Nach den US-Angriffen auf iranische Atomanlagen setzt Teheran auf strategische Geduld gegen Washington – und auf Schiitenmilizen im Irak und im Jemen. Diese bewaffneten Gruppen sind die größte Bedrohung für US-Interessen in Nahost und für den Welthandel. So drohten die irakischen Katai’ib Hisbollah am Sonntag bereits mit Angriffen auf US-Einrichtungen. Und die als Huthi bekannten, im Jemen herrschenden Ansar al-Allah drohten Schläge gegen die Handelsschifffahrt und US-Militärschiffe im Roten Meer an. Wenn das geschieht, könnte der Welthandel erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden. Denn allein durch die Straße von Hormus wurden zuletzt mehr als 13 Millionen Barrel Rohöl am Tag transportiert. Nach Einschätzung von Analysten wie S P Global dürften Preisanstiege auf den Rohstoffmärkten nur dann vorübergehend sein, wenn der Iran und seine Verbündeten von Vergeltungsmaßnahmen absieht. Das aber ist nicht zu erwarten. Das iranische Regime verfügt wahrscheinlich noch über etwa 1.000 Raketen, die Israel treffen könnten – genug für vier Wochen auf dem Niveau des Beschusses der ersten neun Kriegstage. Die Vereinigten Staaten verfügen über militärische Einrichtungen an mindestens 19 Standorten im Nahen Osten. Schiitenmilizen wie die Kata’ib Hisbollah gehören neben der Hisbollah im Libanon, den Huthi im Jemen und der Hamas in Palästina zu den Säulen der sogenannten Achse des Widerstands. Mit dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad im Dezember in Damaskus verlor das Regime in Teheran jedoch seinen einzigen staatlichen Verbündeten in dem antiisraelischen Bündnis. Noch ist unklar, wie Teheran reagiert. Der Iran habe „eine Vielzahl von Möglichkeiten“, sagte der iranische Außenminister Abbas Araghtschi am Sonntag. Die USA und ihre Verbündeten müssten „mit schwerwiegenden Konsequenzen für ihr Handeln rechnen“. An welchen Stellen die US-Interessen im Nahen Osten am verwundbarsten sind, lesen Sie im Security.Table. Trumps Angriffsbefehl hat auch die jüngsten Vermittlungsbemühungen der Europäer zertrümmert. Kanzler Friedrich Merz forderte den Iran nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts auf, „sofort Verhandlungen mit den USA und Israel aufzunehmen“. Doch selbst wenn es dazu kommt: Für die Europäer dürfte am Verhandlungstisch kein Platz sein. Unter den EU-Staaten und den Spitzen der EU-Institutionen gibt es Dissonanzen in der Reaktion auf die US-Luftschläge. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, der Iran dürfe niemals in den Besitz einer Atombombe kommen. Ratspräsident António Costa forderte hingegen „alle Parteien“ auf, sich zurückzuhalten.In Washington und Brüssel wird spekuliert, dass Trump im Falle iranischer Vergeltungsschläge gegen US-Truppen in der Region seine Teilnahme am Nato-Gipfel am Mittwoch in Den Haag absagt. Alle Vorbereitungen wären dann umsonst gewesen. Dabei haben sich die Verbündeten am Sonntag auf Druck Trumps auf ein Fünf-Prozent-Ziel für die Verteidigungsausgaben geeinigt. Mehr dazu lesen Sie im Europe.Table.