Analyse
Erscheinungsdatum: 03. April 2025

Trumps Zölle: Wo das die Welt hinführen kann 

Donald Trumps neu angekündigtes Zollpaket sorgt für großen Aufruhr in Europa. Experten sehen die größten Verlierer dennoch in den USA selbst.

Mit der Ankündigung eines gewaltigen Zollpakets hat Donald Trump die Welt an den Rand eines Handelskriegs geführt. Die Sorge vor negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft schickte die Aktienkurse auf Talfahrt. Dabei sind die von Trump festgelegten Zollsätze völlig willkürlich gesetzt. Bei der Vorstellung behauptete der US-Präsident zwar, er orientiere sich an den faktischen Zöllen, die andere Länder auf US-Waren angeblich erheben, wenn man nichttarifäre Handelshemmnisse und „Währungsmanipulationen“ einbeziehe. Doch die Zahlen, die er nannte, haben mit der Realität nichts zu tun.

Für die EU behauptete Trump, diese würde auf US-Importe 39 Prozent Zoll erheben. Im Gegenzug würden die USA künftig 20 Prozent Zoll verlangen. Tatsächlich liegen die EU-Zölle auf US-Importe nach Angaben des ifo-Instituts im Schnitt nur bei 3,9 Prozent, und damit nur unwesentlich höher als die bisherigen US-Zölle auf EU-Importe, die im Schnitt bei 3,4 Prozent lagen. Das Institut vermutet, dass Trump in seiner Zahl die Einfuhrumsatzsteuer von 7 bis 19 Prozent einbezogen hat, die aber keinen Zoll darstellt, sondern bei Importen quasi die sonst fällige Mehrwertsteuer ersetzt.

Tatsächlich ist die Erklärung aber noch absurder. Im Internet hat die US-Regierung eine Erklärung mit einer kompliziert wirkenden Formel veröffentlicht. Wenn man die angegebenen Werte für die Variablen einsetzt, zeigt dies faktisch aber nur, dass für jedes Land das Defizit im Warenhandel mit den USA durch den Wert der Importe geteilt wird. Der Prozentsatz, der sich daraus ergibt, ist jener, den Trump als faktischen Zoll bezeichnet. Statt auf tatsächlichen Zöllen beruht die Zahl also allein auf der Höhe des Handelsdefizits der USA mit einzelnen Ländern, völlig unabhängig davon, wodurch dieses zustande kommt. Zudem wird in der Rechnung nur der Warenhandel berücksichtigt, nicht aber Dienstleistungen und Vermögenseinkommen.

Experten können sie darum nicht nachvollziehen. „Es gibt keine ökonomische Logik dahinter“, sagte Jens Südekum, Volkswirt an der Universität Düsseldorf, Table.Briefings. „Diese Rechnung ist an den Haaren herbeigezogener Blödsinn.“ Von einem „gezielten Angriff auf die globale Arbeitsteilung“, sprach Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel. Die USA zerstörten gezielt das „regelbasierte Welthandelssystem, das nach dem Zweiten Weltkrieg mühsam aufgebaut wurde“. Deutschland und Europa sollten nun mit anderen Ländern zu „Champions der Offenheit werden und entsprechende Angebote an den Rest der Welt machen, aber robust gegenüber den USA auftreten“, sagte Schularick Table.Briefings.

Der frühere EU-Handelskommissar und Generaldirektor der WTO, Pascal Lamy, bezeichnete die Zölle als „ein Konzept aus dem Mittelalter, das einer modernen Wirtschaft absolut zuwiderläuft“. Die Europäer sollten jetzt ihre eigenen Vergeltungsmaßnahmen vorbereiten: „Verhandlungen mit den USA sind nur dann sinnvoll, wenn man seine Waffe in der Tasche hat“, sagte Lamy Table.Briefings. Die EU könne kein unausgewogenes Abkommen akzeptieren, in dem Washington die Konditionen diktiere.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm prognostiziert, dass besonders in Deutschland die Wirtschaftsleistung einbrechen werde. Denn hierzulande seien der Maschinenbau und die Autoindustrie stark von den Zöllen betroffen. „Die EU sollte dringend ihre Handelsbeziehungen mit Staaten in aller Welt weiter liberalisieren und zugleich den USA Verhandlungen anbieten“, sagte Grimm Table.Briefings. Einziger Lichtblick aus ihrer Sicht: Trumps Entscheidung könnte sich positiv auf die Preise auswirken. Das Preisniveau auf dem europäischen Kontinent dürfte eher sinken, „da durch die Handelsbarrieren Richtung USA das Angebot heimischer und chinesischer Waren in Europa eher ausgeweitet wird“, so Grimm.

Größter Verlierer von Trumps Zöllen seien die USA selbst. So schätzt es Michael Böhmer, Chefvolkswirt der Prognos AG, ein. Ihm falle „kein ökonomisches Argument ein, wie die Zölle den USA unter dem Strich nutzen sollten“. Für Deutschland gelte: „90 Prozent unserer Exporte gehen nicht in die USA. Das sollten wir uns selbstbewusst vor Augen führen.“ Wann und wie die EU handelt, ist noch unklar.Ursula von der Leyen kündigte zwar Gegenmaßnahmen an, doch setzt sie zugleich auf einen Dialog mit Washington. Ihr Handelskommissar Maroš Šefčovič will am Freitag per Videoschalte mit seinen US-Pendants sprechen. Der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, Europa setze „auf Kooperationen, nicht auf Konfrontationen“. Man werde aber europäische Interessen verteidigen: „Europa wird geschlossen, stark und angemessen auf die Entscheidung der USA reagieren.“ Was Brüssel und Peking als Reaktion auf die Trump-Zölle planen, lesen Sie im Europe.Table und im China.Table.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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