Hut ab an alle Beteiligten. Dieses Maßnahmenpaket der schwarz-roten Koalition, die es formal noch gar nicht gibt, weist in die richtige Richtung. In der kurzen Frist dürfte das 500 Milliarden Euro Sondervermögen für die Infrastruktur und die 1-Prozent-Regel bei den Verteidigungsausgaben helfen, die Lücken im Bundeshaushalt für 2025 und 2026 zu schließen.
Wie bedeutend sind die Änderungen? Alle Verteidigungsausgaben über einem Prozent des BIPs dauerhaft von der Schuldenbremse auszunehmen, gibt Planungssicherheit. Der Staat kann nun endlich langfristige Verträge mit Rüstungsunternehmen abschließen, die dann hoffentlich ihre Produktionskapazitäten ausweiten.
Die 1-Prozent-Regel ist aber auch sehr weitreichend. Dass alle Arten militärischer Ausgaben inklusive Gehälter und Pensionen von der Schuldenregel ausgenommen werden, hat es noch nie gegeben in der Geschichte der BRD, auch nicht während des Kalten Kriegs. Das hat seinen Grund: Verteidigung ist teuer. Ja, einige Verteidigungsausgaben werden das Wachstum befeuern, die Steuereinnahmen steigern und sich damit selbst finanzieren. Aber schuldenfinanzierte Soldatengehälter finanzieren sich nicht selbst, sie wären tatsächlich die Schulden, vor denen alle immer warnen: die, die wir zukünftigen Generationen überlassen. Angesichts der Lage mag das ein untergeordnetes Problem sein, man sollte sich das aber bewusst machen.
Die anderen Vorschläge der Koalitionäre in spe sind weniger radikal. 500 Milliarden Euro für Infrastruktur klingt zwar nach viel, sie reichen aber gerade mal so aus, um die aktuelle Haushaltslücke zu schließen. Für wachstumsstärkende Maßnahmen wie die Reduktion der Netzentgelte oder eine Investitionsprämie fehlt weiterhin das Geld – wie auch für die Auflösung des Investitionsstaus (siehe Chart).
Möchte die Regierung nicht nur für die Landesverteidigung sorgen, sondern auch für Wachstum, braucht es die für 2025 angekündigte Reform der Schuldenbremse. Wichtiger denn je wird der Fokus auf Wachstum und Produktivität sein. Denn das macht die hohen Kosten der Landesverteidigung finanzierbar.
Insgesamt ist das Haushaltspaket eine pragmatische Antwort auf die aktuelle finanzielle Problemstellung. Es verstärkt jedoch ein Problem: die Komplexität der deutschen Staatsfinanzen. Früher gab es einen Haushalt und eine deutsche Schuldenregel, die die europäischen Vorgaben in deutsches Recht übersetzte. Bald gibt es womöglich drei große Geldtöpfe – den Bundeshaushalt, das Sondervermögen für Verteidigungsinvestitionen, das Sondervermögen für Infrastruktur – die von drei Regeln, der Schuldenbremse, der 1-Prozent-Regel und den europäischen Schuldenregeln betroffen sind. Dazu haben die europäischen Schuldenregeln seit ihrer Reform im Jahr 2024 nichts mehr mit der Schuldenbremse zu tun.
Während alle nach Entbürokratisierung rufen, verstricken wir uns in einer kolossal komplexen Finanzbürokratie, die kaum einer versteht und die weit mehr Papier als sinnvolle Finanzierungsentscheidungen hervorbringen dürfte. Das ließe sich mit einer radikalen wie trivialen Änderung der deutschen Schuldenregel beheben: Anstelle ihrer zig Detailregelungen könnte sie einfach festlegen, dass Deutschland das europäische Regelwerk einhält.