Im Kern einer neuen Strategie steht eine Idee – eine Vision, wo es hingehen soll. Daraus leiten sich strategische Ziele ab, die dabei helfen, der Vision ein Stück näherzukommen, sie zu verwirklichen. Dann folgen die Überführung in operative Zielsetzungen und exemplarische, priorisierte Maßnahmen.
In der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation des BMBF kann man mit etwas gutem Willen die folgende Vision herausfiltern: Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit des Innovationsstandortes Deutschland. Und da steckt eigentlich schon vieles von dem drin, was eben fehlt in diesem Papier. Nach vorne wird nicht gedacht. Man will „sicherstellen“.
Im Weiteren wird deutlich, dass es dem BMBF an politischem Gestaltungswillen mangelt. Strategische Ziele in den Missionen fehlen – vielleicht auch, um nicht beim BMWK oder BMG anzuecken. Aber eine pure Auflistung dessen, was man gerade fördert und auch in Zukunft weiter fördern möchte, ist noch keine Strategie.
190 Einzelziele sind benannt. Wenn sogar die allgemein nicht als zukunftsfähig angesehenen Flugtaxis als Forschungsobjekt mit aufgenommen sind, wurde offensichtlich nicht priorisiert, nicht ausgewählt.
Gerade angesichts der knapper werdenden Ressourcen – und hier ist nicht nur das Geld gemeint – ist eine Fokussierung notwendig. Und genau diese muss ein solches Papier leisten. Bettina Stark-Watzinger spricht im Vorwort von der Strategie als Kompass – dies hier ist aber einer, der in alle Richtungen gleichzeitig zeigt.
Es fehlt nicht nur die nötige Gewichtung der wichtigsten Forschungsthemen, auch strukturell greift das Papier zu kurz: Wofür steht eigentlich das BMBF? Was ist der USP des Hauses, wie grenzt es sich von anderen Ministerien ab? Was ist Sache einer europäischen Forschungsförderung und was muss national bearbeitet werden?
Interessant ist der Abschnitt zu agiler Forschungs- und Innovationspolitik. Man möchte „Förderung modernisieren und Rahmenbedingungen flexibilisieren“, etwa durch innovative Vergabeinstrumente, Förderung über Wettbewerbe oder die Vereinfachung von Rechtsvorgaben. Insbesondere die Vereinfachung der Verfahren, der Abbau der Förderbürokratie – auf Seiten des BMBF und der Geförderten – sollte ein Fokus für das Ministerium sein.
Hier kann – ganz ohne monetäre Investitionen – viel Energie freigesetzt werden. Nun werden vermehrt über Agenturen (Sprind, Dati) und Wettbewerbe Umwege gebaut, um nicht auf die klassische Schiene über Ausschreibungen der Projektträger zu gehen. Das erinnert an den Aufbau der Präsidialstrukturen in den Hochschulen. Auch dort wollte man damit die oft träge Univerwaltung umgehen. Mit dem Ergebnis, dass mit der Zeit auch die Präsidialstrukturen träge werden.
Keinen Gefallen hat man sich mit der Benennung von quantitativen Zielen getan. Viele dieser Zahlen werden kaum vom BMBF beeinflusst, oder zumindest nicht bis zum genannten Zieldatum 2025. Dass sich der Anteil der Professorinnen erhöht, ist wahrscheinlich, aber es liegt vermutlich nicht an den in der Zukunftsstrategie genannten Maßnahmen.
Viel Arbeit also für das Forum #Zukunftsstrategie mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Zukunftsstrategie beraten sollen.