Die Bundesregierung fördert Blockchain-Projekte mit Millionen-Summen. Federführend sind die beiden Bundesministerien für Bildung und für Wirtschaft (BMBF und BMWK). Im Haus von Bettina Starck-Watzinger werden aktuell 36 Projekte mit Blockchain-Bezug gefördert. Das BMBF stellt dafür bis Ende 2026 rund 52 Millionen Euro zur Verfügung. Für 2023 sind etwa 16 Millionen Euro veranschlagt (2022: 17 Mio. €). Das BMWK listet 51 Projekte auf, die teilweise seit 2017 laufen und spätestens Ende 2024 auslaufen. Das teilten die beteiligten Ministerien Berlin.Table exklusiv mit. Über die Förderhöhe macht die Behörde von Robert Habeck allerdings keine Angaben. Eine eigene Erhebung im Förderportal der Bundesregierung kommt insgesamt auf knapp 200 Projekte mit Blockchain-Erwähnung. Gesamtfördersumme: gut 66,5 Millionen Euro. Allerdings sind hier nicht alle von den Ministerien genannten Förderprojekte enthalten.
Eine einheitliche Blockchain-Strategie der Bundesregierung ist nicht erkennbar. Einerseits lobt das BMWK die „Dezentralität, Zuverlässigkeit und Fälschungssicherheit“, andererseits weist es aber auf den hohen Energieverbrauch hin. Um Treiber eines starken Technologiestandorts zu sein, wolle man aber „in digitale Schlüsseltechnologien“ investieren. Das BMBF weist auf den Vorteil hin, dass durch die Distributed Ledger Technologie Daten und Transaktionen „akkurat, transparent und konsistent“ seien und dadurch beispielsweise Lieferketten nachvollzogen werden könnten. Trotzdem warnt es, dass neben den Herausforderungen beim Datenschutz auch eine Manipulation „bei Kontrollgewinn über mehr als die Hälfte der Rechenleistung nicht völlig auszuschließen“ sei. Das Bundesfinanzministerium (BMF) von Christian Lindner ist noch zurückhaltender und betont den geringen „technologischen Reifegrad“ sowie datenschutzrechtliche, wirtschaftliche und energetische Aspekte.
Ein harmonisierter europäischer Regulierungsrahmen für Kryptowerte befinde sich in der abschließenden Phase, teilt das BMF mit. Bereits Ende 2019 wurden Kryptowerte und das Kryptoverwahrgeschäft als neue Kategorien von Finanzinstrumenten in das deutsche Kreditwesengesetz aufgenommen. Voraussichtlich in diesem Frühjahr soll das EU-Gesetz zu Markets in Crypto-Assets (MiCA) Realität werden. Bestehende nationale Regelungen würden dann angeglichen.
Laut Koalitionsvertrag soll untersucht werden, „ob ein Grundbuch auf der Blockchain möglich und vorteilhaft ist“. Das zuständige Justizministerium (BMJ) hat das Thema bereits auf zwei Fachveranstaltungen „näher betrachtet“, eine Machbarkeitsstudie hat Marco Buschmann jedoch noch nicht in Auftrag gegeben. Eine abschließende Entscheidung darüber, wie es weitergeht, ist „noch nicht getroffen“, heißt es. Priorität habe aus Sicht des BMJ die Einführung eines „leistungsfähigen bundeseinheitlichen Datenbankgrundbuchs“.
Die überwiegende Mehrheit der Experten ist kritisch gegenüber Blockchain. Das hatte sich bei einer Anhörung im zuständigen Bundestagsausschuss für Digitales im Dezember gezeigt. Unter anderen stellten sie grundsätzlich den Nutzen der Technik infrage, auch im Vergleich zu konventionellen Methoden. So kann das BMWK nicht hinreichend erklären, warum beispielsweise das ELLA-Futurae vom Fraunhofer-Institut 2,2 Millionen Euro erhält, um unter anderem für Elektrofahrzeuge „Ladestationen in der Blockchain“ zu entwickeln. Auf die Frage, welche Funktionen der Blockchain-Technologie ausschlaggebend waren, um das erklärte Ziel „benutzerfreundliche und barrierefreie Lademöglichkeiten zu schaffen“, verweist das Ministerium lediglich auf die Projektwebseite. Der Nutzen des mit 670.000 Euro geförderten Vorhabens „Blockchain Basierter Wasserstoffmarkt“ ist hingegen leichter nachzuvollziehen. Der Schwerpunkt der Blockchain liege hier in der Nachweisführung für die Herkunft von grünem Wasserstoff.
Erste Erkenntnisse des Forschungsministeriums. Das BMBF sieht für den Energiehandel Möglichkeiten für eine dezentrale Marktplattform, auf der Unternehmen ihre Lieferverträge sicher vereinbaren können (BC2Energy). Bei der Kontrolle von maritimen Kühlketten könnten Temperatur-Sensoren direkt in die Blockchain schreiben, im Verbund mit den Verladungsdaten hätten Lieferanten und Einkäufer so jederzeit die Kontrolle über ihre Waren (RiskBlock). Sogenannte SmartContracts, die bei Erreichen einer Bedingung automatisch ein Ereignis auslösen, könnten zur Nachverfolgbarkeit und Transparenz landwirtschaftlicher Produktionsprozesse beitragen. Vereinfacht ausgedrückt: Die Bezahlung eines gelieferten Produkts würde automatisch ausgelöst, der menschliche Eingriff und die damit verbundene Wartezeit fielen weg (HyServ). Seit 2018 fördert das Ministerium auch zahlreiche Blockchain-Projekte in der „Blockchain Schaufensterregion Mittweida“ in Sachsen. 27 Projekte erhielten dort gut 6 Millionen Euro für Forschungen in diesem Bereich. Jedoch: Aktuell liegen „noch keine konkreten Erkenntnisse“ vor. Forschungsergebnisse, inwiefern die begleitende Struktur-Fördermaßnahme „WIR! – Wandel durch Innovation der Region“ durch die Blockchain-Forschung profitieren konnte, existieren auch noch nicht.
Blockchain-Großprojekte. Die Entwicklung des europäischen Cloud-Projekts Gaia-X stockt derzeit. In einer ersten Tranche sind aber bereits 117,4 Millionen Euro Fördergelder aus dem BMWK eingeflossen. Auch in diesem europäischen Großprojekt soll Blockchain-Technologie zur Anwendung kommen, dazu wurden zum Start sieben Blockchain-Startups ins Boot geholt. Welchen genauen Anteil diese an der Fördersumme haben, ist unklar. Für das „Schaufensterprogramm Sichere Digitale Identitäten“ hat das Wirtschaftsministerium gut 50 Millionen Euro bereitgestellt, unter anderem um blockchain-basierte digitale Identitäten zu entwickeln – eine Art virtuellen Personalausweis. Diese Evaluierung steht ebenfalls aus.