experten nicht zur Verfügung stellen will. Die Experten erwarten sich von diesen Daten Aufschluss über den frühen Verlauf der Sars-Cov-2-Krankheit. Im Mittelpunkt stehen unter anderem Serumproben von den ersten Corona-Patienten in Wuhan.

Dominic Dwyer, Mikrobiologe, der Teil der WHO-Delegation in China war, hatte gegenüber dem australischen Sender Nine News geäußert, dass genetische Analysen der frühesten gefundenen Sars-Cov-2-Varianten darauf hindeuten, “dass sich das Virus wahrscheinlich schon Mitte November, Anfang Dezember verbreitete”.

Dabei geht es um Rohdaten von 72.000 Krankheitsfällen mit Fieber, Grippe oder Lungenentzündungen, die sich zwischen Oktober und Dezember in Wuhan ereignet hatten. Die chinesischen Behörden hatte lediglich rund 92 Fälle untersucht und bei einem Teil davon nachträglich Antikörpertests durchgeführt, die allerdings komplett ohne Befund blieben. Die WHO-Experten bezweifeln allerdings diese Ergebnisse. “Antikörper werden abgebaut. Die Werte sinken bei schweren Infektionen aber weniger stark”, sagte Marion Koopmans, Virologin im WHO-Team, dem “Wall Street Journal”. “Nach dem, was wir über die Serologie wissen, würde man in 92 Fällen zumindest ein paar positive Ergebnisse gefunden haben”, fügt Koopmans hinzu.

USA-Unterstützung bei Bitte um Coronavirus-Daten

Am Samstag unterstützte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, die Forderung der WHO-Experten nach Herausgabe der Rohdaten und kritisierte China in einer Stellungnahme. Es sei entscheidend, dass der WHO-Bericht unabhängig sei, “frei von Eingriffen oder Veränderungen der chinesischen Regierung”. China müsse seine Daten zu den ersten Tagen des Ausbruchs verfügbar machen. Die chinesische Regierung verbat sich daraufhin am Sonntag Kritik aus Washington mit dem Hinweis, dass die USA selbst in der Vergangenheit die Arbeit der WHO diskreditiert hätten.

Offenbar gibt es auch innerhalb des WHO-Forscherteams unterschiedliche Auffassungen über die Bereitschaft der Chinesen zur Kooperation. WHO-Generaldirektors Tedros Adhanom Ghebreyesus kündigte für diese Woche einen zusammenfassenden Bericht über die Mission an – wobei ein vollständiger Bericht erst “in den kommenden Wochen” veröffentlicht werden soll. niw

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Portrait

Jakub Jakóbowski

Jakub Jakóbowski - Koordinator des neuen Connectivity in Eurasia Projekts
Koordinator des neuen Connectivity in Eurasia Projekts

Seit vergangenem Jahr ist Jakub Jakóbowski Koordinator des neuen Connectivity in Eurasia Projekts innerhalb des polnischen Regierungs-Thinktanks OSW, dem Center for Eastern Studies. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern forscht Jakóbowksi zu Transport, Infrastruktur und digitaler Vernetzung zwischen China und Europa.

Sein China-Interesse wurde vor zehn Jahren geweckt. Damals studierte Jakub Jakóbowski ein Semester an der Soochow-Universität in Taiwan. Schnell wurde ihm klar: “China ist das Thema des 21. Jahrhunderts.” Mehrere Reisen nach China folgten. Jakóbowksi begann polnische Firmen über den chinesischen Markt zu beraten. Unter Regierungschef Xi Jinping habe sich die Außenpolitik Chinas stark geändert, sagt er: “Die Zeit der rein wirtschaftlichen Interessen ist vorbei.”

Politische Entscheidungen in Investitionsländern zu beeinflussen – das sei das neue Ziel Pekings. Die wirtschaftliche Macht nutze China als Druckmittel. Gerade beendet Jakub Jakóbowski seine Doktorarbeit über die chinesische Politik in Lateinamerika, Afrika und in Zentraleuropa. Er hat sich genauer angeschaut wie China nach und nach seine Produktionsstandorte in afrikanische Länder verlagert. Während China Afrika früher vor kurzem vor allem als Rohstofflieferanten gesehen habe, würde der Kontinent heute auch als Produktionsstätte interessanter.

Laut Jakub Jakóbowski sieht China Osteuropa als Teil des Globalen Südens

In vielen Ländern versuche China nach folgender Blaupause vorzugehen, so Jakub Jakóbowski: Institutionen aufbauen, viel Geld hineinstecken und dann die Infrastruktur und den Geldfluss mit China als Mittelpunkt, als Entscheider, etablieren. In Ländern, wie Jakóbowskis Heimat Polen ,sei die chinesische Politik damit aber gescheitert. “China sieht die osteuropäischen Länder als Teil des Globalen Südens.” Aber viele dieser Länder hätten bessere Alternativen. EU-Gelder helfen oft gezielter und erlauben mehr Unabhängigkeit.

Jakóbowski rät, dass Polen und andere westliche Länder in Zukunft zwar wirtschaftlich mit China zusammenarbeiten, aber Politik und Infrastruktur immer selbst kontrollieren sollten. Ein Balanceakt. Vor allem, weil sich die Entscheider in China sicher seien: Der Westen wird sich wehren. Deshalb gehe das Land laut Jakóbowski in die Offensive. Eine stärkere Anbindung an die EU schütze osteuropäische Staaten vor der Einflussnahme.

Jakóbowski selbst zieht es immer wieder gen Fernost. Zuletzt hat er 2018 in Taiwan gelebt und geforscht: “Es ist einer der freundlichsten Orte. Man kann in einer offenen, transparenten Gesellschaft leben und gleichzeitig einen Blick auf China werfen”. Kulturell seien sich die Länder sehr ähnlich. “Aber in China ist alles chaotischer, obwohl die Gesellschaft strukturierter ist”, sagt Jakóbowski. Er warte darauf endlich Pläne für die nächste Reise nach Taiwan zu machen. Nur eines ist sicher, ein Zwischenstopp in Peking, der muss immer sein.

Neben seiner wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung, hat Jakóbowski auch Ethnologie und Kulturelle Anthropologie studiert. “Als Anthropologe habe ich mich viel mit Leuten aus ehemaligen Sowjetstaaten über Politik unterhalten, inzwischen geht es mehr um die Wirtschaft”, sagt Jakóbowksi. “Aber was ich jetzt tue, basiert weiter darauf, was ich aus Gesprächen mit Menschen erfahre. Marita Wehlus

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China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Comac: Chinas Angriff auf Boeing und Airbus

    Die Corona-Krise hat deutliche Spuren in den Auftragsbüchern der  beiden weltgrößten Flugzeugbauer hinterlassen. Airbus lieferte wegen der Pandemie im vergangenen Jahr 566 Flugzeuge aus. Das sind 34 Prozent weniger als noch 2019. Beim US-Konkurrenten Boeing, der neben der Corona-Krise weiterhin mit dem Image-Schaden durch die Absturz-Serie seiner 737-Max-Reihe zu kämpfen hat, brachen die Auslieferungen sogar um mehr als die Hälfte auf 157 Flugzeuge ein. 

    Der chinesische Flugzeughersteller Comac lässt sich von diesem deprimierenden Marktumfeld nicht aus der Ruhe bringen. Wie der Konzern kürzlich ankündigte, soll wie geplant noch in diesem Jahr mit der Auslieferung des ersten chinesischen Mittelstreckenfliegers C919 begonnen werden.

    Für die Luftfahrtindustrie der Volksrepublik wäre das ein großer Schritt. China kann Raumschiffe ins All schießen, ist Marktführer bei Elektroautos und hat das Land in Rekordzeit mit einem dichten Netz von Hochgeschwindigkeitszügen überzogen. Nur beim Bau von Passagierflugzeugen tat sich das nach technischem Fortschritt lechzende Land bislang schwer. 

    Doch auch das ändert sich. Nachdem Comac bereits den kleinen Regionaljet ARJ-21 im Angebot hat, folgt mit der C919 die erste größere Passagiermaschine aus China. Der Flieger soll mit 168 Sitzen und einer Reichweite von 4075 Kilometern mit Boeings 737 und dem Airbus A320 konkurrieren, zwei der meistverkauften Flugzeuge der Welt. 

    Bis Comac wirklich auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern fliegen kann, ist es nach Ansicht der meisten Luftfahrtexperten noch ein weiter Weg. Denn technisch ist die C919 noch längst nicht auf Augenhöhe mit den neusten Modellen von Airbus und Boeing, die vor allem mit einem geringeren Kerosin-Verbrauch Punkten.

    Selbst Chinas Staatsmedien sind zurückhaltend in ihrer Bewertung. In den kommenden Jahrzehnten würden chinesische Flieger zwar sicher zu einer “starken Alternative” werden, schrieb Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua nach dem ersten Testflug der C919 vor drei Jahren. Kurzfristig sei es jedoch “unrealistisch”, dass die Vorherrschaft von Airbus und Boeing gebrochen wird. 

    Die Frage ist dennoch weniger, ob es Comac schafft, zu einem dritten großen Anbieter zu werden, sondern wann

    C919 zunächst nur für China

    Schließlich ist die C919  Teil des chinesischen Industrieplans zur Entwicklung fortschrittlicher Industrie- und Technologiezweige. Pekings Strategie sieht vor, in vielen Sektoren die Technologielücke zu westlichen Firmen zu schließen und selbst Weltmarktführer hervorzubringen. Zunächst werden Produktionsanlagen modernisiert, später soll das Land dann zu einer “Industrie-Supermacht” aufsteigen. Für die meisten internationalen Flüge fehlt der C919 noch die Zulassung. Die braucht der Hersteller aber auch erstmal nicht. Denn allein der riesige Heimatmarkt kann Comac den Weg zu einem neuen Luftfahrt-Giganten ebnen.

    Wie eng Chinas staatliche Fluggesellschaften und der ebenfalls staatlichen Flugzeugbauer Comac tatsächlich zusammenarbeiten, recherchierte im Januar die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei. Laut der Recherche strichen die drei führenden Airlines Air China, China Southern und China Eastern wegen des Coronavirus im vergangenen Jahr vorerst mehr als 100 Bestellungen für neue Maschinen von Boeing und Airbus. Lieferungen des Regionaljets ARJ-21 von Comac gingen dagegen wie geplant über die Bühne. Für die neue C919 liegen nach Angaben von Comac schon rund 800 Bestellungen vor. Doch selbst, wenn Comac auf seinem Heimatmarkt Vorteile genießen wird, müssen  sich weder Airbus noch Boeing derzeit große Sorgen machen. 

    Der Bedarf an Flugzeugen ist in China so gewaltig, dass Comac alleine die Nachfrage nicht bewältigen könnte. So geht Boeing in einer neuen Marktanalyse davon aus, dass der chinesische Flugzeugmarkt trotz Corona sogar noch schneller wachsen wird als bislang gedacht. So sagen die Amerikaner vorher, dass China bis zum Jahr 2040 rund 8600 neue Passagier-Flugzeuge benötigen wird. Boeing prognostiziert für die nächsten 20 Jahre einen Bedarf an 6450 neuen Mittelstrecken-Flugzeugen wie der C919. Bei Großraum-Fliegern mit mehreren Gängen wird von 1590 Bestellungen ausgegangen.

    Großraum-Flieger für 2025 geplant

    Auch hier will Comac schon bald mitmischen. Gemeinsam mit dem russischen Luftfahrt-Unternehmen UAC arbeiten die Chinesen an einem Flieger, der 280 Passagieren Platz bietet und eine Reichweite von 12.000 Kilometern haben soll. Der Bau einer ersten Testmaschine soll in diesem Jahr beginnen. Der Marktstart der CR929 ist für das Jahr 2025 geplant. 

    Gegenwind könnte den Chinesen bei ihren Plänen aus Washington drohen. Denn neben Tech-Konzernen wie Huawei und Xiaomi ist auch Comac bereits auf den schwarzen Listen der Amerikaner gelandet. Nach den nun geltenden Regeln dürfen keine US-Investoren Geld in Comac stecken, was aber für den chinesischen Staatsbetrieb ohnehin nicht relevant ist. Würde die US-Regierung jedoch ihr Vorgehen verschärfen, könnte Comac ähnlich wie Huawei von internationalen Zulieferern abgeschnitten werden. Gregor Koppenburg/Jörn Petring

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    Bidens härtere China-Politik

    So ziemlich alles will der neue US-Präsident Joe Biden anders machen als sein Vorgänger. Biden will auf Verständigung setzen, die Bündnispartner in Europa und Asien wieder stärker einbeziehen. Als einer seiner ersten Amtshandlungen ist die USA dem Pariser Klimaschutzabkommen beigetreten, ebenso der Weltgesundheitsorganisation. Doch in einem Punkt scheint Biden die Politik Donald Trumps fortsetzen zu wollen: im konfrontativen Umgang mit der chinesischen Führung in Peking

    Bidens Präsidentschaft führt zu harten Verhandlungen

    Im ersten Telefonat mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am vergangenen Donnerstag hat Biden die Volksrepublik als “ernsthaftesten Konkurrenten” der USA bezeichnet. Er sprach zwar nicht von Feind, wie der erratische Trump den chinesischen Staatschef zwischenzeitlich bezeichnete. Doch zugleich machte Biden klar, dass es auch unter seiner Führung harte Verhandlungen geben werde. “Wir sind bereit, mit Peking zusammenzuarbeiten – wenn dies in Amerikas Interesse ist.” 

    Unverhohlen nannte Biden in dem zweistündigen Telefonat auch die aus seiner Sicht größten Konfliktpunkte: “Pekings zwangsweise und unfaire wirtschaftliche Praktiken, die Repression in Hongkong, Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und zunehmend herausfordernde Aktionen in der Region, einschließlich gegenüber Taiwan”. 

    Chinas Präsident Xi wiederum wusste offenbar, was ihm mit Biden blüht und warnte vor einer zu konfrontativen Haltung, “die definitiv katastrophal für beide Länder und die Welt ist”. Kooperation sei die einzig richtige Wahl, während Auseinandersetzung beiden Ländern schaden werde. Zugleich stellte Xi klar: Hongkong, Taiwan und Xinjiang seien “innere Angelegenheiten Chinas”. Diese Kerninteressen Chinas hätten die USA zu respektieren.

    Hatte Biden vor Amtsantritt im Januar bereits klar gemacht, dass es bei der China-Politik seines Landes zu keinem generellen Kurswechsel kommen werde, hat sein Stab inzwischen auch konkretisiert, was auf die Volksrepublik demnächst zukommen wird

    Militärisch will der US-Präsident die US-Präsenz in Ost- und Südostasien strategisch neu aufstellen – und schließt auch Aufrüstung nicht aus. Einsatzkonzepte, Technologien und Truppenstärken sollen auf den Prüfstand gestellt werden. Daran würden 15 ranghohe und renommierte zivile und militärische Experten beteiligt, um in vier Monaten Handlungsempfehlungen für den weiteren Umgang mit China zu haben. “China stellt uns vor wachsende Herausforderungen, denen wir begegnen müssen, um im Indopazifik-Raum und weltweit den Frieden zu bewahren und unsere Interessen zu verteidigen”, begründete Biden diese Prioritätensetzung in einer Rede im Pentagon.

    Die US-Streitkräfte unterhalten zwar bereits eine Pazifikflotte und haben Militärbasen bereits in Japan, Südkorea und dem US-Außengebiet Guam. Ihre Präsenz auf den Philippinen hatten sie aber in den vergangenen Jahrzehnten stetig reduziert. Bidens Stab erwägt nun wieder eine stärkere Zusammenarbeit mit dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte, den die US-Regierung unter Barack Obama und Biden als Vize noch heftig für Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Dutertes harten Drogenpolitik heftig kritisiert hatten. Duterte beschimpfte Obama damals als “Hurensohn”. Aber auch mit Vietnam, mit dem die USA sich bis 1975 im Krieg befand, befindet sich die USA im Gespräch. 

    China beansprucht weite Teile des umstrittenen Südchinesischen Meeres bis weit an die Küsten Vietnams, der Philippinen und weiterer südostasiatischer Länder. Zudem ist das Südchinesische Meer inzwischen eine der befahrensten Schifffahrtswege der Welt – und daher auch für die USA von hohem strategischem Wert. In seiner Rede vor dem Pentagon sprach Biden von einem “freien und offenen Indo-Pazifik”, für den sich die USA einsetzen werde. Das heißt: Noch mehr Kreuzer der US-Navy in diesem Gewässer.

    Mehr als “Pivot to Asia”

    Biden dürfte den Fokus der USA auf die Region auch noch sehr viel stärker lenken als in der Präsidentschaft unter Obama. Der hatte zwar schon 2011 “Pivot to Asia” zur außenpolitischen Leitlinie der USA erklärt und mit dem Transpacific Partnership (TPP) auch wirtschaftlich ein Freihandelsraum schaffen wollen, das sämtliche Staaten im asiatisch-pazifischen Raum umfassen sollte – außer China. Trump setzte sämtlichen Freihandelsabkommen jedoch ein Ende. Inzwischen hat Peking mit dem Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) ein Freihandelsabkommen mit fast allen Ländern Ost- und Südostasiens abgeschlossen. Die USA sind nicht dabei. 

    Experten hatten allerdings schon Obama für seine China-Strategie kritisiert und seine Leitlinie “Pivot to Asia” als “größtes außenpolitischen Versäumnis” bezeichnet. Halbherzig sei Obama vorgegangen, hätte im Sinne der USA nichts erreicht und stattdessen die kommunistische Führung in Peking angespornt, sich in der Region noch stärker zu engagieren. Nun will Biden diesen Fehler revidieren und hat zuletzt China schon mehrfach als aggressiven Rivalen beschrieben. “Wenn wir uns nicht bewegen, schnappen sie uns das Mittagessen weg”, sagte Biden am Donnerstag nach seinem Gespräch mit Xi. Biden kündigte an, mit massiven staatlichen Investitionen die USA für die Konfrontation und dem Wettbewerb mit China zu rüsten.

    Auch wenn Biden offiziell die von Trump angezettelten Handelskonflikte seines Landes mit dem Rest der Welt kritisiert – die von der Trump-Regierung erlassenen Zusatzzölle auf Waren aus China will die Biden-Regierung aufrechterhalten. Er wolle sich nicht seiner Möglichkeiten berauben, hatte Biden schon im Dezember im Interview mit der New York Times erklärt.

    Und mehr noch: Biden plant gar weitere Beschränkungen für bestimmte Exporte an Technologie nach China. Anders als Trump wolle sich die neue US-Regierung sehr viel stärker vorher mit verbündeten Staaten absprechen, betonte der Sprecher des US-Außenministeriums Edward Price: “Der US-Außenminister und der US-Präsident hatten erst nach einer Reihe von Telefonaten mit unseren engsten Verbündeten Kontakt zu China aufgenommen. Denn wir wollten sicher gehen, dass wir unsere Politik eng abgestimmt haben mit unseren Partnern in Europa und im indopazifischen Raum. 

    Für Europa und insbesondere die Deutschen mit ihren ganz eigenen Geschäftsinteressen in der Volksrepublik dürfte das mehr Komplikationen bedeuten

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    AutoX: Erste autonome Taxis in Shenzhen

    Es ist ein Riesenschritt in der Entwicklung des autonomen Fahrens. Seit Ende Januar können Kunden im südchinesischen Shenzhen erstmals autonome Taxis im Alltagsverkehr buchen. Sie müssen sich dazu nur in einer App anmelden. Kein Sicherheitsbeifahrer sitzt mehr im Auto. Die 25 Taxis werden auch nicht in einer Zentrale ferngesteuert. Sie sind völlig autonom in einem Viertel der 20-Millionen-Stadt unterwegs, wie man in einem Youtube-Video sehen kann. Die Autos gehören dem chinesischen Start-up AutoX, das von Xiao Jianxiong in Shenzhen gegründet wurde. In China hat er den Spitznamen Professor X. 

    Stresstest in dicht besiedelten Städten 

    AutoX setzt nun an das Google-Unternehmen Waymo zu überholen. Die Waymo-Autos sind auch schon fahrerlos unterwegs, aber deutlich langsamer und in einem Vorort von Phoenix/Arizona. In Phoenix leben im Durchschnitt 1200 Bewohnern pro Quadratkilometer. In Shenzhen sind es 8000. “Je dichter der Verkehr, umso zuverlässiger sind die Stresstests und umso schneller wird die Technik alltagstauglich”, sagt AutoX-Chef Xiao selbstbewusst. “Wenn die Fahrzeuge auf chinesischen Großstadtstraßen sicher fahren, kommen sie überall in der Welt durch.” Seine Robotaxis seien zudem die “ersten weltweit, die auf normalen Straßen mit 80 Km/h und auf Autobahnen mit 100 Km/h fahren dürfen”, so Xiao.

    Die Autos gelten auch nach internationalen Standards als sicher. Denn AutoX hat bereits vergangenen Herbst als erstes chinesisches Unternehmen eine US-Lizenz zum autonomen Fahren ohne Sicherheitsfahrer bekommen. Es ist nach Waymo und Nuro das dritte Unternehmen überhaupt. Die autonom fahrenden Autos von AutoX sind nun die einzigen, die sowohl in den USA als auch in China fahrerlos im Alltag fahren dürfen. 

    Xiao: Autonomes Fahren bald massentauglich

    Die Komplexität dieser Innovation werde gerne unterschätzt, meint John Krafcik, der Chef von Waymo. Autonomes Fahren sei “eine größere Herausforderung, als eine Rakete zu starten und sie in eine Umlaufbahn um die Erde zu bringen.” Denn die Sicherheitsherausforderungen seien fast unüberschaubar.

    Xiao Jianxiong glaubt dennoch, dass autonome Taxis bereits in zwei bis vier Jahren als Massenprodukt auf chinesischen Straßen fahren werden. Nach zwei Jahrzehnten intensiver, weltweiter Forschung sei man endlich soweit. Er hat sein Start-up allerdings erst vor nicht einmal fünf Jahren gegründet.

    Selbst Bill Russo, der Vorsitzende des Autokomitees der amerikanischen Handelskammer in Schanghai, zeigt sich überrascht über die Produktreife, nachdem er die selbst fahrenden Fahrzeuge von AutoX getestet hat. “Chinesische Unternehmen sind viel offener für Experimente gleich in einer realen Umgebung, als in abgeschirmten Bereichen”, sagt Russo. Das sei nach wie vor ein Manko für die wichtigen amerikanischen Anbieter wie Googles Waymo.

    Russo verwendet ein Bild aus dem Skifahren: Die Chinesen würden gleich die schwarze Piste runterfahren und nicht erst auf dem Anfängerhügel üben. “Während AutoX im kalifornischen San José nur mit einem Auto in einem bestimmten Gebiet und nur mit einer Geschwindigkeit von 45 Kilometer pro Stunde testen darf, sind die Autos im Shenzhen wie normale Autos unterwegs”, sagt Russo. Nicht nur die Unternehmen, auch der Staat sei offener für Experimente.

    Xiao Jianxiong verlässt sich zudem auf eine eigene, viel billigere Technologie als Google & Co. Deren Orientierungssystem besteht aus fünf Lidar-Sensoren – eine Art Laser-Radar – und vier Radarsystemen und kostet inklusive Kameras und Zentralcomputer rund 65.000 Euro. Lidar ist die Abkürzung für light detection and ranging, eine Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung mit Sensoren.

    Xiao Jianxiong hält die Technologie für “teuer und wenig zufriedenstellend.” Deshalb geht er von Anfang an ungewöhnliche Wege. Er verlässt sich auf sieben Logitech Webcams, die zusammen maximal 500 US-Dollar kosten und mit einer 3-D-Deeplearning-Software verbunden sind. In der Branche ist man perplex, wie gut das funktioniert, als Xiao das System auf der MIT Technology Review’s EmTech Digital Konferenz 2017 vorstellt. 

    Xiao mag die Lidar Sensoren nicht, die im Dunkeln nicht so weit schauen können wie Kameras. Und sie sind ihm zu hitze- und kälteanfällig. Seine Abneigung gegen das Lidarsystem teilt er mit Tesla-Gründer Elon Musk, der allerdings einen anderen Weg geht. Er setzt auf eine Kombination von Kameras, GPS und Ultraschallsensoren. Das AutoX System hat allerdings eine Schwäche. Die Linsen der Kameras dürfen nicht verschmutzen. Dann spielt die Software schon mal verrückt. 

    Peking fördert die Technologie

    Xiao, der in einer kleinen Stadt in Südchina groß geworden ist und in Hongkong studiert hat, wurde zunächst Professor der Princeton University und Gründer des dortigen Computer Vision and Robotics Labs, bis er 2016 AutoX gegründet hat. Inzwischen hat er in zwei Finanzierungsrunden über 160 Millionen Dollar eingesammelt. Zu seinen Investoren zählen unter anderem Alibaba, die DongFeng Group aus Wuhan und der Shanghaier Autohersteller SAIC. Letztere gehören zu den vier größten Autoherstellern Chinas. Zum Vergleich: Wymo ist mit über drei Milliarden US-Dollar finanziert und wurde zur gleichen Zeit wie AutoX gegründet.

    Von nun an geht es für AutoX darum, so schnell wie möglich so viele Daten wie möglich im Alltagsbetrieb zu sammeln. Denn je mehr “Erfahrung” die Software macht, desto verlässlicher wird sie. Das funktioniert etwa so, als würde man die individuellen Erfahrungen vieler Autofahrer in einem Gehirn zusammenfassen, vergleichen und gleichzeitig verfügbar machen. 

    In Schanghai unterhält AutoX dafür nach eigenen Angaben das größte Datenzentrum für selbstfahrende Autos in China und das größte Robotaxi-Testzentrum in ganz Asien. Laut einem im Winter 2020 veröffentlichten Plan der Regierung sollen in China schon 2025 dann 50 Prozent aller neu zugelassenen Wagen mit autonomen Fahrfunktionen ausgestattet sein. Das chinesische Verkehrsministerium unterstützt die Technologie des autonomen Fahrens als wesentlichen Bestandteil beim Aufbau eines landesweiten intelligenten Verkehrssystems und ermutigt Städte und Unternehmen, Pilotprogramme für Robotaxis einzuführen.

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    G7: Briten planen D10-Koalition gegen China

    Großbritannien, das dieses Jahr den Vorsitz der G7 führt, plant für den kommenden Freitag eine erste virtuelle Konferenz unter Führung des britischen Premierministers Boris Johnson. Dabei soll eine “gemeinsame Strategie zu China” entwickelt werden, berichtet Bloomberg. Zum G7-Gipfeltreffen vom 11. bis zum 13. Juni in Cornwall lud Großbritannien auch Australien, Südkorea und Indien ein. Premier Johnson will damit dem Bericht zufolge eine sogenannte D10-Koalition aus demokratischen Staaten zur Eindämmung Chinas formen. Großbritannien schlage eine gemeinsame Erklärung zur Förderung offener Gesellschaften, demokratischer Werte und der Menschenrechte vor, berichtet Bloomberg.

    Großbritannien, Australien und Indien stehen auf unterschiedlicher Weise im Konflikt mit China. So wird im britischen Parlament seit mehreren Wochen eine Verschärfung des Handelsgesetzes verhandelt. Das britische Oberhaus hat schon zweimal gefordert, ein sogenanntes “Genocide Amendment” in das Gesetz aufzunehmen. Gelingt dies im dritten Anlauf trotz der Opposition durch die Regierungspartei im Unterhaus, würde ein zukünftiges Handelsabkommen zwischen Großbritannien und China wegen der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang erschwert. Auch der Entzug der britischen Sendelizenz für den chinesischen Staatssender CGTN und die anschließende Verbannung der BBC World News aus China erhöhten die diplomatischen Spannungen.

    Auch mit Australien führt China einen “Handelskrieg”. Nach wiederholter australischer Kritik an Menschenrechtsverletzungen hat China hohe Importzölle beispielsweise auf Wein aus Australien erhoben. Zudem durften australische Kohlefrachter nicht in chinesischen Häfen andocken. Zwischen China und Indien kam es in den letzten Monaten wiederholt zu gewaltsamen militärischen Zusammenstößen mit zahlreichen Verletzten an der Grenze im Himalaya. nib

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    Diess: Keine Zwangsarbeit bei VW

    Volkswagen-Chef Herbert Diess hat erneut Vorwürfe zurückgewiesen, der Automobilkonzern führe in der chinesischen Uiguren-Region Xinjiang Zwangsarbeit. Der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” sagte Diess, Volkswagen stehe zu seinem Engagement in China – auch in Xinjiang. Die Präsenz des deutschen Konzerns in der Region trage eher zu einer Verbesserung der Lage für die Menschen bei als eine Abkehr.

    “Weder wir, noch unsere Zulieferer beschäftigen Zwangsarbeiter. Hier haben wir eine Null-Toleranz. Auch in Xinjiang halten wir unsere Werte hoch, dazu gehören eine Arbeitnehmervertretung, Achtung von Minderheiten und Sozial- und Arbeitsstandards”, sagte der Vorstandschef von VW.

    VW betreibt in der Provinzhauptstadt Ürümqi ein Werk zusammen mit dem Joint-Venture-Partner SAIC. Der VW-Konzern verkauft mehr als 40 Prozent seiner Autos in China.

    Diess rechtfertigt in dem Interview generell Geschäfte in autokratisch regierten Staaten: Nur 5,7 Prozent der Weltbevölkerung lebten laut “Economist” in einer Demokratie, “so wie wir sie kennen”, sagte er: “Wären wir nur in diesen Ländern tätig, hätten wir und auch alle anderen Weltunternehmen keinen Bestand.” asi

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    EU verurteilt Vorgehen gegen BBC

    Die EU hat sich in der Medienschlacht zwischen Peking und London zu Wort gemeldet: In einer Mitteilung verurteilte der Europäische Auswärtige Dienst (EEAS) die Entscheidung Chinas, dem britischen Fernsehsender BBC World News die Sendelizenz zu entziehen. Das sei der jüngste Schritt Chinas, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen innerhalb seiner Grenzen einzuschränken, kritisierte der EEAS. “Die Entscheidung, die BBC zu verbieten, sollte rückgängig gemacht werden.”

    Die EU-Außenbehörde verurteilte zudem, dass der zwar unabhängige, aber staatliche finanzierte Sender in Hongkong (RTHK) angekündigt habe, die Übertragung von BBC World Service Radio und BBC News Weekly einzustellen. Damit werde die “Aushöhlung der Rechte und Freiheiten” in Hongkong weiter verstärkt. Der Schritt zeige auch die Verringerung der Autonomie Hongkongs innerhalb des “Ein Land, zwei Systeme”-Prinzips, so EEAS. Die EU wies darauf hin, dass die Bürgerinnen und Bürger Chinas laut Verfassung Rede- und Pressefreiheit genießen müssen und es sich dabei um ein Menschenrecht handle.

    China hatte am Donnerstag BBC wegen “gesetzeswidriger Inhalte” die Ausstrahlung im Land verboten und warf dem Sender die Verbreitung von Falschnachrichten über Xinjiang und Hongkong vor. Die britische Medienaufsicht Ofcom hatte wiederum zuvor dem chinesischen Nachrichtensender CGTN die Sendeerlaubnis für das Vereinigte Königreich entzogen und dies mit politischem Einfluss begründet. Auch in Deutschland droht CGTN nach Verlust der britischen Sendelizenz das Sende-Aus. ari

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    Streit um Coronavirus-Rohdaten aus Wuhan

    Nach der WHO-Mission in Wuhan entzündet sich eine Diskussion um Coronavirus-Rohdaten, die die chinesische Regierung den Experten nicht zur Verfügung stellen will. Die Experten erwarten sich von diesen Daten Aufschluss über den frühen Verlauf der Sars-Cov-2-Krankheit. Im Mittelpunkt stehen unter anderem Serumproben von den ersten Corona-Patienten in Wuhan.

    Dominic Dwyer, Mikrobiologe, der Teil der WHO-Delegation in China war, hatte gegenüber dem australischen Sender Nine News geäußert, dass genetische Analysen der frühesten gefundenen Sars-Cov-2-Varianten darauf hindeuten, “dass sich das Virus wahrscheinlich schon Mitte November, Anfang Dezember verbreitete”.

    Dabei geht es um Rohdaten von 72.000 Krankheitsfällen mit Fieber, Grippe oder Lungenentzündungen, die sich zwischen Oktober und Dezember in Wuhan ereignet hatten. Die chinesischen Behörden hatte lediglich rund 92 Fälle untersucht und bei einem Teil davon nachträglich Antikörpertests durchgeführt, die allerdings komplett ohne Befund blieben. Die WHO-Experten bezweifeln allerdings diese Ergebnisse. “Antikörper werden abgebaut. Die Werte sinken bei schweren Infektionen aber weniger stark”, sagte Marion Koopmans, Virologin im WHO-Team, dem “Wall Street Journal”. “Nach dem, was wir über die Serologie wissen, würde man in 92 Fällen zumindest ein paar positive Ergebnisse gefunden haben”, fügt Koopmans hinzu.

    USA-Unterstützung bei Bitte um Coronavirus-Daten

    Am Samstag unterstützte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, die Forderung der WHO-Experten nach Herausgabe der Rohdaten und kritisierte China in einer Stellungnahme. Es sei entscheidend, dass der WHO-Bericht unabhängig sei, “frei von Eingriffen oder Veränderungen der chinesischen Regierung”. China müsse seine Daten zu den ersten Tagen des Ausbruchs verfügbar machen. Die chinesische Regierung verbat sich daraufhin am Sonntag Kritik aus Washington mit dem Hinweis, dass die USA selbst in der Vergangenheit die Arbeit der WHO diskreditiert hätten.

    Offenbar gibt es auch innerhalb des WHO-Forscherteams unterschiedliche Auffassungen über die Bereitschaft der Chinesen zur Kooperation. WHO-Generaldirektors Tedros Adhanom Ghebreyesus kündigte für diese Woche einen zusammenfassenden Bericht über die Mission an – wobei ein vollständiger Bericht erst “in den kommenden Wochen” veröffentlicht werden soll. niw

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    Portrait

    Jakub Jakóbowski

    Jakub Jakóbowski - Koordinator des neuen Connectivity in Eurasia Projekts
    Koordinator des neuen Connectivity in Eurasia Projekts

    Seit vergangenem Jahr ist Jakub Jakóbowski Koordinator des neuen Connectivity in Eurasia Projekts innerhalb des polnischen Regierungs-Thinktanks OSW, dem Center for Eastern Studies. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern forscht Jakóbowksi zu Transport, Infrastruktur und digitaler Vernetzung zwischen China und Europa.

    Sein China-Interesse wurde vor zehn Jahren geweckt. Damals studierte Jakub Jakóbowski ein Semester an der Soochow-Universität in Taiwan. Schnell wurde ihm klar: “China ist das Thema des 21. Jahrhunderts.” Mehrere Reisen nach China folgten. Jakóbowksi begann polnische Firmen über den chinesischen Markt zu beraten. Unter Regierungschef Xi Jinping habe sich die Außenpolitik Chinas stark geändert, sagt er: “Die Zeit der rein wirtschaftlichen Interessen ist vorbei.”

    Politische Entscheidungen in Investitionsländern zu beeinflussen – das sei das neue Ziel Pekings. Die wirtschaftliche Macht nutze China als Druckmittel. Gerade beendet Jakub Jakóbowski seine Doktorarbeit über die chinesische Politik in Lateinamerika, Afrika und in Zentraleuropa. Er hat sich genauer angeschaut wie China nach und nach seine Produktionsstandorte in afrikanische Länder verlagert. Während China Afrika früher vor kurzem vor allem als Rohstofflieferanten gesehen habe, würde der Kontinent heute auch als Produktionsstätte interessanter.

    Laut Jakub Jakóbowski sieht China Osteuropa als Teil des Globalen Südens

    In vielen Ländern versuche China nach folgender Blaupause vorzugehen, so Jakub Jakóbowski: Institutionen aufbauen, viel Geld hineinstecken und dann die Infrastruktur und den Geldfluss mit China als Mittelpunkt, als Entscheider, etablieren. In Ländern, wie Jakóbowskis Heimat Polen ,sei die chinesische Politik damit aber gescheitert. “China sieht die osteuropäischen Länder als Teil des Globalen Südens.” Aber viele dieser Länder hätten bessere Alternativen. EU-Gelder helfen oft gezielter und erlauben mehr Unabhängigkeit.

    Jakóbowski rät, dass Polen und andere westliche Länder in Zukunft zwar wirtschaftlich mit China zusammenarbeiten, aber Politik und Infrastruktur immer selbst kontrollieren sollten. Ein Balanceakt. Vor allem, weil sich die Entscheider in China sicher seien: Der Westen wird sich wehren. Deshalb gehe das Land laut Jakóbowski in die Offensive. Eine stärkere Anbindung an die EU schütze osteuropäische Staaten vor der Einflussnahme.

    Jakóbowski selbst zieht es immer wieder gen Fernost. Zuletzt hat er 2018 in Taiwan gelebt und geforscht: “Es ist einer der freundlichsten Orte. Man kann in einer offenen, transparenten Gesellschaft leben und gleichzeitig einen Blick auf China werfen”. Kulturell seien sich die Länder sehr ähnlich. “Aber in China ist alles chaotischer, obwohl die Gesellschaft strukturierter ist”, sagt Jakóbowski. Er warte darauf endlich Pläne für die nächste Reise nach Taiwan zu machen. Nur eines ist sicher, ein Zwischenstopp in Peking, der muss immer sein.

    Neben seiner wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung, hat Jakóbowski auch Ethnologie und Kulturelle Anthropologie studiert. “Als Anthropologe habe ich mich viel mit Leuten aus ehemaligen Sowjetstaaten über Politik unterhalten, inzwischen geht es mehr um die Wirtschaft”, sagt Jakóbowksi. “Aber was ich jetzt tue, basiert weiter darauf, was ich aus Gesprächen mit Menschen erfahre. Marita Wehlus

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    China.Table Redaktion

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