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Erscheinungsdatum: 14. Mai 2025

Bildungs- und Innovationspolitik: Welche Chancen in den neuen Ministerien stecken 

Viele Wissenschaftsorganisationen hatten vor der Legislatur eine neue Struktur für das Bundesforschungsministerium gefordert. Andrea Frank, stellvertretende Generalsekretärin des Stifterverbands, hält den Zuschnitt des neuen BMFTR für geeignet. Damit es sein Potenzial ausschöpfen kann, brauche es aber noch mehr.

Deutschland braucht eine starke und mutige Innovationspolitik – diese Überzeugung gilt nicht erst seit dem Wahlkampf. Immer wieder konnten wir in Sonntagsreden hören, dass nur Bildung, Forschung und Innovation die Wettbewerbsfähigkeit und damit Wohlstand sichern können. Dennoch blieb im Dickicht von Ressorts, Strategiepapieren und Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und der EU der Eindruck eines Priorisierungs-, Koordinations- und Umsetzungsdefizits.

Gemeinsame Missionen fehlen. Strategisch vereinbarte Missionen wurden nicht in Ziele, Roadmaps – also gemeinsam entwickelte, umsetzungsorientierte Fahrpläne mit Zuständigkeiten, Zeitachsen und ausreichend wirksame Maßnahmen – übersetzt. Das politische Handeln war geprägt durch fragmentierte Diskussionen über Zuständigkeiten sowie kleinteilige Prozess- und nicht Ergebnissteuerung. Entscheidungsfindung und Umsetzung dauern zu lange.

Mehr Innovation fürs Forschungsministerium. Der Stifterverband hat daher – gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft – einen Neuzuschnitt des zuständigen Ministeriums gefordert: Die Forschungs- und Innovationspolitik muss als ein zentrales Politikfeld der kommenden Legislaturperiode in einem neuen Ministerium gebündelt und als ein entscheidender Hebel in der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik begriffen werden. Die neuen Ressortzuschnitte machen Hoffnung – nicht nur für Forschung und Innovation, sondern auch für die Bildung.

Innovationspolitik aus einer Hand. Das neu geschaffene Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) bietet die Chance, neue Impulse für die Innovationspolitik in Deutschland zu setzen. Drei Erwartungen:

Damit dieses Potenzial jedoch voll ausgeschöpft werden kann, braucht es mehr als nur eine neue Struktur. Überfällig ist eine klare Priorisierung von Zielen und eine konsequente Umsetzungsorientierung. Strategisch vereinbarte Missionen müssen in konkrete Ziele, Roadmaps und wirksame Maßnahmen übersetzt und deren Erfolg überprüft werden.

Zum anderen bedarf es einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Und dies sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene. Nur durch einen intensiven Dialog sowie eine verbindliche gemeinsame Gestaltung der Innovationspolitik können in einem zunehmenden Wettbewerb und unter volatilen globalen Verhältnissen die Stärken des Standorts Deutschland in Forschung und Innovation wirklich einen Unterschied machen. Dafür ist der Ressortzuschnitt eine Grundlage, politisches Gewicht und Lust auf Kooperation mit den politischen Verantwortlichen in den anderen Ressorts die Voraussetzung für den Erfolg.

Bildungsbiografien aus einer Hand begleiten. Als Stifterverband liegt uns neben Forschung und Innovation die zukunftsorientierte Gestaltung des Bildungssystems gleichermaßen am Herzen. Das neue Zuhause für die Bildungspolitik bietet Chancen. Im neuen Ministerium ist die gesamte Bildungsbiografie verortet, von der Kita bis zum lebenslangen Lernen.

Die richtige Ausnahme ist die Hochschulbildung, Forschung und Lehre an Hochschulen bleibt in gemeinsamer Verantwortung im Forschungsministerium angesiedelt. Der Koalitionsvertrag verspricht unter anderem, gemeinsam mit den Ländern für die nächste Dekade relevante und messbare Bildungsziele zu vereinbaren sowie eine datengestützte Schulentwicklung voranzubringen.

Auch hier weht ein neuer Wind: Eine Orientierung an kollaborativ entwickelten, gemeinsamen Zielen und einem starken Umsetzungsfokus – sozusagen: Missionsorientierung und Roadmapping für die Bildung. Mit der Initiative Bessere Bildung 2025 - einem parteiübergreifenden Impuls für messbare Bildungsziele - hat die zukünftige Ministerin gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern, begleitet von der Wübben Stiftung, bereits vorgelegt.

Die neue Struktur und der Koalitionsvertrag zeigen : Das Priorisierungs-, Koordinations- und Umsetzungsdefizit ist erkannt. Das Bekenntnis zur Kooperation mit den Ländern ist in allen drei Zukunftsthemen prominent. Die neuen Ressortzuständigkeiten können dazu beitragen, fokussierter, schneller und besser abgestimmt Deutschland als Bildungs-, Forschungs- und Innovationsstandort wieder an die Spitze zu bringen. Kritische Stimmen erwarten von der Neuausrichtung nur alten Wein in neuen Schläuchen, der zudem viel Selbstbeschäftigung in den kommenden Monaten bedeutet. Doch ein „Weiter so“ sollte nicht die Alternative sein. Am Ende zählt das Ergebnis, dass der richtigen Form jetzt eine entschiedene politische Umsetzung folgt. Ich bin gespannt.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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