CEO.Economics
Erscheinungsdatum: 30. August 2025

Ein besonders teures Sparprogramm – unterlassene Bildungsausgaben

Von 14 Prozent Rendite können die meisten Investoren nur träumen. Glaubt man einer Studie von Tom Krebs und Martin Scheffel von der Universität Mannheim, könnte die Bundesregierung diese Rendite mit Kitas und Ganztagsschulen verdienen. Wer sich lieber auf die Forschung des US-amerikanischen National Bureau of Economic Research stützt, kommt auf 13,7 Prozent. Die Weltbank errechnet eine soziale Rendite von 16 Prozent auf Primarbildung in Industrieländern. Wenn sich die Wissenschaft in einem Punkt einig ist, dann darin: Bildungsausgaben – insbesondere für frühkindliche Bildung – zahlen sich aus. 

Das gilt heute mehr denn je. Viele Kinder sprechen zuhause nicht Deutsch, in München ist es mehr als die Hälfte aller Erstklässler. Gerade sie profitieren von frühkindlicher Bildung, die eine erfolgreiche Ausbildung inklusive Berufsabschluss sehr viel wahrscheinlicher macht.  

Ein Berufsabschluss ist wichtig: Auf Helferstellen kommen rund neunmal so viele Arbeitssuchende wie Jobangebote – und viele dieser Jobs zahlen nicht einmal genug, um davon leben zu können. Realistisch braucht es dafür mindestens 17 Euro pro Stunde. Solche Löhne werden in Helferberufen selten erreicht. 

Bleiben Menschen ohne ausreichende Qualifikation, zahlt der Staat – und zwar sehr wahrscheinlich ein Vielfaches dessen, was eine gute Grundschulbildung gekostet hätte. Wenn es eine Ausgabe gibt, die Sozialausgaben langfristig senkt, dann ist es die für Bildung. Anstatt Arbeitslosigkeit zu subventionieren, könnte der Staat in Chancen investieren. 

Gelingt es, die Bildungsausgaben zu erhöhen, könnte ein selbstverstärkender Effekt entstehen: Höhere Bildungsausgaben führen zu mehr qualifizierter Beschäftigung und mehr Wachstum. Das sorgt für höhere Steuereinnahmen und sinkende Sozialausgaben – und schafft so zusätzliche Spielräume für Bildungsausgaben. Schritt für Schritt sinkt der Anteil der Sozialausgaben im Bundeshaushalt, während der Raum für die Ausgaben wächst, die dauerhaften Wohlstand sichern: exzellente öffentliche Leistungen, vor allem Bildung. 

Bildungsausgaben sollten ein politischer No-Brainer sein. Trotzdem: Von den 400 Milliarden Euro des neuen Sondervermögens, die der Bund investiert (die anderen 100 Milliarden Euro gehen direkt an die Länder), fließt kein zusätzliches Geld in Kitas oder Ganztagsschulen. Zwar sind vier Milliarden Euro vorgesehen, doch sie kompensieren lediglich Steuerausfälle aus dem Investitionssofortprogramm der Bundesregierung. 

Wie kann das sein? Ein Teil der Bundespolitik bestreitet überhaupt, zuständig zu sein – schließlich sind Kitas Aufgabe von Ländern und Kommunen. Die Länder wiederum verweisen auf steigende Pensionslasten, die ihre Spielräume einengen. Viele Kommunen haben ohnehin keinen Cent übrig, weil Pflichtaufgaben ihre Haushalte komplett binden. So fühlen sich die einen nicht zuständig, die anderen können nicht – und wieder andere verstecken sich in der Gruppe der „Nicht-Könnenden“, um den Bund unter Druck zu setzen. 

Diese Verantwortungsdiffusion führt dazu, dass Deutschland trotz alarmierender PISA-Ergebnisse weiter unterinvestiert. Schweden gibt 4,6 Prozent seines BIP für frühkindliche und Primarbildung aus, das in PISA-Studien so erfolgreiche Estland 2,5 Prozent. Deutschland kommt auf 1,5 Prozent. Wir investieren inzwischen mehr in Verteidigung als in die Grundlage künftigen Wohlstands. Vielleicht ist es an der Zeit, dass die Bundesregierung die Verbesserung des Bildungssystems über Zuständigkeitsfragen stellt. 

Aber es gibt ein weiteres Problem: Selbst wenn Bildungsausgaben eine selbstverstärkende Dynamik im Haushalt auslösen, wird der Effekt allein nicht reichen, um ein exzellentes Bildungssystem zu finanzieren. Viele sprechen über den Bedarf an Bildungsausgaben, kaum jemand über die Finanzierung. Doch ohne zusätzliche Steuereinnahmen wird es nicht gehen. Wenn wir als Gesellschaft ein Bildungssystem wollen, das unseren Ansprüchen genügt und den Anforderungen der Zukunft standhält, dann sollten wir bereit sein, dafür auch das nötige Geld in die Hand zu nehmen. 

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Letzte Aktualisierung: 30. August 2025

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