Viele Führungskräfte glauben, dass sich Verhandlungen irgendwo zwischen den Eröffnungsangeboten einpendeln – in der Mitte liegt also die Lösung. Doch meine Forschung zeigt: Diese Annahme ist irreführend. Verhandlungsverläufe folgen nicht dem Mittelwert, sondern klaren Mustern – und die lassen sich nutzen. Ich habe dieses Thema als meinen „CEO Pick of the Week“ gewählt, da es zeigt: Wer verhandelt, sollte nicht auf Bauchgefühl setzen – sondern auf Daten.
Zusammen mit meinen Kollegen Hannes Petrowsy, Burkhard Funk und David Loschelder von der Leuphana University haben wir 26 Millionen Preisverhandlungen ausgewertet und sehen: Käufer, die zuerst bieten, setzen nicht nur den Anker für den finalen Preis – sie erzielen in der Regel auch bessere Ergebnisse als Verkäufer. Doch Vorsicht: Zu fordernde Einstiegsangebote bergen das Risiko eines Scheiterns. Entscheidend ist nicht nur die Höhe, sondern auch der konkrete Wert. Prozentstufen die besonders leicht im Kopf zu berechnen sind – etwa die Hälfte, zwei Drittel oder drei Viertel des Listenpreises – funktionieren besonders gut, während leicht abweichende Angebote (die schwerer zu berechnen sind: zum Beispiel 45 Prozent, 60 Prozent oder 70 Prozent) überdurchschnittlich oft zum Abbruch führen.
Das bedeutet: Verhandlungen lassen sich systematisch vorbereiten. Mit dem richtigen Einstiegspunkt – strategisch gewählt zwischen Durchsetzungskraft und Akzeptanz – steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit deutlich.
Martin Schweinsberg ist Associate Professor of Organizational Behavior an der ESMT Berlin.