Europa soll zum führenden Standort für klimafreundliche Technologien werden: Bis 2030 sollen 40 Prozent des jährlichen Einsatzes von Netto-Null-Technologien durch heimische Produktion gedeckt werden. Das ist das Ziel des Net-Zero Industrial Act (NZIA), den die Kommission nun vorgelegt hat. Der Rechtsakt ist das Herzstück von Europas Antwort auf den Inflation Reduction Act der USA. Allein: Die Reaktionen fallen verhalten aus. Aus Sicht der betroffenen Industrien gehen die Vorschläge in die richtige Richtung – eine ausreichende Antwort auf den IRA sehen sie darin aber nicht. Till Hoppe fasst die wichtigsten Punkte des NZIA und die Einschätzungen von Politik, Industrie und Umweltverbänden zusammen.
Mit einer Spotify-Playlist hat Binnenmarktkommissar Thierry Breton gestern bekannt gegeben, welche 16 Rohstoffe als strategisch wichtig für die EU gelten sollen. Mehr über Bretons Musikauswahl von David Guetta bis Nirvana erfahren Sie im Apéropa. Die Inhalte des Critical Raw Materials Act hat sich Leonie Düngefeld angeschaut und für ihre Analyse mit Expertinnen und Experten gesprochen. Vor allem die Stärkung des heimischen Bergbaus und die schwachen Vorgaben zum Aufbau der Kreislaufwirtschaft stehen in der Kritik.
Im Streit um E-Fuels wird mittlerweile wohl ein bisschen weniger gestritten: Kommissionsvize Frans Timmermans und Bundesverkehrsminister Volker Wissing sind sich offenbar einig, den Gesetzestext für die CO₂-Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus nicht mehr anzupacken. Das geht aus einem Schreiben des Verkehrsministeriums an das Büro von Timmermans hervor, das Table.Media vorliegt. Was sonst noch in dem Schreiben steht, lesen Sie in den News.
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Ein Streit um die Behandlung der Nuklearindustrie hätte den Zeitplan beinahe noch gesprengt. Mehrere Kommissare wehrten sich dagegen, bestimmte Technologien etwa für kleine modulare Reaktoren in den Net-Zero Industrial Act (NZIA) aufzunehmen. Am Ende begnügte sich unter anderem der österreichische Vertreter Johannes Hahn damit, seine Einwände zu Protokoll zu geben.
Die Kommission konnte es sich kaum erlauben, die Vorlage des NZIA zu verschieben. Schließlich soll der Rechtsakt das Herzstück der europäischen Antwort auf den US-Inflation Reduction Act sein (siehe auch der nachstehende Artikel in dieser Ausgabe). Mit dem NZIA hofft die Kommission, Europas Attraktivität für die Hersteller zu steigern.
In den adressierten Industrien und der Politik werden die Vorschläge verhalten aufgenommen. Der Plan sei in seiner jetzigen Form unzureichend, kritisierte Giles Dickson, CEO von des Verbandes Wind Europe. “Gut, wir wollen jedes Jahr 36 Gigawatt an Windturbinen in Europa errichten. Aber wie?” Die nationalen Regierungen verfügten über einen gewissen neuen Spielraum zur Unterstützung grüner Industrien, aber es sei unklar, wie sie ihn nutzen würden. Und die finanzielle Unterstützung durch die EU stehe auch noch aus.
Der Europäische Verband der Wärmepumpenhersteller (EHPA) bezeichnete das Produktionsziel von 40 Prozent als nicht ehrgeizig genug. Schon heute kämen 60 Prozent der in Europa verkauften Wärmepumpen aus hiesiger Produktion. Es sei aber löblich, dass die Kommission im NZIA auch das Problem des Fachkräftemangels angehen wolle. 2030 fehlten in dem Bereich voraussichtlich bis zu 500.000 Arbeitskräfte.
Auch Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, bezeichnete die Produktionsziele als zu gering. In der Solarindustrie seien mindestens 50 statt der angestrebten 30 Gigawatt nötig – “das sollte das absolute Minimum sein”.
Umweltschutzverbände kritisierten die beschleunigten Genehmigungsverfahren. Diese könnten auf Kosten der Umweltgesetzgebung gehen, sagte Diego Marin, Referent vom European Environmental Bureau. Das Ziel bestehe offenbar darin, die betroffenen Gemeinden unter Druck zu setzen, damit sie am Ende Ja sagen.
Ralph Brinkhaus, zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, lobte hingegen vor allem die Teile des Vorschlages, wo es um Beschleunigung von Genehmigungen und Verfahren gehe. Es bleibe in den Verhandlungen aber noch eine Menge auszubuchstabieren.
Die Staats- und Regierungschefs hatten die EU-Kommission im Dezember beauftragt, in aller Eile eine Antwort auf den Inflation Reduction Act zu erarbeiten. Das Subventionsprogramm der Biden-Administration für klimafreundliche Industrien hatte in Verbindung mit den hohen Energiepreisen in der Politik Ängste geschürt, Europa könnte beim erwarteten Boom der grünen Industrien das Nachsehen haben. Zudem ist im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine das Bewusstsein für die Verletzlichkeiten gestiegen, die Abhängigkeiten in wichtigen Sektoren wie Solar, Wind oder Energiespeichern von geopolitischen Rivalen wie China mit sich bringen.
Die Gegenstrategie der EU besteht im Kern aus drei Elementen:
Viele Ergebnisse liegen inzwischen vor. Am Freitag hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Teileinigung mit US-Präsident Joe Biden verkündet. Mit dem überarbeiteten temporären Beihilferahmen, dem Net-Zero Industrial Act, ihrer Strategie für die Wettbewerbsfähigkeit und der Mitteilung zum Binnenmarkt hat die Kommission nun die wesentlichen eigenen Vorschläge auf den Tisch gelegt. Im Sommer soll noch ein Finanzierungsvorschlag für einen neuen Europäischen Souveränitätsfonds folgen.
Das Ziel der Politik ist klar: “Wir wollen noch schneller und noch besser werden bei der Herstellung, Einführung und Anwendung grüner Zukunftstechnologien”, sagte Kanzler Olaf Scholz gestern im Bundestag. In der heimischen Industrie wird Europas Antwort auf den IRA aber zurückhaltend aufgenommen.
Die Vereinbarungen mit der US-Regierung zum IRA zu Elektroautos aus Europa reichen aus Sicht der Autohersteller noch nicht aus. “Es gibt weiter Handlungsbedarf”, sagte ein Sprecher des Branchenverbandes VDA. Bei den Exporten von CO₂-neutralen Fahrzeugen in die USA gebe es nur eine Teileinigung: Es sei zwar zu begrüßen, wenn aus Europa exportierte Fahrzeuge im Rahmen von Leasing-Modellen unter die Förderung des IRA fielen. Es würden aber eben nicht alle Fahrzeuge erfasst.
Für Fahrzeuge, die in den USA verkauft werden sollten, gelte weiterhin die Voraussetzung für die Förderung, dass sie letztlich in einer Fabrik in den USA fertiggestellt werden müssen. Diese “final assembly”-Klausel diskriminiere Exporte aus Deutschland und Europa und schwäche den Standort, so der VDA.
Das geplante Abkommen mit den USA im Bereich der kritischen Mineralien sei ein “positives Signal”, aber noch kein “Gamechanger”, so der Verband weiter. Selbst mit der erzielten Einigung können europäische Hersteller allenfalls von der einen Hälfte der Steuergutschrift profitieren, für die unter anderem das Bestehen eines Freihandelsabkommens Voraussetzung ist. Zudem solle das Abkommen nur für kritische Rohstoffe in der Fahrzeugbatterie gelten, die in der EU gewonnen oder verarbeitet werden. Der Recyclingbereich, in dem Europa stärker vertreten ist, bleibe aber außen vor.
Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte vergangene Woche Änderungen am temporären Beihilferahmen vorgelegt, der den Regierungen in der aktuellen Krise mehr Spielraum für staatliche Hilfen lässt. Hauptziel sei, die Prüfung der beantragten Hilfen zu beschleunigen, sagte Vestager – die Unternehmen sollten “ein schnelles Ja oder ein schnelles Nein bekommen”.
Der Autohersteller VW lobte, die Anpassungen seien ein “richtiger erster Schritt”. Zwar würden damit noch keine zusätzlichen EU-Fördermittel mobilisiert. Die Mitgliedstaaten könnten aber befristet bis Ende 2025 eigene Förderprogramme entwickeln und sich von der Kommission genehmigen lassen, um zu verhindern, dass wichtige Investitionsvorhaben aus der EU abwandern.
Etliche Prüfkriterien sowie die Voraussetzung, dass ein Projekt in strukturschwachen Regionen angesiedelt werden müsste, machten die Verfahren aber komplizierter als in den USA. Beim reinen Niveau der Förderung sei die EU damit jedoch “auf Augenhöhe” mit den Vereinigten Staaten.
Der Photovoltaik-Hersteller Meyer Burger wertet den Beihilferahmen als “notwendigen ersten Schritt für die Renaissance der Solarindustrie in Europa”. Die Bundesregierung sei jetzt gefragt, den Rahmen zu füllen, sagte ein Sprecher. Die Industrie braucht konkrete Aussagen in den nächsten drei Monaten, um mit Investitionsplanungen für neue Werke starten zu können.
Die Reaktionen auf den Net-Zero Industry Act fallen gemischt aus. Die Zielvorgabe, bis 2030 insgesamt 40 Prozent des Bedarfs an klimafreundlichen Technologien in Europa herzustellen, wird in Industriekreisen als “planwirtschaftliches Ziel” gewertet, das “auf dem Friedhof der vielen anderen Ziele landen wird, die die EU sich setzt, aber nie erreichen wird”. Auch die Pflicht zur Verfahrensbeschleunigung sei “ein Witz”.
Der NZIA zielt im Kern darauf, die Genehmigungsverfahren für neue Produktionsstätten in den Clean-Tech-Sektoren zu verkürzen und bei einer Behörde zu bündeln. DIHK-Präsident Peter Adrian lobte hingegen, dies sei “ein effektiver Schritt für einen schnelleren Ausbau der Branche”. Die Maßnahmen sollten “allerdings für alle Wirtschaftsbereiche eingeführt werden; Unternehmen fordern dies seit Jahren”.
Andere Wirtschaftsvertreter fordern die Kommission ebenfalls auf, hier nicht stehen zu bleiben. Die EU müsse “dringend das regulatorische Umfeld für private Investitionen verbessern“, forderte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Zahlreiche neue EU-Initiativen wie die Revision der Industrieemissionsrichtlinie, der Data Act oder das Lieferkettengesetz erschwerten aber die unternehmerische Entfaltung.
Der von Kommissionspräsidentin von der Leyen angekündigte Wettbewerbsfähigkeits-Check für neue Gesetze müsse zügig in die Tat umgesetzt und überbordende Berichtspflichten konsequent abgebaut werden. Markus Grabitz, Till Hoppe und Lukas Scheid
“Nach 18 Monaten Arbeit heißt es: Vorbei mit der Naivität, jetzt ist Handeln angesagt”, sagte Binnenmarktkommissar Thierry Breton gestern Mittag, als er gemeinsam mit Handelskommissar Valdis Dombrovskis den Critical Raw Materials Act vorstellte. Europe.Table hatte vergangene Woche bereits über die Inhalte des geleakten Entwurfs berichtet.
Breton bezog sich damit auf das enorme Tempo, mit dem die DG GROW das Gesetzespaket (bestehend aus einer Verordnung und einer Mitteilung) erarbeitet hat – und auf die bislang wenig aktive Rolle der EU in der Rohstoffpolitik. Benchmarks für heimischen Bergbau (10 Prozent des jährlichen Bedarfs bis 2030), Verarbeitung (40 Prozent) und Recycling (15 Prozent) sowie eine Obergrenze für die Abhängigkeit von einzelnen Drittstaaten (65 Prozent) sollen nun den Aufbau von Wertschöpfungsketten in Europa ankurbeln.
Die bisherige Liste von 30 kritischen Rohstoffen erweitert die Kommission auf 34, wobei ein besonderer Fokus auf eine kleinere Gruppe gelegt wird. 16 Rohstoffe werden im Entwurf – aufgrund ihrer strategischen Bedeutung, des Verhältnisses von zukünftiger Nachfrage zur aktuellen weltweiten Produktion sowie der Schwierigkeiten in ihrer Produktionssteigerung – als strategisch bezeichnet; für sie sollen die konkreten Benchmarks für Produktionskapazitäten innerhalb der EU und für die Importdiversifizierung gelten:
Als “kritisch” stuft die Kommission diese und 18 weitere Rohstoffe (darunter Bauxit, Hafnium, Helium und weitere Seltene Erden) ein, die bestimmte Schwellenwerte für ihre wirtschaftliche Bedeutung und ihr Versorgungsrisiko überschreiten. Für sie gelten die Ziele, das Versorgungsrisiko zu überwachen und zu mindern sowie ihren freien Verkehr im EU-Binnenmarkt zu gewährleisten und dabei ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen.
Die grundsätzlichen Linien des Entwurfs waren erwartbar: Europa kann sich die “not in my backyard”-Mentalität nicht länger leisten und muss die eigenen Rohstoffvorkommen stärker erschließen. Dafür sieht der Entwurf allerhand Maßnahmen vor: Vorkommen explorieren, Daten koordinieren und teilen, Genehmigungsverfahren beschleunigen.
Ein Paradigmenwechsel ganz im Sinne der Bergbauindustrie: “Das Rohstoffpotenzial der EU ist beträchtlich, aber wir brauchen effizientere Genehmigungen, um den Schatz der EU zu heben – ein Thema, das im CRM-Gesetz aufgegriffen wird”, sagt Rolf Kuby, Hauptgeschäftsführer des Verbands Euromines.
Als “strategisch” gekennzeichnete Rohstoffprojekte sollen im “öffentlichen Interesse” stehen, da sie zur Versorgungssicherheit beitragen. Das bedeutet: Sie könnten auch in Natura 2000-Schutzgebieten (zur Erhaltung gefährdeter Lebensräume und Arten) genehmigt werden und eine Verschlechterung der Qualität von Oberflächengewässern rechtfertigen.
Tobias Kind-Rieper, Rohstoffexperte beim WWF, warnt vor einer Aufweichung wichtiger Umweltgesetzgebung: “Wenn Bergbauprojekte als öffentliches Interesse über das Umweltrecht gestellt werden, könnte das dramatische Auswirkungen auf Schutzgebiete und auf Biodiversitäts-Hotspots in Europa haben, etwa in Portugal und Schweden”.
Viele Rohstoffvorkommen in Europa befinden sich in Natura 2000-Schutzgebieten oder in deren Nähe. Deshalb macht er auch klar: Ohne Bergbauprojekte in solchen Schutzgebieten kann das Ziel, 10 Prozent des Rohstoffbedarfs aus heimischem Bergbau zu generieren, wahrscheinlich nicht erreicht werden.
Der größte Teil der Rohstoffe wird auch weiterhin aus Drittstaaten kommen. Hier setzt die Kommission auf bereits beschlossene Strategische Partnerschaften (Kanada, Ukraine, Kasachstan, Namibia) sowie auf Freihandelsabkommen mit Kapiteln über kritische Rohstoffe (Neuseeland, Chile, Australien). Ein globaler Critical Raw Materials Club soll darüber hinaus gleichgesinnte Partner vereinen.
Ein starker Fokus liegt auf der Minderung der Versorgungsrisiken, welche die Kommission anhand von Stresstests der einzelnen Lieferketten, strategischen Reserven in den Mitgliedstaaten und einer Plattform für die gemeinsame Beschaffung einzelner Rohstoffe erreichen will. Sie schlägt keine europäische Rohstoffagentur nach dem Modell der japanischen JOGMEC vor, wie etwa Deutschland und Frankreich vorgeschlagen hatten, sondern ein Critical Raw Materials Board mit Vertretern aus den Mitgliedstaaten, das der Kommission unter anderem in der Auswahl der strategischen Projekte beratend zur Seite steht.
Statt einen Rohstofffonds einzurichten, verweist die Kommission neben privaten auf öffentliche Mittel aus dem EU-Beihilferahmen, dem Invest-EU-Programm und von der Europäischen Investitionsbank (EIB).
Kritik gab es vor allem für die Vorgaben zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft: Zwar bestehe das Ziel, bis 2030 mindestens 15 Prozent des EU-Bedarfs an strategischen Rohstoffen mit hiesigen Recyclingkapazitäten zu decken. Die Vorgaben für die Mitgliedstaaten lauten jedoch lediglich, Sammlung und Recycling zu stärken und beinhalten keine konkreten Zielwerte.
Beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft lasse die EU die Mitgliedstaaten zu sehr an der langen Leine und gefährde damit auch die Integrität des Binnenmarkts, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). “Wir brauchen einen EU-weiten, einheitlichen Markt für Sekundärrohstoffe. Sonst wird das Ziel, europaweit 15 Prozent an kritischen Rohstoffen bis 2030 aus Recycling zu gewinnen, konterkariert und es droht ein großer Flickenteppich”, sagte er.
“Bei wichtigen Themen wie dem Recycling sind nur unpräzise Wünsche an die Mitgliedstaaten formuliert”, sagte auch Michael Reckordt, Referent für Rohstoffpolitik bei der NGO Powershift. Wirklich konkret werde der Entwurf nur in Bezug auf Permanentmagnete. “Es ist gut, dass sich in diesem Bereich etwas tut, aber das betrifft nur eine kleine Menge an Rohstoffen und nur ein einziges Produkt.”
Auch für weitere Produkte müssten dringend EU-weit verbindliche Recycling- und Rezyklateinsatzquoten festgelegt werden. Zudem fehlten Maßnahmen, um auch die Nachfrage nach Primärrohstoffen zu reduzieren.
Allerdings müsse man solche Ziele differenzierter formulieren, hieß es aus verschiedenen Quellen. Im Bereich der E-Fahrzeuge etwa sei bereits das Ziel von 15 Prozent Sekundärrohstoffen bis 2030 auf keinen Fall erreichbar, da die Lebensdauer der Batterien mindestens 15 Jahre betrage, sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller.
Genehmigungsverfahren für Bergbau-, Raffinerie- und Recyclingprojekte will die Kommission drastisch beschleunigen: Projekte, die von der Kommission und dem Critical Raw Materials Board als strategisch gelabelt wurden, sollen den Status höchster nationaler Bedeutung erhalten und von den Behörden schnellstmöglich bearbeitet werden. So sollen etwa die Genehmigungsverfahren für neue Bergbauprojekte nicht länger als 24 Monate dauern, für Verarbeitungs- und Recyclingprojekte sogar nur 12 Monate.
Hildegard Bentele (CDU) unterstreicht die Bedeutung schneller Genehmigungsverfahren als wichtigen Standortfaktor: Sie könnten “wesentlich dazu beitragen, dass wettbewerbsfähige Industrie und deren Arbeitsplätze in Europa bleiben“, sagt die Europaabgeordnete. “Die EU-Mitgliedstaaten müssen hier dringend ihren Beitrag leisten. Es ist gut, dass wir nun auch im Bergbau zu konkreten Fortschritten kommen werden.”
In Deutschland sind die Landesbergämter für die Verfahren zuständig. Bernhard Cramer, Oberberghauptmann in Sachsen, hält die Ziele in seinem Bundesland aktuell für nicht umsetzbar: “Von der Verfahrenseröffnung bis zur Zulassung benötigen Genehmigungsverfahren für bergbauliche Vorhaben im Bereich unserer Zuständigkeit derzeit zwischen drei und fünf Jahren“, sagte er.
Nicht eingerechnet sei darin der Zeitraum der Antragsvorbereitung vom Scoping bis zur Antragstellung, der noch mal etwa zwei Jahre dauere. “Diese Erfahrungswerte gelten allerdings nur dann, wenn es in der Vorbereitung und im Verfahren keine zusätzlichen Verzögerungen gibt.”
Die im Bundeswirtschaftsministerium zuständige Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner lobte den Entwurf: “Der Vorschlag der Kommission greift viele der deutsch-französischen Positionen auf, die wir der EU im Vorfeld übermittelt hatten.” Erfreulich sei zudem, dass die Kommission auch etliche Ansätze der deutschen Eckpunkte aufgreife. “Das gibt Rückenwind für unsere nationalen Anstrengungen“, sagte sie.
Präsident Emmanuel Macron hatte in einer Beratung mit seinen Ministern im Élysée-Palast die Entscheidung für diesen Sonderweg getroffen, der vorsieht, ein Gesetzesprojekt ohne Abstimmung im Parlament durchzusetzen. In der Beratung ging es nicht nur um die Erhöhung des offiziellen Rentenalters von 62 auf 64 Jahre, sondern vor allem auch um den zukünftigen Handlungsspielraum des Präsidenten.
Laut Umfragen sind 70 Prozent aller Franzosen gegen die Reform. Alle Gewerkschaften stimmten sich ab, was schon seit Jahren nicht mehr der Fall war und hatten schon vor Wochen zum Streik aufgerufen. Die Pariser Straßen waren voller Müll, viele Züge im ganzen Land fielen aus, Raffinerien wurden blockiert und Kraftwerke bestreikt. Demonstranten protestierten mehrmals im ganzen Land in den letzten Wochen gegen die Rentenreform. Am Donnerstag stimmte der Senat mit großer Mehrheit (193 zu 114 Stimmen) dafür, am Nachmittag war die Abstimmung in der Nationalversammlung geplant. Es stand viel auf dem Spiel.
Der Vermittlungsausschuss von Senat und Nationalversammlung hatte am Mittwoch einen Kompromiss zwischen den Kammern beschlossen, deshalb hoffte Macron bis zuletzt darauf, dass die konservativen Republikaner ihm in der Nationalversammlung zu einer Mehrheit für die Reform verhelfen würden. So schnell wie möglich wollte er die Reform durchwinken, damit wieder Ruhe einkehrt. Es handelt sich ohnehin nur noch um eine abgespeckte Reform im Vergleich zu den großen Plänen, die er noch vor einigen Jahren hatte.
Für den Tag der Entscheidung zeichneten sich mehrere Szenarien ab. Eine Abstimmung für das Gesetz, eine Abstimmung dagegen oder der Verfassungsparagraf 49.3. Sollten zu viele Republikaner abspringen, war nicht sicher, ob die Reform durchkommt. Mit der Entscheidung, das Projekt ohne Wahl durchzuboxen, steht nun für Kritiker und Oppositionspolitiker von rechts und links, darunter Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon, die demokratische Legitimität infrage.
Macron drohte als letztes Mittel an, die Nationalversammlung bei einer Niederlage aufzulösen. Die Macht dazu hat er laut Verfassung. Damit wollte er vor allem Druck auf die Republikaner ausüben. Sollte neu gewählt werden, wären viele ihrer Sitze in Gefahr gewesen. Aber auch Macrons Partei Renaissance hätte nur verlieren können. Schließlich ging er auf Nummer sicher. Er zog den Joker – die Annahme des Gesetzes ohne Abstimmung mit dem Verfassungsparagrafen 49.3.
Damit hat er seine Position geschwächt. Wurde Macron schon vorher heftig kritisiert, hat er nun bei vielen Franzosen alle Sympathie verspielt. Bereits kurz nach dem Auftritt von Élisabeth Borne setzte sich eine protestierende Gruppe von jungen Leuten von der Sorbonne Richtung Nationalversammlung in Bewegung. Egal, was im Parlament geschieht, “die Straße kann es rückgängig machen und wird es auch”, sagten Anhänger von Jugendorganisationen bei dem Protest.
Schon vor der Verkündung der Entscheidung in der Nationalversammlung hatte Gewerkschaftschef Philippe Martinez von der CGT weitere Streiks angekündigt: “Ein Gesetz, das angenommen wurde, ist noch kein Gesetz, das angewendet wird”, sagte er. Auch Laurent Berger, Chef der gemäßigten CFDT, betonte, in jeden Fall werde man nicht sofort auf den “Stoppknopf” drücken.
Auch in den Oppositionsparteien regt sich Widerstand. Gegner von rechts und links wollen einen Antrag der Ablehnung oder einen Misstrauensantrag gegen die Regierung einbringen, allen voran Marine Le Pen von der rechtsextremen Partei Rassemblement National. Sie sprach von einer “politischen Krise” und “einer totalen Niederlage für Macron”.
Die Opposition hat nun 24 Stunden Zeit, um den Misstrauensantrag zu stellen. Kommenden Montag könnte schon darüber abgestimmt werden. Es ist aber nicht sehr wahrscheinlich, dass genug Stimmen dafür zusammenkommen, um den Antrag durchzubringen.
20.03.-21.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Gedankenaustausch mit Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis im Rahmen des strukturierten Dialogs, Stand der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA, Stand der laufenden Trilog-Verhandlungen. Vorläufige Tagesordnung
20.03.-21.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
Themen: Berichtsentwurf zum neuen europäischen Rahmen für urbane Mobilität, Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines europäischen Verkehrswesens, das den Bedürfnissen von Frauen gerecht wird, Entwurf einer Stellungnahme zu großen Transportinfrastrukturvorhaben in der EU, Entwurf einer Stellungnahme zu Luftqualität und saubere Luft für Europa. Vorläufige Tagesordnung
20.03.-21.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Öffentliche Anhörung mit Christine Lagarde (Vorsitzende des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken), Berichtsentwurf zu den Lehren aus den Pandora-Papieren und anderen Enthüllungen, Berichtsentwurf zur Finanztätigkeit der Europäischen Investitionsbank. Vorläufige Tagesordnung
20.03.2023
Geberkonferenz der Europäischen Kommission und der schwedischen Ratspräsidentschaft für die Opfer der Erdbeben in der Türkei und Syrien
Themen: Zur Unterstützung der vom Erdbeben betroffenen Bevölkerung in der Türkei und Syrien organisieren die Europäische Kommission und der schwedische Ratsvorsitz in Abstimmung mit den türkischen Behörden eine Geberkonferenz in Brüssel. Infos
20.03.2023 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Landwirtschaft und Fischerei
Themen: Gedankenaustausch zur Marktsituation (insbesondere nach dem Einmarsch in die Ukraine), Gedankenaustausch zu handelsbezogenen landwirtschaftlichen Fragen, Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (land- und forstwirtschaftliche Aspekte). Vorläufige Tagesordnung
20.03.2023 – 10:45 Uhr
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch über die russische Aggression gegen die Ukraine, Gedankenaustausch zu Tunesien, Gedankenaustausch zur EU-Unterstützung für die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
21.03.2023 – 09:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
Themen: Verbot von Produkten auf dem Unionsmarkt, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, nachhaltige Nutzung von Pflanzenschutzmitteln. Vorläufige Tagesordnung
21.03.2023 – 09:30-13:00 Uhr
Sitzung des Sonderausschusses zu Einflussnahme aus dem Ausland und Desinformation und für mehr Integrität im EP (ING2)
Themen: Berichtsentwurf zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der EU (einschließlich Desinformation). Vorläufige Tagesordnung
21.03.2023 – 09:30 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zur Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 23./24. März 2023, Beschlüsse zu den Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, verschiedene Aspekte des Europäischen Semester 2023. Vorläufige Tagesordnung
21.03.2023 – 13:00-14:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Gedankenaustausch mit Borjana Krišto (Vorsitzende des Ministerrats von Bosnien und Herzegowina). Vorläufige Tagesordnung
22.03.-23.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Berichtsentwurf zur Umsetzung der zivilen GSVP und sonstigen die zivile Sicherheit betreffende Unterstützung durch die EU, Entwurf einer Stellungnahme zur Umsetzung von Passerelle-Klauseln in den EU-Verträgen, Gedankenaustausch mit Josep Borrell (Hoher Vertreter/Vizepräsident) zur einjährigen Annahme des strategischen Kompasses, Bericht 2022 der Kommission über Nordmazedonien. Vorläufige Tagesordnung
22.03.-23.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Einrichtung des Instruments zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung, Entlastung des Gesamthaushaltsplans 2021 der EU. Vorläufige Tagesordnung
22.03.-23.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Gedankenaustausch mit Helena Dalli (Kommissarin für Gleichstellung), Gedankenaustausch mit Nicolas Schmit (Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte). Vorläufige Tagesordnung
22.03.-23.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Berichtsentwurf zur Luftqualität und sauberen Luft für Europa, Strukturierter Dialog mit Virginijus Sinkevičius (EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei). Vorläufige Tagesordnung
22.03.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Paket für Verbraucherinnen und Verbraucher (Gesetzesvorschläge zu umweltbezogenen Angaben auf Produkten und zum sogenannten “Recht auf Reparatur”). Vorläufige Tagesordnung
22.03.2023
Dreigliedriger Sozialgipfel
Themen: Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen (Gewährleistung des notwendigen wettbewerbsorientierten Wandels in allen Industriesektoren und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden und gerechten Übergangs), Qualifikationsagenda (Mobilisierung des Europäischen Jahres der Kompetenzen, um Einstellungsprobleme anzugehen und die Lücke beim Zugang zu Qualifikationen und Qualifizierungsmaßnahmen zu schließen), den Binnenmarkt widerstandsfähiger machen und eine ehrgeizige Handelsagenda verfolgen, Bewertung der Auswirkungen des Krieges auf die aktuelle sozioökonomische Lage. Infos
22.03.2023 – 11:30-12:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE) und des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Berichtsentwurf zur Umsetzung und Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG). Vorläufige Tagesordnung
23.03.-24.03.2023
Europäischer Rat
Themen: Ukraine, Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt und Wirtschaft), Energie. Vorläufige Tagesordnung
24.03.2023
Euro-Gipfel
Themen: Die EU-Führungsspitzen kommen zu Beratungen zusammen. Infos
Kommissionsvize Frans Timmermans und Verkehrsminister Volker Wissing sind sich offenbar einig, im Streit um E-Fuels den Gesetzestext für die CO₂-Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus nicht mehr anzupacken. Dies geht aus einem Schreiben des Verkehrsministeriums an das Büro von Timmermans hervor, das Table.Media vorliegt.
“Es gilt, die historische Einigung der beiden Gesetzgeber zu respektieren”, betonte Timmermans gestern. Daher gehe es nun um eine Interpretation der Passage im Gesetzestext, die sich mit der zukünftigen Verwendung von E-Fuels beschäftige. “Da bin ich zuversichtlich, dass wir eine Interpretation finden, die für die deutschen Behörden zufriedenstellend ist.”
Timmermans Büroleiter Diederik Samsom führt die Verhandlungen mit Christoph Burmeister, dem Leiter des Ministerbüros von Wissing. Den Stand der Verhandlungen gibt ein Brief wieder, den Burmeister am Mittwoch an Samsom geschrieben hat. “Wir begrüßen Ihren Vorschlag, zeitnah eine eigene Fahrzeugkategorie e-Fuels-only-Fahrzeuge zu schaffen”, schreibt Burmeister: Jetzt gelte es, den Rechtsrahmen dafür zu schaffen.
Der Büroleiter skizziert dann drei Punkte für die Umsetzung:
Burmeister schreibt weiter: Angesichts des hohen Zeitdrucks halte es die FDP für notwendig, eine bestehende Rechtsgrundlage zu nutzen, etwa die Euro-6-Gesetzgebung, die den Schadstoffausstoß regelt. Man sei aber auch offen für einen Gegenvorschlag aus Brüssel. Einzige Bedingung: Der Rechtsakt müsse schon abgeschlossen sein, das heißt, er dürfe nicht mehr zwischen Parlament und Rat verhandelt werden müssen. mgr/luk
Die EU-Umweltminister haben sich am gestrigen Donnerstag in Brüssel darauf geeinigt, eine Ausnahme für extensive landwirtschaftliche Betriebe von den verschärften Vorschriften der Richtlinie über Industrieemissionen (IED) anzustreben.
Wie erwartet änderten die EU-Umweltminister den Kommissionsvorschlag dahingehend ab, dass der Geltungsbereich der Richtlinie auf Intensivtierhaltungsbetriebe mit mehr als 350 Großvieheinheiten (GVE) bei Rindern und Schweinen, 280 GVE bei Geflügel und 350 GVE bei gemischten Betrieben ausgeweitet wird. Extensive Betriebe wären davon ausgenommen. Die neuen Vorschriften würden schrittweise angewandt, beginnend mit den größten Betrieben.
Die Mitgliedstaaten haben außerdem eine Ausnahmeregelung von den Emissionsgrenzwerten im Zusammenhang mit den “besten verfügbaren Techniken” (BVT) für den Fall einer Krise eingeführt, die zu einer schwerwiegenden Unterbrechung oder Verknappung der Versorgung führt, allerdings unter strengen Auflagen.
Da der Rat nun eine allgemeine Ausrichtung festgelegt hat, können die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament beginnen, sobald dieses seine Verhandlungsposition festgelegt hat.
Die EU-Umweltminister führten außerdem eine sogenannte Orientierungsaussprache über einen Vorschlag zur Schaffung eines EU-Zertifizierungsrahmens für den Kohlenstoffabbau. Ziel der Aussprache war es, Leitlinien für die künftige Arbeit im Rat zu diesem Vorschlag zu erarbeiten. Die Minister sprachen darüber, wie ein EU-Zertifizierungsrahmen dazu beitragen kann, den Kohlenstoffabbau in der EU als Ergänzung zu den anhaltenden Bemühungen um eine Emissionsreduzierung zu steigern.
Die Minister führten auch eine Grundsatzdebatte über die vorgeschlagene Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften über Verpackungen und Verpackungsabfälle. Der Vorschlag zielt darauf ab, die bestehenden Vorschriften zur Vermeidung, Verringerung und Verwertung von Verpackungen und Verpackungsabfällen zu verschärfen. Unter anderem wird vorgeschlagen, den Verpackungsabfall bis 2040 pro Mitgliedstaat und pro Kopf um 15 Prozent zu reduzieren und alle auf dem EU-Markt befindlichen Verpackungen bis 2030 auf wirtschaftlich vertretbare Weise wiederverwertbar zu machen. cst
Als erste Aktivität der Wasserstoffbank ist im Herbst eine Auktion geplant. Produzenten von grünem Wasserstoff, die sich dabei durchsetzen, sollen für die Dauer von zehn Jahren eine garantierte Subvention pro Kilogramm grünen Wasserstoff erhalten. Für die erste Auktion stehen Mittel von 800 Millionen Euro zur Verfügung. Dies sieht die Kommunikation zur Wasserstoffbank vor, die die Kommission am Donnerstag beschlossen hat.
Aufgabe der Bank ist, bis 2030 die großen Preisunterschiede zwischen grünem Wasserstoff und fossilen Energieträgern abzufedern. Die Wasserstoffbank soll sowohl den Aufbau der heimischen Produktion fördern, als auch den Import aus EU-Partnerländern unterstützen. Es geht darum, privates Kapital zu mobilisieren für die Technologie, indem die Anbieter von grünem Wasserstoff mit den künftigen Nutzern zusammengebracht werden.
Geplant ist, dass die Wasserstoffbank nach der ersten Versteigerung im Herbst eine ständige Auktions-Plattform aufbaut, über die je nach Bedarf der Mitgliedstaaten weitere Versteigerungen stattfinden können. Die Mittel für die Subventionierung des grünen Wasserstoffs kommen aus dem Innovationsfonds.
Nach ähnlichem Muster soll die Wasserstoffbank auch den Import von grünem Wasserstoff in die EU fördern. Vorgesehen ist auch hier ein Auktionssystem, das Lieferanten aus Drittländern identifiziert. Sie bekommen einen festgelegten Zuschuss aus EU-Mitteln für die Bereitstellung von grünem Wasserstoff. Im Auftrag der EU hat die Kommission bereits Absichtserklärungen und Partnerschaften mit mehreren Nicht-EU-Ländern abgeschlossen, wie etwa Ägypten, Ukraine, Japan, Kasachstan, Marokko und Namibia.
Zum Aufbau der Wasserstoffbank will die Kommission keine neuen Finanzmittel auflegen. Vielmehr will sie bestehende Töpfe nutzen. Für die Aktivitäten der Bank auf dem Gebiet der EU soll das Geld von Invest EU kommen, aus Strukturfonds sowie dem Innovationsfonds. Die Mittel zur Subventionierung des Geschäfts mit Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern will die Kommission über Vorzugsdarlehen, gemischte Finanzierungen und Garantien bereitstellen.
Erst vor wenigen Monaten sind die ersten finalen Investitionsentscheidungen für die industrielle Produktion von grünem Wasserstoff in Europa gefallen. Ziel der EU ist, bis 2030 jährlich 20 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff in der Union zur Verfügung zu haben. Eine Hälfte soll in der EU hergestellt, die andere Hälfte soll importiert werden. mgr
Die Euro-Währungshüter stemmen sich mit der sechsten Zinserhöhung in Folge gegen die nach wie vor hohe Teuerung im gemeinsamen Währungsraum. Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt den Leitzins erneut um 0,50 Prozentpunkte auf nun 3,5 Prozent an. Das beschloss der Rat der Notenbank am Donnerstag in Frankfurt.
Viele Volkswirte hatten damit gerechnet, dass die EZB an dem in Aussicht gestellten kräftigen Zinsschritt festhält, trotz der Unsicherheit im Bankensektor nach dem Kollaps mehrerer kleinerer US-Banken und Sorgen um die Schweizer Großbank Credit Suisse. Die EZB betonte: “Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig: Kapital- und Liquiditätspositionen sind solide.”
Die Notenbank strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt. Zwar hat sich die Inflation in den vergangenen Monaten tendenziell abgeschwächt, zuletzt aber nur langsam. Im Februar lag die Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum nach einer Schätzung der europäischen Statistikbehörde Eurostat bei 8,5 Prozent nach 8,6 Prozent im Januar.
Experten halten eine weltweite Finanzkrise wie nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank vor rund 15 Jahren aktuell für unwahrscheinlich. Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte, das deutsche Kreditwesen – private Banken, Sparkassen, genossenschaftliche Institute – sei stabil.
Der sogenannte Einlagensatz, den Kreditinstitute erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, steigt nach der Entscheidung des EZB-Rates vom Donnerstag auf 3,00 Prozent. dpa
Das EU-Parlament hat am Donnerstag das Verhandlungsmandat für Gespräche mit den EU-Mitgliedstaaten zur Überarbeitung der neuen eID-Richtlinie bestätigt. 418 Abgeordnete stimmten für den Entwurf von Berichterstatterin Romana Jerković (S&D). Es gab 103 Gegenstimmen und 24 Enthaltungen.
Die europäische digitale Identität (eID) soll es Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich online über eine persönliche digitale Brieftasche (personal digital wallet) zu identifizieren und zu authentifizieren. Sie kann nicht nur den Personalausweis ersetzen, sondern auch Führerschein, Zeugnisse, Abschlüsse oder Gesundheitsdaten enthalten. Dabei müssen Bürgerinnen und Bürger künftig nicht mehr auf kommerzielle Anbieter zurückgreifen.
Sie können die Wallet sowohl für öffentliche als auch private Online- und Offline-Dienste in der gesamten EU verwenden, wobei die Verwendung freiwillig ist. Das war vielen Abgeordneten wichtig. Wer die Wallet nicht nutzen will, soll keine Nachteile erfahren.
Nach der Billigung des Plenums können die Verhandlungen mit dem Rat umgehend beginnen. Der Standpunkt des Parlaments wird sich auf die im Februar im Industrieausschuss (ITRE) angenommenen Änderungen stützen. Der Rat hat sein Verhandlungsmandat bereits im Dezember 2022 erlangt.
“Obwohl die eID ein wichtiges Instrument zur Modernisierung und Digitalisierung Europas sein kann, war der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission problematisch und hätte die Selbstbestimmung der Nutzer über ihre persönlichen Daten unnötig eingeschränkt“, kommentierte Patrick Breyer (Grüne/EFA).
Er hat den Gesetzentwurf im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten (LIBE) mitverhandelt. Er will nun im Trilog “den Kampf für einen starken Datenschutz und das Recht auf Anonymität im Internet fortsetzen.” vis
Luc Rémont, der neue Vorstandsvorsitzende des französischen Energiekonzerns EDF, war vorbereitet – und dennoch war es eine schwierige Übung. Am 17. Februar musste er einen historischen Verlust von 17,9 Milliarden Euro im Jahr 2022 ankündigen und eine Verschuldung von 64,5 Milliarden Euro, die sich seit 2018 verdoppelt hat.
Ist EDF also ein finanzieller Klotz am Bein der Regierung in Paris? Der Konzern, der im vergangenen Jahr vollständig verstaatlicht wurde, bietet einen sehr willkommenen politischen Hebel im Land der Gelbwesten – insbesondere, um soziale Spannungen abzubauen. Ein Beispiel? Im Jahr 2022 verfügte die Regierung, dass das Unternehmen die Strompreisbremse finanzieren würde, um Haushalte und Unternehmen vor steigenden Energiepreisen zu schützen. Die so entstandenen Kosten für EDF belaufen sich auf acht Milliarden Euro, denn die Strompreisstruktur in Frankreich zwingt momentan EDF dazu, den Verbrauchern Strom zu verkaufen, der zehnmal billiger ist als die Produktionskosten.
Die Schulden, so astronomisch sie auch sein mögen, können überschaubar bleiben, wenn – und nur wenn – es der EDF gelingt, neues Geld hereinzuholen. Das heißt, indem sie mehr und teureren Strom verkauft. Also wendet sich Paris an Brüssel. Und hier kommt das Brüsseler Quartett ins Spiel: Taxonomie, Wasserstoff, die Reform des Strommarktes und die grüne Industrie, die auf das süße Akronym NZIA (Net Zero Industry Act) hört.
Während Paris die Schlacht um die Taxonomie gewonnen hat, ist der Ausgang in Bezug auf die Definition von grünem Wasserstoff noch ungewiss. Die Frage lautet nämlich, ob durch Kernenergie erzeugter Wasserstoff als grün zählt, weil emissionsfrei. Dieses Thema wird am kommenden Dienstag auf der Agenda in Brüssel stehen, wo ein technischer Trilog über die Überarbeitung der Richtlinie über erneuerbare Energien stattfinden wird. Die Diskussionen dienen der Vorbereitung des abschließenden Trilogs, der weiterhin für den 29. März geplant ist.
Bei der Reform des Strommarktes konnte sich Paris aus der Affäre ziehen. Frankreich erreichte nämlich, dass die Kernenergie nicht von der Regelung ausgenommen wurde. Zur Erinnerung: In einem Entwurf hatte sich die EU-Kommission in ihrer Regelung für die Modernisierungskosten zunächst nur auf neue Atomkraftwerke beschränkt. Auf der Zielgeraden und unter dem Druck von Paris wurde die Regelung schließlich auf die Modernisierungskosten ausgeweitet, die in den bestehenden Atomkraftwerken anfallen werden.
Dass teilweise fast die Hälfte der französischen Kraftwerke zu Wartungszwecken abgeschaltet war, zeigt, wie wichtig dieser Punkt ist. In Brüssel besteht jedoch kein Zweifel daran, dass Berlin in den nun beginnenden Verhandlungen zwischen den EU-27-Staaten seine kritische Stellung zur Atomkraft verteidigen wird.
Bleibt noch die grüne Industrie. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire wartete nicht einmal die offizielle Vorstellung der NZIA-Gesetzesvorschläge der Kommission am gestrigen Donnerstag ab, um die Feindseligkeiten zu eröffnen. Als er vergangene Woche in Paris vor der Presse sprach, sagte der deutschsprachige Minister der Regierung Macron: “Wir wollen, dass die Kernenergie als saubere Energie im Net-Zero Industry Act berücksichtigt wird. Es gibt keinen Grund, warum Solarpaneele und Rotorblätter von Windkraftanlagen darin aufgenommen werden sollten und nicht die Kernenergie.”
Und dann ergänzte er noch: “Niemand sollte an der Fähigkeit Frankreichs zweifeln, seine strategischen Interessen zu verteidigen.”
Für den (unwahrscheinlichen) Fall, dass man am französischen Willen, seine Atomindustrie zu verteidigen, zweifeln könnte, hier noch ein Zitat aus der Rede der Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher, in der Nationalversammlung in dieser Woche: “Unser Land hat eine historische Verbindung zur Atomtechnologie, die auf einen starken und ehrgeizigen politischen Willen zurückzuführen ist: den von General de Gaulle und seinen Nachfolgern”.
Ob der Energiekonzern EDF in der Lage sein wird, Mittel für den Schuldenabbau und Investitionen in erneuerbare Energien und Netze sowie in die Kernenergie zu generieren, hängt vom Ausgang dieses Kräftemessens ab.
“Today We Launch, TOGETHER, With My, Fellow, Colleague, VALDIS, Dom, Brov, Skis, The European, Critical, raw, Materials Act. Here It Is, The List, Of, Strategic, Metals, We Need: Bismuth, Cobalt and Manganese…” Was nach seltsamer Rechtschreibung und unorthodoxer Zeichensetzung aussieht, ist tatsächlich eine neue Playlist von Kommissar Thierry Breton, mit der er europäischer Gesetzgebung Gehör verschaffen will. Am Donnerstag hat er nicht nur gemeinsam mit Kommissar Valdis Dombrovskis den Critical Raw Materials Act vorgelegt, sondern auch den passenden Soundtrack dazu.
Und, wie es sich für einen Kommissar gehört, der die Digitalisierung pushen will, ist der Soundtrack für resiliente Rohstofflieferketten ziemlich elektronisch geworden. Insgesamt 37 Titel stehen auf der Liste – und tatsächlich, es gibt für alle begehrten Metalle einen Song.
EDM-Chartstürmer wie “Titanium” von David Guetta und Sia sind ebenso dabei wie minimalistische House-Music von Nicolas Jaar mit “Materials”. Die Platinum (sic!) Boys liefern mit “Critical” rustikalen Rock ‘n’ Roll der alten Schule, während Disclosure und Lorde auf “Magnets” mit poliertem Elektro-Pop natürlichen Anziehungskräften huldigen.
Ironischerweise fehlt auf der Liste das Schwermetall fast völlig. Immerhin fanden zwei Bands aus dem in der Regel hart aufspielenden Grunge-Genre Eingang: Nirvana mit “Lithium” und Jane’s Addiction mit “Of Course”. Dazu gibt es Klassiker von Santana (“Dom”) und Leonard Cohen (“Here It Is”).
Wer sich für das Konzept begeistert, trockene EU-Gesetzgebung musikalisch zu untermalen, dem gefallen womöglich auch Bretons Playlists zum DMA, DSA, Chips Act oder der Vaccine Task Force. Es ist nicht zu überhören: Bretons Social-Media-Team hat da viel Mühe hineingesteckt. Fabian Peltsch und Corinna Visser
Europa soll zum führenden Standort für klimafreundliche Technologien werden: Bis 2030 sollen 40 Prozent des jährlichen Einsatzes von Netto-Null-Technologien durch heimische Produktion gedeckt werden. Das ist das Ziel des Net-Zero Industrial Act (NZIA), den die Kommission nun vorgelegt hat. Der Rechtsakt ist das Herzstück von Europas Antwort auf den Inflation Reduction Act der USA. Allein: Die Reaktionen fallen verhalten aus. Aus Sicht der betroffenen Industrien gehen die Vorschläge in die richtige Richtung – eine ausreichende Antwort auf den IRA sehen sie darin aber nicht. Till Hoppe fasst die wichtigsten Punkte des NZIA und die Einschätzungen von Politik, Industrie und Umweltverbänden zusammen.
Mit einer Spotify-Playlist hat Binnenmarktkommissar Thierry Breton gestern bekannt gegeben, welche 16 Rohstoffe als strategisch wichtig für die EU gelten sollen. Mehr über Bretons Musikauswahl von David Guetta bis Nirvana erfahren Sie im Apéropa. Die Inhalte des Critical Raw Materials Act hat sich Leonie Düngefeld angeschaut und für ihre Analyse mit Expertinnen und Experten gesprochen. Vor allem die Stärkung des heimischen Bergbaus und die schwachen Vorgaben zum Aufbau der Kreislaufwirtschaft stehen in der Kritik.
Im Streit um E-Fuels wird mittlerweile wohl ein bisschen weniger gestritten: Kommissionsvize Frans Timmermans und Bundesverkehrsminister Volker Wissing sind sich offenbar einig, den Gesetzestext für die CO₂-Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus nicht mehr anzupacken. Das geht aus einem Schreiben des Verkehrsministeriums an das Büro von Timmermans hervor, das Table.Media vorliegt. Was sonst noch in dem Schreiben steht, lesen Sie in den News.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins Wochenende!
Ein Streit um die Behandlung der Nuklearindustrie hätte den Zeitplan beinahe noch gesprengt. Mehrere Kommissare wehrten sich dagegen, bestimmte Technologien etwa für kleine modulare Reaktoren in den Net-Zero Industrial Act (NZIA) aufzunehmen. Am Ende begnügte sich unter anderem der österreichische Vertreter Johannes Hahn damit, seine Einwände zu Protokoll zu geben.
Die Kommission konnte es sich kaum erlauben, die Vorlage des NZIA zu verschieben. Schließlich soll der Rechtsakt das Herzstück der europäischen Antwort auf den US-Inflation Reduction Act sein (siehe auch der nachstehende Artikel in dieser Ausgabe). Mit dem NZIA hofft die Kommission, Europas Attraktivität für die Hersteller zu steigern.
In den adressierten Industrien und der Politik werden die Vorschläge verhalten aufgenommen. Der Plan sei in seiner jetzigen Form unzureichend, kritisierte Giles Dickson, CEO von des Verbandes Wind Europe. “Gut, wir wollen jedes Jahr 36 Gigawatt an Windturbinen in Europa errichten. Aber wie?” Die nationalen Regierungen verfügten über einen gewissen neuen Spielraum zur Unterstützung grüner Industrien, aber es sei unklar, wie sie ihn nutzen würden. Und die finanzielle Unterstützung durch die EU stehe auch noch aus.
Der Europäische Verband der Wärmepumpenhersteller (EHPA) bezeichnete das Produktionsziel von 40 Prozent als nicht ehrgeizig genug. Schon heute kämen 60 Prozent der in Europa verkauften Wärmepumpen aus hiesiger Produktion. Es sei aber löblich, dass die Kommission im NZIA auch das Problem des Fachkräftemangels angehen wolle. 2030 fehlten in dem Bereich voraussichtlich bis zu 500.000 Arbeitskräfte.
Auch Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, bezeichnete die Produktionsziele als zu gering. In der Solarindustrie seien mindestens 50 statt der angestrebten 30 Gigawatt nötig – “das sollte das absolute Minimum sein”.
Umweltschutzverbände kritisierten die beschleunigten Genehmigungsverfahren. Diese könnten auf Kosten der Umweltgesetzgebung gehen, sagte Diego Marin, Referent vom European Environmental Bureau. Das Ziel bestehe offenbar darin, die betroffenen Gemeinden unter Druck zu setzen, damit sie am Ende Ja sagen.
Ralph Brinkhaus, zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, lobte hingegen vor allem die Teile des Vorschlages, wo es um Beschleunigung von Genehmigungen und Verfahren gehe. Es bleibe in den Verhandlungen aber noch eine Menge auszubuchstabieren.
Die Staats- und Regierungschefs hatten die EU-Kommission im Dezember beauftragt, in aller Eile eine Antwort auf den Inflation Reduction Act zu erarbeiten. Das Subventionsprogramm der Biden-Administration für klimafreundliche Industrien hatte in Verbindung mit den hohen Energiepreisen in der Politik Ängste geschürt, Europa könnte beim erwarteten Boom der grünen Industrien das Nachsehen haben. Zudem ist im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine das Bewusstsein für die Verletzlichkeiten gestiegen, die Abhängigkeiten in wichtigen Sektoren wie Solar, Wind oder Energiespeichern von geopolitischen Rivalen wie China mit sich bringen.
Die Gegenstrategie der EU besteht im Kern aus drei Elementen:
Viele Ergebnisse liegen inzwischen vor. Am Freitag hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Teileinigung mit US-Präsident Joe Biden verkündet. Mit dem überarbeiteten temporären Beihilferahmen, dem Net-Zero Industrial Act, ihrer Strategie für die Wettbewerbsfähigkeit und der Mitteilung zum Binnenmarkt hat die Kommission nun die wesentlichen eigenen Vorschläge auf den Tisch gelegt. Im Sommer soll noch ein Finanzierungsvorschlag für einen neuen Europäischen Souveränitätsfonds folgen.
Das Ziel der Politik ist klar: “Wir wollen noch schneller und noch besser werden bei der Herstellung, Einführung und Anwendung grüner Zukunftstechnologien”, sagte Kanzler Olaf Scholz gestern im Bundestag. In der heimischen Industrie wird Europas Antwort auf den IRA aber zurückhaltend aufgenommen.
Die Vereinbarungen mit der US-Regierung zum IRA zu Elektroautos aus Europa reichen aus Sicht der Autohersteller noch nicht aus. “Es gibt weiter Handlungsbedarf”, sagte ein Sprecher des Branchenverbandes VDA. Bei den Exporten von CO₂-neutralen Fahrzeugen in die USA gebe es nur eine Teileinigung: Es sei zwar zu begrüßen, wenn aus Europa exportierte Fahrzeuge im Rahmen von Leasing-Modellen unter die Förderung des IRA fielen. Es würden aber eben nicht alle Fahrzeuge erfasst.
Für Fahrzeuge, die in den USA verkauft werden sollten, gelte weiterhin die Voraussetzung für die Förderung, dass sie letztlich in einer Fabrik in den USA fertiggestellt werden müssen. Diese “final assembly”-Klausel diskriminiere Exporte aus Deutschland und Europa und schwäche den Standort, so der VDA.
Das geplante Abkommen mit den USA im Bereich der kritischen Mineralien sei ein “positives Signal”, aber noch kein “Gamechanger”, so der Verband weiter. Selbst mit der erzielten Einigung können europäische Hersteller allenfalls von der einen Hälfte der Steuergutschrift profitieren, für die unter anderem das Bestehen eines Freihandelsabkommens Voraussetzung ist. Zudem solle das Abkommen nur für kritische Rohstoffe in der Fahrzeugbatterie gelten, die in der EU gewonnen oder verarbeitet werden. Der Recyclingbereich, in dem Europa stärker vertreten ist, bleibe aber außen vor.
Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte vergangene Woche Änderungen am temporären Beihilferahmen vorgelegt, der den Regierungen in der aktuellen Krise mehr Spielraum für staatliche Hilfen lässt. Hauptziel sei, die Prüfung der beantragten Hilfen zu beschleunigen, sagte Vestager – die Unternehmen sollten “ein schnelles Ja oder ein schnelles Nein bekommen”.
Der Autohersteller VW lobte, die Anpassungen seien ein “richtiger erster Schritt”. Zwar würden damit noch keine zusätzlichen EU-Fördermittel mobilisiert. Die Mitgliedstaaten könnten aber befristet bis Ende 2025 eigene Förderprogramme entwickeln und sich von der Kommission genehmigen lassen, um zu verhindern, dass wichtige Investitionsvorhaben aus der EU abwandern.
Etliche Prüfkriterien sowie die Voraussetzung, dass ein Projekt in strukturschwachen Regionen angesiedelt werden müsste, machten die Verfahren aber komplizierter als in den USA. Beim reinen Niveau der Förderung sei die EU damit jedoch “auf Augenhöhe” mit den Vereinigten Staaten.
Der Photovoltaik-Hersteller Meyer Burger wertet den Beihilferahmen als “notwendigen ersten Schritt für die Renaissance der Solarindustrie in Europa”. Die Bundesregierung sei jetzt gefragt, den Rahmen zu füllen, sagte ein Sprecher. Die Industrie braucht konkrete Aussagen in den nächsten drei Monaten, um mit Investitionsplanungen für neue Werke starten zu können.
Die Reaktionen auf den Net-Zero Industry Act fallen gemischt aus. Die Zielvorgabe, bis 2030 insgesamt 40 Prozent des Bedarfs an klimafreundlichen Technologien in Europa herzustellen, wird in Industriekreisen als “planwirtschaftliches Ziel” gewertet, das “auf dem Friedhof der vielen anderen Ziele landen wird, die die EU sich setzt, aber nie erreichen wird”. Auch die Pflicht zur Verfahrensbeschleunigung sei “ein Witz”.
Der NZIA zielt im Kern darauf, die Genehmigungsverfahren für neue Produktionsstätten in den Clean-Tech-Sektoren zu verkürzen und bei einer Behörde zu bündeln. DIHK-Präsident Peter Adrian lobte hingegen, dies sei “ein effektiver Schritt für einen schnelleren Ausbau der Branche”. Die Maßnahmen sollten “allerdings für alle Wirtschaftsbereiche eingeführt werden; Unternehmen fordern dies seit Jahren”.
Andere Wirtschaftsvertreter fordern die Kommission ebenfalls auf, hier nicht stehen zu bleiben. Die EU müsse “dringend das regulatorische Umfeld für private Investitionen verbessern“, forderte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Zahlreiche neue EU-Initiativen wie die Revision der Industrieemissionsrichtlinie, der Data Act oder das Lieferkettengesetz erschwerten aber die unternehmerische Entfaltung.
Der von Kommissionspräsidentin von der Leyen angekündigte Wettbewerbsfähigkeits-Check für neue Gesetze müsse zügig in die Tat umgesetzt und überbordende Berichtspflichten konsequent abgebaut werden. Markus Grabitz, Till Hoppe und Lukas Scheid
“Nach 18 Monaten Arbeit heißt es: Vorbei mit der Naivität, jetzt ist Handeln angesagt”, sagte Binnenmarktkommissar Thierry Breton gestern Mittag, als er gemeinsam mit Handelskommissar Valdis Dombrovskis den Critical Raw Materials Act vorstellte. Europe.Table hatte vergangene Woche bereits über die Inhalte des geleakten Entwurfs berichtet.
Breton bezog sich damit auf das enorme Tempo, mit dem die DG GROW das Gesetzespaket (bestehend aus einer Verordnung und einer Mitteilung) erarbeitet hat – und auf die bislang wenig aktive Rolle der EU in der Rohstoffpolitik. Benchmarks für heimischen Bergbau (10 Prozent des jährlichen Bedarfs bis 2030), Verarbeitung (40 Prozent) und Recycling (15 Prozent) sowie eine Obergrenze für die Abhängigkeit von einzelnen Drittstaaten (65 Prozent) sollen nun den Aufbau von Wertschöpfungsketten in Europa ankurbeln.
Die bisherige Liste von 30 kritischen Rohstoffen erweitert die Kommission auf 34, wobei ein besonderer Fokus auf eine kleinere Gruppe gelegt wird. 16 Rohstoffe werden im Entwurf – aufgrund ihrer strategischen Bedeutung, des Verhältnisses von zukünftiger Nachfrage zur aktuellen weltweiten Produktion sowie der Schwierigkeiten in ihrer Produktionssteigerung – als strategisch bezeichnet; für sie sollen die konkreten Benchmarks für Produktionskapazitäten innerhalb der EU und für die Importdiversifizierung gelten:
Als “kritisch” stuft die Kommission diese und 18 weitere Rohstoffe (darunter Bauxit, Hafnium, Helium und weitere Seltene Erden) ein, die bestimmte Schwellenwerte für ihre wirtschaftliche Bedeutung und ihr Versorgungsrisiko überschreiten. Für sie gelten die Ziele, das Versorgungsrisiko zu überwachen und zu mindern sowie ihren freien Verkehr im EU-Binnenmarkt zu gewährleisten und dabei ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen.
Die grundsätzlichen Linien des Entwurfs waren erwartbar: Europa kann sich die “not in my backyard”-Mentalität nicht länger leisten und muss die eigenen Rohstoffvorkommen stärker erschließen. Dafür sieht der Entwurf allerhand Maßnahmen vor: Vorkommen explorieren, Daten koordinieren und teilen, Genehmigungsverfahren beschleunigen.
Ein Paradigmenwechsel ganz im Sinne der Bergbauindustrie: “Das Rohstoffpotenzial der EU ist beträchtlich, aber wir brauchen effizientere Genehmigungen, um den Schatz der EU zu heben – ein Thema, das im CRM-Gesetz aufgegriffen wird”, sagt Rolf Kuby, Hauptgeschäftsführer des Verbands Euromines.
Als “strategisch” gekennzeichnete Rohstoffprojekte sollen im “öffentlichen Interesse” stehen, da sie zur Versorgungssicherheit beitragen. Das bedeutet: Sie könnten auch in Natura 2000-Schutzgebieten (zur Erhaltung gefährdeter Lebensräume und Arten) genehmigt werden und eine Verschlechterung der Qualität von Oberflächengewässern rechtfertigen.
Tobias Kind-Rieper, Rohstoffexperte beim WWF, warnt vor einer Aufweichung wichtiger Umweltgesetzgebung: “Wenn Bergbauprojekte als öffentliches Interesse über das Umweltrecht gestellt werden, könnte das dramatische Auswirkungen auf Schutzgebiete und auf Biodiversitäts-Hotspots in Europa haben, etwa in Portugal und Schweden”.
Viele Rohstoffvorkommen in Europa befinden sich in Natura 2000-Schutzgebieten oder in deren Nähe. Deshalb macht er auch klar: Ohne Bergbauprojekte in solchen Schutzgebieten kann das Ziel, 10 Prozent des Rohstoffbedarfs aus heimischem Bergbau zu generieren, wahrscheinlich nicht erreicht werden.
Der größte Teil der Rohstoffe wird auch weiterhin aus Drittstaaten kommen. Hier setzt die Kommission auf bereits beschlossene Strategische Partnerschaften (Kanada, Ukraine, Kasachstan, Namibia) sowie auf Freihandelsabkommen mit Kapiteln über kritische Rohstoffe (Neuseeland, Chile, Australien). Ein globaler Critical Raw Materials Club soll darüber hinaus gleichgesinnte Partner vereinen.
Ein starker Fokus liegt auf der Minderung der Versorgungsrisiken, welche die Kommission anhand von Stresstests der einzelnen Lieferketten, strategischen Reserven in den Mitgliedstaaten und einer Plattform für die gemeinsame Beschaffung einzelner Rohstoffe erreichen will. Sie schlägt keine europäische Rohstoffagentur nach dem Modell der japanischen JOGMEC vor, wie etwa Deutschland und Frankreich vorgeschlagen hatten, sondern ein Critical Raw Materials Board mit Vertretern aus den Mitgliedstaaten, das der Kommission unter anderem in der Auswahl der strategischen Projekte beratend zur Seite steht.
Statt einen Rohstofffonds einzurichten, verweist die Kommission neben privaten auf öffentliche Mittel aus dem EU-Beihilferahmen, dem Invest-EU-Programm und von der Europäischen Investitionsbank (EIB).
Kritik gab es vor allem für die Vorgaben zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft: Zwar bestehe das Ziel, bis 2030 mindestens 15 Prozent des EU-Bedarfs an strategischen Rohstoffen mit hiesigen Recyclingkapazitäten zu decken. Die Vorgaben für die Mitgliedstaaten lauten jedoch lediglich, Sammlung und Recycling zu stärken und beinhalten keine konkreten Zielwerte.
Beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft lasse die EU die Mitgliedstaaten zu sehr an der langen Leine und gefährde damit auch die Integrität des Binnenmarkts, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). “Wir brauchen einen EU-weiten, einheitlichen Markt für Sekundärrohstoffe. Sonst wird das Ziel, europaweit 15 Prozent an kritischen Rohstoffen bis 2030 aus Recycling zu gewinnen, konterkariert und es droht ein großer Flickenteppich”, sagte er.
“Bei wichtigen Themen wie dem Recycling sind nur unpräzise Wünsche an die Mitgliedstaaten formuliert”, sagte auch Michael Reckordt, Referent für Rohstoffpolitik bei der NGO Powershift. Wirklich konkret werde der Entwurf nur in Bezug auf Permanentmagnete. “Es ist gut, dass sich in diesem Bereich etwas tut, aber das betrifft nur eine kleine Menge an Rohstoffen und nur ein einziges Produkt.”
Auch für weitere Produkte müssten dringend EU-weit verbindliche Recycling- und Rezyklateinsatzquoten festgelegt werden. Zudem fehlten Maßnahmen, um auch die Nachfrage nach Primärrohstoffen zu reduzieren.
Allerdings müsse man solche Ziele differenzierter formulieren, hieß es aus verschiedenen Quellen. Im Bereich der E-Fahrzeuge etwa sei bereits das Ziel von 15 Prozent Sekundärrohstoffen bis 2030 auf keinen Fall erreichbar, da die Lebensdauer der Batterien mindestens 15 Jahre betrage, sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller.
Genehmigungsverfahren für Bergbau-, Raffinerie- und Recyclingprojekte will die Kommission drastisch beschleunigen: Projekte, die von der Kommission und dem Critical Raw Materials Board als strategisch gelabelt wurden, sollen den Status höchster nationaler Bedeutung erhalten und von den Behörden schnellstmöglich bearbeitet werden. So sollen etwa die Genehmigungsverfahren für neue Bergbauprojekte nicht länger als 24 Monate dauern, für Verarbeitungs- und Recyclingprojekte sogar nur 12 Monate.
Hildegard Bentele (CDU) unterstreicht die Bedeutung schneller Genehmigungsverfahren als wichtigen Standortfaktor: Sie könnten “wesentlich dazu beitragen, dass wettbewerbsfähige Industrie und deren Arbeitsplätze in Europa bleiben“, sagt die Europaabgeordnete. “Die EU-Mitgliedstaaten müssen hier dringend ihren Beitrag leisten. Es ist gut, dass wir nun auch im Bergbau zu konkreten Fortschritten kommen werden.”
In Deutschland sind die Landesbergämter für die Verfahren zuständig. Bernhard Cramer, Oberberghauptmann in Sachsen, hält die Ziele in seinem Bundesland aktuell für nicht umsetzbar: “Von der Verfahrenseröffnung bis zur Zulassung benötigen Genehmigungsverfahren für bergbauliche Vorhaben im Bereich unserer Zuständigkeit derzeit zwischen drei und fünf Jahren“, sagte er.
Nicht eingerechnet sei darin der Zeitraum der Antragsvorbereitung vom Scoping bis zur Antragstellung, der noch mal etwa zwei Jahre dauere. “Diese Erfahrungswerte gelten allerdings nur dann, wenn es in der Vorbereitung und im Verfahren keine zusätzlichen Verzögerungen gibt.”
Die im Bundeswirtschaftsministerium zuständige Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner lobte den Entwurf: “Der Vorschlag der Kommission greift viele der deutsch-französischen Positionen auf, die wir der EU im Vorfeld übermittelt hatten.” Erfreulich sei zudem, dass die Kommission auch etliche Ansätze der deutschen Eckpunkte aufgreife. “Das gibt Rückenwind für unsere nationalen Anstrengungen“, sagte sie.
Präsident Emmanuel Macron hatte in einer Beratung mit seinen Ministern im Élysée-Palast die Entscheidung für diesen Sonderweg getroffen, der vorsieht, ein Gesetzesprojekt ohne Abstimmung im Parlament durchzusetzen. In der Beratung ging es nicht nur um die Erhöhung des offiziellen Rentenalters von 62 auf 64 Jahre, sondern vor allem auch um den zukünftigen Handlungsspielraum des Präsidenten.
Laut Umfragen sind 70 Prozent aller Franzosen gegen die Reform. Alle Gewerkschaften stimmten sich ab, was schon seit Jahren nicht mehr der Fall war und hatten schon vor Wochen zum Streik aufgerufen. Die Pariser Straßen waren voller Müll, viele Züge im ganzen Land fielen aus, Raffinerien wurden blockiert und Kraftwerke bestreikt. Demonstranten protestierten mehrmals im ganzen Land in den letzten Wochen gegen die Rentenreform. Am Donnerstag stimmte der Senat mit großer Mehrheit (193 zu 114 Stimmen) dafür, am Nachmittag war die Abstimmung in der Nationalversammlung geplant. Es stand viel auf dem Spiel.
Der Vermittlungsausschuss von Senat und Nationalversammlung hatte am Mittwoch einen Kompromiss zwischen den Kammern beschlossen, deshalb hoffte Macron bis zuletzt darauf, dass die konservativen Republikaner ihm in der Nationalversammlung zu einer Mehrheit für die Reform verhelfen würden. So schnell wie möglich wollte er die Reform durchwinken, damit wieder Ruhe einkehrt. Es handelt sich ohnehin nur noch um eine abgespeckte Reform im Vergleich zu den großen Plänen, die er noch vor einigen Jahren hatte.
Für den Tag der Entscheidung zeichneten sich mehrere Szenarien ab. Eine Abstimmung für das Gesetz, eine Abstimmung dagegen oder der Verfassungsparagraf 49.3. Sollten zu viele Republikaner abspringen, war nicht sicher, ob die Reform durchkommt. Mit der Entscheidung, das Projekt ohne Wahl durchzuboxen, steht nun für Kritiker und Oppositionspolitiker von rechts und links, darunter Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon, die demokratische Legitimität infrage.
Macron drohte als letztes Mittel an, die Nationalversammlung bei einer Niederlage aufzulösen. Die Macht dazu hat er laut Verfassung. Damit wollte er vor allem Druck auf die Republikaner ausüben. Sollte neu gewählt werden, wären viele ihrer Sitze in Gefahr gewesen. Aber auch Macrons Partei Renaissance hätte nur verlieren können. Schließlich ging er auf Nummer sicher. Er zog den Joker – die Annahme des Gesetzes ohne Abstimmung mit dem Verfassungsparagrafen 49.3.
Damit hat er seine Position geschwächt. Wurde Macron schon vorher heftig kritisiert, hat er nun bei vielen Franzosen alle Sympathie verspielt. Bereits kurz nach dem Auftritt von Élisabeth Borne setzte sich eine protestierende Gruppe von jungen Leuten von der Sorbonne Richtung Nationalversammlung in Bewegung. Egal, was im Parlament geschieht, “die Straße kann es rückgängig machen und wird es auch”, sagten Anhänger von Jugendorganisationen bei dem Protest.
Schon vor der Verkündung der Entscheidung in der Nationalversammlung hatte Gewerkschaftschef Philippe Martinez von der CGT weitere Streiks angekündigt: “Ein Gesetz, das angenommen wurde, ist noch kein Gesetz, das angewendet wird”, sagte er. Auch Laurent Berger, Chef der gemäßigten CFDT, betonte, in jeden Fall werde man nicht sofort auf den “Stoppknopf” drücken.
Auch in den Oppositionsparteien regt sich Widerstand. Gegner von rechts und links wollen einen Antrag der Ablehnung oder einen Misstrauensantrag gegen die Regierung einbringen, allen voran Marine Le Pen von der rechtsextremen Partei Rassemblement National. Sie sprach von einer “politischen Krise” und “einer totalen Niederlage für Macron”.
Die Opposition hat nun 24 Stunden Zeit, um den Misstrauensantrag zu stellen. Kommenden Montag könnte schon darüber abgestimmt werden. Es ist aber nicht sehr wahrscheinlich, dass genug Stimmen dafür zusammenkommen, um den Antrag durchzubringen.
20.03.-21.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Gedankenaustausch mit Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis im Rahmen des strukturierten Dialogs, Stand der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA, Stand der laufenden Trilog-Verhandlungen. Vorläufige Tagesordnung
20.03.-21.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
Themen: Berichtsentwurf zum neuen europäischen Rahmen für urbane Mobilität, Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines europäischen Verkehrswesens, das den Bedürfnissen von Frauen gerecht wird, Entwurf einer Stellungnahme zu großen Transportinfrastrukturvorhaben in der EU, Entwurf einer Stellungnahme zu Luftqualität und saubere Luft für Europa. Vorläufige Tagesordnung
20.03.-21.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Öffentliche Anhörung mit Christine Lagarde (Vorsitzende des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken), Berichtsentwurf zu den Lehren aus den Pandora-Papieren und anderen Enthüllungen, Berichtsentwurf zur Finanztätigkeit der Europäischen Investitionsbank. Vorläufige Tagesordnung
20.03.2023
Geberkonferenz der Europäischen Kommission und der schwedischen Ratspräsidentschaft für die Opfer der Erdbeben in der Türkei und Syrien
Themen: Zur Unterstützung der vom Erdbeben betroffenen Bevölkerung in der Türkei und Syrien organisieren die Europäische Kommission und der schwedische Ratsvorsitz in Abstimmung mit den türkischen Behörden eine Geberkonferenz in Brüssel. Infos
20.03.2023 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Landwirtschaft und Fischerei
Themen: Gedankenaustausch zur Marktsituation (insbesondere nach dem Einmarsch in die Ukraine), Gedankenaustausch zu handelsbezogenen landwirtschaftlichen Fragen, Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (land- und forstwirtschaftliche Aspekte). Vorläufige Tagesordnung
20.03.2023 – 10:45 Uhr
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch über die russische Aggression gegen die Ukraine, Gedankenaustausch zu Tunesien, Gedankenaustausch zur EU-Unterstützung für die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
21.03.2023 – 09:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
Themen: Verbot von Produkten auf dem Unionsmarkt, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, nachhaltige Nutzung von Pflanzenschutzmitteln. Vorläufige Tagesordnung
21.03.2023 – 09:30-13:00 Uhr
Sitzung des Sonderausschusses zu Einflussnahme aus dem Ausland und Desinformation und für mehr Integrität im EP (ING2)
Themen: Berichtsentwurf zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der EU (einschließlich Desinformation). Vorläufige Tagesordnung
21.03.2023 – 09:30 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zur Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 23./24. März 2023, Beschlüsse zu den Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, verschiedene Aspekte des Europäischen Semester 2023. Vorläufige Tagesordnung
21.03.2023 – 13:00-14:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Gedankenaustausch mit Borjana Krišto (Vorsitzende des Ministerrats von Bosnien und Herzegowina). Vorläufige Tagesordnung
22.03.-23.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Berichtsentwurf zur Umsetzung der zivilen GSVP und sonstigen die zivile Sicherheit betreffende Unterstützung durch die EU, Entwurf einer Stellungnahme zur Umsetzung von Passerelle-Klauseln in den EU-Verträgen, Gedankenaustausch mit Josep Borrell (Hoher Vertreter/Vizepräsident) zur einjährigen Annahme des strategischen Kompasses, Bericht 2022 der Kommission über Nordmazedonien. Vorläufige Tagesordnung
22.03.-23.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Einrichtung des Instruments zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung, Entlastung des Gesamthaushaltsplans 2021 der EU. Vorläufige Tagesordnung
22.03.-23.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Gedankenaustausch mit Helena Dalli (Kommissarin für Gleichstellung), Gedankenaustausch mit Nicolas Schmit (Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte). Vorläufige Tagesordnung
22.03.-23.03.2023
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Berichtsentwurf zur Luftqualität und sauberen Luft für Europa, Strukturierter Dialog mit Virginijus Sinkevičius (EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei). Vorläufige Tagesordnung
22.03.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Paket für Verbraucherinnen und Verbraucher (Gesetzesvorschläge zu umweltbezogenen Angaben auf Produkten und zum sogenannten “Recht auf Reparatur”). Vorläufige Tagesordnung
22.03.2023
Dreigliedriger Sozialgipfel
Themen: Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen (Gewährleistung des notwendigen wettbewerbsorientierten Wandels in allen Industriesektoren und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden und gerechten Übergangs), Qualifikationsagenda (Mobilisierung des Europäischen Jahres der Kompetenzen, um Einstellungsprobleme anzugehen und die Lücke beim Zugang zu Qualifikationen und Qualifizierungsmaßnahmen zu schließen), den Binnenmarkt widerstandsfähiger machen und eine ehrgeizige Handelsagenda verfolgen, Bewertung der Auswirkungen des Krieges auf die aktuelle sozioökonomische Lage. Infos
22.03.2023 – 11:30-12:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE) und des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Berichtsentwurf zur Umsetzung und Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG). Vorläufige Tagesordnung
23.03.-24.03.2023
Europäischer Rat
Themen: Ukraine, Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt und Wirtschaft), Energie. Vorläufige Tagesordnung
24.03.2023
Euro-Gipfel
Themen: Die EU-Führungsspitzen kommen zu Beratungen zusammen. Infos
Kommissionsvize Frans Timmermans und Verkehrsminister Volker Wissing sind sich offenbar einig, im Streit um E-Fuels den Gesetzestext für die CO₂-Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus nicht mehr anzupacken. Dies geht aus einem Schreiben des Verkehrsministeriums an das Büro von Timmermans hervor, das Table.Media vorliegt.
“Es gilt, die historische Einigung der beiden Gesetzgeber zu respektieren”, betonte Timmermans gestern. Daher gehe es nun um eine Interpretation der Passage im Gesetzestext, die sich mit der zukünftigen Verwendung von E-Fuels beschäftige. “Da bin ich zuversichtlich, dass wir eine Interpretation finden, die für die deutschen Behörden zufriedenstellend ist.”
Timmermans Büroleiter Diederik Samsom führt die Verhandlungen mit Christoph Burmeister, dem Leiter des Ministerbüros von Wissing. Den Stand der Verhandlungen gibt ein Brief wieder, den Burmeister am Mittwoch an Samsom geschrieben hat. “Wir begrüßen Ihren Vorschlag, zeitnah eine eigene Fahrzeugkategorie e-Fuels-only-Fahrzeuge zu schaffen”, schreibt Burmeister: Jetzt gelte es, den Rechtsrahmen dafür zu schaffen.
Der Büroleiter skizziert dann drei Punkte für die Umsetzung:
Burmeister schreibt weiter: Angesichts des hohen Zeitdrucks halte es die FDP für notwendig, eine bestehende Rechtsgrundlage zu nutzen, etwa die Euro-6-Gesetzgebung, die den Schadstoffausstoß regelt. Man sei aber auch offen für einen Gegenvorschlag aus Brüssel. Einzige Bedingung: Der Rechtsakt müsse schon abgeschlossen sein, das heißt, er dürfe nicht mehr zwischen Parlament und Rat verhandelt werden müssen. mgr/luk
Die EU-Umweltminister haben sich am gestrigen Donnerstag in Brüssel darauf geeinigt, eine Ausnahme für extensive landwirtschaftliche Betriebe von den verschärften Vorschriften der Richtlinie über Industrieemissionen (IED) anzustreben.
Wie erwartet änderten die EU-Umweltminister den Kommissionsvorschlag dahingehend ab, dass der Geltungsbereich der Richtlinie auf Intensivtierhaltungsbetriebe mit mehr als 350 Großvieheinheiten (GVE) bei Rindern und Schweinen, 280 GVE bei Geflügel und 350 GVE bei gemischten Betrieben ausgeweitet wird. Extensive Betriebe wären davon ausgenommen. Die neuen Vorschriften würden schrittweise angewandt, beginnend mit den größten Betrieben.
Die Mitgliedstaaten haben außerdem eine Ausnahmeregelung von den Emissionsgrenzwerten im Zusammenhang mit den “besten verfügbaren Techniken” (BVT) für den Fall einer Krise eingeführt, die zu einer schwerwiegenden Unterbrechung oder Verknappung der Versorgung führt, allerdings unter strengen Auflagen.
Da der Rat nun eine allgemeine Ausrichtung festgelegt hat, können die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament beginnen, sobald dieses seine Verhandlungsposition festgelegt hat.
Die EU-Umweltminister führten außerdem eine sogenannte Orientierungsaussprache über einen Vorschlag zur Schaffung eines EU-Zertifizierungsrahmens für den Kohlenstoffabbau. Ziel der Aussprache war es, Leitlinien für die künftige Arbeit im Rat zu diesem Vorschlag zu erarbeiten. Die Minister sprachen darüber, wie ein EU-Zertifizierungsrahmen dazu beitragen kann, den Kohlenstoffabbau in der EU als Ergänzung zu den anhaltenden Bemühungen um eine Emissionsreduzierung zu steigern.
Die Minister führten auch eine Grundsatzdebatte über die vorgeschlagene Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften über Verpackungen und Verpackungsabfälle. Der Vorschlag zielt darauf ab, die bestehenden Vorschriften zur Vermeidung, Verringerung und Verwertung von Verpackungen und Verpackungsabfällen zu verschärfen. Unter anderem wird vorgeschlagen, den Verpackungsabfall bis 2040 pro Mitgliedstaat und pro Kopf um 15 Prozent zu reduzieren und alle auf dem EU-Markt befindlichen Verpackungen bis 2030 auf wirtschaftlich vertretbare Weise wiederverwertbar zu machen. cst
Als erste Aktivität der Wasserstoffbank ist im Herbst eine Auktion geplant. Produzenten von grünem Wasserstoff, die sich dabei durchsetzen, sollen für die Dauer von zehn Jahren eine garantierte Subvention pro Kilogramm grünen Wasserstoff erhalten. Für die erste Auktion stehen Mittel von 800 Millionen Euro zur Verfügung. Dies sieht die Kommunikation zur Wasserstoffbank vor, die die Kommission am Donnerstag beschlossen hat.
Aufgabe der Bank ist, bis 2030 die großen Preisunterschiede zwischen grünem Wasserstoff und fossilen Energieträgern abzufedern. Die Wasserstoffbank soll sowohl den Aufbau der heimischen Produktion fördern, als auch den Import aus EU-Partnerländern unterstützen. Es geht darum, privates Kapital zu mobilisieren für die Technologie, indem die Anbieter von grünem Wasserstoff mit den künftigen Nutzern zusammengebracht werden.
Geplant ist, dass die Wasserstoffbank nach der ersten Versteigerung im Herbst eine ständige Auktions-Plattform aufbaut, über die je nach Bedarf der Mitgliedstaaten weitere Versteigerungen stattfinden können. Die Mittel für die Subventionierung des grünen Wasserstoffs kommen aus dem Innovationsfonds.
Nach ähnlichem Muster soll die Wasserstoffbank auch den Import von grünem Wasserstoff in die EU fördern. Vorgesehen ist auch hier ein Auktionssystem, das Lieferanten aus Drittländern identifiziert. Sie bekommen einen festgelegten Zuschuss aus EU-Mitteln für die Bereitstellung von grünem Wasserstoff. Im Auftrag der EU hat die Kommission bereits Absichtserklärungen und Partnerschaften mit mehreren Nicht-EU-Ländern abgeschlossen, wie etwa Ägypten, Ukraine, Japan, Kasachstan, Marokko und Namibia.
Zum Aufbau der Wasserstoffbank will die Kommission keine neuen Finanzmittel auflegen. Vielmehr will sie bestehende Töpfe nutzen. Für die Aktivitäten der Bank auf dem Gebiet der EU soll das Geld von Invest EU kommen, aus Strukturfonds sowie dem Innovationsfonds. Die Mittel zur Subventionierung des Geschäfts mit Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern will die Kommission über Vorzugsdarlehen, gemischte Finanzierungen und Garantien bereitstellen.
Erst vor wenigen Monaten sind die ersten finalen Investitionsentscheidungen für die industrielle Produktion von grünem Wasserstoff in Europa gefallen. Ziel der EU ist, bis 2030 jährlich 20 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff in der Union zur Verfügung zu haben. Eine Hälfte soll in der EU hergestellt, die andere Hälfte soll importiert werden. mgr
Die Euro-Währungshüter stemmen sich mit der sechsten Zinserhöhung in Folge gegen die nach wie vor hohe Teuerung im gemeinsamen Währungsraum. Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt den Leitzins erneut um 0,50 Prozentpunkte auf nun 3,5 Prozent an. Das beschloss der Rat der Notenbank am Donnerstag in Frankfurt.
Viele Volkswirte hatten damit gerechnet, dass die EZB an dem in Aussicht gestellten kräftigen Zinsschritt festhält, trotz der Unsicherheit im Bankensektor nach dem Kollaps mehrerer kleinerer US-Banken und Sorgen um die Schweizer Großbank Credit Suisse. Die EZB betonte: “Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig: Kapital- und Liquiditätspositionen sind solide.”
Die Notenbank strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt. Zwar hat sich die Inflation in den vergangenen Monaten tendenziell abgeschwächt, zuletzt aber nur langsam. Im Februar lag die Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum nach einer Schätzung der europäischen Statistikbehörde Eurostat bei 8,5 Prozent nach 8,6 Prozent im Januar.
Experten halten eine weltweite Finanzkrise wie nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank vor rund 15 Jahren aktuell für unwahrscheinlich. Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte, das deutsche Kreditwesen – private Banken, Sparkassen, genossenschaftliche Institute – sei stabil.
Der sogenannte Einlagensatz, den Kreditinstitute erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, steigt nach der Entscheidung des EZB-Rates vom Donnerstag auf 3,00 Prozent. dpa
Das EU-Parlament hat am Donnerstag das Verhandlungsmandat für Gespräche mit den EU-Mitgliedstaaten zur Überarbeitung der neuen eID-Richtlinie bestätigt. 418 Abgeordnete stimmten für den Entwurf von Berichterstatterin Romana Jerković (S&D). Es gab 103 Gegenstimmen und 24 Enthaltungen.
Die europäische digitale Identität (eID) soll es Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich online über eine persönliche digitale Brieftasche (personal digital wallet) zu identifizieren und zu authentifizieren. Sie kann nicht nur den Personalausweis ersetzen, sondern auch Führerschein, Zeugnisse, Abschlüsse oder Gesundheitsdaten enthalten. Dabei müssen Bürgerinnen und Bürger künftig nicht mehr auf kommerzielle Anbieter zurückgreifen.
Sie können die Wallet sowohl für öffentliche als auch private Online- und Offline-Dienste in der gesamten EU verwenden, wobei die Verwendung freiwillig ist. Das war vielen Abgeordneten wichtig. Wer die Wallet nicht nutzen will, soll keine Nachteile erfahren.
Nach der Billigung des Plenums können die Verhandlungen mit dem Rat umgehend beginnen. Der Standpunkt des Parlaments wird sich auf die im Februar im Industrieausschuss (ITRE) angenommenen Änderungen stützen. Der Rat hat sein Verhandlungsmandat bereits im Dezember 2022 erlangt.
“Obwohl die eID ein wichtiges Instrument zur Modernisierung und Digitalisierung Europas sein kann, war der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission problematisch und hätte die Selbstbestimmung der Nutzer über ihre persönlichen Daten unnötig eingeschränkt“, kommentierte Patrick Breyer (Grüne/EFA).
Er hat den Gesetzentwurf im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten (LIBE) mitverhandelt. Er will nun im Trilog “den Kampf für einen starken Datenschutz und das Recht auf Anonymität im Internet fortsetzen.” vis
Luc Rémont, der neue Vorstandsvorsitzende des französischen Energiekonzerns EDF, war vorbereitet – und dennoch war es eine schwierige Übung. Am 17. Februar musste er einen historischen Verlust von 17,9 Milliarden Euro im Jahr 2022 ankündigen und eine Verschuldung von 64,5 Milliarden Euro, die sich seit 2018 verdoppelt hat.
Ist EDF also ein finanzieller Klotz am Bein der Regierung in Paris? Der Konzern, der im vergangenen Jahr vollständig verstaatlicht wurde, bietet einen sehr willkommenen politischen Hebel im Land der Gelbwesten – insbesondere, um soziale Spannungen abzubauen. Ein Beispiel? Im Jahr 2022 verfügte die Regierung, dass das Unternehmen die Strompreisbremse finanzieren würde, um Haushalte und Unternehmen vor steigenden Energiepreisen zu schützen. Die so entstandenen Kosten für EDF belaufen sich auf acht Milliarden Euro, denn die Strompreisstruktur in Frankreich zwingt momentan EDF dazu, den Verbrauchern Strom zu verkaufen, der zehnmal billiger ist als die Produktionskosten.
Die Schulden, so astronomisch sie auch sein mögen, können überschaubar bleiben, wenn – und nur wenn – es der EDF gelingt, neues Geld hereinzuholen. Das heißt, indem sie mehr und teureren Strom verkauft. Also wendet sich Paris an Brüssel. Und hier kommt das Brüsseler Quartett ins Spiel: Taxonomie, Wasserstoff, die Reform des Strommarktes und die grüne Industrie, die auf das süße Akronym NZIA (Net Zero Industry Act) hört.
Während Paris die Schlacht um die Taxonomie gewonnen hat, ist der Ausgang in Bezug auf die Definition von grünem Wasserstoff noch ungewiss. Die Frage lautet nämlich, ob durch Kernenergie erzeugter Wasserstoff als grün zählt, weil emissionsfrei. Dieses Thema wird am kommenden Dienstag auf der Agenda in Brüssel stehen, wo ein technischer Trilog über die Überarbeitung der Richtlinie über erneuerbare Energien stattfinden wird. Die Diskussionen dienen der Vorbereitung des abschließenden Trilogs, der weiterhin für den 29. März geplant ist.
Bei der Reform des Strommarktes konnte sich Paris aus der Affäre ziehen. Frankreich erreichte nämlich, dass die Kernenergie nicht von der Regelung ausgenommen wurde. Zur Erinnerung: In einem Entwurf hatte sich die EU-Kommission in ihrer Regelung für die Modernisierungskosten zunächst nur auf neue Atomkraftwerke beschränkt. Auf der Zielgeraden und unter dem Druck von Paris wurde die Regelung schließlich auf die Modernisierungskosten ausgeweitet, die in den bestehenden Atomkraftwerken anfallen werden.
Dass teilweise fast die Hälfte der französischen Kraftwerke zu Wartungszwecken abgeschaltet war, zeigt, wie wichtig dieser Punkt ist. In Brüssel besteht jedoch kein Zweifel daran, dass Berlin in den nun beginnenden Verhandlungen zwischen den EU-27-Staaten seine kritische Stellung zur Atomkraft verteidigen wird.
Bleibt noch die grüne Industrie. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire wartete nicht einmal die offizielle Vorstellung der NZIA-Gesetzesvorschläge der Kommission am gestrigen Donnerstag ab, um die Feindseligkeiten zu eröffnen. Als er vergangene Woche in Paris vor der Presse sprach, sagte der deutschsprachige Minister der Regierung Macron: “Wir wollen, dass die Kernenergie als saubere Energie im Net-Zero Industry Act berücksichtigt wird. Es gibt keinen Grund, warum Solarpaneele und Rotorblätter von Windkraftanlagen darin aufgenommen werden sollten und nicht die Kernenergie.”
Und dann ergänzte er noch: “Niemand sollte an der Fähigkeit Frankreichs zweifeln, seine strategischen Interessen zu verteidigen.”
Für den (unwahrscheinlichen) Fall, dass man am französischen Willen, seine Atomindustrie zu verteidigen, zweifeln könnte, hier noch ein Zitat aus der Rede der Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher, in der Nationalversammlung in dieser Woche: “Unser Land hat eine historische Verbindung zur Atomtechnologie, die auf einen starken und ehrgeizigen politischen Willen zurückzuführen ist: den von General de Gaulle und seinen Nachfolgern”.
Ob der Energiekonzern EDF in der Lage sein wird, Mittel für den Schuldenabbau und Investitionen in erneuerbare Energien und Netze sowie in die Kernenergie zu generieren, hängt vom Ausgang dieses Kräftemessens ab.
“Today We Launch, TOGETHER, With My, Fellow, Colleague, VALDIS, Dom, Brov, Skis, The European, Critical, raw, Materials Act. Here It Is, The List, Of, Strategic, Metals, We Need: Bismuth, Cobalt and Manganese…” Was nach seltsamer Rechtschreibung und unorthodoxer Zeichensetzung aussieht, ist tatsächlich eine neue Playlist von Kommissar Thierry Breton, mit der er europäischer Gesetzgebung Gehör verschaffen will. Am Donnerstag hat er nicht nur gemeinsam mit Kommissar Valdis Dombrovskis den Critical Raw Materials Act vorgelegt, sondern auch den passenden Soundtrack dazu.
Und, wie es sich für einen Kommissar gehört, der die Digitalisierung pushen will, ist der Soundtrack für resiliente Rohstofflieferketten ziemlich elektronisch geworden. Insgesamt 37 Titel stehen auf der Liste – und tatsächlich, es gibt für alle begehrten Metalle einen Song.
EDM-Chartstürmer wie “Titanium” von David Guetta und Sia sind ebenso dabei wie minimalistische House-Music von Nicolas Jaar mit “Materials”. Die Platinum (sic!) Boys liefern mit “Critical” rustikalen Rock ‘n’ Roll der alten Schule, während Disclosure und Lorde auf “Magnets” mit poliertem Elektro-Pop natürlichen Anziehungskräften huldigen.
Ironischerweise fehlt auf der Liste das Schwermetall fast völlig. Immerhin fanden zwei Bands aus dem in der Regel hart aufspielenden Grunge-Genre Eingang: Nirvana mit “Lithium” und Jane’s Addiction mit “Of Course”. Dazu gibt es Klassiker von Santana (“Dom”) und Leonard Cohen (“Here It Is”).
Wer sich für das Konzept begeistert, trockene EU-Gesetzgebung musikalisch zu untermalen, dem gefallen womöglich auch Bretons Playlists zum DMA, DSA, Chips Act oder der Vaccine Task Force. Es ist nicht zu überhören: Bretons Social-Media-Team hat da viel Mühe hineingesteckt. Fabian Peltsch und Corinna Visser