Table.Briefing: China

CAI + US-China + Banken + Oppo + Visa + Grünen-Wahlprogramm + Clariant + Jörg Wuttke – Zur Sprache

  • Stiftungen und NGOs: Sorge wegen CAI-Absatz
  • Bidens aggressiver China-Kurs
  • Chinas Banken reduzieren Risiken
  • Oppo: Marktführer bei Smartphones
  • Grüne: Klima-Kooperation mit China
  • Visa-Erleichterung nach Impferfolg
  • Credit Suisse will Mitarbeiterzahl in China verdreifachen
  • Clariant weitet China-Engagement aus
  • Jörg Wuttke: Sanktionen werden Peking nicht schmerzen
  • Zur Sprache
Liebe Leserin, lieber Leser,

Chinas mitunter rabiates Vorgehen gegen ausländische NGOs und Stiftungen wird nun auch im Investitionsabkommen mit der EU festgeschrieben. Von besseren Standards, wie sie für Unternehmen erzielt wurden, wird die Zivilgesellschaft ausgeschlossen. Damit sendet Peking ein deutliches Signal, analysiert Amelie Richter. Zu weiteren Auswirkungen des Abkommens auf deutsche und europäische Marktteilnehmer lesen Sie Näheres in unseren China.Table-Analysen zum CAI.

Die Spannungen im US-China-Verhältnis werden auch unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden nicht abnehmen, prognostiziert Felix Lee. Vor laufenden Kameras wird undiplomatisch gepoltert, wie beim Treffen in Alaska. Zudem schmiedet Washington neue und alte Bündnisse, um China einzudämmen. Dass Sanktionen von US-Seite Peking nicht schmerzen werden, schreibt hingegen Jörg Wuttke, der Präsident der EU-Handelskammer in China, im Standpunkt. Xi Jinping genieße starken Rückhalt in der Partei und habe deswegen keinen Druck, ausländischen Forderungen nachzugeben.

Chinas Banken sind in den letzten Jahren zu den größten der Welt geworden. Doch viele Experten fragen sich, wie viele faule Kredite in den Bilanzen schlummern. Während Chinas ehemaliger Finanzminister Lou Jiwei zu einer weiteren Reduzierung des Kreditrisikos mahnt, bescheinigt die Rating-Agentur Fitch Peking gute Fortschritte, analysieren Gregor Koppenburg und Jörn Petring.

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Presseschau

United States-China talks sink to war of words INDEPENDENT
China-Russia ties deepen while US and allies flail GLOBAL TIMES
China and U.S. to Cooperate on Climate Change, Xinhua Says BLOOMBERG
China to Restrict Tesla Use by Military and State Employees WSJ
Vaccine tensions loom in Asia as China and India trade free shots for influence THE GUARDIAN
Hong Kong, Its Elections Upended, Reconsiders Its Dream of Democracy NYT
Biden Clashes With China and Russia in First 60 Days NYT
How Pinduoduo Beat Alibaba to Become China’s Top Shopping Site WSJ
China Picks New Central Bank Policy Makers as It Focusses on Risk BLOOMBERG
China-Australia relations: Beijing set to dominate refined oil exports in Asia-Pacific region, observers say SCMP
Spionage mit Tesla? Elon Musk versucht sich als Diplomat MANAGER MAGAZIN
Südchinesisches Meer: Philippinen werfen China feindliches Eindringen in umstrittenes Seegebiet vor SPIEGEL
Chinas Gegenpropaganda: Wie China auf Youtube und Twitter zurückschiesst SRF

Analyse

Stiftungen und NGOs: Sorge wegen CAI-Absatz

Die Arbeit für ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGO), wie Umweltbewegungen und Stiftungen, in China ist ohnehin hart. Seit Anfang 2017 gilt in der Volksrepublik ein strenges Gesetz, das die Möglichkeiten der NGOs stark beschränkt. Unter anderem unterstellt es die Arbeit sämtlicher ausländischer NGOs seitdem der Aufsicht des Ministeriums für Staatssicherheit, das für sein oft ruppiges und willkürliches Vorgehen bekannt ist. Vorher war das sehr viel moderatere Ministerium für zivile Angelegenheiten zuständig.

Umso überraschender, dass nun auch ein entsprechender Passus im Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und China (CAI) Eingang findet.

Verschärfung der bisherigen Regelungen

Im CAI wird auch die Behandlung und damit das scharfe Vorgehen gegen ausländische NGOs vonseiten chinesischer Behörden aufgeführt – ausländische Investitionen in die Organisationen bleiben erwartungsgemäß weiterhin verboten. China nutzt den Abkommens-Text, um sich weiteren Druck auf die chinesische Besetzung von Führungsposten vorzubehalten. Deutsche Stiftungs-Vertreter halten das für höchst bedenklich.

Ein Vertreter einer unternehmensverbundenen deutschen Stiftung merkte gegenüber China.Table an, dass die Debatte um den CAI-Abschnitt “noch jung” sei, da die Annexe des Abkommens gerade erst veröffentlicht wurden. Es sei jedoch deutlich zu sehen, dass auf chinesischer Seite der Versuch unternommen werde, ein bestimmtes Narrativ zu kontrollieren und an Stellen, an welchen die Gesetzgebung noch durchlässig sei, nach zu justieren. Für die NGO-Community gebe es zwar wegen der Aufführung im Anhang zunächst keine großen Änderungen, die Vorgaben gebe es ja bereits seit Einführung des NGO-Gesetzes in China. Kritisch sieht der Stiftungsvertreter jedoch, dass damit offensichtlich ein “Signal” gesendet werden wolle.

NGO-Führungskräfte bevorzugt mit chinesischem Pass

Im neunten Eintrag des Annex II des CAI, den die EU-Kommission vor gut einer Woche veröffentlicht hat, wird aufgeführt, dass China sich das Recht vorbehalte, “folgende Maßnahmen zu ergreifen oder beizubehalten”: Sofern die chinesische Regierung es nicht anders genehmigt habe, können Investoren aus dem Ausland nicht in “gemeinnützige Organisationen auf dem Gebiet Chinas investieren.” Weiter dürfen außerhalb Chinas gegründete gemeinnützige Organisationen keine Repräsentanzen oder Niederlassungen in China errichten. Um vorübergehend Aktivitäten in China durchzuführen, müssen ausländische NGOs mit “inländischen Unternehmen” zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit ist dann auf ein Jahr begrenzt – bis hierhin entspricht der CAI-Absatz den Vorgaben des “Law on the Administration of Activities of Overseas Nongovernmental Organizations in the Mainland of China”. Hinzugefügt wird, dass leitende Angestellte der NGOs, die in China tätig sein dürfen, chinesische Staatsbürger sein müssen.

Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses des Europaparlaments, war nach eigenen Angaben der betreffende CAI-Absatz zuvor nicht bewusst. “Schön ist es nicht”, so Lange. Dass China im Rahmen des Abkommens die Türen für NGOs nicht weiter öffnen werde, sei aber klar, so Lange. Es gebe gegenseitig auch Vorgaben vonseiten der EU, beispielsweise bei Investitionen in Medienunternehmen. Zu der Vorgabe, dass führende Posten mit chinesischen Staatsbürgern besetzt werden sollten, erklärte der SPD-Politiker, dass auch in anderen Bereichen, wie Dienstleistungen, festgelegt werde, dass führende Posten oder ein bestimmter Anteil der Belegschaft chinesische Staatsbürger sein müssten

NGO-Regeln im Investitionsabkommen?

Der Absatz zu den gemeinnützigen Organisationen habe aber klar einen politischen Hintergrund, so Lange. Im Europaparlament werde das genau diskutiert, bevor dem Abkommen zugestimmt werden könne. Man wolle nicht dazu beitragen, dass sich das Vorgehen gegen NGOs “stabilisiere”, so Lange. Die Generaldirektion für Handel der Europäischen Kommission wurde von China.Table um ein Statement gebeten, bis Redaktionsschluss lag noch keine Antwort vor.

Bertram Lang, Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt Ostasien und China an der Goethe-Universität Frankfurt, kritisiert, dass NGOs in dem Anwendungsbereich ausgenommen werden, durch welchen es für europäische Investoren tatsächlich Fortschritte geben soll. “Es ist zynisch,  zu sagen, wir wollen bessere Standards für europäische Unternehmen, aber NGOs und Stiftungen lassen wir unter den Tisch fallen und wir lassen es zu, dass China einfach die Bestimmungen des Abkommens für Non-Profit-Investment nicht anwendet.” An diesem Beispiel könne man sehen, dass es Europa mit dem CAI ausschließlich um profitorientierte Unternehmen gehe.

“Dass die europäische Seite anscheinend nicht einmal ihre Kritik an dieser chinesischen Einstellung zu Non-Profit-Investitionen oder zumindest eine Erneuerung eigener liberalerer Prinzipien als Gegengewicht formuliert hat, ist bedauerlich”, so Lang, der sich mit NGO-Arbeit in der Volksrepublik auseinandersetzt. Für den “eigenen Profit” dürfe in China investiert werden, für öffentliches Interesse, wie beispielsweise Klimaschutz, habe man jedoch nicht den Schutz des Abkommens, sagt Lang. “Das ist für mich die Absurdität der Geschichte.”

Unklare Strategie der EU-Verhandler

Ein weiterer Vertreter einer politischen Stiftung mit Büros in China sagte, er sei vor allem “überrascht”, dass sich der Passus zur Besetzung von Führungsposten im Annex finde. Da es eine ganze Bandbreite an NGO-Akteuren gebe, manche auch mit Einfluss auf die öffentliche Debatte, wolle man damit “wohl eine grobe Regelung” für führende Stellen einbringen, so der Stiftungs-Vertreter. Es sei nicht klar gewesen, dass sich ein solcher Absatz im CAI finde. Es wäre enttäuschend, wenn das “von europäischer Seite so hingenommen wurde”, kritisiert der Stiftungs-Vertreter.

Der Absatz passe “gut in den Trend, dass man im Einzelfall prüft”, erklärte ein weiterer Vertreter einer Stiftung China.Table. Vergleichbar sei das mit Hongkong,  wo nur noch “Patrioten” antreten dürften. Insgesamt gehe die “Kontrolle in der letzten Zeit auch Richtung inhaltliche Einflussnahme”, was ein “ungutes Gefühl” hinterlasse, so der Organisationsmitarbeiter.

Generell sei die Stimmung gegenüber NGOs in China zunehmend “aggressiver”, kritisiert eine betroffene Vertreterin. Der “zivilgesellschaftliche Rahmen” für deren Arbeit dort ziehe sich immer weiter zu. Konsultationen mit den betroffenen NGOs zu dem Abkommensabsatz habe es bisher nicht gegeben, sagte eine weitere Mitarbeiterin einer politischen Stiftung mit Vertretung in China. Die Besetzung von Stellen in der Volksrepublik sei bereits heute schon schwierig, da diese vor allem durch die Vergabe von Visa und Arbeitsgenehmigungen reguliert werde. Zudem werde es zunehmend schwerer, Personal zu finden, dass dazu bereit ist, in China zu arbeiten.

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Bidens aggressiver China-Kurs

Dass auch Joe Biden nicht gerade zimperlich mit China umgehen will, hatte sein Stab vor seiner Wahl zum US-Präsidenten bereits angekündigt. Wie schon sein Vorgänger Donald Trump werde auch er die Volksrepublik als Rivalen betrachten. Dass Biden jedoch gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft eine aggressive China-Politik wählt – damit hatten viele Beobachter dann doch nicht gerechnet. 

Beim ersten Spitzentreffen von China und den USA seit Antritt der Biden-Regierung haben sich beide Seiten am Donnerstag und Freitag in Alaska einen heftigen Schlagabtausch geliefert (China.Table berichtete). Zwar gab sich Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua betont nüchtern. Beide Seiten hätten sich darauf verständigt, den Dialog zwischen ihren Ländern aufrecht zu erhalten, “um Missverständnissen, Konflikten und Konfrontationen vorzubeugen”. Im chinesischen Staatsfernsehen bezeichnete Verhandlungsführer Yang Jiechi, Chefdiplomat und mächtiges Mitglied des Politbüros, die Gespräche als “konstruktiv”. Doch der Ärger über den Verlauf war ihm anzusehen. Natürlich habe es “Differenzen” gegeben, fügte Yang hinzu. Deutliche Worte fand der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan. Er sprach nach dem Abschluss der zweitägigen Gespräche von einem “harten und direkten Austausch“.

Für diplomatische Gepflogenheit ungewöhnlich waren beide Seiten gleich zu Beginn der Gespräche aneinandergerasselt – vor laufender Kamera. Vorgesehen waren eigentlich nur kurze Einführungen. Dann wollten sich die Delegationen hinter verschlossene Türen zurückziehen. Doch sowohl US-Außenminister Anthony Blinken als auch Sullivan überzogen die chinesischen Gäste gleich zu Beginn mit scharfen Vorwürfen. Diese reichten von Chinas Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang über die Zerschlagung der demokratischen Institutionen in Hongkong und unfaire Handelspraktiken bis hin zu ungerechtfertigten Machtansprüchen

Das wiederum ließ Yang nicht auf sich sitzen und verwies auf Rassenprobleme und Polizeigewalt in den USA. Die amerikanische Delegation habe kein Recht, Peking Menschenrechtsverletzungen vorzuwerfen oder herablassend Vorträge über die Vorzüge der Demokratie zu halten, hielt Yang den Gastgebern entgegen. “Die meisten Länder der Welt erkennen nicht an, dass die US-Werte die internationalen Werte repräsentieren.” Blinken bat daraufhin die Journalisten zu bleiben, um Zeuge dieser Auseinandersetzung zu sein. Eine Stunde dauerte der öffentlich ausgetragene Schlagabtausch. US-Präsident Joe Biden, der an den Gesprächen selbst nicht teilnahm, rüffelte seinen Chefdiplomaten nicht für dieses undiplomatische Verhalten. Ganz im Gegenteil: Er stärkte Blinken den Rücken. “Ich bin sehr stolz auf den Außenminister”, sagte der US-Präsident. War das ein Vorgeschmack für seine künftige China-Politik? 

Biden schmiedet Front gegen Peking

Bislang hat Biden seine China-Politik nicht vollständig ausformuliert. Er wolle demokratische Werte stärker betonen wie auch Vorwürfe chinesischer Menschenrechtsverletzungen, heißt es aus seinen Kreisen. Zudem wolle er die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft stärken, keineswegs aber von “Entkopplung von China” sprechen wie sein Vorgänger Trump. An den Strafzöllen, die Trump gegen chinesische Importe verhängt hat, will Biden aber vorerst festhalten – als Verhandlungsmasse. 

Offiziell klingt das diplomatisch – aber in der Praxis schmiedet er eine Front gegen Peking. So traf sich Biden eine Woche vor dem Alaska-Treffen mit den Regierungschefs von Indien, Australien und Japan zum Gipfel der sogenannten Quad-Staaten (Quadrilateraler Sicherheitsdialog). Sie einigten sich darauf, vor allem den Ländern in Südostasien bis Ende 2022 rund eine Milliarde Impfdosen gegen Covid-19 zu liefern – als Kontrapunkt zu Chinas Impfdiplomatie in der Region.

Wenige Tage vor dem Alaska-Treffen lieferte Washington zudem die von Trump bereits vor geraumer Zeit zugesagte Geheimtechnik an Taiwan für acht U-Boote, mit der die demokratisch regierte Inselrepublik ihre Marine deutlich aufrüstet. Der Führung in Peking ist das besonders ein Dorn im Auge, betrachtet sie Taiwan doch als abtrünnige Provinz und droht mit militärischer Intervention. Biden macht damit deutlich, dass er das nicht zulassen werde und sein Augenmerk sehr viel stärker als sein Vorgänger auf die Verteidigung Taiwan richte. Zudem statteten Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin noch vor dem Alaska-Treffen den Regierungen in Seoul und Tokio jeweils Besuche ab und sicherten Japan im Dauerstreit mit China um die Senkaku/Diaoyu-Inseln US-Unterstützung zu. 

Dass Biden keine Zeit verlieren möchte und seiner Agenda für eine freie und auf Verträgen basierte Weltordnung folgt, zeigt auch seine Äußerung vergangene Woche über Russlands Präsidenten Wladimir Putin: Ja, er sei ein Mörder, antwortete Biden auf Nachfrage eines Journalisten.

Biden schon früher nicht zurückhaltend

Das sind Töne, die von einem so erfahrenen Außenpolitiker wie Biden nicht erwartet werden, könnte man meinen. Doch ein genauer Blick zeigt, dass Biden schon in der Vergangenheit nicht zurückhaltend war im Umgang mit autoritären Regimen wie China und Russland. Der Fokus auf Asien (Pivot to Asia), den die US-Regierung unter Barack Obama 2011 ausrief, geht unter anderem auf ihn als damaligen Vizepräsidenten zurück. Doch diese Politik ging kaum auf. In den USA sahen es viele als Versäumnis an, dass die US-Regierung schon damals Chinas Machtgebaren nicht mehr Einhalt geboten hatte. 

Die Biden-Regierung scheint allerdings nicht nur auf Konfrontation zu setzen. Beide Seiten hätten sich auf eine gemeinsame Arbeitsgruppe zum Klimawandel geeinigt, behauptet zumindest Xinhua und hebt dies als positives Ergebnis des Spitzentreffens hervor. Auffallend auch hierbei: Die US-Seite hat diesen angeblichen Fortschritt bislang nicht bestätigt. 

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Chinas Banken reduzieren Risiken

Es gibt in China nicht viele Menschen, die sich so gut mit dem Finanzsystem auskennen, wie Lou Jiwei. Nach seinem Studium begann er seine Karriere 1984 im Institut für Finanzen und Handelsökonomie der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. Ab 1992 war er stellvertretender Direktor des Büros für Wirtschaftsreformen der Stadt Peking und Direktor der Staatlichen Kommission für Wirtschaftsrestrukturierung. Später führte er über Jahre die staatliche China Investment Corporation, jene Agentur, die dafür zuständig ist, Chinas gewaltige Devisenreserven zu verwalten. Von 2013 bis 2016 war Lou Finanzminister. 

Man sollte also genau hinhören, wenn Lou etwas zu sagen hat. Im Dezember warnte Lou auf einem Finanzforum in Shenzhen vor einer zu schnell wachsenden Staatsverschuldung in Folge der Corona-Pandemie. Statt die Kreditvergabe auszuweiten, hätte die Regierung “die Untersuchung und Bereinigung von Hochrisikoinstituten” fortsetzen müssen, polterte Lou

Wie stabil sind Chinas Banken? 

Lou wies damit auf ein Thema hin, zu dem sich auch internationale Finanzexperten immer wieder besorgt zu Wort melden. Sie fragen sich, wie es um die Stabilität der chinesischen Banken steht und was wohl passieren würde, wenn es ihnen so erginge, wie großen Instituten in anderen Staaten zuvor. 

Das Ranking der größten Banken der Welt wurde in den letzten Jahrzehnten schließlich gleich mehrfach auf den Kopf gestellt. Ende der 80er-Jahre waren neun der zehn größten Banken nach Bilanzsumme in Japan beheimatet. Doch nachdem das japanische Finanzsystem einige Jahre später kollabierte, war es mit dieser Dominanz vorbei. US-Banken schickten sich an, in der Liste der weltweit größten Banken immer weiter nach oben zu klettern. 2007 waren dann sämtliche Plätze in den Top Ten von US-Instituten belegt. Die US-Subprime-Krise sorgte dafür, dass auch die Amerikaner ihre Spitzenpositionierung wieder verloren. 

Seit Jahren schon sind es nun chinesische Banken, die die größten Bilanzsummen unter weltweit allen Instituten aufweisen. An der Spitze steht die China Industrial and Commercial Bank (ICBC), die zuletzt 4,9 Billionen Dollar bilanzierte. Es folgen die China Construction Bank (4,2 Billionen Dollar), die Agricultural Bank of China (4 Billionen Dollar) und die Bank of China (3,6 Billionen Dollar). 

US-Institut erst auf Platz sechs 

Erst dann folgen auf Platz fünf mit der Mitsubishi UFJ Financial Group (3,4 Billionen Dollar) die erste japanische Bank und mit JPMorgan Chase  (3,4 Billionen Dollar) das erste US-Institut. Die gute Nachricht lautet: Peking ist nicht taub, wenn es um Mahnungen wie die des früheren Finanzministers Lou geht. Die Führung will einen Absturz, wie er in Japan und den USA passiert ist, um jeden Preis verhindern.

Die gewaltigen Bilanzsummen der chinesischen Staatsbanken sind auch das Ergebnis einer lockeren Kreditvergabe, die im vergangenen Jahrzehnt ihren Teil zu den hohen Wachstumszahlen in China beigetragen hat. Besonders die globale Finanzkrise 2008 sorgte dafür, dass die Verschuldung chinesischer Unternehmen und Lokalregierungen in die Höhe schnellte. Damals summierte sich das größte Konjunkturpaket in der Geschichte des Landes auf vier Billionen Yuan (etwa eine halbe Billion Euro) – zwölf Prozent des chinesischen BIP.

Baoshang war eine Warnung

Der Geldregen und günstige Kredite kurbelten zwar die Wirtschaft an, das allerdings zu einem hohen Preis. Die Regierung arbeitet nun schon seit Jahren daran, die Risiken im Finanzsystem zu entschärfen. Warnzeichen gibt es immer wieder, wie etwa die Pleite der Baoshang Bank vor eineinhalb Jahren. Damals sprang die Aufsichtsbehörde für Banken und Versicherungen ein und übernahm wegen “ernsthafter Kreditrisiken” zum ersten Mal seit 20 Jahren die Kontrolle über ein Geldinstitut. Die Bank mit Sitz in der Inneren Mongolei bilanzierte damals umgerechnet gerade mal 60 Milliarden US-Dollar. Dennoch verschreckte die Rettungsaktion Investoren.

Anders als Ex-Finanzminister Lou bescheinigt die US-Ratingagentur Fitch der chinesischen Regierung allerdings, mit ihrer Politik richtig gehandelt zu haben. Zwar habe sich das Verhältnis von Bankkrediten zum BIP im Jahr 2020 erheblich erhöht, man gehe aber davon aus, dass sich die Lage in diesem Jahr wieder stabilisieren werde, heißt es in einem aktuellen Fitch-Berichtder China zudem Fortschritte bei der Eliminierung von Risiken im Bankensektor bescheinigt. Gregor Koppenburg/Jörn Petring

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Oppo: Marktführer bei Smartphones

Lange war Huawei unschlagbare Nummer Eins in China, jetzt hat Konkurrent Oppo den Telekommunikationsgiganten auf dem Heimatmarkt hinter sich gelassen. Laut Zahlen des Marktforschungsunternehmens Counterpoint kam Oppo dort im Januar auf einen Marktanteil von 21 Prozent an allen verkauften Smartphones. Auf Platz zwei liegt der Hersteller Vivo mit 20 Prozent, gefolgt von Huawei, Apple und Xiaomi mit je 16 Prozent. Der Umsatz von Oppo stieg demnach gegenüber dem Vormonat um 33 Prozent und im Vorjahresvergleich um 26 Prozent. Varun Mishra, Senior Analyst von Counterpoint, prophezeit, dass der Absatzrückgang von Huawei bei den Smartphones 2021 anhalten wird, während Oppo weiterzulegt. “Oppo konnte seine Produktlinien im Jahr 2020 erfolgreich neu positionieren. Die starke Dynamik der A-Serie im mittleren Segment konnte die 5G-Nachfrage in China über ein breites Preisspektrum hinweg bedienen. Diese Entwicklung wurde durch den Niedergang von Huawei weiter unterstützt. “

200 Prozent Wachstum in Europa

Huaweis Abstieg auf dem Heimatmarkt zeichnete sich bereits im August 2020 ab. In diesem Jahr könnte der Konzern aus Shenzhen die Herstellung von Smartphones sogar um bis zu 60 Prozent reduzieren. Huaweis globale Smartphone-Verkäufe gingen allein im vierten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 42,4 Prozent zurück. Der Grund für den Einbruch sind vor allem die durch US-Sanktionen verursachten Engpässe bei essentiellen Smartphone-Komponenten, insbesondere 5G-fähigen Chips. Auch Huaweis Verkauf der Günstigmarke Honor an ein Konsortium von Händlern hat sich nachteilig auf die Marktanteile ausgewirkt. Das schafft Spielraum für Oppo. Die Marke gehört mit Vivo, Oneplus, Realme und Imoo zum Großkonzern BBK Electronics mit Sitz in Guangzhou in Südchina. Mit seinen insgesamt 41 Prozent Marktanteil zeigt sich der Vorsprung gegenüber Huawei noch deutlicher. Oppo allein gehört seit vergangenem Jahr zu den fünf größten Smartphone-Herstellern der Welt. Es kommt auf einen globalen Marktanteil von 8,2 Prozent.  

Trotz Pandemie konnte Oppo in Europa im vergangenen Jahr ein Wachstum von 200 Prozent verzeichnen. “Wir haben uns für die nächsten Jahre das ehrgeizige Ziel gesetzt, einer der Top-Hersteller in Europa zu werden”, sagt Maggie Xue, Präsidentin von Oppo Westeuropa. 

Huawei war im ersten Quartal 2019 mit einem Marktanteil von 28,3 Prozent noch die zweitgrößte Smartphone-Marke in Westeuropa. Bis zum vierten Quartal 2020 war der Konzern mit 3,9 Prozent auf Platz vier gefallen. 

Huawei: Überleben mit Sanktionen

Im Gegensatz zu Huawei ist die Reibungsfläche für Spionagevorwürfe bei Oppo deutlich geringer. Im Gegensatz zu Huawei verkauft das Unternehmen keine kritische Telekommunikationsinfrastruktur. Große Chiphersteller wie die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, die gezwungen waren, die Beziehungen zu Huawei zu kappen, beliefern Oppo weiterhin. Auch darf Oppo außerhalb Chinas im Gegensatz zu Huawei weiter Google-Dienste nutzen. 

Huawei versucht die Verluste zu kompensieren, indem das Unternehmen in neue Felder expandiert und alte ausbaut, zum Beispiel die Segmente Cloud Computing, Wearables, Displays und Lidar-Systeme für Autos. Sogar Technologielösungen für den smarten Bergbau und eine effizientere Schweinezucht bietet Huawei mittlerweile an. “Wir können immer noch überleben, ohne auf Telefonverkäufe angewiesen zu sein”, erklärt Huawei-Gründer Ren Zhengfei.  

Hochpreis-Markt Deutschland im Visier

Seit Februar vergangenen Jahres ist Oppo auch in Deutschland vor Ort, das mit insgesamt 22 Millionen verkauften Smartphones im vergangenen Jahr einer der größten Märkte Europas war. Oppo hat sich diesen Markt zum Schluss aufgehoben, nachdem man bereits in Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und der Schweiz vertreten war. Das Europa-Hauptquartier ist in Düsseldorf, wie das von Hauwei. In Hamburg wiederum liegt der bislang größte Oppo Shop-in-Shop in Westeuropa bei Media-Saturn. “Deutschland ist einer der wichtigsten Märkte in Europa mit einem immer noch großen Anteil an hochpreisigen Smartphones. In genau diesem Segment wollen wir uns als Premiumanbieter stark positionieren”, sagt Johnny Zhang, CEO von Oppo Deutschland.

Geräte, die 600 Euro und mehr kosten, werden in Deutschland vor allem in Verbindung mit einem Mobilfunkvertrag gekauft. Daher muss sich jede Premiummarke an Netzbetreiber und Service-Provider binden. Seit Oktober vertreibt Oppo seine neue Reno-4-Serie gemeinsam mit der Deutschen Telekom und O2. 

Gegen die Wettbewerber versucht sich die Smartphone-Marke aus China mit besonders guten Videofunktionen durchzusetzen. Dazu gehören Videostabilisierung oder ein  Live-HDR-Videomodus. 

Oppo wird nicht der letzte chinesischer Hersteller sein, der versucht in Deutschland Fuß zu fassen. Allerdings wird der Wettbewerbsdruck immer größer. Denn schon seit fünf Jahren stagniert der Smartphone-Markt beziehungsweise sinkt sogar leicht. 

Der chinesische Markt ist 2020 sogar um über 11 Prozent eingebrochen. Das bedeutete für Oppo, Minus 9,8 Prozent. Oppo konnte also im Grunde nur China-Markführer werden, weil Huawei noch stärker eingebrochen ist, nämlich mit 11,2 Prozent. 

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News

Grüne: Klima-Kooperation mit China

Die Grünen sehen China in ihrem jüngst vorgestellten Programmentwurf zur Bundestagswahl als Wettbewerber, Partner und systemischen Rivalen. Bei der Klimakrise müsse man mit China kooperieren und “gemeinsame politische, wirtschaftliche und technologische Anstrengungen” unternehmen. Jede Form des Alleingangs bei der “globalen sozial-ökologischen Transformation” sei zum Scheitern verurteilt, so die Grünen.

Im wirtschaftlichen Bereich und bei demokratischen Werten stehe man hingegen im Wettbewerb mit China. Um sich zu behaupten, solle Europa in Zukunftstechnologien wie schnelles Internet, Quantencomputer, Biotechnologien sowie Erneuerbare Energien und klimaneutrale Infrastrukturen investieren. Im “Systemwettbewerb mit China” müsse man Partnerländern faire Handelsabkommen anbieten, die “dem Wohlstand aller Menschen”, dem Klimaschutz und der Demokratie dienen. Im Handel mit China bestehe man auf “fairen Marktzugang” für Investoren, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen. Zum jüngst ausverhandelten Investitionsabkommen mit China findet sich keine Aussage im Wahlprogramm.

Zum Rivalen werde China durch seine “autoritären Hegemonialbestrebungen”. Peking zwinge Staaten “in wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten” und “spaltet Europa“, so die Diagnose der Grünen. Deswegen brauche es eine “enge europäische Koordinierung gegenüber China”. Europa müsse seine Abhängigkeit von Dritten in kritischen Bereichen abbauen, heißt es, ohne hier jedoch konkret China zu nennen. Die transatlantische Partnerschaft wolle man erneuern, um bei Klima- und Handelsfragen, der Digitalisierung sowie der Gesundheit mit den USA zu kooperieren. Explizit wird auch eine Koordination mit den USA gegenüber China “in den Bereichen 5G-Ausbau und Schutz kritischer Infrastrukturen” genannt.

Die Grünen fordern von China ein Ende der “eklatanten Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang, Tibet und zunehmend auch Hongkong”. China müsse die Kernarbeitsnormen der ILO ratifizieren und Zwangsarbeit beenden. Waren aus Zwangsarbeit “etwa aus Xinjiang” sollten durch das europäische Lieferkettengesetz vom Marktzugang in die EU abgeschnitten werden, so die Grünen. nib

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Visa-Erleichterung nach Impferfolg

China erwägt, die Visa-Hürden für Reisende zu senken, sobald in der eigenen Bevölkerung ein hohes “Immunitäts-Niveau” erreicht sei, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Derzeit werden für geimpfte Personen keine Ausnahmen beim Testen und bei Isolationsmaßnahmen gemacht, sagte der Vize-Direktor des chinesischen Zentrums für Krankheitskontrolle und Prävention, Feng Zijian, Reuters zufolge. Man verfolge jedoch Entwicklungen um einen internationalen Impfpass. Laut Reuters erwäge Peking eine differenzierte Politik für die Visa-Ausstellung, für Flüge und Kontrollen der Einreisenden, basierend auf dem Fortschritt bei Impfungen mit Corona-Impfstoffen und der Covid-19-Situation in den verschiedenen Herkunftsländern.

Welche Höhe das chinesische Immunitäts-Niveau erreichen müsste, bevor Visa-Lockerungen umgesetzt werden, war bisher nicht in Erfahrung zu bringen. Zhong Nanshan, ein chinesischer Spezialist für Infektionskrankheiten, warnte jedoch am Wochenende, dass China aufgrund seiner geringen Impfrate hinter andere Länder zurückfallen könne und erst später wieder zu einem “Normalzustand” finden könnte, berichtet die South China Morning Post. Die Impfrate liegt bei vier pro 100 Menschen, verglichen mit 35 in den USA und 42 in Großbritannien. “Es besteht die Möglichkeit, dass in der Zukunft andere Länder Herdenimmunität haben, China aber nicht“, sagte Zhong der SCMP zufolge auf einer Veranstaltung. Bis letzten Montag hätten nur 65 Millionen Menschen eine Impfung erhalten. Bis Juni sollen es knapp 560 Millionen sein. nib

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Credit Suisse will Mitarbeiterzahl in China verdreifachen

Die Schweizer Großbank Credit Suisse plant, ihre Mitarbeiterzahl in China in den nächsten drei Jahren zu verdreifachen, berichtet Bloomberg. Die Bank wolle ihren Marktanteil in China erhöhen und von der Öffnung des Finanzsektors profitieren. Weiter plane man, eine Banklizenz für die Niederlassung in China zu erhalten, “um unser Angebot in den Bereichen Private Banking und Investment Banking weiter auszubauen”, gibt Bloomberg den Credit Suisse CEO Thomas Gottstein wieder. nib

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Clariant weitet China-Engagement aus

Das Schweizer Spezialchemieunternehmen Clariant hat einen neuen Campus in Shanghai eröffnet, der die operative Unternehmenszentrale und das Innovationszentrum beheimaten soll. Laut Unternehmensangaben erzielte Clariant im Jahr 2020 rund 364 Millionen Euro Umsatz in China – zehn Prozent des Gesamtumsatzes.

Das Unternehmen will auch eine neue Produktionsanlage für Katalysatoren in Jiaxing in der Provinz Zhejiang errichten. China sei der weltweit größte Markt für Chemikalien und Spezialchemikalien, so das Unternehmen. Clariant stellt Chemikalien für zahlreiche Industriezweige her, unter anderem die Landwirtschaft, den Transportsektor und die Luftfahrtindustrie. nib

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Standpunkt

Sanktionen werden Peking nicht schmerzen

Von Jörg Wuttke

US-Präsident Joe Biden und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping haben am 11. Februar zum ersten Mal miteinander telefoniert. Nach dem Gespräch schien es, dass die Beziehungen zwischen den USA und China nun wieder auf dem richtigen Weg sind. Die beiden Staatsoberhäupter hatten klare Grenzen gezogen und sich für eine sachorientierte, pragmatische Herangehensweise entschieden. Die Streitlust und Polterei von Bidens Vorgänger schien passé. Am Donnerstag kamen in Alaska erstmals seit der Vereidigung Joe Bidens hochrangige Vertreter der USA und Chinas zusammen. Die Tonlage dabei war frostig, inhaltlich hatten die Gespräche nicht viel Substanz – beide Seiten bedienten die Heimatfront mit starken Gesten.

Zusammenarbeit, Dialog, Konflikte

Aus dem offiziellen Bericht des Weißen Hauses über das Telefonat von Biden und Xi im Februar ging hervor, dass Washington dem von Peking vorgeschlagenen «Drei-Listen-Ansatz» zugestimmt hat. Dieser sieht vor, dass die beiden Länder eine Liste von Themen definieren, in welchen sie konstruktiv zusammenarbeiten können. Eine zweite Liste umfasst Themen, die einen Dialog erfordern. Die dritte Liste umfasst die Konfliktpunkte, die die beiden Staaten bewältigen müssen. Der Bericht des Weißen Hauses nannte konkret vier Kritikpunkte – Nötigung von Unternehmen, Hongkong, Xinjiang und Taiwan – und vier Bereiche der Zusammenarbeit: Coronavirus, Gesundheitssicherheit, Klima und Waffenverbreitung.

Die angedeutete Betonung der Ausgewogenheit scheint mit Bidens allgemeinem Ansatz in der Politik übereinzustimmen. Zum Beispiel wurden das Südchinesische Meer und Tibet – zwei Themen, die für die strategischen Interessen und Werte der USA nicht weniger wichtig sind – in der Verlautbarung nicht ausdrücklich erwähnt. Pekings eigene Verlautbarung zum Telefonat warnte jedoch die USA, bei Themen, die mit Chinas Kerninteressen zusammenhängen, vorsichtig zu sein: Taiwan, Hongkong und Xinjiang.

Im Vergleich zu Trumps China-Politik, die sich durch das Drängen auf konkrete Ergebnisse und die einseitige Verhängung breit angelegter Sanktionen auszeichnete, schien sich die Biden-Regierung bisher von einem höheren Ziel leiten zu lassen: Chinas Entwicklungsmodell mit einer liberal-demokratischen Alternative zu antworten. Laut dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan brauchen die USA, um einen solchen Wettbewerb zu gewinnen, zunächst eine innenpolitische Erneuerung, um “die (…) fundamentalen Grundlagen unserer Demokratie zu erneuern”, gefolgt von “Investitionen in Verbündete”, um “diese Allianzen zu modernisieren, damit sie mit den Bedrohungen der Zukunft umgehen können”.

USA nicht auf der Gewinnerseite

Im Moment steht Amerika nicht auf der Gewinnerseite. Von der Pandemiebekämpfung bis zu Investitionen in die Infrastruktur scheint Pekings zentralistischer Ansatz viel effektiver zu sein. Auf der internationalen Bühne sind auch Washingtons traditionelle Allianzen, die vom gemeinsamen Streben nach einer “freien Welt” geprägt sind, das Bidens Generation auszeichnete, nicht sakrosankt. Chinas enorme Marktattraktivität und politische Konsistenz, garantiert durch eine Führungspersönlichkeit, die von der Last befreit ist, ein geteiltes Land zu vereinen, stellt die US-Verbündeten in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum vor schwierige Entscheidungen.

Es ist schwer vorstellbar, welche kurzfristigen, greifbaren Ergebnisse die Biden-Regierung in diesem Umfeld erzielen könnte. Für Peking ist das Ziel recht einfach. Es will die USA nicht ausstechen, aber es will beweisen, dass es mehr als eine “richtige Seite der Geschichte” gibt. Chinas Ziel ist es, sicherzustellen, dass sein politisches Modell einen dauerhaften und unangefochtenen Sitz an einem Tisch erhält, der von liberalen Demokratien dominiert wird.

Rückhalt in der Partei für Xis Politik

In Bezug auf Hongkong und Xinjiang sieht Peking keine Notwendigkeit, Kompromisse einzugehen, da beide Themen keinen großen Raum für eine Eskalation bieten. Alle damit verbundenen möglichen Sanktionen werden China nicht wirklich schmerzen, und Xis starker Rückhalt in der Partei bedeutet, dass er von innen keinen Druck hat, der ausländischen Kritik nachzugeben. Für Xi ist es notwendig für die “Revitalisierung der chinesischen Nation”, dass der Westen Pekings Souveränität und volle Autorität über innere Angelegenheiten wie Hongkong und Xinjiang respektiert.

In Bezug auf Taiwan ist die unmittelbare Gefahr eines bewaffneten Konflikts gering. Xi mag zwar danach streben, die Taiwan-Frage ein für alle Mal zu lösen, aber er hat es nicht eilig, drastische Maßnahmen zu ergreifen. Xi kann bis mindestens 2027, möglicherweise sogar bis 2032 im Amt bleiben, was bedeutet, dass er noch viele Jahre Zeit hat, eine Lösung für Taiwan ohne militärische Invasion zu finden.

An der Wirtschaftsfront wird China zwar weiterhin Agrar- und Energiegüter aus den USA kaufen – und zwar nicht unbedingt, um das Phase-1-Handelsabkommen einzuhalten, sondern eher aufgrund der anziehenden Binnenwirtschaft. Gleichzeitig ist wahrscheinlich, dass Peking vorschlagen wird, die Verhandlungen über das bilaterale Investitionsabkommen (BIT) wieder aufzunehmen und es als Rahmen für ein kontinuierliches wirtschaftliches Engagement zu nutzen. Das umfassende Investitionsabkommen zwischen der EU und China (CAI) könnte als Blaupause für den Dialog zwischen Peking und Washington dienen, und das Phase-1-Abkommen würde als Basis für zukünftige Verhandlungen dienen.

Empfindliches Gleichgewicht der Kräfte

Im Moment gibt es für Peking und Washington ein kurzes Zeitfenster, um die Spielregeln neu zu bestimmen. Aber dieses empfindliche Gleichgewicht der Kräfte kann sich rasch verschieben, wenn eine der beiden Seiten ungeduldig wird und sich für Abkürzungen im Streben nach dem Sieg entscheidet, wie sie im so genannten “Longer Telegram” vorgeschlagen werden, das angeblich von einem ehemaligen hochrangigen US-Beamten geschrieben wurde, der für die Beseitigung von Xi Jinping als Ziel einer “neuen China-Politik” plädiert.

Für China ist Washingtons explizites oder implizites Drängen auf einen Regimewechsel eine fundamentale Bedrohung, die kein Klimaabkommen oder Investitionsvertrag ausgleichen kann. Es wird letztlich an Präsident Biden liegen, die konkurrierenden Stimmen innerhalb Washingtons gegeneinander abzuwägen – eine Prüfung, der er sich seit 1973 stellt.

Jörg Wuttke ist seit Mai 2019 Präsident der EU-Handelskammer in China – zuvor hatte er das Amt bereits von 2007 bis 2010 sowie von 2014 bis 2017 inne. Wuttke ist Chairman der China Task Force des Business and Industry Advisory Committee der OECD (BIAC) sowie Mitglied des Beratergremiums des Mercator Institute for China Studies (MERICS) in Berlin. Er lebt seit mehr als drei Jahrzehnten in Peking.

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Zur Sprache

China ist das Land des Essens! Wen wundert es da, dass die Liebe fürs Kulinarische auch die chinesische Internetlandschaft mitprägt und insbesondere im Trendbereich Livestreaming besondere Blüten treibt. Live-Übertragungen von genüsslich speisenden Freizeit- und Profi-Foodies sind auf Chinas Videoplattformen nämlich ein echter Klick-Magnet. Ursprünglich schwappte der Trend zu den Fress-Formaten vor einigen Jahren aus Südkorea ins Reich der Mitte über, dort bekannt unter dem Namen “Mok-Bang”. Auf Neu-Chinesisch nennt man das Ganze 吃播 chībō – ein Wortspiel aus 吃 chī “essen” und 直播 zhíbō “Live-Streaming”.

Wer sich ein wenig mit dem Chinesischen beschäftigt, wird schnell feststellen, dass der Stellenwert des Themas Essen viele sprachliche Spuren in Idiomen und Redewendungen hinterlassen hat. Zum Beispiel in Alltagsbegriffen wie “eifersüchtig sein” (吃醋 chīcù – wörtl. “Essig essen”), “schwere Zeiten durchmachen/ertragen” (吃苦chīkǔ “Bitternis essen”), “geschockt/verblüfft sein” (吃惊 chījīng “Schrecken essen”) oder “beliebt/gefragt sein” (吃香 chīxiāng “Duft essen”). Die Essens-Metaphorik reicht sogar bis ins Geschäftsleben, wo sie in Redensweisen wie “Verluste erleiden” (吃亏 chīkuī “Schaden essen”) oder “eine Provision kassieren” (吃回扣 chī huíkòu “Provision essen”) auftaucht. Und auch eine kulinarische Tücke lauert in der interkulturellen Kommunikation: So ist der Ausdruck 吃豆腐 chī dòufu mit Vorsicht zu genießen. Er bedeutet nämlich nicht nur ganz wörtlich “Tofu essen”, sondern wird in übertragener Weise auch im Sinne von “jemanden unsittlich berühren/betatschen” gebraucht. Vorsicht also vor sprachlich-kulinarischen Fettnäpfchen! Verena Menzel

Verena Menzel 孟维娜 betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Stiftungen und NGOs: Sorge wegen CAI-Absatz
    • Bidens aggressiver China-Kurs
    • Chinas Banken reduzieren Risiken
    • Oppo: Marktführer bei Smartphones
    • Grüne: Klima-Kooperation mit China
    • Visa-Erleichterung nach Impferfolg
    • Credit Suisse will Mitarbeiterzahl in China verdreifachen
    • Clariant weitet China-Engagement aus
    • Jörg Wuttke: Sanktionen werden Peking nicht schmerzen
    • Zur Sprache
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Chinas mitunter rabiates Vorgehen gegen ausländische NGOs und Stiftungen wird nun auch im Investitionsabkommen mit der EU festgeschrieben. Von besseren Standards, wie sie für Unternehmen erzielt wurden, wird die Zivilgesellschaft ausgeschlossen. Damit sendet Peking ein deutliches Signal, analysiert Amelie Richter. Zu weiteren Auswirkungen des Abkommens auf deutsche und europäische Marktteilnehmer lesen Sie Näheres in unseren China.Table-Analysen zum CAI.

    Die Spannungen im US-China-Verhältnis werden auch unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden nicht abnehmen, prognostiziert Felix Lee. Vor laufenden Kameras wird undiplomatisch gepoltert, wie beim Treffen in Alaska. Zudem schmiedet Washington neue und alte Bündnisse, um China einzudämmen. Dass Sanktionen von US-Seite Peking nicht schmerzen werden, schreibt hingegen Jörg Wuttke, der Präsident der EU-Handelskammer in China, im Standpunkt. Xi Jinping genieße starken Rückhalt in der Partei und habe deswegen keinen Druck, ausländischen Forderungen nachzugeben.

    Chinas Banken sind in den letzten Jahren zu den größten der Welt geworden. Doch viele Experten fragen sich, wie viele faule Kredite in den Bilanzen schlummern. Während Chinas ehemaliger Finanzminister Lou Jiwei zu einer weiteren Reduzierung des Kreditrisikos mahnt, bescheinigt die Rating-Agentur Fitch Peking gute Fortschritte, analysieren Gregor Koppenburg und Jörn Petring.

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Presseschau

    United States-China talks sink to war of words INDEPENDENT
    China-Russia ties deepen while US and allies flail GLOBAL TIMES
    China and U.S. to Cooperate on Climate Change, Xinhua Says BLOOMBERG
    China to Restrict Tesla Use by Military and State Employees WSJ
    Vaccine tensions loom in Asia as China and India trade free shots for influence THE GUARDIAN
    Hong Kong, Its Elections Upended, Reconsiders Its Dream of Democracy NYT
    Biden Clashes With China and Russia in First 60 Days NYT
    How Pinduoduo Beat Alibaba to Become China’s Top Shopping Site WSJ
    China Picks New Central Bank Policy Makers as It Focusses on Risk BLOOMBERG
    China-Australia relations: Beijing set to dominate refined oil exports in Asia-Pacific region, observers say SCMP
    Spionage mit Tesla? Elon Musk versucht sich als Diplomat MANAGER MAGAZIN
    Südchinesisches Meer: Philippinen werfen China feindliches Eindringen in umstrittenes Seegebiet vor SPIEGEL
    Chinas Gegenpropaganda: Wie China auf Youtube und Twitter zurückschiesst SRF

    Analyse

    Stiftungen und NGOs: Sorge wegen CAI-Absatz

    Die Arbeit für ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGO), wie Umweltbewegungen und Stiftungen, in China ist ohnehin hart. Seit Anfang 2017 gilt in der Volksrepublik ein strenges Gesetz, das die Möglichkeiten der NGOs stark beschränkt. Unter anderem unterstellt es die Arbeit sämtlicher ausländischer NGOs seitdem der Aufsicht des Ministeriums für Staatssicherheit, das für sein oft ruppiges und willkürliches Vorgehen bekannt ist. Vorher war das sehr viel moderatere Ministerium für zivile Angelegenheiten zuständig.

    Umso überraschender, dass nun auch ein entsprechender Passus im Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und China (CAI) Eingang findet.

    Verschärfung der bisherigen Regelungen

    Im CAI wird auch die Behandlung und damit das scharfe Vorgehen gegen ausländische NGOs vonseiten chinesischer Behörden aufgeführt – ausländische Investitionen in die Organisationen bleiben erwartungsgemäß weiterhin verboten. China nutzt den Abkommens-Text, um sich weiteren Druck auf die chinesische Besetzung von Führungsposten vorzubehalten. Deutsche Stiftungs-Vertreter halten das für höchst bedenklich.

    Ein Vertreter einer unternehmensverbundenen deutschen Stiftung merkte gegenüber China.Table an, dass die Debatte um den CAI-Abschnitt “noch jung” sei, da die Annexe des Abkommens gerade erst veröffentlicht wurden. Es sei jedoch deutlich zu sehen, dass auf chinesischer Seite der Versuch unternommen werde, ein bestimmtes Narrativ zu kontrollieren und an Stellen, an welchen die Gesetzgebung noch durchlässig sei, nach zu justieren. Für die NGO-Community gebe es zwar wegen der Aufführung im Anhang zunächst keine großen Änderungen, die Vorgaben gebe es ja bereits seit Einführung des NGO-Gesetzes in China. Kritisch sieht der Stiftungsvertreter jedoch, dass damit offensichtlich ein “Signal” gesendet werden wolle.

    NGO-Führungskräfte bevorzugt mit chinesischem Pass

    Im neunten Eintrag des Annex II des CAI, den die EU-Kommission vor gut einer Woche veröffentlicht hat, wird aufgeführt, dass China sich das Recht vorbehalte, “folgende Maßnahmen zu ergreifen oder beizubehalten”: Sofern die chinesische Regierung es nicht anders genehmigt habe, können Investoren aus dem Ausland nicht in “gemeinnützige Organisationen auf dem Gebiet Chinas investieren.” Weiter dürfen außerhalb Chinas gegründete gemeinnützige Organisationen keine Repräsentanzen oder Niederlassungen in China errichten. Um vorübergehend Aktivitäten in China durchzuführen, müssen ausländische NGOs mit “inländischen Unternehmen” zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit ist dann auf ein Jahr begrenzt – bis hierhin entspricht der CAI-Absatz den Vorgaben des “Law on the Administration of Activities of Overseas Nongovernmental Organizations in the Mainland of China”. Hinzugefügt wird, dass leitende Angestellte der NGOs, die in China tätig sein dürfen, chinesische Staatsbürger sein müssen.

    Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses des Europaparlaments, war nach eigenen Angaben der betreffende CAI-Absatz zuvor nicht bewusst. “Schön ist es nicht”, so Lange. Dass China im Rahmen des Abkommens die Türen für NGOs nicht weiter öffnen werde, sei aber klar, so Lange. Es gebe gegenseitig auch Vorgaben vonseiten der EU, beispielsweise bei Investitionen in Medienunternehmen. Zu der Vorgabe, dass führende Posten mit chinesischen Staatsbürgern besetzt werden sollten, erklärte der SPD-Politiker, dass auch in anderen Bereichen, wie Dienstleistungen, festgelegt werde, dass führende Posten oder ein bestimmter Anteil der Belegschaft chinesische Staatsbürger sein müssten

    NGO-Regeln im Investitionsabkommen?

    Der Absatz zu den gemeinnützigen Organisationen habe aber klar einen politischen Hintergrund, so Lange. Im Europaparlament werde das genau diskutiert, bevor dem Abkommen zugestimmt werden könne. Man wolle nicht dazu beitragen, dass sich das Vorgehen gegen NGOs “stabilisiere”, so Lange. Die Generaldirektion für Handel der Europäischen Kommission wurde von China.Table um ein Statement gebeten, bis Redaktionsschluss lag noch keine Antwort vor.

    Bertram Lang, Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt Ostasien und China an der Goethe-Universität Frankfurt, kritisiert, dass NGOs in dem Anwendungsbereich ausgenommen werden, durch welchen es für europäische Investoren tatsächlich Fortschritte geben soll. “Es ist zynisch,  zu sagen, wir wollen bessere Standards für europäische Unternehmen, aber NGOs und Stiftungen lassen wir unter den Tisch fallen und wir lassen es zu, dass China einfach die Bestimmungen des Abkommens für Non-Profit-Investment nicht anwendet.” An diesem Beispiel könne man sehen, dass es Europa mit dem CAI ausschließlich um profitorientierte Unternehmen gehe.

    “Dass die europäische Seite anscheinend nicht einmal ihre Kritik an dieser chinesischen Einstellung zu Non-Profit-Investitionen oder zumindest eine Erneuerung eigener liberalerer Prinzipien als Gegengewicht formuliert hat, ist bedauerlich”, so Lang, der sich mit NGO-Arbeit in der Volksrepublik auseinandersetzt. Für den “eigenen Profit” dürfe in China investiert werden, für öffentliches Interesse, wie beispielsweise Klimaschutz, habe man jedoch nicht den Schutz des Abkommens, sagt Lang. “Das ist für mich die Absurdität der Geschichte.”

    Unklare Strategie der EU-Verhandler

    Ein weiterer Vertreter einer politischen Stiftung mit Büros in China sagte, er sei vor allem “überrascht”, dass sich der Passus zur Besetzung von Führungsposten im Annex finde. Da es eine ganze Bandbreite an NGO-Akteuren gebe, manche auch mit Einfluss auf die öffentliche Debatte, wolle man damit “wohl eine grobe Regelung” für führende Stellen einbringen, so der Stiftungs-Vertreter. Es sei nicht klar gewesen, dass sich ein solcher Absatz im CAI finde. Es wäre enttäuschend, wenn das “von europäischer Seite so hingenommen wurde”, kritisiert der Stiftungs-Vertreter.

    Der Absatz passe “gut in den Trend, dass man im Einzelfall prüft”, erklärte ein weiterer Vertreter einer Stiftung China.Table. Vergleichbar sei das mit Hongkong,  wo nur noch “Patrioten” antreten dürften. Insgesamt gehe die “Kontrolle in der letzten Zeit auch Richtung inhaltliche Einflussnahme”, was ein “ungutes Gefühl” hinterlasse, so der Organisationsmitarbeiter.

    Generell sei die Stimmung gegenüber NGOs in China zunehmend “aggressiver”, kritisiert eine betroffene Vertreterin. Der “zivilgesellschaftliche Rahmen” für deren Arbeit dort ziehe sich immer weiter zu. Konsultationen mit den betroffenen NGOs zu dem Abkommensabsatz habe es bisher nicht gegeben, sagte eine weitere Mitarbeiterin einer politischen Stiftung mit Vertretung in China. Die Besetzung von Stellen in der Volksrepublik sei bereits heute schon schwierig, da diese vor allem durch die Vergabe von Visa und Arbeitsgenehmigungen reguliert werde. Zudem werde es zunehmend schwerer, Personal zu finden, dass dazu bereit ist, in China zu arbeiten.

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    Bidens aggressiver China-Kurs

    Dass auch Joe Biden nicht gerade zimperlich mit China umgehen will, hatte sein Stab vor seiner Wahl zum US-Präsidenten bereits angekündigt. Wie schon sein Vorgänger Donald Trump werde auch er die Volksrepublik als Rivalen betrachten. Dass Biden jedoch gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft eine aggressive China-Politik wählt – damit hatten viele Beobachter dann doch nicht gerechnet. 

    Beim ersten Spitzentreffen von China und den USA seit Antritt der Biden-Regierung haben sich beide Seiten am Donnerstag und Freitag in Alaska einen heftigen Schlagabtausch geliefert (China.Table berichtete). Zwar gab sich Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua betont nüchtern. Beide Seiten hätten sich darauf verständigt, den Dialog zwischen ihren Ländern aufrecht zu erhalten, “um Missverständnissen, Konflikten und Konfrontationen vorzubeugen”. Im chinesischen Staatsfernsehen bezeichnete Verhandlungsführer Yang Jiechi, Chefdiplomat und mächtiges Mitglied des Politbüros, die Gespräche als “konstruktiv”. Doch der Ärger über den Verlauf war ihm anzusehen. Natürlich habe es “Differenzen” gegeben, fügte Yang hinzu. Deutliche Worte fand der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan. Er sprach nach dem Abschluss der zweitägigen Gespräche von einem “harten und direkten Austausch“.

    Für diplomatische Gepflogenheit ungewöhnlich waren beide Seiten gleich zu Beginn der Gespräche aneinandergerasselt – vor laufender Kamera. Vorgesehen waren eigentlich nur kurze Einführungen. Dann wollten sich die Delegationen hinter verschlossene Türen zurückziehen. Doch sowohl US-Außenminister Anthony Blinken als auch Sullivan überzogen die chinesischen Gäste gleich zu Beginn mit scharfen Vorwürfen. Diese reichten von Chinas Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang über die Zerschlagung der demokratischen Institutionen in Hongkong und unfaire Handelspraktiken bis hin zu ungerechtfertigten Machtansprüchen

    Das wiederum ließ Yang nicht auf sich sitzen und verwies auf Rassenprobleme und Polizeigewalt in den USA. Die amerikanische Delegation habe kein Recht, Peking Menschenrechtsverletzungen vorzuwerfen oder herablassend Vorträge über die Vorzüge der Demokratie zu halten, hielt Yang den Gastgebern entgegen. “Die meisten Länder der Welt erkennen nicht an, dass die US-Werte die internationalen Werte repräsentieren.” Blinken bat daraufhin die Journalisten zu bleiben, um Zeuge dieser Auseinandersetzung zu sein. Eine Stunde dauerte der öffentlich ausgetragene Schlagabtausch. US-Präsident Joe Biden, der an den Gesprächen selbst nicht teilnahm, rüffelte seinen Chefdiplomaten nicht für dieses undiplomatische Verhalten. Ganz im Gegenteil: Er stärkte Blinken den Rücken. “Ich bin sehr stolz auf den Außenminister”, sagte der US-Präsident. War das ein Vorgeschmack für seine künftige China-Politik? 

    Biden schmiedet Front gegen Peking

    Bislang hat Biden seine China-Politik nicht vollständig ausformuliert. Er wolle demokratische Werte stärker betonen wie auch Vorwürfe chinesischer Menschenrechtsverletzungen, heißt es aus seinen Kreisen. Zudem wolle er die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft stärken, keineswegs aber von “Entkopplung von China” sprechen wie sein Vorgänger Trump. An den Strafzöllen, die Trump gegen chinesische Importe verhängt hat, will Biden aber vorerst festhalten – als Verhandlungsmasse. 

    Offiziell klingt das diplomatisch – aber in der Praxis schmiedet er eine Front gegen Peking. So traf sich Biden eine Woche vor dem Alaska-Treffen mit den Regierungschefs von Indien, Australien und Japan zum Gipfel der sogenannten Quad-Staaten (Quadrilateraler Sicherheitsdialog). Sie einigten sich darauf, vor allem den Ländern in Südostasien bis Ende 2022 rund eine Milliarde Impfdosen gegen Covid-19 zu liefern – als Kontrapunkt zu Chinas Impfdiplomatie in der Region.

    Wenige Tage vor dem Alaska-Treffen lieferte Washington zudem die von Trump bereits vor geraumer Zeit zugesagte Geheimtechnik an Taiwan für acht U-Boote, mit der die demokratisch regierte Inselrepublik ihre Marine deutlich aufrüstet. Der Führung in Peking ist das besonders ein Dorn im Auge, betrachtet sie Taiwan doch als abtrünnige Provinz und droht mit militärischer Intervention. Biden macht damit deutlich, dass er das nicht zulassen werde und sein Augenmerk sehr viel stärker als sein Vorgänger auf die Verteidigung Taiwan richte. Zudem statteten Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin noch vor dem Alaska-Treffen den Regierungen in Seoul und Tokio jeweils Besuche ab und sicherten Japan im Dauerstreit mit China um die Senkaku/Diaoyu-Inseln US-Unterstützung zu. 

    Dass Biden keine Zeit verlieren möchte und seiner Agenda für eine freie und auf Verträgen basierte Weltordnung folgt, zeigt auch seine Äußerung vergangene Woche über Russlands Präsidenten Wladimir Putin: Ja, er sei ein Mörder, antwortete Biden auf Nachfrage eines Journalisten.

    Biden schon früher nicht zurückhaltend

    Das sind Töne, die von einem so erfahrenen Außenpolitiker wie Biden nicht erwartet werden, könnte man meinen. Doch ein genauer Blick zeigt, dass Biden schon in der Vergangenheit nicht zurückhaltend war im Umgang mit autoritären Regimen wie China und Russland. Der Fokus auf Asien (Pivot to Asia), den die US-Regierung unter Barack Obama 2011 ausrief, geht unter anderem auf ihn als damaligen Vizepräsidenten zurück. Doch diese Politik ging kaum auf. In den USA sahen es viele als Versäumnis an, dass die US-Regierung schon damals Chinas Machtgebaren nicht mehr Einhalt geboten hatte. 

    Die Biden-Regierung scheint allerdings nicht nur auf Konfrontation zu setzen. Beide Seiten hätten sich auf eine gemeinsame Arbeitsgruppe zum Klimawandel geeinigt, behauptet zumindest Xinhua und hebt dies als positives Ergebnis des Spitzentreffens hervor. Auffallend auch hierbei: Die US-Seite hat diesen angeblichen Fortschritt bislang nicht bestätigt. 

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    Chinas Banken reduzieren Risiken

    Es gibt in China nicht viele Menschen, die sich so gut mit dem Finanzsystem auskennen, wie Lou Jiwei. Nach seinem Studium begann er seine Karriere 1984 im Institut für Finanzen und Handelsökonomie der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. Ab 1992 war er stellvertretender Direktor des Büros für Wirtschaftsreformen der Stadt Peking und Direktor der Staatlichen Kommission für Wirtschaftsrestrukturierung. Später führte er über Jahre die staatliche China Investment Corporation, jene Agentur, die dafür zuständig ist, Chinas gewaltige Devisenreserven zu verwalten. Von 2013 bis 2016 war Lou Finanzminister. 

    Man sollte also genau hinhören, wenn Lou etwas zu sagen hat. Im Dezember warnte Lou auf einem Finanzforum in Shenzhen vor einer zu schnell wachsenden Staatsverschuldung in Folge der Corona-Pandemie. Statt die Kreditvergabe auszuweiten, hätte die Regierung “die Untersuchung und Bereinigung von Hochrisikoinstituten” fortsetzen müssen, polterte Lou

    Wie stabil sind Chinas Banken? 

    Lou wies damit auf ein Thema hin, zu dem sich auch internationale Finanzexperten immer wieder besorgt zu Wort melden. Sie fragen sich, wie es um die Stabilität der chinesischen Banken steht und was wohl passieren würde, wenn es ihnen so erginge, wie großen Instituten in anderen Staaten zuvor. 

    Das Ranking der größten Banken der Welt wurde in den letzten Jahrzehnten schließlich gleich mehrfach auf den Kopf gestellt. Ende der 80er-Jahre waren neun der zehn größten Banken nach Bilanzsumme in Japan beheimatet. Doch nachdem das japanische Finanzsystem einige Jahre später kollabierte, war es mit dieser Dominanz vorbei. US-Banken schickten sich an, in der Liste der weltweit größten Banken immer weiter nach oben zu klettern. 2007 waren dann sämtliche Plätze in den Top Ten von US-Instituten belegt. Die US-Subprime-Krise sorgte dafür, dass auch die Amerikaner ihre Spitzenpositionierung wieder verloren. 

    Seit Jahren schon sind es nun chinesische Banken, die die größten Bilanzsummen unter weltweit allen Instituten aufweisen. An der Spitze steht die China Industrial and Commercial Bank (ICBC), die zuletzt 4,9 Billionen Dollar bilanzierte. Es folgen die China Construction Bank (4,2 Billionen Dollar), die Agricultural Bank of China (4 Billionen Dollar) und die Bank of China (3,6 Billionen Dollar). 

    US-Institut erst auf Platz sechs 

    Erst dann folgen auf Platz fünf mit der Mitsubishi UFJ Financial Group (3,4 Billionen Dollar) die erste japanische Bank und mit JPMorgan Chase  (3,4 Billionen Dollar) das erste US-Institut. Die gute Nachricht lautet: Peking ist nicht taub, wenn es um Mahnungen wie die des früheren Finanzministers Lou geht. Die Führung will einen Absturz, wie er in Japan und den USA passiert ist, um jeden Preis verhindern.

    Die gewaltigen Bilanzsummen der chinesischen Staatsbanken sind auch das Ergebnis einer lockeren Kreditvergabe, die im vergangenen Jahrzehnt ihren Teil zu den hohen Wachstumszahlen in China beigetragen hat. Besonders die globale Finanzkrise 2008 sorgte dafür, dass die Verschuldung chinesischer Unternehmen und Lokalregierungen in die Höhe schnellte. Damals summierte sich das größte Konjunkturpaket in der Geschichte des Landes auf vier Billionen Yuan (etwa eine halbe Billion Euro) – zwölf Prozent des chinesischen BIP.

    Baoshang war eine Warnung

    Der Geldregen und günstige Kredite kurbelten zwar die Wirtschaft an, das allerdings zu einem hohen Preis. Die Regierung arbeitet nun schon seit Jahren daran, die Risiken im Finanzsystem zu entschärfen. Warnzeichen gibt es immer wieder, wie etwa die Pleite der Baoshang Bank vor eineinhalb Jahren. Damals sprang die Aufsichtsbehörde für Banken und Versicherungen ein und übernahm wegen “ernsthafter Kreditrisiken” zum ersten Mal seit 20 Jahren die Kontrolle über ein Geldinstitut. Die Bank mit Sitz in der Inneren Mongolei bilanzierte damals umgerechnet gerade mal 60 Milliarden US-Dollar. Dennoch verschreckte die Rettungsaktion Investoren.

    Anders als Ex-Finanzminister Lou bescheinigt die US-Ratingagentur Fitch der chinesischen Regierung allerdings, mit ihrer Politik richtig gehandelt zu haben. Zwar habe sich das Verhältnis von Bankkrediten zum BIP im Jahr 2020 erheblich erhöht, man gehe aber davon aus, dass sich die Lage in diesem Jahr wieder stabilisieren werde, heißt es in einem aktuellen Fitch-Berichtder China zudem Fortschritte bei der Eliminierung von Risiken im Bankensektor bescheinigt. Gregor Koppenburg/Jörn Petring

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    Oppo: Marktführer bei Smartphones

    Lange war Huawei unschlagbare Nummer Eins in China, jetzt hat Konkurrent Oppo den Telekommunikationsgiganten auf dem Heimatmarkt hinter sich gelassen. Laut Zahlen des Marktforschungsunternehmens Counterpoint kam Oppo dort im Januar auf einen Marktanteil von 21 Prozent an allen verkauften Smartphones. Auf Platz zwei liegt der Hersteller Vivo mit 20 Prozent, gefolgt von Huawei, Apple und Xiaomi mit je 16 Prozent. Der Umsatz von Oppo stieg demnach gegenüber dem Vormonat um 33 Prozent und im Vorjahresvergleich um 26 Prozent. Varun Mishra, Senior Analyst von Counterpoint, prophezeit, dass der Absatzrückgang von Huawei bei den Smartphones 2021 anhalten wird, während Oppo weiterzulegt. “Oppo konnte seine Produktlinien im Jahr 2020 erfolgreich neu positionieren. Die starke Dynamik der A-Serie im mittleren Segment konnte die 5G-Nachfrage in China über ein breites Preisspektrum hinweg bedienen. Diese Entwicklung wurde durch den Niedergang von Huawei weiter unterstützt. “

    200 Prozent Wachstum in Europa

    Huaweis Abstieg auf dem Heimatmarkt zeichnete sich bereits im August 2020 ab. In diesem Jahr könnte der Konzern aus Shenzhen die Herstellung von Smartphones sogar um bis zu 60 Prozent reduzieren. Huaweis globale Smartphone-Verkäufe gingen allein im vierten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 42,4 Prozent zurück. Der Grund für den Einbruch sind vor allem die durch US-Sanktionen verursachten Engpässe bei essentiellen Smartphone-Komponenten, insbesondere 5G-fähigen Chips. Auch Huaweis Verkauf der Günstigmarke Honor an ein Konsortium von Händlern hat sich nachteilig auf die Marktanteile ausgewirkt. Das schafft Spielraum für Oppo. Die Marke gehört mit Vivo, Oneplus, Realme und Imoo zum Großkonzern BBK Electronics mit Sitz in Guangzhou in Südchina. Mit seinen insgesamt 41 Prozent Marktanteil zeigt sich der Vorsprung gegenüber Huawei noch deutlicher. Oppo allein gehört seit vergangenem Jahr zu den fünf größten Smartphone-Herstellern der Welt. Es kommt auf einen globalen Marktanteil von 8,2 Prozent.  

    Trotz Pandemie konnte Oppo in Europa im vergangenen Jahr ein Wachstum von 200 Prozent verzeichnen. “Wir haben uns für die nächsten Jahre das ehrgeizige Ziel gesetzt, einer der Top-Hersteller in Europa zu werden”, sagt Maggie Xue, Präsidentin von Oppo Westeuropa. 

    Huawei war im ersten Quartal 2019 mit einem Marktanteil von 28,3 Prozent noch die zweitgrößte Smartphone-Marke in Westeuropa. Bis zum vierten Quartal 2020 war der Konzern mit 3,9 Prozent auf Platz vier gefallen. 

    Huawei: Überleben mit Sanktionen

    Im Gegensatz zu Huawei ist die Reibungsfläche für Spionagevorwürfe bei Oppo deutlich geringer. Im Gegensatz zu Huawei verkauft das Unternehmen keine kritische Telekommunikationsinfrastruktur. Große Chiphersteller wie die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, die gezwungen waren, die Beziehungen zu Huawei zu kappen, beliefern Oppo weiterhin. Auch darf Oppo außerhalb Chinas im Gegensatz zu Huawei weiter Google-Dienste nutzen. 

    Huawei versucht die Verluste zu kompensieren, indem das Unternehmen in neue Felder expandiert und alte ausbaut, zum Beispiel die Segmente Cloud Computing, Wearables, Displays und Lidar-Systeme für Autos. Sogar Technologielösungen für den smarten Bergbau und eine effizientere Schweinezucht bietet Huawei mittlerweile an. “Wir können immer noch überleben, ohne auf Telefonverkäufe angewiesen zu sein”, erklärt Huawei-Gründer Ren Zhengfei.  

    Hochpreis-Markt Deutschland im Visier

    Seit Februar vergangenen Jahres ist Oppo auch in Deutschland vor Ort, das mit insgesamt 22 Millionen verkauften Smartphones im vergangenen Jahr einer der größten Märkte Europas war. Oppo hat sich diesen Markt zum Schluss aufgehoben, nachdem man bereits in Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und der Schweiz vertreten war. Das Europa-Hauptquartier ist in Düsseldorf, wie das von Hauwei. In Hamburg wiederum liegt der bislang größte Oppo Shop-in-Shop in Westeuropa bei Media-Saturn. “Deutschland ist einer der wichtigsten Märkte in Europa mit einem immer noch großen Anteil an hochpreisigen Smartphones. In genau diesem Segment wollen wir uns als Premiumanbieter stark positionieren”, sagt Johnny Zhang, CEO von Oppo Deutschland.

    Geräte, die 600 Euro und mehr kosten, werden in Deutschland vor allem in Verbindung mit einem Mobilfunkvertrag gekauft. Daher muss sich jede Premiummarke an Netzbetreiber und Service-Provider binden. Seit Oktober vertreibt Oppo seine neue Reno-4-Serie gemeinsam mit der Deutschen Telekom und O2. 

    Gegen die Wettbewerber versucht sich die Smartphone-Marke aus China mit besonders guten Videofunktionen durchzusetzen. Dazu gehören Videostabilisierung oder ein  Live-HDR-Videomodus. 

    Oppo wird nicht der letzte chinesischer Hersteller sein, der versucht in Deutschland Fuß zu fassen. Allerdings wird der Wettbewerbsdruck immer größer. Denn schon seit fünf Jahren stagniert der Smartphone-Markt beziehungsweise sinkt sogar leicht. 

    Der chinesische Markt ist 2020 sogar um über 11 Prozent eingebrochen. Das bedeutete für Oppo, Minus 9,8 Prozent. Oppo konnte also im Grunde nur China-Markführer werden, weil Huawei noch stärker eingebrochen ist, nämlich mit 11,2 Prozent. 

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    Grüne: Klima-Kooperation mit China

    Die Grünen sehen China in ihrem jüngst vorgestellten Programmentwurf zur Bundestagswahl als Wettbewerber, Partner und systemischen Rivalen. Bei der Klimakrise müsse man mit China kooperieren und “gemeinsame politische, wirtschaftliche und technologische Anstrengungen” unternehmen. Jede Form des Alleingangs bei der “globalen sozial-ökologischen Transformation” sei zum Scheitern verurteilt, so die Grünen.

    Im wirtschaftlichen Bereich und bei demokratischen Werten stehe man hingegen im Wettbewerb mit China. Um sich zu behaupten, solle Europa in Zukunftstechnologien wie schnelles Internet, Quantencomputer, Biotechnologien sowie Erneuerbare Energien und klimaneutrale Infrastrukturen investieren. Im “Systemwettbewerb mit China” müsse man Partnerländern faire Handelsabkommen anbieten, die “dem Wohlstand aller Menschen”, dem Klimaschutz und der Demokratie dienen. Im Handel mit China bestehe man auf “fairen Marktzugang” für Investoren, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen. Zum jüngst ausverhandelten Investitionsabkommen mit China findet sich keine Aussage im Wahlprogramm.

    Zum Rivalen werde China durch seine “autoritären Hegemonialbestrebungen”. Peking zwinge Staaten “in wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten” und “spaltet Europa“, so die Diagnose der Grünen. Deswegen brauche es eine “enge europäische Koordinierung gegenüber China”. Europa müsse seine Abhängigkeit von Dritten in kritischen Bereichen abbauen, heißt es, ohne hier jedoch konkret China zu nennen. Die transatlantische Partnerschaft wolle man erneuern, um bei Klima- und Handelsfragen, der Digitalisierung sowie der Gesundheit mit den USA zu kooperieren. Explizit wird auch eine Koordination mit den USA gegenüber China “in den Bereichen 5G-Ausbau und Schutz kritischer Infrastrukturen” genannt.

    Die Grünen fordern von China ein Ende der “eklatanten Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang, Tibet und zunehmend auch Hongkong”. China müsse die Kernarbeitsnormen der ILO ratifizieren und Zwangsarbeit beenden. Waren aus Zwangsarbeit “etwa aus Xinjiang” sollten durch das europäische Lieferkettengesetz vom Marktzugang in die EU abgeschnitten werden, so die Grünen. nib

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    Visa-Erleichterung nach Impferfolg

    China erwägt, die Visa-Hürden für Reisende zu senken, sobald in der eigenen Bevölkerung ein hohes “Immunitäts-Niveau” erreicht sei, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Derzeit werden für geimpfte Personen keine Ausnahmen beim Testen und bei Isolationsmaßnahmen gemacht, sagte der Vize-Direktor des chinesischen Zentrums für Krankheitskontrolle und Prävention, Feng Zijian, Reuters zufolge. Man verfolge jedoch Entwicklungen um einen internationalen Impfpass. Laut Reuters erwäge Peking eine differenzierte Politik für die Visa-Ausstellung, für Flüge und Kontrollen der Einreisenden, basierend auf dem Fortschritt bei Impfungen mit Corona-Impfstoffen und der Covid-19-Situation in den verschiedenen Herkunftsländern.

    Welche Höhe das chinesische Immunitäts-Niveau erreichen müsste, bevor Visa-Lockerungen umgesetzt werden, war bisher nicht in Erfahrung zu bringen. Zhong Nanshan, ein chinesischer Spezialist für Infektionskrankheiten, warnte jedoch am Wochenende, dass China aufgrund seiner geringen Impfrate hinter andere Länder zurückfallen könne und erst später wieder zu einem “Normalzustand” finden könnte, berichtet die South China Morning Post. Die Impfrate liegt bei vier pro 100 Menschen, verglichen mit 35 in den USA und 42 in Großbritannien. “Es besteht die Möglichkeit, dass in der Zukunft andere Länder Herdenimmunität haben, China aber nicht“, sagte Zhong der SCMP zufolge auf einer Veranstaltung. Bis letzten Montag hätten nur 65 Millionen Menschen eine Impfung erhalten. Bis Juni sollen es knapp 560 Millionen sein. nib

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    Credit Suisse will Mitarbeiterzahl in China verdreifachen

    Die Schweizer Großbank Credit Suisse plant, ihre Mitarbeiterzahl in China in den nächsten drei Jahren zu verdreifachen, berichtet Bloomberg. Die Bank wolle ihren Marktanteil in China erhöhen und von der Öffnung des Finanzsektors profitieren. Weiter plane man, eine Banklizenz für die Niederlassung in China zu erhalten, “um unser Angebot in den Bereichen Private Banking und Investment Banking weiter auszubauen”, gibt Bloomberg den Credit Suisse CEO Thomas Gottstein wieder. nib

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    Clariant weitet China-Engagement aus

    Das Schweizer Spezialchemieunternehmen Clariant hat einen neuen Campus in Shanghai eröffnet, der die operative Unternehmenszentrale und das Innovationszentrum beheimaten soll. Laut Unternehmensangaben erzielte Clariant im Jahr 2020 rund 364 Millionen Euro Umsatz in China – zehn Prozent des Gesamtumsatzes.

    Das Unternehmen will auch eine neue Produktionsanlage für Katalysatoren in Jiaxing in der Provinz Zhejiang errichten. China sei der weltweit größte Markt für Chemikalien und Spezialchemikalien, so das Unternehmen. Clariant stellt Chemikalien für zahlreiche Industriezweige her, unter anderem die Landwirtschaft, den Transportsektor und die Luftfahrtindustrie. nib

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    Standpunkt

    Sanktionen werden Peking nicht schmerzen

    Von Jörg Wuttke

    US-Präsident Joe Biden und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping haben am 11. Februar zum ersten Mal miteinander telefoniert. Nach dem Gespräch schien es, dass die Beziehungen zwischen den USA und China nun wieder auf dem richtigen Weg sind. Die beiden Staatsoberhäupter hatten klare Grenzen gezogen und sich für eine sachorientierte, pragmatische Herangehensweise entschieden. Die Streitlust und Polterei von Bidens Vorgänger schien passé. Am Donnerstag kamen in Alaska erstmals seit der Vereidigung Joe Bidens hochrangige Vertreter der USA und Chinas zusammen. Die Tonlage dabei war frostig, inhaltlich hatten die Gespräche nicht viel Substanz – beide Seiten bedienten die Heimatfront mit starken Gesten.

    Zusammenarbeit, Dialog, Konflikte

    Aus dem offiziellen Bericht des Weißen Hauses über das Telefonat von Biden und Xi im Februar ging hervor, dass Washington dem von Peking vorgeschlagenen «Drei-Listen-Ansatz» zugestimmt hat. Dieser sieht vor, dass die beiden Länder eine Liste von Themen definieren, in welchen sie konstruktiv zusammenarbeiten können. Eine zweite Liste umfasst Themen, die einen Dialog erfordern. Die dritte Liste umfasst die Konfliktpunkte, die die beiden Staaten bewältigen müssen. Der Bericht des Weißen Hauses nannte konkret vier Kritikpunkte – Nötigung von Unternehmen, Hongkong, Xinjiang und Taiwan – und vier Bereiche der Zusammenarbeit: Coronavirus, Gesundheitssicherheit, Klima und Waffenverbreitung.

    Die angedeutete Betonung der Ausgewogenheit scheint mit Bidens allgemeinem Ansatz in der Politik übereinzustimmen. Zum Beispiel wurden das Südchinesische Meer und Tibet – zwei Themen, die für die strategischen Interessen und Werte der USA nicht weniger wichtig sind – in der Verlautbarung nicht ausdrücklich erwähnt. Pekings eigene Verlautbarung zum Telefonat warnte jedoch die USA, bei Themen, die mit Chinas Kerninteressen zusammenhängen, vorsichtig zu sein: Taiwan, Hongkong und Xinjiang.

    Im Vergleich zu Trumps China-Politik, die sich durch das Drängen auf konkrete Ergebnisse und die einseitige Verhängung breit angelegter Sanktionen auszeichnete, schien sich die Biden-Regierung bisher von einem höheren Ziel leiten zu lassen: Chinas Entwicklungsmodell mit einer liberal-demokratischen Alternative zu antworten. Laut dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan brauchen die USA, um einen solchen Wettbewerb zu gewinnen, zunächst eine innenpolitische Erneuerung, um “die (…) fundamentalen Grundlagen unserer Demokratie zu erneuern”, gefolgt von “Investitionen in Verbündete”, um “diese Allianzen zu modernisieren, damit sie mit den Bedrohungen der Zukunft umgehen können”.

    USA nicht auf der Gewinnerseite

    Im Moment steht Amerika nicht auf der Gewinnerseite. Von der Pandemiebekämpfung bis zu Investitionen in die Infrastruktur scheint Pekings zentralistischer Ansatz viel effektiver zu sein. Auf der internationalen Bühne sind auch Washingtons traditionelle Allianzen, die vom gemeinsamen Streben nach einer “freien Welt” geprägt sind, das Bidens Generation auszeichnete, nicht sakrosankt. Chinas enorme Marktattraktivität und politische Konsistenz, garantiert durch eine Führungspersönlichkeit, die von der Last befreit ist, ein geteiltes Land zu vereinen, stellt die US-Verbündeten in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum vor schwierige Entscheidungen.

    Es ist schwer vorstellbar, welche kurzfristigen, greifbaren Ergebnisse die Biden-Regierung in diesem Umfeld erzielen könnte. Für Peking ist das Ziel recht einfach. Es will die USA nicht ausstechen, aber es will beweisen, dass es mehr als eine “richtige Seite der Geschichte” gibt. Chinas Ziel ist es, sicherzustellen, dass sein politisches Modell einen dauerhaften und unangefochtenen Sitz an einem Tisch erhält, der von liberalen Demokratien dominiert wird.

    Rückhalt in der Partei für Xis Politik

    In Bezug auf Hongkong und Xinjiang sieht Peking keine Notwendigkeit, Kompromisse einzugehen, da beide Themen keinen großen Raum für eine Eskalation bieten. Alle damit verbundenen möglichen Sanktionen werden China nicht wirklich schmerzen, und Xis starker Rückhalt in der Partei bedeutet, dass er von innen keinen Druck hat, der ausländischen Kritik nachzugeben. Für Xi ist es notwendig für die “Revitalisierung der chinesischen Nation”, dass der Westen Pekings Souveränität und volle Autorität über innere Angelegenheiten wie Hongkong und Xinjiang respektiert.

    In Bezug auf Taiwan ist die unmittelbare Gefahr eines bewaffneten Konflikts gering. Xi mag zwar danach streben, die Taiwan-Frage ein für alle Mal zu lösen, aber er hat es nicht eilig, drastische Maßnahmen zu ergreifen. Xi kann bis mindestens 2027, möglicherweise sogar bis 2032 im Amt bleiben, was bedeutet, dass er noch viele Jahre Zeit hat, eine Lösung für Taiwan ohne militärische Invasion zu finden.

    An der Wirtschaftsfront wird China zwar weiterhin Agrar- und Energiegüter aus den USA kaufen – und zwar nicht unbedingt, um das Phase-1-Handelsabkommen einzuhalten, sondern eher aufgrund der anziehenden Binnenwirtschaft. Gleichzeitig ist wahrscheinlich, dass Peking vorschlagen wird, die Verhandlungen über das bilaterale Investitionsabkommen (BIT) wieder aufzunehmen und es als Rahmen für ein kontinuierliches wirtschaftliches Engagement zu nutzen. Das umfassende Investitionsabkommen zwischen der EU und China (CAI) könnte als Blaupause für den Dialog zwischen Peking und Washington dienen, und das Phase-1-Abkommen würde als Basis für zukünftige Verhandlungen dienen.

    Empfindliches Gleichgewicht der Kräfte

    Im Moment gibt es für Peking und Washington ein kurzes Zeitfenster, um die Spielregeln neu zu bestimmen. Aber dieses empfindliche Gleichgewicht der Kräfte kann sich rasch verschieben, wenn eine der beiden Seiten ungeduldig wird und sich für Abkürzungen im Streben nach dem Sieg entscheidet, wie sie im so genannten “Longer Telegram” vorgeschlagen werden, das angeblich von einem ehemaligen hochrangigen US-Beamten geschrieben wurde, der für die Beseitigung von Xi Jinping als Ziel einer “neuen China-Politik” plädiert.

    Für China ist Washingtons explizites oder implizites Drängen auf einen Regimewechsel eine fundamentale Bedrohung, die kein Klimaabkommen oder Investitionsvertrag ausgleichen kann. Es wird letztlich an Präsident Biden liegen, die konkurrierenden Stimmen innerhalb Washingtons gegeneinander abzuwägen – eine Prüfung, der er sich seit 1973 stellt.

    Jörg Wuttke ist seit Mai 2019 Präsident der EU-Handelskammer in China – zuvor hatte er das Amt bereits von 2007 bis 2010 sowie von 2014 bis 2017 inne. Wuttke ist Chairman der China Task Force des Business and Industry Advisory Committee der OECD (BIAC) sowie Mitglied des Beratergremiums des Mercator Institute for China Studies (MERICS) in Berlin. Er lebt seit mehr als drei Jahrzehnten in Peking.

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    Zur Sprache

    China ist das Land des Essens! Wen wundert es da, dass die Liebe fürs Kulinarische auch die chinesische Internetlandschaft mitprägt und insbesondere im Trendbereich Livestreaming besondere Blüten treibt. Live-Übertragungen von genüsslich speisenden Freizeit- und Profi-Foodies sind auf Chinas Videoplattformen nämlich ein echter Klick-Magnet. Ursprünglich schwappte der Trend zu den Fress-Formaten vor einigen Jahren aus Südkorea ins Reich der Mitte über, dort bekannt unter dem Namen “Mok-Bang”. Auf Neu-Chinesisch nennt man das Ganze 吃播 chībō – ein Wortspiel aus 吃 chī “essen” und 直播 zhíbō “Live-Streaming”.

    Wer sich ein wenig mit dem Chinesischen beschäftigt, wird schnell feststellen, dass der Stellenwert des Themas Essen viele sprachliche Spuren in Idiomen und Redewendungen hinterlassen hat. Zum Beispiel in Alltagsbegriffen wie “eifersüchtig sein” (吃醋 chīcù – wörtl. “Essig essen”), “schwere Zeiten durchmachen/ertragen” (吃苦chīkǔ “Bitternis essen”), “geschockt/verblüfft sein” (吃惊 chījīng “Schrecken essen”) oder “beliebt/gefragt sein” (吃香 chīxiāng “Duft essen”). Die Essens-Metaphorik reicht sogar bis ins Geschäftsleben, wo sie in Redensweisen wie “Verluste erleiden” (吃亏 chīkuī “Schaden essen”) oder “eine Provision kassieren” (吃回扣 chī huíkòu “Provision essen”) auftaucht. Und auch eine kulinarische Tücke lauert in der interkulturellen Kommunikation: So ist der Ausdruck 吃豆腐 chī dòufu mit Vorsicht zu genießen. Er bedeutet nämlich nicht nur ganz wörtlich “Tofu essen”, sondern wird in übertragener Weise auch im Sinne von “jemanden unsittlich berühren/betatschen” gebraucht. Vorsicht also vor sprachlich-kulinarischen Fettnäpfchen! Verena Menzel

    Verena Menzel 孟维娜 betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

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