Analyse
Erscheinungsdatum: 22. August 2024

Das Bundespresseamt: Warum sein Kampf wie ein Kampf gegen Windmühlen aussieht

Die Frauen und Männer im Bundespresseamt würden ihre Regierung gerne gut aussehen lassen. Doch das ist in der Ampel schwer geworden. Über ein Amt, das schwer mit seiner Aufgabe ringt.

Die Lage ist ziemlich einzigartig. Und sie ist für eine Regierung und ihre Öffentlichkeitsarbeiter äußerst schmerzhaft. Egal, in welcher Umfrage, ganz gleich, wer gerade befragt wird: Das Ansehen der Koalition ist immer schlechter geworden. Der monatelange Streit um den Haushalt macht es auch nicht besser. Selbst die jüngsten Beschlüsse zur Ukrainehilfe wurden so unglücklich präsentiert, dass viele den Kopf schütteln. Auch der beste PR-Profi kann sich da eigentlich nur noch die Haare raufen.

Wie soll das nur besser werden? Diese Frage dürfte sich auch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung oft stellen. Rund 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Berlin und Bonn sind es; sie haben ein Budget von rund 135 Millionen Euro, inklusive hochmoderner Nachrichtenabteilung – schlecht ausgestattet ist das BPA nicht, um sich dem Trend entgegenzustellen. Und doch mussten sie im Amt in den letzten drei Jahren schmerzhaft lernen, dass alle Anstrengungen scheitern, solange die Koalitionsspitzen das Gemeinsame nicht selbst hervorheben und vorleben.

Dabei hat es im BPA wieder und wieder Ideen gegeben, wie man mit Aktionen das Bild der Regierung verbessern könnte. Zum Beispiel, indem man die Leistungen beim Umgang mit dem Krieg gegen die Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise besonders hervorhebt. Und tatsächlich kann man auf der BPA-Homepage abrufen, was das Kabinett und die Ministerien an der Stelle leisten und auch schon geleistet haben. Nur eine gemeinsame Erzählung größerer Linien, hinter der sich alle in der Ampel mit Leidenschaft versammeln, hat es bis heute nicht gegeben. Trotz Zeitenwende und gemeinsamem Bewusstsein über die Weltlage – die Koalition hat das nie als Kern gemeinsamer Überzeugungen präsentiert.

Andere Beispiele, bei denen diese Schwäche besonders zutage tritt, sind die Transformation der Wirtschaft, das Klimaschutzgesetz oder die Initiativen zur Ankurbelung der Wirtschaft. Sie wurden nicht strategisch verhandelt und danach stolz präsentiert; jedes Mal klang es eher nach schmerzhaftem Kompromiss und Niederlage. Dass dann auch das BPA nicht mehr viel machen kann, liegt auf der Hand.

Hinzu kommen besondere Egoismen, die den Spielraum des BPA einschränken. Läuft mal etwas wirklich gut in einem Ressort, will die Hausleitung dieses Ministeriums das unbedingt bei sich und im eigenen Namen präsentieren. Läuft etwas so richtig schief, wollen alle anderen auf keinen Fall damit verbunden werden. Im einen wie im anderen Fall sind dem BPA sehr schnell die Hände gebunden. Es wären also vor allem die großen, ressortübergreifenden Themen gewesen, mit denen die Koalition hätte punkten können.

Wichtig ist zugleich, dass sich der Schwerpunkt der Arbeit des BPA mit Gerhard Schröder und Angela Merkel verändert hat. Immer mehr Ressourcen flossen in die direkte Betreuung und Präsentation des Kanzlers und des Bundespräsidenten; Schröder und Merkel hatten sich entschlossen, das Amt stärker als ihre Vorgänger zu nutzen, um nicht nur über Taten, sondern auch über Bilder und begleitende Infos das eigene Image zu prägen. Darauf wurde das Amt mehr und mehr ausgerichtet. Galt zunächst Schröder als der „Bilderkanzler“, so war es später Merkel, die das noch ausbaute.

Außerdem hat die Flut neuer digitaler Medien und Social-Media-Kanäle das Bundespresseamt gezwungen, technisch und personell aufzurüsten, um für die Regierungsspitze nicht den Überblick zu verlieren. Das war und ist eine strukturelle Veränderung, die Ressourcen schluckt und Spielräume einschränkt. Angesichts dessen hat das BPA heute gar nicht mehr die Möglichkeiten wie einst in Bonn, den Medien in aller Ruhe die Welt zu erklären, um so Einfluss auf das Bild zu nehmen, das sich die Öffentlichkeit von der Regierung macht. Zu hektisch sind politische Abläufe geworden; zu schwer ist es, bei der Masse der Medien und Kanäle Trends und Gefahren wie Shitstorms im Blick zu behalten.

Heute wirkt all das zusammen, ergänzt durch einen letzten, sehr wesentlichen Faktor: Olaf Scholz. Er ist ein Kanzler, der sich einer dem Volke zugewandten Kommunikation nahezu komplett verweigert. Scholz hat lange auf zwei wesentliche Elemente der Öffentlichkeitsarbeit verzichtet. Anders als Schröder und Merkel hat er das Amt weder auf der persönlichen noch auf der politischen Ebene offensiv genutzt, um sich, aber auch seine Entschlüsse und Überzeugungen den Menschen nahezubringen. Bis heute erklärt er sich zu wenig; bis heute gelingt es seiner Regierung nicht, wichtige Beschlüsse mit einer wirklich guten strategischen Präsentation zu unterlegen, um das Dauer-Durcheinander mal mit einer Erfolgsgeschichte zu überlagern.

Und dann ist da auch noch die schwierige Rolle der stellvertretenden Regierungssprecher. Sie hat nicht unter Scholz begonnen, sondern ist viel älter. Während Steffen Hebestreit als Chef nur eines macht und machen kann, nämlich den Kanzler und seine Beschlüsse zu erklären, sollen Christiane Hoffmann und Wolfgang Büchne r mehrere Aufgaben ausfüllen. Und das, obwohl sie oft zwischen allen Stühlen sitzen. Beide müssen, wenn Hebestreit nicht da ist, in der Bundespressekonferenz den Kanzler erklären, obwohl sie selten den vollen Einblick ins Denken seines engsten Machtzirkels erhalten. Zugleich dienen sie amtsintern als Erklärer derer, die sie für den Posten nominiert haben; im Fall von Hoffmann waren es die Grünen, bei Büchner die Liberalen. Allein: Auch hier gehören sie nicht konsequent immer zur engsten Führung um Robert Habeck oder Christian Lindner. Hohe Erwartungen auf schwächelnder Grundlage – das ist kein großes Vergnügen.

Nur wenige haben es in dieser Rolle zu eigenem Profil geschafft. Thomas Steg gelang es unter Merkel; Christoph Steegmans auf seine Weise ebenso. Hoffmann und Büchner versuchen vielleicht auch ein bisschen zu diesem Zwecke, nach innen noch eine weitere Rolle zu übernehmen. Beide bemühen sich seit geraumer Zeit darum, den eigenen Parteien das Handeln und die Motive der Koalitionspartner nahezubringen. Hoffmann in Richtung der Grünen, Büchner Richtung FDP. Als Versuch, das fast Unrettbare doch noch zu retten. Und doch: Auch sie können nicht verhindern, dass diese Koalition kaum mehr zueinanderfindet.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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