Table.Briefing: Europe

Verbrenner-Streit + Data Privacy Framework + Atomförderung

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Ampel-Koalition steht mit ihrer Europapolitik immer wieder in der Kritik. Nun gibt es im wahrsten Sinne des Wortes sogar einen U-Turn. In Sachen Verbrenner-Aus kommt von Verkehrsminister Wissing (FDP) ein “Nein” – dabei sind die Verhandlungen längst abgeschlossen. Das ist nicht nur ungewöhnlich, sondern könnte das gesamte Fit-for-55-Paket ins Wanken bringen und die Verlässlichkeit Deutschlands auf EU-Ebene infrage stellen, analysiert Lukas Scheid.

Einen Schritt in Richtung Klarheit geht es dagegen in Sachen Data Privacy Framework (DPF). Die Vereinbarung für den Transfer von DSGVO-geschützten Daten in die USA hat eine wichtige Hürde genommen: Die europäischen Datenschutzbehörden äußern überraschend wenig Kritik an der EU-Vereinbarung mit den USA, beobachtet Falk Steiner.

Erst die EU-Kommission, jetzt das Europaparlament: Die Mitarbeiter des EP dürfen Tiktok nicht mehr auf ihren Diensthandys nutzen – Abgeordneten und deren Assistenten wird der Schritt ebenfalls nahegelegt.

Frankreich hat am Dienstag elf Staaten in Sachen Kernkraft zusammengetrommelt. Das Ziel: die Anrechnung von Atomenergie auf die Erneuerbaren-Ziele der EU voranzubringen. Nach dem Treffen ist Polen vorgeprescht – und hat EU-Fördermittel für den AKW-Neubau gefordert, schreibt Manuel Berkel.

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Alina Leimbach
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Analyse

Bremsmanöver beim Verbrenner-Aus: Riskiert Wissing einen Flurschaden in Europa?

Eigentlich ist die Bestätigung eines Trilogergebnisses im Rat reine Formsache. Doch kommenden Dienstag, wenn das Verbrenner-Aus beim Ministerrat in Brüssel auf der Agenda steht, könnte die finale Abstimmung zum Politikum werden. Grund sind Äußerungen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing und seinem parlamentarischen Staatssekretär, Michael Theurer, diese Woche. Pkw mit Verbrennungsmotoren, die nachweislich ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können, sollten auch nach 2035 zugelassen werden können.

Diese Forderung aus FDP-Kreisen, das Verbrenner-Aus doch noch zu kippen, ist zwar nicht neu, kommt zum jetzigen Zeitpunkt dennoch überraschend. Denn eigentlich ist die Debatte längst durch. Die EU-Mitgliedstaaten – darunter auch Deutschland inklusive der FDP – hatten sich schon im Juni vergangenen Jahres darauf geeinigt, ab 2035 nur noch CO₂-freie Antriebe in neuen Pkw zuzulassen. Das faktische Verbrenner-Aus ist Teil einer Überarbeitung der EU-Flottengrenzwerte, die Autoherstellern Emissionsminderungen für ihre Neuwagenflotte vorschreibt.

Auf Druck der FDP-Ministerien wurde in letzter Minute ein Erwägungsgrund – der sogenannte Recital 9a – in den Gesetzesvorschlag hinein verhandelt. Darin wird die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag zu machen, wie Verbrenner auch nach 2035 noch zugelassen werden können, sofern sie ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden.

Wissings Aussage am Dienstag, die Kommission müsse jetzt liefern und Zusagen einhalten, bezieht sich auf jenes Recital. Was er nicht sagt: Das Verbrenner-Aus 2035 würde ohnehin weiterhin bestehen bleiben, denn diese Ausnahme soll nur für Fahrzeuge gelten, die nicht unter die Regelung der CO₂-Flottengrenzwerte fallen.

FDP stimmte Verbrenner-Aus bereits mehrfach zu

Der Erwägungsgrund 9a stand auch nach dem Trilog mit Parlament und Rat noch im Gesetzesvorschlag. Deutschland habe diesem Trilogergebnis vom 27. Oktober 2022 bereits zugestimmt, erklärte das für das Dossier zuständige Bundesumweltministerium am Dienstag. “Diese Zustimmung war mit den anderen Ressorts abgestimmt.” Der Text, der nun im Rat bestätigt werden soll, sei unverändert, so das BMUV. Das heißt, Wissing hat persönlich abgesegnet, was er jetzt zu verhindern versucht.

Sollte die FDP ihre Blockadehaltung fortsetzen und das Verbrenner-Aus tatsächlich noch kippen, wäre der Koalitionsstreit also garantiert. Und mehr noch: Eine Blockade der FDP könnte verheerende Auswirkungen auf EU-Ebene haben. Mehrere EU-Politiker fürchten um Deutschlands Glaubwürdigkeit in Brüssel. “Wenn man politische Positionen durchsetzen will, dann bringt man sie frühzeitig in der Gesetzgebung ein und nicht im Nachhinein“, kritisiert Jens Gieseke (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament.

Parteifreund Markus Ferber (CSU) sagt, die Äußerungen von Wissings grenzten “an Schizophrenie.” Zunächst behaupte er, dass er mit einem Erwägungsgrund das Verbrenner-Aus auf den letzten Metern verhindert habe. “Nun sagt er, Deutschland könne dem Kompromiss nicht zustimmen”, so Ferber. Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, kommentiert: “Deutschland würde sich als absolut unzuverlässiger Verhandlungspartner zeigen, wenn es jetzt von getroffenen Vereinbarungen abrückt.”

Sperrminorität nicht unmöglich

Klar ist aber auch, sollte es innerhalb der Koalition keine gemeinsame Position geben, müsste sich Deutschland kommenden Dienstag enthalten – so lautet die Geschäftsordnung. An dieser Stelle hätte die FDP durchaus die Möglichkeit, das Ende des Verbrennungsmotors für Pkw noch zu kippen – jedoch nicht im Alleingang. Für die Annahme des Vorschlags ist eine qualifizierte Mehrheit notwendig: Wenn 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, mit Ja stimmen, gilt der Vorschlag als angenommen.

Italien hat bereits klargemacht, dass es dem Verbrenner-Aus nicht zustimmen wird. Genauso Polen und Bulgarien, heißt es aus Diplomatenkreisen in Brüssel. Sollte auch Berlin mit einer Enthaltung seine Zustimmung verweigern, wäre die qualifizierte Mehrheit bereits nicht mehr erfüllt. Es käme zu einer sogenannten Sperrminorität und der Vorschlag wäre abgelehnt.

Es käme zu Nachverhandlungen, in denen Deutschland kaum mehr als ernst zu nehmender Verhandlungspartner dastehen dürfte.

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Datenschützer: Keine grundlegenden Bedenken gegen DPF

Zwar hat er kein Vetorecht. Doch wenn der Europäische Datenschutzausschuss die Zusicherungen der USA für einen besseren Schutz aus der EU stammenden Daten rundheraus für unzureichend befunden hätte, wäre das einer Ablehnungsempfehlung für das Europäische Parlament gleichgekommen. Zudem wäre seine Kritik wohl der Hauptansatzpunkt für ein mögliches, späteres Verwerfen der Angemessenheitsentscheidung der Kommission durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Doch die Datenschutzaufsichtsbehörden der EU sehen das “Data Privacy Framework” als Rechtsrahmen positiver als Unternehmen befürchtet und Kritiker erhofft haben.

Auf 54 Seiten prüfen die Aufsichtsbehörden die von den USA gemachten Zusicherungen über administrative Verfahrensänderungen und die Würdigung dieser durch die EU-Kommission. Der Datenschutzausschuss sieht “wesentliche Verbesserungen” gegenüber den Vorgänger-Vereinbarungen Safe Harbor und Privacy Shield, die vor dem Europäischen Gerichtshof scheiterten. Zwar gibt es aus ihrer Sicht noch Verbesserungsbedarf. Aber die Einwände sind in keinem Fall so grundlegender Natur, dass Justizkommissar Didier Reynders nach dieser Stellungnahme in Sack und Asche gehen müsste.

Konziliante Aufsichtsbehörden

Die Aufsichtsbehörden würden “anerkennen, dass die Verbesserungen des US-Rechtsrahmens erheblich sind”, sagt Andrea Jellinek, die dem Gremium vorsteht. Allerdings empfiehlt sie für die Datenschützer der Kommission, “auf die geäußerten Bedenken einzugehen und die geforderten Klarstellungen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass die Angemessenheitsentscheidung Bestand haben wird.”

Die Datenschützer geben sich an vielen Stellen konziliant: So sei etwa das Recht auf einen wirksamen Rechtsschutz nicht zwingend an ein formelles Gericht gekoppelt. Sondern könne auch durch eine andere Form unabhängiger Entscheidungsfindung sichergestellt werden, die den gleichen Prinzipien folge. Etwa so, wie im DPF-Rahmen als Sondergerichtsbarkeit unter dem Namen Data Protection Review Court vorgesehen. Allerdings komme es bei der Umsetzung auf die Details an, so die Datenschützer. Die Kommission sei dazu verpflichtet, ständig auf Änderungen am Rahmen der Unabhängigkeit der Prüfungsinstanz bei Rechtsbehelfen zu achten. Veränderungen an den US-Regularien könnten dazu führen, dass ein unmittelbar anwendbarer Umsetzungsrechtsakt ausgelöst würde, der die Angemessenheitsentscheidung “aussetzt, widerruft oder ergänzt.”

Auch bei der Frage, ob die US-Behörden nur in “notwendigem und verhältnismäßigem” Umfang Daten bei privaten Anbietern erheben würden, sind die Datenschützer nicht auf einen Konflikt aus. Grundsätzlich könne man, formulieren sie vorsichtig, die Möglichkeiten der Strafverfolger in den USA als diese Prinzipien beachtend betrachten.

FISA Court bleibt problematisch

An anderer Stelle allerdings hegen die Datenschützer starke Bedenken: Vor allem bei der massenhaften Speicherung von Daten sehen die Datenschützer nach wie vor Probleme. Die Anforderung, dass solche Erfassungen vorher von einem unabhängigen Gremium genehmigt werden müssten, sehen die Datenschützer nicht als erfüllt an. Insbesondere großflächige Überwachungsmaßnahmen nach dem Auslandsüberwachungsgesetz FISA Artikel 702 standen immer wieder im Fokus der Kritik – etwa bei den Snowden-Enthüllungen.

Der Foreign Intelligence Surveillance Court, also das Gericht zur Genehmigung von Auslandsüberwachungsmaßnahmen, sei durch die US-Garantien nicht an die von Präsident Joe Biden vorgenommenen Änderungen gebunden. Allerdings wäre für eine entsprechende Änderung wohl auch nicht per Präsidialverfügungen und Änderungen von Anwendungsbestimmungen möglich, wie sie nun Grundlage des Data Privacy Frameworks sind. Materielle Gesetzesänderungen am Sicherheitsrecht in den USA durch die US-Legislative wiederum erscheinen seit Jahren politisch nicht möglich.

Bedenken hegen die Datenschützer allerdings auch bei der möglichen Weitergabe an Drittstaaten von unter dem DPF gewonnenen Erkenntnissen durch US-Sicherheitsbehörden: hier fordern sie die EU-Kommission auf, weitere Informationen beizusteuern.

Wirklich nachbessern wiederum sollten die US-Behörden und damit die EU-Kommission nach Ansicht der Datenschützer bei der Frage, wie automatisierte Entscheidungen auf Datenbasis in den USA als sektorspezifische Regelungen adressiert würden – hier ist der Datenschutzausschuss unzufrieden.

Data Privacy Framework könnte bald kommen

Die EU-Kommission kann sich also halbwegs beruhigt zurücklehnen, die verhandelnden Stellen der US-Seite wie dem Department of Commerce ebenfalls. Mit der jetzt veröffentlichten Meinung des EDPB scheint eine juristisch wie politisch besonders relevante Hürde genommen zu sein – die Zeit der ungeschützten Datentransfers in die USA könnte damit bald vorbei sein.

Allerdings krankt die Stellungnahme des Datenschutzausschusses an einer entscheidenden Stelle: Die EU-Datenschützer müssen sich bei ihren Einschätzungen in weiten Teilen auf öffentlich zugängliche Berichte von US-Stellen und politische Zusicherungen verlassen – deren Umsetzung sie nicht prüfen können, da ihnen dafür die Befugnisse fehlen.

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News

Europäische Investitionsbank: Präsident Hoyer hört zum Jahresende auf

Der Präsident der Europäischen Investitionsbank, Werner Hoyer, tritt nach Informationen von Table.Media zum Jahresende ab. Der 72-Jährige werde keine weitere Amtszeit anstreben, hieß es in informierten Kreisen. Ein EIB-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.

Hoyer führt die Förderbank mit Sitz in Luxemburg seit 2012. Den Kreisen zufolge hat Hoyer bereits die schwedische Regierung informiert, die derzeit dem Rat der EU vorsitzt. Diese kann nun die Suche nach einem Nachfolger an der Spitze der EU-Bank einleiten.

Klare Favoritinnen gibt es laut den Kreisen noch nicht. Als mögliche Kandidatinnen werden die spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño und die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, gehandelt. Auch Italien könnte Anspruch auf den Posten an der Spitze der EIB erheben – Rom besetzt derzeit keinen der Spitzenämter auf EU-Ebene. tho

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Atomenergie: Polen will EU-Förderung

Nach dem Treffen von elf EU-Staaten zur Kernenergie fordert die polnische Regierung von der EU-Kommission finanzielle Fördermittel für den Neubau von Atomkraftwerken. “Nicht nur erneuerbare Energien und Netze sollten aus europäischen Mitteln finanziert werden können, sondern auch Kernenergie“, sagte Polens Energieministerin Anna Moskwa gestern zum Abschluss des Energieministertreffens in Stockholm. In europäischen Programmen sei Platz sowohl für große Atomkraftwerke als auch für andere Technologien zur Nutzung der Kernenergie.

Das Treffen der elf Staaten hatte Frankreich initiiert, um die Zusammenarbeit in Atomfragen voranzutreiben und Unterstützung für seinen Kurs zu gewinnen, Atomenergie auf die Erneuerbaren-Ziele der EU anrechnen zu können. Die Teilnehmer seien unter anderem übereingekommen, Möglichkeiten für gemeinsame Ausbildungsprogramme und Industrieprojekte zu untersuchen, heißt es in einer gestern verbreiteten knappen Abschlusserklärung.

Kernenergie nicht gegen Erneuerbare “ausspielen”

Aus dem Kreis der Staaten mit bestehenden Atomkraftwerken oder Plänen und Überlegungen zum Bau von Meilern, nahmen Deutschland, Spanien, Belgien und die baltischen Staaten nicht teil. Italien sagte seine Teilnahme kurzfristig ab. Für Italien gelte es zunächst, einen Wiedereinstieg in die Kernenergie auf nationaler Ebene zu prüfen, erklärte gestern Energieminister Gilberto Pichetto und verwies auf entsprechende Volksentscheide in der Vergangenheit. Pichetto gehört zur Partei Forza Italia von Silvio Berlusconi, die sich mehrfach für den Wiedereinstieg ausgesprochen hatte.

Die französische Regierung schlug gestern in der Atomfrage einen versöhnlicheren Ton an als in den Wochen zuvor. Vor Journalisten betonte Energieministerin Agnès Pannier-Runacher, Kernenergie solle nicht gegen erneuerbare Energie “ausgespielt” werden. Dienstagmittag tauschte sich die Ministerin mit dem deutschen Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne) aus. Gemeinsam sollten Lösungen für das deutsche Anliegen gefunden werden, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, berichtete die Ministerin. cst/ber

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Due Diligence: Klage gegen Total zurückgewiesen

Es war die erste Klage unter dem französischen Lieferkettengesetz: NGOs, allen voran Friends of the Earth Frankreich, belangten das Energieunternehmen TotalEnergies 2019 wegen der Verletzung der Sorgfaltspflichten bei einem Ölpipelineprojekt in Uganda. Am Dienstag erhofften sie sich nach dreijährigem Rechtsstreit ein Grundsatzurteil. Doch das Gericht von Paris erklärte die Klage als unzulässig.

Die Richter werfen den Klägern prozedurale Fehler vor: Laut ihrem Urteil haben sich die Anträge und Beschwerdepunkte der Kläger von jenen unterschieden, die diese 2019 im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgebracht hatten. Die NGOs wiesen die Entscheidung in einer Pressemitteilung zurück: Die Beschwerdepunkte seien die Gleichen, man habe lediglich seit 2019 eine Masse an Beweisen zusammengetragen, die die Beschwerden gegen den Ölgiganten Total untermauerten. 

“Wieder einmal ist es eine verpasste Gelegenheit für die französische Justiz, den zahlreichen Verstößen in Uganda und Tansania ein Ende zu setzen”, bedauerte Juliette Renaud von Friends of the Earth Frankreich. TotalEnergies hatte bis zum Redaktionsschluss nicht auf das Urteil reagiert.

Hürdenlauf um die Frage der Zuständigkeit

Nachdem Friends of the Earth & Co. 2019 Klage gegen Total eingereicht hatten, folgte ein regelrechter Hürdenlauf um Prozeduren und Zuständigkeiten der Gerichte. Total forderte, dass der Fall vor einem Handelsgericht verhandelt wird. Die NGOs wollten, dass sich ein Zivilgericht mit dem Fall befasst. 2021 musste das Verfassungsgericht entscheiden und tat dies im Sinne der NGOs.

Konkret werfen die sechs NGOs; neben Friends of the Earth Frankreich sind es die NGO Survie, Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO), CRED, National Association of Professional Environmentalists (NAPE) and Navigators of Development Organisation (NAVODA); dem Unternehmen Total vor, in Uganda gegen Menschenrechte und Umweltnormen zu verstoßen.

Der Energiekonzern plant auf dem Gelände des Murchison-Falls-Nationalparks ein milliardenschweres Ölförderprojekt und will mit einer Pipeline Erdöl über Tansania bis zum Indischen Ozean transportieren. Das Projekt, welches von einer Tochtergesellschaft von Total getragen wird, soll über 419 Bohrstellen umfassen, 130 davon auf dem Gelände des Nationalparks.

Weiter keine Rechtssprechung

Hunderttausende Menschen seien teils ohne Kompensation für das Projekt umgesiedelt worden, so die klagenden NGOs. Zudem berge das Pipeline-Projekt enorme Gefahren für die Biodiversität in dem Nationalpark, der etliche gefährdete Arten beherbergt. Die NGO forderten in ihrer Klage unter anderem:

  • Total müsse seinen Sorgfaltspflichtenplan anpassen und umsetzen;
  • die Arbeiten in Uganda müssten so lange gestoppt werden, bis alle umgesiedelten Menschen eine Kompensation erhalten haben und alle Maßnahmen zur Sorgfaltspflicht ausgearbeitet und umgesetzt worden sind.

Die Richter gingen in ihrem Urteil allerdings auf keine inhaltlichen Fragen ein. Das Urteil zeigt einmal mehr, wie schwer es ist, Unternehmen auf Basis des französischen Sorgfaltspflichtengesetzes zu belangen. Es wurde 2017 als Reaktion auf Rana Plaza erlassen, umfasst nur drei Artikel und ist nicht einmal eine Seite lang. Künftige Gerichtsurteile würden für die nötige Klarheit sorgen, war damals das Credo. Vom gestrigen Urteil erhoffte man sich so beispielsweise eine Antwort darauf, inwiefern eine Unternehmensgruppe für die Entscheidungen ihrer Tochtergesellschaften verantwortlich ist. Doch das richtungsweisende Urteil blieb aus.

Neben der Klage gegen Total haben NGOs noch weitere Klagen auf Basis des französischen Gesetzes eingereicht, etwa gegen die Bank BNP Paribas und den Energieversorger EDF. cw

  • Due Diligence
  • Rohstoffe
  • Sorgfaltspflichtengesetz

Handel: Weyand warnt vor regulatorischem Imperialismus

Die Generaldirektorin für Handel, Sabine Weyand, warnt davor, Handelspartner zu verprellen: “Insbesondere unsere autonomen Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit werden von unseren Partnern zunehmend laut und deutlich als grüner Protektionismus und extraterritoriale Regulierung kritisiert”, sagte die Spitzenbeamtin der EU-Kommission. Von Gesprächspartnern in Asien, Afrika oder Lateinamerika bekomme sie in letzter Zeit häufig den Begriff “regulatorischer Imperialismus” zu hören.

Weyand mahnte, die Kritik ernst zu nehmen und mit den betroffenen Staaten zusammenzuarbeiten, damit diese die Anforderungen, beispielsweise aus der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, umsetzen könnten. Es sei völlig legitim, dass andere Staaten auf ihrer Regelungshoheit beharrten: “Wir sollten mit Demut anerkennen, dass Europa nicht das Monopol der guten Regulierung hat“.

“Werte nicht absolut sehen”

Weyand sprach auf einer von Grünen-Abgeordneten organisierten Konferenz in Berlin. Der grüne Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf entgegnete, Betroffene wie indigene Völker hätten oft eine andere Sicht als die Regierungen in den Ländern – sie profitierten vom Schutz der Regenwälder. Eine wertebasierte Handelspolitik sei wichtig, um bei der Wahl von Handelspartner zu priorisieren. Die Werte dürften aber “nicht absolut gesehen werden, weil wir sonst in einer Sackgasse landen würden”.

Weyand mahnte, den Kreis möglicher Partner nicht zu eng zu ziehen: “Der Club der liberalen Demokratien ist einfach zu klein, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.” Entscheidend sei, dass die Handelspartner verlässlich seien.

Unternehmen sollen China-Risiko selbst tragen

Mit Blick auf China sagte sie, es sei nötig, bestehende Abhängigkeiten, etwa bei Rohstoffen für die Energiewende, zu reduzieren. Dies betreffe aber nur fünf bis sechs Prozent des bilateralen Handels. Eine Entkoppelung von China sei daher weder realistisch noch notwendig. Allerdings solle ein Rahmen dafür geschaffen werden, damit stark vom chinesischen Markt abhängige Unternehmen die Risiken selbst trügen und diese nicht auf die Gemeinschaft abwälzen könnten.

Weyand plädierte dafür, nach der Wahl von Präsident Lula da Silva in Brasilien, die Chance für einen Abschluss des Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten zu ergreifen. Dafür würden beide Seiten nun darüber sprechen, das fertig ausgehandelte Abkommen um ein Instrument zu ergänzen, das rechtlich verbindlich die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und des Pariser Klimaabkommens festschreibe. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner, zeigte sich “sehr zuversichtlich”, eine entsprechende Vereinbarung mit den Mercosur-Staaten hinzubekommen. Dafür müsse sich aber auch die EU-Seite bewegen.

Laut EU-Kreisen haben die Botschafter von Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay in Brüssel unlängst mitgeteilt, dass die Regierungen das 2019 ausgehandelte Abkommen nicht noch einmal aufschnüren wollen. Präsident Lula hatte dies im Wahlkampf noch gefordert. Vielmehr seien sie zu einer Zusatzerklärung bereit, wenn diese nicht nur auf einzelne Staaten wie Brasilien ins Visier nehme und vergleichbare Zusagen der EU enthalte. Eine Verhandlungsdelegation der EU-Kommission wird demnach nächste Woche nach Buenos Aires reisen, um über konkreten Forderungen zu sprechen. tho

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Kartellrecht: EU schränkt Vorwürfe gegen Apple ein

In ihrer kartellrechtlichen Untersuchung gegen Apple hat die EU einen Teil ihrer Vorwürfe zurückgenommen. Die Kommission befasst sich nicht mehr mit der Frage, ob Apple seine marktbeherrschende Position missbraucht, weil das Unternehmen App-Entwicklern für In-App-Käufe die Nutzung seines gebührenpflichtigen Systems vorschreibt.

Vielmehr konzentriert sich die Kommission auf den zweiten Vorwurf. Demnach erlaubt Apple den App-Entwicklern nicht, in der Anwendung darauf hinzuweisen, dass Nutzer Abonnements auch außerhalb des App-Stores abschließen können. So erfahren iPhone- und iPad-Verwender auf diesem Wege nichts über alternative Musikabonnements zu niedrigeren Preisen außerhalb der App.

Seit 2020 förmliches Verfahren gegen Apple

Bereits im März 2019 hatte der Musikstreamingdienst Spotify eine Beschwerde gegen die App-Store-Guidelines von Apple in Brüssel eingereicht. Im Jahr darauf beschwerte sich ein Vertriebshändler für Hörbücher und E-Books ebenfalls über die Auswirkungen der App-Store-Regeln auf den Wettbewerb. Im Juni 2020 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein. Dessen Beschwerdepunkte gegenüber Apple änderte sie nun ab.  

Spotify begrüßte, dass die Kommission mit ihrer Entscheidung eine klare Botschaft sende, dass Apple fair spielen und Wettbewerb zulassen müsse. “Das Momentum ist auf der Seite der Verbraucher, aber sie verdienen eine endgültige Lösung – und zwar bald“, forderte Spotify. vis

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ZVEI: EU muss beim Chips Act Tempo machen

Der ZVEI befürchtet, dass Europa seine Ausbauziele auf dem Halbleitermarkt verfehlen wird, wenn die EU nicht schneller handelt und mehr Geld mobilisiert. Europa laufe Gefahr, abgehängt zu werden, unter anderem weil die Auswirkungen des EU Chips Acts zu spät kämen. “Fakt ist, dass sich Europa als Halbleiterregion nicht wird halten können, wenn nicht umgehend die notwendigen Rahmenbedingungen für Investitionen in Europa installiert werden”, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, am Dienstag bei einem Ausblick auf Trends und Chancen auf dem Halbleitermarkt.

Die EU hatte den Chips Act im Februar 2022 vorgelegt. Ziel ist es, den Anteil Europas am globalen Halbleitermarkt von aktuell weniger als zehn Prozent auf 20 Prozent bis 2030 zu verdoppeln. Dies soll zur technologischen Souveränität Europas beitragen. Im November 2022 hatten der Rat und am 15. Februar 2023 das EU-Parlament den Weg für den Trilog freigemacht.

Das Problem: Auch wenn der globale Halbleitermarkt aktuell ein typisch zyklisches Verhalten zeige, sei die Chip-Rallye der vergangenen Jahre noch nicht beendet, ist der ZVEI überzeugt. Da der globale Halbleitermarkt sich bis 2030 auf etwa eine Billion US-Dollar verdoppeln werde, müsse Europa seinen Anteil vervierfachen, um auf den angestrebten Marktanteil zu kommen.

Europa braucht Halbleiter für die grüne Transformation

Die von der EU veranschlagte finanzielle Ausstattung (43 Milliarden Euro) sei vor allem im Vergleich zu den Förderprogrammen der USA (etwa 270 Milliarden US-Dollar) zu gering. Die Kommission setze fast ausschließlich auf Unterstützung durch die Mitgliedsstaaten, sagte Weber. “Ohne erhebliche zusätzliche Investitionen der öffentlichen Seite und ohne Investitionsanreize für die private Seite wird es trotz des Chips Acts zu einer weiteren Schwächung Europas als Produktionsstandort kommen.”

Wichtig sei, Investitionen in Bereichen zu fördern, wo Europa stark sei und auch in Zukunft großen Bedarf haben werde: im Bereich der (Automobil-)Industrie und der grünen Transformation. Weber betonte dabei, dass der Chips Act ein strategisches Instrument sei und kein Kriseninstrument.

Die EU solle sich bei den drei Säulen des Chips Acts auf die strategischen Fragen fokussieren. Wichtig sei auch, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Dazu müsse die EU das Ökosystem durch mehr Ausgaben für Forschung und Entwicklung stärken, die Energiekosten für die energieintensive Halbleiterindustrie stabilisieren und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. vis

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Presseschau

Treffen der EU-Energieminister: Elf EU-Staaten vereinbaren Nuklear-Allianz TAGESSCHAU
EU erwägt Verlängerung des Gas-Notfallplans BERLINER-ZEITUNG
EU-Sanktionen gegen Russland: Atomkraft bleibt weiterhin außen vor HEISE
Ampel einigt sich auf schnellere Genehmigungsverfahren für Ökostrom ZEIT
Gesetzesentwurf: Verbot neuer Ölheizungen ab 2024 geplant TAGESSCHAU
Wissing droht EU mit Enthaltung beim Verbrenner-Aus SUEDDEUTSCHE
Grundsätzliche Einigung: Serbien und Kosovo nähern sich an DW
Meloni fordert EU beim Thema Migration zum Handeln auf FAZ
Finanzieller und mentaler Druck: Geflüchtete aus der Ukraine kämpfen mit Geldproblemen T-ONLINE
Neue EU-Initiative zur Suche nach entführten ukrainischen Kindern EURACTIV
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Slowakei erwägt Bau eines neuen Kernkraftwerks EURACTIV

Heads

Udo Philipp – für die Transformation der Wirtschaft durch Politik

Udo Philipp, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Quelle: BMWK / Susanne Eriksson

Ein Seitenwechsel von der Wirtschaft in die Politik kommt in Deutschland nur selten vor. Zu den wenigen Vertretern gehört der Staatssekretär Udo Philipp, im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) für die Industrie zuständig. Er ist damit einer der politischen Beamten, die die Transformation der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität begleiten, aber auch mit handelspolitischen Fragen oder dem Lieferkettengesetz beschäftigt sind.

Mit Wirtschaft und Transformation kennt Philip sich aus, persönlich und beruflich: Mehr als ein Jahrzehnt war er Senior Partner beim schwedischen Finanzinvestor EQT, dort verantwortete er unter anderem den Kauf- und Rückverkauf der Daimler-Tochter MTU Friedrichshafen, womit der Investor gut zwei Milliarden Euro verdient hat. Aber 2015 stieg er aus und fing an, ein neues Lebenskapitel zu schreiben, sechs Jahre nachdem die globale Finanzkrise ihm – wie er sagt – sein “Schlüsselerlebnis” beschert habe.

Auch bei EQT seien damals einige der Unternehmen in eine “existenzbedrohende Krise geraten”, weshalb der Investor als Eigentümer ihnen Schulden gestundet oder erlassen hätte, schreibt er auf seiner Website. Gemäß den Regeln der Marktwirtschaft hätten sie dabei Geld verloren. Umso weniger verstehen konnte der Finanzmanager, wie sich die Bundesregierung damals “von den Banken über den Tisch ziehen ließ“. Da sei ihm klar geworden, dass er politisch etwas verändern wolle.

Job-Ausstieg, Mid-Career-Master, Engagement bei Finanzwende

Er wechselte zuerst in Teilzeit, stieg später ganz aus, verkaufte seine Anteile und studierte ein Jahr an der Harvard Kennedy School, wo er einen Master in öffentlicher Verwaltung machte. Und er engagierte sich zivilgesellschaftlich als Mitglied bei Finance Watch, einer NGO, die auf das Betreiben von EU-Parlamentariern verschiedener Parteien in Brüssel gegründet wurde – als Gegengewicht zur Finanzlobby. Maßgeblich beteiligt daran war auch der damalige EU-Abgeordnete Sven Giegold von den Grünen, heute sein Staatssekretärskollege im BMWK.

Er knüpfte Kontakt zu Gerhard Schick, damals finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der ebenfalls entsetzt über die politische Reaktion auf die Finanzkrise war. Als dieser 2018 die NGO Bürgerbewegung Finanzwende gründete und vom Politiker zum Aktivisten wurde, unterstützte Udo Philipp das Projekt finanziell, inhaltlich und organisatorisch als Aufsichtsratsvorsitzender.

Alle drei – Schick, Giegold und Philipp – schrieben 2016 sogar gemeinsam ein Buch: “Finanzwende: den nächsten Crash verhindern“. Es war ein ernüchternder Rückblick auf unterbliebene Reformen im Finanzsystem. Seit der Finanzkrise von 2007/8 seien zwar 34.019 Seiten an neuen Vorschriften entstanden, doch gebracht habe diese Papierflut wenig, der nächste Crash komme sicher, so der Tenor des Buchs.

Habeck nimmt Philipp von Schleswig-Holstein mit nach Berlin

Nach seinem Harvard-Studium führte Udo Philipp erst einmal eine Zeit lang den Haushalt der Familie, kochte vor allem. Seine Frau arbeitete damals Vollzeit, er selbst war in Teilzeit Aufsichtsrat, unter anderem bei der größten Nachhaltigkeitsbank Europas, der niederländischen Triodos. Nach dem Abitur seiner beiden Söhne stieg er wieder voll ins Berufsleben ein.

Ab 2019 arbeitete er zunächst unter der grünen Finanzministerin Monika Heinold in Schleswig-Holstein als Staatssekretär für die Steuer- und Finanzverwaltung, zog aus seiner bayerischen Heimat nach Kiel. Als Heinolds Kabinettskollege Robert Habeck dann das zum BMWK umbenannte Ministerium in der Ampelregierung übernahm, holte er Philipp als einen seiner sieben Staatssekretärinnen und Staatssekretäre nach Berlin. Er hat damit einen wichtigen Posten, wenn es um die Gestaltung der Wirtschaft geht.

Unternehmen müssen ihre Lieferketten kennen

Im BMWK koordiniert er auch die Position des Ministeriums zur EU-Lieferkettenrichtlinie. Er stelle dabei fest, dass die organisierte Lobby der deutschen Wirtschaft dagegen “Sturm läuft”, sagte er jüngst bei einem Symposium in Berlin. Man frage sich, ob das prinzipiell erfolge, weil es etwas Neues sei. Und dann erzählte er von einem Gespräch zu Beginn der Energiekrise mit einem führenden Manager eines Technologiekonzerns aus dem DAX. Von diesem habe er wissen wollen, was geschehe, wenn Platin sanktioniert werde?

Ad hoc habe ihm der Manager keine Antwort geben können, sondern gesagt, dazu brauche es erst einmal eine Arbeitsgruppe mit Topleuten, die daran zwei bis drei Monate arbeite. Da habe Philipp sich gedacht, wenn jemand nicht wisse, was in seinen Lieferketten abgeht, habe er nicht nur ein Problem mit der Umwelt und Menschenrechten, sondern auch mit der ökonomischen Nachhaltigkeit.

Wenn es um die Stabilität der Lieferketten geht, auch von jenen, die für die Transformation wichtig sind, hält er deswegen ein Umdenken der Wirtschaft für notwendig. Wer Kupfer über die Börse beziehe, riskiere, dass sich morgen die Preise verdreifachten. Wichtig sei es, “Langfristverträge mit Lieferanten zu machen, die man sich sorgfältig anschaut”. Caspar Dohmen

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Einen Schritt in Richtung Klarheit geht es dagegen in Sachen Data Privacy Framework (DPF). Die Vereinbarung für den Transfer von DSGVO-geschützten Daten in die USA hat eine wichtige Hürde genommen: Die europäischen Datenschutzbehörden äußern überraschend wenig Kritik an der EU-Vereinbarung mit den USA, beobachtet Falk Steiner.

    Erst die EU-Kommission, jetzt das Europaparlament: Die Mitarbeiter des EP dürfen Tiktok nicht mehr auf ihren Diensthandys nutzen – Abgeordneten und deren Assistenten wird der Schritt ebenfalls nahegelegt.

    Frankreich hat am Dienstag elf Staaten in Sachen Kernkraft zusammengetrommelt. Das Ziel: die Anrechnung von Atomenergie auf die Erneuerbaren-Ziele der EU voranzubringen. Nach dem Treffen ist Polen vorgeprescht – und hat EU-Fördermittel für den AKW-Neubau gefordert, schreibt Manuel Berkel.

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    Eigentlich ist die Bestätigung eines Trilogergebnisses im Rat reine Formsache. Doch kommenden Dienstag, wenn das Verbrenner-Aus beim Ministerrat in Brüssel auf der Agenda steht, könnte die finale Abstimmung zum Politikum werden. Grund sind Äußerungen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing und seinem parlamentarischen Staatssekretär, Michael Theurer, diese Woche. Pkw mit Verbrennungsmotoren, die nachweislich ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können, sollten auch nach 2035 zugelassen werden können.

    Diese Forderung aus FDP-Kreisen, das Verbrenner-Aus doch noch zu kippen, ist zwar nicht neu, kommt zum jetzigen Zeitpunkt dennoch überraschend. Denn eigentlich ist die Debatte längst durch. Die EU-Mitgliedstaaten – darunter auch Deutschland inklusive der FDP – hatten sich schon im Juni vergangenen Jahres darauf geeinigt, ab 2035 nur noch CO₂-freie Antriebe in neuen Pkw zuzulassen. Das faktische Verbrenner-Aus ist Teil einer Überarbeitung der EU-Flottengrenzwerte, die Autoherstellern Emissionsminderungen für ihre Neuwagenflotte vorschreibt.

    Auf Druck der FDP-Ministerien wurde in letzter Minute ein Erwägungsgrund – der sogenannte Recital 9a – in den Gesetzesvorschlag hinein verhandelt. Darin wird die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag zu machen, wie Verbrenner auch nach 2035 noch zugelassen werden können, sofern sie ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden.

    Wissings Aussage am Dienstag, die Kommission müsse jetzt liefern und Zusagen einhalten, bezieht sich auf jenes Recital. Was er nicht sagt: Das Verbrenner-Aus 2035 würde ohnehin weiterhin bestehen bleiben, denn diese Ausnahme soll nur für Fahrzeuge gelten, die nicht unter die Regelung der CO₂-Flottengrenzwerte fallen.

    FDP stimmte Verbrenner-Aus bereits mehrfach zu

    Der Erwägungsgrund 9a stand auch nach dem Trilog mit Parlament und Rat noch im Gesetzesvorschlag. Deutschland habe diesem Trilogergebnis vom 27. Oktober 2022 bereits zugestimmt, erklärte das für das Dossier zuständige Bundesumweltministerium am Dienstag. “Diese Zustimmung war mit den anderen Ressorts abgestimmt.” Der Text, der nun im Rat bestätigt werden soll, sei unverändert, so das BMUV. Das heißt, Wissing hat persönlich abgesegnet, was er jetzt zu verhindern versucht.

    Sollte die FDP ihre Blockadehaltung fortsetzen und das Verbrenner-Aus tatsächlich noch kippen, wäre der Koalitionsstreit also garantiert. Und mehr noch: Eine Blockade der FDP könnte verheerende Auswirkungen auf EU-Ebene haben. Mehrere EU-Politiker fürchten um Deutschlands Glaubwürdigkeit in Brüssel. “Wenn man politische Positionen durchsetzen will, dann bringt man sie frühzeitig in der Gesetzgebung ein und nicht im Nachhinein“, kritisiert Jens Gieseke (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament.

    Parteifreund Markus Ferber (CSU) sagt, die Äußerungen von Wissings grenzten “an Schizophrenie.” Zunächst behaupte er, dass er mit einem Erwägungsgrund das Verbrenner-Aus auf den letzten Metern verhindert habe. “Nun sagt er, Deutschland könne dem Kompromiss nicht zustimmen”, so Ferber. Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, kommentiert: “Deutschland würde sich als absolut unzuverlässiger Verhandlungspartner zeigen, wenn es jetzt von getroffenen Vereinbarungen abrückt.”

    Sperrminorität nicht unmöglich

    Klar ist aber auch, sollte es innerhalb der Koalition keine gemeinsame Position geben, müsste sich Deutschland kommenden Dienstag enthalten – so lautet die Geschäftsordnung. An dieser Stelle hätte die FDP durchaus die Möglichkeit, das Ende des Verbrennungsmotors für Pkw noch zu kippen – jedoch nicht im Alleingang. Für die Annahme des Vorschlags ist eine qualifizierte Mehrheit notwendig: Wenn 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, mit Ja stimmen, gilt der Vorschlag als angenommen.

    Italien hat bereits klargemacht, dass es dem Verbrenner-Aus nicht zustimmen wird. Genauso Polen und Bulgarien, heißt es aus Diplomatenkreisen in Brüssel. Sollte auch Berlin mit einer Enthaltung seine Zustimmung verweigern, wäre die qualifizierte Mehrheit bereits nicht mehr erfüllt. Es käme zu einer sogenannten Sperrminorität und der Vorschlag wäre abgelehnt.

    Es käme zu Nachverhandlungen, in denen Deutschland kaum mehr als ernst zu nehmender Verhandlungspartner dastehen dürfte.

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    Datenschützer: Keine grundlegenden Bedenken gegen DPF

    Zwar hat er kein Vetorecht. Doch wenn der Europäische Datenschutzausschuss die Zusicherungen der USA für einen besseren Schutz aus der EU stammenden Daten rundheraus für unzureichend befunden hätte, wäre das einer Ablehnungsempfehlung für das Europäische Parlament gleichgekommen. Zudem wäre seine Kritik wohl der Hauptansatzpunkt für ein mögliches, späteres Verwerfen der Angemessenheitsentscheidung der Kommission durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Doch die Datenschutzaufsichtsbehörden der EU sehen das “Data Privacy Framework” als Rechtsrahmen positiver als Unternehmen befürchtet und Kritiker erhofft haben.

    Auf 54 Seiten prüfen die Aufsichtsbehörden die von den USA gemachten Zusicherungen über administrative Verfahrensänderungen und die Würdigung dieser durch die EU-Kommission. Der Datenschutzausschuss sieht “wesentliche Verbesserungen” gegenüber den Vorgänger-Vereinbarungen Safe Harbor und Privacy Shield, die vor dem Europäischen Gerichtshof scheiterten. Zwar gibt es aus ihrer Sicht noch Verbesserungsbedarf. Aber die Einwände sind in keinem Fall so grundlegender Natur, dass Justizkommissar Didier Reynders nach dieser Stellungnahme in Sack und Asche gehen müsste.

    Konziliante Aufsichtsbehörden

    Die Aufsichtsbehörden würden “anerkennen, dass die Verbesserungen des US-Rechtsrahmens erheblich sind”, sagt Andrea Jellinek, die dem Gremium vorsteht. Allerdings empfiehlt sie für die Datenschützer der Kommission, “auf die geäußerten Bedenken einzugehen und die geforderten Klarstellungen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass die Angemessenheitsentscheidung Bestand haben wird.”

    Die Datenschützer geben sich an vielen Stellen konziliant: So sei etwa das Recht auf einen wirksamen Rechtsschutz nicht zwingend an ein formelles Gericht gekoppelt. Sondern könne auch durch eine andere Form unabhängiger Entscheidungsfindung sichergestellt werden, die den gleichen Prinzipien folge. Etwa so, wie im DPF-Rahmen als Sondergerichtsbarkeit unter dem Namen Data Protection Review Court vorgesehen. Allerdings komme es bei der Umsetzung auf die Details an, so die Datenschützer. Die Kommission sei dazu verpflichtet, ständig auf Änderungen am Rahmen der Unabhängigkeit der Prüfungsinstanz bei Rechtsbehelfen zu achten. Veränderungen an den US-Regularien könnten dazu führen, dass ein unmittelbar anwendbarer Umsetzungsrechtsakt ausgelöst würde, der die Angemessenheitsentscheidung “aussetzt, widerruft oder ergänzt.”

    Auch bei der Frage, ob die US-Behörden nur in “notwendigem und verhältnismäßigem” Umfang Daten bei privaten Anbietern erheben würden, sind die Datenschützer nicht auf einen Konflikt aus. Grundsätzlich könne man, formulieren sie vorsichtig, die Möglichkeiten der Strafverfolger in den USA als diese Prinzipien beachtend betrachten.

    FISA Court bleibt problematisch

    An anderer Stelle allerdings hegen die Datenschützer starke Bedenken: Vor allem bei der massenhaften Speicherung von Daten sehen die Datenschützer nach wie vor Probleme. Die Anforderung, dass solche Erfassungen vorher von einem unabhängigen Gremium genehmigt werden müssten, sehen die Datenschützer nicht als erfüllt an. Insbesondere großflächige Überwachungsmaßnahmen nach dem Auslandsüberwachungsgesetz FISA Artikel 702 standen immer wieder im Fokus der Kritik – etwa bei den Snowden-Enthüllungen.

    Der Foreign Intelligence Surveillance Court, also das Gericht zur Genehmigung von Auslandsüberwachungsmaßnahmen, sei durch die US-Garantien nicht an die von Präsident Joe Biden vorgenommenen Änderungen gebunden. Allerdings wäre für eine entsprechende Änderung wohl auch nicht per Präsidialverfügungen und Änderungen von Anwendungsbestimmungen möglich, wie sie nun Grundlage des Data Privacy Frameworks sind. Materielle Gesetzesänderungen am Sicherheitsrecht in den USA durch die US-Legislative wiederum erscheinen seit Jahren politisch nicht möglich.

    Bedenken hegen die Datenschützer allerdings auch bei der möglichen Weitergabe an Drittstaaten von unter dem DPF gewonnenen Erkenntnissen durch US-Sicherheitsbehörden: hier fordern sie die EU-Kommission auf, weitere Informationen beizusteuern.

    Wirklich nachbessern wiederum sollten die US-Behörden und damit die EU-Kommission nach Ansicht der Datenschützer bei der Frage, wie automatisierte Entscheidungen auf Datenbasis in den USA als sektorspezifische Regelungen adressiert würden – hier ist der Datenschutzausschuss unzufrieden.

    Data Privacy Framework könnte bald kommen

    Die EU-Kommission kann sich also halbwegs beruhigt zurücklehnen, die verhandelnden Stellen der US-Seite wie dem Department of Commerce ebenfalls. Mit der jetzt veröffentlichten Meinung des EDPB scheint eine juristisch wie politisch besonders relevante Hürde genommen zu sein – die Zeit der ungeschützten Datentransfers in die USA könnte damit bald vorbei sein.

    Allerdings krankt die Stellungnahme des Datenschutzausschusses an einer entscheidenden Stelle: Die EU-Datenschützer müssen sich bei ihren Einschätzungen in weiten Teilen auf öffentlich zugängliche Berichte von US-Stellen und politische Zusicherungen verlassen – deren Umsetzung sie nicht prüfen können, da ihnen dafür die Befugnisse fehlen.

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    Europäische Investitionsbank: Präsident Hoyer hört zum Jahresende auf

    Der Präsident der Europäischen Investitionsbank, Werner Hoyer, tritt nach Informationen von Table.Media zum Jahresende ab. Der 72-Jährige werde keine weitere Amtszeit anstreben, hieß es in informierten Kreisen. Ein EIB-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.

    Hoyer führt die Förderbank mit Sitz in Luxemburg seit 2012. Den Kreisen zufolge hat Hoyer bereits die schwedische Regierung informiert, die derzeit dem Rat der EU vorsitzt. Diese kann nun die Suche nach einem Nachfolger an der Spitze der EU-Bank einleiten.

    Klare Favoritinnen gibt es laut den Kreisen noch nicht. Als mögliche Kandidatinnen werden die spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño und die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, gehandelt. Auch Italien könnte Anspruch auf den Posten an der Spitze der EIB erheben – Rom besetzt derzeit keinen der Spitzenämter auf EU-Ebene. tho

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    Atomenergie: Polen will EU-Förderung

    Nach dem Treffen von elf EU-Staaten zur Kernenergie fordert die polnische Regierung von der EU-Kommission finanzielle Fördermittel für den Neubau von Atomkraftwerken. “Nicht nur erneuerbare Energien und Netze sollten aus europäischen Mitteln finanziert werden können, sondern auch Kernenergie“, sagte Polens Energieministerin Anna Moskwa gestern zum Abschluss des Energieministertreffens in Stockholm. In europäischen Programmen sei Platz sowohl für große Atomkraftwerke als auch für andere Technologien zur Nutzung der Kernenergie.

    Das Treffen der elf Staaten hatte Frankreich initiiert, um die Zusammenarbeit in Atomfragen voranzutreiben und Unterstützung für seinen Kurs zu gewinnen, Atomenergie auf die Erneuerbaren-Ziele der EU anrechnen zu können. Die Teilnehmer seien unter anderem übereingekommen, Möglichkeiten für gemeinsame Ausbildungsprogramme und Industrieprojekte zu untersuchen, heißt es in einer gestern verbreiteten knappen Abschlusserklärung.

    Kernenergie nicht gegen Erneuerbare “ausspielen”

    Aus dem Kreis der Staaten mit bestehenden Atomkraftwerken oder Plänen und Überlegungen zum Bau von Meilern, nahmen Deutschland, Spanien, Belgien und die baltischen Staaten nicht teil. Italien sagte seine Teilnahme kurzfristig ab. Für Italien gelte es zunächst, einen Wiedereinstieg in die Kernenergie auf nationaler Ebene zu prüfen, erklärte gestern Energieminister Gilberto Pichetto und verwies auf entsprechende Volksentscheide in der Vergangenheit. Pichetto gehört zur Partei Forza Italia von Silvio Berlusconi, die sich mehrfach für den Wiedereinstieg ausgesprochen hatte.

    Die französische Regierung schlug gestern in der Atomfrage einen versöhnlicheren Ton an als in den Wochen zuvor. Vor Journalisten betonte Energieministerin Agnès Pannier-Runacher, Kernenergie solle nicht gegen erneuerbare Energie “ausgespielt” werden. Dienstagmittag tauschte sich die Ministerin mit dem deutschen Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne) aus. Gemeinsam sollten Lösungen für das deutsche Anliegen gefunden werden, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, berichtete die Ministerin. cst/ber

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    Due Diligence: Klage gegen Total zurückgewiesen

    Es war die erste Klage unter dem französischen Lieferkettengesetz: NGOs, allen voran Friends of the Earth Frankreich, belangten das Energieunternehmen TotalEnergies 2019 wegen der Verletzung der Sorgfaltspflichten bei einem Ölpipelineprojekt in Uganda. Am Dienstag erhofften sie sich nach dreijährigem Rechtsstreit ein Grundsatzurteil. Doch das Gericht von Paris erklärte die Klage als unzulässig.

    Die Richter werfen den Klägern prozedurale Fehler vor: Laut ihrem Urteil haben sich die Anträge und Beschwerdepunkte der Kläger von jenen unterschieden, die diese 2019 im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgebracht hatten. Die NGOs wiesen die Entscheidung in einer Pressemitteilung zurück: Die Beschwerdepunkte seien die Gleichen, man habe lediglich seit 2019 eine Masse an Beweisen zusammengetragen, die die Beschwerden gegen den Ölgiganten Total untermauerten. 

    “Wieder einmal ist es eine verpasste Gelegenheit für die französische Justiz, den zahlreichen Verstößen in Uganda und Tansania ein Ende zu setzen”, bedauerte Juliette Renaud von Friends of the Earth Frankreich. TotalEnergies hatte bis zum Redaktionsschluss nicht auf das Urteil reagiert.

    Hürdenlauf um die Frage der Zuständigkeit

    Nachdem Friends of the Earth & Co. 2019 Klage gegen Total eingereicht hatten, folgte ein regelrechter Hürdenlauf um Prozeduren und Zuständigkeiten der Gerichte. Total forderte, dass der Fall vor einem Handelsgericht verhandelt wird. Die NGOs wollten, dass sich ein Zivilgericht mit dem Fall befasst. 2021 musste das Verfassungsgericht entscheiden und tat dies im Sinne der NGOs.

    Konkret werfen die sechs NGOs; neben Friends of the Earth Frankreich sind es die NGO Survie, Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO), CRED, National Association of Professional Environmentalists (NAPE) and Navigators of Development Organisation (NAVODA); dem Unternehmen Total vor, in Uganda gegen Menschenrechte und Umweltnormen zu verstoßen.

    Der Energiekonzern plant auf dem Gelände des Murchison-Falls-Nationalparks ein milliardenschweres Ölförderprojekt und will mit einer Pipeline Erdöl über Tansania bis zum Indischen Ozean transportieren. Das Projekt, welches von einer Tochtergesellschaft von Total getragen wird, soll über 419 Bohrstellen umfassen, 130 davon auf dem Gelände des Nationalparks.

    Weiter keine Rechtssprechung

    Hunderttausende Menschen seien teils ohne Kompensation für das Projekt umgesiedelt worden, so die klagenden NGOs. Zudem berge das Pipeline-Projekt enorme Gefahren für die Biodiversität in dem Nationalpark, der etliche gefährdete Arten beherbergt. Die NGO forderten in ihrer Klage unter anderem:

    • Total müsse seinen Sorgfaltspflichtenplan anpassen und umsetzen;
    • die Arbeiten in Uganda müssten so lange gestoppt werden, bis alle umgesiedelten Menschen eine Kompensation erhalten haben und alle Maßnahmen zur Sorgfaltspflicht ausgearbeitet und umgesetzt worden sind.

    Die Richter gingen in ihrem Urteil allerdings auf keine inhaltlichen Fragen ein. Das Urteil zeigt einmal mehr, wie schwer es ist, Unternehmen auf Basis des französischen Sorgfaltspflichtengesetzes zu belangen. Es wurde 2017 als Reaktion auf Rana Plaza erlassen, umfasst nur drei Artikel und ist nicht einmal eine Seite lang. Künftige Gerichtsurteile würden für die nötige Klarheit sorgen, war damals das Credo. Vom gestrigen Urteil erhoffte man sich so beispielsweise eine Antwort darauf, inwiefern eine Unternehmensgruppe für die Entscheidungen ihrer Tochtergesellschaften verantwortlich ist. Doch das richtungsweisende Urteil blieb aus.

    Neben der Klage gegen Total haben NGOs noch weitere Klagen auf Basis des französischen Gesetzes eingereicht, etwa gegen die Bank BNP Paribas und den Energieversorger EDF. cw

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    • Rohstoffe
    • Sorgfaltspflichtengesetz

    Handel: Weyand warnt vor regulatorischem Imperialismus

    Die Generaldirektorin für Handel, Sabine Weyand, warnt davor, Handelspartner zu verprellen: “Insbesondere unsere autonomen Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit werden von unseren Partnern zunehmend laut und deutlich als grüner Protektionismus und extraterritoriale Regulierung kritisiert”, sagte die Spitzenbeamtin der EU-Kommission. Von Gesprächspartnern in Asien, Afrika oder Lateinamerika bekomme sie in letzter Zeit häufig den Begriff “regulatorischer Imperialismus” zu hören.

    Weyand mahnte, die Kritik ernst zu nehmen und mit den betroffenen Staaten zusammenzuarbeiten, damit diese die Anforderungen, beispielsweise aus der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, umsetzen könnten. Es sei völlig legitim, dass andere Staaten auf ihrer Regelungshoheit beharrten: “Wir sollten mit Demut anerkennen, dass Europa nicht das Monopol der guten Regulierung hat“.

    “Werte nicht absolut sehen”

    Weyand sprach auf einer von Grünen-Abgeordneten organisierten Konferenz in Berlin. Der grüne Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf entgegnete, Betroffene wie indigene Völker hätten oft eine andere Sicht als die Regierungen in den Ländern – sie profitierten vom Schutz der Regenwälder. Eine wertebasierte Handelspolitik sei wichtig, um bei der Wahl von Handelspartner zu priorisieren. Die Werte dürften aber “nicht absolut gesehen werden, weil wir sonst in einer Sackgasse landen würden”.

    Weyand mahnte, den Kreis möglicher Partner nicht zu eng zu ziehen: “Der Club der liberalen Demokratien ist einfach zu klein, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.” Entscheidend sei, dass die Handelspartner verlässlich seien.

    Unternehmen sollen China-Risiko selbst tragen

    Mit Blick auf China sagte sie, es sei nötig, bestehende Abhängigkeiten, etwa bei Rohstoffen für die Energiewende, zu reduzieren. Dies betreffe aber nur fünf bis sechs Prozent des bilateralen Handels. Eine Entkoppelung von China sei daher weder realistisch noch notwendig. Allerdings solle ein Rahmen dafür geschaffen werden, damit stark vom chinesischen Markt abhängige Unternehmen die Risiken selbst trügen und diese nicht auf die Gemeinschaft abwälzen könnten.

    Weyand plädierte dafür, nach der Wahl von Präsident Lula da Silva in Brasilien, die Chance für einen Abschluss des Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten zu ergreifen. Dafür würden beide Seiten nun darüber sprechen, das fertig ausgehandelte Abkommen um ein Instrument zu ergänzen, das rechtlich verbindlich die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und des Pariser Klimaabkommens festschreibe. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner, zeigte sich “sehr zuversichtlich”, eine entsprechende Vereinbarung mit den Mercosur-Staaten hinzubekommen. Dafür müsse sich aber auch die EU-Seite bewegen.

    Laut EU-Kreisen haben die Botschafter von Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay in Brüssel unlängst mitgeteilt, dass die Regierungen das 2019 ausgehandelte Abkommen nicht noch einmal aufschnüren wollen. Präsident Lula hatte dies im Wahlkampf noch gefordert. Vielmehr seien sie zu einer Zusatzerklärung bereit, wenn diese nicht nur auf einzelne Staaten wie Brasilien ins Visier nehme und vergleichbare Zusagen der EU enthalte. Eine Verhandlungsdelegation der EU-Kommission wird demnach nächste Woche nach Buenos Aires reisen, um über konkreten Forderungen zu sprechen. tho

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    Kartellrecht: EU schränkt Vorwürfe gegen Apple ein

    In ihrer kartellrechtlichen Untersuchung gegen Apple hat die EU einen Teil ihrer Vorwürfe zurückgenommen. Die Kommission befasst sich nicht mehr mit der Frage, ob Apple seine marktbeherrschende Position missbraucht, weil das Unternehmen App-Entwicklern für In-App-Käufe die Nutzung seines gebührenpflichtigen Systems vorschreibt.

    Vielmehr konzentriert sich die Kommission auf den zweiten Vorwurf. Demnach erlaubt Apple den App-Entwicklern nicht, in der Anwendung darauf hinzuweisen, dass Nutzer Abonnements auch außerhalb des App-Stores abschließen können. So erfahren iPhone- und iPad-Verwender auf diesem Wege nichts über alternative Musikabonnements zu niedrigeren Preisen außerhalb der App.

    Seit 2020 förmliches Verfahren gegen Apple

    Bereits im März 2019 hatte der Musikstreamingdienst Spotify eine Beschwerde gegen die App-Store-Guidelines von Apple in Brüssel eingereicht. Im Jahr darauf beschwerte sich ein Vertriebshändler für Hörbücher und E-Books ebenfalls über die Auswirkungen der App-Store-Regeln auf den Wettbewerb. Im Juni 2020 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein. Dessen Beschwerdepunkte gegenüber Apple änderte sie nun ab.  

    Spotify begrüßte, dass die Kommission mit ihrer Entscheidung eine klare Botschaft sende, dass Apple fair spielen und Wettbewerb zulassen müsse. “Das Momentum ist auf der Seite der Verbraucher, aber sie verdienen eine endgültige Lösung – und zwar bald“, forderte Spotify. vis

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    ZVEI: EU muss beim Chips Act Tempo machen

    Der ZVEI befürchtet, dass Europa seine Ausbauziele auf dem Halbleitermarkt verfehlen wird, wenn die EU nicht schneller handelt und mehr Geld mobilisiert. Europa laufe Gefahr, abgehängt zu werden, unter anderem weil die Auswirkungen des EU Chips Acts zu spät kämen. “Fakt ist, dass sich Europa als Halbleiterregion nicht wird halten können, wenn nicht umgehend die notwendigen Rahmenbedingungen für Investitionen in Europa installiert werden”, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, am Dienstag bei einem Ausblick auf Trends und Chancen auf dem Halbleitermarkt.

    Die EU hatte den Chips Act im Februar 2022 vorgelegt. Ziel ist es, den Anteil Europas am globalen Halbleitermarkt von aktuell weniger als zehn Prozent auf 20 Prozent bis 2030 zu verdoppeln. Dies soll zur technologischen Souveränität Europas beitragen. Im November 2022 hatten der Rat und am 15. Februar 2023 das EU-Parlament den Weg für den Trilog freigemacht.

    Das Problem: Auch wenn der globale Halbleitermarkt aktuell ein typisch zyklisches Verhalten zeige, sei die Chip-Rallye der vergangenen Jahre noch nicht beendet, ist der ZVEI überzeugt. Da der globale Halbleitermarkt sich bis 2030 auf etwa eine Billion US-Dollar verdoppeln werde, müsse Europa seinen Anteil vervierfachen, um auf den angestrebten Marktanteil zu kommen.

    Europa braucht Halbleiter für die grüne Transformation

    Die von der EU veranschlagte finanzielle Ausstattung (43 Milliarden Euro) sei vor allem im Vergleich zu den Förderprogrammen der USA (etwa 270 Milliarden US-Dollar) zu gering. Die Kommission setze fast ausschließlich auf Unterstützung durch die Mitgliedsstaaten, sagte Weber. “Ohne erhebliche zusätzliche Investitionen der öffentlichen Seite und ohne Investitionsanreize für die private Seite wird es trotz des Chips Acts zu einer weiteren Schwächung Europas als Produktionsstandort kommen.”

    Wichtig sei, Investitionen in Bereichen zu fördern, wo Europa stark sei und auch in Zukunft großen Bedarf haben werde: im Bereich der (Automobil-)Industrie und der grünen Transformation. Weber betonte dabei, dass der Chips Act ein strategisches Instrument sei und kein Kriseninstrument.

    Die EU solle sich bei den drei Säulen des Chips Acts auf die strategischen Fragen fokussieren. Wichtig sei auch, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Dazu müsse die EU das Ökosystem durch mehr Ausgaben für Forschung und Entwicklung stärken, die Energiekosten für die energieintensive Halbleiterindustrie stabilisieren und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. vis

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    Presseschau

    Treffen der EU-Energieminister: Elf EU-Staaten vereinbaren Nuklear-Allianz TAGESSCHAU
    EU erwägt Verlängerung des Gas-Notfallplans BERLINER-ZEITUNG
    EU-Sanktionen gegen Russland: Atomkraft bleibt weiterhin außen vor HEISE
    Ampel einigt sich auf schnellere Genehmigungsverfahren für Ökostrom ZEIT
    Gesetzesentwurf: Verbot neuer Ölheizungen ab 2024 geplant TAGESSCHAU
    Wissing droht EU mit Enthaltung beim Verbrenner-Aus SUEDDEUTSCHE
    Grundsätzliche Einigung: Serbien und Kosovo nähern sich an DW
    Meloni fordert EU beim Thema Migration zum Handeln auf FAZ
    Finanzieller und mentaler Druck: Geflüchtete aus der Ukraine kämpfen mit Geldproblemen T-ONLINE
    Neue EU-Initiative zur Suche nach entführten ukrainischen Kindern EURACTIV
    Sunak kämpft um seinen Deal mit der EU BOERSEN-ZEITUNG
    Brüssel rudert zurück: EU will “gezielte” Strommarkt-Reform vorschlagen EURACTIV
    Iceland Shows the World How to Run on Reliable, Clean Energy BLOOMBERG
    Korruption im EU-Parlament: “Pralinen” aus Katar SUEDDEUTSCHE
    Tausende protestieren gegen proeuropäische Regierung in Moldau ZEIT
    Kleiderspenden aus EU-Ländern: Altkleider im Abfall TAZ
    Medienpolitik: Die EU zerstört die staatsferne Medienaufsicht FAZ
    Umstrittene App-Regeln: EU-Kommission streicht zentralen Vorwurf gegen Apple HEISE
    Tiktok fliegt von immer mehr Behördenhandys DW
    France aims to protect kids from parents oversharing pics online POLITICO
    Slowakei erwägt Bau eines neuen Kernkraftwerks EURACTIV

    Heads

    Udo Philipp – für die Transformation der Wirtschaft durch Politik

    Udo Philipp, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Quelle: BMWK / Susanne Eriksson

    Ein Seitenwechsel von der Wirtschaft in die Politik kommt in Deutschland nur selten vor. Zu den wenigen Vertretern gehört der Staatssekretär Udo Philipp, im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) für die Industrie zuständig. Er ist damit einer der politischen Beamten, die die Transformation der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität begleiten, aber auch mit handelspolitischen Fragen oder dem Lieferkettengesetz beschäftigt sind.

    Mit Wirtschaft und Transformation kennt Philip sich aus, persönlich und beruflich: Mehr als ein Jahrzehnt war er Senior Partner beim schwedischen Finanzinvestor EQT, dort verantwortete er unter anderem den Kauf- und Rückverkauf der Daimler-Tochter MTU Friedrichshafen, womit der Investor gut zwei Milliarden Euro verdient hat. Aber 2015 stieg er aus und fing an, ein neues Lebenskapitel zu schreiben, sechs Jahre nachdem die globale Finanzkrise ihm – wie er sagt – sein “Schlüsselerlebnis” beschert habe.

    Auch bei EQT seien damals einige der Unternehmen in eine “existenzbedrohende Krise geraten”, weshalb der Investor als Eigentümer ihnen Schulden gestundet oder erlassen hätte, schreibt er auf seiner Website. Gemäß den Regeln der Marktwirtschaft hätten sie dabei Geld verloren. Umso weniger verstehen konnte der Finanzmanager, wie sich die Bundesregierung damals “von den Banken über den Tisch ziehen ließ“. Da sei ihm klar geworden, dass er politisch etwas verändern wolle.

    Job-Ausstieg, Mid-Career-Master, Engagement bei Finanzwende

    Er wechselte zuerst in Teilzeit, stieg später ganz aus, verkaufte seine Anteile und studierte ein Jahr an der Harvard Kennedy School, wo er einen Master in öffentlicher Verwaltung machte. Und er engagierte sich zivilgesellschaftlich als Mitglied bei Finance Watch, einer NGO, die auf das Betreiben von EU-Parlamentariern verschiedener Parteien in Brüssel gegründet wurde – als Gegengewicht zur Finanzlobby. Maßgeblich beteiligt daran war auch der damalige EU-Abgeordnete Sven Giegold von den Grünen, heute sein Staatssekretärskollege im BMWK.

    Er knüpfte Kontakt zu Gerhard Schick, damals finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der ebenfalls entsetzt über die politische Reaktion auf die Finanzkrise war. Als dieser 2018 die NGO Bürgerbewegung Finanzwende gründete und vom Politiker zum Aktivisten wurde, unterstützte Udo Philipp das Projekt finanziell, inhaltlich und organisatorisch als Aufsichtsratsvorsitzender.

    Alle drei – Schick, Giegold und Philipp – schrieben 2016 sogar gemeinsam ein Buch: “Finanzwende: den nächsten Crash verhindern“. Es war ein ernüchternder Rückblick auf unterbliebene Reformen im Finanzsystem. Seit der Finanzkrise von 2007/8 seien zwar 34.019 Seiten an neuen Vorschriften entstanden, doch gebracht habe diese Papierflut wenig, der nächste Crash komme sicher, so der Tenor des Buchs.

    Habeck nimmt Philipp von Schleswig-Holstein mit nach Berlin

    Nach seinem Harvard-Studium führte Udo Philipp erst einmal eine Zeit lang den Haushalt der Familie, kochte vor allem. Seine Frau arbeitete damals Vollzeit, er selbst war in Teilzeit Aufsichtsrat, unter anderem bei der größten Nachhaltigkeitsbank Europas, der niederländischen Triodos. Nach dem Abitur seiner beiden Söhne stieg er wieder voll ins Berufsleben ein.

    Ab 2019 arbeitete er zunächst unter der grünen Finanzministerin Monika Heinold in Schleswig-Holstein als Staatssekretär für die Steuer- und Finanzverwaltung, zog aus seiner bayerischen Heimat nach Kiel. Als Heinolds Kabinettskollege Robert Habeck dann das zum BMWK umbenannte Ministerium in der Ampelregierung übernahm, holte er Philipp als einen seiner sieben Staatssekretärinnen und Staatssekretäre nach Berlin. Er hat damit einen wichtigen Posten, wenn es um die Gestaltung der Wirtschaft geht.

    Unternehmen müssen ihre Lieferketten kennen

    Im BMWK koordiniert er auch die Position des Ministeriums zur EU-Lieferkettenrichtlinie. Er stelle dabei fest, dass die organisierte Lobby der deutschen Wirtschaft dagegen “Sturm läuft”, sagte er jüngst bei einem Symposium in Berlin. Man frage sich, ob das prinzipiell erfolge, weil es etwas Neues sei. Und dann erzählte er von einem Gespräch zu Beginn der Energiekrise mit einem führenden Manager eines Technologiekonzerns aus dem DAX. Von diesem habe er wissen wollen, was geschehe, wenn Platin sanktioniert werde?

    Ad hoc habe ihm der Manager keine Antwort geben können, sondern gesagt, dazu brauche es erst einmal eine Arbeitsgruppe mit Topleuten, die daran zwei bis drei Monate arbeite. Da habe Philipp sich gedacht, wenn jemand nicht wisse, was in seinen Lieferketten abgeht, habe er nicht nur ein Problem mit der Umwelt und Menschenrechten, sondern auch mit der ökonomischen Nachhaltigkeit.

    Wenn es um die Stabilität der Lieferketten geht, auch von jenen, die für die Transformation wichtig sind, hält er deswegen ein Umdenken der Wirtschaft für notwendig. Wer Kupfer über die Börse beziehe, riskiere, dass sich morgen die Preise verdreifachten. Wichtig sei es, “Langfristverträge mit Lieferanten zu machen, die man sich sorgfältig anschaut”. Caspar Dohmen

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    Europe.Table Redaktion

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