Im Wahlkampf spielt der Klimawandel kaum eine Rolle; bei Experten und in Sicherheitskreisen aber ist das ganz anders. Laut einer Untersuchung, die in enger Kooperation zwischen der Universität der Bundeswehr, des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Adelphi Research und dem Bundesnachrichtendienst erstellt wurde, bedroht er die Stabilität Europas und gefährdet die nationale Sicherheit Deutschlands. BND-Präsident Bruno Kahl warnt, die Sicherheitsrisiken durch den Klimawandel gehörten neben dem expansiven Russland, den geopolitischen Ambitionen Chinas, zunehmenden Cybergefahren und dem internationalen Terrorismus zu den „fünf großen externen Bedrohungen für unser Land“.
Die sogenannte Klimarisiko-Einschätzung zeigt, dass zahlreiche Entwicklungen am Ende die Sicherheitsrisiken für Deutschland massiv erhöhen. Längst zu beobachten ist, dass der Klimawandel die Knappheit an Nahrungsmitteln und Wasser humanitäre Krisen provoziert, Menschen zur Flucht veranlasst und Konflikte um immer knappere, lebenswichtige Ressourcen verschärft. Zugleich zeigen Unwetterkatastrophen wie die in Valencia, dass die südlichen Länder Europas möglicherweise früher und härter von den Folgen getroffen werden – mit der Folge, dass auch innerhalb der EU Verteilungskämpfe immer schärfer werden könnten. Die Autoren sprechen von einer Gefahr für den Zusammenhalt und die Handlungsfähigkeit der EU.
Die Konsequenz: immer höhere Kosten. Insbesondere für den Wiederaufbau nach Überflutungen oder Stürmen. Dazu kommen, was zunächst präventiv wirken soll, Ausgaben für die Anpassung an den Klimawandel. Beides senkt das Wirtschaftswachstum. Außerdem können großflächige Ernteausfälle durch Dürren zu Preisschocks führen. Das ist beim Getreide selbst in Deutschland schon geschehen. Hinzu kommt ein weiteres Problem, insbesondere für Entwicklungsländer: Sie brauchen eine Energiewende, müssen dafür aber erstmal viel Geld aufbringen, weil sie ihre Einnahmen aus Öl und Gas verlieren. Auch das kann zur Destabilisierung und zu Konflikten führen.
Die Autoren schauen aber auch auf die internen Gefahren. So rechnen Sie damit, dass steigende Kosten für die Dekarbonisierung und eine (gefühlte) Überforderung einiger Gesellschaftsgruppen neue Angriffspunkte für Populisten bieten und die Demokratie untergraben. Gleichzeitig wachsen durch zusätzliche Konflikte auch die Ansprüche an die Bundeswehr, die noch dazu einkalkulieren muss, dass Hitzewellen und Starkregen Personal und Geräte bei Auslandseinsätzen immer heftiger belasten werden.
Die Autoren der Studie empfehlen, die Resilienz der Schwächsten zu stärken. Zum einen, indem in Deutschland die Infrastruktur umgebaut und vom Klimawandel und seinen Folgen besonders betroffene Gruppen vorab unterstützt werden. Zum anderen, indem man international schwächere Staaten für die Veränderungen frühzeitig wappnet, um Destabilisierung und Konflikte in Europas Peripherie zuvorzukommen.