Der frühere Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält vorübergehende Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland für eine Option, um ein schnelles Ende des Krieges zu erreichen. Das sagte der Norweger im Interview mit Table.Briefings. „Wenn die Waffenstillstandslinie bedeutet, dass Russland weiterhin alle besetzten Gebiete kontrolliert, heißt das nicht, dass die Ukraine das Gebiet für immer aufgeben muss“, so der künftige Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schloss am Sonntag eine Nato-Mitgliedschaft seines Landes ohne die russisch besetzten Gebiete aus. Erst im November aber hatte er Nato-Sicherheitsgarantien nur für die regierungskontrollierten Teile der Ukraine selbst ins Gespräch gebracht. Keith Kellog, designierter Ukraine-Gesandter des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, hatte zuletzt ähnliche Überlegungen skizziert.
„Es zeigt, dass wir alle ein Ende des Krieges wollen“, sagt Stoltenberg. Wichtig sei, dass die Regierung in Kyjiw im Gegenzug für vorübergehende Gebietsabtretungen Sicherheitsgarantien erhalte. Das könnte die Nato-Mitgliedschaft sein, so Stoltenberg, es gebe aber auch „andere Möglichkeiten, die Ukrainer zu bewaffnen und zu unterstützen.“ Er unterstützt Selenskyjs Forderung, bei einem Waffenstillstand keine Gebiete an Russland abzutreten, hält dies aber mit Blick auf die militärische Lage derzeit für wenig wahrscheinlich: „Wir brauchen eine Waffenstillstandslinie, und natürlich sollte diese Linie idealerweise alle Gebiete einschließen, die Russland derzeit kontrolliert. Wir sehen aber, dass das in naher Zukunft nicht unbedingt realistisch ist.“ Wie Stoltenberg als künftiger MSC-Vorsitzender mit Russland umgehen will und was er von Trump erwartet, lesen Sie im Security.Table-Spezial.