Analyse
Erscheinungsdatum: 13. Oktober 2024

Wie das Weiße Haus und Donald Trump versuchen, Hurrikan Milton für ihren Wahlkampf zu nutzen

Die Botschaften von Joe Biden und Kamala Harris nach dem Hurrikan Milton sind klar: Wir sind da. Wir sorgen uns. Wir trösten. Donald Trump hingegen nutzt jede Gelegenheit, die Arbeit der Bundesregierung zu kritisieren – mit einer ganzen Reihe Falschmeldungen. Sein Kampagnenthema: Sie können es nicht.

Am Sonntag machte sich Joe Biden auf nach Florida, um die von Hurrikan Milton verwüsteten Teile des Sunshine States zu besichtigen. Hände schütteln, Opfer trösten, Helfern danken: All das sind mittlerweile Kernaufgaben für amerikanische Staatsoberhäupter geworden, wenn ein Landsteil von einer Naturkatastrophe heimgesucht wird. Die Bevölkerung erwartet schlicht von ihrem Präsidenten, dass es sich nach Stürmen, Erdbeben oder anderen Desastern die präsidiale Windjacke überstreift, um die Zerstörung selbst zu besichtigen. Zwar kann die Bundesregierung nur unterstützen – die Verantwortung für Rettungsmaßnahmen liegt auf der lokalen und bundesstaatlichen Ebene – doch der traditionelle Besuch des Staatsoberhaupts ist dennoch ein wichtiges Signal an die Bevölkerung: Wir sind da. Wir sorgen uns. Wir trösten.

Es ist eine Aufgabe, die Biden liegt. Nach zahlreichen traumatischen Erfahrungen in seinem Familienleben wird dem Präsidenten eine besondere Empathie nachgesagt – eine Qualität, die er während seiner beinahe vier Jahre im Oval Office immer wieder unter Beweis stellen musste. Erst in der vergangenen Woche hatte Biden die Bundesstaaten Florida und Georgia besucht, nachdem Hurrikan Helene den Südosten der Vereinigten Staaten verwüstet hatte. „Ich möchte, dass Sie wissen, dass ich Sie sehe und höre“, so Biden während des Trips. „Ich trauere mit Ihnen, und ich verspreche Ihnen, dass wir Ihnen den Rücken stärken. Wir werden bleiben, bis die Dinge wieder hergestellt sind.“

Biden kann es sich in diesen Tagen erlauben, den überparteilichen Landesvater zu geben. Doch keine vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl dauerte es natürlich auch nicht lange, bis die beiden Anwärter auf seine Nachfolge die Tropensturmsaison für ihren Wahlkampf zu nutzen versuchten. Vizepräsidentin Kamala Harris etwa reiste ebenfalls in die betroffene Region, packte in Wake County, North Carolina, Hilfspakete für die Opfer von Helene, verteilte in Georgia Essen in einem Rettungszentrum. Auch werden ihre Kampagne und das Weiße Haus nicht müde zu betonen, dass sich Harris trotz ihrer Wahlkampfauftritte konstant über die Situation in der betroffenen Region auf dem Laufenden halten lässt und per Videoschalte an den entscheidenden Briefings im Situation Room teilnimmt. Die Botschaft: Ich kümmere mich.

Donald Trump wählte hingegen einen anderen Weg. Auch der Ex-Präsident besuchte zuletzt das Krisengebiet, nutzte seine Visite jedoch hauptsächlich, um die Arbeit der Bundesregierung zu kritisieren. Der Kandidat, seine Kampagne und ihre Unterstützer wie X-Besitzer Elon Musk verbreiteten zu diesem Zweck eine ganze Reihe Lügen und Falschmeldungen, teils unterfüttert mit AI-generierten Bildern, die suggerierten, der Präsident habe die Lage nicht im Griff und lasse die Betroffenen im Stich. Dem widersprachen die Gouverneure der betroffenen Staaten – Demokraten, wie Republikaner – umgehend, doch der Schaden war angerichtet. Die Katastrophenschutzbehörde FEMA beklagte, die Lügen hätten bereits Misstrauen unter Betroffenen ausgelöst und erschwerten den Helfern so die Arbeit. Mittlerweile hat sie einen Faktencheck eingerichtet, um die schädlichsten Falschinformationen zu korrigieren. Biden und Harris kritisierten Trump scharf für sein Vorgehen, doch für den Ex-Präsidenten passt es gut in sein Kampagnenthema. Die Botschaft: Sie können es nicht.

Darüber sollte nicht vergessen werden, dass Trump selbst während seiner Amtszeit nicht immer eine gute Figur abgab, wenn er Krisengebiete besuchte. Von einer Visite auf dem US-Territorium Puerto Rico, das 2017 von dem Hurrikan Maria heimgesucht wurde, sind lediglich noch die Bilder in Erinnerung, auf denen Trump Papierhandtücher wie Basketbälle in die wartenden Opfer in einem Rettungszentrum warf. Die Geste wurde scharf kritisiert. Sie unterstrich den Eindruck, Trump nehme das Leid seiner Landsleute nicht ernst.

Und ein solches Image kann politisch verheerend sein. Eine Administration, die beim Management einer Naturkatastrophe versagt, hat es traditionell schwer, sich davon wieder zu erholen. Das bekam etwa Präsident George W. Bush zu spüren, nachdem seine Regierung im Jahr 2005 nach dem Hurrikan Katrina nur unzureichend reagierte. Der Tropensturm zerstörte große Teile der Metropole New Orleans in Louisiana. Dämme brachen, die Stadt wurde überflutet. Bis heute ist die Zahl der Toten nicht mit Sicherheit festgestellt, doch Schätzungen zufolge dürften wohl rund 1000 Menschen ums Leben gekommen sein. Trotzdem brach Bush seinen Urlaub nicht ab. Und anstatt die Region schnellstmöglich zu besuchen, flog der Präsident lediglich mit Air Force One über die verwüstete Stadt. Das Foto des Staatsoberhaupts, der aus dem Flugzeugfenster auf die Katastrophe herabschaut, stand bald sinnbildlich für das Versagen seiner Administration. Der „Katrina-Moment“ überschattete die restliche Amtszeit des 43. Staatsoberhaupts.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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