Analyse
Erscheinungsdatum: 20. November 2024

Die NRW-FDP: Der Kampf um Listenplätze – und die Gefahr für Prominente

Viele FDP-Abgeordnete fürchten um ihr Mandat. In NRW wurden die ersten acht Plätze bereits im Hinterzimmer ausgehandelt – dahinter beginnt ein harter Kampf zwischen Newcomern und etablierten Kräften.

Der baldige Wahltermin führt hinter den Kulissen längst zu heiklen Kämpfen. Insbesondere bei der FDP. 2021 holten die Liberalen 11,4 Prozent, damit schafften es 90 Parlamentarier in die Bundestagsfraktion. Die Verkleinerung des Parlaments dürfte fast alle Fraktionen Mandate kosten. Für die Liberalen kommt der einzukalkulierende Stimmeneinbruch hinzu. Selbst wenn die Partei im Vergleich zu aktuellen Umfragen noch zulegen und den Wiedereinzug ins Parlament schaffen sollte: Mit mehr als sieben Prozent rechnet auch unter den Berufsoptimisten in der FDP kaum jemand. Im neuen Bundestag wären das 50 Abgeordnete; mit fünf Prozent würde es für 36 Parlamentarier reichen. Die Fraktion würde sich also halbieren. Mindestens.

Viele Abgeordnete müssen deshalb um ihren Wiedereinzug fürchten. Darunter nicht nur Hinterbänkler, sondern auch fachpolitische Sprecher, die sich durch ihre Arbeit einen Namen gemacht haben. Das zeigt der Blick nach Nordrhein-Westfalen, wo die Dichte an bundespolitischen Schwergewichten besonders groß ist. Derzeit umfasst die Landesgruppe 19 Abgeordnete. Sehr wahrscheinlich ist, dass es beim nächsten Mal allenfalls die Hälfte noch einmal schafft. In NRW wird die Landesliste traditionell schon vor der Landesvertreterversammlung ausverhandelt; der Regionalproporz spielt eine besonders große Rolle.

Am Dienstagabend tagte das informelle Gremium aus geschäftsführendem Landesvorstand und Bezirksvorsitzenden. Nach Informationen von Table.Briefings wurden die ersten acht Plätze dort geeint – und ausschließlich mit amtierenden Fraktionsmitgliedern besetzt. Holt die FDP fünf Prozent, würde es für diese Acht reichen. Angeführt wird die Liste von Parteichef Christian Lindner, gefolgt vom ehemaligen Justizminister Marco Buschmann und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Erste Frau in der Liste wird die stellvertretende Landesvorsitzende Nicole Westig, die im Vergleich zu 2021 um sechs Plätze nach oben springt. Nach ihr kommen der Parlamentarische Geschäftsführer Johannes Vogel, Landes-Vize Frank Schäffler, Chef-Haushälter Otto Fricke und die dritte stellvertretende Landesvorsitzende Katrin Helling-Plahr. Was zuallererst zeigt: der Frauenanteil bleibt gering.

Danach wird es eng. Wer Chancen auf den Einzug in den Bundestag haben möchte, braucht mindestens eine Platzierung unter den Top 12. Doch die Liste der Interessenten ist deutlich länger. Darunter sind mindestens drei Newcomer: Franziska Brandmann, seit drei Jahren Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, will neu ins Parlament. Viele hätten sie gerne in der Spitzengruppe gesehen, was im Proporz-Geschacher der Männer jedoch nicht möglich war. Nun hofft sie auf Listenplatz neun. Dafür bräuchte sie auch die Nominierung durch ihren Bezirksverband Münsterland, wo die Entscheidung noch nicht gefallen ist. Brandmann gilt als Favoritin. Aber unklar ist noch, ob der Bundestagsabgeordnete Karlheinz Busen ihr im Bezirk Konkurrenz macht oder sich weiter hinten einsortiert.

Auf Platz neun schielt jedoch auch Maria Westphal. Sie will ebenfalls neu ins Parlament, gilt im Landesverband als gut vernetzt und kommt aus dem mächtigen Bezirksverband Köln. Westphal wäre nach Lindner und Westig allerdings die dritte Kölnerin – was den Düsseldorfern nicht gefällt, da sie auf den vorderen Plätzen nur durch Djir-Sarai vertreten sind. Der Bezirksverband schickt auch Moritz Kracht ins Rennen, den bisherigen Sprecher von Marco Buschmann. Ihm wird im Landesverband allerdings die geringste Bekanntheit nachgesagt. Er gilt daher als angreifbar, wenn es zu Kampfkandidaturen kommen sollte.

Mit den Neulingen konkurrieren mehrere fachpolitische Sprecher aus der Bundestagsfraktion, die weitermachen wollen: Jens Teutrine (Bürgergeld und Pflege), Markus Herbrand (Finanzen), Bernd Reuther (Verkehr), Carl-Julius Cronenberg (Mittelstand und Freihandel) und Katharina Willkomm (Verbraucherschutz). Die besten Chancen auf die Top 12 haben aufgrund des Regionalproporzes und der Konkurrenz wohl Teutrine und Herbrand. Cronenberg wird sich innerhalb seines Bezirks voraussichtlich nicht gegen Fabian Griewel durchsetzen können, der erst im Sommer für Marie-Agnes Strack-Zimmermann in den Bundestag nachrückte. Willkomm, die 2023 für Alexander Graf Lambsdorff nachrückte, wird es ebenfalls schwer haben. Gewissheit gibt es am 15. Dezember: Dann findet in Bielefeld die Listenwahl statt.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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