die Bilder aus der Foxconn-Fabrik in Zhengzhou erinnern an Revolutions- oder Bürgerkriegsszenen: blutüberströmte Gesichter, niedergerissene Barrieren, Tränengaswolken und Wasserwerfer, die die Menschen von der Straße spülen. Sowohl in der Nacht als auch bei Tag kam es gestern zu tumulthaften Szenen rund um das größte Werk des Apple-Zulieferers, das mit seinen rund 200.000 Mitarbeitern wie eine Stadt in der Stadt wirkt. Die mangelhafte Versorgung und die schlechte Bezahlung hat die Arbeiter auf die Barrikaden getrieben. Seit Oktober ist die gigantische Anlage aufgrund von Corona-Ausbrüchen im “geschlossenen Kreislauf”, das heißt niemand kann mehr raus.
Die Bilder der Unruhen machen trotz Zensur nun auch in China die Runde. Und sie sorgen für Diskussionen darüber, welchen Preis das Land für die strengen Corona-Maßnahmen noch zahlen soll. Immer mehr Menschen wird bewusst, wie unübersichtlich die Lage in Teilen des Landes ist und wie schnell die Stimmung kippen kann, berichtet unser Team aus Peking.
Welchen Preis Deutschland für seine Abhängigkeit von China zu zahlen bereit ist, steht derzeit bei der Ausarbeitung der deutschen China-Strategie zur Debatte. Reibungen sind vorprogrammiert. Außenministerin Annalena Baerbocks will als grüne Politikerin einen Fokus auf Menschenrechte setzen, während das Kanzleramt unter Olaf Scholz die Interessen der Wirtschaft verteidigt – so lautet zumindest das gängige Narrativ. Finn Mayer-Kuckuk hat sich die beiden Positionen anhand der derzeit einsehbaren Quellenlage genauer angesehen. Sein Fazit: Der Entwurf aus dem Auswärtigen Amt entspricht in Wirklichkeit in den Grundzügen den Vorstellungen des Kanzleramts. Doch es gibt auch entscheidende Unterschiede. Und: Das letzte Wort hat am Ende der Kanzler.
Es sind verstörende Protest-Bilder aus Zhengzhou, die am Mittwochmorgen die sozialen Medien fluten. Wieder steht das Mega-Werk von Apple-Zulieferer Foxconn im Focus. Zu sehen sind tumultartige Szenen, in denen Hunderte Arbeiter zunächst in der Dunkelheit der Nacht auf dem Werksgelände gegen Sicherheitskräfte kämpfen. Es wird geschrien. Tränengas wird versprüht. “Verteidigt unsere Rechte!”, rufen die Arbeiter.
Später, im Morgengrauen, marschieren dann Hunderte Mitarbeiter außerhalb des Werksgeländes eine Straße entlang. Polizisten, die weiße Corona-Sicherheitsanzüge tragen, scheinen sich zunächst zurückzuziehen. Doch dann kommt es zu Zusammenstößen beider Gruppen. Ausgerüstet mit Schlagstöcken und Plastik-Schutzschilden gehen die Einsatzkräfte gegen die Demonstranten vor.
Die massiven Proteste sind sowohl für Apple als auch für die chinesische Regierung ein Problem. Für den US-Konzern ist die Lage zunehmend brenzlig. Schon vor einigen Wochen hatte Apple mitgeteilt, dass es wegen der instabilen Lage im Werk Lieferprobleme beim neuen iPhone 14 geben wird. Zu der Warnung kam es, nachdem Tausende Mitarbeiter wegen der strikten Corona-Maßnahmen aus dem Werk geflüchtet waren. Teile der Arbeiter beklagten sich über eine schlechte Versorgungslage, andere fürchteten eine Infektion mit dem Virus (China.Table berichtete).
Foxconn versprach Besserung und sagte Arbeitern, die ins Werk zurückkehren wollen, höhere Löhne und Bonuszahlungen zu. Zwischenzeitlich versicherte Foxconn, dass die Situation unter Kontrolle sei. Doch davon kann keine Rede mehr sein. Zu den Protesten am Mittwoch kam es offenbar, weil neue Mitarbeiter mit ihrer Bezahlung nicht einverstanden waren. Auch gab es Gerüchte, dass Arbeiter zusammen mit infizierten Kollegen untergebracht wurden. Das Werk produziert weiterhin in einem “geschlossenen Kreislauf”, was bedeutet, dass Mitarbeiter das Gelände nicht verlassen dürfen.
Foxconn teilte am Mittwoch mit, dass an den Gerüchten nichts dran sei. “In Bezug auf die gewalttätigen Handlungen wird das Unternehmen weiterhin mit Mitarbeitern und der Regierung kommunizieren, um zu verhindern, dass ähnliche Dinge in Zukunft wieder passieren”, hieß es.
Chinas Führung ist nun innerhalb einer Woche mit dem zweiten großen Arbeiter-Protest konfrontiert, dessen Bilder sich im Netz rasant verbreiten. So rissen verärgerte Wanderarbeiter am vergangenen Dienstag in der südchinesischen Metropole Guangzhou zahlreiche Barrikaden nieder. Zwar reagierten die Zensur-Algorithmen von Weibo und anderen sozialen Netzwerken wie immer schnell. Dennoch machten die Bilder die Runde und lösten bei vielen Chinesen Unverständnis aus. Immer mehr Menschen wird bewusst, wie zunehmend unübersichtlich die Lage in Teilen des Landes ist.
Ein schneller Ausweg aus dem Corona-Chaos ist nicht in Sicht. Am Mittwoch meldete die Pekinger Gesundheitsbehörde landesweit rund 29.000 neue Infektionen. Im internationalen Vergleich mag diese Zahl gering erscheinen. Doch für China sind es annähernd die höchsten Infektionszahlen des Jahres, womit auch die Einschränkungen von Tag zu Tag zunehmen.
“China sieht derzeit ein Rekord-Level an Lockdowns”, sagte Ting Lu, Chefökonom der japanischen Investmentgesellschaft Nomura der Financial Times. Weil so viele Städte Teil-Lockdowns verhängt hätten, sei die Lage sogar noch etwas schlimmer als im Frühjahr, als die Wirtschaftsmetropole Shanghai für zwei Monate abgeriegelt war. Laut Nomura seien derzeit Gebiete von Einschränkungen betroffen, die für rund 20 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung verantwortlich sind.
Jede Großstadt hat unterschiedliche Maßnahmen verhängt: Peking hat die Menschen im bevölkerungsreichsten Stadtteil Chaoyang dazu aufgerufen, nicht mehr vor die Tür zu gehen. Schulen, Kindergärten und Geschäfte sind geschlossen. In Guangzhou befinden sich mehrere Stadtteile komplett im Lockdown. Shanghai kündigte derweil an, dass Reisende, die in die Stadt kommen, für fünf Tage nicht in Restaurants oder Geschäfte dürfen. Die Mega-Metropole Chongqing lässt Menschen nur noch in dringenden Fällen und mit einem negativen Corona-Test ausreisen.
Schon fast vergessen scheint wieder, dass die Behörden erst vor zwei Wochen eine leichte Lockerung der Maßnahmen angekündigt hatten. Alles deutet darauf hin, dass Infektionen und Einschränkungen erstmal weiter zunehmen werden. Jörn Petring
Im politischen Berlin wird der heraufziehende Konflikt bereits als Faktum behandelt, der Kampf der Titanen gilt als unausweichlich: Außenministerin Annalena Baerbocks Entwurf einer China-Strategie gegen den Einspruch des Kanzleramts unter Olaf Scholz. Während Baerbock als grüne Politikerin die Menschenrechte und die politische Eigenständigkeit in den Vordergrund stellt, werde Scholz als SPD-Kanzler die Interessen der Wirtschaft verteidigen, lautet das verbreitete Narrativ. Darauf deute schon die Cosco-Entscheidung gegen den Willen der grünen Koalitionspartner hin (China.Table berichtete).
Tatsächlich ist politischer Streit in der Ampel-Koalition abzusehen – schon allein, weil die drei Parteien sich in der Öffentlichkeit voneinander abgrenzen wollen, nicht zuletzt die vier FPD-Ministerien. Doch wie weit liegen die Positionen in der Sache überhaupt auseinander?
Das letzte Wort hat am Ende Olaf Scholz. Der Kanzler gibt in Deutschland die Richtlinien der Politik vor, eine außenpolitische Strategie fällt in seinen Entscheidungsbereich. Die beste Quelle für das Gedankengut, das im Kanzleramt zu China kursiert, ist derzeit Scholz’ Gastbeitrag in der FAZ vor seiner Peking-Reise (China.Table berichtete).
Sowohl in der Bestandsaufnahme als auch in den Schlussfolgerungen haben der Entwurf aus dem Hause Baerbock und der Gastbeitrag des Kanzlers erhebliche Gemeinsamkeiten. Der Gastbeitrag ist wesentlich kürzer, doch praktisch alle darin angesprochenen Punkte finden sich in dem Papier des Auswärtigen Amtes wieder. Zum Teil haben die Beamten der beiden Häuser sogar die gleichen Worte gewählt.
Beide Papiere sind sich einig: China hat sich gewandelt und setzt seine Interessen durch. Zugleich, und auch hier läuft der Text parallel, wolle Deutschland keine unversöhnliche Aufteilung der Welt. “Unser Ziel ist nicht eine neue Blockkonfrontation“, heißt es in dem Baerbock-Entwurf. “Gerade Deutschland, das die Teilung im Kalten Krieg auf besonders schmerzhafte Weise erfahren hat, hat kein Interesse an einer neuen Blockbildung in der Welt”, so Scholz.
Der übergreifende Gedanke beider Papiere ist ebenfalls derselbe: Für beide Seiten sollten gleiche Bedingungen gelten. “Asymmetrien abbauen, Reziprozität anwenden”, nennen das Baerbocks Leute. “Von Reziprozität, von Gegenseitigkeit in den Beziehungen zwischen China und Deutschland sind wir weit, zu weit entfernt”, klagt Scholz. Die Bereiche, mit denen das verknüpft ist, sind ebenfalls ähnlich, an erster Stelle steht der Marktzugang für Firmen.
Ganz große Einigkeit besteht darin, dass Deutschlands China-Politik nur als Teil der EU funktioniert, auch hier stehen sehr ähnliche Sätze in beiden Dokumenten. Beide Texte betonen zugleich die Hinwendung zu neuen Partnern und den Aufbau internationaler Netzwerke. Scholz: “Was in Europa mit Blick auf die Ukraine gilt, das gilt auch in Asien, in Afrika oder in Lateinamerika. Dort entstehen neue Machtzentren einer multipolaren Welt, mit denen wir Partnerschaften eingehen und ausbauen wollen.” Das Auswärtige Amt (AA): “Der Systemwettbewerb findet in Europas Nachbarschaft ebenso statt wie in Afrika, Lateinamerika und natürlich dem Indo-Pazifik.”
Bis hinunter auf die Formulierung gemeinsam ist auch die Sorge vor der raschen Aufrüstung und um die Sicherheit Taiwans. Beide Papiere bleiben aber eine konkrete Antwort schuldig, was im Falle eines Übergriffs auf den Inselstaat passieren soll.
Umso interessanter sind die wenigen Punkte, die auffällig abweichen. Scholz schreibt ausdrücklich: “Wir wollen kein Decoupling.” Ein solches Bekenntnis fehlt im AA-Entwurf. Die Decoupling-Aussage des Kanzlers war in China oft zitiert und als Beleg ausgelegt worden, dass Scholz die chinesischen Handelsinteressen unterstütze. Baerbock will hier offenbar keinen Raum für Missverständnisse lassen.
Doch beide Texte sind sich indessen einig, dass eine plötzliche oder gar vollständige Loslösung nicht infrage komme. Das Kanzleramt schreibt es so: “China bleibt auch unter veränderten Vorzeichen ein wichtiger Wirtschafts- und Handelspartner für Deutschland und Europa.” Das Auswärtige Amt: “Die Wirtschaftsbeziehungen sind eine wichtige Dimension unseres bilateralen Austauschs mit China. Für viele deutsche und europäische Unternehmen ist die Präsenz auf dem chinesischen Markt für ihre globale Konkurrenz- und Innovationsfähigkeit von großer Bedeutung.”
Absolut einig, und hier wieder bis hinunter auf die Formulierung, sind sich AA und Kanzleramt darin, dass riskante Abhängigkeiten abnehmen müssen, vor allem bei Rohstoffen, Vorprodukten und Elektronik-Zulieferungen. Aus beiden Häusern kommt hier ein Appell, die China-Risiken zurückzufahren – bei Baerbock mit dem deutlichen Hinweis, dass hier die Wirtschaft im Eigeninteresse selbst in der Pflicht stehe.
Fernsehaufnahmen von maskenlosen Menschenmengen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar führen in China bei der Bevölkerung angesichts der rigiden Null-Covid-Politik im eigenen Land zu Unmut. In sozialen Netzwerken wie Weibo seien Bilder von Zuschauern ohne Maske geteilt und der Ansatz der Führung in Peking infrage gestellt worden, berichtete unter anderem die Nachrichtenagentur AFP.
Während sich Menschen in Katar WM-Spiele ohne Maske ansehen könnten, seien sie einen Monat lang zu Hause oder zwei Monate lang auf einem Campus eingesperrt, ohne überhaupt nur zur Tür hinausgehen zu können, zitiert AFP einen in Guangdong ansässigen Weibo-Nutzer am Mittwoch. “Die Weltmeisterschaft hat es den meisten Chinesen ermöglicht, die reale Situation im Ausland zu sehen”, zitiert der Bericht einen weiteren User.
In den chinesischen Sozialmedien wurden in Postings Aufnahmen der Besucherränge von den staatlichen Zensoren unkenntlich gemacht, wie China.Table bestätigt wurde. In der Stream-Übertragung der Spiele gebe es jedoch keine unscharfen Zuschauerränge bei der WM. Auch auf Twitter wurden am Mittwoch Videoaufnahmen aus den chinesischen Netzwerken mit den zensierten Zuschauerrängen geteilt. Die WM-Spiele werden in China vom staatlichen Sender CCTV ausgestrahlt.
Auf Wechat hatte sich bereits am Dienstag ein offener Brief verbreitet, in dem die Covid-Politik des Landes infrage gestellt wurde. Darin wurde unter anderem gefragt, ob China “auf demselben Planeten” wie Katar sei. Das Schreiben fiel jedoch schnell der Zensur zum Opfer und wurde von der Plattform entfernt. ari
Die taiwanische Staatsanwaltschaft hat einen hochrangigen Militäroffizier wegen Korruption und Gefährdung der Staatssicherheit angeklagt. Der Oberst soll in den vergangenen vier Jahren von einem in chinesischem Dienst stehenden Agenten Bestechungsgelder in Höhe von rund 18.000 US-Dollar angenommen haben, um als Spion für die Volksrepublik zu agieren. Der Oberst unterschrieb dabei eine Erklärung, in der er unter anderem versprach, sich im Falle eines Krieges mit China zu ergeben.
Taiwans Verteidigungsministerium wirft Peking seit längerem vor, die taiwanischen Streitkräfte unterwandern zu wollen. “Dieser Fall zeigt, dass die chinesischen Kommunisten zu einer ernsthaften Bedrohung für uns geworden sind, wenn es um Infiltration, Rekrutierung, Sammlung von Informationen und Diebstahl von Geheimnissen geht”, so das Ministerium am Dienstag. rtr/fpe
Chinas staatseigene Banken versuchen, die Finanzen der angeschlagenen Bau-Unternehmen des Landes mit Milliarden-Krediten zu stärken. Mehrere Staatsbanken kündigten am Mittwoch ein mehr als 220 Milliarden Yuan (rund 29 Milliarden Euro) schweres Paket an neuen Kreditlinien an. Die Bank of Communications kündigte als erste Unterstützung mit einer Kreditlinie von rund 100 Milliarden Yuan für den chinesischen Entwickler Vanke an. Rund 20 Milliarden Yuan waren nach Angaben der Ban für Midea Real Estate vereinbart. Die Darlehen würden die Bedürfnisse der Bau-Unternehmenunterstützen, teilte Bank of Communications mit. Bank of China kündigte eine weitere Kreditlinie für Vanke in Höhe von 100 Milliarden Yuan an. Die Agricultural Bank of China gab fast zeitgleich Darlehen für fünf Immobilienentwickler an, gab jedoch keine genauen Zahlen bekannt.
Die chinesische Regierung hatte bereits vergangene Woche den Immobilienmarkt mit frischen Krediten angeheizt (China.Table berichtete). Das Paket von 16 Maßnahmen soll der schleppenden Hauskonjunktur und dem Baugeschäft aufhelfen. Die Branche wird seit mehr als einem Jahr von Bauverzögerungen geplagt, nachdem sich Liquiditätsprobleme bei dem verschuldeten Immobilienunternehmen Evergrande auf den Rest des Sektors ausgeweitet hatten.
Chinas Führung signalisierte laut einem Bericht von Bloomberg weitere geldpolitische Anreize – einschließlich einer Senkung des Mindestreservesatzes – um die schwächelnde Wirtschaft zu unterstützen. Entsprechende Maßnahmen würden “rechtzeitig und angemessen” eingesetzt, um ausreichend Liquidität aufrechtzuerhalten, erklärte der Staatsrat demnach am Mittwoch. ari
Damals, Anfang der 2000er, erlebte man in China auf Zuggleisen die größten Abenteuer. Hans-Jörg Schmerer sind diese Zeiten in guter Erinnerung geblieben. Er war mit einem Freund unterwegs auf einer Rucksackreise – sechs Wochen, von Peking bis in die Innere Mongolei. Und mit jedem Kilometer, den die beiden hinter sich ließen, drang Schmerer weiter vor in eine ihm bis dato unbekannte Welt.
Dabei war es oftmals schon schwer, überhaupt ein Zugticket zu bekommen. Alles sei heillos überbucht gewesen. Oft half nur der Weg zum Schwarzmarkt. Und auch wenn die Abteile voll waren: Schmerer genoss den Umgang mit den Menschen. Er verständigte sich mit Hand und Fuß und den Chinesischkenntnissen, die er sich vorher im Selbststudium angeeignet hatte. Er sinnierte über Chinas Wirtschaft, über Traditionen und die chinesische Lebensart – eine aufregende, unbeschwerte Zeit, die ihn nachhaltig prägte.
Als er von seiner Rucksackreise wiederkam, beschloss er, sich noch mehr mit dem Land auseinanderzusetzen. Er studierte Volkswirtschaftslehre und Sinologie. Wenig später ging er für ein Auslandsjahr nach Nanjing. Eine Erfahrung, die seinen Weg bis heute beeinflusst. Nicht zuletzt, weil er dort auch seine heutige Frau kennenlernte.
Heute ist Hans-Jörg Schmerer 42 Jahre alt und Professor für internationale Ökonomie am Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre der Fernuniversität in Hagen. Schwerpunktmäßig befasst er sich mit der chinesischen Wirtschaft und deren Verflechtungen im Ausland. Schmerer interessiert sich dabei vor allem für die großen Stellschrauben der Weltwirtschaft: Wie können Märkte in einer globalisierten Welt effizient zusammenarbeiten? Was müssen die Arbeitsmärkte der Zukunft leisten?
Ein zentrales Forschungsthema des Ökonomieprofessors ist aktuell die Frage, wie sich die Zero-Covid-Strategie in Zukunft auf internationale Lieferketten und das wirtschaftliche Wachstum in China auswirkt. “Das Land hat sich gewissermaßen abgeschottet. Teilweise weiß man nicht, was da vor Ort los ist. Man kann nicht einfach nach China fliegen und nach dem Rechten sehen”, sagt Schmerer. Für ein deutsches Unternehmen, das Wirtschaftsbeziehungen zu China unterhält, gleicht das einem Blindflug. “Das ist eine Art Kontrollverlust”, sagt er. Auch die Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt untersuchen Schmerer und seine Kollegen daher. Schmerer hofft, dass das Land sich bald wieder komplett öffnet. Und auch wenn die Wachstumsrate gerade weit unter sechs Prozent liegt – in China stecke noch riesiges Potenzial, so Schmerer. Vor allem in den weniger entwickelten Provinzen. Was wir von den Chinesen lernen können? “Gelassenheit. Egal, was passiert. Irgendwo tut sich immer ein Weg auf.” Tim Winter
Moritz Gese ist seit November Business Analyst für Mercedes Benz China. Der Absolvent der
Beijing Foreign Studies University arbeitete zuvor für Century Electronic Manufacturing in Huizhou als Projektmanager. Sein neuer Tätigkeitsort ist Peking.
Jessica Hüsker hat im November die Position des Cell Chemistry Coordinators bei VW China übernommen. Im VW-Werk in Hefei wird Hüsker die Batteriezellen-Technologie des Autobauers weiterentwickeln und verfeinern.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
In Hongkong wird das Museum für Küstenverteidigung nach Renovierungsarbeiten wiedereröffnet. Dort ist auch dieses lebensgroße Modell eines Lotsen mit Munition im Anschlag zu sehen. Das Hong Kong Museum of Coastal Defense befindet sich in einer ehemaligen Küstenverteidigungsfestung mit Blick auf den Lei Yue Mun-Kanal auf Hong Kong Island. Das Fort wurde 1887 von den Briten gebaut, um die östlichen Zugänge zum Victoria Harbour zu verteidigen.
die Bilder aus der Foxconn-Fabrik in Zhengzhou erinnern an Revolutions- oder Bürgerkriegsszenen: blutüberströmte Gesichter, niedergerissene Barrieren, Tränengaswolken und Wasserwerfer, die die Menschen von der Straße spülen. Sowohl in der Nacht als auch bei Tag kam es gestern zu tumulthaften Szenen rund um das größte Werk des Apple-Zulieferers, das mit seinen rund 200.000 Mitarbeitern wie eine Stadt in der Stadt wirkt. Die mangelhafte Versorgung und die schlechte Bezahlung hat die Arbeiter auf die Barrikaden getrieben. Seit Oktober ist die gigantische Anlage aufgrund von Corona-Ausbrüchen im “geschlossenen Kreislauf”, das heißt niemand kann mehr raus.
Die Bilder der Unruhen machen trotz Zensur nun auch in China die Runde. Und sie sorgen für Diskussionen darüber, welchen Preis das Land für die strengen Corona-Maßnahmen noch zahlen soll. Immer mehr Menschen wird bewusst, wie unübersichtlich die Lage in Teilen des Landes ist und wie schnell die Stimmung kippen kann, berichtet unser Team aus Peking.
Welchen Preis Deutschland für seine Abhängigkeit von China zu zahlen bereit ist, steht derzeit bei der Ausarbeitung der deutschen China-Strategie zur Debatte. Reibungen sind vorprogrammiert. Außenministerin Annalena Baerbocks will als grüne Politikerin einen Fokus auf Menschenrechte setzen, während das Kanzleramt unter Olaf Scholz die Interessen der Wirtschaft verteidigt – so lautet zumindest das gängige Narrativ. Finn Mayer-Kuckuk hat sich die beiden Positionen anhand der derzeit einsehbaren Quellenlage genauer angesehen. Sein Fazit: Der Entwurf aus dem Auswärtigen Amt entspricht in Wirklichkeit in den Grundzügen den Vorstellungen des Kanzleramts. Doch es gibt auch entscheidende Unterschiede. Und: Das letzte Wort hat am Ende der Kanzler.
Es sind verstörende Protest-Bilder aus Zhengzhou, die am Mittwochmorgen die sozialen Medien fluten. Wieder steht das Mega-Werk von Apple-Zulieferer Foxconn im Focus. Zu sehen sind tumultartige Szenen, in denen Hunderte Arbeiter zunächst in der Dunkelheit der Nacht auf dem Werksgelände gegen Sicherheitskräfte kämpfen. Es wird geschrien. Tränengas wird versprüht. “Verteidigt unsere Rechte!”, rufen die Arbeiter.
Später, im Morgengrauen, marschieren dann Hunderte Mitarbeiter außerhalb des Werksgeländes eine Straße entlang. Polizisten, die weiße Corona-Sicherheitsanzüge tragen, scheinen sich zunächst zurückzuziehen. Doch dann kommt es zu Zusammenstößen beider Gruppen. Ausgerüstet mit Schlagstöcken und Plastik-Schutzschilden gehen die Einsatzkräfte gegen die Demonstranten vor.
Die massiven Proteste sind sowohl für Apple als auch für die chinesische Regierung ein Problem. Für den US-Konzern ist die Lage zunehmend brenzlig. Schon vor einigen Wochen hatte Apple mitgeteilt, dass es wegen der instabilen Lage im Werk Lieferprobleme beim neuen iPhone 14 geben wird. Zu der Warnung kam es, nachdem Tausende Mitarbeiter wegen der strikten Corona-Maßnahmen aus dem Werk geflüchtet waren. Teile der Arbeiter beklagten sich über eine schlechte Versorgungslage, andere fürchteten eine Infektion mit dem Virus (China.Table berichtete).
Foxconn versprach Besserung und sagte Arbeitern, die ins Werk zurückkehren wollen, höhere Löhne und Bonuszahlungen zu. Zwischenzeitlich versicherte Foxconn, dass die Situation unter Kontrolle sei. Doch davon kann keine Rede mehr sein. Zu den Protesten am Mittwoch kam es offenbar, weil neue Mitarbeiter mit ihrer Bezahlung nicht einverstanden waren. Auch gab es Gerüchte, dass Arbeiter zusammen mit infizierten Kollegen untergebracht wurden. Das Werk produziert weiterhin in einem “geschlossenen Kreislauf”, was bedeutet, dass Mitarbeiter das Gelände nicht verlassen dürfen.
Foxconn teilte am Mittwoch mit, dass an den Gerüchten nichts dran sei. “In Bezug auf die gewalttätigen Handlungen wird das Unternehmen weiterhin mit Mitarbeitern und der Regierung kommunizieren, um zu verhindern, dass ähnliche Dinge in Zukunft wieder passieren”, hieß es.
Chinas Führung ist nun innerhalb einer Woche mit dem zweiten großen Arbeiter-Protest konfrontiert, dessen Bilder sich im Netz rasant verbreiten. So rissen verärgerte Wanderarbeiter am vergangenen Dienstag in der südchinesischen Metropole Guangzhou zahlreiche Barrikaden nieder. Zwar reagierten die Zensur-Algorithmen von Weibo und anderen sozialen Netzwerken wie immer schnell. Dennoch machten die Bilder die Runde und lösten bei vielen Chinesen Unverständnis aus. Immer mehr Menschen wird bewusst, wie zunehmend unübersichtlich die Lage in Teilen des Landes ist.
Ein schneller Ausweg aus dem Corona-Chaos ist nicht in Sicht. Am Mittwoch meldete die Pekinger Gesundheitsbehörde landesweit rund 29.000 neue Infektionen. Im internationalen Vergleich mag diese Zahl gering erscheinen. Doch für China sind es annähernd die höchsten Infektionszahlen des Jahres, womit auch die Einschränkungen von Tag zu Tag zunehmen.
“China sieht derzeit ein Rekord-Level an Lockdowns”, sagte Ting Lu, Chefökonom der japanischen Investmentgesellschaft Nomura der Financial Times. Weil so viele Städte Teil-Lockdowns verhängt hätten, sei die Lage sogar noch etwas schlimmer als im Frühjahr, als die Wirtschaftsmetropole Shanghai für zwei Monate abgeriegelt war. Laut Nomura seien derzeit Gebiete von Einschränkungen betroffen, die für rund 20 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung verantwortlich sind.
Jede Großstadt hat unterschiedliche Maßnahmen verhängt: Peking hat die Menschen im bevölkerungsreichsten Stadtteil Chaoyang dazu aufgerufen, nicht mehr vor die Tür zu gehen. Schulen, Kindergärten und Geschäfte sind geschlossen. In Guangzhou befinden sich mehrere Stadtteile komplett im Lockdown. Shanghai kündigte derweil an, dass Reisende, die in die Stadt kommen, für fünf Tage nicht in Restaurants oder Geschäfte dürfen. Die Mega-Metropole Chongqing lässt Menschen nur noch in dringenden Fällen und mit einem negativen Corona-Test ausreisen.
Schon fast vergessen scheint wieder, dass die Behörden erst vor zwei Wochen eine leichte Lockerung der Maßnahmen angekündigt hatten. Alles deutet darauf hin, dass Infektionen und Einschränkungen erstmal weiter zunehmen werden. Jörn Petring
Im politischen Berlin wird der heraufziehende Konflikt bereits als Faktum behandelt, der Kampf der Titanen gilt als unausweichlich: Außenministerin Annalena Baerbocks Entwurf einer China-Strategie gegen den Einspruch des Kanzleramts unter Olaf Scholz. Während Baerbock als grüne Politikerin die Menschenrechte und die politische Eigenständigkeit in den Vordergrund stellt, werde Scholz als SPD-Kanzler die Interessen der Wirtschaft verteidigen, lautet das verbreitete Narrativ. Darauf deute schon die Cosco-Entscheidung gegen den Willen der grünen Koalitionspartner hin (China.Table berichtete).
Tatsächlich ist politischer Streit in der Ampel-Koalition abzusehen – schon allein, weil die drei Parteien sich in der Öffentlichkeit voneinander abgrenzen wollen, nicht zuletzt die vier FPD-Ministerien. Doch wie weit liegen die Positionen in der Sache überhaupt auseinander?
Das letzte Wort hat am Ende Olaf Scholz. Der Kanzler gibt in Deutschland die Richtlinien der Politik vor, eine außenpolitische Strategie fällt in seinen Entscheidungsbereich. Die beste Quelle für das Gedankengut, das im Kanzleramt zu China kursiert, ist derzeit Scholz’ Gastbeitrag in der FAZ vor seiner Peking-Reise (China.Table berichtete).
Sowohl in der Bestandsaufnahme als auch in den Schlussfolgerungen haben der Entwurf aus dem Hause Baerbock und der Gastbeitrag des Kanzlers erhebliche Gemeinsamkeiten. Der Gastbeitrag ist wesentlich kürzer, doch praktisch alle darin angesprochenen Punkte finden sich in dem Papier des Auswärtigen Amtes wieder. Zum Teil haben die Beamten der beiden Häuser sogar die gleichen Worte gewählt.
Beide Papiere sind sich einig: China hat sich gewandelt und setzt seine Interessen durch. Zugleich, und auch hier läuft der Text parallel, wolle Deutschland keine unversöhnliche Aufteilung der Welt. “Unser Ziel ist nicht eine neue Blockkonfrontation“, heißt es in dem Baerbock-Entwurf. “Gerade Deutschland, das die Teilung im Kalten Krieg auf besonders schmerzhafte Weise erfahren hat, hat kein Interesse an einer neuen Blockbildung in der Welt”, so Scholz.
Der übergreifende Gedanke beider Papiere ist ebenfalls derselbe: Für beide Seiten sollten gleiche Bedingungen gelten. “Asymmetrien abbauen, Reziprozität anwenden”, nennen das Baerbocks Leute. “Von Reziprozität, von Gegenseitigkeit in den Beziehungen zwischen China und Deutschland sind wir weit, zu weit entfernt”, klagt Scholz. Die Bereiche, mit denen das verknüpft ist, sind ebenfalls ähnlich, an erster Stelle steht der Marktzugang für Firmen.
Ganz große Einigkeit besteht darin, dass Deutschlands China-Politik nur als Teil der EU funktioniert, auch hier stehen sehr ähnliche Sätze in beiden Dokumenten. Beide Texte betonen zugleich die Hinwendung zu neuen Partnern und den Aufbau internationaler Netzwerke. Scholz: “Was in Europa mit Blick auf die Ukraine gilt, das gilt auch in Asien, in Afrika oder in Lateinamerika. Dort entstehen neue Machtzentren einer multipolaren Welt, mit denen wir Partnerschaften eingehen und ausbauen wollen.” Das Auswärtige Amt (AA): “Der Systemwettbewerb findet in Europas Nachbarschaft ebenso statt wie in Afrika, Lateinamerika und natürlich dem Indo-Pazifik.”
Bis hinunter auf die Formulierung gemeinsam ist auch die Sorge vor der raschen Aufrüstung und um die Sicherheit Taiwans. Beide Papiere bleiben aber eine konkrete Antwort schuldig, was im Falle eines Übergriffs auf den Inselstaat passieren soll.
Umso interessanter sind die wenigen Punkte, die auffällig abweichen. Scholz schreibt ausdrücklich: “Wir wollen kein Decoupling.” Ein solches Bekenntnis fehlt im AA-Entwurf. Die Decoupling-Aussage des Kanzlers war in China oft zitiert und als Beleg ausgelegt worden, dass Scholz die chinesischen Handelsinteressen unterstütze. Baerbock will hier offenbar keinen Raum für Missverständnisse lassen.
Doch beide Texte sind sich indessen einig, dass eine plötzliche oder gar vollständige Loslösung nicht infrage komme. Das Kanzleramt schreibt es so: “China bleibt auch unter veränderten Vorzeichen ein wichtiger Wirtschafts- und Handelspartner für Deutschland und Europa.” Das Auswärtige Amt: “Die Wirtschaftsbeziehungen sind eine wichtige Dimension unseres bilateralen Austauschs mit China. Für viele deutsche und europäische Unternehmen ist die Präsenz auf dem chinesischen Markt für ihre globale Konkurrenz- und Innovationsfähigkeit von großer Bedeutung.”
Absolut einig, und hier wieder bis hinunter auf die Formulierung, sind sich AA und Kanzleramt darin, dass riskante Abhängigkeiten abnehmen müssen, vor allem bei Rohstoffen, Vorprodukten und Elektronik-Zulieferungen. Aus beiden Häusern kommt hier ein Appell, die China-Risiken zurückzufahren – bei Baerbock mit dem deutlichen Hinweis, dass hier die Wirtschaft im Eigeninteresse selbst in der Pflicht stehe.
Fernsehaufnahmen von maskenlosen Menschenmengen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar führen in China bei der Bevölkerung angesichts der rigiden Null-Covid-Politik im eigenen Land zu Unmut. In sozialen Netzwerken wie Weibo seien Bilder von Zuschauern ohne Maske geteilt und der Ansatz der Führung in Peking infrage gestellt worden, berichtete unter anderem die Nachrichtenagentur AFP.
Während sich Menschen in Katar WM-Spiele ohne Maske ansehen könnten, seien sie einen Monat lang zu Hause oder zwei Monate lang auf einem Campus eingesperrt, ohne überhaupt nur zur Tür hinausgehen zu können, zitiert AFP einen in Guangdong ansässigen Weibo-Nutzer am Mittwoch. “Die Weltmeisterschaft hat es den meisten Chinesen ermöglicht, die reale Situation im Ausland zu sehen”, zitiert der Bericht einen weiteren User.
In den chinesischen Sozialmedien wurden in Postings Aufnahmen der Besucherränge von den staatlichen Zensoren unkenntlich gemacht, wie China.Table bestätigt wurde. In der Stream-Übertragung der Spiele gebe es jedoch keine unscharfen Zuschauerränge bei der WM. Auch auf Twitter wurden am Mittwoch Videoaufnahmen aus den chinesischen Netzwerken mit den zensierten Zuschauerrängen geteilt. Die WM-Spiele werden in China vom staatlichen Sender CCTV ausgestrahlt.
Auf Wechat hatte sich bereits am Dienstag ein offener Brief verbreitet, in dem die Covid-Politik des Landes infrage gestellt wurde. Darin wurde unter anderem gefragt, ob China “auf demselben Planeten” wie Katar sei. Das Schreiben fiel jedoch schnell der Zensur zum Opfer und wurde von der Plattform entfernt. ari
Die taiwanische Staatsanwaltschaft hat einen hochrangigen Militäroffizier wegen Korruption und Gefährdung der Staatssicherheit angeklagt. Der Oberst soll in den vergangenen vier Jahren von einem in chinesischem Dienst stehenden Agenten Bestechungsgelder in Höhe von rund 18.000 US-Dollar angenommen haben, um als Spion für die Volksrepublik zu agieren. Der Oberst unterschrieb dabei eine Erklärung, in der er unter anderem versprach, sich im Falle eines Krieges mit China zu ergeben.
Taiwans Verteidigungsministerium wirft Peking seit längerem vor, die taiwanischen Streitkräfte unterwandern zu wollen. “Dieser Fall zeigt, dass die chinesischen Kommunisten zu einer ernsthaften Bedrohung für uns geworden sind, wenn es um Infiltration, Rekrutierung, Sammlung von Informationen und Diebstahl von Geheimnissen geht”, so das Ministerium am Dienstag. rtr/fpe
Chinas staatseigene Banken versuchen, die Finanzen der angeschlagenen Bau-Unternehmen des Landes mit Milliarden-Krediten zu stärken. Mehrere Staatsbanken kündigten am Mittwoch ein mehr als 220 Milliarden Yuan (rund 29 Milliarden Euro) schweres Paket an neuen Kreditlinien an. Die Bank of Communications kündigte als erste Unterstützung mit einer Kreditlinie von rund 100 Milliarden Yuan für den chinesischen Entwickler Vanke an. Rund 20 Milliarden Yuan waren nach Angaben der Ban für Midea Real Estate vereinbart. Die Darlehen würden die Bedürfnisse der Bau-Unternehmenunterstützen, teilte Bank of Communications mit. Bank of China kündigte eine weitere Kreditlinie für Vanke in Höhe von 100 Milliarden Yuan an. Die Agricultural Bank of China gab fast zeitgleich Darlehen für fünf Immobilienentwickler an, gab jedoch keine genauen Zahlen bekannt.
Die chinesische Regierung hatte bereits vergangene Woche den Immobilienmarkt mit frischen Krediten angeheizt (China.Table berichtete). Das Paket von 16 Maßnahmen soll der schleppenden Hauskonjunktur und dem Baugeschäft aufhelfen. Die Branche wird seit mehr als einem Jahr von Bauverzögerungen geplagt, nachdem sich Liquiditätsprobleme bei dem verschuldeten Immobilienunternehmen Evergrande auf den Rest des Sektors ausgeweitet hatten.
Chinas Führung signalisierte laut einem Bericht von Bloomberg weitere geldpolitische Anreize – einschließlich einer Senkung des Mindestreservesatzes – um die schwächelnde Wirtschaft zu unterstützen. Entsprechende Maßnahmen würden “rechtzeitig und angemessen” eingesetzt, um ausreichend Liquidität aufrechtzuerhalten, erklärte der Staatsrat demnach am Mittwoch. ari
Damals, Anfang der 2000er, erlebte man in China auf Zuggleisen die größten Abenteuer. Hans-Jörg Schmerer sind diese Zeiten in guter Erinnerung geblieben. Er war mit einem Freund unterwegs auf einer Rucksackreise – sechs Wochen, von Peking bis in die Innere Mongolei. Und mit jedem Kilometer, den die beiden hinter sich ließen, drang Schmerer weiter vor in eine ihm bis dato unbekannte Welt.
Dabei war es oftmals schon schwer, überhaupt ein Zugticket zu bekommen. Alles sei heillos überbucht gewesen. Oft half nur der Weg zum Schwarzmarkt. Und auch wenn die Abteile voll waren: Schmerer genoss den Umgang mit den Menschen. Er verständigte sich mit Hand und Fuß und den Chinesischkenntnissen, die er sich vorher im Selbststudium angeeignet hatte. Er sinnierte über Chinas Wirtschaft, über Traditionen und die chinesische Lebensart – eine aufregende, unbeschwerte Zeit, die ihn nachhaltig prägte.
Als er von seiner Rucksackreise wiederkam, beschloss er, sich noch mehr mit dem Land auseinanderzusetzen. Er studierte Volkswirtschaftslehre und Sinologie. Wenig später ging er für ein Auslandsjahr nach Nanjing. Eine Erfahrung, die seinen Weg bis heute beeinflusst. Nicht zuletzt, weil er dort auch seine heutige Frau kennenlernte.
Heute ist Hans-Jörg Schmerer 42 Jahre alt und Professor für internationale Ökonomie am Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre der Fernuniversität in Hagen. Schwerpunktmäßig befasst er sich mit der chinesischen Wirtschaft und deren Verflechtungen im Ausland. Schmerer interessiert sich dabei vor allem für die großen Stellschrauben der Weltwirtschaft: Wie können Märkte in einer globalisierten Welt effizient zusammenarbeiten? Was müssen die Arbeitsmärkte der Zukunft leisten?
Ein zentrales Forschungsthema des Ökonomieprofessors ist aktuell die Frage, wie sich die Zero-Covid-Strategie in Zukunft auf internationale Lieferketten und das wirtschaftliche Wachstum in China auswirkt. “Das Land hat sich gewissermaßen abgeschottet. Teilweise weiß man nicht, was da vor Ort los ist. Man kann nicht einfach nach China fliegen und nach dem Rechten sehen”, sagt Schmerer. Für ein deutsches Unternehmen, das Wirtschaftsbeziehungen zu China unterhält, gleicht das einem Blindflug. “Das ist eine Art Kontrollverlust”, sagt er. Auch die Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt untersuchen Schmerer und seine Kollegen daher. Schmerer hofft, dass das Land sich bald wieder komplett öffnet. Und auch wenn die Wachstumsrate gerade weit unter sechs Prozent liegt – in China stecke noch riesiges Potenzial, so Schmerer. Vor allem in den weniger entwickelten Provinzen. Was wir von den Chinesen lernen können? “Gelassenheit. Egal, was passiert. Irgendwo tut sich immer ein Weg auf.” Tim Winter
Moritz Gese ist seit November Business Analyst für Mercedes Benz China. Der Absolvent der
Beijing Foreign Studies University arbeitete zuvor für Century Electronic Manufacturing in Huizhou als Projektmanager. Sein neuer Tätigkeitsort ist Peking.
Jessica Hüsker hat im November die Position des Cell Chemistry Coordinators bei VW China übernommen. Im VW-Werk in Hefei wird Hüsker die Batteriezellen-Technologie des Autobauers weiterentwickeln und verfeinern.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
In Hongkong wird das Museum für Küstenverteidigung nach Renovierungsarbeiten wiedereröffnet. Dort ist auch dieses lebensgroße Modell eines Lotsen mit Munition im Anschlag zu sehen. Das Hong Kong Museum of Coastal Defense befindet sich in einer ehemaligen Küstenverteidigungsfestung mit Blick auf den Lei Yue Mun-Kanal auf Hong Kong Island. Das Fort wurde 1887 von den Briten gebaut, um die östlichen Zugänge zum Victoria Harbour zu verteidigen.