wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.
Im Saale-Orla-Kreis ist es gerade nochmal gut gegangen. Der AfD-Kandidat für die Landratswahl wurde nur zweiter Sieger. Und doch: Während SPD, FDP und die Wagenknecht-Partei BSW an diesem Wochenende ihre Listen für die Europawahl erstellt haben, SPD und FDP jeweils mit einer Frau an der Spitze, sind die Perspektiven für den 9. Juni eher düster. In mindestens neun EU-Ländern führen nationalistisch ausgerichtete, antieuropäische Parteien die Umfragen an, so in Österreich, Italien, Tschechien, Niederlande, Polen, Slowakei, Belgien, Frankreich und Ungarn. In weiteren neun Ländern, darunter Deutschland, sind die Nationalisten zweit- oder drittstärkste Kraft. Nach einer Prognose der Denkfabrik European Council on Foreign Relations dürfte höchstens noch die Hälfte der Sitze an die drei Mitte-Parteien gehen, also an Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale.
Europäischer wird Europa im Juni also kaum werden. Allein diese Prognose könnte, ja, sie müsste hinreichend Ansporn für die Ampel in Berlin sein, sich mehr dem Gemeinsamen, dem Kompromiss und konkreten Resultaten zu widmen. Die Profilbildung in eigener Sache, und das gilt in unterschiedlicher Ausprägung für alle drei Partner, hat sich als wenig überzeugend erwiesen. Sie spielt den Nationalisten in die Karten, sie befeuert sie geradezu. Und sie wird es wohl weiter tun, zum Schaden des Landes – und Europas.
Kommen Sie gut durch die Nach!
Heute haben Constanze Baumann, Okan Bellikli, Annette Bruhns, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Leonard Schulz, Sven Siebert, Maximilian Stascheit und Vera Weidenbach mitgewirkt.
Krankenhaus I: Transparenz könnte Sterblichkeit senken. Die Veröffentlichung von Qualitätsdaten von Krankenhäusern könnte zu einer “deutlichen Senkung der Sterblichkeit” und “unerwünschter Komplikationen” führen. Sie sei daher zielführend und sinnvoll. Das geht aus einer Studie des Gesundheitsökonomen Reinhard Busse hervor, deren Auswertung Table.Media vorliegt und die dem umstrittenen Krankenhaustransparenzgesetz Rückenwind gibt. Transparente Daten würden einweisenden Ärzten sowie Patienten bei der Wahl des Krankenhauses nachweislich helfen. Die Bundesländer blockieren das von Gesundheitsminister Karl Lauterbach vorgelegte Gesetz bisher. Die Studie widerlegt die Annahme, die Qualität heutiger Krankenhausbehandlungen sei nicht vorherzusagen, da die Datengrundlage ja regelmäßig zwei Jahre alt sei. So basiert eine Auswertung 2024 notwendigerweise auf Daten von 2022.
Fazit: Krankenhäuser, die schon einmal zu den besten in einer Disziplin gehörten, bleiben auch gut. Busses Team hat dazu Qualitätsdaten von Kliniken und der AOK über längere Zeiträume verglichen. So untersuchten die Forscher die Sterblichkeit nach der Behandlung von Herzinfarkt, Schlaganfall und Pneumonie sowie Komplikationen nach Hüftersatz und Gallenblasenbehandlung. Ergebnis: Die Kliniken der besten Gruppe erzielten auch zwei Jahre später noch um 30 bis 79 Prozent bessere Ergebnisse als die der schlechtesten Gruppe. Würden sich nur fünf Prozent aller Herzinfarkt- oder Schlaganfallpatienten statt in einem der 20 Prozent schlechtesten in einem der 20 Prozent besten Krankenhäuser behandeln lassen, hätte dies rechnerisch zur Folge, dass jedes Jahr 550 weniger Menschen an Infarkt und 740 weniger an Schlaganfall versterben.
Busse will die Studie am Dienstag vor der Bundespresse vorstellen – gemeinsam mit Lauterbach, mit dem Leiter des Sachverständigenrats Michael Hallek sowie Jens Scholz, Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika. Scholz hat mehrfach für die Krankenhausreform geworben und zuletzt gewarnt: “Immer neue Forderungen verhärten die Fronten und gefährden die für alle wichtige Strukturreform.” Auch sein Bruder, Bundeskanzler Olaf Scholz, hatte bei einem Klinikbesuch in Eschweiler bei Aachen am vergangenen Donnerstag betont: “Diese Reform dient der Verbesserung der Krankenversorgung in Deutschland, der Qualität der Krankenversorgung und der Stabilität der Finanzierung der Krankenhäuser.” Hintergrund ist die Sorge, dass insbesondere die CDU-regierten Länder die Reform weiter torpedieren. Zuletzt hatten sie dafür gesorgt, dass das der Reform vorgeschaltete Transparenzgesetz nicht wie geplant am 2. Februar den Bundesrat passieren kann, sondern frühestens am 22. März.
Krankenhaus II: Insolvenzwelle droht. Unmittelbar vor Beginn der Gesundheitsministerkonferenz von Bund und Ländern an diesem Montag hat der Vize-Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft und Vorstandsvorsitzende der Sana Kliniken AG, Thomas Lemke, vor Dutzenden von Insolvenzen bei den Krankenhäusern in diesem Jahr gewarnt. “Wenn nicht schnell etwas passiert, werden dieses Jahr deutlich mehr als 100 Kliniken in die Insolvenz gehen. Die Lage wird immer angespannter. Es erwischt längst auch kommunale Häuser”, sagte Lemke im Podcast Table.Today von Table.Media. “Das ist schlichte Mathematik.” Die Kosten seien vielfach seit Jahren höher als die Erlöse.
Aktuell sind Lemke zufolge bereits 45 Kliniken in der Insolvenz. Der Steuerzahler zahle dafür bereits eine halbe Milliarde Euro Ausfallgeld. Das von Minister Karl Lauterbach geplante Klinikgesetz werde nicht helfen, so Lemke: “Wir brauchen keine Klinikreform, sondern eine Gesundheitsreform aus einem Guss.” Die Pläne Lauterbachs führten “zu einer weiteren Ökonomisierung der Kliniklandschaft, zu einem Monster an Bürokratie und im Extremfall zur Rationierung.” Die Instrumente der Reform wie die Vorhaltepauschalen seien von Experten längst “entzaubert” worden. Den Podcast finden Sie täglich ab 6 Uhr hier.
Handelsblatt: Lindner schrumpft Wachstumspaket. Statt der geplanten sieben Milliarden Euro Entlastung soll das “Wachstumschancengesetz” nur noch ein Volumen von rund drei Milliarden Euro umfassen. Mit dem neuen Angebot hoffe die Bundesregierung, die Blockade der Länder zu lösen. Diese hatten das Gesetz wegen der aus ihrer Sicht zu hohen Kosten gestoppt. Die Bundesregierung wirft den B-Ländern taktische Spielchen vor. (“Finanzminister Lindner muss Wachstumspaket verkleinern”, Seite 7)
Translation missing.FAZ: Diskussion ums G95. BMVg und Heckler und Koch weisen die Kritik des Bundesrechnungshofs (BRH) zurück: Das neue Sturmgewehr G95 genüge allen Anforderungen. Inoffiziell wird bemängelt, die Prüfer hätten geplante Schießprüfungen nicht abgewartet, schreibt Peter Carstens. Der BRH hatte davor gewarnt, aus Zeitgründen eine “ungeeignete” Waffe zu beschaffen. (“Der Rechnungshof schießt vorbei”, Seite 4)
Tagesspiegel: Wulff für Corona-Enquete. Christian Wulff fordert mit Blick auf das AfD-Umfragehoch eine selbstkritische Aufarbeitung früherer Fehler. Er nennt neben dem Umgang mit der Pandemie auch die Umwelt- und Russlandpolitik. Eine Corona-Enquetekommission könnte helfen, so der Ex-Bundespräsident. “Die Situation war neu – und die Politik war unvorbereitet. Aber ist man in Teilen zu weit gegangen?” (“Ohne Zuwanderung sind wir aufgeschmissen”, Seite 12)
Spiegel: MdB als Lobbyist. Gero Hocker sitzt für die FDP im Bundestag, ist aber auch Präsident des Deutschen Fischerei-Verbands. In dieser Funktion hat sich der MdB, der im Landwirtschaftsausschuss über die Fischereipolitik mitbestimmt, mehrfach an das Ministerium von Cem Özdemir gewandt. Lobbycontrol sieht einen “handfesten Interessenkonflikt”. (“Die brisante Doppelrolle des FDP-Manns Gero Hocker”, Seite 41)
Spiegel: Scholz will mehr Ukraine-Hilfe von EU-Partnern. Olaf Scholz hat vor Wladimir Putins Kalkül gewarnt. Der warte nur darauf, dass die westliche Unterstützung für Kiew nachlasse. Deutschland zahle “mehr als die Hälfte” aller übrigen europäischen Staaten zusammen. Wenn der Westen zusammenstehe und nicht nachlasse, “ist der Frieden auch schneller möglich, als man heute denkt”, sagt Scholz. (“Ampelstreit? Für Scholz gibt es jetzt Wichtigeres”)
Nicht überlesen!
Zeit: IGH-Entscheidung mit Folgen. Das Urteil des Internationalen Gerichtshofs gegen Israel habe die “grauenhafte Realität der Palästinenser (…) aller Welt vor Augen geführt”, schreibt Martin Klingst. Westliche Staaten hätten das an diesen begangene Unrecht jahrzehntelang nicht ernst genommen und mit zweierlei Maß gemessen, wenn es um eigene Völkerrechtsverstöße ging. Der Prozess sei daher “Sinnbild einer umfassenderen Konfrontation”. (“Dieses Urteil wird Rechtsgeschichte schreiben”, 26. Januar 2024)
Klimageld: Einführung wird noch unwahrscheinlicher. Im Klima- und Transformationsfonds (KTF) droht ein neues Finanzloch. Zum einen werden zur Finanzierung der Ökostrom-Vergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) voraussichtlich fast acht Milliarden Euro mehr benötigt als bisher eingeplant; das geht aus einem Brief der Übertragungsnetzbetreiber an das Wirtschaftsministerium hervor, über den zuerst das Handelsblatt berichtet hat. Die höheren Kosten entstehen vor allem dadurch, dass der Strompreis stärker gesunken ist als erwartet; dadurch steigt die Differenz zwischen den Einnahmen aus dem Verkauf des Ökostroms und der festgelegten Vergütung für die Betreiber von Wind-, Solar-, Biomasse- und Wasserkraftwerken. Bis 2022 wurden diese Kosten als EEG-Umlage von den Stromkunden finanziert; seit 2023 werden die Kosten aus dem KTF bezahlt.
Zum anderen liegt der Preis der EU–CO₂-Zertifikate derzeit deutlich niedriger als im vergangenen Jahr. Weil die Einnahmen daraus in den KTF fließen, droht auch dadurch ein zusätzliches Loch. Damit sinken die Chancen weiter, dass schon im nächsten Jahr mit der Auszahlung des Klimagelds begonnen wird. Denn nachdem das Bundesverfassungsgericht 60 Milliarden Euro Rücklage aus dem KTF gestrichen hat, sind die Mittel dort ohnehin knapp. Auch vor den jüngsten Entwicklungen waren die Einnahmen schon komplett verplant, sodass ein früherer Auszahlungsbeginn nur mit massiven Kürzungen an anderer Stelle zu finanzieren wäre. Die wichtigsten Fragen und Antworten von Malte Kreutzfeldt zum Klimageld lesen Sie hier.
Leistungsmissbrauch: 260 Millionen Euro Schaden. Durch Leistungsmissbrauch ist den Jobcentern 2023 Schaden in Höhe von fast 258 Millionen Euro entstanden. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) schreibt in ihrer Jahresbilanz, schwerwiegende Fälle kämen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Leistungsberechtigten eher selten vor. Der “bandenmäßige Leistungsmissbrauch”, bei dem etwa Gruppen aus dem Ausland Arbeitsverhältnisse vortäuschen, mache rund viereinhalb Millionen Euro aus. In die Statistik fließen auch Überzahlungen ein: Wenn jemand zum Beispiel mehr Geld verdient und dies nicht oder nicht rechtzeitig meldet, gilt das als Missbrauch. Dieser Teil machte rund 58 Millionen aus.
Wirklich belastbare Aussagen sind laut BA nicht möglich. Es gebe eine nicht abschätzbare Dunkelziffer und nur die Zahlen der 300 “gemeinsamen Einrichtungen”. Diese werden von BA und Kommune zusammen getragen, darüber hinaus gibt es 104 von Kommunen selbstverwaltete Einrichtungen. Auch der Zoll prüft Missbrauch, für eine alle Daten zusammenführende Statistik gibt es bisher keine gesetzliche Grundlage. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Fälle von Leistungsmissbrauch und Verdacht auf Leistungsmissbrauch den Angaben zufolge um rund zwölf Prozent. Je nach Verdachtsfall erstatten die Jobcenter entweder Anzeige bei der Staatsanwaltschaft oder melden die Umstände dem Zoll.
SZ: Berlin friert Geld für UN-Hilfswerk ein
FAZ: Scholz erwartet von Deutschen “klares Votum gegen rechts”
Tagesspiegel: Mehr Unterstützung für Ukraine: Scholz und Lindner kritisieren europäische Partner
Handelsblatt: ZF steckt in der Zinsfalle
Sächsische Zeitung: Nur wenige Kommunen in Sachsen haben die Grundsteuer erhöht
Zeit Online: SPD: bekloppt und berauscht
Spiegel: Zweitgrößtes Parlament der Welt: das Spukschloss an der Themse
RND: Handball-EM: Schweden zu stark – Deutschland verpasst Bronze und direktes Olympia-Ticket
T-Online: Handball-Thriller: Frankreich schlägt Dänemark und ist Europameister
Business Insider: Heute sticht die “Icon of the Seas” in See: Das steckt wirklich hinter dem Boom der gigantischen neuen Kreuzfahrtschiffe
Europawahl: FDP könnte von Spitzenkandidatin profitieren. Die FDP kann nach Einschätzung der Politologin Ursula Münch darauf hoffen, dass der Personenfaktor ihrer Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann spürbar auf das Ergebnis bei der Europawahl einzahlt. Europawahlen würden in der Politikwissenschaft als “Wahlen zweiter Ordnung” kategorisiert, sagte die Direktorin der Tutzinger Akademie für Politische Bildung zu Table.Media. “Da sind die Wählerinnen und Wähler eher mal bereit, was Neues auszuprobieren”, so Münch. Strack-Zimmermann rage als ältere Frau in einer tendenziell jungen und männlichen Partei heraus. Für viele Frauen könne sie eine Art “Role Model” sein. Münch hält es für möglich, dass die FDP auch viele Stimmen von Wählerinnen und Wählern erhält, die zwar nicht zu den liberalen Stammwählern gehören, aber mit der Spitzenkandidatin sympathisieren.
Auf dem Europaparteitag in Berlin wurde Strack-Zimmermann mit 90 Prozent der Stimmen gewählt. In ihrer Rede warb die Verteidigungspolitikerin dafür, die Ukraine weiterhin wirtschaftlich, humanitär und militärisch zu unterstützen. Der Satz “As long as it takes” dürfe nicht zur Floskel verkommen. Außerdem plädierte sie für den Abbau von Bürokratie auf europäischer Ebene.
Dabei attackierte sie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen scharf: “Die Bürokratie arbeitet unter von der Leyen so gewissenhaft, dass die innovativsten Unternehmen bald stempeln gehen können.” Bei den weiteren Wahlen für die Europaliste setzte sich die hessische Kandidatin Isabel Schnitzler für Listenplatz sechs mit 78 Prozent klar gegen die Bundestagsabgeordnete Sandra Weeser (21 Prozent) aus Rheinland-Pfalz durch. Weitere Kampfkandidaturen für die Plätze mit realistischen Wahlchancen gab es nicht. Wie Münch die Rolle von Strack-Zimmermann in der FDP und ihre Chancen für die Europawahl einordnet, lesen Sie im Interview von Maximilian Stascheit.
Parteitag: BSW will Friedenspartei sein. Die Partei “Bündnis Sahra Wagenknecht”, hat auf ihrem ersten Parteitag programmatische Weichen gestellt. Das Programm für die Europawahl wurde ohne Änderungsanträge der Mitglieder und ohne Debatte verabschiedet. Den Internationalen Holocaust-Gedenktag nutzte die Partei, um ihren Anspruch als Friedenspartei zu betonen. “Der Tag, an dem Auschwitz befreit wurde, ist eine Verpflichtung für alle, die in Deutschland Politik machen”, sagte Oskar Lafontaine. Es war seit der Parteigründung von Sahra Wagenknecht und anderen der erste Auftritt von Wagenknechts Ehemann.
Ihm ging es um die Frage: Was ist eine linke Partei? Stärker als die Parteivorsitzende betonte Lafontaine das linke Profil des BSW. Es gebe keine Partei mehr im Bundestag, die konsequent für gute Löhne und gute Arbeit eintrete, sagte Lafontaine. Gleichzeitig sei es nichts Schlechtes, auch konservativ zu sein. “Wer sagt, dass wir heute nicht bewahren müssen, was früher links war?” Als Beispiel nannte er die Sprache. Die müsse die Sprache des Volkes bleiben, sagte Lafontaine mit Blick auf die Genderdebatte. Wie sich die Partei rhetorisch von der AfD absetzt und warum Sahra Wagenknecht selbst nach wie vor auch programmatisch das wichtigste Angebot des BSW ist, lesen Sie in der Analyse von Vera Weidenbach.
China.Table: Längere Wehrpflicht weckt Hoffnungen: Taiwans Wehrpflichtige müssen statt vier Monaten nun ein Jahr lang dienen. Eine große Wirkung dürfte die längere Dienstzeit aber nicht haben. Warum die Gefahren, die dem Inselstaat drohen, über einen rein militärischen Angriff Chinas hinausgehen, lesen Sie hier.
China.Table: Der Blick der Wirtschaft. Als frisch berufener Professor an der Goethe-Universität in Frankfurt will Philipp Böing China-Forschung aus Ökonomen-Sicht betreiben. Warum er das für dringend nötig hält, lesen Sie hier.
Anti-AfD-Protest: “Viele Betroffene sind einfach müde”. Die Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, Reem Alabali-Radovan, kann den Frust vieler Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland nachvollziehen. Mit Blick auf die Anti-AfD-Proteste, an denen (post-)migrantische Organisationen und Verbände eher zurückhaltend beteiligt waren, sagte sie im Interview mit Table.Media: “Viele sind einfach müde von dem Kampf und dass sich so wenig geändert hat.” Sie warnten bereits seit Jahren vor Rechtsextremismus und Rassismus. Nach der Mordserie des NSU und Anschlägen wie in Hanau und Halle sei dieser Frust nicht wirklich neu.
Alabali-Radovan fordert aktives Engagement. Es sei wichtig, dass die Solidarität, die sich in den Protesten zeige, auch darüber hinaus spürbar werde. “Jede und jeder Einzelne kann etwas machen: ins Gespräch gehen, in den Vereinen, Familien und Freundeskreisen.” Dazu gehöre auch das Einschreiten gegen Rassismus oder Verschwörungstheorien. Welche konkreten Schritte Alabali-Radovan jetzt von der Bundesregierung erwartet und was sie über ein AfD-Verbot denkt, lesen Sie im Interview von Leonard Schulz und Vera Weidenbach.
Jungpolitiker aus MV: Mehr auf Kommunen schauen. Michel-Friedrich Schiefler, jüngster Abgeordneter in Mecklenburg-Vorpommern, fordert vom Bundestag, andere politische Ebenen mehr zu berücksichtigen. “Bevor ein Gesetz in Kraft tritt, sollte viel stärker bedacht werden, wie es sich auf unsere Länder, Kreise und Kommunen auswirken wird”, sagte der SPD-Politiker zu Table.Media. Zudem solle der Bund Kommunen allgemein mehr unterstützen, um ihre Zukunftsfähigkeit sicherzustellen. Was die Bundespolitik aus seiner Sicht noch von Landesparlamenten lernen kann, hat Schiefler Okan Bellikli erzählt – im 15. Teil unserer Serie über die jüngsten Abgeordneten der Landtage.
Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft: Weckruf an die Ampel
7:15 Uhr: Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Europa-Spitzenkandidatin: FDP-Europaparteitag
8:10 Uhr: Ulf Buermeyer, Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte: Verfassungsinstitutionen absichern
Das Erste
5:35 Uhr/7:35 Uhr/8:35 Uhr: Dennis Steinhoff, Lokführer und Ausbilder: Traumberuf Lokführer?
6:10 Uhr/7:05 Uhr: Max Bohm, Geschäftsführer der Initiative Offene Gesellschaft: Diskussionen mit Extremisten
7:10 Uhr: Katarina Barley, SPD-Europa-Spitzenkandidatin: Europawahl in schwierigen Zeiten
8:10 Uhr: Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Europa-Spitzenkandidatin: Europawahl in schwierigen Zeiten
Highlights der Woche
Am Mittwoch gedenkt der Bundestag der Opfer des Nationalsozialismus. Bärbel Bas eröffnet die Gedenkstunde mit einer Ansprache. Thema ist die generationenübergreifende Aufarbeitung des Holocaust.
Am Donnerstag verabschiedet der Bundestag voraussichtlich eine Änderung des Bundeswahlgesetzes. Geplant ist die Umverteilung eines Wahlkreises von Sachsen-Anhalt nach Bayern. Der Grund: Die bisherige Verteilung der Wahlkreise auf die Länder entspricht nicht mehr deren Bevölkerungsanteil.
Am Freitag entscheiden Bundestag und Bundesrat über den Haushalt 2024. Der Bundesrat widmet sich zudem weiteren Themen wie dem Rückführungsverbesserungsgesetz, der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts und dem E-Rezept.
Am Samstag ruft ein Bündnis aus mehr als 500 Organisationen unter dem Namen Wir sind die Brandmauer am Reichstagsgebäude zu einer Demonstration auf “für Demokratie und gegen Spaltung”.
Was noch wichtig wird
Montag, 29. Januar
Digitalpolitik: “Immer größer statt grüner”: Fachkonferenz der Heinrich-Böll-Stiftung zu KI und Nachhaltigkeit. Mit Christian Kühn, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium. 9 Uhr, Berlin. Infos & Anmeldung
Dienstag, 30. Januar
Europa: “Zeitenwende 2.0: EU-Reformen und EU-Erweiterung im Schatten des Wahljahres 2024”: Veranstaltung des European Forum Alpbach. Mit Staatsministerin Anna Lührmann. 18 Uhr, Europäisches Haus. Infos & Anmeldung
Finanzen: “Währungshüter als ewige Retter in der Not?”: Gespräch zur Rolle der Zentralbanken in Finanzkrisen. Mit Bundesbankpräsident Joachim Nagel und IfW-Kiel-Präsident Moritz Schularick. 16:30 Uhr, ProjektZentrum Berlin. Infos & Anmeldung
Mittwoch, 31. Januar
Außenpolitik: Sitzung des Auswärtigen Ausschusses mit Annalena Baerbock zur Lage im Nahen Osten und möglichen Taurus-Lieferungen in die Ukraine. 8 Uhr, Paul-Löbe-Haus
Donnerstag, 1. Februar
Gedenken: Die SED-Opferbeauftragte des Bundestags, Evelyn Zupke, lädt zum Fachgespräch “Die europäische Perspektive des Gedenkens und Erinnerns an die Opfer des Kommunismus”. 17 Uhr, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus
Fotografie: Preisverleihung zum “Unicef Foto des Jahres 2023” mit anschließender Ausstellung ab Freitag. 19 Uhr, Willy-Brandt-Haus
Spiegel: Christian Lindner hat die Referatsleiterin Gerda H. versetzt, die durch Steuerberatung für Reiche aufgefallen war. Sie leitet künftig die Produktinformationsstelle Altersvorsorge in der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums.
Montag, 29. Januar
Manfred Lehmann, Schauspieler, 79 / Żaklin Nastić, MdB (BSW), 44 / Stefan Ramge, Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, 59 / Felix Schreiner, MdB (CDU), 37
Unser Tipp führt Sie heute zurück in die DDR. Die im brandenburgischen Guben geborene Historikerin Katja Hoyer hat 2023 eine neue Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik vorgelegt. Sie führte zahlreiche Interviews mit ehemaligen DDR-Bürgern und baut deren persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen in den historischen Kontext ein. So liest sich das Buch stellenweise wie eine Reportage über das “normale Leben” in dem Land. Ein Lesebuch im Stil der angloamerikanischen Geschichtsschreibung – Hoyer forscht am King’s College in London – und ein ungewöhnliches Werk, das den Blick auf die DDR erweitert.
Diesseits der Mauer | Hoffmann und Campe
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