Table.Briefing: Europe

Strommangel in Frankreich + Europas Antwort auf IRA + Michel in Peking + Delegated Act Wasserstoff

  • Frankreich bereitet sich auf Stromausfälle vor
  • Antwort auf den IRA: Das sind die Optionen
  • Michel findet in Peking wenig Gehör
  • Wasserstoff: Kürzere Übergangszeit im Delegated Act
  • IEA-Chef Fatih Birol warnt Deutschland vor Fracking
  • Euro-Gruppe: Griechenland soll Schuldenentlastung erhalten
  • EU beschließt 60-Dollar-Preisgrenze für russisches Öl
  • Sorgfaltspflichten: Rat beschließt Sonderrolle für Finanzbranche
  • EU-Umweltausschuss will Export-Stopp für Plastikmüll
  • Vandenberghe wird neuer Direktor der GD Clima
  • Soziale Umverteilung aus Mafiabesitz: Frankreich folgt Italien
Liebe Leserin, lieber Leser,

nein, Blackouts, also ein unkontrolliertes und unvorhergesehenes Versagen von Netzelementen, werde es in Frankreich nicht geben, sagte Emmanuelle Wargon, Präsidentin der Regulierungsbehörde CRE. Die Lage ist dennoch angespannt. Je nach Szenario drohen in Frankreich 20 bis 70 Stunden Stromausfall im Winter. Tanja Kuchenbecker und Manuel Berkel analysieren in ihrem Text auch, wann das Risiko für das deutsche Netz steigt.

Außerdem berichtet Manuel Berkel über den lang erwarteten delegierten Rechtsakt zu Wasserstoff. Europe.Table liegt der neueste Entwurf vor und der enthält einige wichtige Änderungen.

Tut sich was beim Inflation Reduction Act (IRA) der USA? Joe Biden hat Emmanuel Macron bei dessen Besuch im Weißen Haus Verbesserungen in Aussicht gestellt, “die es den europäischen Ländern grundsätzlich erleichtern können, sich zu beteiligen”. Die EU diskutiert darüber hinaus im Hinblick auf den EU-Gipfel am 15. Dezember mehrere Optionen, wie sie mit dem IRA umgehen soll – von der Bekämpfung bis hin zur Waffengleichheit. Till Hoppe skizziert die Möglichkeiten.

EU-Ratspräsident Charles Michel war derweil in China und hat versucht, nach dem gescheiterten EU-China-Dialog Anfang April den Gesprächsfaden mit Präsident Xi Jinping wieder aufzunehmen. In den Gesprächen wurden viele Themen angeschnitten – Menschenrechte, Gleichberechtigung in den Wirtschaftsbeziehungen, die jüngsten Proteste in China. Doch obwohl ein klarer Fokus fehlte, war Michels Besuch ein guter Anfang für einen Gesprächsanfang, schreibt Amelie Richter.

Ihre
Lisa-Martina Klein
Bild von Lisa-Martina  Klein

Analyse

Frankreich bereitet sich auf Stromausfälle vor

Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass Frankreich im Winter mit Engpässen bei der Stromversorgung zu kämpfen haben wird. Für zig Stunden könnte im Winter der Strom ausfallen, bestätigte gestern der europäische Verband der Netzbetreiber ENTSO-E in seinem Winter Outlook.

Durch die Unterstützung von Nachbarländern hatte sich die Situation gegenüber Prognosen aus dem Oktober eigentlich leicht gebessert. Die verlängerte Laufzeit der deutschen Atomkraftwerke helfe im Winter anderen Staaten – darunter Frankreich, sagte die federführende ENTSO-E-Expertin Cindy Bastiaensen gestern auf Nachfrage von Europe.Table.

Premierministerin beruft Krisenstab ein

Allerdings rechnen Europas Netzbetreiber in ihrem Referenzszenario immer noch damit, dass die Stromnachfrage in Frankreich im nächsten Winter für insgesamt 20 Stunden nicht gedeckt werden kann. Die Zahl mag gering erscheinen, doch auch kurze und lokal begrenzte Ausfälle würden in das Leben der Menschen eingreifen.

Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne versammelt seit einem Monat jede Woche einen Krisenstab, die Regierung hat einen Notfallplan ausgearbeitet. Die Präfekten werden angewiesen, sich auf kontrollierte Unterbrechungen der Versorgung von zwei Stunden vorzubereiten. Es soll sich um lokale Abschaltungen handeln, die nicht ganze Städte oder Départements betreffen. Mit großflächigen, ungeplanten Ausfällen rechnen Experten nicht. Emmanuelle Wargon, Präsidentin der Regulierungsbehörde CRE, sagte: “Es wird keine Blackouts geben.”

Mobilfunk fällt aus, Schulen bleiben geschlossen

Nach Angaben der Regierung könnten die lokalen Ausfälle etwa 60 Prozent der Bevölkerung treffen. Am größten ist das Risiko laut dem Netzbetreiber RTE in den Hochlastzeiten zwischen 8 und 13 Uhr sowie 18 und 20 Uhr. Sollte der Strom unterbrochen werden, würde die betroffene Bevölkerung am Vortag bis 17 Uhr über die App Ecowatt informiert.

Krankenhäuser und andere wichtige Einrichtungen wie Feuerwehr und Polizei sollen verschont bleiben. Internet, Festnetz und Mobiltelefone funktionieren beim Ausfall nicht. Züge und Metro sollen nicht fahren, die Schulen geschlossen bleiben. Fraglich ist noch, ob die zentrale Notfallnummer 112 überall funktioniert.

Grund ist die Situation in den französischen Atomkraftwerken. Versorger EDF erklärte gegenüber Europe.Table, dass Ende November 21 von 56 Atommeilern nicht liefen. Wartungsarbeiten, Korrosionsprobleme, die Pandemie und Streiks haben EDF ausgebremst.

Im Dezember sollen noch elf Meiler wieder hochgefahren werden, der französische Netzbetreiber RTE rechnet aber damit, dass sich das bis in den Januar hineinziehen kann. Die restlichen Reaktoren sind bis Februar vorgesehen. Schon lange liegt EDF hinter dem Plan, den der Versorger Mitte September veröffentlicht hat, danach sollten derzeit nur noch neun Meiler nicht laufen.

Stromausfälle zwischen 20 und 70 Stunden im Winter

Nach der jüngsten RTE-Prognose von Mitte November rechnen auch die europäischen Netzbetreiber insgesamt mit einer Verschärfung der Lage. Die ENTSO-E-Vorhersage von 20 Stunden mit Stromausfällen basiert auf Daten von September. Durch die neuesten Zahlen aus Frankreich rechnet der Verband nun damit, dass die Zahl der Stunden mit Stromausfällen zwischen zwei Szenarien mit 20 und 70 Stunden liegen wird.

Deutlich reduzieren lässt sich die Gefahr laut ENTSO-E durch Stromeinsparungen. Die EU-Energieminister hatten beschlossen, dass alle Staaten zehn Prozent des Stromverbrauchs einsparen sollen und den Verbrauch zu Spitzenzeiten um fünf Prozent kappen sollen.

Stromsparen noch hinter Erwartungen

Noch bleiben die Sparanstrengungen wohl hinter den Beschlüssen zurück. Seit Oktober macht sich der Rückgang beim Verbrauch von Elektrizität bemerkbar. Im Vergleich zu den Jahren 2014 bis 2019 liegt er in einigen Wochen bis zu 6,7 Prozent darunter. Die Tendenz nimmt aber zu. Vor allem in der Industrie wird gespart, weniger in den privaten Haushalten.

Ein Plan der Regierung von Anfang Oktober sieht eine Reduzierung von zehn Prozent beim Energieverbrauch in den kommenden zwei Jahren im Vergleich zu 2019 vor, unter anderem durch weniger Heizung in öffentlichen Gebäuden, weniger Beleuchtung und kältere Schwimmbäder.

Ein weiterer Schlüssel zur Versorgungssicherheit ist laut ENTSO-E aber auch, dass sich die EU-Staaten gegenseitig unterstützen und nicht etwa den Export von Strom unterbinden. “Falls jedes Land für sich spielen sollte, wären die Risiken wesentlich höher“, sagte Bastiaensen.

Frankreich importiert derzeit Strom vor allem von Deutschland und Belgien und teilweise auch von Spanien und Großbritannien. Mit Deutschland hat Frankreich vereinbart, dass Deutschland Strom liefert und Frankreich Gas. Frankreichs Souveränität im Bereich Energie schwindet. Nicolas Goldberg, Energieexperte von Colombus Consulting betont: “Die Situation ist schwerwiegend.”

Deutschland muss Versorgung von Gaskraftwerken sicherstellen

Die Situation ist nicht nur in diesem Winter angespannt. Für 2023 bleibt die Perspektive nicht viel besser. EDF hofft auf 300 bis 330 Terawattstunden (TWh), normalerweise liegt die Nuklearproduktion bei 370 bis 400 TWh.

“Nächstes Jahr wird Frankreich weiter importieren müssen”, so Goldberg. Für 2024 hänge alles davon ab, wie die Wartungsarbeiten laufen, die erneuerbaren Energien ausgebaut werden und ob der neue Druckwasserreaktor EPR in Flamanville ans Netz geht.

Mit negativen Auswirkungen auf Deutschland rechnet ENTSO-E nicht. Auch im neu berechneten Extremszenario würde es in der Bundesrepublik keine Lastunterdeckung geben. Allerdings käme es dann beim Nachbarn Polen zu Stromausfällen von bis zu zehn Stunden, auch in Schweden würde sich die Situation verschärfen.

Mit der angespannten Lage in Nachbarstaaten steige dann auch das Risiko für Deutschland, heißt es in dem Bericht. Von größter Wichtigkeit sei es deshalb, die Gasversorgung von Gaskraftwerken auch bei einer Mangellage zu sichern. Tanja Kuchenbecker, Manuel Berkel

  • Energie
  • Strommarkt

Europas Antwort auf den IRA: Das sind die Optionen

Emmanuel Macron wurde in Washington mit großem Bahnhof empfangen. US-Präsident Joe Biden hatte für seinen Gast aus Frankreich aber nicht nur warme Worte übrig. Er stellte auch Nachbesserungen am Inflation Reduction Act (IRA) und am US-Chips Act in Aussicht. “Es gibt Verbesserungen, die wir vornehmen können, die es den europäischen Ländern grundsätzlich erleichtern können, sich zu beteiligen oder auf sich allein gestellt zu sein”, sagte Biden. Er und Macron hätten über das Thema lange diskutiert.

Der IRA, jenes rund 400 Milliarden Dollar schwere US-Klimaprogramm, war neben dem Ukraine-Krieg das wichtigste Anliegen Macrons. Auch in den anderen EU-Staaten wurde genau verfolgt, ob der französische Präsident in Washington Änderungen bei der Umsetzung erreichen könnte. Nach ihm reist nun die Delegation der EU-Kommission um Margrethe Vestager und Valdis Dombrovskis in die Vereinigten Staaten, am Montag treffen sie ihre US-Counterparts im Handels- und Technologierat (TTC) (den Entwurf der Abschlusserklärung finden Sie hier).

Finanzieller Spielraum begrenzt

Nach dem TTC wollen die EU-Staaten dann eine erste Bewertung vornehmen. Das Thema wird voraussichtlich die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel am 15. Dezember beschäftigen. Denn die Sorge ist groß, dass viele Industriebetriebe angesichts der hohen Energiepreise in Europa und der Lockrufe Washingtons (und Pekings) lieber im Ausland investieren.

Spitzenpolitiker wie Macron oder Vestager versuchen derzeit in Gespräche mit den CEOs, die Konzerne davon abzubringen. Appelle aber werden kaum genügen. Auf nationaler und auf europäischer Ebene müssen die Regierungen nun kurzfristig entscheiden, wie sie reagieren. Der finanzielle Spielraum ist begrenzt – allein für die Hilfen in der Energiekrise haben die EU-Staaten bereits 600 Milliarden Euro bereitgestellt.

Folgende Optionen werden diskutiert:

Handelskonflikt: Der Wille fehlt

Die EU könnte gegen die Passagen im IRA vorgehen, die die Subventionen an eine Produktion in Nordamerika knüpfen – was eindeutig nicht mit den Regeln der Welthandelsorganisation vereinbar ist. Das aber will in der aktuellen politischen Weltlage kaum jemand, mit Ausnahme Frankreichs vielleicht.

Ein Verfahren der EU versus USA vor der WTO würde weltweit Schlagzeilen erzeugen, angesichts der Lähmung des Genfer Streitschlichtungsmechanismus aber kaum zeitnahe Ergebnisse bringen. Beim Handelsrat vergangene Woche betonten viele Minister, der Streit um den IRA dürfe die transatlantischen Beziehungen nicht untergraben. Auch EU-Werkzeuge wie das Foreign Subsidies Instrument seien hier ungeeignet, heißt es in Brüssel.

Abschottung: Konflikt mit Handelsrecht

Die EU könnte es Washington gleichtun und selbst Hürden für ausländische Unternehmen errichten. Macron trommelt seit Wochen für einen “Buy European”-Act. In Deutschland lässt Wirtschaftsminister Robert Habeck einige Sympathie dafür erkennen.

Er brachte ins Spiel, bei der Förderung der Produktion von Solarpaneelen oder Windkraftanlagen Kriterien wie den CO2-Fußabdruck zu berücksichtigenwas “eine regionalere Produktion” begünstige. Allerdings könnte es sich die EU kaum erlauben, dabei offenkundig die WTO-Regeln zu ignorieren. “Wir sollten nicht kopieren, was wir bei anderen nicht mögen”, warnt ein hochrangiger EU-Diplomat.

Industriepolitik: Subventionen und weniger Bürokratie

Deutschland und Frankreich ziehen hier an einem Strang: “Wir brauchen eine zweite Phase des Green Deals: von der Regulierung hin zu einer grünen Industriepolitik”, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold gestern beim Wettbewerbsfähigkeitsrat in Brüssel.

Das Thema bietet eine willkommene Gelegenheit nach den jüngsten Dissonanzen, den deutsch-französischen Motor wieder zum Laufen zu bringen. Auch traditionell skeptische Staaten wie die Niederlande könnten sich laut Diplomaten darauf einlassen – vorausgesetzt, Paris und Berlin stimmen sich eng mit den Partnern ab.

Der industriepolitische Ansatz würde zwei Stoßrichtungen verfolgen: neue Subventionen für klimafreundliche Technologien und weniger Bürokratie.

  • Am Mittwochabend rief Binnenmarktkommissar Thierry Breton die neue Industrieplattform Clean Tech Europe ins Leben. Im ersten Schritt vereinbarten Kommission, Mitgliedstaaten und Industrie, ein politisches Steuerungsgremium sowie Arbeitsgruppen einzurichten, die schnell konkrete Handlungsoptionen vorlegen sollen.
  • In Kommission und Bundesregierung wird zudem befürwortet, weitere IPCEI-Projekte aufzulegen. Diese könnten an laufende Vorhaben anknüpfen, die ohnehin Projekte in klimafreundlichen Technologien wie Batterien oder Wasserstoff fördern. Der IPCEI-Rahmen erlaubt den Mitgliedstaaten großzügige Beihilfen für die Industrie, die Anforderungen etwa an den Innovationscharakter der Projekte sind aber recht hoch. Bis die Vorhaben grenzüberschreitend koordiniert und von der Kommission genehmigt sind, vergehen bisweilen zwei Jahre.
  • Habeck will das IPCEI-Prozedere beschleunigen und es den Unternehmen erleichtern, bereits vor der finalen Genehmigung loszulegen. Dabei sei aber auch das BMWK selbst gefragt, heißt es in Industriekreisen: Aktuell verzögere das Ministerium viele Projekte, weil es nicht die Freigabe für den vorzeitigen Maßnahmenbeginn erteile.
  • Politisch brisanter ist die Forderung Habecks, auch Subventionen in die Massenproduktion von klimafreundlichen Technologien zu erleichtern. Derzeit ist das beihilferechtlich nur im Einzelfall möglich oder in einem eigenen Rechtsrahmen wie dem Chips Act. Giegold mahnt: “Wenn unsere eigenen Regeln dafür sorgen, dass hier nicht mehr produziert wird, dann haben wir das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.” Beihilfeexperten warnen aber davor, den einheitlichen Rechtsrahmen nun mit Sonderregeln für immer weitere Branchen zu durchlöchern. Auch Wettbewerbskommissarin Vestager wehrt sich gegen entsprechende Wünsche.  

Finanzierung: Neue Wege und alte Töpfe

Berlin und Paris suchen daher nach Wegen, die beihilferechtlichen Probleme zu vermeiden und die Kommission für ihr Anliegen zu gewinnen. Ein Weg: die Industriehilfen zumindest teilweise zu europäisieren. “Sonst hätten wir ja innerhalb Europas unfairen Wettbewerb zwischen denen, die zahlen können und denen, die nicht zahlen können”, sagt Giegold. Zuvor müssen allerdings die Skeptiker überzeugt werden – in der Berliner Ampel-Koalition ist das die FDP.

  • Dafür könnte etwa der neue Topf REPowerEU angezapft werden, der 20 Milliarden Euro an frischen Geldern enthalten soll. Dieser soll Europas Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland reduzieren – etwa indem Solaranlagen oder Wärmepumpen gefördert werden. Damit ließen sich womöglich auch Investitionen in diese Bereiche anreizen, heißt es in Brüssel.
  • Weitere Gelder für REPowerEU könnten womöglich aus dem Corona-Aufbauprogramm Next Generation EU mobilisiert werden: Dort stehen noch 220 Milliarden Euro für Kredite zur Verfügung, die die Mitgliedstaaten bislang nicht abgerufen haben. Sobald die REPowerEU-Verordnung in Kraft tritt, haben die Mitgliedstaaten 30 Tage Zeit, die Darlehen zu beantragen. Was nicht abgerufen wird, könnte umgewidmet werden, so die Überlegung in Brüssel.
  • Als Antwort auf den IRA könnte auch noch ein weiterer Topf angezapft werden: der Innovation Fund. Dieser speist sich aus den Einnahmen des Emissionshandels und soll innovative klimafreundliche Technologien bis 2030 mit rund 38 Milliarden Euro fördern. Der Charme: Die Mittel aus dem Fonds werden nicht als Staatsbeihilfe gewertet – und böten so womöglich einen Ausweg aus dem politischen Streit.

Was die Industrie sagt

Im Finanzvolumen sind IRA und REPowerEU durchaus vergleichbar. Während die EU-Kommission rund 300 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, sind es vonseiten der US-Regierung fast 400 Milliarden Dollar für verschiedenste Bereiche. In den Energiesektor fließen davon nach einer Übersicht von McKinsey 250 Milliarden. Den entscheidenden Unterschied sehen viele in der Wirtschaft eher in den einfacheren Verfahren, um an die Mittel heranzukommen.

Die US-Logik: Je nachdem, wie stark ein Unternehmen den CO2-Ausstoß reduziert, kann es seine Steuern stufenweise reduzieren, erklärt Torsten Oltmanns vom Center for Sustainable Transformation. So etwa beim Megatrend Wasserstoff: Solange die Herstellung eines Kilogramms Wasserstoff nicht mehr als vier Kilogramm CO2 verursacht, gelten Steuererleichterungen.

Die volle Ermäßigung gibt es bei einer CO2-Intensität von unter 450 Gramm pro Kilo des Energieträgers. Für den Verband Hydrogen Europe hat der IRA deutliche Vorteile: “Dieses Gesetz bietet ein viel klareres, leichter verständliches Förderinstrument an”, sagte CEO Jorgo Chatzimarkakis unlängst im Interview mit Europe.Table.

Die Windkraftindustrie fordert insbesondere schnellere Genehmigungsverfahren – Projekte mit 80 Gigawatt warteten aktuell in Europa auf die Freigabe, kritisiert der Verband Wind Europe. Zudem sollten die Kriterien für die Ausschreibungen geändert werden:  Nicht nur der Preis solle entscheiden, sondern auch Nachhaltigkeitskriterien. mit Manuel Berkel

  • Chips
  • Industriepolitik
  • Inflation
  • Klima & Umwelt
  • Klimaschutz
  • REPowerEU

Michel findet in Peking wenig Gehör

EU-Ratschef Charles Michel hat Peking bei seinem Besuch in China aufgefordert, in Moskau auf ein Ende des Krieges in der Ukraine hinzuwirken. “Wir setzen darauf, dass China seinen Einfluss geltend macht”, sagte Michel nach dem Gespräch mit Staats- und Parteichef Xi Jinping.

Xi habe ihm klar versichert, dass die Volksrepublik keine Waffen an Russland liefere und atomare Drohungen ablehne. “Präsident Xi und ich waren uns einig, dass nukleare Bedrohungen nicht akzeptabel und hochgefährlich sind.”

Das Land habe als UN-Vetomacht eine besondere Verantwortung, darauf zu achten, dass die UN-Charta eingehalten werde, fügte der EU-Ratspräsident hinzu. Er hoffe, dass China in den kommenden Wochen und Monaten alle Möglichkeiten nutzen werde, um Russland “davon zu überzeugen”, den Krieg zu beenden und die Souveränität der Ukraine zu respektieren, sagte der Belgier. Eine gemeinsame Presseerklärung gab es nach dem Treffen nicht, beide Seiten gaben ihre eigenen Statements heraus.

“Dialog der Gehörlosen”

Die EU appelliert seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine an die chinesische Führung, Druck auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin auszuüben. Bisher jedoch mit mäßigem Erfolg. Der Glaube an ein Einwirken Pekings war vor allem nach dem erfolglosen EU-China-Dialog Anfang April massiv gesunken.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte den Video-Gipfel im Nachhinein als “Dialog der Gehörlosen” betitelt. Eine aufgezeichnete Videobotschaft von Michel selbst, die für die Eröffnung der Export-Messe in Shanghai gedacht war, wurde dort nicht gezeigt. Der EU-Ratschef hatte darin Russland aufgefordert, das Blutvergießen in der Ukraine zu stoppen.

China will EU bei “Mediation” unterstützen

In der Mitteilung der chinesischen Seite wurde nach dem Treffen ebenfalls erklärt, dass über die Ukraine gesprochen wurde. Das Wort “Krieg” wurde dabei jedoch weiterhin nicht benutzt, die Rede war von “Krise”. Xi Jinping habe bei den Gesprächen auf eine politische Lösung durch Verhandlungen gepocht, berichtete der staatliche Sender CCTV.

Xi wurde mit den Worten zitiert, dass “die Lösung der Ukraine-Krise mit politischen Mitteln im besten Interesse Europas und im gemeinsamen Interesse aller Länder in Eurasien liegt”. Unter den gegenwärtigen Bedingungen müsse eine Eskalation und Ausweitung der Krise vermieden werden, sagte Xi laut Staatsmedien.

Der Teufel steckt dabei im Detail: China “unterstützte die EU bei der Verstärkung ihrer Mediation”, hieß es im chinesischen Statement. Die Volksrepublik habe zudem eine “Einrichtung einer ausgewogenen, effektiven und nachhaltigen europäischen Sicherheitsarchitektur” angeführt. Diese Formulierung findet sich ähnlich bereits in der gemeinsamen Erklärung Russlands und Chinas von Anfang Februar dieses Jahres und kritisiert eine mögliche Nato-Erweiterung in Europa.

“Konstruktive Rolle” Chinas

Bemerkenswert sei eine weitere Formulierung im chinesischen Statement, schreibt Justyna Szczudlik, China-Analystin des polnischen Instituts für internationale Angelegenheiten (PISM) in Warschau, auf Twitter: Darin heißt es, China stehe immer auf der Seite des Friedens und werde “auf seine Weise weiterhin eine konstruktive Rolle spielen”, wie Szczudlik schreibt. Sie fasst zusammen: “Ich sage es deutlich: eine ‘konstruktive Rolle mit chinesischen Eigenschaften’ = Russland unterstützend.” Dass Peking dem EU-Appell zeitnah folgt, bleibt auch nach dem Treffen unwahrscheinlich.

Auch bei anderen Themen war die Kommunikation nach dem Treffen unterschiedlich: Der EU-Ratschef versicherte, dass er die jüngsten Proteste in China angesprochen habe. “Im weiteren Sinne gab es einen Austausch über Covid und die Erfahrungen in Europa und China, einschließlich der jeweiligen ergriffenen Maßnahmen und der Reaktion der Gesellschaften”, erklärte ein Sprecher Michels nach dem dreistündigen Treffen. Im chinesischen Statement fand der Punkt jedoch keine Erwähnung. Vor allem Abgeordnete des EU-Parlaments hatten vor Michels Reise ein klares Zeichen des EU-Ratschefs an die chinesische Führung gefordert.

Gleichberechtigung und Fairness in der Wirtschaft

Peking versuchte indes die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken zu betonen. Xi versuchte dabei, die Beziehungen zu Brüssel inmitten der wachsenden Rivalität Pekings mit Washington positiv zu zeigen und sie zu verbessern. Brüssel und Peking hätten keine “wirklichen strategischen Differenzen oder Konflikte”, sagte Xi. Er hoffe, sie könnten sich zusammenschließen, um sich gemeinsam “der Entkoppelung zu widersetzen“, wurde Xi in chinesischen Staatsmedien zitiert.

Zugleich pochte Michel auf mehr Gleichberechtigung und Fairness in den Wirtschaftsbeziehungen mit China. Es müsse einen gleichberechtigten Zugang für europäische Firmen in China wie für chinesische Firmen im EU-Binnenmarkt geben. Hintergrund sind Beschwerden europäischer Unternehmen über Restriktionen in China. “Wir wollen keine übermäßige Abhängigkeit”, betonte Michel. Er betonte auch, dass europäische Firmen bereit seien, Impfstoffe nach China zu liefern, wenn diese dort zugelassen würden.

Xi: Arbeiten an Vorankommen des CAI

Xi kam demnach auch auf eine Dauer-Baustelle zu sprechen: Beide Seiten arbeiteten daran, das Investitionsabkommen CAI voranzutreiben. Dieser Teil des Gesprächs schaffte es wiederum nicht in die Mitteilung der EU-Seite. Michel hatte demnach jedoch Gelegenheit, das Thema Menschenrechte generell anzusprechen. Der EU-Ratschef habe die Allgemeingültigkeit der Grundfreiheiten betont sowie “das Engagement der EU für ihre ‘Ein-China-Politik’ bekräftigte und an die langjährige Position der EU zur Taiwanstraße erinnert”.

Das erste Aufeinandertreffen war themenreich, auch wenn ein klarer Fokus fehlte. Für die Wiederaufnahme der persönlichen Gespräche war die Visite Michels jedoch ein Anfang. Die vor allem von Xi – und anschließend auch von den Staatsmedien – betonte Übereinstimmung in Handelsfragen sollte sicherlich auch ein Zeichen in Richtung Washington senden. Dort trafen sich am Donnerstag EU- und US-Vertreter zu einem Dialog über China und den Indopazifik.

  • Charles Michel
  • China
  • Europapolitik
  • Xi Jinping

EU-Monitoring

05.12.-06.12.2022
Rat der EU: Verkehr, Telekommunikation und Energie
Themen: Überarbeitung der Verordnung über Leitlinien der EU für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Genehmigung der Schlussfolgerungen zur laufenden Entwicklung der Binnenschifffahrt, Informationen des Ratsvorsitzes und der Kommission zu den Verkehrsbeziehungen zur Ukraine. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwurf zum Schutz der finanziellen Interessen der EU, Berichtsentwurf zur Kontrolle der Finanztätigkeit der Europäischen Investitionsbank, Öffentliche Anhörung zu den auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten entwickelten Instrumenten zur Vorbeugung und Bekämpfung von Betrug und Finanz- und Wirtschaftskriminalität. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Festlegung von harmonisierten Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten, Gedankenaustausch mit Cristina Lobillo Borrero (Direktorin der Energy Platform Task Force) über den Stand der Umsetzung des Vertrags über die Energiecharta und den Weg in die Zukunft. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu den Vorschlägen des EU-Parlaments zur Änderung der Verträge, Gedankenaustausch über die Rolle von Interpol in der Sicherheitsarchitektur der EU, Stand der Verhandlungen über Rückübernahmeabkommen und -vereinbarungen. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Gedankenaustausch über die EU-Militäroperation EUFOR Althea und die Sicherheitslage in Bosnien und Herzegowina, Unterstützung der EU bei der Bereitstellung von militärischem Gerät für die Ukraine, Gedankenaustausch über die Lage in der Ukraine. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Unterausschusses für Menschenrechte (DROI)
Themen: Gedankenaustausch über die jüngsten Demonstrationen in China, Gedankenaustausch mit Christophe Deloire (Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen), öffentliche Anhörung über die Afrikanische Union und ihre Menschenrechts- und Demokratiemechanismen. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Konstitutionelle Fragen (AFCO)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Informationssicherheit in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 15:00-18:30
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Gedankenaustausch mit der Kommission über die bevorstehende IMO MEPC 79-Sitzung, Gedankenaustausch mit dem Sprecher der Bürger für Fragen der öffentlichen Gesundheit der Konferenz über die Zukunft Europas, Meinungsaustausch mit der Kommission und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) über den Stand der Verhandlungen über einen globalen Vertrag über die Plastikverschmutzung. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 15:00-16:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) und des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Gedankenaustausch mit Mairead McGuinness (Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion) über den Stand der Entwicklungen der verbleibenden technischen Screening-Kriterien und über die Arbeit der Plattform für nachhaltige Finanzen. Vorläufige Tagesordnung

05.12.2022 – 16:30 Uhr
Euro-Gruppe
Themen: Bewertung der Entwürfe der Haushaltspläne der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und Aussichten des Euroraums, Empfehlungen für die Eurozone 2023 (Präsentation der Kommission), Mitteilung der Kommission über Leitlinien für eine Reform des wirtschaftspolitischen Rahmens der EU. Vorläufige Tagesordnung

06.12.2022 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Wirtschaft und Finanzen
Themen: Durchführungsbeschluss des Rates über Maßnahmen zum Schutz des Haushalts der EU vor Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, Sachstand zur Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität, Orientierungsaussprache zur Überarbeitung der Richtlinie über Energiebesteuerung. Vorläufige Tagesordnung

06.12.2022 – 10:15-14:30 Uhr
Gipfeltreffen EU-Westliche Balkanstaaten
Themen: Zusammenarbeit angesichts der gemeinsamen Herausforderungen, die sich aus der Aggression Russlands gegen die Ukraine ergeben, Möglichkeiten zur Vertiefung des politischen Engagements (mit besonderem Augenmerk auf junge Menschen), koordinierte Maßnahmen in Sicherheits- und Verteidigungsfragen. Infos

07.12.2022
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter, Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Steuerbereich (DAC8), Paket zur Stärkung der Kapitalmärkte (Zulassungsgesetz, Überprüfung der europäischen Marktinfrastrukturverordnung (EMIR), Initiative zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des materiellen Rechts der Insolvenzverfahren), Gleichstellungspaket (Anerkennung der Elternschaft zwischen den Mitgliedstaaten, Stärkung der Rolle und der Unabhängigkeit der Gleichstellungsstellen). Vorläufige Tagesordnung

08.12.-09.12.2022
Rat der EU: Justiz und Inneres
Themen: Annahme des Beschlusses des Rates über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in Bulgarien und Rumänien, Partielle allgemeine Ausrichtung zur Verordnung zur Bewältigung von Situationen der Instrumentalisierung im Bereich Migration und Asyl, Gedankenaustausch zu Russlands Aggression gegen die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung

08.12.-09.12.2022
Rat der EU: Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
Themen: Allgemeine Ausrichtung zur Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit, Orientierungsaussprache zur europäischen Pflegestrategie, Informationen der Kommission zur Strategie der EU für globale Gesundheit. Vorläufige Tagesordnung

08.12.2022
EuGH-Urteil zum Recht auf Vergessenwerden
Themen: Auf der Webseite eines US-amerikanischen Unternehmens erschienen im Jahr 2015 mehrere Artikel, die sich kritisch mit dem Anlagemodell verschiedener Finanzdienstleistungs-Gesellschaften auseinandersetzten. Über das Geschäftsmodell des die Webseite betreibenden Unternehmens wurde seinerseits kritisch berichtet, u.a. mit dem Vorwurf, es versuche, andere Unternehmen zu erpressen, indem es zunächst negative Berichte veröffentliche und danach anbiete, gegen ein sogenanntes Schutzgeld die Berichte zu löschen bzw. die negative Berichterstattung zu verhindern. Der Bundesgerichtshof hat den EuGH vor diesem Hintergrund um Auslegung der Datenschutzgrundverordnung sowie der EU-Grundrechte-Charta ersucht. Antrag

08.12.2022 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und landwirtschaftliche Entwicklung (AGRI)
Themen: Der Ausschuss für Landwirtschaft und landwirtschaftliche Entwicklung kommt zu Beratungen zusammen. Vorläufige Tagesordnung

08.12.2022 – 14:00-17:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu den harmonisierten Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung (Datengesetz), Entwurf einer Stellungnahme zu den Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Entwurf einer Stellungnahme zur EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien. Vorläufige Tagesordnung

11.12.-12.12.2022
Rat der EU: Landwirtschaft und Fischerei
Themen: Sachstand zur Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, Gedankenaustausch zur Bewertung der EU-Tierschutzvorschriften (Eignungsprüfung), Gedankenaustausch zur Marktlage, insbesondere nach der Invasion in die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung

News

Wasserstoff: Kürzere Übergangszeit im Delegated Act

Für die Produktion von Wasserstoff will die Kommission die Übergangsfrist kürzen, in der erleichterte Bedingungen gelten. Stichtag ist nun der 31. März 2028, heißt es in einer auf Mittwoch datierten neuen Fassung des delegierten Rechtsakts, die Europe.Table vorliegt. In einem Leak von Juli sollte die Übergangfrist noch bis Ende 2029 gelten.

Im Gegenzug will die Kommission allerdings die Bedingungen für die sogenannte zeitliche Additionalität in der Übergangsphase noch stärker vereinfachen. Mehrere Kriterien für Additionalität sollen sicherstellen, dass flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBOs) mit zusätzlichem erneuerbarem Strom hergestellt werden und nicht etwa die Stromproduktion von fossilen Kraftwerken ankurbeln.

Quartal statt Monat für zeitliche Korrelation

Die Anforderungen beziehen sich auf die Konstellation, dass der Elektrolyseur für die Wasserstoffproduktion seinen Strom aus dem öffentlichen Netz bezieht und der Betreiber einen langfristigen Liefervertrag (PPA) mit einem Grünstromproduzenten abgeschlossen hat. Nach der Übergangsfrist muss der zeitliche Zusammenhang von Stromerzeugung und Elektrolyse stündlich nachgewiesen werden.

Im Übergangszeitraum gelten erleichterte Bedingungen. Nach dem Leak vom Juli sollte der zeitliche Zusammenhang auf den Kalendermonat ausgeweitet werden. Nach dem neuen Entwurf soll nun sogar das Kalendervierteljahr für die Nachweise ausreichen.

Grüne kritisieren Zertifikatetricks mit Kohlestrom

Damit solle technologischen Hürden bei der Messung, dem Design der Elektrolyseure und der nötigen Infrastruktur für Speicherung und Transport des Wasserstoffs Rechnung getragen werden, schreibt die Kommission in den Erwägungsgründen. Den Grünen geht die verkürzte Frist aber immer noch zu weit.

“Es ist gut, dass die Kommission verlangt, dass grüner Wasserstoff mit zusätzlichen erneuerbaren Energien und nicht einfach mit Strom aus dem Netz erzeugt werden soll. Damit wird der Ausbau von Sonnen- und Windkraft beschleunigt und wir kommen Europas Energieunabhängigkeit und Klimaneutralität ein Stück näher”, sagt der Abgeordnete Michael Bloss. “Jedoch ist die Übergangsphase, die die Kommission vorsieht, viel zu lang. Bis 2028 sollen Zertifikatetricks und die Erzeugung von grünem Wasserstoff mit Atom-, Kohle- und Gasstrom erlaubt sein.” ber

  • E-Fuels
  • Elektrolyseure
  • Energie
  • Energiepolitik
  • Wasserstoff

IEA-Chef Fatih Birol warnt Deutschland vor Fracking

Der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol, warnt Deutschland vor einem Einstieg ins Fracking. “Wenn Deutschland heute mit dem Fracking beginnt, wird es ewig dauern, bis das erste Gas daraus auf den Markt kommt. Ich wäre da sehr vorsichtig”, sagte er gegenüber Table.Media. “Das Risiko, dass diese Investition nicht genutzt werden kann, ist groß.”

Fracking, also das Fördern von Erdgas unter hohem Druck aus künstlich erzeugten Rissen im Gestein, ist in Deutschland gesetzlich verboten. Angesichts der Energiekrise hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) ein Ende des Verbots gefordert. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprechen sich dagegen aus. 

Mit Blick auf mögliche Gaslieferverträge Deutschlands mit Senegal mahnte Birol zur Vorsicht. “Die Vertragslaufzeiten müssen klug gewählt sein. Die Gasinfrastruktur muss später für Ammoniak oder Wasserstoff genutzt werden können”, sagte er. “Und die Energie, die man braucht, um das Gas zu verflüssigen, sollte aus erneuerbaren Quellen stammen.” ae

  • Deutschland
  • Energie
  • Energiepolitik
  • Klimapolitik

Euro-Gruppe: Griechenland soll Schuldenentlastung erhalten

Die Finanzminister der 19 Euro-Staaten wollen auf dem nächsten Treffen der Euro-Gruppe am 5. Dezember grünes Licht für ein letztes Maßnahmenpaket zur Schuldenentlastung Griechenlands geben. Nach Angaben eines hochrangigen EU-Beamten unterstreiche dies die Wertschätzung und den Respekt der Euro-Partner hinsichtlich der von Griechenland in den vergangenen Jahren durchgeführten Reformen.

Das Land war im August 2022 aus der verstärkten makroökonomischen Überwachung nach der Finanzkrise entlassen worden, hatte allerdings noch einige letzte Maßnahmen durchzuführen. Am 22. November hatte die Europäische Kommission ihren ersten Bericht zur Lage in Griechenland im Anschluss an die verstärkte Überwachung vorgelegt.

In dem Bericht unterstreicht die EU-Behörde, die Regierung in Athen habe inzwischen die mit den europäischen Institutionen vereinbarten Reformen umgesetzt. Außerdem sei das Land in der Lage, seinen Schuldendienst auf ausstehende Anleihen des Euro-Rettungsschirms (EFSF, ESM) und anderen bilateralen Geldgebern zu leisten.

In dem Bericht der Kommission wird mit Blick auf die Entscheidung der Euro-Finanzminister angeregt, Griechenland einen letzten Transfer im Volumen von 644 Millionen Euro zukommen zu lassen. Dieser steht im Zusammenhang mit den von den nationalen Zentralbanken der Währungsunion gehaltenen griechischen Bonds, die die Notenbanken im Rahmen des Wertpapieraufkaufprogrammes (Securities Markets Programme) zwischen 2010 und 2012 erworben haben.

Zudem soll Griechenland ein Zinsaufschlag für diverse EFSF-Anleihen für das zweite Halbjahr 2022 in Höhe von 123 Millionen Euro erlassen werden. Darüber hinaus soll der Zinsaufschlag, der bis zu 200 Basispunkte betragen kann, von 2023 bis 2049 anhaltend auf null gesetzt werden. Das entspricht einer potenziellen Zahlungsentlastung Athens von rund 5,2 Milliarden Euro über den genannten Zeitraum. cr

  • Europapolitik
  • Eurozone
  • Finanzen
  • Griechenland

EU beschließt 60-Dollar-Preisgrenze für russisches Öl

Die EU-Staaten haben sich Diplomaten zufolge auf eine Preisobergrenze von 60 Dollar je Fass für russisches Öl geeinigt, das über den Seeweg transportiert wird. Mit einem Anpassungsmechanismus solle die Obergrenze zudem immer bei fünf Prozent unter dem Marktpreis gehalten werden, sagte ein EU-Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters.

Polen, das auf eine möglichst niedrige Preisobergrenze gedrungen hat, muss der Vereinbarung noch am Donnerstag zustimmen. Kommt es so, könnte die Einigung von allen EU-Regierungen bis Freitag besiegelt werden. Das Vorhaben nimmt einen Plan der sieben größten Industriestaaten (G7) auf und würde einen EU-Beschluss ersetzen, wonach russisches Öl ab Montag gar nicht mehr in Europa angelandet werden darf.

Ziel ist es, auf der einen Seite Russlands Einnahmen zu schmälern. Daher setzten sich gerade Polen und auch die baltischen Staaten für einen geringen Preis ein. Auf der anderen Seite sollte der weltweite Ölpreis aber auch nicht durch einen kompletten Importstopp in die Höhe getrieben werden, da Russland etwa zehn Prozent des weltweiten Öls produziert.

Russlands Reaktion unklar

Wichtiger Hebel zur Umsetzung der Preisgrenze soll sein, dass Versicherungen und Reedereien sich an den russischen Geschäften nur beteiligen dürfen, wenn das Öl unter 60 Dollar verkauft wird. Derzeit liegt der Weltmarktpreis zwar ohnehin darunter, könnte aber beim Anziehen der Weltkonjunktur wieder steigen.

Unklar ist, wie Russland reagiert. Der Kreml hatte angedeutet, dass Staaten, die sich an einem Preisdeckel beteiligen, gar nicht mehr beliefert würden.

Ausgenommen von den EU-Sanktionen ist Pipeline-Öl, das nach Europa fließt. Darauf hatte unter anderem Ungarn gedrungen. Deutschland jedoch hat erklärt, ab 2023 auch auf diesem Weg kein russisches Öl mehr abzunehmen. Daher sucht die Bundesregierung einen anderen Weg, um die Versorgung der ostdeutschen Raffinerie Schwedt zu sichern. rtr

  • Energie
  • Energiepolitik
  • Energiepreise

Sorgfaltspflichten: Rat beschließt Sonderrolle für Finanzbranche

Frankreich konnte sich durchsetzen. Der Ratskompromiss zum Sorgfaltspflichtengesetz wird nicht automatisch auf die Finanzbranche angewandt. Es soll jedem Mitgliedstaat selbst überlassen bleiben, ob Finanzdienstleistungen unter das Gesetz fallen oder nicht. Auch die Definition der zu regulierenden Finanzindustrien wurde deutlich begrenzt, Investmentfonds etwa fallen fast gänzlich raus.

Mit diesem Vorschlag schaffte es die tschechische Ratspräsidentschaft, den Streit innerhalb der Mitgliedstaaten über die Reichweite des Gesetzes aufzulösen. Frankreich drohte bis zuletzt mit einer Sperrminorität, würden Finanzdienstleistungen Sorgfaltspflicht leisten müssen.

Deutschland trägt Kompromiss mit

Der Kompromiss erhielt im gestrigen Wettbewerbsrat eine qualifizierte Mehrheit: Die Allgemeine Ausrichtung des Rates steht also. Deutschland hat den Kompromiss gestern mitgetragen. Der Vorschlag des Rates schwächt den Kommissionsvorschlag in einigen Punkten deutlich ab. Zum Beispiel sollen im ersten Jahr nur sehr große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und 300 Millionen Jahresumsatz unter das Gesetz fallen. Waffenexporte und Dual-Use-Güter sind vom Gesetz ausgenommen.

Abgeordneten und NGOs enttäuscht

Der Kompromisstext stößt aber auch auf Kritik. Grünen-Politikerin Anna Cavazzini nennt die Sonderregelung für den Finanzplatz “skandalös und nicht nachvollziehbar”. Die EU solle Investitionen in Menschenrechtsverletzungen nicht länger dulden. Die Europa-SPD zeigt sich pragmatischer: “Angesichts der schwierigen Ausgangslage und harten Opposition einiger Mitgliedsländer handelt es sich wohl um das bestmögliche Ergebnis“, so Tiemo Wölken.

Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen stören sich unter anderem daran, dass nicht alle Downstream-Aktivitäten, beispielsweise die Verwendung von Produkten, erfasst sind: “Damit wären zum Beispiel Agrarkonzerne fein raus, selbst wenn ihre Pestizide die Gesundheit von Bauern und Plantagenarbeiterinnen schädigen”, schreibt die Initiative Lieferkettengesetz.

Handwerkerverband bemängelt Nachweispflicht

Einigen Akteuren geht der Kompromiss jedoch zu weit: “De facto wird jedes Unternehmen in Europa von den massiven bürokratischen Auflagen des Lieferkettengesetzes betroffen sein, da die Verpflichtungen in der Kette einfach weitergegeben werden”, bemängelt etwa Axel Voss (EVP). Der CDU-Politiker ist Schattenberichterstatter des Vorschlags im Parlament.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks sieht das ebenso und fordert, europäische Lieferketten von der Nachweispflicht zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards auszunehmen, denn damit drohe Kleinst- und Kleinunternehmen “ein erheblicher, kaum darstellbarer und unzumutbarer Verwaltungsaufwand”.

Im Gegensatz zum Rat steht im Parlament noch kein Kompromisstext. Anfang November stellte Berichterstatterin Lara Wolters ihren Vorschlag vor, dieser fällt deutlich strenger aus als der Kommissionsvorschlag.

  • Europapolitik
  • Finanzen
  • Lieferketten
  • Zentralverband des Deutschen Handwerks

EU-Umweltausschuss will Export-Stopp für Plastikmüll

Der Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) hat am Donnerstag seine Position zur sogenannten Abfallverbringungsverordnung beschlossen. Die Mitglieder sprachen sich dafür aus, den Export von Kunststoffabfällen in OECD-Länder innerhalb von vier Jahren ab Inkrafttreten des Gesetzes vollständig herunterzufahren.

Exporte sogenannter “nicht-gefährlicher Abfälle” – also solcher, die weder der Gesundheit von Menschen noch der Umwelt schaden – dürfen nur mit deren Zustimmung in Nicht-OECD-exportiert werden. Zudem müssen die Empfängerländer nachweisen, dass sie in der Lage sind, diese Abfälle nachhaltig zu entsorgen oder zu recyclen.

Ausrichtung des Rats steht noch aus

Die Kommission muss die Liste von Empfängerländer jährlich erstellen und veröffentlichen. Die Abgeordneten fordern zudem die Schaffung eines risikobasierten Leitfadens bei der Überprüfung von Abfallexporten, um illegale Abfallverbringungen zu verhindern und aufzudecken.

Die Verordnung ist Teil des Kreislaufwirtschaftspakets der EU-Kommission, das die Behörde Ende vergangenen Jahres vorgestellt hat. Die Position des ENVI muss nun im Plenum des EU-Parlaments bestätigt werden. Die allgemeine Ausrichtung des Rats steht noch aus und wird frühestens unter der schwedischen Ratspräsidentschaft erwartet. luk

  • Abfall
  • Green Deal
  • Klima & Umwelt
  • Klimaschutz
  • Kreislaufwirtschaft

Vandenberghe wird neuer Direktor der GD Clima

Der Belgier Kurt Vandenberghe, derzeit Berater der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen für den Green Deal, Energie und Verkehr, wird neuer Leiter der Generaldirektion Clima.

Vandenberghe trat 1996 in die Kommission ein und arbeitete in der GD Move (Verkehr). Anschließend arbeitete er im Kabinett des belgischen Forschungskommissars Philippe Busquin (1999 bis 2004) und leitete das Kabinett seines Nachfolgers Janez Potočnik (2004 bis 2009), dem er unter der Präsidentschaft von Jean-Claude Juncker in das Umweltressort folgte.

Bevor er in die Kommission eintrat, arbeitete Kurt Vandenberghe vier Jahre lang als Manager bei Ernst & Young Association Management, wo er internationale Handelsverbände aufbaute, verwaltete und vertrat.

Er wird sein Amt am 16. Januar 2023 antreten und damit den Posten übernehmen, der seit dem Tod des ehemaligen Generaldirektors Mauro Petriccione am 22. August vakant war. cst 

  • Europäische Kommission
  • Klima & Umwelt
  • Klimapolitik

Presseschau

Explosion in der ukrainischen Botschaft: Mehrere Briefbomben in Spanien verschickt TAGESSCHAU
Macron trifft Biden: Demonstrative Front gegen Russland TAGESSCHAU
EU-Ratspräsident in China: Michel hofft auf chinesische Vermittlerrolle TAGESSCHAU
Erdölpakt: Deutschland und Polen wollen Versorgung von Raffinerie Schwedt sichern SPIEGEL
Blackout verhindern: Schweizer Regierung veröffentlicht drastische Stromsparmaßnahmen RND
Freihandel der EU mit Kanada: Bundestag ratifiziert CETA-Abkommen N-TV
EU-Staaten einig bei Lieferkettengesetz DERSTANDARD
EU-Staaten treiben Halbleiter-Förderung voran BOERSEN-ZEITUNG
Zahlen der EU: Asylanträge auf Höchststand seit 2016 TAGESSCHAU
EU-Staaten gründen Plattform für mehr Klimatechnologie aus Europa ZFK
EU-Kommission will Verpackungsmüll bis 2040 um 15 Prozent reduzieren OEKOTEST
Klimaschutz: EU will Carbon-Farming fördern TOPAGRAR
Geldwäsche: EU-Gericht sperrt Zugang zum Transparenzregister TAGESSPIEGEL
Steinmeier befürwortet EU-Ambitionen Albaniens DW
Ursula von der Leyen vor irischem Parlament: Brexit schweißt EU zusammen T-ONLINE
EU fordert Freilassung von belarussischer Regierungskritikerin Kolesnikowa STERN
Wiederaufbaufonds: In Italien bleibt EU-Geld liegen FAZ
EU-Agrarsubventionen: Große Unternehmen bleiben Hauptprofiteure TAGESSCHAU
Ab 2035: Verbrenner-Aus für Neuwagen wird immer wahrscheinlicher T-ONLINE
Einigkeit zur Förderung der EU-Mikrochipproduktion WZ
FTX proves MiCA should be passed fast, officials tell European Parliament committee COINTELEGRAPH
Der erste Ökozid-Prozess in der EU: Giftige Stoffe in französischen Häusern EURONEWS
Internet an abgelegenen Orten: Großbritannien testet Elon Musks Starlink RND

Kolumne

Soziale Umverteilung aus Mafiabesitz: Frankreich folgt Italien

Von Claire Stam
Schwarz-weiß Portrait von Claire Stam

Kaum etwas ist gewöhnlich am Restaurant La Poesia, das am 2. November in Paris eröffnet hat. Denn man kocht dort mit Produkten, die von der italienischen Organisation Libera Terra geliefert werden. Die Organisation bewirtschaftet landwirtschaftliche Flächen, die der Mafia entzogen wurden. 

Auch die Cuvées sind nicht alltäglich: Jede Flasche ehrt auf dem Etikett eines der vielen Opfer der Mafia. In Paris harmoniert somit der Kampf gegen die Mafia von nun an mit der italienischen Kochkunst. Diese Aufgabe hat sich das Restaurant La Poesia in der 3, rue de la Fidélité im 10. Arrondissement von Paris selbst gestellt.

Restaurantpersonal zur sozialen Wiedereingliederung

Das Restaurant, entstanden aus einer Familiengeschichte zwischen Frankreich und Italien, schloss eine in Frankreich beispiellose Partnerschaft mit der italienischen Organisation Libera Terra. Libera Terra bewirtschaftet nicht nur von der Justiz beschlagnahmtes Agrarland, das ehemals der Mafia gehörte. Die Organisation vereint auch die Arbeit der auf diesem Land angesiedelten landwirtschaftlichen Genossenschaften und wählt sie aufgrund ihrer Einhaltung sozialer und ökologischer Regeln aus.

La Poesia möchte aber noch einen Schritt weiter gehen: Das Restaurant schließt derzeit Partnerschaften mit französischen Vereinen, die sich für die soziale Wiedereingliederung einsetzen. Das Restaurant plant Personal aus den Personen zu rekrutieren, die sich unter dem Schutz dieser Vereine befinden. Diese Vorgehensweise spiegelt die italienischen Praktiken wider, bei denen Geld und Güter, die bei der organisierten Kriminalität beschlagnahmt werden, in soziale Einrichtungen reinvestiert wird.

Markenzeichen italienischer Justiz

Denn die Initiative des Restaurants La Poesia wirft diese Frage auf: Was tun mit Gütern, die Kriminellen gehört haben, wenn die Justiz ihre Beschlagnahmung anordnet? Die Strategien sind von Land zu Land unterschiedlich. Frankreich verkauft sie auf Auktionen weiter und holt sich das Geld für die Staatskasse zurück. Italien, wo sogenannte präventive Beschlagnahmungen seit 1982 zur Bekämpfung der Mafia in Kraft waren, verabschiedete 1996 ein innovativeres Gesetz, das es ermöglicht, das dem organisierten Verbrechen entzogene Vermögen sozialen Zwecken zu vermachen.

Diese Bestimmung, die 2014 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anerkannt wurde, ist zum Markenzeichen der italienischen Justiz geworden. Das Land listet so 40.000 beschlagnahmte Immobilien auf, von denen fast die Hälfte umverteilt wurde. So werden prestigeträchtige Villen mit Swimmingpool in Ferienzentren für benachteiligte Kinder umgewandelt, Tomatenfelder oder Olivenbäume für eine Produktion mit dem Stempel “Antimafia” versehen oder Gebäude zu Verwaltungsräumen umgebaut.

Idee findet Nachahmer

Die Praxis ist in Frankreich trotz der Verabschiedung eines Gesetzes nach italienischem Vorbild im Jahr 2021 noch immer marginal, aber die italienische Idee einer sozialen Neuverteilung der Güter, die den Mafiosi weggenommen wurden, findet allmählich dort ihren Weg. Die ehemalige Justizministerin Nicole Belloubet war von der Idee begeistert. 

Und im Februar 2020 trafen sich Macron und der damalige italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte in Neapel zu einem bilateralen Gespräch und bestätigten das Projekt öffentlich, noch bevor die praktischen Modalitäten festgelegt waren. Derzeit verfügt die französische Verwaltung über eine lange Liste von Wohnungen, Gebäuden und Villen, die über das ganze Land verstreut sind und von Mafiosi konfisziert wurden. 

Und was La Poesia betrifft, es ist nicht nur ein Restaurant, sondern auch ein Ort der Kultur. Am 10. Dezember werden zwei Persönlichkeiten der italienischen Justiz, Antonio Balsamo, Präsident des Gerichts von Palermo, und Francesco Menditto, Staatsanwalt von Tivoli, anwesend sein. Sie werden 30 Jahre nach der Ermordung ihrer Kollegen Giovanni Falcone und Paolo Borsellino ein Treffen zu deren Ehren abhalten.

  • Gesellschaft
  • Italien

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Frankreich bereitet sich auf Stromausfälle vor
    • Antwort auf den IRA: Das sind die Optionen
    • Michel findet in Peking wenig Gehör
    • Wasserstoff: Kürzere Übergangszeit im Delegated Act
    • IEA-Chef Fatih Birol warnt Deutschland vor Fracking
    • Euro-Gruppe: Griechenland soll Schuldenentlastung erhalten
    • EU beschließt 60-Dollar-Preisgrenze für russisches Öl
    • Sorgfaltspflichten: Rat beschließt Sonderrolle für Finanzbranche
    • EU-Umweltausschuss will Export-Stopp für Plastikmüll
    • Vandenberghe wird neuer Direktor der GD Clima
    • Soziale Umverteilung aus Mafiabesitz: Frankreich folgt Italien
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    nein, Blackouts, also ein unkontrolliertes und unvorhergesehenes Versagen von Netzelementen, werde es in Frankreich nicht geben, sagte Emmanuelle Wargon, Präsidentin der Regulierungsbehörde CRE. Die Lage ist dennoch angespannt. Je nach Szenario drohen in Frankreich 20 bis 70 Stunden Stromausfall im Winter. Tanja Kuchenbecker und Manuel Berkel analysieren in ihrem Text auch, wann das Risiko für das deutsche Netz steigt.

    Außerdem berichtet Manuel Berkel über den lang erwarteten delegierten Rechtsakt zu Wasserstoff. Europe.Table liegt der neueste Entwurf vor und der enthält einige wichtige Änderungen.

    Tut sich was beim Inflation Reduction Act (IRA) der USA? Joe Biden hat Emmanuel Macron bei dessen Besuch im Weißen Haus Verbesserungen in Aussicht gestellt, “die es den europäischen Ländern grundsätzlich erleichtern können, sich zu beteiligen”. Die EU diskutiert darüber hinaus im Hinblick auf den EU-Gipfel am 15. Dezember mehrere Optionen, wie sie mit dem IRA umgehen soll – von der Bekämpfung bis hin zur Waffengleichheit. Till Hoppe skizziert die Möglichkeiten.

    EU-Ratspräsident Charles Michel war derweil in China und hat versucht, nach dem gescheiterten EU-China-Dialog Anfang April den Gesprächsfaden mit Präsident Xi Jinping wieder aufzunehmen. In den Gesprächen wurden viele Themen angeschnitten – Menschenrechte, Gleichberechtigung in den Wirtschaftsbeziehungen, die jüngsten Proteste in China. Doch obwohl ein klarer Fokus fehlte, war Michels Besuch ein guter Anfang für einen Gesprächsanfang, schreibt Amelie Richter.

    Ihre
    Lisa-Martina Klein
    Bild von Lisa-Martina  Klein

    Analyse

    Frankreich bereitet sich auf Stromausfälle vor

    Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass Frankreich im Winter mit Engpässen bei der Stromversorgung zu kämpfen haben wird. Für zig Stunden könnte im Winter der Strom ausfallen, bestätigte gestern der europäische Verband der Netzbetreiber ENTSO-E in seinem Winter Outlook.

    Durch die Unterstützung von Nachbarländern hatte sich die Situation gegenüber Prognosen aus dem Oktober eigentlich leicht gebessert. Die verlängerte Laufzeit der deutschen Atomkraftwerke helfe im Winter anderen Staaten – darunter Frankreich, sagte die federführende ENTSO-E-Expertin Cindy Bastiaensen gestern auf Nachfrage von Europe.Table.

    Premierministerin beruft Krisenstab ein

    Allerdings rechnen Europas Netzbetreiber in ihrem Referenzszenario immer noch damit, dass die Stromnachfrage in Frankreich im nächsten Winter für insgesamt 20 Stunden nicht gedeckt werden kann. Die Zahl mag gering erscheinen, doch auch kurze und lokal begrenzte Ausfälle würden in das Leben der Menschen eingreifen.

    Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne versammelt seit einem Monat jede Woche einen Krisenstab, die Regierung hat einen Notfallplan ausgearbeitet. Die Präfekten werden angewiesen, sich auf kontrollierte Unterbrechungen der Versorgung von zwei Stunden vorzubereiten. Es soll sich um lokale Abschaltungen handeln, die nicht ganze Städte oder Départements betreffen. Mit großflächigen, ungeplanten Ausfällen rechnen Experten nicht. Emmanuelle Wargon, Präsidentin der Regulierungsbehörde CRE, sagte: “Es wird keine Blackouts geben.”

    Mobilfunk fällt aus, Schulen bleiben geschlossen

    Nach Angaben der Regierung könnten die lokalen Ausfälle etwa 60 Prozent der Bevölkerung treffen. Am größten ist das Risiko laut dem Netzbetreiber RTE in den Hochlastzeiten zwischen 8 und 13 Uhr sowie 18 und 20 Uhr. Sollte der Strom unterbrochen werden, würde die betroffene Bevölkerung am Vortag bis 17 Uhr über die App Ecowatt informiert.

    Krankenhäuser und andere wichtige Einrichtungen wie Feuerwehr und Polizei sollen verschont bleiben. Internet, Festnetz und Mobiltelefone funktionieren beim Ausfall nicht. Züge und Metro sollen nicht fahren, die Schulen geschlossen bleiben. Fraglich ist noch, ob die zentrale Notfallnummer 112 überall funktioniert.

    Grund ist die Situation in den französischen Atomkraftwerken. Versorger EDF erklärte gegenüber Europe.Table, dass Ende November 21 von 56 Atommeilern nicht liefen. Wartungsarbeiten, Korrosionsprobleme, die Pandemie und Streiks haben EDF ausgebremst.

    Im Dezember sollen noch elf Meiler wieder hochgefahren werden, der französische Netzbetreiber RTE rechnet aber damit, dass sich das bis in den Januar hineinziehen kann. Die restlichen Reaktoren sind bis Februar vorgesehen. Schon lange liegt EDF hinter dem Plan, den der Versorger Mitte September veröffentlicht hat, danach sollten derzeit nur noch neun Meiler nicht laufen.

    Stromausfälle zwischen 20 und 70 Stunden im Winter

    Nach der jüngsten RTE-Prognose von Mitte November rechnen auch die europäischen Netzbetreiber insgesamt mit einer Verschärfung der Lage. Die ENTSO-E-Vorhersage von 20 Stunden mit Stromausfällen basiert auf Daten von September. Durch die neuesten Zahlen aus Frankreich rechnet der Verband nun damit, dass die Zahl der Stunden mit Stromausfällen zwischen zwei Szenarien mit 20 und 70 Stunden liegen wird.

    Deutlich reduzieren lässt sich die Gefahr laut ENTSO-E durch Stromeinsparungen. Die EU-Energieminister hatten beschlossen, dass alle Staaten zehn Prozent des Stromverbrauchs einsparen sollen und den Verbrauch zu Spitzenzeiten um fünf Prozent kappen sollen.

    Stromsparen noch hinter Erwartungen

    Noch bleiben die Sparanstrengungen wohl hinter den Beschlüssen zurück. Seit Oktober macht sich der Rückgang beim Verbrauch von Elektrizität bemerkbar. Im Vergleich zu den Jahren 2014 bis 2019 liegt er in einigen Wochen bis zu 6,7 Prozent darunter. Die Tendenz nimmt aber zu. Vor allem in der Industrie wird gespart, weniger in den privaten Haushalten.

    Ein Plan der Regierung von Anfang Oktober sieht eine Reduzierung von zehn Prozent beim Energieverbrauch in den kommenden zwei Jahren im Vergleich zu 2019 vor, unter anderem durch weniger Heizung in öffentlichen Gebäuden, weniger Beleuchtung und kältere Schwimmbäder.

    Ein weiterer Schlüssel zur Versorgungssicherheit ist laut ENTSO-E aber auch, dass sich die EU-Staaten gegenseitig unterstützen und nicht etwa den Export von Strom unterbinden. “Falls jedes Land für sich spielen sollte, wären die Risiken wesentlich höher“, sagte Bastiaensen.

    Frankreich importiert derzeit Strom vor allem von Deutschland und Belgien und teilweise auch von Spanien und Großbritannien. Mit Deutschland hat Frankreich vereinbart, dass Deutschland Strom liefert und Frankreich Gas. Frankreichs Souveränität im Bereich Energie schwindet. Nicolas Goldberg, Energieexperte von Colombus Consulting betont: “Die Situation ist schwerwiegend.”

    Deutschland muss Versorgung von Gaskraftwerken sicherstellen

    Die Situation ist nicht nur in diesem Winter angespannt. Für 2023 bleibt die Perspektive nicht viel besser. EDF hofft auf 300 bis 330 Terawattstunden (TWh), normalerweise liegt die Nuklearproduktion bei 370 bis 400 TWh.

    “Nächstes Jahr wird Frankreich weiter importieren müssen”, so Goldberg. Für 2024 hänge alles davon ab, wie die Wartungsarbeiten laufen, die erneuerbaren Energien ausgebaut werden und ob der neue Druckwasserreaktor EPR in Flamanville ans Netz geht.

    Mit negativen Auswirkungen auf Deutschland rechnet ENTSO-E nicht. Auch im neu berechneten Extremszenario würde es in der Bundesrepublik keine Lastunterdeckung geben. Allerdings käme es dann beim Nachbarn Polen zu Stromausfällen von bis zu zehn Stunden, auch in Schweden würde sich die Situation verschärfen.

    Mit der angespannten Lage in Nachbarstaaten steige dann auch das Risiko für Deutschland, heißt es in dem Bericht. Von größter Wichtigkeit sei es deshalb, die Gasversorgung von Gaskraftwerken auch bei einer Mangellage zu sichern. Tanja Kuchenbecker, Manuel Berkel

    • Energie
    • Strommarkt

    Europas Antwort auf den IRA: Das sind die Optionen

    Emmanuel Macron wurde in Washington mit großem Bahnhof empfangen. US-Präsident Joe Biden hatte für seinen Gast aus Frankreich aber nicht nur warme Worte übrig. Er stellte auch Nachbesserungen am Inflation Reduction Act (IRA) und am US-Chips Act in Aussicht. “Es gibt Verbesserungen, die wir vornehmen können, die es den europäischen Ländern grundsätzlich erleichtern können, sich zu beteiligen oder auf sich allein gestellt zu sein”, sagte Biden. Er und Macron hätten über das Thema lange diskutiert.

    Der IRA, jenes rund 400 Milliarden Dollar schwere US-Klimaprogramm, war neben dem Ukraine-Krieg das wichtigste Anliegen Macrons. Auch in den anderen EU-Staaten wurde genau verfolgt, ob der französische Präsident in Washington Änderungen bei der Umsetzung erreichen könnte. Nach ihm reist nun die Delegation der EU-Kommission um Margrethe Vestager und Valdis Dombrovskis in die Vereinigten Staaten, am Montag treffen sie ihre US-Counterparts im Handels- und Technologierat (TTC) (den Entwurf der Abschlusserklärung finden Sie hier).

    Finanzieller Spielraum begrenzt

    Nach dem TTC wollen die EU-Staaten dann eine erste Bewertung vornehmen. Das Thema wird voraussichtlich die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel am 15. Dezember beschäftigen. Denn die Sorge ist groß, dass viele Industriebetriebe angesichts der hohen Energiepreise in Europa und der Lockrufe Washingtons (und Pekings) lieber im Ausland investieren.

    Spitzenpolitiker wie Macron oder Vestager versuchen derzeit in Gespräche mit den CEOs, die Konzerne davon abzubringen. Appelle aber werden kaum genügen. Auf nationaler und auf europäischer Ebene müssen die Regierungen nun kurzfristig entscheiden, wie sie reagieren. Der finanzielle Spielraum ist begrenzt – allein für die Hilfen in der Energiekrise haben die EU-Staaten bereits 600 Milliarden Euro bereitgestellt.

    Folgende Optionen werden diskutiert:

    Handelskonflikt: Der Wille fehlt

    Die EU könnte gegen die Passagen im IRA vorgehen, die die Subventionen an eine Produktion in Nordamerika knüpfen – was eindeutig nicht mit den Regeln der Welthandelsorganisation vereinbar ist. Das aber will in der aktuellen politischen Weltlage kaum jemand, mit Ausnahme Frankreichs vielleicht.

    Ein Verfahren der EU versus USA vor der WTO würde weltweit Schlagzeilen erzeugen, angesichts der Lähmung des Genfer Streitschlichtungsmechanismus aber kaum zeitnahe Ergebnisse bringen. Beim Handelsrat vergangene Woche betonten viele Minister, der Streit um den IRA dürfe die transatlantischen Beziehungen nicht untergraben. Auch EU-Werkzeuge wie das Foreign Subsidies Instrument seien hier ungeeignet, heißt es in Brüssel.

    Abschottung: Konflikt mit Handelsrecht

    Die EU könnte es Washington gleichtun und selbst Hürden für ausländische Unternehmen errichten. Macron trommelt seit Wochen für einen “Buy European”-Act. In Deutschland lässt Wirtschaftsminister Robert Habeck einige Sympathie dafür erkennen.

    Er brachte ins Spiel, bei der Förderung der Produktion von Solarpaneelen oder Windkraftanlagen Kriterien wie den CO2-Fußabdruck zu berücksichtigenwas “eine regionalere Produktion” begünstige. Allerdings könnte es sich die EU kaum erlauben, dabei offenkundig die WTO-Regeln zu ignorieren. “Wir sollten nicht kopieren, was wir bei anderen nicht mögen”, warnt ein hochrangiger EU-Diplomat.

    Industriepolitik: Subventionen und weniger Bürokratie

    Deutschland und Frankreich ziehen hier an einem Strang: “Wir brauchen eine zweite Phase des Green Deals: von der Regulierung hin zu einer grünen Industriepolitik”, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold gestern beim Wettbewerbsfähigkeitsrat in Brüssel.

    Das Thema bietet eine willkommene Gelegenheit nach den jüngsten Dissonanzen, den deutsch-französischen Motor wieder zum Laufen zu bringen. Auch traditionell skeptische Staaten wie die Niederlande könnten sich laut Diplomaten darauf einlassen – vorausgesetzt, Paris und Berlin stimmen sich eng mit den Partnern ab.

    Der industriepolitische Ansatz würde zwei Stoßrichtungen verfolgen: neue Subventionen für klimafreundliche Technologien und weniger Bürokratie.

    • Am Mittwochabend rief Binnenmarktkommissar Thierry Breton die neue Industrieplattform Clean Tech Europe ins Leben. Im ersten Schritt vereinbarten Kommission, Mitgliedstaaten und Industrie, ein politisches Steuerungsgremium sowie Arbeitsgruppen einzurichten, die schnell konkrete Handlungsoptionen vorlegen sollen.
    • In Kommission und Bundesregierung wird zudem befürwortet, weitere IPCEI-Projekte aufzulegen. Diese könnten an laufende Vorhaben anknüpfen, die ohnehin Projekte in klimafreundlichen Technologien wie Batterien oder Wasserstoff fördern. Der IPCEI-Rahmen erlaubt den Mitgliedstaaten großzügige Beihilfen für die Industrie, die Anforderungen etwa an den Innovationscharakter der Projekte sind aber recht hoch. Bis die Vorhaben grenzüberschreitend koordiniert und von der Kommission genehmigt sind, vergehen bisweilen zwei Jahre.
    • Habeck will das IPCEI-Prozedere beschleunigen und es den Unternehmen erleichtern, bereits vor der finalen Genehmigung loszulegen. Dabei sei aber auch das BMWK selbst gefragt, heißt es in Industriekreisen: Aktuell verzögere das Ministerium viele Projekte, weil es nicht die Freigabe für den vorzeitigen Maßnahmenbeginn erteile.
    • Politisch brisanter ist die Forderung Habecks, auch Subventionen in die Massenproduktion von klimafreundlichen Technologien zu erleichtern. Derzeit ist das beihilferechtlich nur im Einzelfall möglich oder in einem eigenen Rechtsrahmen wie dem Chips Act. Giegold mahnt: “Wenn unsere eigenen Regeln dafür sorgen, dass hier nicht mehr produziert wird, dann haben wir das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.” Beihilfeexperten warnen aber davor, den einheitlichen Rechtsrahmen nun mit Sonderregeln für immer weitere Branchen zu durchlöchern. Auch Wettbewerbskommissarin Vestager wehrt sich gegen entsprechende Wünsche.  

    Finanzierung: Neue Wege und alte Töpfe

    Berlin und Paris suchen daher nach Wegen, die beihilferechtlichen Probleme zu vermeiden und die Kommission für ihr Anliegen zu gewinnen. Ein Weg: die Industriehilfen zumindest teilweise zu europäisieren. “Sonst hätten wir ja innerhalb Europas unfairen Wettbewerb zwischen denen, die zahlen können und denen, die nicht zahlen können”, sagt Giegold. Zuvor müssen allerdings die Skeptiker überzeugt werden – in der Berliner Ampel-Koalition ist das die FDP.

    • Dafür könnte etwa der neue Topf REPowerEU angezapft werden, der 20 Milliarden Euro an frischen Geldern enthalten soll. Dieser soll Europas Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland reduzieren – etwa indem Solaranlagen oder Wärmepumpen gefördert werden. Damit ließen sich womöglich auch Investitionen in diese Bereiche anreizen, heißt es in Brüssel.
    • Weitere Gelder für REPowerEU könnten womöglich aus dem Corona-Aufbauprogramm Next Generation EU mobilisiert werden: Dort stehen noch 220 Milliarden Euro für Kredite zur Verfügung, die die Mitgliedstaaten bislang nicht abgerufen haben. Sobald die REPowerEU-Verordnung in Kraft tritt, haben die Mitgliedstaaten 30 Tage Zeit, die Darlehen zu beantragen. Was nicht abgerufen wird, könnte umgewidmet werden, so die Überlegung in Brüssel.
    • Als Antwort auf den IRA könnte auch noch ein weiterer Topf angezapft werden: der Innovation Fund. Dieser speist sich aus den Einnahmen des Emissionshandels und soll innovative klimafreundliche Technologien bis 2030 mit rund 38 Milliarden Euro fördern. Der Charme: Die Mittel aus dem Fonds werden nicht als Staatsbeihilfe gewertet – und böten so womöglich einen Ausweg aus dem politischen Streit.

    Was die Industrie sagt

    Im Finanzvolumen sind IRA und REPowerEU durchaus vergleichbar. Während die EU-Kommission rund 300 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, sind es vonseiten der US-Regierung fast 400 Milliarden Dollar für verschiedenste Bereiche. In den Energiesektor fließen davon nach einer Übersicht von McKinsey 250 Milliarden. Den entscheidenden Unterschied sehen viele in der Wirtschaft eher in den einfacheren Verfahren, um an die Mittel heranzukommen.

    Die US-Logik: Je nachdem, wie stark ein Unternehmen den CO2-Ausstoß reduziert, kann es seine Steuern stufenweise reduzieren, erklärt Torsten Oltmanns vom Center for Sustainable Transformation. So etwa beim Megatrend Wasserstoff: Solange die Herstellung eines Kilogramms Wasserstoff nicht mehr als vier Kilogramm CO2 verursacht, gelten Steuererleichterungen.

    Die volle Ermäßigung gibt es bei einer CO2-Intensität von unter 450 Gramm pro Kilo des Energieträgers. Für den Verband Hydrogen Europe hat der IRA deutliche Vorteile: “Dieses Gesetz bietet ein viel klareres, leichter verständliches Förderinstrument an”, sagte CEO Jorgo Chatzimarkakis unlängst im Interview mit Europe.Table.

    Die Windkraftindustrie fordert insbesondere schnellere Genehmigungsverfahren – Projekte mit 80 Gigawatt warteten aktuell in Europa auf die Freigabe, kritisiert der Verband Wind Europe. Zudem sollten die Kriterien für die Ausschreibungen geändert werden:  Nicht nur der Preis solle entscheiden, sondern auch Nachhaltigkeitskriterien. mit Manuel Berkel

    • Chips
    • Industriepolitik
    • Inflation
    • Klima & Umwelt
    • Klimaschutz
    • REPowerEU

    Michel findet in Peking wenig Gehör

    EU-Ratschef Charles Michel hat Peking bei seinem Besuch in China aufgefordert, in Moskau auf ein Ende des Krieges in der Ukraine hinzuwirken. “Wir setzen darauf, dass China seinen Einfluss geltend macht”, sagte Michel nach dem Gespräch mit Staats- und Parteichef Xi Jinping.

    Xi habe ihm klar versichert, dass die Volksrepublik keine Waffen an Russland liefere und atomare Drohungen ablehne. “Präsident Xi und ich waren uns einig, dass nukleare Bedrohungen nicht akzeptabel und hochgefährlich sind.”

    Das Land habe als UN-Vetomacht eine besondere Verantwortung, darauf zu achten, dass die UN-Charta eingehalten werde, fügte der EU-Ratspräsident hinzu. Er hoffe, dass China in den kommenden Wochen und Monaten alle Möglichkeiten nutzen werde, um Russland “davon zu überzeugen”, den Krieg zu beenden und die Souveränität der Ukraine zu respektieren, sagte der Belgier. Eine gemeinsame Presseerklärung gab es nach dem Treffen nicht, beide Seiten gaben ihre eigenen Statements heraus.

    “Dialog der Gehörlosen”

    Die EU appelliert seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine an die chinesische Führung, Druck auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin auszuüben. Bisher jedoch mit mäßigem Erfolg. Der Glaube an ein Einwirken Pekings war vor allem nach dem erfolglosen EU-China-Dialog Anfang April massiv gesunken.

    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte den Video-Gipfel im Nachhinein als “Dialog der Gehörlosen” betitelt. Eine aufgezeichnete Videobotschaft von Michel selbst, die für die Eröffnung der Export-Messe in Shanghai gedacht war, wurde dort nicht gezeigt. Der EU-Ratschef hatte darin Russland aufgefordert, das Blutvergießen in der Ukraine zu stoppen.

    China will EU bei “Mediation” unterstützen

    In der Mitteilung der chinesischen Seite wurde nach dem Treffen ebenfalls erklärt, dass über die Ukraine gesprochen wurde. Das Wort “Krieg” wurde dabei jedoch weiterhin nicht benutzt, die Rede war von “Krise”. Xi Jinping habe bei den Gesprächen auf eine politische Lösung durch Verhandlungen gepocht, berichtete der staatliche Sender CCTV.

    Xi wurde mit den Worten zitiert, dass “die Lösung der Ukraine-Krise mit politischen Mitteln im besten Interesse Europas und im gemeinsamen Interesse aller Länder in Eurasien liegt”. Unter den gegenwärtigen Bedingungen müsse eine Eskalation und Ausweitung der Krise vermieden werden, sagte Xi laut Staatsmedien.

    Der Teufel steckt dabei im Detail: China “unterstützte die EU bei der Verstärkung ihrer Mediation”, hieß es im chinesischen Statement. Die Volksrepublik habe zudem eine “Einrichtung einer ausgewogenen, effektiven und nachhaltigen europäischen Sicherheitsarchitektur” angeführt. Diese Formulierung findet sich ähnlich bereits in der gemeinsamen Erklärung Russlands und Chinas von Anfang Februar dieses Jahres und kritisiert eine mögliche Nato-Erweiterung in Europa.

    “Konstruktive Rolle” Chinas

    Bemerkenswert sei eine weitere Formulierung im chinesischen Statement, schreibt Justyna Szczudlik, China-Analystin des polnischen Instituts für internationale Angelegenheiten (PISM) in Warschau, auf Twitter: Darin heißt es, China stehe immer auf der Seite des Friedens und werde “auf seine Weise weiterhin eine konstruktive Rolle spielen”, wie Szczudlik schreibt. Sie fasst zusammen: “Ich sage es deutlich: eine ‘konstruktive Rolle mit chinesischen Eigenschaften’ = Russland unterstützend.” Dass Peking dem EU-Appell zeitnah folgt, bleibt auch nach dem Treffen unwahrscheinlich.

    Auch bei anderen Themen war die Kommunikation nach dem Treffen unterschiedlich: Der EU-Ratschef versicherte, dass er die jüngsten Proteste in China angesprochen habe. “Im weiteren Sinne gab es einen Austausch über Covid und die Erfahrungen in Europa und China, einschließlich der jeweiligen ergriffenen Maßnahmen und der Reaktion der Gesellschaften”, erklärte ein Sprecher Michels nach dem dreistündigen Treffen. Im chinesischen Statement fand der Punkt jedoch keine Erwähnung. Vor allem Abgeordnete des EU-Parlaments hatten vor Michels Reise ein klares Zeichen des EU-Ratschefs an die chinesische Führung gefordert.

    Gleichberechtigung und Fairness in der Wirtschaft

    Peking versuchte indes die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken zu betonen. Xi versuchte dabei, die Beziehungen zu Brüssel inmitten der wachsenden Rivalität Pekings mit Washington positiv zu zeigen und sie zu verbessern. Brüssel und Peking hätten keine “wirklichen strategischen Differenzen oder Konflikte”, sagte Xi. Er hoffe, sie könnten sich zusammenschließen, um sich gemeinsam “der Entkoppelung zu widersetzen“, wurde Xi in chinesischen Staatsmedien zitiert.

    Zugleich pochte Michel auf mehr Gleichberechtigung und Fairness in den Wirtschaftsbeziehungen mit China. Es müsse einen gleichberechtigten Zugang für europäische Firmen in China wie für chinesische Firmen im EU-Binnenmarkt geben. Hintergrund sind Beschwerden europäischer Unternehmen über Restriktionen in China. “Wir wollen keine übermäßige Abhängigkeit”, betonte Michel. Er betonte auch, dass europäische Firmen bereit seien, Impfstoffe nach China zu liefern, wenn diese dort zugelassen würden.

    Xi: Arbeiten an Vorankommen des CAI

    Xi kam demnach auch auf eine Dauer-Baustelle zu sprechen: Beide Seiten arbeiteten daran, das Investitionsabkommen CAI voranzutreiben. Dieser Teil des Gesprächs schaffte es wiederum nicht in die Mitteilung der EU-Seite. Michel hatte demnach jedoch Gelegenheit, das Thema Menschenrechte generell anzusprechen. Der EU-Ratschef habe die Allgemeingültigkeit der Grundfreiheiten betont sowie “das Engagement der EU für ihre ‘Ein-China-Politik’ bekräftigte und an die langjährige Position der EU zur Taiwanstraße erinnert”.

    Das erste Aufeinandertreffen war themenreich, auch wenn ein klarer Fokus fehlte. Für die Wiederaufnahme der persönlichen Gespräche war die Visite Michels jedoch ein Anfang. Die vor allem von Xi – und anschließend auch von den Staatsmedien – betonte Übereinstimmung in Handelsfragen sollte sicherlich auch ein Zeichen in Richtung Washington senden. Dort trafen sich am Donnerstag EU- und US-Vertreter zu einem Dialog über China und den Indopazifik.

    • Charles Michel
    • China
    • Europapolitik
    • Xi Jinping

    EU-Monitoring

    05.12.-06.12.2022
    Rat der EU: Verkehr, Telekommunikation und Energie
    Themen: Überarbeitung der Verordnung über Leitlinien der EU für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Genehmigung der Schlussfolgerungen zur laufenden Entwicklung der Binnenschifffahrt, Informationen des Ratsvorsitzes und der Kommission zu den Verkehrsbeziehungen zur Ukraine. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
    Themen: Berichtsentwurf zum Schutz der finanziellen Interessen der EU, Berichtsentwurf zur Kontrolle der Finanztätigkeit der Europäischen Investitionsbank, Öffentliche Anhörung zu den auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten entwickelten Instrumenten zur Vorbeugung und Bekämpfung von Betrug und Finanz- und Wirtschaftskriminalität. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Festlegung von harmonisierten Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten, Gedankenaustausch mit Cristina Lobillo Borrero (Direktorin der Energy Platform Task Force) über den Stand der Umsetzung des Vertrags über die Energiecharta und den Weg in die Zukunft. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu den Vorschlägen des EU-Parlaments zur Änderung der Verträge, Gedankenaustausch über die Rolle von Interpol in der Sicherheitsarchitektur der EU, Stand der Verhandlungen über Rückübernahmeabkommen und -vereinbarungen. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
    Themen: Gedankenaustausch über die EU-Militäroperation EUFOR Althea und die Sicherheitslage in Bosnien und Herzegowina, Unterstützung der EU bei der Bereitstellung von militärischem Gerät für die Ukraine, Gedankenaustausch über die Lage in der Ukraine. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Unterausschusses für Menschenrechte (DROI)
    Themen: Gedankenaustausch über die jüngsten Demonstrationen in China, Gedankenaustausch mit Christophe Deloire (Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen), öffentliche Anhörung über die Afrikanische Union und ihre Menschenrechts- und Demokratiemechanismen. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Konstitutionelle Fragen (AFCO)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Informationssicherheit in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 15:00-18:30
    Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
    Themen: Gedankenaustausch mit der Kommission über die bevorstehende IMO MEPC 79-Sitzung, Gedankenaustausch mit dem Sprecher der Bürger für Fragen der öffentlichen Gesundheit der Konferenz über die Zukunft Europas, Meinungsaustausch mit der Kommission und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) über den Stand der Verhandlungen über einen globalen Vertrag über die Plastikverschmutzung. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 15:00-16:30 Uhr
    Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) und des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
    Themen: Gedankenaustausch mit Mairead McGuinness (Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion) über den Stand der Entwicklungen der verbleibenden technischen Screening-Kriterien und über die Arbeit der Plattform für nachhaltige Finanzen. Vorläufige Tagesordnung

    05.12.2022 – 16:30 Uhr
    Euro-Gruppe
    Themen: Bewertung der Entwürfe der Haushaltspläne der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und Aussichten des Euroraums, Empfehlungen für die Eurozone 2023 (Präsentation der Kommission), Mitteilung der Kommission über Leitlinien für eine Reform des wirtschaftspolitischen Rahmens der EU. Vorläufige Tagesordnung

    06.12.2022 – 10:00 Uhr
    Rat der EU: Wirtschaft und Finanzen
    Themen: Durchführungsbeschluss des Rates über Maßnahmen zum Schutz des Haushalts der EU vor Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, Sachstand zur Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität, Orientierungsaussprache zur Überarbeitung der Richtlinie über Energiebesteuerung. Vorläufige Tagesordnung

    06.12.2022 – 10:15-14:30 Uhr
    Gipfeltreffen EU-Westliche Balkanstaaten
    Themen: Zusammenarbeit angesichts der gemeinsamen Herausforderungen, die sich aus der Aggression Russlands gegen die Ukraine ergeben, Möglichkeiten zur Vertiefung des politischen Engagements (mit besonderem Augenmerk auf junge Menschen), koordinierte Maßnahmen in Sicherheits- und Verteidigungsfragen. Infos

    07.12.2022
    Wöchentliche Kommissionssitzung
    Themen: Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter, Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Steuerbereich (DAC8), Paket zur Stärkung der Kapitalmärkte (Zulassungsgesetz, Überprüfung der europäischen Marktinfrastrukturverordnung (EMIR), Initiative zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des materiellen Rechts der Insolvenzverfahren), Gleichstellungspaket (Anerkennung der Elternschaft zwischen den Mitgliedstaaten, Stärkung der Rolle und der Unabhängigkeit der Gleichstellungsstellen). Vorläufige Tagesordnung

    08.12.-09.12.2022
    Rat der EU: Justiz und Inneres
    Themen: Annahme des Beschlusses des Rates über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in Bulgarien und Rumänien, Partielle allgemeine Ausrichtung zur Verordnung zur Bewältigung von Situationen der Instrumentalisierung im Bereich Migration und Asyl, Gedankenaustausch zu Russlands Aggression gegen die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung

    08.12.-09.12.2022
    Rat der EU: Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
    Themen: Allgemeine Ausrichtung zur Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit, Orientierungsaussprache zur europäischen Pflegestrategie, Informationen der Kommission zur Strategie der EU für globale Gesundheit. Vorläufige Tagesordnung

    08.12.2022
    EuGH-Urteil zum Recht auf Vergessenwerden
    Themen: Auf der Webseite eines US-amerikanischen Unternehmens erschienen im Jahr 2015 mehrere Artikel, die sich kritisch mit dem Anlagemodell verschiedener Finanzdienstleistungs-Gesellschaften auseinandersetzten. Über das Geschäftsmodell des die Webseite betreibenden Unternehmens wurde seinerseits kritisch berichtet, u.a. mit dem Vorwurf, es versuche, andere Unternehmen zu erpressen, indem es zunächst negative Berichte veröffentliche und danach anbiete, gegen ein sogenanntes Schutzgeld die Berichte zu löschen bzw. die negative Berichterstattung zu verhindern. Der Bundesgerichtshof hat den EuGH vor diesem Hintergrund um Auslegung der Datenschutzgrundverordnung sowie der EU-Grundrechte-Charta ersucht. Antrag

    08.12.2022 – 09:00-12:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und landwirtschaftliche Entwicklung (AGRI)
    Themen: Der Ausschuss für Landwirtschaft und landwirtschaftliche Entwicklung kommt zu Beratungen zusammen. Vorläufige Tagesordnung

    08.12.2022 – 14:00-17:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu den harmonisierten Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung (Datengesetz), Entwurf einer Stellungnahme zu den Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Entwurf einer Stellungnahme zur EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien. Vorläufige Tagesordnung

    11.12.-12.12.2022
    Rat der EU: Landwirtschaft und Fischerei
    Themen: Sachstand zur Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, Gedankenaustausch zur Bewertung der EU-Tierschutzvorschriften (Eignungsprüfung), Gedankenaustausch zur Marktlage, insbesondere nach der Invasion in die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung

    News

    Wasserstoff: Kürzere Übergangszeit im Delegated Act

    Für die Produktion von Wasserstoff will die Kommission die Übergangsfrist kürzen, in der erleichterte Bedingungen gelten. Stichtag ist nun der 31. März 2028, heißt es in einer auf Mittwoch datierten neuen Fassung des delegierten Rechtsakts, die Europe.Table vorliegt. In einem Leak von Juli sollte die Übergangfrist noch bis Ende 2029 gelten.

    Im Gegenzug will die Kommission allerdings die Bedingungen für die sogenannte zeitliche Additionalität in der Übergangsphase noch stärker vereinfachen. Mehrere Kriterien für Additionalität sollen sicherstellen, dass flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBOs) mit zusätzlichem erneuerbarem Strom hergestellt werden und nicht etwa die Stromproduktion von fossilen Kraftwerken ankurbeln.

    Quartal statt Monat für zeitliche Korrelation

    Die Anforderungen beziehen sich auf die Konstellation, dass der Elektrolyseur für die Wasserstoffproduktion seinen Strom aus dem öffentlichen Netz bezieht und der Betreiber einen langfristigen Liefervertrag (PPA) mit einem Grünstromproduzenten abgeschlossen hat. Nach der Übergangsfrist muss der zeitliche Zusammenhang von Stromerzeugung und Elektrolyse stündlich nachgewiesen werden.

    Im Übergangszeitraum gelten erleichterte Bedingungen. Nach dem Leak vom Juli sollte der zeitliche Zusammenhang auf den Kalendermonat ausgeweitet werden. Nach dem neuen Entwurf soll nun sogar das Kalendervierteljahr für die Nachweise ausreichen.

    Grüne kritisieren Zertifikatetricks mit Kohlestrom

    Damit solle technologischen Hürden bei der Messung, dem Design der Elektrolyseure und der nötigen Infrastruktur für Speicherung und Transport des Wasserstoffs Rechnung getragen werden, schreibt die Kommission in den Erwägungsgründen. Den Grünen geht die verkürzte Frist aber immer noch zu weit.

    “Es ist gut, dass die Kommission verlangt, dass grüner Wasserstoff mit zusätzlichen erneuerbaren Energien und nicht einfach mit Strom aus dem Netz erzeugt werden soll. Damit wird der Ausbau von Sonnen- und Windkraft beschleunigt und wir kommen Europas Energieunabhängigkeit und Klimaneutralität ein Stück näher”, sagt der Abgeordnete Michael Bloss. “Jedoch ist die Übergangsphase, die die Kommission vorsieht, viel zu lang. Bis 2028 sollen Zertifikatetricks und die Erzeugung von grünem Wasserstoff mit Atom-, Kohle- und Gasstrom erlaubt sein.” ber

    • E-Fuels
    • Elektrolyseure
    • Energie
    • Energiepolitik
    • Wasserstoff

    IEA-Chef Fatih Birol warnt Deutschland vor Fracking

    Der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol, warnt Deutschland vor einem Einstieg ins Fracking. “Wenn Deutschland heute mit dem Fracking beginnt, wird es ewig dauern, bis das erste Gas daraus auf den Markt kommt. Ich wäre da sehr vorsichtig”, sagte er gegenüber Table.Media. “Das Risiko, dass diese Investition nicht genutzt werden kann, ist groß.”

    Fracking, also das Fördern von Erdgas unter hohem Druck aus künstlich erzeugten Rissen im Gestein, ist in Deutschland gesetzlich verboten. Angesichts der Energiekrise hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) ein Ende des Verbots gefordert. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprechen sich dagegen aus. 

    Mit Blick auf mögliche Gaslieferverträge Deutschlands mit Senegal mahnte Birol zur Vorsicht. “Die Vertragslaufzeiten müssen klug gewählt sein. Die Gasinfrastruktur muss später für Ammoniak oder Wasserstoff genutzt werden können”, sagte er. “Und die Energie, die man braucht, um das Gas zu verflüssigen, sollte aus erneuerbaren Quellen stammen.” ae

    • Deutschland
    • Energie
    • Energiepolitik
    • Klimapolitik

    Euro-Gruppe: Griechenland soll Schuldenentlastung erhalten

    Die Finanzminister der 19 Euro-Staaten wollen auf dem nächsten Treffen der Euro-Gruppe am 5. Dezember grünes Licht für ein letztes Maßnahmenpaket zur Schuldenentlastung Griechenlands geben. Nach Angaben eines hochrangigen EU-Beamten unterstreiche dies die Wertschätzung und den Respekt der Euro-Partner hinsichtlich der von Griechenland in den vergangenen Jahren durchgeführten Reformen.

    Das Land war im August 2022 aus der verstärkten makroökonomischen Überwachung nach der Finanzkrise entlassen worden, hatte allerdings noch einige letzte Maßnahmen durchzuführen. Am 22. November hatte die Europäische Kommission ihren ersten Bericht zur Lage in Griechenland im Anschluss an die verstärkte Überwachung vorgelegt.

    In dem Bericht unterstreicht die EU-Behörde, die Regierung in Athen habe inzwischen die mit den europäischen Institutionen vereinbarten Reformen umgesetzt. Außerdem sei das Land in der Lage, seinen Schuldendienst auf ausstehende Anleihen des Euro-Rettungsschirms (EFSF, ESM) und anderen bilateralen Geldgebern zu leisten.

    In dem Bericht der Kommission wird mit Blick auf die Entscheidung der Euro-Finanzminister angeregt, Griechenland einen letzten Transfer im Volumen von 644 Millionen Euro zukommen zu lassen. Dieser steht im Zusammenhang mit den von den nationalen Zentralbanken der Währungsunion gehaltenen griechischen Bonds, die die Notenbanken im Rahmen des Wertpapieraufkaufprogrammes (Securities Markets Programme) zwischen 2010 und 2012 erworben haben.

    Zudem soll Griechenland ein Zinsaufschlag für diverse EFSF-Anleihen für das zweite Halbjahr 2022 in Höhe von 123 Millionen Euro erlassen werden. Darüber hinaus soll der Zinsaufschlag, der bis zu 200 Basispunkte betragen kann, von 2023 bis 2049 anhaltend auf null gesetzt werden. Das entspricht einer potenziellen Zahlungsentlastung Athens von rund 5,2 Milliarden Euro über den genannten Zeitraum. cr

    • Europapolitik
    • Eurozone
    • Finanzen
    • Griechenland

    EU beschließt 60-Dollar-Preisgrenze für russisches Öl

    Die EU-Staaten haben sich Diplomaten zufolge auf eine Preisobergrenze von 60 Dollar je Fass für russisches Öl geeinigt, das über den Seeweg transportiert wird. Mit einem Anpassungsmechanismus solle die Obergrenze zudem immer bei fünf Prozent unter dem Marktpreis gehalten werden, sagte ein EU-Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters.

    Polen, das auf eine möglichst niedrige Preisobergrenze gedrungen hat, muss der Vereinbarung noch am Donnerstag zustimmen. Kommt es so, könnte die Einigung von allen EU-Regierungen bis Freitag besiegelt werden. Das Vorhaben nimmt einen Plan der sieben größten Industriestaaten (G7) auf und würde einen EU-Beschluss ersetzen, wonach russisches Öl ab Montag gar nicht mehr in Europa angelandet werden darf.

    Ziel ist es, auf der einen Seite Russlands Einnahmen zu schmälern. Daher setzten sich gerade Polen und auch die baltischen Staaten für einen geringen Preis ein. Auf der anderen Seite sollte der weltweite Ölpreis aber auch nicht durch einen kompletten Importstopp in die Höhe getrieben werden, da Russland etwa zehn Prozent des weltweiten Öls produziert.

    Russlands Reaktion unklar

    Wichtiger Hebel zur Umsetzung der Preisgrenze soll sein, dass Versicherungen und Reedereien sich an den russischen Geschäften nur beteiligen dürfen, wenn das Öl unter 60 Dollar verkauft wird. Derzeit liegt der Weltmarktpreis zwar ohnehin darunter, könnte aber beim Anziehen der Weltkonjunktur wieder steigen.

    Unklar ist, wie Russland reagiert. Der Kreml hatte angedeutet, dass Staaten, die sich an einem Preisdeckel beteiligen, gar nicht mehr beliefert würden.

    Ausgenommen von den EU-Sanktionen ist Pipeline-Öl, das nach Europa fließt. Darauf hatte unter anderem Ungarn gedrungen. Deutschland jedoch hat erklärt, ab 2023 auch auf diesem Weg kein russisches Öl mehr abzunehmen. Daher sucht die Bundesregierung einen anderen Weg, um die Versorgung der ostdeutschen Raffinerie Schwedt zu sichern. rtr

    • Energie
    • Energiepolitik
    • Energiepreise

    Sorgfaltspflichten: Rat beschließt Sonderrolle für Finanzbranche

    Frankreich konnte sich durchsetzen. Der Ratskompromiss zum Sorgfaltspflichtengesetz wird nicht automatisch auf die Finanzbranche angewandt. Es soll jedem Mitgliedstaat selbst überlassen bleiben, ob Finanzdienstleistungen unter das Gesetz fallen oder nicht. Auch die Definition der zu regulierenden Finanzindustrien wurde deutlich begrenzt, Investmentfonds etwa fallen fast gänzlich raus.

    Mit diesem Vorschlag schaffte es die tschechische Ratspräsidentschaft, den Streit innerhalb der Mitgliedstaaten über die Reichweite des Gesetzes aufzulösen. Frankreich drohte bis zuletzt mit einer Sperrminorität, würden Finanzdienstleistungen Sorgfaltspflicht leisten müssen.

    Deutschland trägt Kompromiss mit

    Der Kompromiss erhielt im gestrigen Wettbewerbsrat eine qualifizierte Mehrheit: Die Allgemeine Ausrichtung des Rates steht also. Deutschland hat den Kompromiss gestern mitgetragen. Der Vorschlag des Rates schwächt den Kommissionsvorschlag in einigen Punkten deutlich ab. Zum Beispiel sollen im ersten Jahr nur sehr große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und 300 Millionen Jahresumsatz unter das Gesetz fallen. Waffenexporte und Dual-Use-Güter sind vom Gesetz ausgenommen.

    Abgeordneten und NGOs enttäuscht

    Der Kompromisstext stößt aber auch auf Kritik. Grünen-Politikerin Anna Cavazzini nennt die Sonderregelung für den Finanzplatz “skandalös und nicht nachvollziehbar”. Die EU solle Investitionen in Menschenrechtsverletzungen nicht länger dulden. Die Europa-SPD zeigt sich pragmatischer: “Angesichts der schwierigen Ausgangslage und harten Opposition einiger Mitgliedsländer handelt es sich wohl um das bestmögliche Ergebnis“, so Tiemo Wölken.

    Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen stören sich unter anderem daran, dass nicht alle Downstream-Aktivitäten, beispielsweise die Verwendung von Produkten, erfasst sind: “Damit wären zum Beispiel Agrarkonzerne fein raus, selbst wenn ihre Pestizide die Gesundheit von Bauern und Plantagenarbeiterinnen schädigen”, schreibt die Initiative Lieferkettengesetz.

    Handwerkerverband bemängelt Nachweispflicht

    Einigen Akteuren geht der Kompromiss jedoch zu weit: “De facto wird jedes Unternehmen in Europa von den massiven bürokratischen Auflagen des Lieferkettengesetzes betroffen sein, da die Verpflichtungen in der Kette einfach weitergegeben werden”, bemängelt etwa Axel Voss (EVP). Der CDU-Politiker ist Schattenberichterstatter des Vorschlags im Parlament.

    Der Zentralverband des Deutschen Handwerks sieht das ebenso und fordert, europäische Lieferketten von der Nachweispflicht zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards auszunehmen, denn damit drohe Kleinst- und Kleinunternehmen “ein erheblicher, kaum darstellbarer und unzumutbarer Verwaltungsaufwand”.

    Im Gegensatz zum Rat steht im Parlament noch kein Kompromisstext. Anfang November stellte Berichterstatterin Lara Wolters ihren Vorschlag vor, dieser fällt deutlich strenger aus als der Kommissionsvorschlag.

    • Europapolitik
    • Finanzen
    • Lieferketten
    • Zentralverband des Deutschen Handwerks

    EU-Umweltausschuss will Export-Stopp für Plastikmüll

    Der Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) hat am Donnerstag seine Position zur sogenannten Abfallverbringungsverordnung beschlossen. Die Mitglieder sprachen sich dafür aus, den Export von Kunststoffabfällen in OECD-Länder innerhalb von vier Jahren ab Inkrafttreten des Gesetzes vollständig herunterzufahren.

    Exporte sogenannter “nicht-gefährlicher Abfälle” – also solcher, die weder der Gesundheit von Menschen noch der Umwelt schaden – dürfen nur mit deren Zustimmung in Nicht-OECD-exportiert werden. Zudem müssen die Empfängerländer nachweisen, dass sie in der Lage sind, diese Abfälle nachhaltig zu entsorgen oder zu recyclen.

    Ausrichtung des Rats steht noch aus

    Die Kommission muss die Liste von Empfängerländer jährlich erstellen und veröffentlichen. Die Abgeordneten fordern zudem die Schaffung eines risikobasierten Leitfadens bei der Überprüfung von Abfallexporten, um illegale Abfallverbringungen zu verhindern und aufzudecken.

    Die Verordnung ist Teil des Kreislaufwirtschaftspakets der EU-Kommission, das die Behörde Ende vergangenen Jahres vorgestellt hat. Die Position des ENVI muss nun im Plenum des EU-Parlaments bestätigt werden. Die allgemeine Ausrichtung des Rats steht noch aus und wird frühestens unter der schwedischen Ratspräsidentschaft erwartet. luk

    • Abfall
    • Green Deal
    • Klima & Umwelt
    • Klimaschutz
    • Kreislaufwirtschaft

    Vandenberghe wird neuer Direktor der GD Clima

    Der Belgier Kurt Vandenberghe, derzeit Berater der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen für den Green Deal, Energie und Verkehr, wird neuer Leiter der Generaldirektion Clima.

    Vandenberghe trat 1996 in die Kommission ein und arbeitete in der GD Move (Verkehr). Anschließend arbeitete er im Kabinett des belgischen Forschungskommissars Philippe Busquin (1999 bis 2004) und leitete das Kabinett seines Nachfolgers Janez Potočnik (2004 bis 2009), dem er unter der Präsidentschaft von Jean-Claude Juncker in das Umweltressort folgte.

    Bevor er in die Kommission eintrat, arbeitete Kurt Vandenberghe vier Jahre lang als Manager bei Ernst & Young Association Management, wo er internationale Handelsverbände aufbaute, verwaltete und vertrat.

    Er wird sein Amt am 16. Januar 2023 antreten und damit den Posten übernehmen, der seit dem Tod des ehemaligen Generaldirektors Mauro Petriccione am 22. August vakant war. cst 

    • Europäische Kommission
    • Klima & Umwelt
    • Klimapolitik

    Presseschau

    Explosion in der ukrainischen Botschaft: Mehrere Briefbomben in Spanien verschickt TAGESSCHAU
    Macron trifft Biden: Demonstrative Front gegen Russland TAGESSCHAU
    EU-Ratspräsident in China: Michel hofft auf chinesische Vermittlerrolle TAGESSCHAU
    Erdölpakt: Deutschland und Polen wollen Versorgung von Raffinerie Schwedt sichern SPIEGEL
    Blackout verhindern: Schweizer Regierung veröffentlicht drastische Stromsparmaßnahmen RND
    Freihandel der EU mit Kanada: Bundestag ratifiziert CETA-Abkommen N-TV
    EU-Staaten einig bei Lieferkettengesetz DERSTANDARD
    EU-Staaten treiben Halbleiter-Förderung voran BOERSEN-ZEITUNG
    Zahlen der EU: Asylanträge auf Höchststand seit 2016 TAGESSCHAU
    EU-Staaten gründen Plattform für mehr Klimatechnologie aus Europa ZFK
    EU-Kommission will Verpackungsmüll bis 2040 um 15 Prozent reduzieren OEKOTEST
    Klimaschutz: EU will Carbon-Farming fördern TOPAGRAR
    Geldwäsche: EU-Gericht sperrt Zugang zum Transparenzregister TAGESSPIEGEL
    Steinmeier befürwortet EU-Ambitionen Albaniens DW
    Ursula von der Leyen vor irischem Parlament: Brexit schweißt EU zusammen T-ONLINE
    EU fordert Freilassung von belarussischer Regierungskritikerin Kolesnikowa STERN
    Wiederaufbaufonds: In Italien bleibt EU-Geld liegen FAZ
    EU-Agrarsubventionen: Große Unternehmen bleiben Hauptprofiteure TAGESSCHAU
    Ab 2035: Verbrenner-Aus für Neuwagen wird immer wahrscheinlicher T-ONLINE
    Einigkeit zur Förderung der EU-Mikrochipproduktion WZ
    FTX proves MiCA should be passed fast, officials tell European Parliament committee COINTELEGRAPH
    Der erste Ökozid-Prozess in der EU: Giftige Stoffe in französischen Häusern EURONEWS
    Internet an abgelegenen Orten: Großbritannien testet Elon Musks Starlink RND

    Kolumne

    Soziale Umverteilung aus Mafiabesitz: Frankreich folgt Italien

    Von Claire Stam
    Schwarz-weiß Portrait von Claire Stam

    Kaum etwas ist gewöhnlich am Restaurant La Poesia, das am 2. November in Paris eröffnet hat. Denn man kocht dort mit Produkten, die von der italienischen Organisation Libera Terra geliefert werden. Die Organisation bewirtschaftet landwirtschaftliche Flächen, die der Mafia entzogen wurden. 

    Auch die Cuvées sind nicht alltäglich: Jede Flasche ehrt auf dem Etikett eines der vielen Opfer der Mafia. In Paris harmoniert somit der Kampf gegen die Mafia von nun an mit der italienischen Kochkunst. Diese Aufgabe hat sich das Restaurant La Poesia in der 3, rue de la Fidélité im 10. Arrondissement von Paris selbst gestellt.

    Restaurantpersonal zur sozialen Wiedereingliederung

    Das Restaurant, entstanden aus einer Familiengeschichte zwischen Frankreich und Italien, schloss eine in Frankreich beispiellose Partnerschaft mit der italienischen Organisation Libera Terra. Libera Terra bewirtschaftet nicht nur von der Justiz beschlagnahmtes Agrarland, das ehemals der Mafia gehörte. Die Organisation vereint auch die Arbeit der auf diesem Land angesiedelten landwirtschaftlichen Genossenschaften und wählt sie aufgrund ihrer Einhaltung sozialer und ökologischer Regeln aus.

    La Poesia möchte aber noch einen Schritt weiter gehen: Das Restaurant schließt derzeit Partnerschaften mit französischen Vereinen, die sich für die soziale Wiedereingliederung einsetzen. Das Restaurant plant Personal aus den Personen zu rekrutieren, die sich unter dem Schutz dieser Vereine befinden. Diese Vorgehensweise spiegelt die italienischen Praktiken wider, bei denen Geld und Güter, die bei der organisierten Kriminalität beschlagnahmt werden, in soziale Einrichtungen reinvestiert wird.

    Markenzeichen italienischer Justiz

    Denn die Initiative des Restaurants La Poesia wirft diese Frage auf: Was tun mit Gütern, die Kriminellen gehört haben, wenn die Justiz ihre Beschlagnahmung anordnet? Die Strategien sind von Land zu Land unterschiedlich. Frankreich verkauft sie auf Auktionen weiter und holt sich das Geld für die Staatskasse zurück. Italien, wo sogenannte präventive Beschlagnahmungen seit 1982 zur Bekämpfung der Mafia in Kraft waren, verabschiedete 1996 ein innovativeres Gesetz, das es ermöglicht, das dem organisierten Verbrechen entzogene Vermögen sozialen Zwecken zu vermachen.

    Diese Bestimmung, die 2014 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anerkannt wurde, ist zum Markenzeichen der italienischen Justiz geworden. Das Land listet so 40.000 beschlagnahmte Immobilien auf, von denen fast die Hälfte umverteilt wurde. So werden prestigeträchtige Villen mit Swimmingpool in Ferienzentren für benachteiligte Kinder umgewandelt, Tomatenfelder oder Olivenbäume für eine Produktion mit dem Stempel “Antimafia” versehen oder Gebäude zu Verwaltungsräumen umgebaut.

    Idee findet Nachahmer

    Die Praxis ist in Frankreich trotz der Verabschiedung eines Gesetzes nach italienischem Vorbild im Jahr 2021 noch immer marginal, aber die italienische Idee einer sozialen Neuverteilung der Güter, die den Mafiosi weggenommen wurden, findet allmählich dort ihren Weg. Die ehemalige Justizministerin Nicole Belloubet war von der Idee begeistert. 

    Und im Februar 2020 trafen sich Macron und der damalige italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte in Neapel zu einem bilateralen Gespräch und bestätigten das Projekt öffentlich, noch bevor die praktischen Modalitäten festgelegt waren. Derzeit verfügt die französische Verwaltung über eine lange Liste von Wohnungen, Gebäuden und Villen, die über das ganze Land verstreut sind und von Mafiosi konfisziert wurden. 

    Und was La Poesia betrifft, es ist nicht nur ein Restaurant, sondern auch ein Ort der Kultur. Am 10. Dezember werden zwei Persönlichkeiten der italienischen Justiz, Antonio Balsamo, Präsident des Gerichts von Palermo, und Francesco Menditto, Staatsanwalt von Tivoli, anwesend sein. Sie werden 30 Jahre nach der Ermordung ihrer Kollegen Giovanni Falcone und Paolo Borsellino ein Treffen zu deren Ehren abhalten.

    • Gesellschaft
    • Italien

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen