Wenn die Deutschen am Sonntag einen neuen Bundestag wählen, dann dürfte klar sein, wem im Weißen Haus die Daumen gedrückt werden. Seit dem Wahlsieg von Donald Trump haben seine engsten Partner immer wieder klargemacht, wem sie sich in der deutschen Politik am nächsten sehen: der AfD. Dafür sprechen nicht nur die Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz von Vize-Präsident J.D. Vance oder dessen Social-Media-Aktivitäten, sondern auch die offenen Wortmeldungen von Trumps derzeit wichtigstem Berater Elon Musk – sei es in der Welt oder auf seiner Plattform X. MAGA unterstützt damit offen eine in Teilen gesichert rechtsextreme Partei ohne eine realistische Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung. Da stellt sich die Frage: warum?
Zunächst einmal passen AfD und die Trump-Anhänger zumindest teilweise inhaltlich gut zusammen. Die Staatsfeindlichkeit, die Lust am Kulturkampf: All das verbindet die beiden politischen Bewegungen trotz aller Unterschiede. Hinzu kommt, dass es den etablierten deutschen Parteien nie gelungen ist, eine wirkliche Nähe zu Trumps Zirkel aufzubauen.
Jens Spahn mag sich gut mit Richard Grenell, Trumps ehemaligen Botschafter in Deutschland, verstanden haben. Aber einen wirklichen Zugang zum inneren Kreis um den 45. und 47. Präsidenten hat keine Bundesregierung je gefunden – und teils auch nicht gesucht. In diese Lücke konnte die AfD vorstoßen. Die Republikaner „wissen jetzt, dass wir die einzigen Partner in Deutschland sind, die sie haben”, so Beatrix von Storch während einer Washington-Reise anlässlich Trumps Amtseinführung zum Handelsblatt.
Trotzdem: Dass die Regierung eines befreundeten Staates so offen eine bestimmte Partei im Wahlkampf unterstützt, ist ungewöhnlich. Zumal auf den ersten Blick nicht klar ist, was man sich im Weißen Haus davon verspricht. Dass die AfD die Wahl nicht gewinnen dürfte, weiß man auch in Washington. Und auch dass die Union trotz zweier gemeinsamer Abstimmungen im Bundestag kaum ein Interesse daran hat, die Rechtspopulisten in die Regierung zu holen, ist in der amerikanischen Hauptstadt ebenfalls bekannt. Warum also die Schützenhilfe?
Vielleicht hilft ein Blick zurück in Trumps erste Amtszeit, um diese Frage zu beantworten. Schon damals kultivierte die US-Regierung ihre Beziehungen zu ideologisch passenden Partnern in Europa – etwa zu den Regierungen von Viktor Orbán in Ungarn, der damals in Warschau regierenden PiS in Polen oder zum damaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Konservative damals mit der rechtspopulistischen FPÖ koalierten. Kurz etwa bekam in seiner Amtszeit gleich zwei Termine im Oval Office (auch wenn der zweite wegen der Covid-19-Pandemie kurzfristig abgesagt wurde). So viel Aufmerksamkeit hatten Länder wie Österreich oder Ungarn teils seit Jahrzehnten nicht mehr von einem US-Präsidenten bekommen.
Der Grund: Trump versuchte, mächtigere europäische Länder wie Deutschland und Frankreich zu umgehen und durch direkte Drähte in die Hauptstädte kleinerer Partner die Einigkeit in der EU zu untergraben. Denn Trump verhandelt mit Ländern lieber direkt – etwa wenn es um Handelsfragen geht. Schließlich sind die Vereinigten Staaten als größte Volkswirtschaft der Welt immer der stärkere Partner. Die EU als Block, hingegen, konnte den Amerikanern durchaus etwas entgegensetzen.
Gut möglich, dass solche Überlegungen auch heute wieder eine Rolle spielen. Schließlich dürfte es ein politisch zersplittertes Deutschland schwerer haben, in der EU eine effektive Führungsrolle zu übernehmen. Allerdings könnten die Dinge auch viel einfacher sein. Trump mag Menschen, Gruppen und Organisationen, die ihn loben. Und er setzt seinen Einfluss ein, um diese zu unterstützen.
Als etwa Brasiliens ehemaliger Präsident Jair Bolsonaro, ein Trump-Verbündeter, dieser Tage wegen eines Putschversuchs vor dem Obersten Gericht des Landes angeklagt wurde, reagierte der US-Präsident, indem er sein Social-Media-Unternehmen, die Trump Media and Technology Group, einen der beteiligten Richter verklagen ließ. Was er sich davon erhofft, ist offen. Die Erfolgsaussichten der Klage gehen Rechtsexperten zufolge gegen null. Aber sie sendet einmal mehr ein Signal: Ich stehe zu meinen Partnern. Und die etablierten Parteien in Deutschland gehören offensichtlich nicht dazu.