Table.Briefing: China

Batterie-Recycling + Xinjiang + Webull + Xie Zhenhua + CGNT + Renminbi + Andrew Cheung

  • Massengeschäft Batterie-Recycling
  • Gamestop puscht Chinas Trading-Anwendung Webull
  • Baumwolle aus Zwangsarbeit – auch in unseren Schränken
  • Tschechien blockt Peking bei Akw-Ausschreibung
  • Hongkong: Rekord bei Auswanderung nach Taiwan
  • Xie Zhenhua: Chinas neuer Klimagesandter
  • Chinesischer Sender CGTN verliert Lizenz in Großbritannien
  • Arvind Subramanian und Josh Felman: Das Jahr des Renminbi?
  • Im Portrait: Andrew Cheung
Liebe Leserin, lieber Leser,

Amerikaner und Europäer gemeinsam gegen China? Keine gute Idee, sagt Emmanuel Macron und warnt: ein solches Szenario, in dem sich “alle gegen China zusammenschließen”, trage das höchste Konfliktpotenzial in sich und sei daher “kontraproduktiv”. Gestern Abend war der französische Präsident zu Gast bei der US-Denkfabrik Atlantic Council, wo er zu bedenken gab, dass eine geschlossene Front gegen Peking dazu führen könnte, dass China die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Klimawandels verringert und seine regionale Agenda in Asien verschärft.

Empfehlen möchte ich Ihnen im heutigen China.Table ein Thema mit größter Relevanz für Deutschland. Unübersehbar ist der Trend zum Elektroauto. Doch was passiert mit den Batterien, wenn sie ausgedient haben? In China rollen schon jetzt mehr als vier Millionen Elektroautos über die Straßen. Für Christiane Kühl Anlass genug, sich die Pekinger Gesetzgebung zum Batterierecycling, die Technologien und den Markt genauer anzusehen.

Finn Mayer-Kuckuk nennt Webull die “Finanz-App der mächtigen Zwerge”. Sein Befund: Die chinesische Trading-Anwendung ist in den USA einer der bisher unbeachteten Gewinner der Turbulenzen um Gamestop.

Über die Zwangsarbeit der uigurischen Minderheit hat Felix Lee mit dem China-Forscher Adrian Zenz gesprochen. “Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Großteil der Baumwollproduktion in Xinjiang mit Zwangsarbeit befleckt ist”, sagt Zenz. Die ersten Modeunternehmen reagieren bereits. Sie wollen ihre Marken nicht mit dem Makel des Genozids beflecken.

Dass Peking in das Milliardengeschäft des Baus von Atomkraftwerken auf der ganzen Welt einsteigen will, hat Christiane Kühl in der ersten Ausgabe von China.Table Mitte Dezember geschrieben. Nun zeigt sich: die Wettbewerber schlafen nicht. Tschechien will den chinesischen Anbieter für den Bau eines neuen Reaktors in Dukovany von der Ausschreibung ausschließen.

Ihre
Antje Sirleschtov
Bild von Antje  Sirleschtov

Presseschau

US ‘deeply disturbed’ by reports of systematic rape in China’s Xinjiang camps THE GUARDIAN
Guyana nixes Taiwan office after Beijing criticizes ‘mistake’ REUTERS
Hong Kong pro-democracy movement nominated for Nobel peace prize by US lawmakers THE GUARDIAN
How Censorship Can Influence Artificial Intelligence WIRED
China’s SWIFT joint venture shows Beijing eyeing global digital currency use, to internationalise yuan SOUTH CHINA MORNING POST
Central, Eastern European countries witness booming trade with China GLOBAL TIMES
Machtkampf in China – “Es ist mutig, was Australien macht, geradezu historisch WELT
Völkermordvorwurf: Werden China die Olympischen Spiele entzogen? DW
USA reizen China mit Kriegsschiff-Manöver N-TV

Analyse

Batterien zu Stromspeichern

Auf China rollt eine Welle von Altbatterien zu: Abgenutzte oder stark verlangsamte Akkus aus der immer größeren Elektroauto-Flotte des Landes. Diese dürfen nicht einfach auf den Müll. Elektroautobauer sind verpflichtet, sich um die Verwertung zu kümmern – um Rohstoffe sparsam zu nutzen sowie Umwelt und Klima zu schützen. Abgenutzte, aber noch funktionsfähige Batterien können dabei als stationäre Energiespeicher eingesetzt werden. Nach dem Batterietod aber gibt es nur noch eins: Recycling der Batteriezellen – und damit Zerlegung in die nutzbaren Bestandteile und Rohstoffe wie Kobalt, Lithium, Nickel, Mangan oder Graphit.

Seit Anfang 2020 gelten Ziele, die für Nickel, Kobalt und Mangan eine Rückgewinnungsrate von mindestens 98 Prozent vorsehen; Lithium soll zu 85 Prozent recycelt werden, seltene Erden zu 97 Prozent. Diese wiedergewonnenen Materialien werden voraussichtlich gleich wieder in neue Batterien wandern.

Chinas Elektroauto-Pionier BYD aus der südchinesischen Wirtschaftssonderzone Shenzhen betreibt bereits eine Batterie-Recycling-Fabrik in Shanghai und recycelt dort Batteriezellen als Rohstoffquelle für sich selbst. Auch beliefert das Unternehmen Kunden, die aus noch nutzbaren Altbatterien Energiespeicher aufbauen – etwa das Staatsunternehmen China Tower, das Telekommunikations-Basisstationen baut und Altbatterien auch von anderen Firmen bekommt.

BYD: Partnerschaft mit Itochu

Noch aber ist der Umfang des Recyclinggeschäfts von BYD gering und weitgehend auf China beschränkt. Doch das Unternehmen will das Geschäft ausbauen. Im Dezember schloss BYD eine Partnerschaft mit dem japanischen Handelshaus Itochu zum Aufbau von Stromspeichern aus Altbatterien. Demnach wird BYD von seinen Händlern sowie seinen E-Bussen und E-Taxis ausgediente Batterien einsammeln und bei der Firma Pandpower – einer Gründung ehemaliger BYD-Ingenieure – auf ihre Leistungsfähigkeit prüfen lassen. Geeignete Batterien werden dann an Itochu geliefert, das jeweils 160 dieser Batterien in einem eigens vorbereiteten 20-Fuß-Container einbauen wird. Diese Container sollen als Zwischenspeicher für erneuerbare Energien eingesetzt werden und nach einem Bericht der japanischen Zeitung Nikkei Asia je 1000 Kilowatt Kapazität haben – genug für etwa 100 Haushalte an einem Tag. Itochu schätze, dass die Kosten 20 bis 30 Prozent niedriger liegen als für neue Zwischenspeicher gleicher Kapazität.

E-Autofirmen müssen in China laut Gesetz überall, wo sie Autos verkaufen, deren Altbatterien einsammeln. Dazu müssen sie kleinere Anlagen zur vorübergehenden Lagerung und größere Anlagen mit einer Mindestkapazität von 30 Tonnen für den Langzeitbetrieb vorweisen. Diese Anlagen – betrieben von Herstellern selbst oder Spezialfirmen – sollen verbrauchte Batterien einsammeln, sortieren, lagern, verpacken und versenden. Sie dürfen diese aus Sicherheitsgründen jedoch nur zu Inspektionszwecken zerlegen. Außerdem müssen die Hersteller eine lückenlose Rückverfolgung sicherstellen. Solche Standards sind wichtig, um die Sicherheit und Umweltverträglichkeit des potenziell gefährlichen Prozesses zu gewährleisten. Unternehmen, die diese Standards erfüllen, kommen auf eine “Weiße Liste” des Industrieministeriums und erhalten Subventionen von der Regierung. 22 Firmen nahm das MIIT im Januar 2021 in diese Liste auf – auf der zuvor nur fünf Namen gestanden hatten. Die Recyclingfabrik von BYD in Shanghai ist die einzige eines Autobauers auf dieser Liste.

BYD ist prädestiniert für die Rolle des Vorreiters. Das Privatunternehmen hatte schon seit vielen Jahren Handybatterien gefertigt, bevor es in das Autobatteriengeschäft einstieg. Heute ist es der zweitgrößte Autobatterie-Hersteller Chinas. Auch bei Elektroautos gehörte es zu den China-Pionieren. Seine funktionalen Elektromodelle wie der Qin EV gehören zu den meistverkauften im E-Volumensegment; seine E-Busse verkauft BYD in die ganze Welt. Also muss es schnell handeln – auch wenn das vorerst vor allem Geld kostet.

Welle von Altbatterien in China erwartet

Energiespeicher aus Altbatterien gibt es auch in Europa und den USA – doch China ist in schierer Größe wie so oft weit voraus. 2018 gab es nach einer Studie der Global Battery Alliance an derartigen Speichern 10 Megawatt in Nordamerika, 100 MW in Europa – und 1000 MW in China. Und es werden bald noch viel mehr. Mitte 2020 rollten nach Angaben der Behörden etwa 4,17 Millionen Elektroautos auf Chinas Straßen. In der Regel halten deren Batterien fünf bis acht Jahre. “Wir sehen eine Flutwelle alter Elektroauto-Batterien auf uns zukommen“, sagt Ada Kong von Greenpeace East Asia.

Anders als etwa Smartphone-Akkus besitzen Elektroauto-Batterien nach Angaben des Marktforschers IDTechEx noch bis zu 80 Prozent ihrer Kapazität, wenn sie für Autos aufgrund einer immer eingeschränkteren Reichweite untauglich werden. Solche Batterien könnten laut Greenpeace in Chinas 5G-Telekommunikations-Stationen oder den in China beliebten Leih-E-Bikes genutzt werden. Dies würde 63 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen vermeiden, die ansonsten bei der Herstellung von Neubatterien entstünden, schätzt Greenpeace.

Die gesamte Lieferkette kann Batterien recyceln

Außer BYD sind noch ein paar andere Autofirmen im Batterie-Recycling aktiv, darunter die Staatskonzerne Beijing und Shanghai Automotive. Hinzu kommen Spezialfirmen oder Vorprodukte-Hersteller wie etwa Chinas größter Nickel- und Kobaldproduzent Jinchuan, der zwei Batterie-Recycling-Werke gebaut hat. Im Prinzip können Firmen der gesamten Lieferkette mitmachen: Neben Auto-, Batterie- oder Recyclingfirmen etwa Metalllieferanten oder Kathoden-Hersteller.

Über eine künftige Wirtschaftlichkeit des Recyclings etwa von Lithium-Ionen-Batterien aus dem Fahrzeugbereich ist derzeit allerdings noch wenig bekannt. “Derzeit ist China der einzige Markt, auf dem wir das Volumen sichern können, mit dem Rentabilität erzielt werden kann”, zitierte Nikkei Asia einen Vertreter von BYD-Partner Itochu. Ein gewisses Volumen ist also wichtig. Das wird der Markt in absehbarer Zeit wohl bekommen.

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Termine

06.02.2021, 13:00-15:00 Uhr New York Time
Online-Neujahrsfeier, Asia Society New York Family Day: Virtual Lunar New Year! Mehr

08.02.2021; 18:00-19:00 Uhr
Vortrag, SOAS London The Domestic Politics of China´s Foreign Policy Anmeldung

08.02.2021, 18:15 Uhr
Vortrag, Konfuzius-Institut Berlin Chinas öffentliche Diplomatie in Zeiten von Covid-19. Anmeldung

09.02.2021, 9:00 Uhr (EST)
Virtual Forum, US China Series Chinese Fintech Mehr

09.02.2021, 16:00-18:00 Uhr
Kunstgespräch, TU Berlin Center for Cultural Studies on Science and Technology in China Visions of Love Mehr

10.02.2021, 18:30-19:45 Uhr
Vortrag, Harvard Fairbank Center for Chinese Studies China´s Role in Global Finance Mehr

11.2.2021, 12:00-13:00 Uhr
Diskussion, NZZ/ Asia Society Switzerland Talk at the Library: Swiss Correspondents in China (Members Only) Mehr

Baumwolle aus Zwangsarbeit – auch in unseren Schränken

Der Süden Xinjiangs ist trocken und karg. Die Taklamakan, eine der unfruchtbarsten Wüsten der Welt, befindet sich in der Gegend. Dank gigantischer Bewässerungsanlagen, die Chinas Regierung in den vergangenen Jahrzehnten errichtet hat, ist die Region heute dennoch eine der größten Baumwoll-Anbaugebiete der Welt. 87 Prozent der chinesischen Baumwolle kommt aus Xinjiang, rund ein Fünftel der Weltproduktion. Nun muss sich die internationale Modebranche genau dafür rechtfertigen. Denn ein Großteil der Baumwolle wird offenbar unter Zwang geerntet – von muslimischen Uiguren

Wie aus einer Studie des Center for Global Policy in Washington hervorgeht, werden mehr als eine halbe Million Uiguren zur Erntezeit für Monate zum Pflücken der Baumwolle auf die Felder geschickt. “Die meisten von ihnen unfreiwillig”, sagt China-Forscher Adrian Zenz, Autor dieser Studie. “Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Großteil der Baumwollproduktion in Xinjiang mit Zwangsarbeit befleckt ist”, sagt er. 

Der deutsche Wissenschaftler, der in den USA lebt und forscht, hatte schon 2018 mit einer ebenfalls von ihm angefertigten Studie darauf hingewiesen, dass in Xinjiang bis zu einer Million Uiguren zeitweise in Umerziehungslagern interniert sind. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen berief sich auf ihn. Die US-Regierung spricht inzwischen von einem “kulturellen Genozid”, den Chinas Führung in Xinjiang begeht. Nun hat Zenz also Belege von Zwangsarbeit in der Region. 

Zwangsarbeit oder Arbeitstransfer?

Das Pflücken von Baumwolle ist körperlich anstrengende Arbeit und wird in der Regel schlecht bezahlt. Bis vor einigen Jahren heuerten die Betriebe, von denen viele in staatlicher Hand sind, Wanderarbeiter aus dem chinesischen Kernland an. Doch sie blieben wegen der niedrigen Löhne in immer größerer Zahl aus. Die Regierung setzt seit einiger Zeit auf ein sogenanntes Arbeitstransferprogramm. Uiguren werden in ihren Heimatdörfern aufgesucht, in Busse verfrachtet und zu den Baumwollfeldern gekarrt, wo sie dann unter Polizeiaufsicht die Baumwollknäuel pflücken

Offiziell bestreitet die chinesische Führung diese Praxis. Landarbeiter unterschiedlicher Herkunft seien aus freien Stücken auf den Feldern im Einsatz, beteuert die Behörden in Xinjiang. Sie würden einen Monatslohn von umgerechnet fast 1.200 Euro erhalten. Ohnehin sei keine große Zahl an Arbeitern nötig, da die Ernte weitgehend mechanisiert sei. 

Zenz zeichnet ein vollkommen anderes Bild. 70 Prozent der Baumwollernte werde aus Qualitätsgründen von Hand gepflückt. Er hat sich bei der Auswertung der Studie auf Dokumente gestützt, die die Behörden vor Ort zum Teil selbst veröffentlicht haben. Mit der erfolgreichen Umsetzung des Programmes rühmen sich die Lokalregierungen zum Teil sogar. 

Die Menschenrechtsorganisationen Uyghur Human Rights Project (UHRP) prangert das Vorgehen der chinesischen Führung an und fordert internationale Modekonzerne auf, auf Baumwolle aus Xinjiang zu verzichten. Zwar würden die wenigsten Unternehmen selbst in der Region Plantagen betreiben. Doch über chinesische Zwischenfirmen würden sie sehr wohl Baumwolle aus Xinjiang beziehen. Und keineswegs nur in China selbst. Auch Textilfabriken in Bangladesh, Vietnam oder den Philippinen nutzen Baumwolle aus Xinjiang. “Es ist sehr wahrscheinlich, dass jeder Deutsche in seinem Schrank mindestens ein Kleidungsstück mit Baumwolle aus Xinjiang hat”, vermutet Zenz. 

Modeunternehmen stehen unter Druck

Großbritannien und Kanada haben reagiert und ein Verbot für zumindest die Importe aus China verhängt, bei denen der Verdacht besteht, sie könnten in Zwangsarbeit von Uiguren hergestellt worden sein. Und auch die USA haben im Dezember unter Verweis auf die “Sklavenarbeit” auf den Feldern einen Importstopp für Baumwolle aus Xinjiang befohlen. 

Die internationalen Modeunternehmen hingegen reagieren eher verhalten. Als das Australian Strategic Policy Institute (Aspi) auf Basis eigener Untersuchungen vor einem Jahr schon einmal Konzerne wie Adidas, Puma, H&M, Zara, Gap und Nike anprangerte, wiesen die Unternehmen die Anschuldigungen zunächst zurück. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit Zwangsarbeit sei nicht nachzuweisen, hieß es zunächst. 

H&M hat inzwischen die Zusammenarbeit mit einem chinesischen Produzenten beendet. Auch Adidas hat seine Zulieferer nach eigenen Angaben angewiesen, auf Baumwolle aus der Region zunächst zu verzichten. Gegenüber einer Kommission des britischen Parlaments räumte H&M zugleich aber ein, angesichts der “Komplexität der Lieferketten” und des Produktionsprozesses die Herkunft der Baumwolle nicht vollständig nachvollziehen zu können. 

Die Menschenrechtsorganisation UHRP hält das für eine Ausrede. Es sei “unglaubwürdig”, wenn die großen Ketten betonten, keine Zwangsarbeit bei ihren Zulieferern zu dulden, gleichzeitig aber weiter Baumwolle aus einer Region beziehen, “in der Zwangsarbeit verbreitet ist”.

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Webull, die Finanz-App der mächtigen Zwerge

Im Geldanlagewesen läuft derzeit eine Revolution – und eine chinesische App ist vorneweg mit dabei. Junge Kleinanleger treiben derzeit die Kurse einzelner Werte gezielt vor sich her und versetzen damit die Wall Street in Aufruhr. Sie setzen sich dafür nicht an den PC, sondern sie traden zeitgemäß mit dem Smartphone. Der Ursprung des Aufstands der Investment-Zwerge liegt in den USA. Dort wiederum spielen vor allem zwei Handy-Anwendungen eine zentrale Rolle: Robinhood und Webull. Und Webull kommt aus China.

Damit verankert sich eine chinesische Finanzanwendung bei jungen Kunden auf dem größten Investmentmarkt der Welt. Auch in Deutschland könnten solche Entwicklungen die Abkehr von traditionellen Geldhäusern beschleunigen. Wer den Einstieg in Geldanlagen mit einer Trading-App gemacht hat, wird wohl kaum später ein Depot bei einer Sparkasse anlegen, nur um dort erstmals hohe Gebühren zu zahlen und von aufdringlichen Beratern die eigenen Zertifikate aufgedrängt zu bekommen.

Apps wie Webull sehen zudem richtig gut aus. Die Kurse blitzen in Echtzeit auf, Farbgebung und Gestaltung vermitteln die Atmosphäre eines professionellen Handelsplatzes. Zugleich sind die Apps leicht zu bedienen und senken dadurch die Einstiegsschwelle in die Welt der Geldanlage. Generell machen die Jüngeren bekanntlich gerne alles mit dem Handy. Jetzt eben auch den Aktienhandel.

Daher ist es auch kein Wunder, dass ein Anbieter aus China hier zu den internationalen Vorreitern zählt. China liegt bei App-Trends bekanntlich noch eine Nasenlänge vor den USA – und deutlich vor Deutschland. Betreiber von Webull ist das Unternehmen Fumi Technologies. Gründer ist ein ehemaliger Mitarbeiter von Alibaba, Wang Anquan. Ein früher Geldgeber des Projekts war Xiaomi – Webull ist also mit der Elite der chinesischen Technikbranche vernetzt. Die Idee von Wang Anquan lautete von Anfang an: Wir jagen der etablierten Investmentbranche mit den Mitteln der Internetszene die Kunden ab. Schon 2017 folgte die Gründung einer US-Tochter mit Sitz in New York, die dort als einheimisches Unternehmen auftritt und eine korrekte Brokerlizenz besitzt.

Zwei Millionen Kunden in Amerika

In diesen drei Jahren hat Webull in Amerika zwei Millionen Kunden gewonnen. Die Strategie scheint also aufzugehen – und die Aufregung um Gamestop und andere Börsenwerte hat der App noch einmal einen kräftigen Schub gegeben. Mitglieder von Foren im Internet hatten sich vorgenommen, mit Kaufordern in den Apps den Kurs der Aktie der Kette von Computerspiele-Läden hochzutreiben. Sie hatten zuvor Wind davon bekommen, dass Hedgefonds an der Wall Street gegen Gamestop spekulieren. “Ich habe alle meine Ersparnisse in Gamestop investiert und muss meine Miete daher in diesem Monat auf Pump mit Kreditkarte bezahlen”, schrieb der Nutzer “ssauronn” auf Reddit. Er wolle damit helfen, den verhassten Finanzhaien der Wall Street eine Lektion zu erteilen.

Die Gegenreaktion der Armee von Kleinanlegern hat so durchschlagend gewirkt, dass sie nun große Institutionen der Wall Street in die Nähe des Ruins treibt. Doch für Hedge-Fonds steht dem hohen Gewinnpotenzial ein unbegrenztes Verlustpotenzial gegenüber, wenn ihre Wetten schieflaufen. Der Kurs von Gamestop ist nun insgesamt sogar um den Faktor 50 gestiegen, statt wie erwartet zu fallen. Die Hedge Fonds haben Milliardensummen verloren und mussten sich gegenseitig stützen, um nicht sofort insolvent zu werden.

Als Reaktion darauf hat der große amerikanische Konkurrent Robinhood, ebenfalls eine Trading-App, den Handel mit Gamestop ausgesetzt. Die Vermutung der Aktivisten-Anleger: Die Bosse der Wall Street haben Freunde angerufen, die als Geldgeber hinter Robinhood stehen. Der Zorn war riesig. Die Freude war dann ebenso groß, als sie feststellten, dass der Handel mit Gamestop auf Webull nach einem kurzen Aussetzer weiterhin möglich ist.

Darauf verbreitete sich im Netz die Empfehlung zum Umstieg auf Webull, dessen chinesischer Hintergrund den wenigsten dort bekannt ist. Zwar gab es in der Ära Donald Trump zeitweilig Spekulationen über ein Verbot der App als Teil seines Feldzugs gegen alles Chinesische. Es fehlte jedoch die Handhabe. Die Daten der US-Kunden bleiben im Inland, das Team ist amerikanisch dominiert und alle Regeln für korrekte Aufsicht werden eingehalten. Mit der Amtsübernahme von Joe Biden sind diese Gedankenspiele nun ohnehin vom Tisch.

Umstieg auf Webull nach Gamestop-Abschaltung

Webull ist in Deutschland im App-Store verfügbare, enthält aber keine Depotfunktionen, sondern dient nur der Beobachtung des Marktes. Das gut funktionierende deutsche Gegenstück ist Trade Republic, ein Startup aus Berlin, das schon ein Jahr von Fumi gegründet wurde. Die Funktionen von Trade Republik können mit denen von Webull absolut mithalten, doch es fehlt der internationale Ansatz eines Unternehmens mit Hauptquartieren in Changsha und New York. Handy-Trader in Deutschland können zudem auf etablierter Angebote wie die Apps von Comdirect und Flatex zurückgreifen.

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News

China bei Akw-Ausschreibung in Tschechien geblockt

Die tschechische Regierung hat angekündigt, das chinesische Staatsunternehmen Chinese General Nuclear Power Group (CGN) von der Ausschreibung für den Bau eines neuen Reaktors im Atomkraftwerk Dukovany auszuschließen. Hintergrund der Entscheidung sind Medienberichten zufolge Sicherheitsbedenken über die Auswirkung einer chinesischen Beteiligung. Demnach wurde der Schritt von den Parteien der Minderheitsregierung zwischen ANO und ČSSD sowie der Mitte-Rechts-Opposition gebilligt. Die Entscheidung wurde gut eine Woche vor einem virtuellen Gipfel der mittel- und osteuropäischen Staaten und China (17+1-Format) bekannt gegeben.

Der neue Reaktor in Dukovany soll die älteren Reaktoren, die sich dem Ende ihrer Lebensdauer nähern, und Kohlekraftwerke ersetzen. Tschechiens Industrie- und Handelsminister Karel Havlíček erklärte in einem Interview, dass es keinen Konsens darüber gebe, ob auch Russland von der Ausschreibung ausgeschlossen werden sollte. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte berichtet, dass die Sicherheitsdienste der EU und des Nato-Mitgliedslandes empfohlen hätten, sowohl Russland als auch China aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht an der Ausschreibung teilnehmen zu lassen.

Die chinesische Botschaft in Prag drückte ihren Unmut über die Entscheidung, CGN auszuschließen, in einer Mitteilung aus. Darin wird die tschechische Regierung aufgefordert, “die Grundsätze der Marktwirtschaft und des fairen Wettbewerbs gewissenhaft einzuhalten”. Der Werkbau von Atomkraft ist ein Milliardengeschäft, bei dem es auch um politischen Einfluss geht. Zuletzt war CGN in Rumänien von den USA aus einem Deal für den Ausbau des Atomkraftwerks Cernavoda gedrängt worden. Dabei sollen Berichten zufolge ebenfalls Sicherheitsbedenken angesichts einer chinesischen Beteiligung eine Rolle gespielt haben. ari

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Hongkong: Rekord bei Auswanderung nach Taiwan

Angesichts des neuen nationalen Sicherheitsgesetzes und Pekings Vorgehen gegen Proteste zieht es immer mehr Hongkonger nach Taiwan. Die taiwanesische Einwanderungsbehörde verzeichnete nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand bei der Zahl der Aufenthaltstitel für Bürger und Bürgerinnen aus Hongkong: Rund 11.000 Hongkonger zogen demnach 2020 auf die demokratische Insel. Das sind fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Die Zahl der Hongkonger, die im vergangenen Jahr nach Taiwan ausgewandert sind, ist einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge die höchste seit mindestens drei Jahrzehnten.

Taiwan ist bereits seit längerem ein beliebtes Ziel für Hongkonger, die wegen der rasant steigenden Mietpreise in der ehemaligen britischen Kolonie nach einer Alternative suchen. Das im Juni vergangenen Jahres eingeführte Sicherheitsgesetz habe jedoch die Abwanderung beschleunigt, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Denn bisherigen Höchststand hat es während der “Regenschirm-Bewegung” 2014 mit rund 7500 taiwanesischen Aufenthaltstiteln für Menschen aus Hongkong gegeben, wie es in dem Bericht weiter heißt. ari

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Xie Zhenhua: Chinas neuer Klimagesandter

Peking hat Medienberichten zufolge Xie Zhenhua zum Sondergesandten für Klimafragen ernannt. Das Umweltministerium bestätigte die Personalien zunächst nicht. Xie war mehr als ein Jahrzehnt lang bis Anfang 2020 Pekings Klimaverhandler gewesen, wie die South China Morning Post (SCMP) berichtet. Anschließend wurde er Sonderberater im Umweltministerium. Xie gilt als zentraler Architekt des Pariser Klimaabkommens und Chinas Plan zur Vermeidung von CO2-Emissionen bis 2060. Auch trug er maßgeblich zum Aufbau des chinesischen Kohlenstoffmarktes bei. Das 2060-Ziel sei aber schwer zu erreichen, “wenn wir traditionelle Produktions-, Lebens- und Konsumweisen beibehalten”, sagte Xie im November in einem Interview mit Bloomberg. Er ergänzte: “Wir müssen schnell transformieren und große Innovationen anstoßen”. Nachdem Xi Jinping das 2060-Ziel verkündete, würden “die Menschen die Investitionsrisiken im Kohlesektor” erkennen, so Xie. China wurde wiederholt für seinen hohen Kohleverbrauch kritisiert.

Xie Zhenhuas Ernennung als ein Schritt Richtung USA

Die Ernennung Xies sei ein “maßgeschneiderter Schritt in Richtung USA“, schrieb Li Shuo, Berater für globale Politik bei Greenpeace in Peking, auf Twitter. Xie wird China wahrscheinlich bei multilateralen Klimagesprächen vertreten und eine Schlüsselrolle in der Klimadiplomatie des Landes spielen, zitiert SCMP Li.

Schon im Vorlauf des Pariser Klimaabkommens hat Xie eng mit dem damaligen US-Außenminister John Kerry zusammengearbeitet. 2014 erreichten die beiden Länder eine Übereinkunft zu Emissionszielen. Kerry ist heute Joe Bidens höchster Klimaberater. Der neue US-Präsident hatte noch am ersten Amtstag den Wiedereintritt der USA in das Pariser Klimaabkommen beschlossen. Im Wahlkampf kritisierte er China dafür, massiv Kohlekraftwerke im Ausland zu finanzieren und bei der “Neuen Seidenstraße” keine ausreichenden Umweltstandards zu verfolgen. nib

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Britische Rundfunkbehörde entzieht CGTN Sendelizenz

Zwischen Großbritannien und China brodelt ein Medien-Streit: Die britische Rundfunkbehörde Ofcom hat dem englischsprachigen Auslandssender CGTN aus China wegen politischen Einflusses auf das Programm die Sendelizenz entzogen. Als Begründung gab die Behörde an, eine Untersuchung habe ergeben, dass die Ausstrahlungslizenz zu Unrecht von der Mediengruppe Star China Media Limited (SCML) gehalten werde. Laut Ofcom hat SCML nämlich keine “redaktionelle Verantwortung” für CGTN und “erfüllt daher nicht die gesetzlichen Anforderungen, die Kontrolle über den lizenzierten Dienst zu haben”. Nach Ansicht der Behörde liegt die redaktionelle Kontrolle bei CCTV, das demnach letztlich von der Kommunistischen Partei Chinas kontrolliert wird.

Auch den Antrag auf Übertragung der Lizenz an ein Unternehmen namens China Global Television Network Corporation (CGTNC) lehnte die britische Rundfunkbehörde ab. Im Antrag hätten wichtigen Angaben gefehlt, so Ofcom. Zudem sei die Behörde der Ansicht, dass auch CGTNC letztendlich unter Kontrolle der KP Chinas stehe. “Wir haben CGTN viel Zeit gegeben, um die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Diese Bemühungen sind jetzt erschöpft”, schrieb die Rundfunkbehörde.

CGTN fällt schon während der Proteste in Hongkong auf

Ofcom geht damit nicht zum ersten Mal gegen den chinesischen Staatssender vor: Die Behörde hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass der Sender unter anderem bei Berichten über Proteste in Hongkong gegen britische Unabhängigkeitsstandards in der Berichterstattung verstieß. Gegen den Sender liefe deshalb ein Sanktionsverfahren, das von dem Entzug der Lizenz aber nicht beeinträchtigt sei. Bezüglich der Strafmaßnahmen werde bald eine Entscheidung erwartet, so die Behörde.

Peking reagierte umgehend auf die Entscheidung in London und kritisierte die BBC-Berichterstattung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Darin seien Falschnachrichten verbreitet worden, hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums. Es werde eine öffentliche Entschuldigung dafür erwartet. Zudem behalte sich China das Recht vor, weitere Maßnahmen zu ergreifen, so das Ministerium. ari

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Standpunkt

Das Jahr des Renminbi?

Von Arvind Subramanian
Arvind Subramanian bei einem Vortrag - hier schreibt er über den Renminbi als Reservewährung in China.

Als der Milliardär und Investor Ray Dalio kürzlich vorhersagte, der chinesische Renminbi werde sich zur globalen Reservewährung entwickeln, nahm die Welt das zur Kenntnis. Diese Prognose hat die chinesische Regierung durch ihre eigenen Bemühungen gefördert. Die Frage ist nun, ob im kommenden “Jahr des Büffels” die entscheidenden Veränderungen stattfinden, die nötig sind, um den RMB für dieses politische Ziel in Stellung zu bringen.

Wie bei einem Schönheitswettbewerb zählt auch beim Rennen um den Status einer Reservewährung die relative Attraktivität: Internationale Händler und Investoren müssen entscheiden, welche der ihnen verfügbaren Währungen am leichtesten verwendbar ist, vom stärksten Finanzsystem unterstützt wird und – vielleicht am wichtigsten – die Unterstützung eines vertrauenswürdigen Souveräns genießt. Dabei ist neu, dass zwei der größten weltweiten Souveräne momentan darum zu wetteifern scheinen, ihre eigene Vertrauenswürdigkeit zu verringern.

Relative Attraktivität ist schwer zu quantifizieren. Aber hinter diesem Konzept steht ein Faktor, der genau gemessen werden kann: die wirtschaftliche Größe des entsprechenden Landes. Wie der Ökonom Paul Krugman 1984 in einem Artikel erklärte: “Die Währung eines Landes, das auf den Weltmärkten bedeutsam ist, ist ein besserer Kandidat für ein internationales Zahlungsmittel als die eines kleineren Landes.” Mit anderen Worten, eine global dominante Wirtschaft ist die “Hardware” für eine internationale Reservewährung.

Belt-and-Road-Kunden nutzen Renminbi

China verfügt eindeutig über die nötige Hardware. Das Land ist seit 2013 die weltgrößte Handelsnation, seine Wirtschaft ist unter Berücksichtigung der Kaufkraftparität jetzt größer als die der Vereinigten Staaten, und es wird bald auch hinsichtlich der Wechselkurse die Führung übernehmen. Aus diesen Gründen betonte einer von uns (Subramanian) bereits vor zehn Jahren, der Renminbi würde irgendwann in Konkurrenz zum Dollar treten und ihn schließlich überholen.

Seitdem hat China bei der Förderung der relativen Attraktivität seiner Währung große Fortschritte gemacht. Seine Wirtschaft wächst weiterhin viel schneller als das US-BIP und ging auch stärker aus der COVID-19-Krise hervor. Seine Zentralbank hat mit der Entwicklung und Prüfung einer digitalen Währung begonnen. Und seine “Belt-and-Road”-Kunden in den Entwicklungsländern nutzen für ihre zunehmenden Handels- und Finanztransaktionen mit China zunehmend den Renminbi.

Aber der Dollar hat sich als hartnäckig und widerstandsfähig erwiesen. Wie Gita Gopinath, die leitende Ökonomin des Internationalen Währungsfonds, und ihre Kollegen gezeigt haben, wird weiterhin eine überwältigende Mehrheit des Handels in Dollar verbucht, und auch bei der grenzüberschreitenden Finanzierung spielt der Dollar immer noch eine prominente Rolle.

Ein Hauptgrund für die Resilienz des Dollar gegenüber dem Renminbi ist, dass die wirtschaftliche Hardware Amerikas durch eine mächtige Software ergänzt wird: durch die immateriellen Qualitäten, die das Vertrauen der Investoren sichern – zu denen nicht zuletzt ein starkes Bankensystem gehört, hinter dem ein verlässlicher Souverän steht. In diesen Bereichen steht China noch ein langer Weg bevor.

Vertrauen in das Bankensystem fehlt

Um Vertrauen in sein Bankensystem zu schaffen, muss China seine hoch verschuldeten, überforderten Kreditinstitute stärken. Danach muss das Land seine Kapitalverkehrskontrollen abschaffen und größere Transparenz gewährleisten, damit Investoren im Vertrauen an die chinesischen Finanzmärkte gehen können, dass sie wissen, was sie kaufen. Dann müssen sich die chinesischen Behörden verpflichten, die Kapitalkontrollen nicht wieder einzuführen, damit die Investoren sicher sein können, dass sie ihr Geld auch jederzeit wieder aus dem Land abziehen können. Nichts davon kann schnell geschehen, und die Investoren davon zu überzeugen, dass die Veränderungen irreversibel sind, wird sogar noch länger dauern.

Als nächstes folgt die Aufgabe, Vertrauen in den staatlichen Souverän aufzubauen. China wird andere Länder davon überzeugen müssen, dass es ein verlässlicher Wirtschaftspartner ist und auch bleiben wird. Dies wird sogar noch mehr Zeit und Mühe erfordern – insbesondere angesichts dessen, dass sich die chinesische Regierung in die falsche Richtung bewegt hat. China mag zwar dazu beigetragen haben, die kürzlich verabschiedete Regionale Wirtschaftspartnerschaft RCEP auszuhandeln, hat aber auch Handelssanktionen als politische Bestrafung gegen seinen großen Handelspartner Australien eingesetzt.

Darüber hinaus hat China hart gegen Aktivisten für Redefreiheit und Demokratie in Hongkong durchgegriffen und sich dabei kaum um die Folgen für die Position der Stadt als internationales Finanzzentrum gekümmert. Außerdem hat das Land mit Strafmaßnahmen gegen einen seiner führenden Finanzunternehmer reagiert: den Alibaba-Gründer Jack Ma. Gleichzeitig haben die Behörden eine neue Entwicklungsstrategie der “zwei Kreisläufe” eingeführt, die zweifellos eine wirtschaftspolitische Wendung nach innen signalisiert.

Sicherlich haben auch die USA für Zweifel an ihrer eigenen Vertrauenswürdigkeit gesorgt, insbesondere unter Präsident Donald Trump. Beispielsweise hindern die Sanktionen der Trump-Regierung gegen den Iran die US-Banken nicht nur daran, mit diesem Land direkt zu handeln, sondern auch mit allen ausländischen Banken, die dort tätig sind. So erkennen andere Länder – darunter auch viele Freunde und Verbündete – jetzt, wie verletzlich sie gegenüber unilateralen Maßnahmen der USA sind. Obwohl die Dominanz des Dollar Vorteile bietet, kann sie heute einen hohen Preis kosten – so hoch, dass sich Europa beeilen musste, seinen eigenen grenzübergreifenden Clearing-Mechanismus für den Handel aufzubauen.

Dollar bald auf dem “Aschehaufen der Geschichte”?

Unter Donald Trump hatte die US-Regierung direkte Maßnahmen gegen China ergriffen, indem sie US-Finanzinstitutionen und -investoren vorschrieb, die Verbindungen zu bestimmten chinesischen Staatsunternehmen zu kappen. Weiterhin hat sie drei chinesische Unternehmen von der New Yorker Aktienbörse ausgeschlossen. Seitdem überlegen die chinesischen Behörden, wie sie reagieren können, um chinesische Unternehmen vor den Fallstricken der finanziellen Dominanz Amerikas zu schützen.

Welches Land mehr getan hat, um das Vertrauen in seine eigene Software zu untergraben, ist unklar, also sollte man nicht einfach annehmen, die Macht des Dollar sei unerschütterlich. Wenn entweder der Renminbi attraktiver wird oder der Dollar unattraktiver, kann China den Wettkampf um die Reservewährung immer noch gewinnen.

Darüber hinaus sollten wir uns daran erinnern, dass die Geschichte nicht auf Seiten des Dollar steht. Der verstorbene MIT-Wirtschaftshistoriker Charles P. Kindleberger traf die berühmte Vorhersage, der Dollar werde “gemeinsam mit dem Pfund Sterling, dem Gulden, dem Florin, dem Dukaten und dem noch früheren levantinischen Bezant auf dem Aschehaufen der Geschichte landen“.

Ob bereits in diesem Jahr ein entscheidender Übergang vom Dollar zum Renminbi beginnt, ist eine offene Frage. Aber langfristig vertraut die chinesische Regierung auf die Aussichten ihrer Währung. Sie scheint bereits davon überzeugt zu sein, dass sich ihre Hardware trotz der Mängel ihrer Software als attraktiv erweisen wird. Ihre gar nicht so subtile Botschaft an die Welt ist, dass der Renminbi in Führung gehen wird – unabhängig davon, was China tut.

Arvind Subramanian war führender wirtschaftlicher Berater der indischen Regierung und ist Professor für Ökonomie an der Ashoka-Universität. Er ist Verfasser von Eclipse: Living in the Shadow of China’s Economic Dominance. Josh Felman ist Direktor von JH Consulting. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.

Copyright: Project Syndicate, 2021.
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Portrait

Andrew Cheung

Andrew Cheung, neuer Oberster Richter am Hongkonger Letztinstanzlichen Berufungsgericht
Neuer Oberster Richter am Hongkonger Letztinstanzlichen Berufungsgericht

Kaum war Hongkongs neuer Oberster Richter, Andrew Cheung, 59, inthronisiert, rückte der Court of Final Appeal (CFA) unter seiner Leitung in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Das Gericht war am Montag zusammengekommen, um darüber zu entscheiden, ob der zurzeit inhaftierte pro-demokratische Medien-Tycoon Jimmy Lai gegen Kaution auf freien Fuß kommt oder nicht. Das Urteil gilt als Fingerzeig für die Handhabe des neuen Sicherheitsgesetzes, das Kaution nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Eine Entscheidung traf das Gericht jedoch noch nicht. Es vertagte sich auf einen späteren Zeitpunkt.

In der Zwischenzeit wundern sich einige Hongkonger Medien und Rechtsexperten darüber, dass der Oberste Richter vier Tage vor der Anhörung mit Regierungschefin Carrie Lam zusammengetroffen war. Über den Inhalt des Gesprächs wurde bislang nichts bekannt, außer “dass es nicht um Einzelfälle ging”, wie Carrie Lam betonte. Es habe sich lediglich um ein routinemäßiges Arbeitstreffen gehandelt. Lam hatte im vergangenen Jahr gesagt, dass es keine Gewaltentrennung in der Stadt gebe. Exekutive, Legislative und Judikative seien gegenüber der Pekinger Zentralregierung rechenschaftspflichtig.

Andrew Cheungs Verantwortung der Zentralregierung

Andrew Cheung dürfte sich der Verantwortung gegenüber der Zentralregierung ohnehin bewusst sein. Staatliche chinesische Medien und solche aus Hongkong, die Pekings Politik stützen, feuern seit der Implementierung des Sicherheitsgesetzes im Sommer 2020 endlose Salven in Richtung Hongkonger Rechtssprechung ab, was diese zu tun und zu lassen habe. Im Kern geht es um die Frage, ob die Richter in Hongkong das Nationale Sicherheitsgesetz im Sinne der autoritären Volksrepublik China interpretieren, oder ob sie sich dagegen auflehnen.

Dass der neue Oberste Richter der Erwartungshaltung aus Peking gerecht wird, glaubt unter anderem der frühere Hongkonger Jurist Alvin Cheung von der New York University. “Es gibt entweder ein Hongkong, das Rechtsstaatlichkeit respektiert, oder ein Hongkong, das tut, was Peking möchte. Angesichts der politischen Rahmenbedingungen dürfte die Entscheidung darüber sehr leicht ausfallen”, sagt Cheung. Es liege “schmerzhaft auf der Hand”, dass weder die Hongkonger noch die Pekinger Regierung weiterhin so tun würden, als sei die Rechtssprechung der Stadt unabhängig.

Seit 2018 war Andrew Cheung bereits permanentes Mitglied des Obersten Gerichts. Zuvor hatte er viele Jahre zahlreiche Stationen im Rechtssystem der Stadt durchlaufen. Als Anwalt sammelte er in den 1990er Jahren die nötige Erfahrung, um sich für öffentliche Posten zu qualifizieren. Sieben Jahre stand er später dem Hohen Gericht vor. In jüngster Vergangenheit sorgte er bei oppositionellen Kräften für besorgte Reaktionen, als er beispielsweise die Auslegung des Basic Law, eine Art Grundgesetz der Stadt Hongkong, ganz allein Peking zusprach und betonte, dass das Gewohnheitsrecht keine Rolle spiele. Seine konservativen Ansichten gegenüber den Rechten von Schwulen und Lesben wurde von Menschenrechtlern stark kritisiert.

Unterstützung erhält Cheung dagegen von der örtlichen Anwaltskammer HKBA, der Juristenvereinigung Law Society of Hongkong und von Politikern aus dem Regierungslager. Unter dem neuen Obersten Richter würden “Rechtsstaatlichkeit verankert und Menschrechte und Freiheit geschützt”, kommentierte die Parlamentarierin Priscilla Leung.

Cheung ist der erste Jurist auf dem Posten des Obersten Richters, der in Hongkong seinen Jura-Abschluss gemacht hat. Später ließ er einen Master an der Harvard-Uni in den USA folgen. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Marcel Grzanna

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Dessert

Die US-Navy schickte gestern den Zerstörer USS John S McCain durch die Formosastraße, die Meerenge zwischen China und Taiwan.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Massengeschäft Batterie-Recycling
    • Gamestop puscht Chinas Trading-Anwendung Webull
    • Baumwolle aus Zwangsarbeit – auch in unseren Schränken
    • Tschechien blockt Peking bei Akw-Ausschreibung
    • Hongkong: Rekord bei Auswanderung nach Taiwan
    • Xie Zhenhua: Chinas neuer Klimagesandter
    • Chinesischer Sender CGTN verliert Lizenz in Großbritannien
    • Arvind Subramanian und Josh Felman: Das Jahr des Renminbi?
    • Im Portrait: Andrew Cheung
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Amerikaner und Europäer gemeinsam gegen China? Keine gute Idee, sagt Emmanuel Macron und warnt: ein solches Szenario, in dem sich “alle gegen China zusammenschließen”, trage das höchste Konfliktpotenzial in sich und sei daher “kontraproduktiv”. Gestern Abend war der französische Präsident zu Gast bei der US-Denkfabrik Atlantic Council, wo er zu bedenken gab, dass eine geschlossene Front gegen Peking dazu führen könnte, dass China die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Klimawandels verringert und seine regionale Agenda in Asien verschärft.

    Empfehlen möchte ich Ihnen im heutigen China.Table ein Thema mit größter Relevanz für Deutschland. Unübersehbar ist der Trend zum Elektroauto. Doch was passiert mit den Batterien, wenn sie ausgedient haben? In China rollen schon jetzt mehr als vier Millionen Elektroautos über die Straßen. Für Christiane Kühl Anlass genug, sich die Pekinger Gesetzgebung zum Batterierecycling, die Technologien und den Markt genauer anzusehen.

    Finn Mayer-Kuckuk nennt Webull die “Finanz-App der mächtigen Zwerge”. Sein Befund: Die chinesische Trading-Anwendung ist in den USA einer der bisher unbeachteten Gewinner der Turbulenzen um Gamestop.

    Über die Zwangsarbeit der uigurischen Minderheit hat Felix Lee mit dem China-Forscher Adrian Zenz gesprochen. “Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Großteil der Baumwollproduktion in Xinjiang mit Zwangsarbeit befleckt ist”, sagt Zenz. Die ersten Modeunternehmen reagieren bereits. Sie wollen ihre Marken nicht mit dem Makel des Genozids beflecken.

    Dass Peking in das Milliardengeschäft des Baus von Atomkraftwerken auf der ganzen Welt einsteigen will, hat Christiane Kühl in der ersten Ausgabe von China.Table Mitte Dezember geschrieben. Nun zeigt sich: die Wettbewerber schlafen nicht. Tschechien will den chinesischen Anbieter für den Bau eines neuen Reaktors in Dukovany von der Ausschreibung ausschließen.

    Ihre
    Antje Sirleschtov
    Bild von Antje  Sirleschtov

    Presseschau

    US ‘deeply disturbed’ by reports of systematic rape in China’s Xinjiang camps THE GUARDIAN
    Guyana nixes Taiwan office after Beijing criticizes ‘mistake’ REUTERS
    Hong Kong pro-democracy movement nominated for Nobel peace prize by US lawmakers THE GUARDIAN
    How Censorship Can Influence Artificial Intelligence WIRED
    China’s SWIFT joint venture shows Beijing eyeing global digital currency use, to internationalise yuan SOUTH CHINA MORNING POST
    Central, Eastern European countries witness booming trade with China GLOBAL TIMES
    Machtkampf in China – “Es ist mutig, was Australien macht, geradezu historisch WELT
    Völkermordvorwurf: Werden China die Olympischen Spiele entzogen? DW
    USA reizen China mit Kriegsschiff-Manöver N-TV

    Analyse

    Batterien zu Stromspeichern

    Auf China rollt eine Welle von Altbatterien zu: Abgenutzte oder stark verlangsamte Akkus aus der immer größeren Elektroauto-Flotte des Landes. Diese dürfen nicht einfach auf den Müll. Elektroautobauer sind verpflichtet, sich um die Verwertung zu kümmern – um Rohstoffe sparsam zu nutzen sowie Umwelt und Klima zu schützen. Abgenutzte, aber noch funktionsfähige Batterien können dabei als stationäre Energiespeicher eingesetzt werden. Nach dem Batterietod aber gibt es nur noch eins: Recycling der Batteriezellen – und damit Zerlegung in die nutzbaren Bestandteile und Rohstoffe wie Kobalt, Lithium, Nickel, Mangan oder Graphit.

    Seit Anfang 2020 gelten Ziele, die für Nickel, Kobalt und Mangan eine Rückgewinnungsrate von mindestens 98 Prozent vorsehen; Lithium soll zu 85 Prozent recycelt werden, seltene Erden zu 97 Prozent. Diese wiedergewonnenen Materialien werden voraussichtlich gleich wieder in neue Batterien wandern.

    Chinas Elektroauto-Pionier BYD aus der südchinesischen Wirtschaftssonderzone Shenzhen betreibt bereits eine Batterie-Recycling-Fabrik in Shanghai und recycelt dort Batteriezellen als Rohstoffquelle für sich selbst. Auch beliefert das Unternehmen Kunden, die aus noch nutzbaren Altbatterien Energiespeicher aufbauen – etwa das Staatsunternehmen China Tower, das Telekommunikations-Basisstationen baut und Altbatterien auch von anderen Firmen bekommt.

    BYD: Partnerschaft mit Itochu

    Noch aber ist der Umfang des Recyclinggeschäfts von BYD gering und weitgehend auf China beschränkt. Doch das Unternehmen will das Geschäft ausbauen. Im Dezember schloss BYD eine Partnerschaft mit dem japanischen Handelshaus Itochu zum Aufbau von Stromspeichern aus Altbatterien. Demnach wird BYD von seinen Händlern sowie seinen E-Bussen und E-Taxis ausgediente Batterien einsammeln und bei der Firma Pandpower – einer Gründung ehemaliger BYD-Ingenieure – auf ihre Leistungsfähigkeit prüfen lassen. Geeignete Batterien werden dann an Itochu geliefert, das jeweils 160 dieser Batterien in einem eigens vorbereiteten 20-Fuß-Container einbauen wird. Diese Container sollen als Zwischenspeicher für erneuerbare Energien eingesetzt werden und nach einem Bericht der japanischen Zeitung Nikkei Asia je 1000 Kilowatt Kapazität haben – genug für etwa 100 Haushalte an einem Tag. Itochu schätze, dass die Kosten 20 bis 30 Prozent niedriger liegen als für neue Zwischenspeicher gleicher Kapazität.

    E-Autofirmen müssen in China laut Gesetz überall, wo sie Autos verkaufen, deren Altbatterien einsammeln. Dazu müssen sie kleinere Anlagen zur vorübergehenden Lagerung und größere Anlagen mit einer Mindestkapazität von 30 Tonnen für den Langzeitbetrieb vorweisen. Diese Anlagen – betrieben von Herstellern selbst oder Spezialfirmen – sollen verbrauchte Batterien einsammeln, sortieren, lagern, verpacken und versenden. Sie dürfen diese aus Sicherheitsgründen jedoch nur zu Inspektionszwecken zerlegen. Außerdem müssen die Hersteller eine lückenlose Rückverfolgung sicherstellen. Solche Standards sind wichtig, um die Sicherheit und Umweltverträglichkeit des potenziell gefährlichen Prozesses zu gewährleisten. Unternehmen, die diese Standards erfüllen, kommen auf eine “Weiße Liste” des Industrieministeriums und erhalten Subventionen von der Regierung. 22 Firmen nahm das MIIT im Januar 2021 in diese Liste auf – auf der zuvor nur fünf Namen gestanden hatten. Die Recyclingfabrik von BYD in Shanghai ist die einzige eines Autobauers auf dieser Liste.

    BYD ist prädestiniert für die Rolle des Vorreiters. Das Privatunternehmen hatte schon seit vielen Jahren Handybatterien gefertigt, bevor es in das Autobatteriengeschäft einstieg. Heute ist es der zweitgrößte Autobatterie-Hersteller Chinas. Auch bei Elektroautos gehörte es zu den China-Pionieren. Seine funktionalen Elektromodelle wie der Qin EV gehören zu den meistverkauften im E-Volumensegment; seine E-Busse verkauft BYD in die ganze Welt. Also muss es schnell handeln – auch wenn das vorerst vor allem Geld kostet.

    Welle von Altbatterien in China erwartet

    Energiespeicher aus Altbatterien gibt es auch in Europa und den USA – doch China ist in schierer Größe wie so oft weit voraus. 2018 gab es nach einer Studie der Global Battery Alliance an derartigen Speichern 10 Megawatt in Nordamerika, 100 MW in Europa – und 1000 MW in China. Und es werden bald noch viel mehr. Mitte 2020 rollten nach Angaben der Behörden etwa 4,17 Millionen Elektroautos auf Chinas Straßen. In der Regel halten deren Batterien fünf bis acht Jahre. “Wir sehen eine Flutwelle alter Elektroauto-Batterien auf uns zukommen“, sagt Ada Kong von Greenpeace East Asia.

    Anders als etwa Smartphone-Akkus besitzen Elektroauto-Batterien nach Angaben des Marktforschers IDTechEx noch bis zu 80 Prozent ihrer Kapazität, wenn sie für Autos aufgrund einer immer eingeschränkteren Reichweite untauglich werden. Solche Batterien könnten laut Greenpeace in Chinas 5G-Telekommunikations-Stationen oder den in China beliebten Leih-E-Bikes genutzt werden. Dies würde 63 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen vermeiden, die ansonsten bei der Herstellung von Neubatterien entstünden, schätzt Greenpeace.

    Die gesamte Lieferkette kann Batterien recyceln

    Außer BYD sind noch ein paar andere Autofirmen im Batterie-Recycling aktiv, darunter die Staatskonzerne Beijing und Shanghai Automotive. Hinzu kommen Spezialfirmen oder Vorprodukte-Hersteller wie etwa Chinas größter Nickel- und Kobaldproduzent Jinchuan, der zwei Batterie-Recycling-Werke gebaut hat. Im Prinzip können Firmen der gesamten Lieferkette mitmachen: Neben Auto-, Batterie- oder Recyclingfirmen etwa Metalllieferanten oder Kathoden-Hersteller.

    Über eine künftige Wirtschaftlichkeit des Recyclings etwa von Lithium-Ionen-Batterien aus dem Fahrzeugbereich ist derzeit allerdings noch wenig bekannt. “Derzeit ist China der einzige Markt, auf dem wir das Volumen sichern können, mit dem Rentabilität erzielt werden kann”, zitierte Nikkei Asia einen Vertreter von BYD-Partner Itochu. Ein gewisses Volumen ist also wichtig. Das wird der Markt in absehbarer Zeit wohl bekommen.

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    Termine

    06.02.2021, 13:00-15:00 Uhr New York Time
    Online-Neujahrsfeier, Asia Society New York Family Day: Virtual Lunar New Year! Mehr

    08.02.2021; 18:00-19:00 Uhr
    Vortrag, SOAS London The Domestic Politics of China´s Foreign Policy Anmeldung

    08.02.2021, 18:15 Uhr
    Vortrag, Konfuzius-Institut Berlin Chinas öffentliche Diplomatie in Zeiten von Covid-19. Anmeldung

    09.02.2021, 9:00 Uhr (EST)
    Virtual Forum, US China Series Chinese Fintech Mehr

    09.02.2021, 16:00-18:00 Uhr
    Kunstgespräch, TU Berlin Center for Cultural Studies on Science and Technology in China Visions of Love Mehr

    10.02.2021, 18:30-19:45 Uhr
    Vortrag, Harvard Fairbank Center for Chinese Studies China´s Role in Global Finance Mehr

    11.2.2021, 12:00-13:00 Uhr
    Diskussion, NZZ/ Asia Society Switzerland Talk at the Library: Swiss Correspondents in China (Members Only) Mehr

    Baumwolle aus Zwangsarbeit – auch in unseren Schränken

    Der Süden Xinjiangs ist trocken und karg. Die Taklamakan, eine der unfruchtbarsten Wüsten der Welt, befindet sich in der Gegend. Dank gigantischer Bewässerungsanlagen, die Chinas Regierung in den vergangenen Jahrzehnten errichtet hat, ist die Region heute dennoch eine der größten Baumwoll-Anbaugebiete der Welt. 87 Prozent der chinesischen Baumwolle kommt aus Xinjiang, rund ein Fünftel der Weltproduktion. Nun muss sich die internationale Modebranche genau dafür rechtfertigen. Denn ein Großteil der Baumwolle wird offenbar unter Zwang geerntet – von muslimischen Uiguren

    Wie aus einer Studie des Center for Global Policy in Washington hervorgeht, werden mehr als eine halbe Million Uiguren zur Erntezeit für Monate zum Pflücken der Baumwolle auf die Felder geschickt. “Die meisten von ihnen unfreiwillig”, sagt China-Forscher Adrian Zenz, Autor dieser Studie. “Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Großteil der Baumwollproduktion in Xinjiang mit Zwangsarbeit befleckt ist”, sagt er. 

    Der deutsche Wissenschaftler, der in den USA lebt und forscht, hatte schon 2018 mit einer ebenfalls von ihm angefertigten Studie darauf hingewiesen, dass in Xinjiang bis zu einer Million Uiguren zeitweise in Umerziehungslagern interniert sind. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen berief sich auf ihn. Die US-Regierung spricht inzwischen von einem “kulturellen Genozid”, den Chinas Führung in Xinjiang begeht. Nun hat Zenz also Belege von Zwangsarbeit in der Region. 

    Zwangsarbeit oder Arbeitstransfer?

    Das Pflücken von Baumwolle ist körperlich anstrengende Arbeit und wird in der Regel schlecht bezahlt. Bis vor einigen Jahren heuerten die Betriebe, von denen viele in staatlicher Hand sind, Wanderarbeiter aus dem chinesischen Kernland an. Doch sie blieben wegen der niedrigen Löhne in immer größerer Zahl aus. Die Regierung setzt seit einiger Zeit auf ein sogenanntes Arbeitstransferprogramm. Uiguren werden in ihren Heimatdörfern aufgesucht, in Busse verfrachtet und zu den Baumwollfeldern gekarrt, wo sie dann unter Polizeiaufsicht die Baumwollknäuel pflücken

    Offiziell bestreitet die chinesische Führung diese Praxis. Landarbeiter unterschiedlicher Herkunft seien aus freien Stücken auf den Feldern im Einsatz, beteuert die Behörden in Xinjiang. Sie würden einen Monatslohn von umgerechnet fast 1.200 Euro erhalten. Ohnehin sei keine große Zahl an Arbeitern nötig, da die Ernte weitgehend mechanisiert sei. 

    Zenz zeichnet ein vollkommen anderes Bild. 70 Prozent der Baumwollernte werde aus Qualitätsgründen von Hand gepflückt. Er hat sich bei der Auswertung der Studie auf Dokumente gestützt, die die Behörden vor Ort zum Teil selbst veröffentlicht haben. Mit der erfolgreichen Umsetzung des Programmes rühmen sich die Lokalregierungen zum Teil sogar. 

    Die Menschenrechtsorganisationen Uyghur Human Rights Project (UHRP) prangert das Vorgehen der chinesischen Führung an und fordert internationale Modekonzerne auf, auf Baumwolle aus Xinjiang zu verzichten. Zwar würden die wenigsten Unternehmen selbst in der Region Plantagen betreiben. Doch über chinesische Zwischenfirmen würden sie sehr wohl Baumwolle aus Xinjiang beziehen. Und keineswegs nur in China selbst. Auch Textilfabriken in Bangladesh, Vietnam oder den Philippinen nutzen Baumwolle aus Xinjiang. “Es ist sehr wahrscheinlich, dass jeder Deutsche in seinem Schrank mindestens ein Kleidungsstück mit Baumwolle aus Xinjiang hat”, vermutet Zenz. 

    Modeunternehmen stehen unter Druck

    Großbritannien und Kanada haben reagiert und ein Verbot für zumindest die Importe aus China verhängt, bei denen der Verdacht besteht, sie könnten in Zwangsarbeit von Uiguren hergestellt worden sein. Und auch die USA haben im Dezember unter Verweis auf die “Sklavenarbeit” auf den Feldern einen Importstopp für Baumwolle aus Xinjiang befohlen. 

    Die internationalen Modeunternehmen hingegen reagieren eher verhalten. Als das Australian Strategic Policy Institute (Aspi) auf Basis eigener Untersuchungen vor einem Jahr schon einmal Konzerne wie Adidas, Puma, H&M, Zara, Gap und Nike anprangerte, wiesen die Unternehmen die Anschuldigungen zunächst zurück. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit Zwangsarbeit sei nicht nachzuweisen, hieß es zunächst. 

    H&M hat inzwischen die Zusammenarbeit mit einem chinesischen Produzenten beendet. Auch Adidas hat seine Zulieferer nach eigenen Angaben angewiesen, auf Baumwolle aus der Region zunächst zu verzichten. Gegenüber einer Kommission des britischen Parlaments räumte H&M zugleich aber ein, angesichts der “Komplexität der Lieferketten” und des Produktionsprozesses die Herkunft der Baumwolle nicht vollständig nachvollziehen zu können. 

    Die Menschenrechtsorganisation UHRP hält das für eine Ausrede. Es sei “unglaubwürdig”, wenn die großen Ketten betonten, keine Zwangsarbeit bei ihren Zulieferern zu dulden, gleichzeitig aber weiter Baumwolle aus einer Region beziehen, “in der Zwangsarbeit verbreitet ist”.

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    Webull, die Finanz-App der mächtigen Zwerge

    Im Geldanlagewesen läuft derzeit eine Revolution – und eine chinesische App ist vorneweg mit dabei. Junge Kleinanleger treiben derzeit die Kurse einzelner Werte gezielt vor sich her und versetzen damit die Wall Street in Aufruhr. Sie setzen sich dafür nicht an den PC, sondern sie traden zeitgemäß mit dem Smartphone. Der Ursprung des Aufstands der Investment-Zwerge liegt in den USA. Dort wiederum spielen vor allem zwei Handy-Anwendungen eine zentrale Rolle: Robinhood und Webull. Und Webull kommt aus China.

    Damit verankert sich eine chinesische Finanzanwendung bei jungen Kunden auf dem größten Investmentmarkt der Welt. Auch in Deutschland könnten solche Entwicklungen die Abkehr von traditionellen Geldhäusern beschleunigen. Wer den Einstieg in Geldanlagen mit einer Trading-App gemacht hat, wird wohl kaum später ein Depot bei einer Sparkasse anlegen, nur um dort erstmals hohe Gebühren zu zahlen und von aufdringlichen Beratern die eigenen Zertifikate aufgedrängt zu bekommen.

    Apps wie Webull sehen zudem richtig gut aus. Die Kurse blitzen in Echtzeit auf, Farbgebung und Gestaltung vermitteln die Atmosphäre eines professionellen Handelsplatzes. Zugleich sind die Apps leicht zu bedienen und senken dadurch die Einstiegsschwelle in die Welt der Geldanlage. Generell machen die Jüngeren bekanntlich gerne alles mit dem Handy. Jetzt eben auch den Aktienhandel.

    Daher ist es auch kein Wunder, dass ein Anbieter aus China hier zu den internationalen Vorreitern zählt. China liegt bei App-Trends bekanntlich noch eine Nasenlänge vor den USA – und deutlich vor Deutschland. Betreiber von Webull ist das Unternehmen Fumi Technologies. Gründer ist ein ehemaliger Mitarbeiter von Alibaba, Wang Anquan. Ein früher Geldgeber des Projekts war Xiaomi – Webull ist also mit der Elite der chinesischen Technikbranche vernetzt. Die Idee von Wang Anquan lautete von Anfang an: Wir jagen der etablierten Investmentbranche mit den Mitteln der Internetszene die Kunden ab. Schon 2017 folgte die Gründung einer US-Tochter mit Sitz in New York, die dort als einheimisches Unternehmen auftritt und eine korrekte Brokerlizenz besitzt.

    Zwei Millionen Kunden in Amerika

    In diesen drei Jahren hat Webull in Amerika zwei Millionen Kunden gewonnen. Die Strategie scheint also aufzugehen – und die Aufregung um Gamestop und andere Börsenwerte hat der App noch einmal einen kräftigen Schub gegeben. Mitglieder von Foren im Internet hatten sich vorgenommen, mit Kaufordern in den Apps den Kurs der Aktie der Kette von Computerspiele-Läden hochzutreiben. Sie hatten zuvor Wind davon bekommen, dass Hedgefonds an der Wall Street gegen Gamestop spekulieren. “Ich habe alle meine Ersparnisse in Gamestop investiert und muss meine Miete daher in diesem Monat auf Pump mit Kreditkarte bezahlen”, schrieb der Nutzer “ssauronn” auf Reddit. Er wolle damit helfen, den verhassten Finanzhaien der Wall Street eine Lektion zu erteilen.

    Die Gegenreaktion der Armee von Kleinanlegern hat so durchschlagend gewirkt, dass sie nun große Institutionen der Wall Street in die Nähe des Ruins treibt. Doch für Hedge-Fonds steht dem hohen Gewinnpotenzial ein unbegrenztes Verlustpotenzial gegenüber, wenn ihre Wetten schieflaufen. Der Kurs von Gamestop ist nun insgesamt sogar um den Faktor 50 gestiegen, statt wie erwartet zu fallen. Die Hedge Fonds haben Milliardensummen verloren und mussten sich gegenseitig stützen, um nicht sofort insolvent zu werden.

    Als Reaktion darauf hat der große amerikanische Konkurrent Robinhood, ebenfalls eine Trading-App, den Handel mit Gamestop ausgesetzt. Die Vermutung der Aktivisten-Anleger: Die Bosse der Wall Street haben Freunde angerufen, die als Geldgeber hinter Robinhood stehen. Der Zorn war riesig. Die Freude war dann ebenso groß, als sie feststellten, dass der Handel mit Gamestop auf Webull nach einem kurzen Aussetzer weiterhin möglich ist.

    Darauf verbreitete sich im Netz die Empfehlung zum Umstieg auf Webull, dessen chinesischer Hintergrund den wenigsten dort bekannt ist. Zwar gab es in der Ära Donald Trump zeitweilig Spekulationen über ein Verbot der App als Teil seines Feldzugs gegen alles Chinesische. Es fehlte jedoch die Handhabe. Die Daten der US-Kunden bleiben im Inland, das Team ist amerikanisch dominiert und alle Regeln für korrekte Aufsicht werden eingehalten. Mit der Amtsübernahme von Joe Biden sind diese Gedankenspiele nun ohnehin vom Tisch.

    Umstieg auf Webull nach Gamestop-Abschaltung

    Webull ist in Deutschland im App-Store verfügbare, enthält aber keine Depotfunktionen, sondern dient nur der Beobachtung des Marktes. Das gut funktionierende deutsche Gegenstück ist Trade Republic, ein Startup aus Berlin, das schon ein Jahr von Fumi gegründet wurde. Die Funktionen von Trade Republik können mit denen von Webull absolut mithalten, doch es fehlt der internationale Ansatz eines Unternehmens mit Hauptquartieren in Changsha und New York. Handy-Trader in Deutschland können zudem auf etablierter Angebote wie die Apps von Comdirect und Flatex zurückgreifen.

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    China bei Akw-Ausschreibung in Tschechien geblockt

    Die tschechische Regierung hat angekündigt, das chinesische Staatsunternehmen Chinese General Nuclear Power Group (CGN) von der Ausschreibung für den Bau eines neuen Reaktors im Atomkraftwerk Dukovany auszuschließen. Hintergrund der Entscheidung sind Medienberichten zufolge Sicherheitsbedenken über die Auswirkung einer chinesischen Beteiligung. Demnach wurde der Schritt von den Parteien der Minderheitsregierung zwischen ANO und ČSSD sowie der Mitte-Rechts-Opposition gebilligt. Die Entscheidung wurde gut eine Woche vor einem virtuellen Gipfel der mittel- und osteuropäischen Staaten und China (17+1-Format) bekannt gegeben.

    Der neue Reaktor in Dukovany soll die älteren Reaktoren, die sich dem Ende ihrer Lebensdauer nähern, und Kohlekraftwerke ersetzen. Tschechiens Industrie- und Handelsminister Karel Havlíček erklärte in einem Interview, dass es keinen Konsens darüber gebe, ob auch Russland von der Ausschreibung ausgeschlossen werden sollte. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte berichtet, dass die Sicherheitsdienste der EU und des Nato-Mitgliedslandes empfohlen hätten, sowohl Russland als auch China aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht an der Ausschreibung teilnehmen zu lassen.

    Die chinesische Botschaft in Prag drückte ihren Unmut über die Entscheidung, CGN auszuschließen, in einer Mitteilung aus. Darin wird die tschechische Regierung aufgefordert, “die Grundsätze der Marktwirtschaft und des fairen Wettbewerbs gewissenhaft einzuhalten”. Der Werkbau von Atomkraft ist ein Milliardengeschäft, bei dem es auch um politischen Einfluss geht. Zuletzt war CGN in Rumänien von den USA aus einem Deal für den Ausbau des Atomkraftwerks Cernavoda gedrängt worden. Dabei sollen Berichten zufolge ebenfalls Sicherheitsbedenken angesichts einer chinesischen Beteiligung eine Rolle gespielt haben. ari

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    Hongkong: Rekord bei Auswanderung nach Taiwan

    Angesichts des neuen nationalen Sicherheitsgesetzes und Pekings Vorgehen gegen Proteste zieht es immer mehr Hongkonger nach Taiwan. Die taiwanesische Einwanderungsbehörde verzeichnete nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand bei der Zahl der Aufenthaltstitel für Bürger und Bürgerinnen aus Hongkong: Rund 11.000 Hongkonger zogen demnach 2020 auf die demokratische Insel. Das sind fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Die Zahl der Hongkonger, die im vergangenen Jahr nach Taiwan ausgewandert sind, ist einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge die höchste seit mindestens drei Jahrzehnten.

    Taiwan ist bereits seit längerem ein beliebtes Ziel für Hongkonger, die wegen der rasant steigenden Mietpreise in der ehemaligen britischen Kolonie nach einer Alternative suchen. Das im Juni vergangenen Jahres eingeführte Sicherheitsgesetz habe jedoch die Abwanderung beschleunigt, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Denn bisherigen Höchststand hat es während der “Regenschirm-Bewegung” 2014 mit rund 7500 taiwanesischen Aufenthaltstiteln für Menschen aus Hongkong gegeben, wie es in dem Bericht weiter heißt. ari

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    Xie Zhenhua: Chinas neuer Klimagesandter

    Peking hat Medienberichten zufolge Xie Zhenhua zum Sondergesandten für Klimafragen ernannt. Das Umweltministerium bestätigte die Personalien zunächst nicht. Xie war mehr als ein Jahrzehnt lang bis Anfang 2020 Pekings Klimaverhandler gewesen, wie die South China Morning Post (SCMP) berichtet. Anschließend wurde er Sonderberater im Umweltministerium. Xie gilt als zentraler Architekt des Pariser Klimaabkommens und Chinas Plan zur Vermeidung von CO2-Emissionen bis 2060. Auch trug er maßgeblich zum Aufbau des chinesischen Kohlenstoffmarktes bei. Das 2060-Ziel sei aber schwer zu erreichen, “wenn wir traditionelle Produktions-, Lebens- und Konsumweisen beibehalten”, sagte Xie im November in einem Interview mit Bloomberg. Er ergänzte: “Wir müssen schnell transformieren und große Innovationen anstoßen”. Nachdem Xi Jinping das 2060-Ziel verkündete, würden “die Menschen die Investitionsrisiken im Kohlesektor” erkennen, so Xie. China wurde wiederholt für seinen hohen Kohleverbrauch kritisiert.

    Xie Zhenhuas Ernennung als ein Schritt Richtung USA

    Die Ernennung Xies sei ein “maßgeschneiderter Schritt in Richtung USA“, schrieb Li Shuo, Berater für globale Politik bei Greenpeace in Peking, auf Twitter. Xie wird China wahrscheinlich bei multilateralen Klimagesprächen vertreten und eine Schlüsselrolle in der Klimadiplomatie des Landes spielen, zitiert SCMP Li.

    Schon im Vorlauf des Pariser Klimaabkommens hat Xie eng mit dem damaligen US-Außenminister John Kerry zusammengearbeitet. 2014 erreichten die beiden Länder eine Übereinkunft zu Emissionszielen. Kerry ist heute Joe Bidens höchster Klimaberater. Der neue US-Präsident hatte noch am ersten Amtstag den Wiedereintritt der USA in das Pariser Klimaabkommen beschlossen. Im Wahlkampf kritisierte er China dafür, massiv Kohlekraftwerke im Ausland zu finanzieren und bei der “Neuen Seidenstraße” keine ausreichenden Umweltstandards zu verfolgen. nib

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    Britische Rundfunkbehörde entzieht CGTN Sendelizenz

    Zwischen Großbritannien und China brodelt ein Medien-Streit: Die britische Rundfunkbehörde Ofcom hat dem englischsprachigen Auslandssender CGTN aus China wegen politischen Einflusses auf das Programm die Sendelizenz entzogen. Als Begründung gab die Behörde an, eine Untersuchung habe ergeben, dass die Ausstrahlungslizenz zu Unrecht von der Mediengruppe Star China Media Limited (SCML) gehalten werde. Laut Ofcom hat SCML nämlich keine “redaktionelle Verantwortung” für CGTN und “erfüllt daher nicht die gesetzlichen Anforderungen, die Kontrolle über den lizenzierten Dienst zu haben”. Nach Ansicht der Behörde liegt die redaktionelle Kontrolle bei CCTV, das demnach letztlich von der Kommunistischen Partei Chinas kontrolliert wird.

    Auch den Antrag auf Übertragung der Lizenz an ein Unternehmen namens China Global Television Network Corporation (CGTNC) lehnte die britische Rundfunkbehörde ab. Im Antrag hätten wichtigen Angaben gefehlt, so Ofcom. Zudem sei die Behörde der Ansicht, dass auch CGTNC letztendlich unter Kontrolle der KP Chinas stehe. “Wir haben CGTN viel Zeit gegeben, um die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Diese Bemühungen sind jetzt erschöpft”, schrieb die Rundfunkbehörde.

    CGTN fällt schon während der Proteste in Hongkong auf

    Ofcom geht damit nicht zum ersten Mal gegen den chinesischen Staatssender vor: Die Behörde hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass der Sender unter anderem bei Berichten über Proteste in Hongkong gegen britische Unabhängigkeitsstandards in der Berichterstattung verstieß. Gegen den Sender liefe deshalb ein Sanktionsverfahren, das von dem Entzug der Lizenz aber nicht beeinträchtigt sei. Bezüglich der Strafmaßnahmen werde bald eine Entscheidung erwartet, so die Behörde.

    Peking reagierte umgehend auf die Entscheidung in London und kritisierte die BBC-Berichterstattung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Darin seien Falschnachrichten verbreitet worden, hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums. Es werde eine öffentliche Entschuldigung dafür erwartet. Zudem behalte sich China das Recht vor, weitere Maßnahmen zu ergreifen, so das Ministerium. ari

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    Standpunkt

    Das Jahr des Renminbi?

    Von Arvind Subramanian
    Arvind Subramanian bei einem Vortrag - hier schreibt er über den Renminbi als Reservewährung in China.

    Als der Milliardär und Investor Ray Dalio kürzlich vorhersagte, der chinesische Renminbi werde sich zur globalen Reservewährung entwickeln, nahm die Welt das zur Kenntnis. Diese Prognose hat die chinesische Regierung durch ihre eigenen Bemühungen gefördert. Die Frage ist nun, ob im kommenden “Jahr des Büffels” die entscheidenden Veränderungen stattfinden, die nötig sind, um den RMB für dieses politische Ziel in Stellung zu bringen.

    Wie bei einem Schönheitswettbewerb zählt auch beim Rennen um den Status einer Reservewährung die relative Attraktivität: Internationale Händler und Investoren müssen entscheiden, welche der ihnen verfügbaren Währungen am leichtesten verwendbar ist, vom stärksten Finanzsystem unterstützt wird und – vielleicht am wichtigsten – die Unterstützung eines vertrauenswürdigen Souveräns genießt. Dabei ist neu, dass zwei der größten weltweiten Souveräne momentan darum zu wetteifern scheinen, ihre eigene Vertrauenswürdigkeit zu verringern.

    Relative Attraktivität ist schwer zu quantifizieren. Aber hinter diesem Konzept steht ein Faktor, der genau gemessen werden kann: die wirtschaftliche Größe des entsprechenden Landes. Wie der Ökonom Paul Krugman 1984 in einem Artikel erklärte: “Die Währung eines Landes, das auf den Weltmärkten bedeutsam ist, ist ein besserer Kandidat für ein internationales Zahlungsmittel als die eines kleineren Landes.” Mit anderen Worten, eine global dominante Wirtschaft ist die “Hardware” für eine internationale Reservewährung.

    Belt-and-Road-Kunden nutzen Renminbi

    China verfügt eindeutig über die nötige Hardware. Das Land ist seit 2013 die weltgrößte Handelsnation, seine Wirtschaft ist unter Berücksichtigung der Kaufkraftparität jetzt größer als die der Vereinigten Staaten, und es wird bald auch hinsichtlich der Wechselkurse die Führung übernehmen. Aus diesen Gründen betonte einer von uns (Subramanian) bereits vor zehn Jahren, der Renminbi würde irgendwann in Konkurrenz zum Dollar treten und ihn schließlich überholen.

    Seitdem hat China bei der Förderung der relativen Attraktivität seiner Währung große Fortschritte gemacht. Seine Wirtschaft wächst weiterhin viel schneller als das US-BIP und ging auch stärker aus der COVID-19-Krise hervor. Seine Zentralbank hat mit der Entwicklung und Prüfung einer digitalen Währung begonnen. Und seine “Belt-and-Road”-Kunden in den Entwicklungsländern nutzen für ihre zunehmenden Handels- und Finanztransaktionen mit China zunehmend den Renminbi.

    Aber der Dollar hat sich als hartnäckig und widerstandsfähig erwiesen. Wie Gita Gopinath, die leitende Ökonomin des Internationalen Währungsfonds, und ihre Kollegen gezeigt haben, wird weiterhin eine überwältigende Mehrheit des Handels in Dollar verbucht, und auch bei der grenzüberschreitenden Finanzierung spielt der Dollar immer noch eine prominente Rolle.

    Ein Hauptgrund für die Resilienz des Dollar gegenüber dem Renminbi ist, dass die wirtschaftliche Hardware Amerikas durch eine mächtige Software ergänzt wird: durch die immateriellen Qualitäten, die das Vertrauen der Investoren sichern – zu denen nicht zuletzt ein starkes Bankensystem gehört, hinter dem ein verlässlicher Souverän steht. In diesen Bereichen steht China noch ein langer Weg bevor.

    Vertrauen in das Bankensystem fehlt

    Um Vertrauen in sein Bankensystem zu schaffen, muss China seine hoch verschuldeten, überforderten Kreditinstitute stärken. Danach muss das Land seine Kapitalverkehrskontrollen abschaffen und größere Transparenz gewährleisten, damit Investoren im Vertrauen an die chinesischen Finanzmärkte gehen können, dass sie wissen, was sie kaufen. Dann müssen sich die chinesischen Behörden verpflichten, die Kapitalkontrollen nicht wieder einzuführen, damit die Investoren sicher sein können, dass sie ihr Geld auch jederzeit wieder aus dem Land abziehen können. Nichts davon kann schnell geschehen, und die Investoren davon zu überzeugen, dass die Veränderungen irreversibel sind, wird sogar noch länger dauern.

    Als nächstes folgt die Aufgabe, Vertrauen in den staatlichen Souverän aufzubauen. China wird andere Länder davon überzeugen müssen, dass es ein verlässlicher Wirtschaftspartner ist und auch bleiben wird. Dies wird sogar noch mehr Zeit und Mühe erfordern – insbesondere angesichts dessen, dass sich die chinesische Regierung in die falsche Richtung bewegt hat. China mag zwar dazu beigetragen haben, die kürzlich verabschiedete Regionale Wirtschaftspartnerschaft RCEP auszuhandeln, hat aber auch Handelssanktionen als politische Bestrafung gegen seinen großen Handelspartner Australien eingesetzt.

    Darüber hinaus hat China hart gegen Aktivisten für Redefreiheit und Demokratie in Hongkong durchgegriffen und sich dabei kaum um die Folgen für die Position der Stadt als internationales Finanzzentrum gekümmert. Außerdem hat das Land mit Strafmaßnahmen gegen einen seiner führenden Finanzunternehmer reagiert: den Alibaba-Gründer Jack Ma. Gleichzeitig haben die Behörden eine neue Entwicklungsstrategie der “zwei Kreisläufe” eingeführt, die zweifellos eine wirtschaftspolitische Wendung nach innen signalisiert.

    Sicherlich haben auch die USA für Zweifel an ihrer eigenen Vertrauenswürdigkeit gesorgt, insbesondere unter Präsident Donald Trump. Beispielsweise hindern die Sanktionen der Trump-Regierung gegen den Iran die US-Banken nicht nur daran, mit diesem Land direkt zu handeln, sondern auch mit allen ausländischen Banken, die dort tätig sind. So erkennen andere Länder – darunter auch viele Freunde und Verbündete – jetzt, wie verletzlich sie gegenüber unilateralen Maßnahmen der USA sind. Obwohl die Dominanz des Dollar Vorteile bietet, kann sie heute einen hohen Preis kosten – so hoch, dass sich Europa beeilen musste, seinen eigenen grenzübergreifenden Clearing-Mechanismus für den Handel aufzubauen.

    Dollar bald auf dem “Aschehaufen der Geschichte”?

    Unter Donald Trump hatte die US-Regierung direkte Maßnahmen gegen China ergriffen, indem sie US-Finanzinstitutionen und -investoren vorschrieb, die Verbindungen zu bestimmten chinesischen Staatsunternehmen zu kappen. Weiterhin hat sie drei chinesische Unternehmen von der New Yorker Aktienbörse ausgeschlossen. Seitdem überlegen die chinesischen Behörden, wie sie reagieren können, um chinesische Unternehmen vor den Fallstricken der finanziellen Dominanz Amerikas zu schützen.

    Welches Land mehr getan hat, um das Vertrauen in seine eigene Software zu untergraben, ist unklar, also sollte man nicht einfach annehmen, die Macht des Dollar sei unerschütterlich. Wenn entweder der Renminbi attraktiver wird oder der Dollar unattraktiver, kann China den Wettkampf um die Reservewährung immer noch gewinnen.

    Darüber hinaus sollten wir uns daran erinnern, dass die Geschichte nicht auf Seiten des Dollar steht. Der verstorbene MIT-Wirtschaftshistoriker Charles P. Kindleberger traf die berühmte Vorhersage, der Dollar werde “gemeinsam mit dem Pfund Sterling, dem Gulden, dem Florin, dem Dukaten und dem noch früheren levantinischen Bezant auf dem Aschehaufen der Geschichte landen“.

    Ob bereits in diesem Jahr ein entscheidender Übergang vom Dollar zum Renminbi beginnt, ist eine offene Frage. Aber langfristig vertraut die chinesische Regierung auf die Aussichten ihrer Währung. Sie scheint bereits davon überzeugt zu sein, dass sich ihre Hardware trotz der Mängel ihrer Software als attraktiv erweisen wird. Ihre gar nicht so subtile Botschaft an die Welt ist, dass der Renminbi in Führung gehen wird – unabhängig davon, was China tut.

    Arvind Subramanian war führender wirtschaftlicher Berater der indischen Regierung und ist Professor für Ökonomie an der Ashoka-Universität. Er ist Verfasser von Eclipse: Living in the Shadow of China’s Economic Dominance. Josh Felman ist Direktor von JH Consulting. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.

    Copyright: Project Syndicate, 2021.
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    Portrait

    Andrew Cheung

    Andrew Cheung, neuer Oberster Richter am Hongkonger Letztinstanzlichen Berufungsgericht
    Neuer Oberster Richter am Hongkonger Letztinstanzlichen Berufungsgericht

    Kaum war Hongkongs neuer Oberster Richter, Andrew Cheung, 59, inthronisiert, rückte der Court of Final Appeal (CFA) unter seiner Leitung in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Das Gericht war am Montag zusammengekommen, um darüber zu entscheiden, ob der zurzeit inhaftierte pro-demokratische Medien-Tycoon Jimmy Lai gegen Kaution auf freien Fuß kommt oder nicht. Das Urteil gilt als Fingerzeig für die Handhabe des neuen Sicherheitsgesetzes, das Kaution nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Eine Entscheidung traf das Gericht jedoch noch nicht. Es vertagte sich auf einen späteren Zeitpunkt.

    In der Zwischenzeit wundern sich einige Hongkonger Medien und Rechtsexperten darüber, dass der Oberste Richter vier Tage vor der Anhörung mit Regierungschefin Carrie Lam zusammengetroffen war. Über den Inhalt des Gesprächs wurde bislang nichts bekannt, außer “dass es nicht um Einzelfälle ging”, wie Carrie Lam betonte. Es habe sich lediglich um ein routinemäßiges Arbeitstreffen gehandelt. Lam hatte im vergangenen Jahr gesagt, dass es keine Gewaltentrennung in der Stadt gebe. Exekutive, Legislative und Judikative seien gegenüber der Pekinger Zentralregierung rechenschaftspflichtig.

    Andrew Cheungs Verantwortung der Zentralregierung

    Andrew Cheung dürfte sich der Verantwortung gegenüber der Zentralregierung ohnehin bewusst sein. Staatliche chinesische Medien und solche aus Hongkong, die Pekings Politik stützen, feuern seit der Implementierung des Sicherheitsgesetzes im Sommer 2020 endlose Salven in Richtung Hongkonger Rechtssprechung ab, was diese zu tun und zu lassen habe. Im Kern geht es um die Frage, ob die Richter in Hongkong das Nationale Sicherheitsgesetz im Sinne der autoritären Volksrepublik China interpretieren, oder ob sie sich dagegen auflehnen.

    Dass der neue Oberste Richter der Erwartungshaltung aus Peking gerecht wird, glaubt unter anderem der frühere Hongkonger Jurist Alvin Cheung von der New York University. “Es gibt entweder ein Hongkong, das Rechtsstaatlichkeit respektiert, oder ein Hongkong, das tut, was Peking möchte. Angesichts der politischen Rahmenbedingungen dürfte die Entscheidung darüber sehr leicht ausfallen”, sagt Cheung. Es liege “schmerzhaft auf der Hand”, dass weder die Hongkonger noch die Pekinger Regierung weiterhin so tun würden, als sei die Rechtssprechung der Stadt unabhängig.

    Seit 2018 war Andrew Cheung bereits permanentes Mitglied des Obersten Gerichts. Zuvor hatte er viele Jahre zahlreiche Stationen im Rechtssystem der Stadt durchlaufen. Als Anwalt sammelte er in den 1990er Jahren die nötige Erfahrung, um sich für öffentliche Posten zu qualifizieren. Sieben Jahre stand er später dem Hohen Gericht vor. In jüngster Vergangenheit sorgte er bei oppositionellen Kräften für besorgte Reaktionen, als er beispielsweise die Auslegung des Basic Law, eine Art Grundgesetz der Stadt Hongkong, ganz allein Peking zusprach und betonte, dass das Gewohnheitsrecht keine Rolle spiele. Seine konservativen Ansichten gegenüber den Rechten von Schwulen und Lesben wurde von Menschenrechtlern stark kritisiert.

    Unterstützung erhält Cheung dagegen von der örtlichen Anwaltskammer HKBA, der Juristenvereinigung Law Society of Hongkong und von Politikern aus dem Regierungslager. Unter dem neuen Obersten Richter würden “Rechtsstaatlichkeit verankert und Menschrechte und Freiheit geschützt”, kommentierte die Parlamentarierin Priscilla Leung.

    Cheung ist der erste Jurist auf dem Posten des Obersten Richters, der in Hongkong seinen Jura-Abschluss gemacht hat. Später ließ er einen Master an der Harvard-Uni in den USA folgen. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Marcel Grzanna

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    • Jimmy Lai
    • Nationales Sicherheitsgesetz

    Dessert

    Die US-Navy schickte gestern den Zerstörer USS John S McCain durch die Formosastraße, die Meerenge zwischen China und Taiwan.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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