eines der großen Streitthemen soll heute eigentlich von der Tagesordnung verschwinden: Der Ministerrat wird aller Voraussicht nach für das Verbrenner-Aus 2035 stimmen – inklusive des FDP-Kompromisses zu den E-Fuels. Doch es gibt Skepsis bei Industrie und Zulieferern. Und zwar an der geringen Verbindlichkeit der Vereinbarung, berichtet Markus Grabitz.
Spatenstich in Brandenburg: In Guben wird Europas erster Lithium-Konverter vom deutsch-kanadischen Unternehmen Rock Tech gebaut. Gestern wurde das Projekt vorgestellt. Es ist ein Paradebeispiel für das, was der EU mit ihrem Critical Raw Materials Act erreichen will, bevor dieser überhaupt in Kraft getreten ist, analysiert Leonie Düngefeld.
Auch beim Thema Wasserstoff bewegt sich was. Die Niederlande und Deutschland wollen auf dem Feld enger kooperieren. Beispielsweise über die Beteiligung der Niederlande an der deutschen Beschaffungsinitiative H2Gobal und über neue Pipelines wie den Delta-Rhein-Korridor nach Nordrhein-Westfalen. Wann es losgehen soll und was noch besprochen wurde, lesen Sie in unserer News. Genauso wie die Details zur Trilog-Einigung für den Ausbau der europäischen Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Um kurz vor 2 Uhr nachts haben sich die Unterhändler von EU-Parlament, Rat und Kommission auf einen Kompromiss bei der Alternative Fuel Infrastructure Regulation – kurz AFIR – geeinigt.
Beim heutigen Treffen der Energieminister dürfte der Weg frei gemacht werden für das Verbrenner-Aus im Jahr 2035. Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, wird voraussichtlich mit der Stimme der Bundesregierung maßgeblich dazu beitragen, das Trilogergebnis zur CO₂-Flottengesetzgebung zu bestätigen. Eine Probeabstimmung auf Botschafterebene ergab am Montag, dass nach der E-Fuels-Einigung zwischen Kommission und FDP mit einer qualifizierten Mehrheit in der Staatenkammer für das Gesetz zu rechnen ist. Polen und Italien sowie weitere osteuropäische Länder wollen dennoch weiter mit Nein stimmen.
Auf Seiten der Industrie wird der Kompromiss zurückhaltend kommentiert.VDA-Chefin Hildegard Müller begrüßt zwar die Einigung, sagte aber auch: “Die finalen Details der Einigung sind noch zu bewerten.” Ralf Diemer von der efuel-Alliance ließ Skepsis durchklingen, ob vor dem Hintergrund der bisherigen Ablehnung der Kommission gegenüber der Technologie die Umsetzung der E-Fuel-Strategie dort in den richtigen Händen ist: “Es bleibt zu hoffen, dass nun zeitnah die richtigen Entscheidungen getroffen werden, um Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen.” Benjamin Krieger von Clepa, Dachverband der Zulieferer, ist ebenfalls vorsichtig: “Es kommt jetzt sehr auf die Ausgestaltung an. Aber die jetzt angekündigten Regeln für erneuerbare Kraftstoffe im Straßenverkehr können zu einem positiven Signal für mehr Technologiefreiheit werden.”
Während sich Hersteller und Zulieferer mit offiziellen Äußerungen zurückhielten, zeigte sich die größte Erdölfördergesellschaft der Welt erfreut. Matthias Braun vom Saudi-Aramco-Research-Centre sagte: “Mit dem E-Fuels-Kompromiss öffnet sich für die Industrie eine Tür: Für Investoren wird damit die industrielle Herstellung von synthetischen Kraftstoffen zur Verwendung in Neuwagen-Pkw interessant.” Das Unternehmen aus Saudi-Arabien baut derzeit zwei Demonstrationsfabriken für die Herstellung von E-Fuels in Bilbao und in Saudi-Arabien und stellt für Rallye-Wettbewerbe und Straßenrennen synthetische Kraftstoffe zur Verfügung. Das Unternehmen hat zudem angekündigt, ab 2030 E-Fuels im industriellen Maßstab an Tankstellen verfügbar zu machen.
Hinter vorgehaltener Hand werden die Vertreter der Industrie deutlicher. Bemängelt wird die geringe Verbindlichkeit der Vereinbarung: “Die FDP hat ein Signal bekommen, das lediglich politisch bindend ist, gesetzgeberisch bleibt der Deal im Vagen.” Ein anderer Interessensvertreter gibt zu bedenken: “Wenn Deutschland zustimmt, ist der Hebel weg. Die FDP muss sich jetzt darauf verlassen, dass die Kommission ihre Zusagen einhält und jetzt liefert.”
Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Co-Gesetzgeber Widerstand leisten könnten. Die Kommission will über die Typprüfungsverordnung für Euro 5 und 6 zunächst mithilfe eines Delegierten Rechtsaktes sicherstellen, dass auch nach 2035 noch Neufahrzeuge mit Verbrenner zugelassen werden können, wenn sie denn ausschließlich mit E-Fuels betankt werden. Der Rechtsakt könnte etwa auf Vorbehalte im Parlament stoßen. Denkbar wäre auch, dass der Rechtsakt vom EuGH später verworfen werde.
Regulatorisch sei der Durchbruch der E-Fuels noch lange nicht absehbar. Dafür müssten zum einen in der Erneuerbare-Energien-Verordnung (RED) verbindliche und hohe Quoten für den Einsatz von E-Fuels im Verkehr festgeschrieben werden, heißt es in der Industrie. Dies ist aber nicht absehbar: Markus Pieper (CDU), RED-Berichterstatter, schlägt eine vergleichsweise niedrige Quote von 5,7 Prozent vor und stößt schon damit auf große Widerstände bei den Mitgliedstaaten.
Zum anderen müsste gewährleistet werden, dass den Herstellern E-Fuel-Fahrzeuge in der Systematik der CO₂-Flottenregulierung angerechnet werden. Ohne dieses Instrument fehle den Herstellern der Anreiz für die Produktion. “Der Weg für E-Fuel-Fahrzeuge ist erst dann richtig frei, wenn eine Verzahnung zwischen Unterquoten bei der RED und der Anrechnung über die CO₂-Flottengrenzwerte gewährleistet ist”, heißt es aus Industriekreisen.
In der Branche ist man daher skeptisch, ob der Kompromiss ein echter “Gamechanger” ist. Die Karten würden erst dann neu gemischt, wenn die Industrie ihre Strategie für die Dekarbonisierung des Antriebsstrangs überdenke, die bislang stark auf die batterieelektrische Mobilität ausgerichtet ist. Bisher bekennt sich nur Porsche offensiv zu E-Fuels. Allerdings gibt es erste Hinweise, dass sich etwas bewegt. VW-Chef Oliver Blume, der bei Porsche die E-Fuel-Strategie offensiv betrieben hat, spricht neuerdings von der “Doppel-E-Strategie” und meint damit E-Mobilität und E-Fuels. BMW-Chef Oliver Zipse fordert auch in seiner Funktion als Präsident des Dachverbandes ACEA immer wieder Technologieoffenheit ein. Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius gibt zwar immer noch die Parole aus, der Konzern werde bis 2029 voll auf die Elektromobilität umsteigen, versieht dies aber immer auch mit dem Zusatz: “Wenn dies die Märkte hergeben.”
In der Branche heißt es denn auch: “Sollte sich in zwei oder drei Jahren herausstellen, dass die Absatzzahlen von E-Autos unzufriedenstellend bleiben und auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur hinter den Zielen zurückbleibt, könnten E-Fuels-Fahrzeuge die Alternative werden, um die Klimaziele zu erreichen.”
Eine Bahntrasse am Waldrand südlich der deutsch-polnischen Grenzstadt Guben, einige Hundert Meter von der Neiße entfernt: Hier sollen bald Güterwaggons gefüllt mit Lithium-Gestein aus Kanada ankommen. Auf der angrenzenden Brachfläche, wo bislang nur einige Sandberge zu sehen sind, soll in zwei Jahren Europas erster Lithium-Konverter den Betrieb aufnehmen. Das deutsch-kanadische Unternehmen Rock Tech baut hier eine Industrieanlage, die das lithiumhaltige Gestein zu Lithiumhydroxid weiterverarbeitet – was pro Jahr für 500.000 Batterien für Elektroautos reichen soll. Beim Spatenstich hat Rock Tech gestern die Baupläne vorgestellt.
Lokale Wertschöpfung, Ziele für die Kreislaufwirtschaft, schnelle Genehmigungsverfahren und ein gleichzeitiger Ausbau strategischer Rohstoffpartnerschaften: Das Projekt in Brandenburg ist ein Paradebeispiel der europäischen Rohstoffstrategie, welche die EU-Kommission vor Kurzem durch einen Gesetzesvorschlag untermauert hat.
24.000 Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr soll der Konverter in Guben ab 2026 herstellen und an die lokale Kathoden- und Batterieproduktion liefern. 40 Prozent des Materials wird Mercedes-Benz für die E-Auto-Produktion abnehmen.
“Brandenburg deckt damit künftig die komplette Wertschöpfungskette von der Rohstoffaufbereitung über die Batterie- und Zellfertigung bis zu E-Autobau sowie Batterierecycling ab”, sagte der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) während der Veranstaltung.
Nach Angaben der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) sind bereits 33 Unternehmen und neun Forschungsinstitute im Bundesland an der Wertschöpfungskette für Batterien beteiligt; weitere Investitionen sind im Bau oder in Vorbereitung. Neben der Lithiumverarbeitung durch Rock Tech und dem Tesla-Werk in Grünheide stellt etwa BASF in seinem Werk in Schwarzheide Kathodenmaterial her. Das Unternehmen plant außerdem, Anfang 2024 am selben Standort eine Recyclinganlage für schwarze Masse aus Batterien in Betrieb zu nehmen.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte, Brandenburg zeige, wie Wirtschaftspolitik sein müsse, die auf eine klimaneutrale Zukunft ausgerichtet sei. Die neuen Arbeitsplätze in der Batterie-Wertschöpfungskette ersetzten solche, die durch den Kohleausstieg wegfielen. Gleichzeitig forderte er Respekt vor den Menschen, die von diesen Veränderungen betroffen seien.
In gewisser Weise findet in diesem Projekt der Critical Raw Materials Act Anwendung, bevor er überhaupt in Kraft getreten ist. Das Genehmigungsverfahren erfuhr starke politische Unterstützung und wurde beschleunigt – zwei Jahre nach der Entscheidung für den Standort Guben kann Rock Tech dank einer Genehmigung zum vorzeitigen Beginn bereits mit den Testarbeiten und Vorbereitungen beginnen. Eine zweite Teilgenehmigung steht noch aus, wird aber bis Ende des Jahres erwartet.
Das Lithium-Mineral Spodumen soll zunächst vor allem aus Rock Techs Bergbauprojekt im kanadischen Ontario bezogen werden. Kanada gilt als einer der vielversprechendsten Rohstoffpartner der EU. Auch aus Australien, wo es die weltweit größten Spodumen-Vorkommen gibt, könnte der Rohstoff in Zukunft geliefert werden. Die EU und Australien wollen demnächst ein Freihandelsabkommen abschließen, das auch ein Kapitel zu kritischen Rohstoffen enthalten soll.
Europa drohe nicht mehr nur von China und Südkorea abgehängt zu werden, sondern nun auch von Nordamerika, sagte Dirk Harbecke, CEO von Rock Tech. Die Subventionsprogramme des Inflation Reduction Acts machten es für viele Firmen attraktiver, Produktionsstätten in den USA aufzubauen. “Wir brauchen aber eine stabile Versorgungskette für Batteriezellen hier bei uns in Europa”, betonte er. “Und dafür brauchen wir auch die Unterstützung der Politik“.
Von den kürzlich angekündigten EU-Förderprogrammen zur Unterstützung von strategischen Zukunftstechnologien erhofft Harbecke sich auch positive Auswirkungen für den Lithium-Konverter. Die EU-Kommission schlägt im Net Zero Industry Act vor, mindestens 85 Prozent des jährlichen EU-Bedarfs an Batterien solle aus eigener Produktion stammen. Die Projekte sollen finanzielle Förderung über den Innovationsfonds und über InvestEU erhalten.
Der gleichzeitig vorgestellte Critical Raw Materials Act sieht vor, bis 2030 mindestens 40 Prozent des jährlichen EU-Bedarfs an strategischen Rohstoffen wie Lithium durch heimische Weiterverarbeitung zu decken. Ob der Lithium-Konverter sich als sogenanntes strategisches Projekt bewerben kann, um von der entsprechenden Förderung zu profitieren, sei noch nicht klar, erklärte ein Sprecher von Rock Tech.
Bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) wird jedoch bereits eine Förderung in Höhe von 150 Millionen Euro geprüft, was knapp einem Viertel der erwarteten Kosten entspricht. Neben dem Projekt in Guben plant Rock Tech drei weitere Konverter in Europa und einen in Nordamerika.
Rock Tech hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, das “erste zirkuläre Lithiumunternehmen der Welt zu werden”. Im Gubener Lithium-Konverter soll bis 2030 etwa 50 Prozent Recyclingmaterial eingesetzt werden – dies sei jedoch abhängig davon, wie gut der Markt funktioniere, erklärte ein Sprecher.
Geht es nach dem Kommissionsentwurf für den Critical Raw Materials Act, sollen 2030 mindestens 15 Prozent des Rohstoffbedarfs aus dem Recycling stammen. Die lange Nutzung der Batterien verzögert jedoch den Hochlauf der Kapazitäten: Batterien von E-Fahrzeugen sind rund 15 Jahre im Gebrauch. Experten rechnen damit, dass der europäische Recyclingmarkt für Lithium-Ionen-Batterien, zeitversetzt mit dem Wachstum der Elektromobilität, in den kommenden zwanzig Jahren stark wachsen und spätestens Mitte der 2020er-Jahre anziehen wird.
Um Innovationen für kreislauffähige Lithium- und Wasserstoffproduktion zu entwickeln, beteiligt sich Rock Tech gemeinsam mit der Baustoffindustrie am Deutschen Lithiuminstitut (ITEL) in Halle. Dort soll neben der CO₂-neutralen Produktion auch die Nutzung der Nebenprodukte erforscht werden, die beispielsweise für die Gips- und Zementindustrie verwendet werden könnten. Die angekündigte Zero Waste-Strategie bleibt erst einmal nur ein Versprechen.
29.03.2023 – 09:00-13:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
DGAP, Discussion Navigating the new reality in the EU Eastern Neighbourhood
The German Council on Foreign Relations (DGAP) brings together key policymakers and think tankers from both the EU member states as well as Eastern partners to discuss the future of the EU enlargement and EaP policies, in light of Russia’s ongoing war against Ukraine. INFOS & REGISTRATION
29.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
FES, Panel Discussion Investing in decarbonising the EU: The role of the economic governance reform and beyond
The Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) convenes a dialogue with Italian and German Progressives to consider possible ways to balance fiscal sustainability and responsibility with the financing of the green transition in the context of the review of the Stability and Growth Pact and beyond. INFOS & REGISTRATION
29.03.2023 – 15:00-16:00 Uhr, online
EIT, Seminar Master’s in Energy Technologies
The European Institute of Innovation & Technology (EIT) brings together all those interested in the combination of engineering, business, and the future of urbanisation. INFOS & REGISTRATION
29.03.2023 – 15:30-16:30 Uhr, online
MedTech Pharma, Vortrag Medical Apps und DiGA – Worauf kommt es an?
MedTech Pharma stellt die regulatorischen Anforderungen an Medical Device Software und Software as a Medical Device sowie Ansätze zu deren Erfüllung vor. INFOS & ANMELDUNG
29.03.2023 – 17:30-18:30 Uhr, online
DGAP, Diskussion Liberaler Internationalismus: Auf der Suche nach einer neuen freien Welt
Der Publizist und ehemalige Welt-Herausgeber Thomas Schmid diskutiert mit dem Internationale Politik (IP)-Chefredakteur Martin Bialecki, wie eine Politik des liberalen Internationalismus gelingen kann.
INFOS & ANMELDUNG
30.03.2023 – 09:30-11:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Seminar Hydrogen: State of play of the EU hydrogen policy & regulatory framework
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) brings together different stakeholders to take stock of key policy and regulatory developments of the EU hydrogen policy and regulatory framework. INFOS & REGISTRATION
30.03.2023 – 10:00-16:00 Uhr, Berlin
ZIA, Seminar Nachhaltiges Immobilienmanagement – Wirtschaftlichkeit im Einklang mit ESG-Verantwortung
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) vermittelt regulatorische und gesellschaftliche Anforderungen im Immobilienmanagement. INFOS & ANMELDUNG
30.03.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Netzinfrastrukturstrategie
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) beschäftigt sich mit der Dynamik der Energiewende in unsicheren Zeiten für langfristige Infrastrukturplanung. INFOS & ANMELDUNG
30.03.2023 – 12:00-23:30 Uhr, Berlin
BFW, Konferenz Deutscher Immobilien Kongress 2023
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) geht der Frage nach, wie man heute für morgen bauen kann und mit welchen Geschäftsmodellen Wohnen attraktiver und Bauen bezahlbar wird. INFOS & ANMELDUNG
30.03.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
HSS/Freistaat Bayern, Podiumsdiskussion Digitalisierung, Innovation und Künstliche Intelligenz: Europas Rolle im internationalen Wettbewerb
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) und der Freistaat Bayern beschäftigen sich mit der Frage, wie Europa im internationalen Wettbewerb aufholen kann und wie Europas Chancen für eine Vorreiterrolle bei der künstlichen Intelligenz stehen. INFOS & ANMELDUNG
In der Nacht auf Dienstag haben sich die Unterhändler von EU-Parlament, Rat und Kommission auf neue Ausbauziele für die Ladeinfrastruktur in Europa geeinigt. Die Trilog-Einigung zur Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) sieht vor, dass für Elektro-Pkw bis Ende 2025 alle 60 Kilometer eine Ladeleistung von mindestens 400 kW installiert und bis Ende 2027 auf 600 kW erhöht werden muss.
Die Zahl der Elektroautos habe sich seit 2016 versiebzehnfacht, die der Ladestationen aber nur versechsfacht, erklärt Parlamentsberichterstatter Ismail Ertug (SPD). “Um Privatpersonen und Wirtschaft die Lade- und Reichweitenangst zu nehmen, ermöglicht dieser Kompromiss eine Versorgung mit Schnellladestationen in regelmäßigen Abständen.” Betroffen von den Regelungen sind nur die Kernverkehrsnetze der EU (TEN-T).
Mit den neuen Regelungen müssen Mitgliedstaaten pro neuzugelassenem Elektroauto 1,3 kW Ladeleistung zubauen. Das Parlament hatte bis zu 3 kW gefordert, Rat und Kommission wollten 1 kW. Schon vor dem letzten Trilog hatte sich abgezeichnet, dass das Parlament Abstriche von seinen deutlich höheren Forderungen machen muss, um zu einer Einigung zu kommen. Die Berichterstatter kritisierten im Gespräch mit Table.Media, dass der Rat zu wenig kompromissbereit sei.
Für Lkw und Busse wird bis Ende 2027 eine Ladestation alle 120 Kilometer über 1400 kW bis 2800 kW vorgeschrieben, je nach Frequentierung der Straße. Zudem muss bis Ende 2030 alle 200 Kilometer eine Wasserstofftankstelle entstehen. Auch für LNG-Tankstellen gibt es neue Ausbauziele. Allerdings gibt es Ausnahmen für Straßenabschnitte, die wenig befahren werden und auf denen sich Investitionen ökonomisch nicht rechtfertigen lassen, erklärt Schattenberichterstatter Jens Gieseke (CDU).
Die AFIR legt auch klare Vorgaben für das Bezahlen an der Ladesäule fest. Kontaktlose Kartenzahlung mithilfe von QR-Codes ist für jeden Ladepunkt vorgeschrieben. Zudem muss der Ad-hoc-Preis in Preis pro kWh oder pro Kilogramm angezeigt werden.
Die neuen Regeln beinhalten auch Vorgaben für die Stromversorgung in Schiffshäfen und an Flughäfen. Ab 2030 müssen Häfen eine Landstromverbindung für Schiffe anbieten und an Flughäfen Stromverbindungen für Flugzeuge.
Die informelle Trilog-Einigung muss nun zunächst von den EU-Botschaftern und vom Verkehrsausschuss des Parlaments angenommen werden. Anschließend stimmen Ministerrat und das gesamte Parlament final ab. luk
Deutschland und die Niederlande wollen beim Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft zusammenarbeiten. Die Niederlande möchten sich etwa an der deutschen Beschaffungsinitiative H2Gobal beteiligen, heißt es in der gemeinsamen Erklärung nach den Regierungskonsultationen in Rotterdam. Zudem sollen neue Verbindungen wie der Delta-Rhein-Korridor Wasserstoff vom Hafen Rotterdam per Pipeline nach Nordrhein-Westfalen transportieren. Die ersten beiden Verbindungen sollen laut der Erklärung 2027 umgesetzt sein.
An den Konsultationen nahmen von deutscher Seite unter anderem Kanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner teil. Die Parteien der Ampel hatten dafür die Sonntagabend begonnene Marathonsitzung des Koalitionsausschusses unterbrochen, in der unter anderem über die Planungsbeschleunigung von Infrastrukturvorhaben und das Einbauverbot für neue Gas- und Ölheizungen verhandelt wurde. Die Koalitionspartner wollen am Dienstagvormittag weiterverhandeln.
Thema der Konsultationen in Rotterdam waren auch die laufenden Verhandlungen über den Verkauf der Deutschlandtochter von Tennet. Die Regierung in Den Haag würde die Tochter des niederländischen Stromnetzbetreibers angesichts des hohen Investitionsbedarfs für den Netzausbau gerne komplett an den deutschen Staat verkaufen. Beide Seiten wollen nun “im Laufe des Sommers” klären, ob der Verkauf zustande kommt. Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass “alle Synergievorteile, die es durch die Zusammenarbeit jetzt gibt, beibehalten werden können”, sagte Ministerpräsident Mark Rutte. tho
Ein neuer Bericht des European Round Table for Industry (ERT) fordert mehr Maßnahmen für die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsnationen seien in Europa die Investitionen in Forschung und Entwicklung “relativ gering”. Das gelte besonders für Informations- und Kommunikationstechnologien und werfe Europa in der “nächsten industriellen Revolution” zurück.
Martin Brudermüller, CEO des Chemiekonzerns BASF und Vorsitzender des ERT-Ausschusses für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, fordert deshalb die europäischen Gesetzgeber auf, gegenzusteuern. “Wer heute nicht innovativ ist, wird morgen nicht wettbewerbsfähig und wohlhabend sein”, sagte er bei der Vorstellung des Berichts. Aktuell sei Europa auf dem Weg zu abnehmender Wettbewerbsfähigkeit.
Konkret fordert ERT in dem Bericht:
Für Letzteres seien vor allem schnellere Finanzierungsverfahren entscheidend, so Brudermüller. Dafür brauche es öffentlich-private Partnerschaften. Öffentliche Mittel seien zwar wichtig, aber die Verfahren oft zu langsam, heißt es in dem Bericht.
Als Beispiel werden die langwierigen Genehmigungsverfahren für IPCEI (Important Project of Common European Interest) genannt. Bis zu deren Genehmigung vergehe “zu viel wertvolle Zeit mit administrativen Entscheidungsprozessen”. Dass in acht Jahren nach der Einführung von IPCEIs nur vier genehmigt wurden, spreche für sich selbst. “Damit der IPCEI-Ansatz wirksame Lösungen für die strategischen Herausforderungen Europas bieten kann, müssen die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden”, fordert der ERT, an dem 60 Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzende großer europäischer Unternehmen sitzen.
Brudermüller sagte, Europa habe im internationalen Vergleich zwar mit dem gemeinsamen Binnenmarkt und der immensen Kaufkraft der Europäer noch einen Trumpf in der Hand. Doch dieser Vorteil schwinde. Unternehmen würden durch Überregulierung behindert, sodass Innovationen im Binnenmarkt nicht schnell genug skaliert werden können. luk
Im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan droht eine neue Eskalation. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium hat Armenien mehrfach vorgeworfen, illegal Waffen, Munition, sowie Treibstoff und Nahrungsmittel in die Region Bergkarabach zu schaffen und dort neue Straßen zu bauen, und so einen Krieg zu provozieren.
“Wir erklären, dass die militärisch-politische Führung [Armeniens] die volle Verantwortung für solche Provokationen und illegalen Aktivitäten von Armenien und deren mögliche Folgen für Menschenleben trägt”, heißt es in einer Mitteilung des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums.
Seit vergangener Woche mehren sich die Meldungen über aserbaidschanische Angriffe auf armenische Landwirte und Ortschaften in der Region Bergkarabach. Außerdem soll Aserbaidschan in den vergangenen Tagen die Militärpräsenz in der Region Bergkarabach und an der Grenze zu Armenien erhöht und seine Stellungen ausgebaut haben.
Damit sind die Spannungen zwischen den beiden südkaukasischen Ländern so hoch wie seit Mitte September 2022 nicht mehr. Damals waren bei Raketen-Angriffen auf Ortschaften im Osten Armeniens dutzende Menschen getötet worden. Aserbaidschan beansprucht die Region Bergkarabach vollständig für sich. Sie liegt völkerrechtlich auf aserbaidschanischem Boden, wird aber von ethnischen Armeniern bewohnt. Zudem will Aserbaidschans Präsident Aliyev einen Transport-Korridor in die Exklave Nachitschewan erlangen.
Auf die zunehmenden Spannungen reagierten auch die USA und der Iran. US-Außenminister Anthony Blinken telefonierte sowohl mit Aliyev als auch mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Pashinyan, um seine Unterstützung in den Friedensgesprächen anzubieten. Er betonte, dass es keine militärische Lösung gebe. Die USA haben seit dem Angriff im September ihre Bemühungen um die Beilegung des Konflikts erhöht und sprechen mit beiden Seiten.
Auch der Iran warnt Aliyev vor einer Eskalation. Der stellvertretende iranische Außenminister Ali Bagheri Kani reiste vergangene Woche zu einem zweitägigen Arbeitsbesuch nach Jerewan, um zu beraten, wie die Stabilität in der Region erhalten werden kann. Der Iran steht traditionell auf der Seite Armeniens, zählt aber nicht zu den großen Einflussnehmern in der Region. klm
Die europäische Polizeibehörde Europol hat vor dem Missbrauch von Text-Robotern durch Kriminelle gewarnt. Die Technik könne auch für Betrug, Falschinformation und Cybercrime eingesetzt werden, warnte die Behörde in einem am Montag in Den Haag veröffentlichten Bericht. Europol-Experten hatten den Text-Roboter ChatGPT auf Möglichkeiten des Missbrauchs untersucht.
Die Fähigkeit von ChatGPT, sehr realistische Texte zu schaffen, mache das Programm zu einem nützlichen Instrument für Kriminelle, schrieb die Behörde. Der Text-Roboter sei in der Lage, den Sprachstil von bestimmten Personen oder Gruppen zu kopieren. Verbrecher könnten dies missbrauchen, um Opfer zu täuschen und ihr Vertrauen zu gewinnen.
Weil ChatGPT auch in der Lage sei, Codes für verschiedene Programmiersprachen zu produzieren, sei er auch ein mögliches wertvolles Instrument für Kriminelle mit wenig technischem Wissen, so Europol. Um Missbrauch zu verhindern, müssten Ermittler mit der technologischen Entwicklung Schritt halten. dpa
“Für mich ist es der schönste Job der Welt.” Ein Satz, der bei vielen eher zu einer Phrase verkommt. Bei Tobias Schmid wirkt er jedoch authentisch. Der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM NRW), die über den privaten Rundfunk in dem Bundesland wacht, möchte sich mit seiner Arbeit für die Medienfreiheit und demokratische Werte einsetzen. Der Idealismus sei auch das, was ihn und seine Kollegen verbinde. Dieser “common ground” sorge für ein Gemeinschaftsverständnis in der Organisation und bei Tobias Schmid für die Erfüllung im Beruf.
Schmids Weg in die Medienwelt ist eher dem Zufall geschuldet: Nach seinem Jura-Studium startet er ins Referendariat, sein Ziel: Staatsanwalt werden. Doch die Arbeitsbedingungen schrecken ihn ab, er ändert seine Pläne, arbeitet in einer Kanzlei mit Fokus auf Urheberrecht, bei Sat.1 und mehrere Jahre als General Counsel beim Teleshopping-Sender HSE 24. “Das war in der Annäherung etwas skurril, auf die Idee muss man erst einmal kommen”, erinnert sich Schmid. “Hat aber sehr viel Spaß gemacht.” Daraufhin wechselt er zu RTL, wo er auch für einige Jahre bleibt.
Schließlich wird Schmid für den Posten des Direktors der Landesmedienanstalt vorgeschlagen. Mittlerweile ist der promovierte Jurist seit 2017 im Amt, im vergangenen Jahr wurde er für weitere sechs Jahre bestätigt. Seine Aufgaben: klassisches Management, Schwerpunktsetzung, Vernetzen verschiedener Medien-Organisationen.
Er selbst sagt: Zeitmanagement und Geduld gehörten nicht zu seinen Stärken. Trotzdem schafft er es, sich parallel in vielen Positionen und Ämtern zu engagieren. Er ist Europabeauftragter der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, außerdem Vorstandsmitglied der European Regulators Group for Audiovisual Media Services (ERGA). Diese Gruppe spielt eine entscheidende Rolle beim European Media Freedom Act (EMFA), der Medien vor dem Einfluss der Politik auf redaktionelle Entscheidungen schützen soll.
Dass die EU hierfür eine eigene Aufsichtsbehörde schaffen wollte, kam in Deutschland nicht gut an: Der Bundesrat hatte im vergangenen Jahr eine Subsidiaritätsrüge nach Brüssel gesandt. Die Europäische Kommission habe Annäherungsschwierigkeiten bei dem hohen Maß an Unabhängigkeit in der Medienaufsicht, sagt Tobias Schmid. Deshalb verstehe er die Länder besonders bei den Bedenken über einen zu großen staatlichen Einfluss. “Es ist wichtig, dass der EMFA an dieser Stelle nachgebessert wird, weil die Interventionsmöglichkeit der Europäischen Kommission, selbst wenn sie gut gemeint ist, sich so nicht mit dem Prinzip der Unabhängigkeit verträgt.”
Eine große Herausforderung für die Medienbranche sieht Schmid darin, die journalistische Vielfalt zu wahren. “Sie ist die Lebensversicherung der Meinungsfreiheit. Und Meinungsfreiheit ist die Lebensversicherung der Demokratie.” Sie lebe von Diskurs, der durch verschiedene Meinungen in unterschiedlichen Medien aufblühe. Der Druck auf Printmedien, vor allem im Regionalen und im Lokalen, auf den Radiobereich und seit Neuestem auch den Fernsehbereich, nehme enorm zu. Eine Aufgabe der Aufsichtsbehörden sei, die journalistische Vielfalt zu stabilisieren, sagt Tobias Schmid. Kim Fischer
eines der großen Streitthemen soll heute eigentlich von der Tagesordnung verschwinden: Der Ministerrat wird aller Voraussicht nach für das Verbrenner-Aus 2035 stimmen – inklusive des FDP-Kompromisses zu den E-Fuels. Doch es gibt Skepsis bei Industrie und Zulieferern. Und zwar an der geringen Verbindlichkeit der Vereinbarung, berichtet Markus Grabitz.
Spatenstich in Brandenburg: In Guben wird Europas erster Lithium-Konverter vom deutsch-kanadischen Unternehmen Rock Tech gebaut. Gestern wurde das Projekt vorgestellt. Es ist ein Paradebeispiel für das, was der EU mit ihrem Critical Raw Materials Act erreichen will, bevor dieser überhaupt in Kraft getreten ist, analysiert Leonie Düngefeld.
Auch beim Thema Wasserstoff bewegt sich was. Die Niederlande und Deutschland wollen auf dem Feld enger kooperieren. Beispielsweise über die Beteiligung der Niederlande an der deutschen Beschaffungsinitiative H2Gobal und über neue Pipelines wie den Delta-Rhein-Korridor nach Nordrhein-Westfalen. Wann es losgehen soll und was noch besprochen wurde, lesen Sie in unserer News. Genauso wie die Details zur Trilog-Einigung für den Ausbau der europäischen Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Um kurz vor 2 Uhr nachts haben sich die Unterhändler von EU-Parlament, Rat und Kommission auf einen Kompromiss bei der Alternative Fuel Infrastructure Regulation – kurz AFIR – geeinigt.
Beim heutigen Treffen der Energieminister dürfte der Weg frei gemacht werden für das Verbrenner-Aus im Jahr 2035. Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, wird voraussichtlich mit der Stimme der Bundesregierung maßgeblich dazu beitragen, das Trilogergebnis zur CO₂-Flottengesetzgebung zu bestätigen. Eine Probeabstimmung auf Botschafterebene ergab am Montag, dass nach der E-Fuels-Einigung zwischen Kommission und FDP mit einer qualifizierten Mehrheit in der Staatenkammer für das Gesetz zu rechnen ist. Polen und Italien sowie weitere osteuropäische Länder wollen dennoch weiter mit Nein stimmen.
Auf Seiten der Industrie wird der Kompromiss zurückhaltend kommentiert.VDA-Chefin Hildegard Müller begrüßt zwar die Einigung, sagte aber auch: “Die finalen Details der Einigung sind noch zu bewerten.” Ralf Diemer von der efuel-Alliance ließ Skepsis durchklingen, ob vor dem Hintergrund der bisherigen Ablehnung der Kommission gegenüber der Technologie die Umsetzung der E-Fuel-Strategie dort in den richtigen Händen ist: “Es bleibt zu hoffen, dass nun zeitnah die richtigen Entscheidungen getroffen werden, um Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen.” Benjamin Krieger von Clepa, Dachverband der Zulieferer, ist ebenfalls vorsichtig: “Es kommt jetzt sehr auf die Ausgestaltung an. Aber die jetzt angekündigten Regeln für erneuerbare Kraftstoffe im Straßenverkehr können zu einem positiven Signal für mehr Technologiefreiheit werden.”
Während sich Hersteller und Zulieferer mit offiziellen Äußerungen zurückhielten, zeigte sich die größte Erdölfördergesellschaft der Welt erfreut. Matthias Braun vom Saudi-Aramco-Research-Centre sagte: “Mit dem E-Fuels-Kompromiss öffnet sich für die Industrie eine Tür: Für Investoren wird damit die industrielle Herstellung von synthetischen Kraftstoffen zur Verwendung in Neuwagen-Pkw interessant.” Das Unternehmen aus Saudi-Arabien baut derzeit zwei Demonstrationsfabriken für die Herstellung von E-Fuels in Bilbao und in Saudi-Arabien und stellt für Rallye-Wettbewerbe und Straßenrennen synthetische Kraftstoffe zur Verfügung. Das Unternehmen hat zudem angekündigt, ab 2030 E-Fuels im industriellen Maßstab an Tankstellen verfügbar zu machen.
Hinter vorgehaltener Hand werden die Vertreter der Industrie deutlicher. Bemängelt wird die geringe Verbindlichkeit der Vereinbarung: “Die FDP hat ein Signal bekommen, das lediglich politisch bindend ist, gesetzgeberisch bleibt der Deal im Vagen.” Ein anderer Interessensvertreter gibt zu bedenken: “Wenn Deutschland zustimmt, ist der Hebel weg. Die FDP muss sich jetzt darauf verlassen, dass die Kommission ihre Zusagen einhält und jetzt liefert.”
Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Co-Gesetzgeber Widerstand leisten könnten. Die Kommission will über die Typprüfungsverordnung für Euro 5 und 6 zunächst mithilfe eines Delegierten Rechtsaktes sicherstellen, dass auch nach 2035 noch Neufahrzeuge mit Verbrenner zugelassen werden können, wenn sie denn ausschließlich mit E-Fuels betankt werden. Der Rechtsakt könnte etwa auf Vorbehalte im Parlament stoßen. Denkbar wäre auch, dass der Rechtsakt vom EuGH später verworfen werde.
Regulatorisch sei der Durchbruch der E-Fuels noch lange nicht absehbar. Dafür müssten zum einen in der Erneuerbare-Energien-Verordnung (RED) verbindliche und hohe Quoten für den Einsatz von E-Fuels im Verkehr festgeschrieben werden, heißt es in der Industrie. Dies ist aber nicht absehbar: Markus Pieper (CDU), RED-Berichterstatter, schlägt eine vergleichsweise niedrige Quote von 5,7 Prozent vor und stößt schon damit auf große Widerstände bei den Mitgliedstaaten.
Zum anderen müsste gewährleistet werden, dass den Herstellern E-Fuel-Fahrzeuge in der Systematik der CO₂-Flottenregulierung angerechnet werden. Ohne dieses Instrument fehle den Herstellern der Anreiz für die Produktion. “Der Weg für E-Fuel-Fahrzeuge ist erst dann richtig frei, wenn eine Verzahnung zwischen Unterquoten bei der RED und der Anrechnung über die CO₂-Flottengrenzwerte gewährleistet ist”, heißt es aus Industriekreisen.
In der Branche ist man daher skeptisch, ob der Kompromiss ein echter “Gamechanger” ist. Die Karten würden erst dann neu gemischt, wenn die Industrie ihre Strategie für die Dekarbonisierung des Antriebsstrangs überdenke, die bislang stark auf die batterieelektrische Mobilität ausgerichtet ist. Bisher bekennt sich nur Porsche offensiv zu E-Fuels. Allerdings gibt es erste Hinweise, dass sich etwas bewegt. VW-Chef Oliver Blume, der bei Porsche die E-Fuel-Strategie offensiv betrieben hat, spricht neuerdings von der “Doppel-E-Strategie” und meint damit E-Mobilität und E-Fuels. BMW-Chef Oliver Zipse fordert auch in seiner Funktion als Präsident des Dachverbandes ACEA immer wieder Technologieoffenheit ein. Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius gibt zwar immer noch die Parole aus, der Konzern werde bis 2029 voll auf die Elektromobilität umsteigen, versieht dies aber immer auch mit dem Zusatz: “Wenn dies die Märkte hergeben.”
In der Branche heißt es denn auch: “Sollte sich in zwei oder drei Jahren herausstellen, dass die Absatzzahlen von E-Autos unzufriedenstellend bleiben und auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur hinter den Zielen zurückbleibt, könnten E-Fuels-Fahrzeuge die Alternative werden, um die Klimaziele zu erreichen.”
Eine Bahntrasse am Waldrand südlich der deutsch-polnischen Grenzstadt Guben, einige Hundert Meter von der Neiße entfernt: Hier sollen bald Güterwaggons gefüllt mit Lithium-Gestein aus Kanada ankommen. Auf der angrenzenden Brachfläche, wo bislang nur einige Sandberge zu sehen sind, soll in zwei Jahren Europas erster Lithium-Konverter den Betrieb aufnehmen. Das deutsch-kanadische Unternehmen Rock Tech baut hier eine Industrieanlage, die das lithiumhaltige Gestein zu Lithiumhydroxid weiterverarbeitet – was pro Jahr für 500.000 Batterien für Elektroautos reichen soll. Beim Spatenstich hat Rock Tech gestern die Baupläne vorgestellt.
Lokale Wertschöpfung, Ziele für die Kreislaufwirtschaft, schnelle Genehmigungsverfahren und ein gleichzeitiger Ausbau strategischer Rohstoffpartnerschaften: Das Projekt in Brandenburg ist ein Paradebeispiel der europäischen Rohstoffstrategie, welche die EU-Kommission vor Kurzem durch einen Gesetzesvorschlag untermauert hat.
24.000 Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr soll der Konverter in Guben ab 2026 herstellen und an die lokale Kathoden- und Batterieproduktion liefern. 40 Prozent des Materials wird Mercedes-Benz für die E-Auto-Produktion abnehmen.
“Brandenburg deckt damit künftig die komplette Wertschöpfungskette von der Rohstoffaufbereitung über die Batterie- und Zellfertigung bis zu E-Autobau sowie Batterierecycling ab”, sagte der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) während der Veranstaltung.
Nach Angaben der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) sind bereits 33 Unternehmen und neun Forschungsinstitute im Bundesland an der Wertschöpfungskette für Batterien beteiligt; weitere Investitionen sind im Bau oder in Vorbereitung. Neben der Lithiumverarbeitung durch Rock Tech und dem Tesla-Werk in Grünheide stellt etwa BASF in seinem Werk in Schwarzheide Kathodenmaterial her. Das Unternehmen plant außerdem, Anfang 2024 am selben Standort eine Recyclinganlage für schwarze Masse aus Batterien in Betrieb zu nehmen.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte, Brandenburg zeige, wie Wirtschaftspolitik sein müsse, die auf eine klimaneutrale Zukunft ausgerichtet sei. Die neuen Arbeitsplätze in der Batterie-Wertschöpfungskette ersetzten solche, die durch den Kohleausstieg wegfielen. Gleichzeitig forderte er Respekt vor den Menschen, die von diesen Veränderungen betroffen seien.
In gewisser Weise findet in diesem Projekt der Critical Raw Materials Act Anwendung, bevor er überhaupt in Kraft getreten ist. Das Genehmigungsverfahren erfuhr starke politische Unterstützung und wurde beschleunigt – zwei Jahre nach der Entscheidung für den Standort Guben kann Rock Tech dank einer Genehmigung zum vorzeitigen Beginn bereits mit den Testarbeiten und Vorbereitungen beginnen. Eine zweite Teilgenehmigung steht noch aus, wird aber bis Ende des Jahres erwartet.
Das Lithium-Mineral Spodumen soll zunächst vor allem aus Rock Techs Bergbauprojekt im kanadischen Ontario bezogen werden. Kanada gilt als einer der vielversprechendsten Rohstoffpartner der EU. Auch aus Australien, wo es die weltweit größten Spodumen-Vorkommen gibt, könnte der Rohstoff in Zukunft geliefert werden. Die EU und Australien wollen demnächst ein Freihandelsabkommen abschließen, das auch ein Kapitel zu kritischen Rohstoffen enthalten soll.
Europa drohe nicht mehr nur von China und Südkorea abgehängt zu werden, sondern nun auch von Nordamerika, sagte Dirk Harbecke, CEO von Rock Tech. Die Subventionsprogramme des Inflation Reduction Acts machten es für viele Firmen attraktiver, Produktionsstätten in den USA aufzubauen. “Wir brauchen aber eine stabile Versorgungskette für Batteriezellen hier bei uns in Europa”, betonte er. “Und dafür brauchen wir auch die Unterstützung der Politik“.
Von den kürzlich angekündigten EU-Förderprogrammen zur Unterstützung von strategischen Zukunftstechnologien erhofft Harbecke sich auch positive Auswirkungen für den Lithium-Konverter. Die EU-Kommission schlägt im Net Zero Industry Act vor, mindestens 85 Prozent des jährlichen EU-Bedarfs an Batterien solle aus eigener Produktion stammen. Die Projekte sollen finanzielle Förderung über den Innovationsfonds und über InvestEU erhalten.
Der gleichzeitig vorgestellte Critical Raw Materials Act sieht vor, bis 2030 mindestens 40 Prozent des jährlichen EU-Bedarfs an strategischen Rohstoffen wie Lithium durch heimische Weiterverarbeitung zu decken. Ob der Lithium-Konverter sich als sogenanntes strategisches Projekt bewerben kann, um von der entsprechenden Förderung zu profitieren, sei noch nicht klar, erklärte ein Sprecher von Rock Tech.
Bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) wird jedoch bereits eine Förderung in Höhe von 150 Millionen Euro geprüft, was knapp einem Viertel der erwarteten Kosten entspricht. Neben dem Projekt in Guben plant Rock Tech drei weitere Konverter in Europa und einen in Nordamerika.
Rock Tech hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, das “erste zirkuläre Lithiumunternehmen der Welt zu werden”. Im Gubener Lithium-Konverter soll bis 2030 etwa 50 Prozent Recyclingmaterial eingesetzt werden – dies sei jedoch abhängig davon, wie gut der Markt funktioniere, erklärte ein Sprecher.
Geht es nach dem Kommissionsentwurf für den Critical Raw Materials Act, sollen 2030 mindestens 15 Prozent des Rohstoffbedarfs aus dem Recycling stammen. Die lange Nutzung der Batterien verzögert jedoch den Hochlauf der Kapazitäten: Batterien von E-Fahrzeugen sind rund 15 Jahre im Gebrauch. Experten rechnen damit, dass der europäische Recyclingmarkt für Lithium-Ionen-Batterien, zeitversetzt mit dem Wachstum der Elektromobilität, in den kommenden zwanzig Jahren stark wachsen und spätestens Mitte der 2020er-Jahre anziehen wird.
Um Innovationen für kreislauffähige Lithium- und Wasserstoffproduktion zu entwickeln, beteiligt sich Rock Tech gemeinsam mit der Baustoffindustrie am Deutschen Lithiuminstitut (ITEL) in Halle. Dort soll neben der CO₂-neutralen Produktion auch die Nutzung der Nebenprodukte erforscht werden, die beispielsweise für die Gips- und Zementindustrie verwendet werden könnten. Die angekündigte Zero Waste-Strategie bleibt erst einmal nur ein Versprechen.
29.03.2023 – 09:00-13:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
DGAP, Discussion Navigating the new reality in the EU Eastern Neighbourhood
The German Council on Foreign Relations (DGAP) brings together key policymakers and think tankers from both the EU member states as well as Eastern partners to discuss the future of the EU enlargement and EaP policies, in light of Russia’s ongoing war against Ukraine. INFOS & REGISTRATION
29.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
FES, Panel Discussion Investing in decarbonising the EU: The role of the economic governance reform and beyond
The Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) convenes a dialogue with Italian and German Progressives to consider possible ways to balance fiscal sustainability and responsibility with the financing of the green transition in the context of the review of the Stability and Growth Pact and beyond. INFOS & REGISTRATION
29.03.2023 – 15:00-16:00 Uhr, online
EIT, Seminar Master’s in Energy Technologies
The European Institute of Innovation & Technology (EIT) brings together all those interested in the combination of engineering, business, and the future of urbanisation. INFOS & REGISTRATION
29.03.2023 – 15:30-16:30 Uhr, online
MedTech Pharma, Vortrag Medical Apps und DiGA – Worauf kommt es an?
MedTech Pharma stellt die regulatorischen Anforderungen an Medical Device Software und Software as a Medical Device sowie Ansätze zu deren Erfüllung vor. INFOS & ANMELDUNG
29.03.2023 – 17:30-18:30 Uhr, online
DGAP, Diskussion Liberaler Internationalismus: Auf der Suche nach einer neuen freien Welt
Der Publizist und ehemalige Welt-Herausgeber Thomas Schmid diskutiert mit dem Internationale Politik (IP)-Chefredakteur Martin Bialecki, wie eine Politik des liberalen Internationalismus gelingen kann.
INFOS & ANMELDUNG
30.03.2023 – 09:30-11:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Seminar Hydrogen: State of play of the EU hydrogen policy & regulatory framework
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) brings together different stakeholders to take stock of key policy and regulatory developments of the EU hydrogen policy and regulatory framework. INFOS & REGISTRATION
30.03.2023 – 10:00-16:00 Uhr, Berlin
ZIA, Seminar Nachhaltiges Immobilienmanagement – Wirtschaftlichkeit im Einklang mit ESG-Verantwortung
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) vermittelt regulatorische und gesellschaftliche Anforderungen im Immobilienmanagement. INFOS & ANMELDUNG
30.03.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Netzinfrastrukturstrategie
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) beschäftigt sich mit der Dynamik der Energiewende in unsicheren Zeiten für langfristige Infrastrukturplanung. INFOS & ANMELDUNG
30.03.2023 – 12:00-23:30 Uhr, Berlin
BFW, Konferenz Deutscher Immobilien Kongress 2023
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) geht der Frage nach, wie man heute für morgen bauen kann und mit welchen Geschäftsmodellen Wohnen attraktiver und Bauen bezahlbar wird. INFOS & ANMELDUNG
30.03.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
HSS/Freistaat Bayern, Podiumsdiskussion Digitalisierung, Innovation und Künstliche Intelligenz: Europas Rolle im internationalen Wettbewerb
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) und der Freistaat Bayern beschäftigen sich mit der Frage, wie Europa im internationalen Wettbewerb aufholen kann und wie Europas Chancen für eine Vorreiterrolle bei der künstlichen Intelligenz stehen. INFOS & ANMELDUNG
In der Nacht auf Dienstag haben sich die Unterhändler von EU-Parlament, Rat und Kommission auf neue Ausbauziele für die Ladeinfrastruktur in Europa geeinigt. Die Trilog-Einigung zur Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) sieht vor, dass für Elektro-Pkw bis Ende 2025 alle 60 Kilometer eine Ladeleistung von mindestens 400 kW installiert und bis Ende 2027 auf 600 kW erhöht werden muss.
Die Zahl der Elektroautos habe sich seit 2016 versiebzehnfacht, die der Ladestationen aber nur versechsfacht, erklärt Parlamentsberichterstatter Ismail Ertug (SPD). “Um Privatpersonen und Wirtschaft die Lade- und Reichweitenangst zu nehmen, ermöglicht dieser Kompromiss eine Versorgung mit Schnellladestationen in regelmäßigen Abständen.” Betroffen von den Regelungen sind nur die Kernverkehrsnetze der EU (TEN-T).
Mit den neuen Regelungen müssen Mitgliedstaaten pro neuzugelassenem Elektroauto 1,3 kW Ladeleistung zubauen. Das Parlament hatte bis zu 3 kW gefordert, Rat und Kommission wollten 1 kW. Schon vor dem letzten Trilog hatte sich abgezeichnet, dass das Parlament Abstriche von seinen deutlich höheren Forderungen machen muss, um zu einer Einigung zu kommen. Die Berichterstatter kritisierten im Gespräch mit Table.Media, dass der Rat zu wenig kompromissbereit sei.
Für Lkw und Busse wird bis Ende 2027 eine Ladestation alle 120 Kilometer über 1400 kW bis 2800 kW vorgeschrieben, je nach Frequentierung der Straße. Zudem muss bis Ende 2030 alle 200 Kilometer eine Wasserstofftankstelle entstehen. Auch für LNG-Tankstellen gibt es neue Ausbauziele. Allerdings gibt es Ausnahmen für Straßenabschnitte, die wenig befahren werden und auf denen sich Investitionen ökonomisch nicht rechtfertigen lassen, erklärt Schattenberichterstatter Jens Gieseke (CDU).
Die AFIR legt auch klare Vorgaben für das Bezahlen an der Ladesäule fest. Kontaktlose Kartenzahlung mithilfe von QR-Codes ist für jeden Ladepunkt vorgeschrieben. Zudem muss der Ad-hoc-Preis in Preis pro kWh oder pro Kilogramm angezeigt werden.
Die neuen Regeln beinhalten auch Vorgaben für die Stromversorgung in Schiffshäfen und an Flughäfen. Ab 2030 müssen Häfen eine Landstromverbindung für Schiffe anbieten und an Flughäfen Stromverbindungen für Flugzeuge.
Die informelle Trilog-Einigung muss nun zunächst von den EU-Botschaftern und vom Verkehrsausschuss des Parlaments angenommen werden. Anschließend stimmen Ministerrat und das gesamte Parlament final ab. luk
Deutschland und die Niederlande wollen beim Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft zusammenarbeiten. Die Niederlande möchten sich etwa an der deutschen Beschaffungsinitiative H2Gobal beteiligen, heißt es in der gemeinsamen Erklärung nach den Regierungskonsultationen in Rotterdam. Zudem sollen neue Verbindungen wie der Delta-Rhein-Korridor Wasserstoff vom Hafen Rotterdam per Pipeline nach Nordrhein-Westfalen transportieren. Die ersten beiden Verbindungen sollen laut der Erklärung 2027 umgesetzt sein.
An den Konsultationen nahmen von deutscher Seite unter anderem Kanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner teil. Die Parteien der Ampel hatten dafür die Sonntagabend begonnene Marathonsitzung des Koalitionsausschusses unterbrochen, in der unter anderem über die Planungsbeschleunigung von Infrastrukturvorhaben und das Einbauverbot für neue Gas- und Ölheizungen verhandelt wurde. Die Koalitionspartner wollen am Dienstagvormittag weiterverhandeln.
Thema der Konsultationen in Rotterdam waren auch die laufenden Verhandlungen über den Verkauf der Deutschlandtochter von Tennet. Die Regierung in Den Haag würde die Tochter des niederländischen Stromnetzbetreibers angesichts des hohen Investitionsbedarfs für den Netzausbau gerne komplett an den deutschen Staat verkaufen. Beide Seiten wollen nun “im Laufe des Sommers” klären, ob der Verkauf zustande kommt. Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass “alle Synergievorteile, die es durch die Zusammenarbeit jetzt gibt, beibehalten werden können”, sagte Ministerpräsident Mark Rutte. tho
Ein neuer Bericht des European Round Table for Industry (ERT) fordert mehr Maßnahmen für die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsnationen seien in Europa die Investitionen in Forschung und Entwicklung “relativ gering”. Das gelte besonders für Informations- und Kommunikationstechnologien und werfe Europa in der “nächsten industriellen Revolution” zurück.
Martin Brudermüller, CEO des Chemiekonzerns BASF und Vorsitzender des ERT-Ausschusses für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, fordert deshalb die europäischen Gesetzgeber auf, gegenzusteuern. “Wer heute nicht innovativ ist, wird morgen nicht wettbewerbsfähig und wohlhabend sein”, sagte er bei der Vorstellung des Berichts. Aktuell sei Europa auf dem Weg zu abnehmender Wettbewerbsfähigkeit.
Konkret fordert ERT in dem Bericht:
Für Letzteres seien vor allem schnellere Finanzierungsverfahren entscheidend, so Brudermüller. Dafür brauche es öffentlich-private Partnerschaften. Öffentliche Mittel seien zwar wichtig, aber die Verfahren oft zu langsam, heißt es in dem Bericht.
Als Beispiel werden die langwierigen Genehmigungsverfahren für IPCEI (Important Project of Common European Interest) genannt. Bis zu deren Genehmigung vergehe “zu viel wertvolle Zeit mit administrativen Entscheidungsprozessen”. Dass in acht Jahren nach der Einführung von IPCEIs nur vier genehmigt wurden, spreche für sich selbst. “Damit der IPCEI-Ansatz wirksame Lösungen für die strategischen Herausforderungen Europas bieten kann, müssen die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden”, fordert der ERT, an dem 60 Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzende großer europäischer Unternehmen sitzen.
Brudermüller sagte, Europa habe im internationalen Vergleich zwar mit dem gemeinsamen Binnenmarkt und der immensen Kaufkraft der Europäer noch einen Trumpf in der Hand. Doch dieser Vorteil schwinde. Unternehmen würden durch Überregulierung behindert, sodass Innovationen im Binnenmarkt nicht schnell genug skaliert werden können. luk
Im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan droht eine neue Eskalation. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium hat Armenien mehrfach vorgeworfen, illegal Waffen, Munition, sowie Treibstoff und Nahrungsmittel in die Region Bergkarabach zu schaffen und dort neue Straßen zu bauen, und so einen Krieg zu provozieren.
“Wir erklären, dass die militärisch-politische Führung [Armeniens] die volle Verantwortung für solche Provokationen und illegalen Aktivitäten von Armenien und deren mögliche Folgen für Menschenleben trägt”, heißt es in einer Mitteilung des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums.
Seit vergangener Woche mehren sich die Meldungen über aserbaidschanische Angriffe auf armenische Landwirte und Ortschaften in der Region Bergkarabach. Außerdem soll Aserbaidschan in den vergangenen Tagen die Militärpräsenz in der Region Bergkarabach und an der Grenze zu Armenien erhöht und seine Stellungen ausgebaut haben.
Damit sind die Spannungen zwischen den beiden südkaukasischen Ländern so hoch wie seit Mitte September 2022 nicht mehr. Damals waren bei Raketen-Angriffen auf Ortschaften im Osten Armeniens dutzende Menschen getötet worden. Aserbaidschan beansprucht die Region Bergkarabach vollständig für sich. Sie liegt völkerrechtlich auf aserbaidschanischem Boden, wird aber von ethnischen Armeniern bewohnt. Zudem will Aserbaidschans Präsident Aliyev einen Transport-Korridor in die Exklave Nachitschewan erlangen.
Auf die zunehmenden Spannungen reagierten auch die USA und der Iran. US-Außenminister Anthony Blinken telefonierte sowohl mit Aliyev als auch mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Pashinyan, um seine Unterstützung in den Friedensgesprächen anzubieten. Er betonte, dass es keine militärische Lösung gebe. Die USA haben seit dem Angriff im September ihre Bemühungen um die Beilegung des Konflikts erhöht und sprechen mit beiden Seiten.
Auch der Iran warnt Aliyev vor einer Eskalation. Der stellvertretende iranische Außenminister Ali Bagheri Kani reiste vergangene Woche zu einem zweitägigen Arbeitsbesuch nach Jerewan, um zu beraten, wie die Stabilität in der Region erhalten werden kann. Der Iran steht traditionell auf der Seite Armeniens, zählt aber nicht zu den großen Einflussnehmern in der Region. klm
Die europäische Polizeibehörde Europol hat vor dem Missbrauch von Text-Robotern durch Kriminelle gewarnt. Die Technik könne auch für Betrug, Falschinformation und Cybercrime eingesetzt werden, warnte die Behörde in einem am Montag in Den Haag veröffentlichten Bericht. Europol-Experten hatten den Text-Roboter ChatGPT auf Möglichkeiten des Missbrauchs untersucht.
Die Fähigkeit von ChatGPT, sehr realistische Texte zu schaffen, mache das Programm zu einem nützlichen Instrument für Kriminelle, schrieb die Behörde. Der Text-Roboter sei in der Lage, den Sprachstil von bestimmten Personen oder Gruppen zu kopieren. Verbrecher könnten dies missbrauchen, um Opfer zu täuschen und ihr Vertrauen zu gewinnen.
Weil ChatGPT auch in der Lage sei, Codes für verschiedene Programmiersprachen zu produzieren, sei er auch ein mögliches wertvolles Instrument für Kriminelle mit wenig technischem Wissen, so Europol. Um Missbrauch zu verhindern, müssten Ermittler mit der technologischen Entwicklung Schritt halten. dpa
“Für mich ist es der schönste Job der Welt.” Ein Satz, der bei vielen eher zu einer Phrase verkommt. Bei Tobias Schmid wirkt er jedoch authentisch. Der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM NRW), die über den privaten Rundfunk in dem Bundesland wacht, möchte sich mit seiner Arbeit für die Medienfreiheit und demokratische Werte einsetzen. Der Idealismus sei auch das, was ihn und seine Kollegen verbinde. Dieser “common ground” sorge für ein Gemeinschaftsverständnis in der Organisation und bei Tobias Schmid für die Erfüllung im Beruf.
Schmids Weg in die Medienwelt ist eher dem Zufall geschuldet: Nach seinem Jura-Studium startet er ins Referendariat, sein Ziel: Staatsanwalt werden. Doch die Arbeitsbedingungen schrecken ihn ab, er ändert seine Pläne, arbeitet in einer Kanzlei mit Fokus auf Urheberrecht, bei Sat.1 und mehrere Jahre als General Counsel beim Teleshopping-Sender HSE 24. “Das war in der Annäherung etwas skurril, auf die Idee muss man erst einmal kommen”, erinnert sich Schmid. “Hat aber sehr viel Spaß gemacht.” Daraufhin wechselt er zu RTL, wo er auch für einige Jahre bleibt.
Schließlich wird Schmid für den Posten des Direktors der Landesmedienanstalt vorgeschlagen. Mittlerweile ist der promovierte Jurist seit 2017 im Amt, im vergangenen Jahr wurde er für weitere sechs Jahre bestätigt. Seine Aufgaben: klassisches Management, Schwerpunktsetzung, Vernetzen verschiedener Medien-Organisationen.
Er selbst sagt: Zeitmanagement und Geduld gehörten nicht zu seinen Stärken. Trotzdem schafft er es, sich parallel in vielen Positionen und Ämtern zu engagieren. Er ist Europabeauftragter der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, außerdem Vorstandsmitglied der European Regulators Group for Audiovisual Media Services (ERGA). Diese Gruppe spielt eine entscheidende Rolle beim European Media Freedom Act (EMFA), der Medien vor dem Einfluss der Politik auf redaktionelle Entscheidungen schützen soll.
Dass die EU hierfür eine eigene Aufsichtsbehörde schaffen wollte, kam in Deutschland nicht gut an: Der Bundesrat hatte im vergangenen Jahr eine Subsidiaritätsrüge nach Brüssel gesandt. Die Europäische Kommission habe Annäherungsschwierigkeiten bei dem hohen Maß an Unabhängigkeit in der Medienaufsicht, sagt Tobias Schmid. Deshalb verstehe er die Länder besonders bei den Bedenken über einen zu großen staatlichen Einfluss. “Es ist wichtig, dass der EMFA an dieser Stelle nachgebessert wird, weil die Interventionsmöglichkeit der Europäischen Kommission, selbst wenn sie gut gemeint ist, sich so nicht mit dem Prinzip der Unabhängigkeit verträgt.”
Eine große Herausforderung für die Medienbranche sieht Schmid darin, die journalistische Vielfalt zu wahren. “Sie ist die Lebensversicherung der Meinungsfreiheit. Und Meinungsfreiheit ist die Lebensversicherung der Demokratie.” Sie lebe von Diskurs, der durch verschiedene Meinungen in unterschiedlichen Medien aufblühe. Der Druck auf Printmedien, vor allem im Regionalen und im Lokalen, auf den Radiobereich und seit Neuestem auch den Fernsehbereich, nehme enorm zu. Eine Aufgabe der Aufsichtsbehörden sei, die journalistische Vielfalt zu stabilisieren, sagt Tobias Schmid. Kim Fischer