wenige Monate vor dem großen Parteitag der Kommunistischen Partei im Herbst drängen sich in China innenpolitische Themen wieder in den Vordergrund. Zum Beispiel war es eine Weile still geworden um Xi Jinpings Kampagne gegen die Korruption. Doch jetzt fährt die Partei den Kampf gegen den Filz in den eigenen Reihen mit großer Fanfare wieder hoch. Dabei setzt man erstmals auf neuartige Formate wie das Reality-TV. Eine mehrteilige Serie präsentiert echte, brandaktuelle Fälle von Ermittlungen gegen korrupte Kader: True Crime mit chinesischen Charakteristiken. Finn Mayer-Kuckuk hat sich die Serie angeschaut und analysiert für uns die Faszination der Reihe für die Menschen und ihren Nutzen für die Partei.
Seit ein paar Monaten sorgt China derweil mit verschiedenen Tests von Hyperschallraketen für Unruhe vor allem in den USA. Ein Vorteil dieser Raketen ist neben ihrem rasanten Tempo eine flexible Lenkbarkeit. Auch Russland und die USA selbst sind an der Technologie interessiert. Michael Radunski analysiert, was es mit dem aktuellen Hyperschall-Hype auf sich hat, und inwieweit dieser neue Raketentyp die globale Sicherheitsarchitektur verändern könnte.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre,
Die Anti-Korruptionskampagne als Reality-Fernsehen: In einer fünfteiligen Serie zeigt der Staatssender CCTV derzeit besonders spektakuläre Beispiele für Bestechlichkeit von Kadern. Der Titel lautet “Null Toleranz” 零容忍, die Aufmachung ist spannend und modern, die Musik bewegend. Emotional werden alle Register gezogen.
Die Serie stellt reale Fälle aus der Arbeit der gefürchteten Disziplinarkommission der KP Chinas dar. Zu sehen sind beispielsweise die riesigen Anwesen, die sich hohe Parteikader mit illegal erworbenem Geld gebaut haben. Auch Sammlungen von Luxus-Armbanduhren oder Jadeschmuck werden gezeigt. Ebenfalls prominent im Bild sind dicke Geldbündel – und die unauffälligen Lebensmittelschachteln, in denen sich ein Kader das Geld überreichen ließ.
Sun Lijun 孫力軍,heißt der Parteibonze mit den Lunchboxen. Sein Fall zeigt deutlich, welche politischen Botschaften Parteichef Xi Jinping mit dem Medienprojekt übermitteln will. Denn es war Sun, der den Auftakt zu der Reihe machte. Er war einst Vizeminister für Öffentliche Sicherheit und damit selbst in Kontrolle des Polizeiapparats gewesen. Sun war zudem Sicherheitschef in Hongkong, als dort die Demokratiebewegung auf die Straße ging. Auch treue Häscher des Systems sind also nicht vor Ermittlungen sicher. Und: Xis Säuberungskampagne kommt auch in ihrem zehnten Jahr nicht zur Ruhe. Im Gegenteil. Sie erhält einen neuen Schub.
Die gnadenlose Fortsetzung des Anti-Korruptions-Programms hat mehrere Gründe. Auf den unteren Ebenen ist Bestechlichkeit natürlich längst nicht ausgerottet. Doch von Anfang an hatte Xis Kampagne noch eine zweite Stoßrichtung. Der Parteichef will Angst und Schrecken unter seinen Feinden verbreiten. Das ist ihm im Jahr 2022 ebenso wichtig wie 2012. Denn auf einem Parteitag im Herbst will Xi seine Position als Herrscher auf Lebenszeit bestätigen lassen. Grummeln in der Partei will der Vorsitzende da nicht hören.
Von Dienstag bis Donnerstag dieser Woche findet nun eine richtungsweisende Sitzung der Zentralkommission für Disziplinaraufsicht statt. Die Berichterstattung darüber ist mit markigen Zitaten des Xi Jinpings gespickt. “Die Klinge nach innen wenden”, “das Virus ausmerzen, das den Parteikörper auszehrt”, “Selbstverbesserung”. Diese Worte finden sich auch in einer Rede Xis vom November zum Thema Korruption. Die Essenz lautet: Die Partei ist in der Lage, ihre Probleme aus eigener Kraft zu lösen. Pluralismus ist dafür nicht nötig.
Das heißt nicht, dass die Kampagne nicht die Richtigen trifft. Sun Lijun soll im Laufe der Zeit zwölf Millionen Euro angenommen haben. Und neben Sun sind in letzter Zeit weitere hochrangige “Tiger” ins Netz gegangen:
Die Verurteilung Wangs erfolgte demnach kurz nach Ausstrahlung seines Serienteils von “Null Toleranz” auf CCTV. Die Parteiorgane zeigen so, dass sie ihre verschiedenen Ansätze im Kampf gegen Korruption miteinander verschränken. Die KP soll eine geschlossene Front gegen den Filz bilden.
In der Sendung tauchen die Sünder mit traurigen Gesichtern in einfacher Kluft auf. Kernstück sind Geständnisse der gefallenen Kader. Zugleich werden die Ermittlungen gegen sie nachgezeichnet. Auch die Verbindungen zwischen Verdächtigen auf verschiedenen Ebenen werden dargestellt – beispielsweise zwischen Sun Lijun und einem käuflichen Polizeichef. Die Kamera blickt dabei oft durch kleine Ritzen und Spalten auf Gebäudeeingänge oder in Hotel-Lobbys. Das suggeriert, bei der Jagd nach den Kriminellen dabei zu sein.
Die erste Folge steigt mit Statistiken ins Thema ein: Seit Xi Jinping die Jagd aufgenommen hat, wurde gegen vier Millionen Kader ermittelt. Hier geht es wohlgemerkt nur um Parteimitglieder. Die normale Polizei ist in diesen Fällen nicht zuständig, sondern immer zuerst die KP-Disziplinarkommission. Von den vier Millionen Delinquenten waren 484 sogar zentrale Verwaltungskader (中管干部). Sie gehörten also der Parteielite an.
Mit der neuerlichen Kampagne und der TV-Serie zur besten Sendezeit stärkt die Partei ihre Legitimation. Gleich zu Anfang stellt die Sendung eine Verbindung zur hundertjährigen Erfolgsgeschichte der Partei her. Die Serie zeichnet das Bild einer KP, die grundsätzlich im Interesse der einfachen Leute handelt. Eigentlich ist dort alles in Ordnung, doch einzelne korrupte Elemente verderben immer wieder die Verwirklichung des Chinesischen Traums (China.Table berichtete). Xi und die hohen Parteiorgane tun nun endlich alles, die Korruption auszurotten.
Chinas Bürger erleben Korruption im Alltag; es wäre zwecklos, ihnen vorzugaukeln, dass sie nicht stattfindet. Viel schlauer ist der Propagandaauftrag, das Problem als an höchster Stelle erkannt darzustellen – und stets eine baldige Lösung anzukündigen. Die Wahl eines populären True-Crime-Formats entspricht dabei dem Trend, Überwachung und Propaganda mit fortschrittlichen Mitteln zu betreiben.
Amerikas Führung ist alarmiert – und deshalb muss nun alles ganz schnell gehen. Zusammen mit Japan will man schnellstmöglich eine Verteidigungsstrategie gegen Hyperschall-Waffen entwickeln. Das vereinbarten Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin Anfang des Monats mit ihren japanischen Amtskollegen. Als Grund wird in der gemeinsamen Erklärung genannt: eine “schnelle und undurchsichtige militärische Expansion, die das regionale strategische Gleichgewicht gefährdet“. Jeder weiß, wer damit gemeint ist: China – und vor allem Pekings erfolgreicher Test einer Hyperschall-Rakete.
Dabei war anfangs gar nicht klar, was China im vergangenen Sommer tatsächlich gelungen war. Denn die Volksrepublik versuchte lange, den eigenen Erfolg zu verbergen. Das Außenministerium in Peking sprach gar von einem routinemäßigen Test einer Weltraumrakete. Anderslautende Meldungen seien schlichtweg falsch, erklärte Außenamtssprecher Zhao Lijian.
Längst kursierten Berichte, China habe erfolgreich eine Hyperschall-Waffe getestet. Recherchen der “Financial Times” zufolge habe das mit mehr als fünffacher Schallgeschwindigkeit fliegende Geschoss den Planeten einmal umrundet und sei dann mit hohem Tempo in der Nähe seines avisierten Ziels eingeschlagen, mit einer Abweichung von etwa 40 Kilometer. “Wir haben keine Ahnung, wie die Chinesen das geschafft haben”, zitiert die britische Zeitung eine Person aus US-Sicherheitskreisen. Ihre Fähigkeiten bei militärischer Hochtechnologie lägen inzwischen weit über dem, was ihnen die USA bis dato zugetraut hätten.
US-General Mark Milley zeigte sich schockiert und fassungslos. “Ich weiß nicht, ob es direkt ein Sputnik-Moment ist, aber es ist auf jeden Fall sehr nah dran.” Der Sputnik-Moment spielt auf den erfolgreichen Start des ersten künstlichen Erdsatelliten durch die Sowjetunion 1957 an. Als Folge entbrannte zwischen den beiden Supermächten ein jahrzehntelanger Wettlauf ins All. Es scheint, als wäre nun wieder so ein Wendepunkt erreicht.
Inzwischen vermuten Experten wie der chinesische Analyst Xu Tianran vom Thinktank “One Earth Future”, dass China ein “fractional orbital bombardment system” mit einem hypersonischen Gleitkörper als Sprengkopf abgeschossen habe. Ein militärisch-technischer Durchbruch, der die bisherige Sicherheitsperzeption der USA in ihren Grundfesten erschüttert. Einst versetzten Satelliten der Welt einen Schock; heute sind es Hyperschall-Waffen.
Hyperschall-Waffen gelten als die bedeutendste Rüstungsinnovation der vergangenen Jahre. Im ausgereiften Stadium sind sie schnell, präzise – und schwer zu entdecken. Sie besitzen das Potenzial, die internationalen Kräfteverhältnisse nachhaltig zu verändern. Russlands Präsident Putin drückte es in seiner verteidigungspolitischen Rede in Moskau Ende 2019 wie folgt aus: “Das ist die Waffe der Zukunft, die sowohl in existierende wie auch in zukünftige Raketenabwehrsysteme eindringen kann.”
Xu Tianran mahnt gegenüber China.Table zunächst zur Besonnenheit. “Man muss festhalten, dass es keine klare Definition von Hyperschall-Waffen gibt.” Das meistzitierte Merkmal steckt in ihrem Namen: die hohe Geschwindigkeit. Hyperschall oder hypersonisch bedeutet, dass sich ein Objekt mindestens mit fünffacher Schallgeschwindigkeit fortbewegt, also mindestens Mach 5. Das sind 6.125 Kilometer pro Stunde. Doch auch Geschwindigkeiten von Mach 10 und schneller sind durchaus üblich. Eine Rakete mit Mach 20 benötigt für die Strecke von Washington D.C. nach Peking weniger als 30 Minuten. Russlands Hyperschall-Gleitkörper “Avangard” wird offiziellen Angaben zufolge auf Mach 27 beschleunigt.
Auch andere Experten raten zu einer differenzierten Sicht auf den neuen Waffentyp. “Solche Geschwindigkeiten sind nichts Neues”, kommentiert Dominika Kunertova im Gespräch mit China.Table. “Ginge es nur um Geschwindigkeit, wären im Grunde alle ballistischen Raketen mit einer Reichweite von mehr als einigen hundert Kilometern hypersonisch”, erklärt die Wissenschaftlerin vom Center for Security Studies in Zürich. Mehr noch: Im Durchschnitt ist die Geschwindigkeit des gesamten Flugs einer hypersonischen Waffe sogar geringer, wie die Experten Cameron Tracy und David Wright im Magazin “Science & Global Security” darlegen. Der mediale Fokus auf die Schnelligkeit von Hyperschall-Waffen ist deshalb bis zu einem gewissen Grad irreführend.
Zwar ist Geschwindigkeit durchaus ein Kriterium, bei weitem aber nicht das Wichtigste. Der entscheidende Vorteil von Hyperschallwaffen ist ihre Manövrierbarkeit. Denn während ballistische Flugkörper ebenfalls sehr schnell sind, bewegen sie sich wie ein Projektil auf einer vorhersehbaren Flugbahn. Hypersonische Raketen hingegen können unvorhersehbare Flugbahnen nehmen und ihre Höhe in der Atmosphäre jederzeit gezielt verändern. Dadurch wird ihr Ziel erst im allerletzten Moment erkennbar.
Dominika Kunertova macht noch einen dritten Vorteil aus: “Sowohl die Hyperschall-Gleitflugkörper als auch Hyperschall-Marschflugkörper fliegen sehr schnell in ungewöhnlich tiefen Höhen. Wir müssen also davon ausgehen, dass sie die bestehenden bodengestützten Raketenabwehrsysteme umgehen werden.” Das verändert wiederum die Sicherheitswahrnehmung einzelner Staaten.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Haupttypen: Hyperschall-Gleitflugkörper (HGV) und Hyperschall-Marschflugkörper. HGVs verfügen nicht über einen eigenen Antrieb, sondern werden von einer Rakete in die Atmosphäre gebracht. In der ersten Phase schießen sie kurzzeitig über die Atmosphäre hinaus. Doch dann kehren HGVs schnell wieder in geringere Höhen zurück, um dort ohne Antrieb zu gleiten – wie ein Gleitsegler. Da sie bis zu mehrere tausend Kilometer gleiten können, werden sie auch “boost-glide vehicles” genannt. Zum Vergleich: Traditionelle ballistische Raketen fliegen weit außerhalb der Atmosphäre auf ihrer vorgegebenen Flugbahn weiter.
Hyperschall-Marschflugkörper wiederum haben einen eigenen Scramjet-Antrieb. Sie fliegen in weit niedrigeren Höhen und nutzen dort ähnlich wie Flugzeuge den aerodynamischen Auftrieb in der Atmosphäre. Beide Systeme sind extrem schnell und zudem sehr gut manövrierbar. Damit vereinen sie die Vorteile von ballistischen Flugkörpern und Marschflugkörpern: Geschwindigkeit und Präzision.
Angesichts dieser Vorteile ist es nicht verwunderlich, dass China diese vermeintliche Wunderwaffe besitzen will. “Es scheint, als verfüge China über die nächste Generation von Hyperschall-Waffen“, meint Niklas Swanstörm gegenüber China.Table. “Sollte das stimmt, wäre das tatsächlich eine große Gefahr. Denn dies erhöht unter anderem die Möglichkeit, Flugzeuge abzuschießen.” Auch die viel gerühmte Stealth-Technologie der US-Streitkräfte würde an Wirkung verlieren, warnt der Direktor des “Institute for Security and Development Policy” in Stockholm.
Auch andere Staaten streben deshalb nach Hyperschall-Waffen. Ein globales Wettrüsten mit der Wunderrakete ist in vollem Gange. Russland entwickelte eigenen Angaben zufolge 2018 eine erste eigene Hyperschall-Rakete namens “Kinzhal”. Ende 2019 folgte der Hyperschall-Gleitflugkörper “Avangard”. China testete einen Gleitflugkörper namens DF-ZF.
Die USA scheinen in diesem Wettrennen zuletzt etwas ins Hintertreffen geraten zu sein. Swanström schätzt, dass die US-Streitkräfte in diesem Bereich gar einige Jahre hinter den Fähigkeiten der chinesischen Volksbefreiungsarmee hinterherhinken. China habe schlicht mehr Ressourcen in die militärische Entwicklung gesteckt. Experten gehen davon aus, dass die USA ihre ersten Hyperschall-Langstreckenwaffen vermutlich erst 2023 in Betrieb nehmen werden – worüber Russlands Präsident Wladimir Putin schon Ende 2019 nur schwer seine Freude verbergen konnte: “Wir befinden uns in der einmaligen Situation unserer jüngeren Geschichte, dass sie versuchen, uns einzuholen.” Entsprechend hat Washington zuletzt das Budget für die Entwicklung hypersonischer Waffen massiv erhöht – von 800 Millionen US-Dollar 2017 auf 3,8 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr.
Allerdings verfolgen die USA andere Entwicklungsziele als Moskau und Peking. Washington hat den Besitz nuklearfähiger Hyperschallwaffen öffentlich bis auf Weiteres ausgeschlossen. Wegen der geringeren Sprengkraft müssten US-Waffen entsprechend weitaus präziser sein.
Und Nordkorea? Obwohl man zuletzt Raketen in Serie testete, spiele das Regime von Machthaber Kim Jong-un dennoch in einer anderen Liga, wie Dominika Kunertova es ausdrückt. Ihrer Erkenntnis nach habe Nordkorea schlicht zwei längst bestehende Waffensysteme kombiniert. “Sie haben eine reguläre ballistische Rakete mit kürzerer Reichweite mit einem neuen Prototyp eines manövrierenden Wiedereintrittsfahrzeugs kombiniert”, urteilt Kunertova.
Generell macht die Raketenexpertin einen unglaublichen Hype um die Technologie aus. “Die Politik und internationale Medien neigt dazu, die Fähigkeiten dieser Waffen zu überschätzen.” Wissenschaftliche Studien zeigten, dass das Zusammenspiel von Schnelligkeit, Höhe, Manövrierfähigkeit und Präzision noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit erfordere. Insbesondere die physikalischen Einschränkungen aufgrund des Flugs in niedriger Höhe der Atmosphäre werfen im Hinblick auf Geschwindigkeit und Unsichtbarkeit Fragen auf. Es gäbe etliche Momente, in denen eventuell auch bestehende Raketenabwehrsysteme Hyperschall-Geschosse erkennen könnten.
Auch sind Hyperschall-Geschosse keineswegs so unsichtbar, wie von manchen angenommen. Hier wird den Hyperschall-Waffen ausgerechnet ihre besondere Schnelligkeit zum Verhängnis: Die große Reibung mit der Erdatmosphäre bei hohen Geschwindigkeiten erzeugt Hitze und ionisiertes Gas, wodurch die Flugkörper für das Radar und weltraumgestützte Sensoren wieder auffindbar werden. Selbst der viel gepriesene Vorteil der guten Manövrierbarkeit könnte sich als möglicher Schwachpunkt herausstellen: Durch das Aussenden von Störsignalen könnte man die von außen gesteuerten Waffen manipulieren.
Schnell wird klar, dass die Entwicklung dieser Technologie erst am Anfang steht. Frühestens 2030, eher 2040, könnten Hyperschall-Waffen in Benutzung genommen werden, schätzt Expertin Kunertova. Und dennoch sind die Folgen der Technik gravierend. Ungeachtet ihrer tatsächlichen militärischen Fähigkeiten und ihrer zukünftigen Vorteile hat die Hyperschall-Technologie das internationale Sicherheitsumfeld nachhaltig destabilisiert. Ob in Washington, Peking oder Moskau – schon jetzt hat sich die subjektive Wahrnehmung der eigenen Verwundbarkeit verändert.
Neue Abrüstungsinitiativen scheinen angesichts der Sputnik-Assoziationen zwar unrealistisch. Trotzdem sollten Politiker weltweit versuchen, die neue Waffenkategorie so schnell wie möglich in internationale Vereinbarungen einzugliedern. Denn sowohl Angst wie auch Übermut können in der Sicherheits- und Rüstungspolitik fatale Folgen haben.
Der strauchelnde Eigner der MV-Werften steht nun selbst vor dem Aus. Genting Hongkong stellte beim zuständigen Gerichtshof in Bermuda einen Antrag auf Abwicklung. Wie das Unternehmen am Mittwoch an der Hongkonger Börse mitteilte, reichte es dort zudem Vorschläge für die Ernennung vorläufiger Insolvenzverwalter ein. Diese sollen an einer Restrukturierung arbeiten und Verhandlungen mit Gläubigern führen. Man habe sich zu diesem Schritt entschieden, nachdem alle Anstrengungen unternommen worden waren, um mit Gläubigern und Anteilseignern zu verhandeln. Der Handel mit den Aktien des Konzerns ist bereits seit Dienstag ausgesetzt. Da hatte der Konzern bereits mitgeteilt, einen Antrag auf vorläufige Liquidation zu erwägen.
Die Nachricht ist ein Rückschlag für die seit Anfang vergangener Woche insolventen MV Werften. Insolvenzverwalter Christoph Morgen hatte gehofft, dass die Werft am Standort Wismar das zu 75 Prozent fertiggestellte Kreuzfahrtschiff “Global Dream” noch zu Ende bauen und wie geplant an den Ex-Mutterkonzern verkaufen könnte. Doch dieses Szenario ist mit Gentings Fall in weite Ferne gerückt. Die “Global Dream” sollte das weltweit größte Kreuzfahrtschiff werden und den boomenden Markt in Asien bedienen. Wer anstelle von Genting ein solches Riesenschiff abnehmen würde, ist völlig unklar.
Für Unruhe sorgte nach einem Bericht der “Ostsee-Zeitung”, dass die “Global Dream” möglicherweise nicht einmal Eigentum der MV Werften sei. Laut der Schifffahrtsplattform Equasis gehöre es seit Jahresbeginn der Tochtergesellschaft “Genting Cruises Line” von Genting Hongkong, berichtete die Zeitung am Mittwoch. Insolvenzverwalter Morgen hat den Bericht aber zurückgewiesen, so das Blatt.
Verhandlungen über ein gemeinsames Rettungspaket des Bundes und Mecklenburg-Vorpommerns waren kurz zuvor gescheitert (China.Table berichtete). Die Landesregierung sieht sich nun bestätigt in seiner Weigerung, Genting ohne Gegenleistung des Hongkonger Touristikkonzerns einen im Sommer vereinbarten Hilfskredit in Höhe von 78 Millionen Euro auszuzahlen. Man hätte auch mit einer Auszahlung die Entwicklung nicht verhindert, teilten Finanz- sowie Wirtschaftsminister Heiko Geue und Reinhard Meyer (beide SPD) mit. “Die durch die Corona-Pandemie verursachten Probleme erscheinen größer als die Darlehenszusage an den Mutterkonzern der MV Werften.”
Zu Wochenbeginn hatte das Landgericht Schwerin einen Eilantrag von Genting gegen das Land abgewiesen. Mecklenburg-Vorpommern hatte bereits Bürgschaften über 301 Milliarden Euro für das Unternehmen übernommen. Der Bund trägt nach Angaben der Minister sogar ein Gesamtrisiko von einer Milliarde Euro für Projekte von Genting. Für diese Garantien sieht es nicht gut aus. ck
China hat mit heftiger Kritik auf den Plan Sloweniens zur Stärkung der Beziehungen zu Taiwan reagiert. “Wir sind zutiefst schockiert und lehnen dies entschieden ab”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in Peking. Es sei zur Kenntnis genommen worden, dass Sloweniens Regierungschef “das Ein-China-Prinzip infrage stellt und die Unabhängigkeit Taiwans unterstützt“.
Am Dienstag hatte Sloweniens Ministerpräsident Janez Jansa angekündigt, gemeinsam mit Taipeh den Aufbau von Wirtschafts- und Handelsbüros in den jeweiligen Hauptstädten vorzubereiten (China.Table berichtete). Ob die taiwanische Vertretung in Ljubljana tatsächlich wie in Litauen “Taiwan-Büro” heißen soll, sagte er allerdings nicht. Die scharfe Reaktion Pekings wirkt da wie eine letzte Warnung. Die Regierung in Taipeh begrüßte die Ankündigung Jansas, den eine Sprecherin des Außenministeriums als “guten Freund Taiwans” bezeichnete.
Weniger gut läuft es für Taiwan derzeit in Lateinamerika. Taipeh schickt seinen Vizepräsidenten zur Amtseinführung der neuen Staatschefin von Honduras, Xiomara Castro. Diese hatte im Wahlkampf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Peking angekündigt. Im Dezember hatte Nicaragua seine Beziehungen zu Taiwan eingefroren und sich stattdessen Peking zugewandt. ck
Der europäische Flugzeugbauer Airbus will in China eine Recycling-Anlage für ausgemusterte Flugzeuge aufbauen. Ein entsprechendes Rahmenabkommen sei mit der Stadt Chengdu unterzeichnet worden, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Airbus mit. Der Vertrag soll Mitte des Jahres unterzeichnet werden, die Recycling-Anlage könne Ende 2023 den Betrieb aufnehmen. “Die Zahl der Flugzeuge, die in China vom Markt genommen werden, wird in den kommenden 20 Jahren exponentiell ansteigen”, zitierte AFP den Leiter des Airbus-Kundendienstes Klaus Roewe. Gerade in China legte der Flugverkehr vor der Corona-Pandemie enorm zu. Die Volksrepublik gehört zu den größten Kunden der zwei großen Hersteller Airbus und Boeing.
Das geplante Airbus-Gelände in Chengdu soll Platz für 125 Flugzeuge bieten. Die Airbus-Tochter Tarmac Aerosave werde dort Flugzeuge parken, überholen, umbauen, ausschlachten und recyceln, heißt es in der Pressemitteilung. Airbus betreibt bereits in Frankreich und Spanien mehrere Anlagen für ausgemusterte Flugzeuge. ck
China wird wohl weiterhin keine Kaufsteuer auf Elektroautos erheben. Die jährliche regierungsübergreifende Arbeitskonferenz zur Entwicklung der Elektromobilität wolle eine Verlängerung und Ausweitung der Steuervergünstigungspolitik prüfen, berichtet das Beratungsunternehmen Trivium China. Erklärtes Ziel sei es, “die Markterwartungen zu stabilisieren”.
Käufer von Elektroautos, Plug-in Hybriden und Brenstoffzellenautos sind auch 2022 noch von der Kaufsteuer in Höhe von zehn Prozent befreit. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Der Erhalt dieser Befreiung ist vor allem angesichts des seit langem geplanten Auslaufens der direkten Kaufsubventionen für Elektroautos wichtig. Diese Subventionen sollten ursprünglich bereits 2020 auslaufen. Doch angesichts der Coronavirus-Pandemie verlängerte Peking die Zahlungen. 2022 werden sie nach Angaben um 30 Prozent gegenüber 2021 gekürzt. ck
Der Hongkonger Aktivist Edward Leung Tin-kei ist nach fast vier Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. Das teilte die Strafvollzugsbehörde am Mittwoch mit. Der heute 30-Jährige war einer der Anführer der Unabhängigkeitsbewegung von 2016 und war seit 2018 in Haft. Sein Fall zeigt, dass manche Aktivisten auch schon vor Erlass des umstrittenen Nationalen Sicherheitsgesetzes von 2020 gefährlich lebten.
Leung wurde verfolgt, weil er sich für die Unabhängigkeit Hongkongs von China eingesetzt hatte – das roteste aller Tücher für Peking. Er war damals das Gesicht der Gruppe Hong Kong Indigenous und 2016 zu einer Nachwahl zum Stadtparlament angetreten. Im Gefängnis landete er offiziell aufgrund des Vorwurfs, sich in jenem Jahr an Ausschreitungen beteiligt zu haben. Heute wäre Leungs Haft deutlich länger ausgefallen. Durch das 2020 in Kraft getretene Nationale Sicherheitsgesetz wird das Eintreten für eine Abspaltung Hongkongs von China mit einer Haftstrafe von zehn Jahren bis lebenslänglich bestraft.
Der bekannte Aktivist Joshua Wong erreichte derweil am Mittwoch eine leichte Verkürzung seiner Haftstrafe. Ein Berufungsgericht habe seine zehnmonatige Haft wegen seiner Rolle bei einer unautorisierten Gedenkveranstaltung 2020 für das Tiananmen-Massaker um zwei Monate verkürzt, berichtet die South China Morning Post. Das Gericht ordnete außerdem an, dass Wong zwei Monate der Strafe gleichzeitig mit den 17,5 Monaten aus anderen Urteilen verbüßen solle. Insgesamt verkürzt sich Wongs Haftzeit damit auf 23,5 Monate. Doch Wong drohen weitere Verfahren, unter anderem wegen seiner Rolle bei den inoffiziellen Vorwahlen zum Legislativrat im Jahr 2020.
Der entlassene Edward Leung will sich nach eigenen Worten aus der Bewegung zurückziehen. “Nach vier Jahren möchte ich die kostbare Zeit, die ich mit meiner Familie habe, genießen und wieder ein normales Leben führen”, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP. Auch soziale Medien wolle er nicht mehr nutzen. Denn er sei gesetzlich verpflichtet, sich an eine “Überwachungsanordnung” zu halten. ck
Wer aus Angst vor der chinesischen Führung das Land verlassen hat, kann sich nicht einmal im Ausland in Sicherheit wähnen. Einem Bericht der in Spanien ansässigen Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders zufolge hat die kommunistische Führung in Peking seit 2014 fast 10.000 chinesische Staatsangehörige im Ausland mithilfe außergerichtlicher Zwangsmaßnahmen zur Rückkehr in die Volksrepublik gezwungen. Dabei handele es sich nur um die “Spitze des Eisbergs”, heißt es in dem Bericht. Unter dem Deckmantel der Korruptionsbekämpfung geht Peking keineswegs nur gegen korrupte Parteikader vor, sondern verfolgt auch Regimekritiker im Ausland.
Im Rahmen zweier Kampagnen namens “Fuchsjagd” und “Sky Net”seien die Zielpersonen von den chinesischen Behörden mithilfe von Entführungen, Schikanen und Einschüchterungen unter Druck gesetzt worden, hieß es. Chinesische Agenten bedrohten die Kritiker im Ausland. Manchmal lockten sie die Zielpersonen in Drittländer, die Auslieferungsabkommen mit China haben.
Die Organisation berichtet auch von Fällen, in denen Angehörige in China schikaniert und sogar inhaftiert wurden, um Menschen zur Rückkehr zu bewegen. “Die chinesische Diaspora wächst immer schneller, und immer mehr Menschen versuchen China zu verlassen. Daher war Peking noch nie so motiviert, die Befugnisse seiner Sicherheitskräfte im Ausland auszuweiten”, heißt es in dem Bericht.
China kennt auch keine Scheu, Menschen zu entführen, die keine chinesischen Staatsbürger sind. So wurde 2015 der Buchhändler und schwedische Staatsbürger Gui Minhai aus Thailand verschleppt. Er tauchte wenig später in chinesischem Gewahrsam wieder auf. flee
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat zwei Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele die Menschenrechtslage in China als “weiterhin katastrophal” bezeichnet. “Die Olympischen Winterspiele in Peking dürfen nicht dem Sportswashing dienen”, warnte Julia Duchrow, Stellvertrende Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland. Der neue Begriff “Sportswashing” bezeichnet Bemühungen, den Ruf eines Landes durch die Organisation eines sportlichen Großereignisses zu verbessern. Wenn Peking die Spiele als Aushängeschild nutzen wolle, dann müsse es alle Personen aus dem Gefängnis entlassen, “die lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Menschenrechte strafverfolgt und inhaftiert sind”.
Unterdessen forderte der US-Kongress die Vereinten Nationen auf, noch vor Beginn der Winterspiele am 4. Februar einen offiziellen Bericht zur Lage in Xinjiang zu veröffentlichen. Das teilte der von den Demokraten geführte Ausschuss zur Beobachtung der Menschenrechtslage in China am Mittwoch mit. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet fordert von Peking seit Jahren erfolglos einen ungehinderten Zugang zu Xinjiang. Dort soll China Berichten zufolge bis zu eine Million Uiguren in Umerziehungslagern interniert haben. Peking weist die Vorwürfe zurück. ck
Für Paul Harris endet im Januar 2022 eine brisante Amtsperiode. “Ich werde versuchen, die Freiheit in Hongkong zu schützen. Ich weiß nicht, ob ich Erfolg haben werde”, hatte er der britischen Zeitung The Times gesagt, als er Anfang 2021 für ein Jahr zum Vorsitzenden der Anwaltskammer Hongkong gewählt wurde. Dabei war ihm klar, dass er diese anspruchsvolle Position zu einem kritischen Zeitpunkt erlangte: “Es ist eine schwierige Zeit für die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong”, erklärte Harris der South China Morning Post.
Im Verlauf des Jahres wurde ihm vom Verbindungsbüro der chinesischen Zentralregierung in Hongkong vorgeworfen, ein “Anti-China-Politiker” zu sein. Rufe nach Amtsenthebung wurden laut. Dabei spielten unter anderem seine Forderungen nach einer Modifizierung des neuen Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong eine Rolle. Auch Äußerungen zur Verurteilung friedlicher Demonstranten haben ihn die Gunst Pekings gekostet. Harris vertritt die Meinung: “Menschen haben starke Gefühle, und sie müssen ein Ventil für diese Gefühle finden. Eine friedliche Demonstration ist so ein Ventil.” Wenn die Regierung das nicht zulässt, werden diese Gefühle nicht verschwinden.
Spannungen in seinem Arbeitsumfeld dürfte Harris aus seiner jahrelangen Berufserfahrung jedoch gewöhnt sein. Er war viele Jahre in London als Barrister tätig. Das ist eine Berufsbezeichnung aus Großbritannien, die das Privileg beinhaltet, als Rechtsanwalt an Obergerichten auftreten zu dürfen. Seit 1993 arbeitet der auf öffentliches Recht und Menschenrechte spezialisierte Jurist auch in Hongkong und hat viele heikle Fälle unter anderem auf den Gebieten Immigrationsrecht und Menschenhandel bearbeitet. Er kümmert sich auch um die Rechte der vielen Hausangestellten, die in Hongkong am Rande der Gesellschaft leben.
Paul Harris ist eine facettenreiche Persönlichkeit. Auf LinkedIn schreibt er: “Ich bin Anwalt, Schriftsteller, Reisender und Menschenrechtsaktivist.” Für jeden Teil dieser Selbstbeschreibung finden sich zahlreiche Belege in seinem Lebenslauf: Er absolvierte einen Jura-Master am Lincoln College in Oxford und später einen zweiten Master in internationalem Menschenrecht an der Universität von Hongkong. Seit 1988 ist er als Rechtsanwalt tätig.
Er publiziert zu juristischen Themen: “The Right to Demonstrate” lautet einer seiner Buchtitel. Überdies ist er Gründer des Hong Kong Human Rights Monitor, der wichtigsten Menschenrechtsorganisation der Stadt. Die monatliche Publikation der NGO informiert über die aktuellsten Ansichten und Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte.
Das Berichtsgebiet des Human Rights Monitor ist aber nicht auf Hongkong beschränkt, sondern es umspannt den Globus – und das entspricht den Neigungen und der Persönlichkeit des Gründers. Nicht nur seine Tätigkeit als Referent für Äthiopien, Somalia und Jemen Mitte der 1980er-Jahre zeichnen ihn als Mann von Welt aus. Harris hat bereits alle Länder der Erde bereist. Nach seiner Berechnung sind es 198. Und neben Englisch spricht er auch Kantonesisch, Französisch, Spanisch und Deutsch. Juliane Scholübbers
Die globale Beratungsfirma Alix Partners hat zum Jahresanfang vier leitende Mitarbeitende in ihren Greater China-Büros befördert: Stephen Yu wurde zum Managing Director des Büros in Shanghai ernannt. Yu ist seit 2012 bei dem Unternehmen und leitet die Digital Forensics and Discovery Services in Asien-Pazifik. Julia Zhao wurde Direktorin in Shanghai. Außerdem stiegen Dick Liu und Zach Li zu Direktoren des Alix Partners-Büros in Hongkong auf.
Auch der Hongkonger Finanzdienstleister Haitong International Securities Group Limited gab drei neue Managing Directors bekannt: Scott Darling wurde Managing Director of Equity Research mit Fokus auf Energiethemen. Pingzi Ji wurde ebenfalls Managing Director of Equity Research und kümmert sich um China und Japan. Karen Jin wird sich als Managing Director of Fixed Income Sales and Trading um die Geschäftsentwicklung und das Wachstum bei institutionellen Kunden kümmern.
Michelle Wu wird Head of Commercial für Greater China bei CDB Aviation. CDB Aviation ist eine hundertprozentige irische Tochtergesellschaft der China Development Bank Financial Leasing Co., Ltd. Wu machte zuvor 20 Jahre lang Karriere bei GECAS (GE Capital Aviation Services), einer irisch-amerikanischen Finanzierungs- und Leasinggesellschaft für kommerzielle Luftfahrt.
wenige Monate vor dem großen Parteitag der Kommunistischen Partei im Herbst drängen sich in China innenpolitische Themen wieder in den Vordergrund. Zum Beispiel war es eine Weile still geworden um Xi Jinpings Kampagne gegen die Korruption. Doch jetzt fährt die Partei den Kampf gegen den Filz in den eigenen Reihen mit großer Fanfare wieder hoch. Dabei setzt man erstmals auf neuartige Formate wie das Reality-TV. Eine mehrteilige Serie präsentiert echte, brandaktuelle Fälle von Ermittlungen gegen korrupte Kader: True Crime mit chinesischen Charakteristiken. Finn Mayer-Kuckuk hat sich die Serie angeschaut und analysiert für uns die Faszination der Reihe für die Menschen und ihren Nutzen für die Partei.
Seit ein paar Monaten sorgt China derweil mit verschiedenen Tests von Hyperschallraketen für Unruhe vor allem in den USA. Ein Vorteil dieser Raketen ist neben ihrem rasanten Tempo eine flexible Lenkbarkeit. Auch Russland und die USA selbst sind an der Technologie interessiert. Michael Radunski analysiert, was es mit dem aktuellen Hyperschall-Hype auf sich hat, und inwieweit dieser neue Raketentyp die globale Sicherheitsarchitektur verändern könnte.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre,
Die Anti-Korruptionskampagne als Reality-Fernsehen: In einer fünfteiligen Serie zeigt der Staatssender CCTV derzeit besonders spektakuläre Beispiele für Bestechlichkeit von Kadern. Der Titel lautet “Null Toleranz” 零容忍, die Aufmachung ist spannend und modern, die Musik bewegend. Emotional werden alle Register gezogen.
Die Serie stellt reale Fälle aus der Arbeit der gefürchteten Disziplinarkommission der KP Chinas dar. Zu sehen sind beispielsweise die riesigen Anwesen, die sich hohe Parteikader mit illegal erworbenem Geld gebaut haben. Auch Sammlungen von Luxus-Armbanduhren oder Jadeschmuck werden gezeigt. Ebenfalls prominent im Bild sind dicke Geldbündel – und die unauffälligen Lebensmittelschachteln, in denen sich ein Kader das Geld überreichen ließ.
Sun Lijun 孫力軍,heißt der Parteibonze mit den Lunchboxen. Sein Fall zeigt deutlich, welche politischen Botschaften Parteichef Xi Jinping mit dem Medienprojekt übermitteln will. Denn es war Sun, der den Auftakt zu der Reihe machte. Er war einst Vizeminister für Öffentliche Sicherheit und damit selbst in Kontrolle des Polizeiapparats gewesen. Sun war zudem Sicherheitschef in Hongkong, als dort die Demokratiebewegung auf die Straße ging. Auch treue Häscher des Systems sind also nicht vor Ermittlungen sicher. Und: Xis Säuberungskampagne kommt auch in ihrem zehnten Jahr nicht zur Ruhe. Im Gegenteil. Sie erhält einen neuen Schub.
Die gnadenlose Fortsetzung des Anti-Korruptions-Programms hat mehrere Gründe. Auf den unteren Ebenen ist Bestechlichkeit natürlich längst nicht ausgerottet. Doch von Anfang an hatte Xis Kampagne noch eine zweite Stoßrichtung. Der Parteichef will Angst und Schrecken unter seinen Feinden verbreiten. Das ist ihm im Jahr 2022 ebenso wichtig wie 2012. Denn auf einem Parteitag im Herbst will Xi seine Position als Herrscher auf Lebenszeit bestätigen lassen. Grummeln in der Partei will der Vorsitzende da nicht hören.
Von Dienstag bis Donnerstag dieser Woche findet nun eine richtungsweisende Sitzung der Zentralkommission für Disziplinaraufsicht statt. Die Berichterstattung darüber ist mit markigen Zitaten des Xi Jinpings gespickt. “Die Klinge nach innen wenden”, “das Virus ausmerzen, das den Parteikörper auszehrt”, “Selbstverbesserung”. Diese Worte finden sich auch in einer Rede Xis vom November zum Thema Korruption. Die Essenz lautet: Die Partei ist in der Lage, ihre Probleme aus eigener Kraft zu lösen. Pluralismus ist dafür nicht nötig.
Das heißt nicht, dass die Kampagne nicht die Richtigen trifft. Sun Lijun soll im Laufe der Zeit zwölf Millionen Euro angenommen haben. Und neben Sun sind in letzter Zeit weitere hochrangige “Tiger” ins Netz gegangen:
Die Verurteilung Wangs erfolgte demnach kurz nach Ausstrahlung seines Serienteils von “Null Toleranz” auf CCTV. Die Parteiorgane zeigen so, dass sie ihre verschiedenen Ansätze im Kampf gegen Korruption miteinander verschränken. Die KP soll eine geschlossene Front gegen den Filz bilden.
In der Sendung tauchen die Sünder mit traurigen Gesichtern in einfacher Kluft auf. Kernstück sind Geständnisse der gefallenen Kader. Zugleich werden die Ermittlungen gegen sie nachgezeichnet. Auch die Verbindungen zwischen Verdächtigen auf verschiedenen Ebenen werden dargestellt – beispielsweise zwischen Sun Lijun und einem käuflichen Polizeichef. Die Kamera blickt dabei oft durch kleine Ritzen und Spalten auf Gebäudeeingänge oder in Hotel-Lobbys. Das suggeriert, bei der Jagd nach den Kriminellen dabei zu sein.
Die erste Folge steigt mit Statistiken ins Thema ein: Seit Xi Jinping die Jagd aufgenommen hat, wurde gegen vier Millionen Kader ermittelt. Hier geht es wohlgemerkt nur um Parteimitglieder. Die normale Polizei ist in diesen Fällen nicht zuständig, sondern immer zuerst die KP-Disziplinarkommission. Von den vier Millionen Delinquenten waren 484 sogar zentrale Verwaltungskader (中管干部). Sie gehörten also der Parteielite an.
Mit der neuerlichen Kampagne und der TV-Serie zur besten Sendezeit stärkt die Partei ihre Legitimation. Gleich zu Anfang stellt die Sendung eine Verbindung zur hundertjährigen Erfolgsgeschichte der Partei her. Die Serie zeichnet das Bild einer KP, die grundsätzlich im Interesse der einfachen Leute handelt. Eigentlich ist dort alles in Ordnung, doch einzelne korrupte Elemente verderben immer wieder die Verwirklichung des Chinesischen Traums (China.Table berichtete). Xi und die hohen Parteiorgane tun nun endlich alles, die Korruption auszurotten.
Chinas Bürger erleben Korruption im Alltag; es wäre zwecklos, ihnen vorzugaukeln, dass sie nicht stattfindet. Viel schlauer ist der Propagandaauftrag, das Problem als an höchster Stelle erkannt darzustellen – und stets eine baldige Lösung anzukündigen. Die Wahl eines populären True-Crime-Formats entspricht dabei dem Trend, Überwachung und Propaganda mit fortschrittlichen Mitteln zu betreiben.
Amerikas Führung ist alarmiert – und deshalb muss nun alles ganz schnell gehen. Zusammen mit Japan will man schnellstmöglich eine Verteidigungsstrategie gegen Hyperschall-Waffen entwickeln. Das vereinbarten Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin Anfang des Monats mit ihren japanischen Amtskollegen. Als Grund wird in der gemeinsamen Erklärung genannt: eine “schnelle und undurchsichtige militärische Expansion, die das regionale strategische Gleichgewicht gefährdet“. Jeder weiß, wer damit gemeint ist: China – und vor allem Pekings erfolgreicher Test einer Hyperschall-Rakete.
Dabei war anfangs gar nicht klar, was China im vergangenen Sommer tatsächlich gelungen war. Denn die Volksrepublik versuchte lange, den eigenen Erfolg zu verbergen. Das Außenministerium in Peking sprach gar von einem routinemäßigen Test einer Weltraumrakete. Anderslautende Meldungen seien schlichtweg falsch, erklärte Außenamtssprecher Zhao Lijian.
Längst kursierten Berichte, China habe erfolgreich eine Hyperschall-Waffe getestet. Recherchen der “Financial Times” zufolge habe das mit mehr als fünffacher Schallgeschwindigkeit fliegende Geschoss den Planeten einmal umrundet und sei dann mit hohem Tempo in der Nähe seines avisierten Ziels eingeschlagen, mit einer Abweichung von etwa 40 Kilometer. “Wir haben keine Ahnung, wie die Chinesen das geschafft haben”, zitiert die britische Zeitung eine Person aus US-Sicherheitskreisen. Ihre Fähigkeiten bei militärischer Hochtechnologie lägen inzwischen weit über dem, was ihnen die USA bis dato zugetraut hätten.
US-General Mark Milley zeigte sich schockiert und fassungslos. “Ich weiß nicht, ob es direkt ein Sputnik-Moment ist, aber es ist auf jeden Fall sehr nah dran.” Der Sputnik-Moment spielt auf den erfolgreichen Start des ersten künstlichen Erdsatelliten durch die Sowjetunion 1957 an. Als Folge entbrannte zwischen den beiden Supermächten ein jahrzehntelanger Wettlauf ins All. Es scheint, als wäre nun wieder so ein Wendepunkt erreicht.
Inzwischen vermuten Experten wie der chinesische Analyst Xu Tianran vom Thinktank “One Earth Future”, dass China ein “fractional orbital bombardment system” mit einem hypersonischen Gleitkörper als Sprengkopf abgeschossen habe. Ein militärisch-technischer Durchbruch, der die bisherige Sicherheitsperzeption der USA in ihren Grundfesten erschüttert. Einst versetzten Satelliten der Welt einen Schock; heute sind es Hyperschall-Waffen.
Hyperschall-Waffen gelten als die bedeutendste Rüstungsinnovation der vergangenen Jahre. Im ausgereiften Stadium sind sie schnell, präzise – und schwer zu entdecken. Sie besitzen das Potenzial, die internationalen Kräfteverhältnisse nachhaltig zu verändern. Russlands Präsident Putin drückte es in seiner verteidigungspolitischen Rede in Moskau Ende 2019 wie folgt aus: “Das ist die Waffe der Zukunft, die sowohl in existierende wie auch in zukünftige Raketenabwehrsysteme eindringen kann.”
Xu Tianran mahnt gegenüber China.Table zunächst zur Besonnenheit. “Man muss festhalten, dass es keine klare Definition von Hyperschall-Waffen gibt.” Das meistzitierte Merkmal steckt in ihrem Namen: die hohe Geschwindigkeit. Hyperschall oder hypersonisch bedeutet, dass sich ein Objekt mindestens mit fünffacher Schallgeschwindigkeit fortbewegt, also mindestens Mach 5. Das sind 6.125 Kilometer pro Stunde. Doch auch Geschwindigkeiten von Mach 10 und schneller sind durchaus üblich. Eine Rakete mit Mach 20 benötigt für die Strecke von Washington D.C. nach Peking weniger als 30 Minuten. Russlands Hyperschall-Gleitkörper “Avangard” wird offiziellen Angaben zufolge auf Mach 27 beschleunigt.
Auch andere Experten raten zu einer differenzierten Sicht auf den neuen Waffentyp. “Solche Geschwindigkeiten sind nichts Neues”, kommentiert Dominika Kunertova im Gespräch mit China.Table. “Ginge es nur um Geschwindigkeit, wären im Grunde alle ballistischen Raketen mit einer Reichweite von mehr als einigen hundert Kilometern hypersonisch”, erklärt die Wissenschaftlerin vom Center for Security Studies in Zürich. Mehr noch: Im Durchschnitt ist die Geschwindigkeit des gesamten Flugs einer hypersonischen Waffe sogar geringer, wie die Experten Cameron Tracy und David Wright im Magazin “Science & Global Security” darlegen. Der mediale Fokus auf die Schnelligkeit von Hyperschall-Waffen ist deshalb bis zu einem gewissen Grad irreführend.
Zwar ist Geschwindigkeit durchaus ein Kriterium, bei weitem aber nicht das Wichtigste. Der entscheidende Vorteil von Hyperschallwaffen ist ihre Manövrierbarkeit. Denn während ballistische Flugkörper ebenfalls sehr schnell sind, bewegen sie sich wie ein Projektil auf einer vorhersehbaren Flugbahn. Hypersonische Raketen hingegen können unvorhersehbare Flugbahnen nehmen und ihre Höhe in der Atmosphäre jederzeit gezielt verändern. Dadurch wird ihr Ziel erst im allerletzten Moment erkennbar.
Dominika Kunertova macht noch einen dritten Vorteil aus: “Sowohl die Hyperschall-Gleitflugkörper als auch Hyperschall-Marschflugkörper fliegen sehr schnell in ungewöhnlich tiefen Höhen. Wir müssen also davon ausgehen, dass sie die bestehenden bodengestützten Raketenabwehrsysteme umgehen werden.” Das verändert wiederum die Sicherheitswahrnehmung einzelner Staaten.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Haupttypen: Hyperschall-Gleitflugkörper (HGV) und Hyperschall-Marschflugkörper. HGVs verfügen nicht über einen eigenen Antrieb, sondern werden von einer Rakete in die Atmosphäre gebracht. In der ersten Phase schießen sie kurzzeitig über die Atmosphäre hinaus. Doch dann kehren HGVs schnell wieder in geringere Höhen zurück, um dort ohne Antrieb zu gleiten – wie ein Gleitsegler. Da sie bis zu mehrere tausend Kilometer gleiten können, werden sie auch “boost-glide vehicles” genannt. Zum Vergleich: Traditionelle ballistische Raketen fliegen weit außerhalb der Atmosphäre auf ihrer vorgegebenen Flugbahn weiter.
Hyperschall-Marschflugkörper wiederum haben einen eigenen Scramjet-Antrieb. Sie fliegen in weit niedrigeren Höhen und nutzen dort ähnlich wie Flugzeuge den aerodynamischen Auftrieb in der Atmosphäre. Beide Systeme sind extrem schnell und zudem sehr gut manövrierbar. Damit vereinen sie die Vorteile von ballistischen Flugkörpern und Marschflugkörpern: Geschwindigkeit und Präzision.
Angesichts dieser Vorteile ist es nicht verwunderlich, dass China diese vermeintliche Wunderwaffe besitzen will. “Es scheint, als verfüge China über die nächste Generation von Hyperschall-Waffen“, meint Niklas Swanstörm gegenüber China.Table. “Sollte das stimmt, wäre das tatsächlich eine große Gefahr. Denn dies erhöht unter anderem die Möglichkeit, Flugzeuge abzuschießen.” Auch die viel gerühmte Stealth-Technologie der US-Streitkräfte würde an Wirkung verlieren, warnt der Direktor des “Institute for Security and Development Policy” in Stockholm.
Auch andere Staaten streben deshalb nach Hyperschall-Waffen. Ein globales Wettrüsten mit der Wunderrakete ist in vollem Gange. Russland entwickelte eigenen Angaben zufolge 2018 eine erste eigene Hyperschall-Rakete namens “Kinzhal”. Ende 2019 folgte der Hyperschall-Gleitflugkörper “Avangard”. China testete einen Gleitflugkörper namens DF-ZF.
Die USA scheinen in diesem Wettrennen zuletzt etwas ins Hintertreffen geraten zu sein. Swanström schätzt, dass die US-Streitkräfte in diesem Bereich gar einige Jahre hinter den Fähigkeiten der chinesischen Volksbefreiungsarmee hinterherhinken. China habe schlicht mehr Ressourcen in die militärische Entwicklung gesteckt. Experten gehen davon aus, dass die USA ihre ersten Hyperschall-Langstreckenwaffen vermutlich erst 2023 in Betrieb nehmen werden – worüber Russlands Präsident Wladimir Putin schon Ende 2019 nur schwer seine Freude verbergen konnte: “Wir befinden uns in der einmaligen Situation unserer jüngeren Geschichte, dass sie versuchen, uns einzuholen.” Entsprechend hat Washington zuletzt das Budget für die Entwicklung hypersonischer Waffen massiv erhöht – von 800 Millionen US-Dollar 2017 auf 3,8 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr.
Allerdings verfolgen die USA andere Entwicklungsziele als Moskau und Peking. Washington hat den Besitz nuklearfähiger Hyperschallwaffen öffentlich bis auf Weiteres ausgeschlossen. Wegen der geringeren Sprengkraft müssten US-Waffen entsprechend weitaus präziser sein.
Und Nordkorea? Obwohl man zuletzt Raketen in Serie testete, spiele das Regime von Machthaber Kim Jong-un dennoch in einer anderen Liga, wie Dominika Kunertova es ausdrückt. Ihrer Erkenntnis nach habe Nordkorea schlicht zwei längst bestehende Waffensysteme kombiniert. “Sie haben eine reguläre ballistische Rakete mit kürzerer Reichweite mit einem neuen Prototyp eines manövrierenden Wiedereintrittsfahrzeugs kombiniert”, urteilt Kunertova.
Generell macht die Raketenexpertin einen unglaublichen Hype um die Technologie aus. “Die Politik und internationale Medien neigt dazu, die Fähigkeiten dieser Waffen zu überschätzen.” Wissenschaftliche Studien zeigten, dass das Zusammenspiel von Schnelligkeit, Höhe, Manövrierfähigkeit und Präzision noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit erfordere. Insbesondere die physikalischen Einschränkungen aufgrund des Flugs in niedriger Höhe der Atmosphäre werfen im Hinblick auf Geschwindigkeit und Unsichtbarkeit Fragen auf. Es gäbe etliche Momente, in denen eventuell auch bestehende Raketenabwehrsysteme Hyperschall-Geschosse erkennen könnten.
Auch sind Hyperschall-Geschosse keineswegs so unsichtbar, wie von manchen angenommen. Hier wird den Hyperschall-Waffen ausgerechnet ihre besondere Schnelligkeit zum Verhängnis: Die große Reibung mit der Erdatmosphäre bei hohen Geschwindigkeiten erzeugt Hitze und ionisiertes Gas, wodurch die Flugkörper für das Radar und weltraumgestützte Sensoren wieder auffindbar werden. Selbst der viel gepriesene Vorteil der guten Manövrierbarkeit könnte sich als möglicher Schwachpunkt herausstellen: Durch das Aussenden von Störsignalen könnte man die von außen gesteuerten Waffen manipulieren.
Schnell wird klar, dass die Entwicklung dieser Technologie erst am Anfang steht. Frühestens 2030, eher 2040, könnten Hyperschall-Waffen in Benutzung genommen werden, schätzt Expertin Kunertova. Und dennoch sind die Folgen der Technik gravierend. Ungeachtet ihrer tatsächlichen militärischen Fähigkeiten und ihrer zukünftigen Vorteile hat die Hyperschall-Technologie das internationale Sicherheitsumfeld nachhaltig destabilisiert. Ob in Washington, Peking oder Moskau – schon jetzt hat sich die subjektive Wahrnehmung der eigenen Verwundbarkeit verändert.
Neue Abrüstungsinitiativen scheinen angesichts der Sputnik-Assoziationen zwar unrealistisch. Trotzdem sollten Politiker weltweit versuchen, die neue Waffenkategorie so schnell wie möglich in internationale Vereinbarungen einzugliedern. Denn sowohl Angst wie auch Übermut können in der Sicherheits- und Rüstungspolitik fatale Folgen haben.
Der strauchelnde Eigner der MV-Werften steht nun selbst vor dem Aus. Genting Hongkong stellte beim zuständigen Gerichtshof in Bermuda einen Antrag auf Abwicklung. Wie das Unternehmen am Mittwoch an der Hongkonger Börse mitteilte, reichte es dort zudem Vorschläge für die Ernennung vorläufiger Insolvenzverwalter ein. Diese sollen an einer Restrukturierung arbeiten und Verhandlungen mit Gläubigern führen. Man habe sich zu diesem Schritt entschieden, nachdem alle Anstrengungen unternommen worden waren, um mit Gläubigern und Anteilseignern zu verhandeln. Der Handel mit den Aktien des Konzerns ist bereits seit Dienstag ausgesetzt. Da hatte der Konzern bereits mitgeteilt, einen Antrag auf vorläufige Liquidation zu erwägen.
Die Nachricht ist ein Rückschlag für die seit Anfang vergangener Woche insolventen MV Werften. Insolvenzverwalter Christoph Morgen hatte gehofft, dass die Werft am Standort Wismar das zu 75 Prozent fertiggestellte Kreuzfahrtschiff “Global Dream” noch zu Ende bauen und wie geplant an den Ex-Mutterkonzern verkaufen könnte. Doch dieses Szenario ist mit Gentings Fall in weite Ferne gerückt. Die “Global Dream” sollte das weltweit größte Kreuzfahrtschiff werden und den boomenden Markt in Asien bedienen. Wer anstelle von Genting ein solches Riesenschiff abnehmen würde, ist völlig unklar.
Für Unruhe sorgte nach einem Bericht der “Ostsee-Zeitung”, dass die “Global Dream” möglicherweise nicht einmal Eigentum der MV Werften sei. Laut der Schifffahrtsplattform Equasis gehöre es seit Jahresbeginn der Tochtergesellschaft “Genting Cruises Line” von Genting Hongkong, berichtete die Zeitung am Mittwoch. Insolvenzverwalter Morgen hat den Bericht aber zurückgewiesen, so das Blatt.
Verhandlungen über ein gemeinsames Rettungspaket des Bundes und Mecklenburg-Vorpommerns waren kurz zuvor gescheitert (China.Table berichtete). Die Landesregierung sieht sich nun bestätigt in seiner Weigerung, Genting ohne Gegenleistung des Hongkonger Touristikkonzerns einen im Sommer vereinbarten Hilfskredit in Höhe von 78 Millionen Euro auszuzahlen. Man hätte auch mit einer Auszahlung die Entwicklung nicht verhindert, teilten Finanz- sowie Wirtschaftsminister Heiko Geue und Reinhard Meyer (beide SPD) mit. “Die durch die Corona-Pandemie verursachten Probleme erscheinen größer als die Darlehenszusage an den Mutterkonzern der MV Werften.”
Zu Wochenbeginn hatte das Landgericht Schwerin einen Eilantrag von Genting gegen das Land abgewiesen. Mecklenburg-Vorpommern hatte bereits Bürgschaften über 301 Milliarden Euro für das Unternehmen übernommen. Der Bund trägt nach Angaben der Minister sogar ein Gesamtrisiko von einer Milliarde Euro für Projekte von Genting. Für diese Garantien sieht es nicht gut aus. ck
China hat mit heftiger Kritik auf den Plan Sloweniens zur Stärkung der Beziehungen zu Taiwan reagiert. “Wir sind zutiefst schockiert und lehnen dies entschieden ab”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in Peking. Es sei zur Kenntnis genommen worden, dass Sloweniens Regierungschef “das Ein-China-Prinzip infrage stellt und die Unabhängigkeit Taiwans unterstützt“.
Am Dienstag hatte Sloweniens Ministerpräsident Janez Jansa angekündigt, gemeinsam mit Taipeh den Aufbau von Wirtschafts- und Handelsbüros in den jeweiligen Hauptstädten vorzubereiten (China.Table berichtete). Ob die taiwanische Vertretung in Ljubljana tatsächlich wie in Litauen “Taiwan-Büro” heißen soll, sagte er allerdings nicht. Die scharfe Reaktion Pekings wirkt da wie eine letzte Warnung. Die Regierung in Taipeh begrüßte die Ankündigung Jansas, den eine Sprecherin des Außenministeriums als “guten Freund Taiwans” bezeichnete.
Weniger gut läuft es für Taiwan derzeit in Lateinamerika. Taipeh schickt seinen Vizepräsidenten zur Amtseinführung der neuen Staatschefin von Honduras, Xiomara Castro. Diese hatte im Wahlkampf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Peking angekündigt. Im Dezember hatte Nicaragua seine Beziehungen zu Taiwan eingefroren und sich stattdessen Peking zugewandt. ck
Der europäische Flugzeugbauer Airbus will in China eine Recycling-Anlage für ausgemusterte Flugzeuge aufbauen. Ein entsprechendes Rahmenabkommen sei mit der Stadt Chengdu unterzeichnet worden, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Airbus mit. Der Vertrag soll Mitte des Jahres unterzeichnet werden, die Recycling-Anlage könne Ende 2023 den Betrieb aufnehmen. “Die Zahl der Flugzeuge, die in China vom Markt genommen werden, wird in den kommenden 20 Jahren exponentiell ansteigen”, zitierte AFP den Leiter des Airbus-Kundendienstes Klaus Roewe. Gerade in China legte der Flugverkehr vor der Corona-Pandemie enorm zu. Die Volksrepublik gehört zu den größten Kunden der zwei großen Hersteller Airbus und Boeing.
Das geplante Airbus-Gelände in Chengdu soll Platz für 125 Flugzeuge bieten. Die Airbus-Tochter Tarmac Aerosave werde dort Flugzeuge parken, überholen, umbauen, ausschlachten und recyceln, heißt es in der Pressemitteilung. Airbus betreibt bereits in Frankreich und Spanien mehrere Anlagen für ausgemusterte Flugzeuge. ck
China wird wohl weiterhin keine Kaufsteuer auf Elektroautos erheben. Die jährliche regierungsübergreifende Arbeitskonferenz zur Entwicklung der Elektromobilität wolle eine Verlängerung und Ausweitung der Steuervergünstigungspolitik prüfen, berichtet das Beratungsunternehmen Trivium China. Erklärtes Ziel sei es, “die Markterwartungen zu stabilisieren”.
Käufer von Elektroautos, Plug-in Hybriden und Brenstoffzellenautos sind auch 2022 noch von der Kaufsteuer in Höhe von zehn Prozent befreit. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Der Erhalt dieser Befreiung ist vor allem angesichts des seit langem geplanten Auslaufens der direkten Kaufsubventionen für Elektroautos wichtig. Diese Subventionen sollten ursprünglich bereits 2020 auslaufen. Doch angesichts der Coronavirus-Pandemie verlängerte Peking die Zahlungen. 2022 werden sie nach Angaben um 30 Prozent gegenüber 2021 gekürzt. ck
Der Hongkonger Aktivist Edward Leung Tin-kei ist nach fast vier Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. Das teilte die Strafvollzugsbehörde am Mittwoch mit. Der heute 30-Jährige war einer der Anführer der Unabhängigkeitsbewegung von 2016 und war seit 2018 in Haft. Sein Fall zeigt, dass manche Aktivisten auch schon vor Erlass des umstrittenen Nationalen Sicherheitsgesetzes von 2020 gefährlich lebten.
Leung wurde verfolgt, weil er sich für die Unabhängigkeit Hongkongs von China eingesetzt hatte – das roteste aller Tücher für Peking. Er war damals das Gesicht der Gruppe Hong Kong Indigenous und 2016 zu einer Nachwahl zum Stadtparlament angetreten. Im Gefängnis landete er offiziell aufgrund des Vorwurfs, sich in jenem Jahr an Ausschreitungen beteiligt zu haben. Heute wäre Leungs Haft deutlich länger ausgefallen. Durch das 2020 in Kraft getretene Nationale Sicherheitsgesetz wird das Eintreten für eine Abspaltung Hongkongs von China mit einer Haftstrafe von zehn Jahren bis lebenslänglich bestraft.
Der bekannte Aktivist Joshua Wong erreichte derweil am Mittwoch eine leichte Verkürzung seiner Haftstrafe. Ein Berufungsgericht habe seine zehnmonatige Haft wegen seiner Rolle bei einer unautorisierten Gedenkveranstaltung 2020 für das Tiananmen-Massaker um zwei Monate verkürzt, berichtet die South China Morning Post. Das Gericht ordnete außerdem an, dass Wong zwei Monate der Strafe gleichzeitig mit den 17,5 Monaten aus anderen Urteilen verbüßen solle. Insgesamt verkürzt sich Wongs Haftzeit damit auf 23,5 Monate. Doch Wong drohen weitere Verfahren, unter anderem wegen seiner Rolle bei den inoffiziellen Vorwahlen zum Legislativrat im Jahr 2020.
Der entlassene Edward Leung will sich nach eigenen Worten aus der Bewegung zurückziehen. “Nach vier Jahren möchte ich die kostbare Zeit, die ich mit meiner Familie habe, genießen und wieder ein normales Leben führen”, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP. Auch soziale Medien wolle er nicht mehr nutzen. Denn er sei gesetzlich verpflichtet, sich an eine “Überwachungsanordnung” zu halten. ck
Wer aus Angst vor der chinesischen Führung das Land verlassen hat, kann sich nicht einmal im Ausland in Sicherheit wähnen. Einem Bericht der in Spanien ansässigen Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders zufolge hat die kommunistische Führung in Peking seit 2014 fast 10.000 chinesische Staatsangehörige im Ausland mithilfe außergerichtlicher Zwangsmaßnahmen zur Rückkehr in die Volksrepublik gezwungen. Dabei handele es sich nur um die “Spitze des Eisbergs”, heißt es in dem Bericht. Unter dem Deckmantel der Korruptionsbekämpfung geht Peking keineswegs nur gegen korrupte Parteikader vor, sondern verfolgt auch Regimekritiker im Ausland.
Im Rahmen zweier Kampagnen namens “Fuchsjagd” und “Sky Net”seien die Zielpersonen von den chinesischen Behörden mithilfe von Entführungen, Schikanen und Einschüchterungen unter Druck gesetzt worden, hieß es. Chinesische Agenten bedrohten die Kritiker im Ausland. Manchmal lockten sie die Zielpersonen in Drittländer, die Auslieferungsabkommen mit China haben.
Die Organisation berichtet auch von Fällen, in denen Angehörige in China schikaniert und sogar inhaftiert wurden, um Menschen zur Rückkehr zu bewegen. “Die chinesische Diaspora wächst immer schneller, und immer mehr Menschen versuchen China zu verlassen. Daher war Peking noch nie so motiviert, die Befugnisse seiner Sicherheitskräfte im Ausland auszuweiten”, heißt es in dem Bericht.
China kennt auch keine Scheu, Menschen zu entführen, die keine chinesischen Staatsbürger sind. So wurde 2015 der Buchhändler und schwedische Staatsbürger Gui Minhai aus Thailand verschleppt. Er tauchte wenig später in chinesischem Gewahrsam wieder auf. flee
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat zwei Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele die Menschenrechtslage in China als “weiterhin katastrophal” bezeichnet. “Die Olympischen Winterspiele in Peking dürfen nicht dem Sportswashing dienen”, warnte Julia Duchrow, Stellvertrende Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland. Der neue Begriff “Sportswashing” bezeichnet Bemühungen, den Ruf eines Landes durch die Organisation eines sportlichen Großereignisses zu verbessern. Wenn Peking die Spiele als Aushängeschild nutzen wolle, dann müsse es alle Personen aus dem Gefängnis entlassen, “die lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Menschenrechte strafverfolgt und inhaftiert sind”.
Unterdessen forderte der US-Kongress die Vereinten Nationen auf, noch vor Beginn der Winterspiele am 4. Februar einen offiziellen Bericht zur Lage in Xinjiang zu veröffentlichen. Das teilte der von den Demokraten geführte Ausschuss zur Beobachtung der Menschenrechtslage in China am Mittwoch mit. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet fordert von Peking seit Jahren erfolglos einen ungehinderten Zugang zu Xinjiang. Dort soll China Berichten zufolge bis zu eine Million Uiguren in Umerziehungslagern interniert haben. Peking weist die Vorwürfe zurück. ck
Für Paul Harris endet im Januar 2022 eine brisante Amtsperiode. “Ich werde versuchen, die Freiheit in Hongkong zu schützen. Ich weiß nicht, ob ich Erfolg haben werde”, hatte er der britischen Zeitung The Times gesagt, als er Anfang 2021 für ein Jahr zum Vorsitzenden der Anwaltskammer Hongkong gewählt wurde. Dabei war ihm klar, dass er diese anspruchsvolle Position zu einem kritischen Zeitpunkt erlangte: “Es ist eine schwierige Zeit für die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong”, erklärte Harris der South China Morning Post.
Im Verlauf des Jahres wurde ihm vom Verbindungsbüro der chinesischen Zentralregierung in Hongkong vorgeworfen, ein “Anti-China-Politiker” zu sein. Rufe nach Amtsenthebung wurden laut. Dabei spielten unter anderem seine Forderungen nach einer Modifizierung des neuen Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong eine Rolle. Auch Äußerungen zur Verurteilung friedlicher Demonstranten haben ihn die Gunst Pekings gekostet. Harris vertritt die Meinung: “Menschen haben starke Gefühle, und sie müssen ein Ventil für diese Gefühle finden. Eine friedliche Demonstration ist so ein Ventil.” Wenn die Regierung das nicht zulässt, werden diese Gefühle nicht verschwinden.
Spannungen in seinem Arbeitsumfeld dürfte Harris aus seiner jahrelangen Berufserfahrung jedoch gewöhnt sein. Er war viele Jahre in London als Barrister tätig. Das ist eine Berufsbezeichnung aus Großbritannien, die das Privileg beinhaltet, als Rechtsanwalt an Obergerichten auftreten zu dürfen. Seit 1993 arbeitet der auf öffentliches Recht und Menschenrechte spezialisierte Jurist auch in Hongkong und hat viele heikle Fälle unter anderem auf den Gebieten Immigrationsrecht und Menschenhandel bearbeitet. Er kümmert sich auch um die Rechte der vielen Hausangestellten, die in Hongkong am Rande der Gesellschaft leben.
Paul Harris ist eine facettenreiche Persönlichkeit. Auf LinkedIn schreibt er: “Ich bin Anwalt, Schriftsteller, Reisender und Menschenrechtsaktivist.” Für jeden Teil dieser Selbstbeschreibung finden sich zahlreiche Belege in seinem Lebenslauf: Er absolvierte einen Jura-Master am Lincoln College in Oxford und später einen zweiten Master in internationalem Menschenrecht an der Universität von Hongkong. Seit 1988 ist er als Rechtsanwalt tätig.
Er publiziert zu juristischen Themen: “The Right to Demonstrate” lautet einer seiner Buchtitel. Überdies ist er Gründer des Hong Kong Human Rights Monitor, der wichtigsten Menschenrechtsorganisation der Stadt. Die monatliche Publikation der NGO informiert über die aktuellsten Ansichten und Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte.
Das Berichtsgebiet des Human Rights Monitor ist aber nicht auf Hongkong beschränkt, sondern es umspannt den Globus – und das entspricht den Neigungen und der Persönlichkeit des Gründers. Nicht nur seine Tätigkeit als Referent für Äthiopien, Somalia und Jemen Mitte der 1980er-Jahre zeichnen ihn als Mann von Welt aus. Harris hat bereits alle Länder der Erde bereist. Nach seiner Berechnung sind es 198. Und neben Englisch spricht er auch Kantonesisch, Französisch, Spanisch und Deutsch. Juliane Scholübbers
Die globale Beratungsfirma Alix Partners hat zum Jahresanfang vier leitende Mitarbeitende in ihren Greater China-Büros befördert: Stephen Yu wurde zum Managing Director des Büros in Shanghai ernannt. Yu ist seit 2012 bei dem Unternehmen und leitet die Digital Forensics and Discovery Services in Asien-Pazifik. Julia Zhao wurde Direktorin in Shanghai. Außerdem stiegen Dick Liu und Zach Li zu Direktoren des Alix Partners-Büros in Hongkong auf.
Auch der Hongkonger Finanzdienstleister Haitong International Securities Group Limited gab drei neue Managing Directors bekannt: Scott Darling wurde Managing Director of Equity Research mit Fokus auf Energiethemen. Pingzi Ji wurde ebenfalls Managing Director of Equity Research und kümmert sich um China und Japan. Karen Jin wird sich als Managing Director of Fixed Income Sales and Trading um die Geschäftsentwicklung und das Wachstum bei institutionellen Kunden kümmern.
Michelle Wu wird Head of Commercial für Greater China bei CDB Aviation. CDB Aviation ist eine hundertprozentige irische Tochtergesellschaft der China Development Bank Financial Leasing Co., Ltd. Wu machte zuvor 20 Jahre lang Karriere bei GECAS (GE Capital Aviation Services), einer irisch-amerikanischen Finanzierungs- und Leasinggesellschaft für kommerzielle Luftfahrt.