CEO.Talk
Erscheinungsdatum: 07. Februar 2025

Wie sollte die EU mit Donald Trump verhandeln, Herr Jandura?

Von Thilo Boss

US-Präsident Donald Trump verhängt und droht mit Zöllen, um seine Interessen durchzusetzen. China, und Mexiko waren seine ersten Zielscheiben. CEO.Table sprach mit dem Präsidenten des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, über die Strategie des US-Präsidenten, Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und wie Europa und Deutschland reagieren sollten.

Herr Jandura, US-Präsident Donald Trump hat zunächst Zölle gegen Kanada und Mexiko verhängt, dann nach Gesprächen mit Premier Justin Trudeau und Präsidentin Claudia Sheinbaum für einen Monat wieder ausgesetzt. Kann man daraus ableiten, wie die EU reagieren sollte, wenn Sie nun mit US-Zöllen konfrontiert wird?

Wir müssen einfach anerkennen, dass die Welt, wie wir sie in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, sich neu ordnet. Verträge werden gekündigt oder infrage gestellt. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Trump die Zölle nur als Druckmittel benutzt, mit dem er droht, um seine Positionen durchzusetzen. Das ist die Lehre, die wir aus dieser Woche mit dem Zollstreit der USA mit Mexiko und Kanada ziehen sollten.

Was bedeutet das für Europa und für Deutschland? Auch für Deutschland und die EU hat Trump Zölle angekündigt.

Wir dürfen nicht nur auf die Zölle schauen. Wir müssen uns aus der europäischen Brille betrachtet immer fragen, was will Donald Trump eigentlich von uns? Wir müssen abstrahieren. Die kanadische Antwort fand ich relativ kreativ und originell. Justin Trudeau hat ein eigenes Drohpotenzial aufgebaut und beispielsweise angekündigt, dass er Stromlieferungen in die USA einstellen würde. Gleichzeitig hat er aber seine Hand ausgestreckt und Zusicherungen zur Grenzkontrolle gegeben. Das ist eine Sprache, die der US-Präsident versteht.

Soll das heißen, dass Europa auch drohen und damit einen Handelskrieg riskieren sollte?

Nein, so habe ich das nicht gemeint. Trump gibt die Spielregeln vor, und wir sollten uns darauf einlassen. Ich bin ein absoluter Gegner von Eskalation und Handelskonflikt. Dabei würden alle nur verlieren, auch die amerikanischen Wähler. Und das weiß auch Donald Trump. Er reagiert aber brutal rational, um seine Interessen durchzusetzen. Letztlich geht es ihm nur – bildlich gesprochen – um Dollar. Das sind die Rahmenbedingungen.

Welche Verhandlungstaktik würden Sie also der EU-Kommission und Deutschland empfehlen?

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den richtigen Weg eingeschlagen. Sie signalisiert Gesprächsbereitschaft, aber auch Stärke. Deswegen befürworte ich, zunächst alle diplomatischen Register zu ziehen. Hier würde ich eine Handelskonferenz vorschlagen und dabei versuchen, ein Freihandelsabkommen mit den USA zu schließen. Das dürfte dem Dealmaker Trump gefallen. Wenn alle Verhandlungsversuche nicht funktionieren, müssen wir dort Nadelspitzen setzen, wo es die USA am stärksten trifft.

Die da wären?

Warum kaufen wir Soja in den USA? Das können wir genauso gut aus Südamerika einführen, zumal wir mit Mercosur vor der möglichen Ratifizierung eines Freihandelsabkommen stehen. Das ist nur ein Beispiel. Auf jeden Fall sollten wir den Eindruck vermeiden, dass wir Angst vor ihm haben. Europa muss aus der Position der Stärke heraus argumentieren. Aber dazu müssen wir auch unsere Hausaufgaben machen und Europa wieder zu alter Stärke bringen. Das geht nur gemeinsam, wir müssen jetzt zusammenhalten.

Aber befindet sich Deutschland nicht in einer schwachen Verhandlungsposition? Die deutsche Automobilindustrie würden hohe Einfuhrzölle besonders hart treffen.

Wenn Donald Trump darauf anhebt, dass in Deutschland zu wenig US-amerikanische Autos fahren und dadurch das Handelsbilanzdefizit entsteht, müssen wir ihm sagen, dass in den USA bessere Autos gebaut werden müssen. Sie sind nicht konkurrenzfähig. Wären sie es, würden sie in Europa mehr Käufer finden.

Damit demonstrieren wir aber noch keine Stärke …

… sondern mit Fakten. In den USA sind 5.975 deutsche Unternehmen aktiv. Das deutsche Investitionsvolumen beträgt 620 Milliarden US-Dollar, das sind zwölf Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen. Deutsche Unternehmen beschäftigen circa 930.000 Mitarbeiter und sind nach Japan der zweitgrößte ausländische Arbeitgeber. Und die deutschen OEMs produzieren in eigenen Werken in den Vereinigten Staaten. Wir argumentieren also nicht aus einer Position der Schwäche, sondern aus einer starken Position heraus.

Trotzdem, der Handelskrieg ist in Sicht. Gegen China sind Zölle erhoben. Peking hat mit Gegenmaßnahmen reagiert. Kann die Welt in eine Rezession rutschen?

Die Reaktion Pekings ist moderat ausgefallen. Im Welthandel werden wir davon noch nichts spüren. Sollte sich der Konflikt zu einem Handelskrieg ausweiten, werden wir das zu spüren bekommen, weil Absatzmärkte zusammenbrechen und sich damit Warenströme ändern. Wir gehen im Moment davon aus, dass in einem Worst-Case-Szenario dann das Welthandelsvolumen zwischen 2,5 bis drei Prozent zurückgehen wird. Nach Schätzungen für Deutschland würde dadurch das BIP mit 0,1 bis 0,2 Prozent belastet. Für einzelne Unternehmen ist das dramatisch, insgesamt aber verkraftbar. Aber ich gehe nicht davon aus, dass es nicht dazu kommt. Donald Trump will Geschäfte machen und sich als Sieger präsentieren. Geben wir ihm für beides die Gelegenheit. Dann werden wir nicht als Verlierer aus dem Konflikt gehen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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