heute um 15 Uhr geht es los: In Brüssel kommen die Staats- und Regierungschefs der EU zusammen, in Berlin treffen sich die Unterhändler von SPD, Grünen und FDP zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen.
Beim EU-Gipfel wird es voraussichtlich wenig harmonisch zugehen: Der Konflikt mit Polen ist in letzter Minute auf der Agenda gelandet, und auch die Rekord-Energiepreise bieten eine Menge Potenzial für hitzige Debatten. Wir fassen die wichtigsten Themen des Spitzentreffens für Sie zusammen.
Wie viel Europa steckt in den Koalitionsverhandlungen? Die Europapolitik bekommt eine eigene Arbeitsgruppe, doch viele wesentliche EU-Themen werden voraussichtlich in anderen AGs verhandelt. Till Hoppe gibt einen Überblick über die Gruppen und die dort vertretenen Europapolitiker:innen.
Es soll ein ruhiger Routine-Gipfel werden – mit Pflichtthemen wie COVID-19, der Digitalisierung und der Handelspolitik. Doch wenn sich die 27 Staats- und Regierungschefs der EU heute und morgen in Brüssel zum Europäischen Rat treffen, liegt Streit in der Luft. Ratspräsident Charles Michel hat den ungelösten Konflikt mit Polen in letzter Minute auf die Agenda gesetzt.
Kanzlerin Angela Merkel will sich sogar noch vor den offiziellen Beratungen, die am Donnerstag um 15 Uhr beginnen, mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki treffen, um Möglichkeiten einer Verständigung auszuloten. Bei ihrem womöglich letzten EU-Gipfel will Merkel die EU-27 zusammenhalten und Streit ausräumen. Es gehe um einen politischen Dialog und nicht um die Isolierung Polens, heißt es in Berliner Regierungskreisen.
Auf Versachlichung setzt Berlin auch im Streit um die hohen Energiepreise (Europe.Table berichtete). Hier zeichnet sich ein Konflikt mit Paris ab, wo Präsident Emmanuel Macron auf staatliche Interventionen und eine Reform des Energiemarkts setzt. Weitgehende Einigkeit besteht dagegen bei der Digitalisierung, die am Freitag auf der Gipfel-Agenda steht. Hier die wichtigsten Themen im Detail:
Deutschland und Frankreich hatten zunächst darauf gedrungen, die Auseinandersetzung mit Polen nicht auf dem Gipfel zu thematisieren. Dahinter steht auch die Sorge, dass die Debatte ähnlich hitzig verlaufen könnte wie jene mit Ungarns Premier Viktor Orbán um das LGBTQ-Gesetz beim Juni-Gipfel.
Vor allem der niederländische Regierungschef Mark Rutte aber pochte darauf, das Thema beim Gipfel anzusprechen. Man wolle den Konflikt mit Warschau nicht anheizen, sagt ein hochrangiger EU-Diplomat. Aber es sei den eigenen Unternehmen und Bürgern nicht vermittelbar, dass man in einem Binnenmarkt mit Freizügigkeit lebe, aber in einem Mitgliedsstaat das Recht auf einen fairen Prozess nicht mehr gewährleistet sei.
Diplomaten gehen davon aus, dass Gipfelchef Michel zunächst Polens Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki beim Abendessen das Wort erteilt und anschließend Ursula von der Leyen ihre Linie erläutert. Die Benelux-Staaten unterstützen dabei die Linie der Kommissionspräsidentin. Von der Leyen hatte unter anderem eine Anwendung des neuen Rechtsstaatsmechanismus angekündigt, sobald der EuGH dafür den Weg freimacht.
Allerdings ist umstritten, ob dieser Mechanismus im Falle Polens das geeignete Instrument wäre. Die Rechtsstaats-Konditionalität beziehe sich nur auf möglichen Missbrauch des EU-Budgets, jedoch nicht auf Streitigkeiten zwischen den EU-Staaten, hieß es in deutschen Regierungskreisen. Beim Gipfel erwarte man keine Sanktionsdebatte, sondern eine politische Diskussion über den Rechtsstaat.
Gipfelchef Charles Michel will laut Gipfel-Einladung “den aktuellen Anstieg der Energiepreise” diskutieren, der die Erholung nach der Corona-Pandemie gefährde und Bürger und Unternehmen in Mitleidenschaft ziehe. Neben kurzfristigen, vorwiegend nationalen Gegenmaßnahmen will er auch über mittel- und langfristige Maßnahmen auf EU-Ebene sprechen, womit vor allem die Frage der Energieunabhängigkeit gemeint ist. “Entscheidend ist, dass wir in erneuerbare Energien investieren und nachhaltige Lösungen finden”, so ein EU-Beamter.
Es sei möglich, dass die Frage der Atomkraft diskutiert wird, “wenn die Staats-und Regierungschefs das Thema aufwerfen”. Das ist besonders von Frankreich zu erwarten. Jüngst hat Emmanuel Macron die “Neuerfindung der Atomkraft” in Frankreich angekündigt und will bis 2030 eine Milliarde in die Kernkraft investieren. Die Energiefrage sei schwierig, so ein EU-Beamter, schließlich arbeiten die Mitgliedsstaaten jeweils mit verschiedenen Energiemixen. Dem müsse bei den Diskussionen Rechnung getragen werden.
Auch eine Diskussion zu Russlands Rolle in der Energiepreiskrise ist zu erwarten. Russland hat erst kürzlich angekündigt, bereitzustehen, wenn man Moskau um Hilfe bitte. Gleichzeitig wird vermutet, dass Russland die Gaspreise künstlich nach oben treibt, um die Öffnung von Nord Stream 2 zu erzwingen. Kanzlerin Merkel teilt diese Einschätzung nicht. Russland erfülle seine Lieferverträge und habe den Preisanstieg bei Gas nicht herbeigeführt, heißt es in Berlin.
Vor allem Spaniens Premier Pedro Sánchez dürfte seine Forderung nach weiterreichenden Maßnahmen wiederholen, um den starken Anstieg der Energiepreise zu adressieren. Unterstützung bekommt er aus Frankreich. Deutschland, die Niederlande und etliche andere Staaten lehnen aber tiefgreifende Eingriffe in die Funktionsweise des europäischen Elektrizitätsmarktes ab. Es sei richtig, dass die Kommission die Regulierungsbehörden mit einer Prüfung beauftragt habe, sagt ein hochrangiger EU-Diplomat. Das Ergebnis werde aber voraussichtlich lediglich “etwas Finetuning im Binnenmarkt für Energie” sein.
Die Forderungen aus Warschau und Budapest, wegen der hohen Energiepreise das Fit-for-55-Paket aufzuweichen, lehnen die meisten Mitgliedsstaaten ab. Die geplanten Klimaschutz-Maßnahmen hätten “nichts” mit der jüngsten Preisentwicklung zu tun, so der Diplomat. Alle Mitgliedsstaaten hätten sich überdies zu den EU-Klimazielen für 2030 und 2050 verpflichtet.
Im Entwurf der Gipfel-Schlussfolgerungen, der Europe.Table vorliegt, äußern sich die Staats- und Regierungschefs zu zahlreichen Digitalvorhaben: zum European Chips Act, dem “Digital Markets Act” (DMA) und dem “Digital Services Act” (DSA), dem Programm zur Umsetzung der “Digitalen Dekade” (Europe.Table berichtete), der Roaming-Verordnung, die im Juni 2022 abläuft, den sektorspezifischen Datenräumen, der Joint Cyber Unit und der KI-Verordnung.
Auch die Lieferengpässe bei Halbleitern sollen vor dem Hintergrund des Handels- und Technologierates (TTC) intensiv diskutiert werden, bevor die zweite Gesprächsrunde im nächsten Jahr stattfindet (Europe.Table berichtete). Mehrere EU-Staaten, darunter Deutschland und Frankreich, unterstützen die Ankündigung der EU-Kommission, die europäische Halbleiter-Produktion mit einem “Chips-Act” anzukurbeln.
Im Gespräch mit Europe.Table dämpft ein EU-Diplomat jedoch die Erwartungen, dass der Europäische Rat im Digitalbereich konkrete Ergebnisse produzieren werde. Die Staatenlenker würden sich vor allem auf eine Bestandsaufnahme der aktuellen Digitalvorhaben beschränken und ihre allgemeine Zustimmung zu dem Ziel der digitalen Transformation signalisieren.
Ob man sich in den Schlussfolgerungen auf ein konkretes Datum für die Verabschiedung von DMA und DSA festlege, wie es unter anderem die slowenische Ratspräsidentschaft, Spanien und Portugal fordern, hätte im Ergebnis wenig Auswirkungen, so der EU-Diplomat. Denn beide Gesetzesvorhaben werden bereits im Rat und Europaparlament beraten und die Position des Europäischen Rates interessiere beide Ko-Legislatoren wenig. Eric Bonse/Charlotte Wirth/Jasmin Kohl/Till Hoppe
Am Nachmittag geht es los: Um 15 Uhr werden sich die Unterhändler von SPD, Grünen und FDP zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen auf dem Berliner Messegelände treffen. Neben den Spitzenpolitikern der drei Parteien, die bereits die Sondierungen bestritten haben (Europe.Table berichtete), sollen auch die jeweiligen Delegationsleiter in den 22 Arbeitsgruppen dort vertreten sein, in denen die Fachthemen diskutiert werden. Die Runde dürfte also recht groß ausfallen.
Vor dem Termin werden sich die Parteien noch intern abstimmen. Die eigentliche inhaltliche Arbeit aber dürfte erst in der kommenden Woche aufgenommen werden, wenn die AGs zusammenkommen. Spätestens dann gilt es zu sortieren, welche Themen in welchem Rahmen verhandelt werden. Allzu großen Zeitdruck wollen sich die Unterhändler nicht machen: “Wir werden das gründlich machen, und da haben wir jetzt auch keine übermäßige Eile nötig”, sagte FDP-Vize Johannes Vogel.
Die Europapolitik bekommt eine eigene Arbeitsgruppe, die aber nur einen Ausschnitt der Themen mit EU-Bezug diskutieren wird. Die Positionierung zum Fit-for-55-Paket etwa dürfte in der Klima-AG besprochen werden. Allerdings entsenden die Parteien teils Europaabgeordnete in die Arbeitsgruppe. Für die Sozialdemokraten verhandelt Delara Burkhardt, die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Gruppe im Europaparlament. Die FDP will ihr Team erst am Donnerstag benennen.
Digitalpolitische EU-Vorhaben etwa zur Datenpolitik, zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz oder der großen Plattformen dürften in den Arbeitsgruppen “Digitale Innovationen und digitale Infrastruktur” beziehungsweise “Innere Sicherheit und Bürgerrechte” thematisiert werden. In letzterer sitzt mit Katarina Barley ebenfalls eine SPD-Europapolitikerin.
Die Positionierung einer neuen Bundesregierung in der anlaufenden Debatte um den Stabilitäts- und Wachstumspakt dürfte in der Arbeitsgruppe Finanzen und Haushalt diskutiert werden. Dort sitzen mit dem Grünen Sven Giegold und dem SPD-Vertreter Achim Post zwei europapolitisch versierte Unterhändler.
Die Handelspolitik hingegen soll in der Europa-AG selbst verhandelt werden. Das jedenfalls fordert der SPD-Unterhändler Jens Geier. “Schließlich handelt es sich um eine EU-Kompetenz”, sagt der Chef der SPD-Abgeordneten im Europaparlament. Für das Thema könnte sich aber auch die Arbeitsgruppe Wirtschaft interessieren. Allerdings sind dort keine ausgewiesenen Handelsexperten vertreten.
Die Positionierung zu künftigen oder noch zu ratifizierenden Handelsabkommen wie Ceta birgt einiges an Konfliktpotenzial. Die Grünen und mit leichten Abstrichen die SPD wollen die Handelspartner zu hohen Umwelt- und Sozialstandards verpflichten, die FDP tritt eher für klassischen Freihandel ein.
Daneben dürfte sich die Europa-AG mit der Frage beschäftigen, wie sich Berlin künftig in den Rechtsstaatlichkeitskonflikten mit Ländern wie Polen und Ungarn positioniert. Viel spricht dafür, dass die drei möglichen Partner sich auf einen härteren Kurs verständigen. Kanzlerin Angela Merkel betont bis zuletzt die Notwendigkeit des Dialogs mit Warschau und Budapest und warnt vor Sanktionen.
Nicht zuletzt geht es in der Arbeitsgruppe um die europapolitischen Entscheidungsstrukturen innerhalb einer Ampel-Regierung. Die SPD dringt darauf, noch mehr Kompetenzen ins Bundeskanzleramt von Olaf Scholz zu ziehen. Das dürfte aber auf wenig Gegenliebe bei Grünen und Liberalen treffen, die um die eigenen Einflussmöglichkeiten fürchten (Europe.Table berichtete).
25.10.2021 – 13:30 Uhr, Brüssel
HBS, Vortrag European Mobility Atlas 2021 – European freight transport and green logistics
Die Veranstaltung der Heinrich Böll Stiftung zeigt die aktuellen Herausforderungen der Verbreitung grüner Logistik und nachhaltiger Formen des Güterverkehrs auf. Möglichkeiten für eine kohlenstofffreie Schifffahrt und für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors werden diskutiert. ANMELDUNG
25.10.-29.10.2021, online
Conference EU Sustainable Energy Week (EUSEW) 2021
The EU Sustainable Energy Week (EUSEW) is dedicated to the theme “Towards 2030: Reshaping the European Energy System”. The event is aimed at business representatives who promote energy efficiency and renewable energy. The aim is to share experiences and innovations that will help achieve the EU’s energy and climate goals. REGISTRATION
25.10.-29.10.2021, online
EU Science Hub, Conference Towards a Common European Green Deal data space for environment and sustainability
The EU Science Hub conference will provide a forum for stakeholders from government, academia and industry to discuss the latest developments of the INSPIRE Directive. Topics will include data, the Green Deal, Citizen Science, site interoperability, and the past, present and future of INSPIRE. INFOS & REGISTRATION
26.10.2021, Berlin
ZIA, Konferenz Innovationskongress
Der Kongress des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) dreht sich um die Themen Corona-Pandemie, Klimawandel, Strukturwandel in den Städten und die digitale Transformation der Immobilienbranche. ANMELDUNG
26.10.2021, online
BEUC, Presentation The AI Act: machine rule or consumer rules?
The European Consumer Organisation (BEUC) is holding a panel debate to discuss whether the AI Act proposed by the European Commission provides consumers the protections that they need. REGISTRATION
26.10.2021 – 09:00-13:30 Uhr, online
Friends of Europe, Presentation Climate and Energy Summit
The Climate and Energy Summit engages policymakers, scientists, business leaders, and civil society representatives to discuss the climate emergency, energy innovation, and the role Europe can play in advancing climate action. INFOS & REGISTRATION
26.10.2021 – 09:00-16:30 Uhr, Berlin/online
TÜV Verband, Presentation AI Forum
At the AI Forum experts will discuss security aspects of AI applications. The forum is organized by the AI Working Group of the German Federal Office for Information Security (BSI) and the TÜV Association in cooperation with Fraunhofer HHI. INFOS & REGISTRATION
26.10.2021 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV Rheinland, Seminar 5G als Treiber der Digitalen Revolution
Dr. Axel Schulz ist der Experte dieses TÜV Seminars und wird Einblicke geben in Access-Technologien, die Unterschiede der verschiedenen Mobilfunkgenerationen, die Merkmale der 5G-Technologie, sowie die Koexistenz von Maschinennetz und Mobilfunk. INFOS & ANMELDUNG
26.10.2021 – 15:30-17:00 Uhr, online
Discussion Rethinking Climate Change, Sustainability and Innovation: Discussing Academic and Policy Perspectives on the Upcoming Transformation
This event’s experts want to look at climate change in a multidisciplinary and interdisciplinary way in order to elaborate the challenges of climate change in research. In this way, new policy approaches will be provided to enable a successful climate policy. REGISTRATION UNTIL 21.10.2021
26.10.-27.10.2021, Berlin
VDMA, Konferenz 12. Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2021: Zukunft wartet nicht
Der Maschinenbau-Gipfel des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) behandelt die für den Maschinen- und Anlagenbau relevanten Themen internationaler Handel, Klimawandel und Digitalisierung. Die Referent:innen aus Industrie, Wissenschaft und Politik stellen Lösungsansätze, sowie aktuelle Herausforderungen dar. INFOS & ANMELDUNG
Das EU-Parlament hat den von ENVI- und AGRI-Ausschuss ausgehandelten Initiativbericht zur Farm-to-Fork-Strategie mit 452 zu 170 Stimmen bei 76 Enthaltungen angenommen. Damit stellt sich das Parlament mehrheitlich hinter die Strategie der Kommission, die zum Ziel hat, den Zugang zu gesunden Lebensmitteln mit möglichst geringem ökologischem Fußabdruck in der gesamten EU zu gewährleisten.
In dem Kompromiss fordert das Parlament die EU-Kommission auf, in einem Gesetzesvorschlag unter anderem folgende Punkte zu berücksichtigen:
Maria Noichl, agrarpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten im EP, lobte zwar, dass sich das Parlament hinter die Kommissionsstrategie stellt, hegte jedoch Zweifel an dessen Wirksamkeit. Es sei fraglich, “ob diese Ziele mit der schwachen Reform der EU-Agrarpolitik, die das Hauptinstrument zur Erfüllung der Farm-to-Fork-Strategie ist, zu erreichen sind”.
Christine Schneider, Berichterstatterin der EVP-Fraktion im Umweltausschuss, erklärte, dass sich zusätzlich zur Gesetzgebung der EU auch die Bürgerinnen und Bürger an einer nachhaltigen Lebensmittelkette beteiligen sollten. Der Verbraucher spiele eine Schlüsselrolle, “denn die Lebensmittelversorgung ist ein Kreislauf, den wir mit unserem Einkauf- und Konsumverhalten gestalten”.
Am Montag hatten die EU-Parlamentarier:innen über den Initiativbericht debattiert (Europe.Table berichtete), am Dienstag stimmten sie ab und am Mittwochmorgen wurde das Abstimmungsergebnis bekannt gegeben. luk
Eigentlich sollte die Kommission im Oktober einen delegierten Rechtsakt zur Taxonomie verabschieden. Doch nun wird die Entscheidung auf 2022 verschoben, wie die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness der Financial Times sagte.
Der Rechtsakt sollte endlich Klärung bringen in der Frage, welche Rolle Gas und Kernkraft beim Erreichen der EU-Klimaziele spielen. Sprich: Ob Gas und Kernkraft als “nachhaltig” eingestuft werden können. Insbesondere Frankreich drängt darauf, dass die Atomkraft in die Taxonomie aufgenommen wird (Europe.Table berichtete). Erst kürzlich hat Emmanuel Macron angekündigt, bis 2030 eine Milliarde Euro in die Kernkraft zu investieren (Europe.Table berichtete). Deutschland hingegen pocht insbesondere nach dem Abschluss von Nord Stream 2 auf die Inklusion von Gas.
“Es gibt keine einfache Lösung”, sagte McGuinness. “Technisch und politisch gehen die Meinungen stark auseinander.” Es stehe weiterhin offen, ob Gas und Atomkraft Eingang in die Taxonomie finden, so die Kommissarin. Sie brachte allerdings eine Kompromisslösung vor: Demnach denke die Kommission über ein gelbes Label für Technologien nach, die als Übergangslösung in der Energiewende eingesetzt werden. So würde man die Investoren nicht abschrecken.
Heute diskutieren die Staats-und Regierungschefs beim EU-Gipfel über die Energiekrise. Es ist zu erwarten, dass sowohl die Taxonomie als auch die Zukunft der Kernkraft thematisiert werden. Ein EU-Beamter betonte allerdings, “die Taxonomie liege in der Hand der Kommission”. Doch diese steht insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Gaspreise unter dem Druck der Mitgliedsstaaten. cwi
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, Russlands Wladimir Putin und Chinas Xi Jinping reisen voraussichtlich nicht persönlich zur diesjährigen Weltklimakonferenz (COP26) nach Glasgow. Auch die Zusage von Indiens Premierminister Narendra Modi steht noch aus. US-Präsident Joe Biden könnte aufgrund von innenpolitischen Querelen mit leeren Händen nach Glasgow kommen. Und so ist es an Europa, die weltweiten Ambitionen zum Klimaschutz in die richtigen Bahnen zu lenken.
Im Straßburger Plenum wurde am Mittwoch die Resolution des EU-Parlaments zur COP26 diskutiert. Wie üblich kamen auch Rat und Kommission zu Wort. Der slowenische Außenminister Anže Logar stellte die vier Hauptziele des Rates für den wichtigsten Klimagipfel seit Paris 2015 vor:
Die Gestaltung des globalen Kohlenstoffmarktes soll durch Artikel 6 des Pariser Abkommens geregelt werden. Dieser ist allerdings der einzige Artikel, über den es noch immer kein Übereinkommen der Länder gibt. Logar forderte deshalb, dass die EU sich dafür einsetzt, dass Artikel 6 eine robuste und solide Rechenschaftspflicht für den globalen Kohlenstoffmarkt schafft.
Grünen-Politiker Bas Eickhout aus den Niederlanden forderte die EU auf, sich in Glasgow für den globalen Kohleausstieg stark zu machen. Zudem kritisierte er Australien, wo noch immer massiv Kohle abgebaut wird. Das Land hat im Gegensatz zu allen anderen Industrienationen noch immer kein klares Klimaziel vorgebracht. Der CDU-Abgeordnete Peter Liese bezeichnete diese Tatsache als “schändlich”.
Liese griff zudem diejenigen MEPs an, die eine Rücknahme von Teilen des Fit-for-55-Pakets aufgrund der hohen Energiepreise forderten. Erneuerbare Energie und Energieeffizienz seien wie die Corona-Impfung: “Wenn wir investieren, sind wir immun gegen die hohen Preise fossiler Brennstoffe. Wenn die Krankheit schlimmer wird, darf man nicht aufhören, den Impfstoff zu produzieren, sondern muss schneller machen”, sagte er in seinem Bekenntnis zu den europäischen Ambitionen zum Klimaschutz. Die beiden Grünen Jutta Paulus und Michael Bloss forderten daher ein Ende der weltweiten staatlichen Subventionen für fossile Brennstoffe.
Die Abstimmung über die Resolution im EU-Parlament erfolgt am heutigen Donnerstag. luk
Der designierte neue rumänische Ministerpräsident Dacian Cioloș ist bei einem Vertrauensvotum im Parlament gescheitert. Seine zentristische Minderheitsregierung erhielt bei der Abstimmung in Bukarest am Mittwoch wie erwartet keine Mehrheit. Damit hält die politische Krise in dem EU-Staat an, der derzeit besonders hart von der Coronavirus-Pandemie betroffen ist.
Rumänien, eines der ärmsten Länder der Europäischen Union, hat seit dem 5. Oktober keine gewählte Regierung mehr, nachdem die liberal geführte Koalition vom Parlament gestürzt worden war. Präsident Klaus Iohannis müsste nach der Verfassung nun nach Beratungen mit den Parteien einen neuen Vorschlag für einen Auftrag zur Regierungsbildung unterbreiten. rtr
Die Betreiber von Strom- und Gasnetzen bekommen nach einer Entscheidung der Bundesnetzagentur ihre Investitionen künftig mit einem niedrigeren Zinssatz vergütet als bislang. Der Regulierer legte am Mittwoch die neuen Eigenkapitalzinssätze vor, die für die Betreiber von Gasnetzen im Jahr 2023 beginnt, und für Stromnetzbetreiber im Jahr 2024.
Für Betreiber von Strom- und Gasnetzen legte die Behörde einen Eigenkapitalzinssatz für Investitionen in Neuanlagen von 5,07 Prozent vor Körperschaftsteuer fest – nach derzeit 6,91 Prozent. Für Altanlagen gelte ein Zinssatz von 3,51 Prozent vor Körperschaftsteuer nach bisher 5,12 Prozent. Betroffen sind Hunderte Stadtwerke und Regionalversorger, aber auch Energieriesen wie E.ON und EnBW.
“Die gesunkenen Zinssätze spiegeln das geringere Zinsniveau an den Kapitalmärkten wider. Investitionen in die Netze bleiben dauerhaft attraktiv”, sagte Netzagentur-Präsident Jochen Homann. Die Renditen der Netzbetreiber würden von den Netznutzern bezahlt, also Verbrauchern, Industrie und Gewerbe. “Diese dürfen nicht unnötig belastet werden.” Die Netzbetreiber hatten vor zu hohen Kürzungen gewarnt und auf die Milliardensummen verwiesen, die im Zuge der Energiewende für den Netzausbau benötigt würden. rtr
Nach monatelanger Planung treffen sich nächste Woche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt in Glasgow zur UN-Klimakonferenz COP26. Schon im Vorfeld dieses Treffens gab es einige wichtige Signale von ehemals eher klimaskeptischen Ländern, wonach sie die globale Erwärmung nun ernster nehmen: Auf der UN-Generalversammlung beispielsweise versprach Xi Jinping, dass China keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland mehr finanzieren werde (Europe.Table berichtete), obwohl die Stromausfälle im Oktober Chinas Zeitplan für den Ausstieg aus der Kohleverbrennung im eigenen Land infrage gestellt haben.
Und nachdem sich der türkische Präsident verpflichtet hatte, das Pariser Abkommen zu ratifizieren, hat das Parlament dies im Oktober auch endlich getan. Zudem rückt die momentane Panik über die steigenden Gas-, Öl- und Strompreise – auch wenn sie nichts mit den Bemühungen um einen Kohleausstieg zu tun haben – die Notwendigkeit einer echten, nachhaltigen Energiesicherheit in den Mittelpunkt.
Die COP26 wird jedoch zwangsläufig enttäuschen, wenn es darum geht, klare Wege für die Emissionsreduzierungen zu finden, die laut dem sechsten Bericht des UN-Klimarats im nächsten Jahrzehnt erreicht werden müssen. Einer der Hauptgründe dafür: die USA. Zwar haben die Vereinigten Staaten unter der Biden-Regierung ein neues internationales Engagement an den Tag gelegt und andere Staaten aktiv dazu gedrängt, schneller aus der Kohle auszusteigen. Doch hat das Land selbst kein klares Programm, wie sie ihre eigene Wirtschaft umgestalten wollen. Um den geplanten Haushalt durch den Kongress zu bringen, scheint Biden in den vergangenen Wochen sogar die vorsichtigen Ambitionen in seinem Programm für saubere Energie zurückzuschrauben.
Warum also sollten andere Länder die Wettbewerbsfähigkeit ihrer nationalen Industrien riskieren, wenn die größten Klimasünder der Welt selbst nicht in die Offensive gehen?
Dies birgt die Gefahr, dass die Klimaschutzmaßnahmen nach COP26 wieder zurückgeschraubt werden. Und wenn sich die Aufregung um Glasgow gelegt hat, werden wir weiterhin unzureichenden Klimamaßnahmen gegenüberstehen. Dann werden wir aber auch wissen, dass die derzeitige globale Führung der Aufgabe nicht gewachsen ist, diese politischen und geopolitischen Herausforderungen zu bewältigen. Hier kann nun die EU ins Spiel kommen und die Vermittlerrolle für einen grünen “Grand Bargain” annehmen.
Die EU ist der erste globale Akteur, der konkrete Pläne zur Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 vorgelegt hat. Der Europäische Green Deal von 2020 und das “Fit for 55”-Paket aus diesem Jahr verleihen der EU diejenige Glaubwürdigkeit, die den USA fehlt.
Da die Europäische Union in diesem Übergangsprozess in ihrer Entwicklung weiter als viele andere ist, kann sie als fortschrittliche Wirtschaftsunion, moderner Exportmarkt und regulatorische Supermacht mit gutem Beispiel vorangehen, ihre Erfahrungen weitergeben und promoten. Ferner kann sie Ländern, die noch nicht so weit sind, geistiges Eigentum und Fachwissen über Infrastrukturen anbieten, das für den Abschied von der Kohle unerlässlich ist.
Sicher, die EU ist noch kein geopolitisches Schwergewicht auf dem Niveau der USA, die damit drohen kann, ihre wirtschaftliche Macht einzusetzen, um ihre Verhandlungsposition auf der Klimakonferenz zu stärken. Die Spaltungen und die Uneinigkeit innerhalb der EU sind nur zu gut bekannt – sowohl bei den Institutionen, die im Namen der EU an den Klimaverhandlungen teilnehmen, als auch bei den Regierungen der anderen Teilnehmerländer.
Die wahre europäische Klimamacht besteht vielmehr in der Fähigkeit, den Wandel durch Interaktion mit anderen Ländern herbeizuführen – sowohl mit solchen, die von der Notwendigkeit einer dringenden Umgestaltung ihrer Wirtschaft überzeugt sind, als auch mit denjenigen, bei denen dies weniger der Fall ist.
Durch Instrumente wie den CO2-Grenzausgleich (CBAM) kann die EU sicherstellen, dass die Handelspartner keine andere Wahl haben, als sich von kohlenstoffintensiver Produktion zu verabschieden, wenn sie in die EU exportieren wollen. Durch die Schaffung europäischer Kapazitäten und Innovationen im Bereich grüner Technologien und Sicherstellung von Lieferketten für die notwendigen Rohstoffe verhindert die EU, dass vor allem China die Entwicklung der für eine globale Revolution erforderlichen Technologien bestimmt.
Durch umweltfreundliche Finanzierungen und Mobilisierung von Investitionen in den Privatsektor erhalten Entwicklungsländer die Chance, ebenfalls von der grünen Revolution zu profitieren. Notwendig sind außerdem eine Neuausrichtung des Energiesicherheitskonzepts für saubere Energie und Ressourceneffizienz sowie Energiemarktreformen, die die Entwicklung des erneuerbaren Energiesektors effektiv fördern, um die steigende Nachfrage zu decken.
Die EU kann den COP-Vorsitz Großbritanniens, das COP-Sekretariat und andere führende Länder wie die USA dabei unterstützen, in Glasgow auf die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen zu pochen. Die europäische Klimapolitik wird jedoch erst nach der Abreise der Staats- und Regierungschefs zum Tragen kommen – indem sie ihre gesamte außenpolitische Klaviatur einsetzt, um die geopolitische Neuausrichtung der Welt weg vom Kohlenstoff zu unterstützen.
Facebook will seinen Namen ändern. Das als soziales Netzwerk bekannt gewordene Unternehmen möchte mit der Umbenennung den Fokus auf die virtuelle Welt namens “Metaverse” legen. Wie Facebook sich in Zukunft nennt, wurde bislang nicht öffentlich, soll aber schon Ende Oktober bekannt gegeben werden.
Ob sich nach dem Rebranding auch am Unternehmen etwas ändert? Zumindest wird Facebook versuchen, genau diesen Anschein zu erwecken. Doch nach den Negativschlagzeilen wird es schwer sein für den Konzern, sich von den schwerwiegenden Vorwürfen reinzuwaschen – etwa von denen der Whistleblowerin Frances Haugen. Und nun kommt eine weitere Schlagzeile hinzu: Facebook muss in Großbritannien 50,5 Millionen Pfund Strafe wegen des Giphy-Deals zahlen.
Es ist schwer vorstellbar, dass Facebook mit neuem Namen plötzlich geläutert daherkommt. Schließlich gilt bei den meisten Markenumbenennungen seit den 1990ern: “Aus Raider wird Twix, sonst ändert sich nix.”
Das soziale Netzwerk soll übrigens weiterhin den Namen Facebook tragen und nur noch ein Produkt unter vielen des Unternehmens sein. Das dürfte allerdings kaum jemanden interessieren. Wer ist schließlich noch bei Facebook? Lukas Scheid
heute um 15 Uhr geht es los: In Brüssel kommen die Staats- und Regierungschefs der EU zusammen, in Berlin treffen sich die Unterhändler von SPD, Grünen und FDP zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen.
Beim EU-Gipfel wird es voraussichtlich wenig harmonisch zugehen: Der Konflikt mit Polen ist in letzter Minute auf der Agenda gelandet, und auch die Rekord-Energiepreise bieten eine Menge Potenzial für hitzige Debatten. Wir fassen die wichtigsten Themen des Spitzentreffens für Sie zusammen.
Wie viel Europa steckt in den Koalitionsverhandlungen? Die Europapolitik bekommt eine eigene Arbeitsgruppe, doch viele wesentliche EU-Themen werden voraussichtlich in anderen AGs verhandelt. Till Hoppe gibt einen Überblick über die Gruppen und die dort vertretenen Europapolitiker:innen.
Es soll ein ruhiger Routine-Gipfel werden – mit Pflichtthemen wie COVID-19, der Digitalisierung und der Handelspolitik. Doch wenn sich die 27 Staats- und Regierungschefs der EU heute und morgen in Brüssel zum Europäischen Rat treffen, liegt Streit in der Luft. Ratspräsident Charles Michel hat den ungelösten Konflikt mit Polen in letzter Minute auf die Agenda gesetzt.
Kanzlerin Angela Merkel will sich sogar noch vor den offiziellen Beratungen, die am Donnerstag um 15 Uhr beginnen, mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki treffen, um Möglichkeiten einer Verständigung auszuloten. Bei ihrem womöglich letzten EU-Gipfel will Merkel die EU-27 zusammenhalten und Streit ausräumen. Es gehe um einen politischen Dialog und nicht um die Isolierung Polens, heißt es in Berliner Regierungskreisen.
Auf Versachlichung setzt Berlin auch im Streit um die hohen Energiepreise (Europe.Table berichtete). Hier zeichnet sich ein Konflikt mit Paris ab, wo Präsident Emmanuel Macron auf staatliche Interventionen und eine Reform des Energiemarkts setzt. Weitgehende Einigkeit besteht dagegen bei der Digitalisierung, die am Freitag auf der Gipfel-Agenda steht. Hier die wichtigsten Themen im Detail:
Deutschland und Frankreich hatten zunächst darauf gedrungen, die Auseinandersetzung mit Polen nicht auf dem Gipfel zu thematisieren. Dahinter steht auch die Sorge, dass die Debatte ähnlich hitzig verlaufen könnte wie jene mit Ungarns Premier Viktor Orbán um das LGBTQ-Gesetz beim Juni-Gipfel.
Vor allem der niederländische Regierungschef Mark Rutte aber pochte darauf, das Thema beim Gipfel anzusprechen. Man wolle den Konflikt mit Warschau nicht anheizen, sagt ein hochrangiger EU-Diplomat. Aber es sei den eigenen Unternehmen und Bürgern nicht vermittelbar, dass man in einem Binnenmarkt mit Freizügigkeit lebe, aber in einem Mitgliedsstaat das Recht auf einen fairen Prozess nicht mehr gewährleistet sei.
Diplomaten gehen davon aus, dass Gipfelchef Michel zunächst Polens Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki beim Abendessen das Wort erteilt und anschließend Ursula von der Leyen ihre Linie erläutert. Die Benelux-Staaten unterstützen dabei die Linie der Kommissionspräsidentin. Von der Leyen hatte unter anderem eine Anwendung des neuen Rechtsstaatsmechanismus angekündigt, sobald der EuGH dafür den Weg freimacht.
Allerdings ist umstritten, ob dieser Mechanismus im Falle Polens das geeignete Instrument wäre. Die Rechtsstaats-Konditionalität beziehe sich nur auf möglichen Missbrauch des EU-Budgets, jedoch nicht auf Streitigkeiten zwischen den EU-Staaten, hieß es in deutschen Regierungskreisen. Beim Gipfel erwarte man keine Sanktionsdebatte, sondern eine politische Diskussion über den Rechtsstaat.
Gipfelchef Charles Michel will laut Gipfel-Einladung “den aktuellen Anstieg der Energiepreise” diskutieren, der die Erholung nach der Corona-Pandemie gefährde und Bürger und Unternehmen in Mitleidenschaft ziehe. Neben kurzfristigen, vorwiegend nationalen Gegenmaßnahmen will er auch über mittel- und langfristige Maßnahmen auf EU-Ebene sprechen, womit vor allem die Frage der Energieunabhängigkeit gemeint ist. “Entscheidend ist, dass wir in erneuerbare Energien investieren und nachhaltige Lösungen finden”, so ein EU-Beamter.
Es sei möglich, dass die Frage der Atomkraft diskutiert wird, “wenn die Staats-und Regierungschefs das Thema aufwerfen”. Das ist besonders von Frankreich zu erwarten. Jüngst hat Emmanuel Macron die “Neuerfindung der Atomkraft” in Frankreich angekündigt und will bis 2030 eine Milliarde in die Kernkraft investieren. Die Energiefrage sei schwierig, so ein EU-Beamter, schließlich arbeiten die Mitgliedsstaaten jeweils mit verschiedenen Energiemixen. Dem müsse bei den Diskussionen Rechnung getragen werden.
Auch eine Diskussion zu Russlands Rolle in der Energiepreiskrise ist zu erwarten. Russland hat erst kürzlich angekündigt, bereitzustehen, wenn man Moskau um Hilfe bitte. Gleichzeitig wird vermutet, dass Russland die Gaspreise künstlich nach oben treibt, um die Öffnung von Nord Stream 2 zu erzwingen. Kanzlerin Merkel teilt diese Einschätzung nicht. Russland erfülle seine Lieferverträge und habe den Preisanstieg bei Gas nicht herbeigeführt, heißt es in Berlin.
Vor allem Spaniens Premier Pedro Sánchez dürfte seine Forderung nach weiterreichenden Maßnahmen wiederholen, um den starken Anstieg der Energiepreise zu adressieren. Unterstützung bekommt er aus Frankreich. Deutschland, die Niederlande und etliche andere Staaten lehnen aber tiefgreifende Eingriffe in die Funktionsweise des europäischen Elektrizitätsmarktes ab. Es sei richtig, dass die Kommission die Regulierungsbehörden mit einer Prüfung beauftragt habe, sagt ein hochrangiger EU-Diplomat. Das Ergebnis werde aber voraussichtlich lediglich “etwas Finetuning im Binnenmarkt für Energie” sein.
Die Forderungen aus Warschau und Budapest, wegen der hohen Energiepreise das Fit-for-55-Paket aufzuweichen, lehnen die meisten Mitgliedsstaaten ab. Die geplanten Klimaschutz-Maßnahmen hätten “nichts” mit der jüngsten Preisentwicklung zu tun, so der Diplomat. Alle Mitgliedsstaaten hätten sich überdies zu den EU-Klimazielen für 2030 und 2050 verpflichtet.
Im Entwurf der Gipfel-Schlussfolgerungen, der Europe.Table vorliegt, äußern sich die Staats- und Regierungschefs zu zahlreichen Digitalvorhaben: zum European Chips Act, dem “Digital Markets Act” (DMA) und dem “Digital Services Act” (DSA), dem Programm zur Umsetzung der “Digitalen Dekade” (Europe.Table berichtete), der Roaming-Verordnung, die im Juni 2022 abläuft, den sektorspezifischen Datenräumen, der Joint Cyber Unit und der KI-Verordnung.
Auch die Lieferengpässe bei Halbleitern sollen vor dem Hintergrund des Handels- und Technologierates (TTC) intensiv diskutiert werden, bevor die zweite Gesprächsrunde im nächsten Jahr stattfindet (Europe.Table berichtete). Mehrere EU-Staaten, darunter Deutschland und Frankreich, unterstützen die Ankündigung der EU-Kommission, die europäische Halbleiter-Produktion mit einem “Chips-Act” anzukurbeln.
Im Gespräch mit Europe.Table dämpft ein EU-Diplomat jedoch die Erwartungen, dass der Europäische Rat im Digitalbereich konkrete Ergebnisse produzieren werde. Die Staatenlenker würden sich vor allem auf eine Bestandsaufnahme der aktuellen Digitalvorhaben beschränken und ihre allgemeine Zustimmung zu dem Ziel der digitalen Transformation signalisieren.
Ob man sich in den Schlussfolgerungen auf ein konkretes Datum für die Verabschiedung von DMA und DSA festlege, wie es unter anderem die slowenische Ratspräsidentschaft, Spanien und Portugal fordern, hätte im Ergebnis wenig Auswirkungen, so der EU-Diplomat. Denn beide Gesetzesvorhaben werden bereits im Rat und Europaparlament beraten und die Position des Europäischen Rates interessiere beide Ko-Legislatoren wenig. Eric Bonse/Charlotte Wirth/Jasmin Kohl/Till Hoppe
Am Nachmittag geht es los: Um 15 Uhr werden sich die Unterhändler von SPD, Grünen und FDP zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen auf dem Berliner Messegelände treffen. Neben den Spitzenpolitikern der drei Parteien, die bereits die Sondierungen bestritten haben (Europe.Table berichtete), sollen auch die jeweiligen Delegationsleiter in den 22 Arbeitsgruppen dort vertreten sein, in denen die Fachthemen diskutiert werden. Die Runde dürfte also recht groß ausfallen.
Vor dem Termin werden sich die Parteien noch intern abstimmen. Die eigentliche inhaltliche Arbeit aber dürfte erst in der kommenden Woche aufgenommen werden, wenn die AGs zusammenkommen. Spätestens dann gilt es zu sortieren, welche Themen in welchem Rahmen verhandelt werden. Allzu großen Zeitdruck wollen sich die Unterhändler nicht machen: “Wir werden das gründlich machen, und da haben wir jetzt auch keine übermäßige Eile nötig”, sagte FDP-Vize Johannes Vogel.
Die Europapolitik bekommt eine eigene Arbeitsgruppe, die aber nur einen Ausschnitt der Themen mit EU-Bezug diskutieren wird. Die Positionierung zum Fit-for-55-Paket etwa dürfte in der Klima-AG besprochen werden. Allerdings entsenden die Parteien teils Europaabgeordnete in die Arbeitsgruppe. Für die Sozialdemokraten verhandelt Delara Burkhardt, die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Gruppe im Europaparlament. Die FDP will ihr Team erst am Donnerstag benennen.
Digitalpolitische EU-Vorhaben etwa zur Datenpolitik, zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz oder der großen Plattformen dürften in den Arbeitsgruppen “Digitale Innovationen und digitale Infrastruktur” beziehungsweise “Innere Sicherheit und Bürgerrechte” thematisiert werden. In letzterer sitzt mit Katarina Barley ebenfalls eine SPD-Europapolitikerin.
Die Positionierung einer neuen Bundesregierung in der anlaufenden Debatte um den Stabilitäts- und Wachstumspakt dürfte in der Arbeitsgruppe Finanzen und Haushalt diskutiert werden. Dort sitzen mit dem Grünen Sven Giegold und dem SPD-Vertreter Achim Post zwei europapolitisch versierte Unterhändler.
Die Handelspolitik hingegen soll in der Europa-AG selbst verhandelt werden. Das jedenfalls fordert der SPD-Unterhändler Jens Geier. “Schließlich handelt es sich um eine EU-Kompetenz”, sagt der Chef der SPD-Abgeordneten im Europaparlament. Für das Thema könnte sich aber auch die Arbeitsgruppe Wirtschaft interessieren. Allerdings sind dort keine ausgewiesenen Handelsexperten vertreten.
Die Positionierung zu künftigen oder noch zu ratifizierenden Handelsabkommen wie Ceta birgt einiges an Konfliktpotenzial. Die Grünen und mit leichten Abstrichen die SPD wollen die Handelspartner zu hohen Umwelt- und Sozialstandards verpflichten, die FDP tritt eher für klassischen Freihandel ein.
Daneben dürfte sich die Europa-AG mit der Frage beschäftigen, wie sich Berlin künftig in den Rechtsstaatlichkeitskonflikten mit Ländern wie Polen und Ungarn positioniert. Viel spricht dafür, dass die drei möglichen Partner sich auf einen härteren Kurs verständigen. Kanzlerin Angela Merkel betont bis zuletzt die Notwendigkeit des Dialogs mit Warschau und Budapest und warnt vor Sanktionen.
Nicht zuletzt geht es in der Arbeitsgruppe um die europapolitischen Entscheidungsstrukturen innerhalb einer Ampel-Regierung. Die SPD dringt darauf, noch mehr Kompetenzen ins Bundeskanzleramt von Olaf Scholz zu ziehen. Das dürfte aber auf wenig Gegenliebe bei Grünen und Liberalen treffen, die um die eigenen Einflussmöglichkeiten fürchten (Europe.Table berichtete).
25.10.2021 – 13:30 Uhr, Brüssel
HBS, Vortrag European Mobility Atlas 2021 – European freight transport and green logistics
Die Veranstaltung der Heinrich Böll Stiftung zeigt die aktuellen Herausforderungen der Verbreitung grüner Logistik und nachhaltiger Formen des Güterverkehrs auf. Möglichkeiten für eine kohlenstofffreie Schifffahrt und für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors werden diskutiert. ANMELDUNG
25.10.-29.10.2021, online
Conference EU Sustainable Energy Week (EUSEW) 2021
The EU Sustainable Energy Week (EUSEW) is dedicated to the theme “Towards 2030: Reshaping the European Energy System”. The event is aimed at business representatives who promote energy efficiency and renewable energy. The aim is to share experiences and innovations that will help achieve the EU’s energy and climate goals. REGISTRATION
25.10.-29.10.2021, online
EU Science Hub, Conference Towards a Common European Green Deal data space for environment and sustainability
The EU Science Hub conference will provide a forum for stakeholders from government, academia and industry to discuss the latest developments of the INSPIRE Directive. Topics will include data, the Green Deal, Citizen Science, site interoperability, and the past, present and future of INSPIRE. INFOS & REGISTRATION
26.10.2021, Berlin
ZIA, Konferenz Innovationskongress
Der Kongress des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) dreht sich um die Themen Corona-Pandemie, Klimawandel, Strukturwandel in den Städten und die digitale Transformation der Immobilienbranche. ANMELDUNG
26.10.2021, online
BEUC, Presentation The AI Act: machine rule or consumer rules?
The European Consumer Organisation (BEUC) is holding a panel debate to discuss whether the AI Act proposed by the European Commission provides consumers the protections that they need. REGISTRATION
26.10.2021 – 09:00-13:30 Uhr, online
Friends of Europe, Presentation Climate and Energy Summit
The Climate and Energy Summit engages policymakers, scientists, business leaders, and civil society representatives to discuss the climate emergency, energy innovation, and the role Europe can play in advancing climate action. INFOS & REGISTRATION
26.10.2021 – 09:00-16:30 Uhr, Berlin/online
TÜV Verband, Presentation AI Forum
At the AI Forum experts will discuss security aspects of AI applications. The forum is organized by the AI Working Group of the German Federal Office for Information Security (BSI) and the TÜV Association in cooperation with Fraunhofer HHI. INFOS & REGISTRATION
26.10.2021 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV Rheinland, Seminar 5G als Treiber der Digitalen Revolution
Dr. Axel Schulz ist der Experte dieses TÜV Seminars und wird Einblicke geben in Access-Technologien, die Unterschiede der verschiedenen Mobilfunkgenerationen, die Merkmale der 5G-Technologie, sowie die Koexistenz von Maschinennetz und Mobilfunk. INFOS & ANMELDUNG
26.10.2021 – 15:30-17:00 Uhr, online
Discussion Rethinking Climate Change, Sustainability and Innovation: Discussing Academic and Policy Perspectives on the Upcoming Transformation
This event’s experts want to look at climate change in a multidisciplinary and interdisciplinary way in order to elaborate the challenges of climate change in research. In this way, new policy approaches will be provided to enable a successful climate policy. REGISTRATION UNTIL 21.10.2021
26.10.-27.10.2021, Berlin
VDMA, Konferenz 12. Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2021: Zukunft wartet nicht
Der Maschinenbau-Gipfel des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) behandelt die für den Maschinen- und Anlagenbau relevanten Themen internationaler Handel, Klimawandel und Digitalisierung. Die Referent:innen aus Industrie, Wissenschaft und Politik stellen Lösungsansätze, sowie aktuelle Herausforderungen dar. INFOS & ANMELDUNG
Das EU-Parlament hat den von ENVI- und AGRI-Ausschuss ausgehandelten Initiativbericht zur Farm-to-Fork-Strategie mit 452 zu 170 Stimmen bei 76 Enthaltungen angenommen. Damit stellt sich das Parlament mehrheitlich hinter die Strategie der Kommission, die zum Ziel hat, den Zugang zu gesunden Lebensmitteln mit möglichst geringem ökologischem Fußabdruck in der gesamten EU zu gewährleisten.
In dem Kompromiss fordert das Parlament die EU-Kommission auf, in einem Gesetzesvorschlag unter anderem folgende Punkte zu berücksichtigen:
Maria Noichl, agrarpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten im EP, lobte zwar, dass sich das Parlament hinter die Kommissionsstrategie stellt, hegte jedoch Zweifel an dessen Wirksamkeit. Es sei fraglich, “ob diese Ziele mit der schwachen Reform der EU-Agrarpolitik, die das Hauptinstrument zur Erfüllung der Farm-to-Fork-Strategie ist, zu erreichen sind”.
Christine Schneider, Berichterstatterin der EVP-Fraktion im Umweltausschuss, erklärte, dass sich zusätzlich zur Gesetzgebung der EU auch die Bürgerinnen und Bürger an einer nachhaltigen Lebensmittelkette beteiligen sollten. Der Verbraucher spiele eine Schlüsselrolle, “denn die Lebensmittelversorgung ist ein Kreislauf, den wir mit unserem Einkauf- und Konsumverhalten gestalten”.
Am Montag hatten die EU-Parlamentarier:innen über den Initiativbericht debattiert (Europe.Table berichtete), am Dienstag stimmten sie ab und am Mittwochmorgen wurde das Abstimmungsergebnis bekannt gegeben. luk
Eigentlich sollte die Kommission im Oktober einen delegierten Rechtsakt zur Taxonomie verabschieden. Doch nun wird die Entscheidung auf 2022 verschoben, wie die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness der Financial Times sagte.
Der Rechtsakt sollte endlich Klärung bringen in der Frage, welche Rolle Gas und Kernkraft beim Erreichen der EU-Klimaziele spielen. Sprich: Ob Gas und Kernkraft als “nachhaltig” eingestuft werden können. Insbesondere Frankreich drängt darauf, dass die Atomkraft in die Taxonomie aufgenommen wird (Europe.Table berichtete). Erst kürzlich hat Emmanuel Macron angekündigt, bis 2030 eine Milliarde Euro in die Kernkraft zu investieren (Europe.Table berichtete). Deutschland hingegen pocht insbesondere nach dem Abschluss von Nord Stream 2 auf die Inklusion von Gas.
“Es gibt keine einfache Lösung”, sagte McGuinness. “Technisch und politisch gehen die Meinungen stark auseinander.” Es stehe weiterhin offen, ob Gas und Atomkraft Eingang in die Taxonomie finden, so die Kommissarin. Sie brachte allerdings eine Kompromisslösung vor: Demnach denke die Kommission über ein gelbes Label für Technologien nach, die als Übergangslösung in der Energiewende eingesetzt werden. So würde man die Investoren nicht abschrecken.
Heute diskutieren die Staats-und Regierungschefs beim EU-Gipfel über die Energiekrise. Es ist zu erwarten, dass sowohl die Taxonomie als auch die Zukunft der Kernkraft thematisiert werden. Ein EU-Beamter betonte allerdings, “die Taxonomie liege in der Hand der Kommission”. Doch diese steht insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Gaspreise unter dem Druck der Mitgliedsstaaten. cwi
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, Russlands Wladimir Putin und Chinas Xi Jinping reisen voraussichtlich nicht persönlich zur diesjährigen Weltklimakonferenz (COP26) nach Glasgow. Auch die Zusage von Indiens Premierminister Narendra Modi steht noch aus. US-Präsident Joe Biden könnte aufgrund von innenpolitischen Querelen mit leeren Händen nach Glasgow kommen. Und so ist es an Europa, die weltweiten Ambitionen zum Klimaschutz in die richtigen Bahnen zu lenken.
Im Straßburger Plenum wurde am Mittwoch die Resolution des EU-Parlaments zur COP26 diskutiert. Wie üblich kamen auch Rat und Kommission zu Wort. Der slowenische Außenminister Anže Logar stellte die vier Hauptziele des Rates für den wichtigsten Klimagipfel seit Paris 2015 vor:
Die Gestaltung des globalen Kohlenstoffmarktes soll durch Artikel 6 des Pariser Abkommens geregelt werden. Dieser ist allerdings der einzige Artikel, über den es noch immer kein Übereinkommen der Länder gibt. Logar forderte deshalb, dass die EU sich dafür einsetzt, dass Artikel 6 eine robuste und solide Rechenschaftspflicht für den globalen Kohlenstoffmarkt schafft.
Grünen-Politiker Bas Eickhout aus den Niederlanden forderte die EU auf, sich in Glasgow für den globalen Kohleausstieg stark zu machen. Zudem kritisierte er Australien, wo noch immer massiv Kohle abgebaut wird. Das Land hat im Gegensatz zu allen anderen Industrienationen noch immer kein klares Klimaziel vorgebracht. Der CDU-Abgeordnete Peter Liese bezeichnete diese Tatsache als “schändlich”.
Liese griff zudem diejenigen MEPs an, die eine Rücknahme von Teilen des Fit-for-55-Pakets aufgrund der hohen Energiepreise forderten. Erneuerbare Energie und Energieeffizienz seien wie die Corona-Impfung: “Wenn wir investieren, sind wir immun gegen die hohen Preise fossiler Brennstoffe. Wenn die Krankheit schlimmer wird, darf man nicht aufhören, den Impfstoff zu produzieren, sondern muss schneller machen”, sagte er in seinem Bekenntnis zu den europäischen Ambitionen zum Klimaschutz. Die beiden Grünen Jutta Paulus und Michael Bloss forderten daher ein Ende der weltweiten staatlichen Subventionen für fossile Brennstoffe.
Die Abstimmung über die Resolution im EU-Parlament erfolgt am heutigen Donnerstag. luk
Der designierte neue rumänische Ministerpräsident Dacian Cioloș ist bei einem Vertrauensvotum im Parlament gescheitert. Seine zentristische Minderheitsregierung erhielt bei der Abstimmung in Bukarest am Mittwoch wie erwartet keine Mehrheit. Damit hält die politische Krise in dem EU-Staat an, der derzeit besonders hart von der Coronavirus-Pandemie betroffen ist.
Rumänien, eines der ärmsten Länder der Europäischen Union, hat seit dem 5. Oktober keine gewählte Regierung mehr, nachdem die liberal geführte Koalition vom Parlament gestürzt worden war. Präsident Klaus Iohannis müsste nach der Verfassung nun nach Beratungen mit den Parteien einen neuen Vorschlag für einen Auftrag zur Regierungsbildung unterbreiten. rtr
Die Betreiber von Strom- und Gasnetzen bekommen nach einer Entscheidung der Bundesnetzagentur ihre Investitionen künftig mit einem niedrigeren Zinssatz vergütet als bislang. Der Regulierer legte am Mittwoch die neuen Eigenkapitalzinssätze vor, die für die Betreiber von Gasnetzen im Jahr 2023 beginnt, und für Stromnetzbetreiber im Jahr 2024.
Für Betreiber von Strom- und Gasnetzen legte die Behörde einen Eigenkapitalzinssatz für Investitionen in Neuanlagen von 5,07 Prozent vor Körperschaftsteuer fest – nach derzeit 6,91 Prozent. Für Altanlagen gelte ein Zinssatz von 3,51 Prozent vor Körperschaftsteuer nach bisher 5,12 Prozent. Betroffen sind Hunderte Stadtwerke und Regionalversorger, aber auch Energieriesen wie E.ON und EnBW.
“Die gesunkenen Zinssätze spiegeln das geringere Zinsniveau an den Kapitalmärkten wider. Investitionen in die Netze bleiben dauerhaft attraktiv”, sagte Netzagentur-Präsident Jochen Homann. Die Renditen der Netzbetreiber würden von den Netznutzern bezahlt, also Verbrauchern, Industrie und Gewerbe. “Diese dürfen nicht unnötig belastet werden.” Die Netzbetreiber hatten vor zu hohen Kürzungen gewarnt und auf die Milliardensummen verwiesen, die im Zuge der Energiewende für den Netzausbau benötigt würden. rtr
Nach monatelanger Planung treffen sich nächste Woche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt in Glasgow zur UN-Klimakonferenz COP26. Schon im Vorfeld dieses Treffens gab es einige wichtige Signale von ehemals eher klimaskeptischen Ländern, wonach sie die globale Erwärmung nun ernster nehmen: Auf der UN-Generalversammlung beispielsweise versprach Xi Jinping, dass China keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland mehr finanzieren werde (Europe.Table berichtete), obwohl die Stromausfälle im Oktober Chinas Zeitplan für den Ausstieg aus der Kohleverbrennung im eigenen Land infrage gestellt haben.
Und nachdem sich der türkische Präsident verpflichtet hatte, das Pariser Abkommen zu ratifizieren, hat das Parlament dies im Oktober auch endlich getan. Zudem rückt die momentane Panik über die steigenden Gas-, Öl- und Strompreise – auch wenn sie nichts mit den Bemühungen um einen Kohleausstieg zu tun haben – die Notwendigkeit einer echten, nachhaltigen Energiesicherheit in den Mittelpunkt.
Die COP26 wird jedoch zwangsläufig enttäuschen, wenn es darum geht, klare Wege für die Emissionsreduzierungen zu finden, die laut dem sechsten Bericht des UN-Klimarats im nächsten Jahrzehnt erreicht werden müssen. Einer der Hauptgründe dafür: die USA. Zwar haben die Vereinigten Staaten unter der Biden-Regierung ein neues internationales Engagement an den Tag gelegt und andere Staaten aktiv dazu gedrängt, schneller aus der Kohle auszusteigen. Doch hat das Land selbst kein klares Programm, wie sie ihre eigene Wirtschaft umgestalten wollen. Um den geplanten Haushalt durch den Kongress zu bringen, scheint Biden in den vergangenen Wochen sogar die vorsichtigen Ambitionen in seinem Programm für saubere Energie zurückzuschrauben.
Warum also sollten andere Länder die Wettbewerbsfähigkeit ihrer nationalen Industrien riskieren, wenn die größten Klimasünder der Welt selbst nicht in die Offensive gehen?
Dies birgt die Gefahr, dass die Klimaschutzmaßnahmen nach COP26 wieder zurückgeschraubt werden. Und wenn sich die Aufregung um Glasgow gelegt hat, werden wir weiterhin unzureichenden Klimamaßnahmen gegenüberstehen. Dann werden wir aber auch wissen, dass die derzeitige globale Führung der Aufgabe nicht gewachsen ist, diese politischen und geopolitischen Herausforderungen zu bewältigen. Hier kann nun die EU ins Spiel kommen und die Vermittlerrolle für einen grünen “Grand Bargain” annehmen.
Die EU ist der erste globale Akteur, der konkrete Pläne zur Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 vorgelegt hat. Der Europäische Green Deal von 2020 und das “Fit for 55”-Paket aus diesem Jahr verleihen der EU diejenige Glaubwürdigkeit, die den USA fehlt.
Da die Europäische Union in diesem Übergangsprozess in ihrer Entwicklung weiter als viele andere ist, kann sie als fortschrittliche Wirtschaftsunion, moderner Exportmarkt und regulatorische Supermacht mit gutem Beispiel vorangehen, ihre Erfahrungen weitergeben und promoten. Ferner kann sie Ländern, die noch nicht so weit sind, geistiges Eigentum und Fachwissen über Infrastrukturen anbieten, das für den Abschied von der Kohle unerlässlich ist.
Sicher, die EU ist noch kein geopolitisches Schwergewicht auf dem Niveau der USA, die damit drohen kann, ihre wirtschaftliche Macht einzusetzen, um ihre Verhandlungsposition auf der Klimakonferenz zu stärken. Die Spaltungen und die Uneinigkeit innerhalb der EU sind nur zu gut bekannt – sowohl bei den Institutionen, die im Namen der EU an den Klimaverhandlungen teilnehmen, als auch bei den Regierungen der anderen Teilnehmerländer.
Die wahre europäische Klimamacht besteht vielmehr in der Fähigkeit, den Wandel durch Interaktion mit anderen Ländern herbeizuführen – sowohl mit solchen, die von der Notwendigkeit einer dringenden Umgestaltung ihrer Wirtschaft überzeugt sind, als auch mit denjenigen, bei denen dies weniger der Fall ist.
Durch Instrumente wie den CO2-Grenzausgleich (CBAM) kann die EU sicherstellen, dass die Handelspartner keine andere Wahl haben, als sich von kohlenstoffintensiver Produktion zu verabschieden, wenn sie in die EU exportieren wollen. Durch die Schaffung europäischer Kapazitäten und Innovationen im Bereich grüner Technologien und Sicherstellung von Lieferketten für die notwendigen Rohstoffe verhindert die EU, dass vor allem China die Entwicklung der für eine globale Revolution erforderlichen Technologien bestimmt.
Durch umweltfreundliche Finanzierungen und Mobilisierung von Investitionen in den Privatsektor erhalten Entwicklungsländer die Chance, ebenfalls von der grünen Revolution zu profitieren. Notwendig sind außerdem eine Neuausrichtung des Energiesicherheitskonzepts für saubere Energie und Ressourceneffizienz sowie Energiemarktreformen, die die Entwicklung des erneuerbaren Energiesektors effektiv fördern, um die steigende Nachfrage zu decken.
Die EU kann den COP-Vorsitz Großbritanniens, das COP-Sekretariat und andere führende Länder wie die USA dabei unterstützen, in Glasgow auf die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen zu pochen. Die europäische Klimapolitik wird jedoch erst nach der Abreise der Staats- und Regierungschefs zum Tragen kommen – indem sie ihre gesamte außenpolitische Klaviatur einsetzt, um die geopolitische Neuausrichtung der Welt weg vom Kohlenstoff zu unterstützen.
Facebook will seinen Namen ändern. Das als soziales Netzwerk bekannt gewordene Unternehmen möchte mit der Umbenennung den Fokus auf die virtuelle Welt namens “Metaverse” legen. Wie Facebook sich in Zukunft nennt, wurde bislang nicht öffentlich, soll aber schon Ende Oktober bekannt gegeben werden.
Ob sich nach dem Rebranding auch am Unternehmen etwas ändert? Zumindest wird Facebook versuchen, genau diesen Anschein zu erwecken. Doch nach den Negativschlagzeilen wird es schwer sein für den Konzern, sich von den schwerwiegenden Vorwürfen reinzuwaschen – etwa von denen der Whistleblowerin Frances Haugen. Und nun kommt eine weitere Schlagzeile hinzu: Facebook muss in Großbritannien 50,5 Millionen Pfund Strafe wegen des Giphy-Deals zahlen.
Es ist schwer vorstellbar, dass Facebook mit neuem Namen plötzlich geläutert daherkommt. Schließlich gilt bei den meisten Markenumbenennungen seit den 1990ern: “Aus Raider wird Twix, sonst ändert sich nix.”
Das soziale Netzwerk soll übrigens weiterhin den Namen Facebook tragen und nur noch ein Produkt unter vielen des Unternehmens sein. Das dürfte allerdings kaum jemanden interessieren. Wer ist schließlich noch bei Facebook? Lukas Scheid