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Erscheinungsdatum: 12. Januar 2024

USA und Verbündete greifen Huthi im Jemen an – EU plant eigenen Militäreinsatz im Roten Meer

Als Reaktion auf Angriffe auf die Schifffahrt haben die USA und Großbritannien einen Militärschlag gegen die Huthi-Miliz im Jemen geführt. Joe Biden sprach von erfolgreichen Bombardierungen. Die Huthi sagten, der Angriff würde nicht „ungestraft bleiben“.

Die Außenminister der EU-Staaten sollen bei einem Treffen am 22. Januar über eine mögliche Beteiligung der EU an der US-Initiative zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer beraten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat der Auswärtige Dienst der EU erste Vorschläge für den Start eines neuen gemeinsamen europäischen Militäreinsatzes erarbeitet. Sie sehen unter anderem die Entsendung von Kriegsschiffen und luftgestützten Frühwarnsystemen in das Konfliktgebiet vor. Letztere könnten zum Beispiel Aufklärungsflugzeuge sein.

Ob bei dem Außenministertreffen bereits eine politische Grundsatzentscheidung für den Einsatz getroffen werden kann, war am Freitag unklar. In der kommenden Woche sind nach Angaben von EU-Diplomaten weitere Vorgespräche geplant. Die formelle Entscheidung zum Start der Militäroperation soll im Idealfall beim Februar-Treffen der EU-Außenminister getroffen werden.

Deutschland unterstützt die Planungen. „Wir als Bundesregierung stehen bereit, uns an einer Mission im Roten Meer zu beteiligen, und sind dazu weiter im engen Kontakt mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst und den anderen Mitgliedstaaten in der EU“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin.

Ursprünglich war geplant gewesen, für die Unterstützung der US-Initiative einfach das Mandat der bereits existierenden Antipiraterie-Operation Atalanta im Indischen Ozean auszuweiten. Dieses Vorhaben scheiterte allerdings am Widerstand Spaniens, das derzeit die Führungsnation bei der Operation Atalanta ist. Als Grund für das Veto galt ein Streit innerhalb der spanischen Regierungskoalition über eine direkte Beteiligung des Landes an Militäroperationen im Roten Meer.

Die von den USA ins Leben gerufene Operation „Prosperity Guardian“ (etwa: Hüterin des Wohlstands) sieht vor, die internationale Militärpräsenz im Roten Meer deutlich zu verstärken und Angriffe auf Schiffe zu verhindern. Seit Ausbruch des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen dort vom Iran unterstützte Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden zunehmend die Route.

Die USA und Großbritannien attackierten in der Nacht zum Freitag mit Unterstützung der Niederlande, Kanadas, Australiens und Bahrains Stellungen der Huthi. Der Angriff sei eine Reaktion auf die „illegalen, gefährlichen und destabilisierenden“ Angriffe auf Schiffe im Roten Meer und beruhe auf dem Recht der Selbstverteidigung, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die auch von der Bundesregierung mitgetragen wurde. Ein Ziel der Huthi-Rebellen ist es, ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen zu erzwingen.

Moskau verurteilte die Schläge der USA und ihrer Verbündeten und beantragte für Freitag eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Auch aus dem Iran kamen Kritik an dem Vorgehen und Warnungen vor wachsender Unsicherheit und Instabilität in der Region. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Militärschlag der USA und ihrer Verbündeten gegen die Huthi-Rebellen im Jemen als „unverhältnismäßige Gewaltanwendung“ kritisiert. Die USA und Großbritannien seien bestrebt, „das Rote Meer in ein regelrechtes Blutbad zu verwandeln“, sagte Erdogan. Man höre jedoch von „verschiedensten Seiten, dass die Huthi erfolgreich reagieren“.

US-Präsident Joe Biden bezeichnete die Schläge einer schriftlichen Stellungnahme zufolge als „erfolgreich“ und kündigte an, er werde nicht zögern, bei Bedarf weitere Maßnahmen anzuordnen. Die Huthi hätten trotz Warnungen Angriffe im Roten Meer durchgeführt, darunter auch gegen britische und amerikanische Kriegsschiffe. Dies könne nicht hingenommen werden, erklärte der britische Premierminister Rishi Sunak. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bezeichnete den Militärschlag als ein klares Signal. „Der heutige Einsatz der Koalition ist eine klare Botschaft an die Huthi, dass sie einen Preis dafür zahlen werden, wenn sie ihre illegalen Angriffe nicht einstellen.“ Der britische Verteidigungsstaatssekretär James Heappey betonte, es habe sich um eine begrenzte, notwendige und verhältnismäßige Reaktion gehandelt. «Wir haben natürlich ein Auge auf die Notwendigkeit, dass es keine regionale Eskalation auslöst», sagte Heappey dem Sender „Times Radio“.

Angegriffen wurden nach Angaben des US-Militärs mehr als 60 Ziele an 16 militärischen Standorten der Huthi. Dazu gehörten Kommando- und Kontrollpunkte, Munitionsdepots, Startanlagen für Raketen, Produktionsanlagen und Luftabwehrradarsysteme, hieß es in einer Mitteilung der US Air Force. Die Schläge seien sowohl aus der Luft als auch von Schiffen und U-Booten durchgeführt worden. Zum Einsatz kamen demnach auch Marschflugkörper vom Typ Tomahawk. Das Verteidigungsministerium in London teilte mit, vier Eurofighter hätten Angriffe auf zwei Ziele im Nordwesten des Landes durchgeführt.

Nach Angaben der Huthi wurden bei den Angriffen fünf ihrer Mitglieder getötet. Sechs weitere seien verletzt worden. Die Angriffe trafen demnach die Hauptstadt Sanaa sowie die Provinzen Hudaida, Tais, Hajjah und Saada. Der Militärschlag werde nicht unbeantwortet und ungestraft bleiben“, drohten die Rebellen.

Zuvor hatten sie bereits angekündigt, weiter Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer ins Visier zu nehmen. „Es gibt absolut keine Rechtfertigung für die Aggression gegen den Jemen, da es keine Bedrohung für die internationale Schifffahrt im Roten Meer und im Arabischen Meer gab“, sagte ein Huthi-Sprecher dem Fernsehsender Al Massirah. Ziel seien weiter „israelische Schiffe oder solche, die die Häfen des besetzten Palästinas anlaufen“.

Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer. Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa. Die Alternativstrecke um das südafrikanische Kap der Guten Hoffnung verlängert die Transporte um etliche Tage. dpa/rtr/mw

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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