Bei der Beamtenversorgung besteht Reformbedarf, weil dieses System finanziell genauso wenig tragfähig ist wie die gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Betroffen sind davon in erster Linie Länder und Gemeinden, bei denen in Deutschland die Masse der Beamtinnen und Beamten tätig ist. Beim Bund gehen die Pensionslasten dagegen perspektivisch zurück – wegen der in den 1990er-Jahren erfolgten Privatisierungen von Post und Bahn.
Auf Länderebene sind die Probleme sehr heterogen. Westdeutsche Bundesländer schleppen hohe Altlasten mit, wegen der Ausdehnung ihrer Beamtenapparate in den 1970er-Jahren. Nur wenige Bundesländer haben hohe Rücklagen gebildet, um daraus zukünftige Pensionen zu finanzieren, andere verfügen nur über geringe Rücklagen oder haben diese sogar wieder aufgelöst. Die Versorgungslasten, die auf sie und die Gemeinden zukommen, werden sich in den nächsten 15 Jahren aber real um 40 Prozent erhöhen, gemessen an der Wirtschaftsleistung immer noch um mehr als 20 Prozent.
Oft wird gefordert, Beamte in die GRV einzugliedern, weil ihre Altersbezüge deutlich höher sind als gesetzliche Renten. Der direkte Vergleich verkennt, dass Pensionen eine Betriebsrenten-Komponente enthalten. Verglichen mit gut versorgten Beschäftigten in der Metall- oder Chemieindustrie sind sie immer noch hoch. Von Beamten wird aber erwartet, dass sie in ihrer Amtszeit unbedingt gesetzes-, verfassungstreu und unbestechlich sind und das geltende Recht in gewisser Unabhängigkeit vom jeweiligen politischen Apparat umsetzen. Das schlägt sich in einer anderen Struktur ihrer Lebenseinkommen nieder. Es bedeutet allerdings nicht, dass es daran keine Änderungen geben kann.
Stärkster Hebel zur Eindämmung der Pensionslasten ist es, in Zukunft weniger Personen zu verbeamten. Erforderlich ist dies nur, wo hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden, also bei Polizei, Justiz, Finanzbehörden oder Verteidigung. Der Wettbewerb der Länder um Lehrerinnen und Lehrer mit dem Lockmittel einer Verbeamtung sollte dagegen beendet werden.
Der Sachverständigenrat Wirtschaft hat in seinem Jahresgutachten 2023 darüber hinaus vorgeschlagen, Pensionen explizit aufzugliedern in eine Rente aus der GRV und eine betriebliche Absicherung. Dabei kann geprüft werden, wie viele alte beamtenrechtliche Prinzipien bei der Bemessung der Betriebsrenten eingehalten werden müssen und wie viel Neugestaltung mit Blick auf die Finanzierbarkeit der Versorgung, aber auch auf die Attraktivität für hochqualifizierte Bewerberinnen und Bewerber, möglich ist.
Die Betriebsrenten sind – wie in der privaten Wirtschaft – vollständig mit Rückstellung zu hinterlegen. Dies beseitigt heutige Fehlanreize zur Verbeamtung, bei der die Kosten der Altersversorgung, anders als bei Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst, in die Zukunft verlagert werden. Die Finanzierung der GRV wird mit einem solchen Programm auf Dauer jedoch nicht erleichtert. Zwei Systeme zusammenführen, die beide nicht ordentlich vorfinanziert sind, verspricht keinen Gewinn. So erhält die GRV zwar zusätzliche Beiträge. Sie muss aber auch mehr Leistungen finanzieren, an eine Gruppe mit überdurchschnittlicher Lebenserwartung.
Solange im Übergang vor allem höhere Beiträge fließen, können diese die Rentenfinanzen zwar temporär stützen. Gleichzeitig fehlen diese Mittel aber in den Haushalten der Länder und Gemeinden bei der Finanzierung der laufenden Pensionen. Dafür müssten Steuern erhöht werden, die die Bürgerinnen und Bürger an anderer Stelle belasten, und ins Rentensystem durchgeleitet werden.
Die Lösung für dieses Problem besteht in einer getrennten Kasse nach österreichischem Vorbild, die die Rentenbeiträge der Beamtinnen und Beamten für die Finanzierung der Pensionen nach altem Recht verfügbar macht. Für die GRV-Finanzen ist eine solche Reform neutral. Bei der Beamtenversorgung sorgt sie aber für mehr Transparenz, und der Grundsatz einer Übertragung aller Rentenreformen auf Beamtinnen und Beamte wird endlich strikt umgesetzt.
Dieses Modell hat der Sachverständigenrat vergangenes Jahr entwickelt – von der Öffentlichkeit kaum bemerkt. Eine Realisierung ist zeitnah leider kaum zu erwarten. Bundestag und 16 Länderparlamente müssten sie unabhängig voneinander beschließen. Der Bund wird dabei keine Führung übernehmen, weil die Pensionslasten bei ihm nicht steigen.
Daher müssten sich die Länder trotz ihrer unterschiedlichen Betroffenheit auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Das ist bis auf Weiteres nicht realistisch. Zumindest weniger Verbeamtungen und höhere Versorgungsrücklagen sollte es aber baldmöglichst überall geben.