Table.Briefing: Europe

Michel in Peking + Rat zu Sorgfaltspflichten + CO2-Entnahme

  • Charles Michel auf schwieriger Mission in Peking
  • Sorgfaltspflicht: Rat will Kommissionstext abschwächen
  • Debatte um CO2-Entnahme nimmt Fahrt auf
  • Strompreisbremse: Viele Unternehmen zahlen weniger als 2021
  • IRA: Breton und Habeck konkretisieren Pläne
  • Simson signalisiert Entgegenkommen beim Gaspreisdeckel
  • WWF: Knapp die Hälfte der ETS-Einnahmen fließt nicht in Klimaschutz
  • Kommission beschließt Drohnen-Strategie
  • Data Act: Streit über Fristen und funktionale Äquivalenz
  • Verteidigungsindustrie braucht “langfristige Vision”
  • Heads: Christa Schweng – Die Konsensbildnerin
Liebe Leserin, lieber Leser,

China erlebt die größte Protestwelle seit Jahrzehnten – und ausgerechnet jetzt reist EU-Ratschef Charles Michel nach Peking. Abgeordnete des EU-Parlaments fordern von ihm ein klares Zeichen für die Meinungsfreiheit, etwa in Form eines weißen Blattes, wie es die Demonstranten in der Volksrepublik bei sich tragen. Für Präsident Xi hingegen kommt das Treffen gerade recht, denn fast zeitgleich findet der EU-USA-Dialog zu China in Washington statt. Michels Reise – eine “Mission impossible”, schreibt Amelie Richter

Morgen will der Rat über seine Position zur Sorgfaltspflicht für Unternehmen abstimmen. Das ist mehr als eine bloße Formsache. Obwohl der Text weniger ambitioniert ist als der Kommissionsvorschlag, blockiert Frankreich. Paris stört sich daran, dass die Finanzindustrie Sorgfaltspflicht leisten muss. Das Parlament hingegen will unter Berichterstatterin Lara Wolters die Finanzdienstleister deutlich stärker in die Pflicht nehmen. Besonders problematisch werde auch die Frage nach der Reichweite des Gesetzes sein, analysiert Charlotte Wirth. Es bahnen sich zähe Verhandlungen an. 

Heute wird die Kommission ihren Vorschlag für ein Zertifizierungssystem für die CO2-Entnahme vorstellen. Es gehe darum, Vertrauen in das Verfahren zu schaffen und Greenwashing zu bekämpfen, hieß es im Vorfeld. Kritiker sehen in der Kohlenstoffentnahme allerdings genau das: Sie sei “nur ein Vorwand für die derzeitige Untätigkeit” bei der Verringerung der Emissionen. Für ETS-Berichterstatter Peter Liese hingegen ist die Sache klar: “Wir können das Ziel von Paris nicht erreichen, ohne CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.” Claire Stam berichtet über eine Debatte, die nun Fahrt aufnimmt. 

Ihre
Sarah Schaefer
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Analyse

Charles Michel auf schwieriger Mission in Peking

Die Reise von EU-Ratschef Charles Michel nach China fällt in eine heikle politische Phase. Denn der EU-Ratspräsident ist der erste westliche Vertreter, der Staatschef Xi Jinping seit Beginn der massiven Proteste gegen die Null-Covid-Politik treffen wird. Außerdem ist das Meeting zwischen Xi und Michel das erste Aufeinandertreffen auf dieser ranghohen Ebene seit 2018.

Vor allem EU-Parlamentarier fordern ein klares Zeichen Michels an Peking. Dass der Belgier die Proteste in der Volksrepublik direkt ansprechen wird, ist aber eher unwahrscheinlich. Auch andere große Fortschritte werden nicht erwartet. Ob es beispielsweise eine gemeinsame Erklärung oder Pressekonferenz – und nicht nur getrennte Statements – nach dem Treffen geben wird, ist noch offen. Was aber bereits klar ist: Für Xi ist Michel am Donnerstag ein gefundener Fototermin. Denn am selben Tag findet in Washington ein Treffen des EU-USA-Dialogs zu China und der Indo-Pazifik-Region statt.

“Neuer Impuls für die Beziehung”

Der Zeitpunkt des Besuchs am 1. Dezember sei durchaus problematisch, sagt Merics-Analyst Grzegorz Stec im Gespräch mit China.Table. Dass Michel genau am Tag des Dialogs zwischen EU- und US-Vertretern in Peking mit Xi zusammentrifft, könnte den Eindruck von Rissen in der transatlantischen Koordinierung wecken. Das sei ein Gewinn für Peking, sagt Stec. Die Delegation in Washington wird vom Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS), Stefano Sannino, geleitet – also weniger hochrangig, dafür aber effektiver auf der Arbeitsebene.

Sannino ist innerhalb des EEAS primär für geopolitische Themen zuständig. Auf der Agenda steht EU-Kreisen zufolge erneut Chinas Rolle im russischen Krieg in der Ukraine. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Proteste in der Volksrepublik ebenfalls Gesprächsstoff sein werden.

EU-China-Beobachter Stec erwartet indes von Michels Reise keine größeren Ergebnisse oder Veränderungen für die Beziehungen zwischen Brüssel und Peking. Der EU-Ratschef wolle in Peking mögliche Kooperationsmöglichkeiten mit der Volksrepublik bei Schlüsselfragen ausloten, hieß es von EU-Seite vor Michels Abreise aus Brüssel am Dienstag.

Der EU-Ratschef, der die 27 EU-Mitgliedstaaten repräsentiert, trifft sich mit Präsident Xi, Ministerpräsident Li Keqiang und dem Vorsitzenden des Nationalen Volkskongresses, Li Zhanshu. Die Visite solle als erster Dialog betrachtet werden, so ein EU-Beamter. “Was unserer Meinung nach notwendig ist, ist ein neuer Impuls für die Beziehung – auch um zu überprüfen, was sich geändert hat und was die neuen Parameter sind.”

Weiterer Nachteil in der Außenwirkung

Die Liste der Gesprächspunkte ist lang: Michel und seine Gesprächspartner sollen über geopolitische Entwicklungen, sowie die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sprechen. Auch “andere globale Herausforderungen” wie Klimawandel, Gesundheit sowie steigende Nahrungsmittel- und Energiepreise sollen diskutiert werden, wie vorab mitgeteilt wurde. Ein richtiger Fokus auf ein Thema oder zumindest Themenbereich fehlt. Die Agenda ist mehr ein Rundumschlag, ein erstes persönliches Beschnuppern nach einer langen Pause.

Konkrete Gespräche zu vielen Punkten sind ohnehin schwer. Denn Michel reist ohne EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Die Kommission als oberste EU-Behörde ist allerdings federführend bei der Implementierung von Gesetzgebungen wie beispielsweise den meisten Handelsinstrumenten. Bei EU-Gipfeln wird Brüssel immer von beiden vertreten. Dass Michels Besuch nun nicht mit anderen europäischen Institutionen koordiniert zu sein scheint, ist in der Außenwirkung ein Nachteil.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hätten bei ihrem Gipfel im Oktober Michel ein klares Mandat für den Ansatz gegenüber China erteilt (China.Table berichtete), hieß es von offizieller Seite – bei dem EU-Gipfel wurde der bekannte Dreiklang aus Partner-Wettbewerber-Systemrivale bestätigt und vor zu hoher Abhängigkeit gewarnt. Dass die verschiedenen EU-Hauptstädte durchaus sehr unterschiedliche Ansichten zum Umgang mit der Volksrepublik haben, ist kein Geheimnis.

Der EU-Ratspräsident soll auch “Fragen zu Menschenrechten und unseren Werten” ansprechen, hieß in einem Briefing für Journalisten Ende vergangener Woche – also vor den Wochenend-Protesten in der Volksrepublik. Als Themen wurden damals die “jüngsten Entwicklungen in Hongkong und Xinjiang” genannt. Ob und in welcher Form die Protestwelle in China bei dem Treffen angesprochen werden könnte, ist unklar. Bisher teilte der EEAS mit, die Vorgänge in der Volksrepublik zu verfolgen.

EU-Abgeordnete fordern Zeichen von Michel

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach am Dienstag in Brüssel erstmals direkt die Proteste an. “In diesen Tagen sehen wir die wachsenden Kosten von [Chinas] Null-Covid-Politik und die wachsende Sorgen der chinesischen Bürger über Lockdowns.” In China passiere “etwas sehr Wichtiges”, betonte Borrell.

Abgeordnete des EU-Parlaments forderten nun ein klares Zeichen von Michel. “Statt eines Handschlags sollte Ratspräsident Michel unübersehbar ein weißes Blatt in den Händen halten“, forderte Europaparlaments-Vizepräsidentin Nicola Beer (FDP). Europa müsse unmissverständlich auf der Seite derer stehen, die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit forderten, sagte Beer zu China.Table. “Europa muss diesen Menschen politischen Rückenwind geben und darf hier nicht stummer Zaungast sein.” Auch Reinhard Bütikofer, Grünen-Europapolitiker, und der CDU-Abgeordnete Michael Gahler forderten ein Zeichen.

In der Praxis könnte das aber schwer werden, glaubt Merics-Analyst Stec: Einerseits müsse Michel das Thema Proteste neben den anderen Bedenken der EU ansprechen, um zu zeigen, dass Brüssel die Menschenrechte und die systemische Rivalität ernst meint. Andererseits, so Stec, wolle der EU-Ratschef nicht, dass diese Botschaft seinen Besuch dominiert. Es ist eine diplomatische Gratwanderung.

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Sorgfaltspflicht: Rat will Kommissionstext abschwächen

Es ist mehr als bloße Formsache: Am Donnerstag wird im Rat für Wettbewerbsfähigkeit über die Allgemeine Ausrichtung zur Sorgfaltspflicht für Unternehmen abgestimmt. Frankreich versuchte in den vergangenen Tagen, eine Sperrminorität zu erreichen. Dank der Unterstützung von Italien, Spanien und der Slowakei konnte Paris hinreichend Druck aufbauen, damit der Text heute nochmal diskutiert wird.

Paris stört sich daran, dass die Finanzindustrie Sorgfaltspflicht leisten muss. Dabei ist der Ratskompromiss, der Europe.Table vorliegt, bereits deutlich zahnloser als der Kommissionsvorschlag. Asset-Manager fallen zum Beispiel nicht mehr unter den Text. Insgesamt soll die Sorgfaltspflicht nur vor der Erbringung von Finanzdienstleistungen gelten. Finanzdienstleister müssen zudem ihre Geschäftsbeziehungen nicht beenden, wenn es zu Verstößen kommt.

Das geht Paris nicht weit genug: Ein Gegenvorschlag der Franzosen, welcher Europe.Table vorliegt, würde den Finanzsektor praktisch ganz von der Sorgfaltspflicht befreien. Das Parlament wählt unter Berichterstatterin Lara Wolters (S&D) einen ganz anderen Ansatz: Wolters will die Finanzdienstleister deutlich stärker in die Pflicht nehmen, als es die Kommission vorschlägt.

Deutschland akzeptiert Kompromisstext

Lange hat der Rat um einen Kompromisstext gerungen. Nur wenige Staaten, etwa Dänemark und die Niederlande, haben sich für einen progressiven Ansatz eingesetzt. Auch die Bundesregierung hat im Rat versucht, den Kommissionstext zu verwässern.

Man wollte die deutsche Industrie, die sich bereits mit dem hiesigen Gesetz schwer anfreunden kann, nicht verärgern. Deutschland will den Kompromisstext allerdings mittragen und nicht auf eine weitere Entschärfung der Richtlinie drängen.

Der Kompromiss der Ratspräsidentschaft ist deutlich kulanter als der Kommissionsvorschlag. Es bahnen sich zähe Verhandlungen an: Rat und Parlament drohen in etlichen Punkten weit auseinanderzuliegen, nicht nur bei den finanziellen Dienstleistungen. Im Parlament steht allerdings noch kein Kompromisstext. Anfang November stellte Berichterstatterin Lara Wolters ihre Änderungen vor.

Anfangs nur begrenzte Reichweite

Besonders problematisch wird die Frage nach der Reichweite des Gesetzes sein. Der Rat schlägt vor, dass die Richtlinie im ersten Jahr lediglich für Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitern und 300 Millionen Euro Umsatz gilt. Erst danach will der Rat dem Kommissionsvorschlag folgen, wonach Unternehmen ab 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von 150 Millionen Euro unter das Gesetz fallen.

Zum Vergleich: Wolters fordert, dass Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und 40 Millionen Euro Umsatz Sorgfaltspflicht leisten müssen. Der Rat orientiert sich sichtlich am deutschen Lieferkettengesetz, welches ebenfalls einen mehrstufigen Ansatz wählt: Im ersten Jahr sind hier nur Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten betroffen.

Der Ratskompromiss gesteht kleinen und mittelgroßen Unternehmen einige Ausnahmen zu. Sie fallen etwa ganz aus den Provisionen für finanzielle Dienstleistungen heraus. Auch sollen sie zum Beispiel ihre Geschäftsbeziehungen nicht beenden müssen, wenn ihre Geschäftspartner ihre Sorgfaltspflicht nicht erfüllen.

Downstream-Aktivitäten sollen im Trilog gekippt werden

Während Lara Wolters in ihrem Bericht fordert, dass sich die Sorgfaltspflicht auf die gesamte Wertschöpfungskette bezieht, will der Rat die Definition aufspalten. Will heißen: Upstream-und Downstream-Aktivitäten werden besser definiert und in konkrete Tätigkeiten dekliniert. Der Ratskompromiss bevorzugt denn auch den Begriff der“chain of activities”.

Man könnte daraus schlussfolgern, dass die Downstream-Aktivitäten weiterhin erfasst werden, wenn auch in abgeschwächter Form. Doch aus Verhandlungskreisen heißt es, man wolle im Trilog darauf drängen, dass die Sorgfaltspflicht nur noch für die Lieferketten gilt. Berlin dürfte diese Taktik gutheißen, da auch das deutsche Gesetz so ausgelegt ist.

Risikobasierter Ansatz arrangiert Rat und Parlament

Zudem plädiert der Rat für einen risikobasierten Ansatz. Demnach sind Unternehmen angehalten, sich eine Übersicht über ihre Aktivitäten und die ihrer Tochtergesellschaften und Geschäftspartner zu verschaffen. Darauf aufbauend sollen sich die Unternehmen vorwiegend auf die Bereiche konzentrieren, bei denen etwaige Probleme am wahrscheinlichsten oder am größten sind. Außerdem sollen sie die folgenreichsten Probleme zuerst angehen.

Auch im Text von Lara Wolters findet man Hinweise auf ein risikobasiertes Vorgehen. Dieser Ansatz dürfte sich nach den Verhandlungen im Parlament noch verstärken. Insbesondere die EVP will erreichen, dass sich das Gesetz weder auf die gesamte Wertschöpfungs- noch -Lieferkette appliziert, sondern nur dann greift, wenn es auch wirklich Risiken für Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverstöße gibt.

Keine persönliche Haftung für Direktoren

Weitere Abschwächungen im Vergleich zum Kommissionsvorschlag, vor allem aber zu Wolters’ Text finden sich etwa bei der Definition der Geschäftsbeziehungen und der zivilrechtlichen Haftung für Unternehmen. Eine “Safe Harbour”-Klausel, wie etwa von der EVP gefordert, enthält der Text aber nicht. Laut einer solchen Klausel könnten Unternehmen nicht für Schäden haftbar gemacht werden, wenn sie eine gewisse Checkliste erfüllen.

Die persönliche Haftung von Unternehmensführern, die bereits unter den EU-Kommissaren für Streit sorgte, will der Rat gänzlich streichen. Das sei ein Aspekt der internen Unternehmensführung, lautet die Erklärung. Lara Wolters möchte ihrerseits nachschärfen und die Bezahlung von Direktoren an noch strengere Nachhaltigkeitskriterien binden, etwa den Kampf gegen den Klimawandel und die Reduktion von Treibhausemissionen.

Obwohl der Ratskompromiss weniger ambitioniert ist als der Kommissionstext und erheblich vom derzeitigen Ansatz des Parlaments abweicht, geben sich Menschenrechts-NGOs hinter vorgehaltener Hand resigniert. Sie sind bereits erleichtert, dass die tschechische Ratspräsidentschaft mit einem Kompromiss aufwarten kann. Unter schwedischer Führung wäre das nicht so sicher gewesen, hört man. Die neue Regierung kann sich kaum mit dem Gesetz anfreunden. Auch von den osteuropäischen Staaten gibt es weiterhin erheblichen Widerstand gegen das Gesetz.

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Debatte um CO2-Entnahme nimmt Fahrt auf

Freiwillige öffentliche und private Systeme für die Zertifizierung und finanzielle Vergütung der Kohlenstoffaufnahme existieren bereits in einigen EU-Ländern. Der Text des Vorschlags, der Europe.Table vorliegt, zielt darauf ab, die verschiedenen Systeme zu vereinheitlichen, indem gemeinsame europäische Mindeststandards für das festgelegt werden, was auch als “negative Emissionen” beschrieben wird.

“Dies ist ein allererster Schritt”, betont ein hoher EU-Beamter. Ziel sei es, Vertrauen für das Konzept der Kohlenstoffentnahme zu schaffen und Greenwashing zu bekämpfen. Darum werde man “zuverlässige, unabhängig geprüfte Daten über die Kosten und den Nutzen der Kohlenstoffentnahme bereitstellen” sowie “vollständige Transparenz darüber bieten, wie sie berechnet werden”. Es gehe darum, herauszufinden, welche Methoden der Kohlenstoffentnahme die positivsten Auswirkungen für die Klimabilanz haben, fügt er hinzu.

Bei der Kommission ist die GD Klima für das Dossier zuständig. Sie stützt sich auf den sechsten IPCC-Bericht. Der stellt fest, dass der Einsatz von Kohlendioxid-Abscheidung zum Ausgleich schwer abbaubarer Restemissionen unumgänglich ist, wenn Netto-Null-Emissionen erreicht werden sollen. Die Brüsseler Behörde leitet daraus die Notwendigkeit einer “groß angelegten Einführung von nachhaltigen Maßnahmen zur Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre” ab.

Natürliche und technische Lösungen

Der Vorschlag untersucht drei Methoden zur Beseitigung und Speicherung von Kohlenstoff:

  • die dauerhafte Speicherung in geologischen Reservoiren,
  • die Speicherung von Kohlenstoff in Produkten und
  • Carbon Farming, also landwirtschaftliche Praktiken, die es ermöglichen, Kohlenstoff im Boden zu speichern.

Um dies zu erreichen, hebt die Kommission sowohl natürliche Lösungen (wie die Nutzung von Torfmooren und Wäldern) als auch technologische Lösungen hervor. So erwähnt der Vorschlag die Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (BECCS) und die direkte Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff aus der Luft (DACCS). Der Vorschlag führt auch einen freiwilligen Finanzierungsmechanismus ein.

Die große Mehrheit der an diesem Dossier beteiligten Akteure und Verhandlungsführer betont die Komplexität des Themas. Die Generaldirektion Klima ist daher dabei, eine Expertengruppe einzusetzen, die im ersten Quartal des nächsten Jahres ihre Arbeit aufnehmen soll, um Antworten auf die zahlreichen technischen Aspekte zu finden.

Zwei Lager

Doch schon jetzt stehen sich zwei Lager gegenüber. Die beziehen sich nicht auf das Für und Wider des Einsatzes von Technologie und der Einführung von Finanzmechanismen in das Zertifizierungssystem, sondern auf den Grad der Technologie, den Grad der Finanzialisierung dieses Systems, die Gefahren des Greenwashing sowie auf die Frage der rechtlichen Verantwortung der beteiligten Akteure.

Wijnand Stoefs, zuständig für das Thema Kohlenstoffaufnahme bei der Umwelt-NGO Carbon Market Watch befürwortet zum Beispiel die Nutzung von Torfmooren und Wäldern für die CO2-Aufnahme. Wenig hält er jedoch davon, dass auch Kohlenstoff, der in Böden und Produkten gebunden werde, in das Zertifizierungssystem einbezogen wird. Er verweist auf die Komplexität der Kohlenstoffbindung im Boden, wenn sie in großem Maßstab angewendet wird. Hinzu komme die “hohe Wahrscheinlichkeit”, dass Kohlenstoff dabei wieder in die Atmosphäre entweicht.

NGO-Koalition kritisiert Pläne

Der in Produkten wie Möbeln oder Baumaterialien gespeicherte Kohlenstoff hat seiner Meinung nach keine signifikanten Auswirkungen auf das Klima. Darüber hinaus wirft Stoefs die Frage auf, ob Landwirte mit kleinen Betrieben nicht gegenüber Großbauern benachteiligt werden, die über einen viel größeren finanziellen Spielraum verfügen, um in diese Technologien zu investieren.

In einer Erklärung “Real Zero Europe” hatten 170 Organisationen die Pläne der Kommission scharf kritisiert. Die Aktivisten sind der Meinung, dass der Einsatz von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung die Nutzung fossiler Brennstoffe nur verlängern würde. Eine künftige Kohlenstoffentnahme dürfe “nicht als Ersatz für tiefgreifende Emissionssenkungen in der Gegenwart dienen”, so die Koalition. Diese sei “nur ein Vorwand für die derzeitige Untätigkeit” bei der Verringerung der Emissionen, heißt es.

Liese plädiert für Aufnahme in den ETS

Für den ETS-Berichterstatter Peter Liese (EVP) ist die Sache klar: “Wir können das Ziel von Paris nicht erreichen, ohne CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.” Er betont, dass man beide Methoden haben müsse, also die Reduzierung der Treibhausgasemissionen und die negativen Emissionen.

“Ich denke, wir sollten uns mehr auf die technischen Lösungen konzentrieren, und die sind schon einsatzbereit”, sagt Liese und nennt als Beispiel CO2, das durch Direct Air Capture (DAC) abgeschieden und für die Herstellung von Ziegeln verwendet wird. Produkte, die auf diese Weise entstehen, seien zwar teuer, aber das sei vor 25 Jahren bei Solarmodulen auch der Fall gewesen.

Der Parlamentarier schlägt außerdem vor, Technologien zur Kohlenstoffentnahme in den ETS aufzunehmen. Erst wenn das Zertifizierungssystem einsatzbereit sei, können die Kommission aber die Aufnahme in das EU-Emissionshandelssystem in Betracht ziehen. Eine Maßnahme, die voraussichtlich im Juli nächsten Jahres diskutiert werden wird.

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Strompreisbremse: Viele Unternehmen zahlen weniger als 2021

Mit dem Gesetzentwurf für eine Strompreisbremse, den das Bundeskabinett am vergangenen Freitag gebilligt hat, verfolgt die Bundesregierung offiziell das Ziel, den Anstieg der Strompreise zu begrenzen. Sparen sollen Haushalte und Betriebe “im Vergleich zu den extrem hohen Energiekosten, die durch hohe neue Vertragspreise entstehen”, heißt es im Überblickspapier, mit dem die Regierung die Regelung begründet.

Für Haushaltskunden trifft das auch zu. Für viele Unternehmen sinken die Strompreise dagegen nicht nur im Vergleich zu den aktuellen, hohen Preisen, sondern auch im Vergleich zu den Preisen, die im Jahr 2021 angefallen sind, also vor Beginn der kriegsbedingten Energiepreiskrise. Das zeigen Berechnungen von Table.Media auf Grundlage von Zahlen der Bundesnetzagentur und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Dies könnte erneute Kritik anderer EU-Staaten an den üppigen Hilfen Deutschlands hervorrufen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Unternehmen und Gewerbebetriebe mit einem Verbrauch von mehr als 30.000 Kilowattstunden pro Jahr im nächsten Jahr 70 Prozent ihres Vorjahresverbrauchs zum Preis von 13 Cent pro Kilowattstunde bekommen. Hinzu kommen staatliche Umlagen und Abgaben, die für große Industriebetriebe laut BDEW-Strompreisanalyse 1,18 Cent pro Kilowattstunde betragen, sowie Netzentgelte, die bei Industriekunden dem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zufolge im Schnitt 2,67 Cent ausmachen.

Auch Gewerbekunden dürfen sich freuen

Der Gesamtpreis (ohne Stromsteuer) beträgt damit im Schnitt 16,85 Cent pro Kilowattstunde – und damit deutlich weniger als die 19,84 Cent pro Kilowattstunde, die der BDEW (ebenfalls ohne Stromsteuer) als Endpreis für Industriekunden mit einem Stromverbrauch zwischen 160.000 und 20 Millionen Kilowattstunden für das Jahr 2021 nennt. Auch wenn die Unternehmen ihren Stromverbrauch nicht verringern und für die 30 Prozent außerhalb des verbilligten Kontingents die aktuellen Marktpreise zahlen müssen, von denen das Bundeswirtschaftsministerium an anderer Stelle in seinen Beispielrechnungen ausgeht, ergibt sich noch ein leichter Rückgang.

Freuen können sich auch Gewerbekunden: Hier zeigen die Beispielrechnungen der Bundesnetzagentur für einen Betrieb mit einem Stromverbrauch von 50.000 Kilowattstunden pro Jahr für 2021 einen durchschnittlichen Strompreis von 23,23 Cent pro Kilowattstunde. Wird die Strompreisbremse wie geplant umgesetzt, bleibt der Preis für 70 Prozent des Verbrauchs hier mit 23,57 Cent fast unverändert – und weitaus geringer als die aktuellen Marktpreise.

Verzicht auf unterschiedlich hohe Entlastungen

Grund für die sinkenden beziehungsweise stabilen Preise ist die Tatsache, dass Gewerbetreibende und viele Industriekunden neben der Strompreisbremse zusätzlich davon profitieren, dass in diesem Jahr die EEG-Umlage komplett abgeschafft wurde, was ihren Endpreis für 2023 im Vergleich zu 2021 um 6,5 Cent pro Kilowattstunde senkt.

Deutlich teurer wird der Strom nur für jene Unternehmen, die aufgrund von hohem Stromverbrauch und Wettbewerb in der Vergangenheit von der EEG-Umlage befreit waren und darum von deren Abschaffung nicht profitieren: Für sie bedeutet der künftige Preis von 13 Cent in vielen Fällen eine Verdreifachung ihrer bisherigen Kosten.

Mit diesen energieintensiven Unternehmen, auf die etwa die Hälfte des Stromverbrauchs der Industrie entfällt, begründet das Wirtschaftsministerium denn auch den im Gesetz vorgesehenen Strompreis. Läge er höher, würde man “sehr stromintensive Unternehmen zu gering entlasten”, schreibt das Haus von Minister Robert Habeck (Grüne) auf Anfrage. Und eine unterschiedliche hohe Entlastung, wie sie in der Vergangenheit bei der EEG-Umlage praktiziert wurde, so heißt es, hätte den Prozess verzögert, weil sie von der EU als Beihilfe hätte genehmigt werden müssen.

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News

IRA: Breton und Habeck konkretisieren Pläne

Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat seine Pläne für die Förderung klimafreundlicher Technologien in Europa konkretisiert. Die US-Förderprogramme im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) seien ein “game-changer” und könnten zu einer “kompletten Umkehr der Investitionsflüsse” führen, warnte er bei einer Rede in Berlin. Darauf müsse die EU industriepolitisch reagieren.

  • Clean Tech Europe-Plattform: Bei einer Veranstaltung heute will Breton eine neue Industrieplattform ins Leben rufen. In dem Rahmen sollen Mitgliedstaaten, Industrie und Europäische Investitionsbank kooperieren, um mehr Produktionskapazitäten für Windkraftanlagen, Solar, Wärmepumpen, Elektrolyseure und Stromnetze in Europa zu schaffen.
  • Abbau bürokratischer Hürden: Neue Produktionsstätten sollen schneller genehmigt werden. Dafür solle ein eigener rechtlicher Rahmen geschaffen werden, etwa nach dem Muster des Chips Act für Halbleiterfabriken oder für Erneuerbare-Energien-Projekte. Auch an anderer Stelle solle das Regelwerk angepasst werden, so Breton, etwa bei “angepassten Handelsregeln oder Taxonomie-Kriterien” – wohl ein Hinweis auf eine Bevorzugung europäischer Unternehmen, was im Konflikt mit den WTO-Regeln stünde
  • Gelockerte EU-Beihilferegeln: Förderfähig sein sollen nicht nur innovative Industrieprojekte (im Rahmen eines IPCEI), sondern auch Vorhaben, die “zu Europas Souveränität und Resilienz beitragen”. Das aber wäre ein “Paradigmenwechsel”, wie Breton selbst einräumt.
  • European Sovereignty Fund: Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlägt Breton einen neuen EU-Fonds vor. Dieser solle Industrieprojekte aus unterschiedlichen Sektoren fördern, die Europas Souveränität dienten. Diese brauche eine ausreichende Finanzkraft, um Wettbewerbsverzerrungen in der EU auszugleichen, die durch die unterschiedlichen Haushaltsspielräume der Mitgliedstaaten entstehen.

Breton kann bei den meisten Punkten auf die Unterstützung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zählen. Der Grünen-Politiker sprach sich gestern für eine europäische Rahmengesetzgebung für Subventionen in klimaneutrale Produktion aus. In der Chipbranche werde bereits ein bestimmter Anteil vorgeschrieben, der in Europa produziert werden müsse. Bei öffentlichen Ausschreibungen müsse ebenfalls ein stärkerer Fokus auf die Produktion in Europa gelegt werden.

Die SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz kritisierte, die Genehmigungsprozesse etwa im Rahmen eines IPCEI seien viel zu langwierig. Daher müsse das Verfahren beschleunigt und neue Fördermöglichkeiten für die industrielle Massenproduktion geschaffen werden.

Breton trifft mit seinen Ideen aber noch auf Widerstand in der EU-Kommission und einigen Regierungen. “Ein Subventionswettlauf ist jetzt gerade sicherlich im Interesse von niemandem”, sagte die für Wettbewerb zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager bei einer Veranstaltung in Brüssel. Sie forderte die US-Regierung auf, auf die Einwände der Europäer einzugehen: Die transatlantischen Beziehungen näherten sich einem “entscheidenden Moment”. Beim Treffen des EU-US-Handels- und Technologierates am Montag werde es darum gehen, sich auf einen kooperativen Ansatz zu verständigen. tho

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Simson signalisiert Entgegenkommen beim Gaspreisdeckel

Die Kommission könnte möglicherweise schneller gegen überhöhte Gaspreise vorgehen, als sie in ihrem Gesetzentwurf vom 22. November angekündigt hat. Das deutete Energiekommissarin Kadri Simson gestern im Industrieausschuss des Parlaments an.

Nach dem Entwurf soll der Gaspreis am Handelspunkt TTF erst dann begrenzt werden, wenn er mindestens zwei Wochen lang über 275 Euro pro Megawattstunde liegt. Mitgliedstaaten wie Spanien und Polen hatten dies beim Energieministerrat als völlig unzureichend kritisiert. Simson signalisierte gestern im ITRE ein Entgegenkommen: “In der Tat könnten 14 Tage ein extrem langer Zeitraum sein, wenn wir diese Preise erreichen.”

Mit den Mitgliedstaaten diskutiere die Kommission außerdem, ab welchem Preis der Market Correction Mechanism aktiviert werde und welche Finanzprodukte er umfassen solle. Nach dem Gesetzentwurf soll der Mechanismus nur für den TTF und börsengehandelte Futures für den Frontmonat gelten.

Die Mitgliedstaaten hätten allerdings auch einen klaren Rahmen erhalten, wie sie Haushalte und mittelständische Unternehmen finanziell unterstützen können, betonte Simson. Mit den beschlossenen Gewinnabschöpfungen für Stromerzeuger und fossile Energieunternehmen sei es den EU-Staaten möglich, die Unterstützung “auch in den nächsten Wintern” zu zahlen. ber

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WWF: Knapp die Hälfte der ETS-Einnahmen fließt nicht in Klimaschutz

Von den 88,5 Milliarden Euro, die die EU-Mitgliedstaaten aus dem europäischen Emissionshandelssystem (ETS) zwischen 2013 und 2021 eingenommen haben, flossen rund 51 Milliarden in Klimaschutzmaßnahmen (57,8 Prozent). Nach offiziellen Angaben seien zwar knapp 64 Milliarden Euro (72 Prozent) in Klimaschutzmaßnahmen reinvestiert worden, jedoch zweifelt eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung des WWF diese Zahlen an.

Es heißt, dass mindestens 12,4 Milliarden Euro, die dem Klimaschutz zugeschrieben wurden, in Maßnahmen flossen, die dem Klima nicht zuträglich oder sogar klimaschädlich waren.

Darunter:

  • Kompensationen für CO2-Preise für die Industrie
  • Modernisierung von Kohleinfrastruktur
  • Umstellung von Kohle auf Gas
  • Heizsysteme, die auf fossilen Brennstoffen beruhen
  • Förderung von Dieselfahrzeugen
  • kohlenstoffreiche Bioenergiequellen
  • Atomkraft

Die restlichen rund 25 Milliarden Euro sind laut WWF direkt in die Haushalte der Länder geflossen.

Die ETS-Regeln sehen vor, dass Länder “mindestens 50 Prozent” ihrer Einnahmen in Maßnahmen gegen den Klimawandel investieren müssen. Allerdings ist nicht weiter definiert, welche Maßnahmen dazu zählen. Der WWF fordert daher eine klare Definition, die Investitionen in fossile Infrastruktur sowie industrielle CO2-Preis-Kompensation ausschließt. Darüber hinaus sollten Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die kompletten Einnahmen für den Klimaschutz einzusetzen, schreibt die NGO.

Kostenlose CO2-Zertifikate für die Industrie

Ein weiterer Kritikpunkt des WWF ist die Menge an kostenlosen Emissionsrechten, die an die Industrie vergeben werden als Schutz vor Carbon Leakage. Nur für 47 Prozent der Zertifikate werde ein CO2-Preis bezahlt. Somit würden Emissionszertifikate im Wert von 98,5 Milliarden Euro an die Industrie verschenkt. “Die EU führt das Verursacherprinzip des Emissionshandels ad absurdum, solange die Schlupflöcher größer sind als das ganze System”, kritisiert Juliette de Grandpré, EU-Klimaschutzexpertin beim WWF Deutschland. Sie fordert daher die schnellstmögliche Abschaffung der kostenlosen Zuteilungen. luk

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Kommission beschließt Drohnen-Strategie

Bis 2030 sollen Dienstleistungen per Drohne zum Alltag in der EU gehören. Dafür soll die Drohnen-Strategie 2.0 sorgen, die die Kommission beschlossen hat. Folgende Dienstleistungen sind dafür vorgesehen:

  • Luftdienste wie Lufttaxis, die regelmäßig Beförderungsdienste anbieten, zunächst mit einem Piloten – mit der Vision, den Dienst zu automatisieren
  • zivile Drohnen im Einsatz für Kartierung, Notdienste, Bildgebung, Inspektion und Überwachung, dringende Zustellung von Kleinsendungen wie biologische Proben und Medikamente

Die Kommission hat 19 Maßnahmen identifiziert, die das regulatorische und kommerzielle Umfeld für den Drohnenmarkt der Zukunft schaffen sollen. Die zentralen Maßnahmen sind:

  • Verabschiedung neuer Flugtüchtigkeitsvorschriften und neuer Ausbildungsvorschriften für Piloten von funkgesteuerten und eVTOL-Flugzeugen (bemannte elektrische Senkrechtstarter)
  • Finanzierung der Einrichtung einer Online-Plattform zur Unterstützung lokaler Akteure und der Industrie bei der Umsetzung einer nachhaltigen innovativen Luftmobilität
  • Entwicklung eines strategischen Fahrplans für Drohnentechnologie, um vorrangige Bereiche für Forschung und Innovation zu ermitteln, bestehende strategische Abhängigkeiten zu verringern und das Entstehen neuer Abhängigkeiten zu vermeiden
  • Festlegung von Kriterien für ein freiwilliges, für die Cybersicherheit zugelassenes Drohnenlabel

Jens Gieseke, verkehrspolitischer Sprecher der CDU im Europaparlament, sieht hohes wirtschaftliches Potenzial: “Der Wert des Marktes kann bis 2030 auf 14,5 Milliarden Euro anwachsen und Jobs für 145.000 Beschäftigte bieten.” Voraussetzung sei aber, dass der Rahmen richtig gesetzt werde: “Dabei müssen wir aufpassen, diesen innovativen Markt nicht durch zu starre Vorgaben einzuschnüren oder Entwicklungen durch zu langsame Gesetzgebung zu verzögern.” mgr

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Data Act: Streit über Fristen und funktionale Äquivalenz

Berichterstatter Adam Bielan (EKR) hat im Binnenmarktausschuss (IMCO) davor gewarnt, dass das Angebot an Cloud-Diensten in der EU durch das Datengesetz (Data Act) auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht wird. Wenn es etwa um die funktionale Äquivalenz gehe, “müssen wir entscheiden, ob wir uns darauf konzentrieren, dem Anbieter zusätzliche Verpflichtungen aufzuerlegen, um dem Kunden den Wechsel zu erleichtern, oder ob wir ihm weitere Aufgaben auferlegen, die schwer oder gar nicht zu erfüllen sind“, sagte Bielan.

IMCO ist beim Data Act assoziierter Ausschuss (Artikel 57) und allein zuständig für Kapitel 6, indem es um den Wechsel des Cloud-Anbieters (Cloud Switching) geht. Die Abgeordneten haben dazu mehr als 600 Änderungsanträge eingebracht. Die Abstimmung im IMCO ist für Januar vorgesehen. Bielan nannte den Zeitplan sehr eng. Die nächste politische Diskussion ist am 13. Dezember geplant.

Renew will funktionale Äquivalenz streichen

Renew ist für die vollständige Streichung des Begriffs der funktionalen Äquivalenz. “Wir sind aber offen für die Überlegung, ob eine verfeinerte Definition eine Lösung sein könnte”, sagte Svenja Hahn (Renew). Jedoch dürfe vom ursprünglichen Anbieter nicht erwartet werden, “dass er die Verantwortung für die Kontinuität der Dienste innerhalb der Systeme des neuen Anbieters übernimmt”.

Die EVP-Abgeordnete Maria Carvalho betonte, wie wichtig es sei, die Verantwortlichkeiten des Herkunfts- und des Zielanbieters besser zu balancieren. Sie schlug vor, den einzelnen Partnern bei den verschiedenen Schritten im Prozess unterschiedliche Pflichten aufzuerlegen. Da die EVP überzeugt ist, dass Gebühren den Wechsel behindern, will sie die Gebühren abschaffen. Für komplexe technische Dienstleistungen müsse der Kunde aber zahlen, sagte Carvalho.

S&D schlägt gleichberechtigte Vereinbarungen zu Fristen vor

Grundsätzlich sollten die Rechte von Verbrauchern und Unternehmen beim Wechsel zwischen Datenverarbeitungsdiensten ausgewogener und flexibler gestaltet werden, forderte Agius Saliba (S&D). Partner, die gleichermaßen Einfluss auf die vertragliche Vereinbarung nehmen könnten, sollten längere Fristen beim Wechsel vereinbaren können. Auch Renew unterstützt die Stärkung der Vertragsfreiheit zwischen dem Cloud-Anbieter und dem Kunden, sagte Hahn.

Alexandra Geese (Grüne/EFA) betonte das Ziel, den Wettbewerb auf dem Markt für Cloud-Dienste anzukurbeln. “Wir müssen sicherstellen, dass unser endgültiger Text es den marktbeherrschenden Akteuren nicht ermöglicht, sich den Verpflichtungen zu entziehen“, sagte Geese. Sonst könnten Monopolanbieter Vertragsbedingungen oder Gebühren auferlegen, die Kunden vom Wechsel abhalten. “Und ich bin sehr froh zu hören, dass EVP und S&D diese Ziele wirklich teilen.” vis

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Verteidigungsindustrie braucht “langfristige Vision”

Die europäische Verteidigungsindustrie fordert eine langfristige Perspektive und massive Investitionen. Es gehe um eine stabile Produktionsrate und die europäische Wettbewerbsfähigkeit, sagte Alessandro Profumo, Präsident des Europäischen Dachverbands der Luftfahrt-, Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (ASD), am Dienstag in Brüssel.

Kurzfristig müsse es gelingen, die Produktion zu beschleunigen, so Profumo. Die gesamte Verteidigungsindustrie prüfe derzeit, wie sie die Produktion möglichst rasch beschleunigen könne: “Wir müssen in der Lage sein, eine höhere, stabile Produktionsrate zu erreichen.” Dafür werde in den Unternehmen auch länger gearbeitet. Die Industrie sei aber auf eine “langfristige Vision” angewiesen – konkret also auf eine stabile Auftragslage. Anders als in anderen Wirtschaftszweigen könne die Branche nicht auf Halde produzieren, so der ASD-Präsident.

Zudem müsse massiv in Innovation investiert werden, sagte Profumo. Das sei der Schlüssel, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen Schritt halten zu können. Die EU und die Nato seien da als Partner wichtig. Die 13 Milliarden Euro für den Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) seien ein Anfang. Mehr sei aber nötig, wenn Europa bei den innovativsten und bahnbrechendsten Technologien wettbewerbsfähig sein wolle.

Exporte gehören dazu

Wichtig sei allerdings nicht nur die Höhe der Mittel, sondern auch, wie das Geld eingesetzt werde. Die europäische Verteidigungsindustrie müsse auch exportieren können, um lebensfähig zu sein. Es könne deshalb nicht sein, dass etwa ein Land den Export von Produkten aus einem neuen europäischen Programm blockiere. Das wäre Ressourcenverschwendung, sagte Profumo.

Wichtige Themen seien auch der Fachkräftemangel und die hohen Energiekosten. Letztere hätte erhebliche Auswirkung auf die Versorgungsketten und auf kleinere Zulieferer mit energieintensiver Produktion. Die Diversifizierung der Energiequellen sei dabei ein wichtiger Weg nach vorne. 

Die Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungsbranche gebe direkt oder indirekt 3,6 Millionen Menschen in Europa Arbeit, so die Studie, die am Dienstag vorgestellt wurde. Die Branche erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 578 Milliarden Euro. Der Verband hat errechnet, dass die Branche einen Beitrag zum europäischen BIP in Höhe eines mittelgroßen EU-Staats leistet. Neben den EU-Ländern sind auch die Unternehmen aus der Türkei, Großbritanniens und Norwegens im europäischen Dachverband ASD vertreten. sti

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Presseschau

Kritik an Subventionen: Habeck kündigt “robuste Antwort” der EU in Richtung USA an T-ONLINE
Weiter abhängig von Putin: Europa importiert Rekordmenge LNG aus Russland N-TV
Die EU will den Himmel frei machen für Drohnen und Lufttaxis – damit gehen allerdings zusätzliche Regeln einher NZZ
EU-Parlament und Staaten einigen sich auf besseren Informationsaustausch zwischen nationalen Polizeibehörden DEUTSCHLANDFUNK
Pegasus-Anhörung im EU-Parlament: viele Fragen, keine Antworten EURONEWS
Brüssel schwächt EU-Recyclinggesetz nach Industrie-Aufschrei deutlich ab EURACTIV
Pläne der EU: Strengere Regeln fürs Online-Shopping TAGESSCHAU
LEAK: Gesundheitsstrategie der Kommission will internationale Rolle der EU stärken EURACTIV
Hoffnung für “Bluter”: CSL strebt Medikamentenzulassung in Europa an OP-MARBURG
European companies asked to urgently donate spare parts to repair Ukraine’s power grid EURONEWS
Kampf gegen ukrainische Korruption: EU-Milliardenhilfe mit Bedingungen TAGESSCHAU
EU-Komission will Ungarn womöglich Geldhahn zudrehen, wenn Korruption nicht bekämpft wird EURONEWS
Energiekosten: Theater und Stadion in Ungarn bleiben im Winter geschlossen DERSTANDARD
Lauterbach ringt mit EU-Kommission um Cannabis-Legalisierung: “Brauchen sehr gute Argumente” HANDELSBLATT
Brüssel: Ministerpräsidentin Schwesig trifft EU-Klimakommissar STERN
Belgien wird Energiedrehscheibe für Deutschland und Europa INGENIEUR
Nach FTX-Crash: US- und EU-Politiker fordern gemeinsame Krypto-Regulierung BEINCRYPTO
EU-Geld für Getreidelieferungen per Schiff AGRARZEITUNG
Vier Länder blockieren neues Gesetz für Pressefreiheit – darunter Deutschland WELT
Deutsche Bahn: Grässlichster Bahnhof Europas ist Berlin-Alexanderplatz WATSON
Razzia auch in Deutschland: EU deckt Milliarden-Steuerbetrug auf N-TV
Norway postpones new oil and gas exploration licences until 2025 FT

Heads

Christa Schweng – Die Konsensbildnerin

Porträtfoto von Christa Schweng (EWSA), sie sitzt auf einem schwarzen Stuhl und spricht in ein Mikrofon.
Christa Schweng, Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA).

Auf dem Tisch stehen Mozartkugeln und Süßigkeiten von Manner – der österreichische Touch wird auf den ersten Blick sichtbar. Christa Schweng empfängt im achten Stock des Gebäudes, in dem der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) seinen Sitz hat. Der Blick aus dem Fenster hier im Herzen von Brüssel ist atemberaubend.

Mitten im Lockdown begann die Amtszeit der Juristin aus Wien als Präsidentin beim EWSA, am 28. Oktober 2020. Dann kam der 24. Februar dieses Jahres. Christa Schweng befindet sich an diesem Tag im Plenum, als ihr mitgeteilt wird, dass Frans Timmermans soeben eine geplante Rede kurzfristig abgesagt hat. “Weil Russland gerade in die Ukraine einmarschiert ist.” Daraufhin initiiert sie eine spontane Debatte im Saal. Bereits da zeichnet sich ein Unterschied ab in der Einschätzung zwischen den westeuropäischen und den an Russland angrenzenden Ländern. 

Schwieriges Mandat in einer schwierigen Zeit

Covid-19, Ukraine und jetzt Inflation: “Es gab schon einfachere Mandate, glaube ich”, fasst sie ruhig zusammen. Hinzu kommen die Debatten um die Nützlichkeit der Institution, der sie vorsteht. Sie flammten wieder auf, nachdem das Europäische Parlament erneut damit gedroht hatte, die Genehmigung der Haushaltsentlastung zu verweigern, so wie es bereits im Jahr 2020 geschehen war. Christa Schweng musste beweisen, dass die Fragen der Europaabgeordneten berücksichtigt worden waren. Es gelang ihr. Die Haushaltsentlastung wurde schließlich verabschiedet.

Ein schwieriges Mandat also, das in eine politisch ebenso schwierige Zeit fällt. Die Suche nach Kompromissen und Konsens ist daher besonders wichtig. “Wir versuchen zwischen divergierenden nationalen, zwischen den vielen gesellschaftlichen Gruppen einen Konsens herzustellen. Und dieser Konsens ist ein sicherer Boden für Politiker.”

Transparenz und Lösungsorientierung

Hauptaufgabe des EWSA besteht darin, der europäischen Exekutive Sachwissen zur Verfügung zu stellen. Dieses Sachwissen bezieht seine Legitimität aus dem Kompromiss, den die Beteiligten erzielen. Dabei helfe ein präziser Kommunikationsprozess. “Ich darf von vornherein nicht die persönlichen Interessen in den Vordergrund stellen”, sagt Schweng. “Stattdessen muss man ganz klar darlegen, was die Aufgabe ist, die es zu lösen gilt. Ich persönlich agiere immer transparent und zeige das auch. Das halte ich für extrem wichtig.”

Seit 1991 ist Schweng Mitarbeiterin der österreichischen Wirtschaftskammer und zuständig für soziale Fragen. Dieser Weg war es, der sie zum EWSA brachte. Ihre europäische Laufbahn begann mit den Diskussionen um den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. “Die Wirtschaftskammer hat damals Trainees gesucht, die bereit waren, sich im Europarecht ausbilden zu lassen und nach Brüssel zu gehen, um dort zu arbeiten. Ich habe mich beworben, wurde eingestellt und habe daher nie meine Dissertation fertig geschrieben”, erinnert sie sich.

Stattdessen hat sie unter anderem in der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU gearbeitet. Es war in der Zeit vor dem Referendum, das heißt, in der heißen Phase der Beitrittsverhandlungen. Eine Zeit, in der es ebenfalls sehr wichtig war, Konsens zu erreichen. Claire Stam  

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Europe.Table Redaktion

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    • Charles Michel auf schwieriger Mission in Peking
    • Sorgfaltspflicht: Rat will Kommissionstext abschwächen
    • Debatte um CO2-Entnahme nimmt Fahrt auf
    • Strompreisbremse: Viele Unternehmen zahlen weniger als 2021
    • IRA: Breton und Habeck konkretisieren Pläne
    • Simson signalisiert Entgegenkommen beim Gaspreisdeckel
    • WWF: Knapp die Hälfte der ETS-Einnahmen fließt nicht in Klimaschutz
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    • Data Act: Streit über Fristen und funktionale Äquivalenz
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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    China erlebt die größte Protestwelle seit Jahrzehnten – und ausgerechnet jetzt reist EU-Ratschef Charles Michel nach Peking. Abgeordnete des EU-Parlaments fordern von ihm ein klares Zeichen für die Meinungsfreiheit, etwa in Form eines weißen Blattes, wie es die Demonstranten in der Volksrepublik bei sich tragen. Für Präsident Xi hingegen kommt das Treffen gerade recht, denn fast zeitgleich findet der EU-USA-Dialog zu China in Washington statt. Michels Reise – eine “Mission impossible”, schreibt Amelie Richter

    Morgen will der Rat über seine Position zur Sorgfaltspflicht für Unternehmen abstimmen. Das ist mehr als eine bloße Formsache. Obwohl der Text weniger ambitioniert ist als der Kommissionsvorschlag, blockiert Frankreich. Paris stört sich daran, dass die Finanzindustrie Sorgfaltspflicht leisten muss. Das Parlament hingegen will unter Berichterstatterin Lara Wolters die Finanzdienstleister deutlich stärker in die Pflicht nehmen. Besonders problematisch werde auch die Frage nach der Reichweite des Gesetzes sein, analysiert Charlotte Wirth. Es bahnen sich zähe Verhandlungen an. 

    Heute wird die Kommission ihren Vorschlag für ein Zertifizierungssystem für die CO2-Entnahme vorstellen. Es gehe darum, Vertrauen in das Verfahren zu schaffen und Greenwashing zu bekämpfen, hieß es im Vorfeld. Kritiker sehen in der Kohlenstoffentnahme allerdings genau das: Sie sei “nur ein Vorwand für die derzeitige Untätigkeit” bei der Verringerung der Emissionen. Für ETS-Berichterstatter Peter Liese hingegen ist die Sache klar: “Wir können das Ziel von Paris nicht erreichen, ohne CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.” Claire Stam berichtet über eine Debatte, die nun Fahrt aufnimmt. 

    Ihre
    Sarah Schaefer
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    Analyse

    Charles Michel auf schwieriger Mission in Peking

    Die Reise von EU-Ratschef Charles Michel nach China fällt in eine heikle politische Phase. Denn der EU-Ratspräsident ist der erste westliche Vertreter, der Staatschef Xi Jinping seit Beginn der massiven Proteste gegen die Null-Covid-Politik treffen wird. Außerdem ist das Meeting zwischen Xi und Michel das erste Aufeinandertreffen auf dieser ranghohen Ebene seit 2018.

    Vor allem EU-Parlamentarier fordern ein klares Zeichen Michels an Peking. Dass der Belgier die Proteste in der Volksrepublik direkt ansprechen wird, ist aber eher unwahrscheinlich. Auch andere große Fortschritte werden nicht erwartet. Ob es beispielsweise eine gemeinsame Erklärung oder Pressekonferenz – und nicht nur getrennte Statements – nach dem Treffen geben wird, ist noch offen. Was aber bereits klar ist: Für Xi ist Michel am Donnerstag ein gefundener Fototermin. Denn am selben Tag findet in Washington ein Treffen des EU-USA-Dialogs zu China und der Indo-Pazifik-Region statt.

    “Neuer Impuls für die Beziehung”

    Der Zeitpunkt des Besuchs am 1. Dezember sei durchaus problematisch, sagt Merics-Analyst Grzegorz Stec im Gespräch mit China.Table. Dass Michel genau am Tag des Dialogs zwischen EU- und US-Vertretern in Peking mit Xi zusammentrifft, könnte den Eindruck von Rissen in der transatlantischen Koordinierung wecken. Das sei ein Gewinn für Peking, sagt Stec. Die Delegation in Washington wird vom Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS), Stefano Sannino, geleitet – also weniger hochrangig, dafür aber effektiver auf der Arbeitsebene.

    Sannino ist innerhalb des EEAS primär für geopolitische Themen zuständig. Auf der Agenda steht EU-Kreisen zufolge erneut Chinas Rolle im russischen Krieg in der Ukraine. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Proteste in der Volksrepublik ebenfalls Gesprächsstoff sein werden.

    EU-China-Beobachter Stec erwartet indes von Michels Reise keine größeren Ergebnisse oder Veränderungen für die Beziehungen zwischen Brüssel und Peking. Der EU-Ratschef wolle in Peking mögliche Kooperationsmöglichkeiten mit der Volksrepublik bei Schlüsselfragen ausloten, hieß es von EU-Seite vor Michels Abreise aus Brüssel am Dienstag.

    Der EU-Ratschef, der die 27 EU-Mitgliedstaaten repräsentiert, trifft sich mit Präsident Xi, Ministerpräsident Li Keqiang und dem Vorsitzenden des Nationalen Volkskongresses, Li Zhanshu. Die Visite solle als erster Dialog betrachtet werden, so ein EU-Beamter. “Was unserer Meinung nach notwendig ist, ist ein neuer Impuls für die Beziehung – auch um zu überprüfen, was sich geändert hat und was die neuen Parameter sind.”

    Weiterer Nachteil in der Außenwirkung

    Die Liste der Gesprächspunkte ist lang: Michel und seine Gesprächspartner sollen über geopolitische Entwicklungen, sowie die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sprechen. Auch “andere globale Herausforderungen” wie Klimawandel, Gesundheit sowie steigende Nahrungsmittel- und Energiepreise sollen diskutiert werden, wie vorab mitgeteilt wurde. Ein richtiger Fokus auf ein Thema oder zumindest Themenbereich fehlt. Die Agenda ist mehr ein Rundumschlag, ein erstes persönliches Beschnuppern nach einer langen Pause.

    Konkrete Gespräche zu vielen Punkten sind ohnehin schwer. Denn Michel reist ohne EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Die Kommission als oberste EU-Behörde ist allerdings federführend bei der Implementierung von Gesetzgebungen wie beispielsweise den meisten Handelsinstrumenten. Bei EU-Gipfeln wird Brüssel immer von beiden vertreten. Dass Michels Besuch nun nicht mit anderen europäischen Institutionen koordiniert zu sein scheint, ist in der Außenwirkung ein Nachteil.

    Die EU-Staats- und Regierungschefs hätten bei ihrem Gipfel im Oktober Michel ein klares Mandat für den Ansatz gegenüber China erteilt (China.Table berichtete), hieß es von offizieller Seite – bei dem EU-Gipfel wurde der bekannte Dreiklang aus Partner-Wettbewerber-Systemrivale bestätigt und vor zu hoher Abhängigkeit gewarnt. Dass die verschiedenen EU-Hauptstädte durchaus sehr unterschiedliche Ansichten zum Umgang mit der Volksrepublik haben, ist kein Geheimnis.

    Der EU-Ratspräsident soll auch “Fragen zu Menschenrechten und unseren Werten” ansprechen, hieß in einem Briefing für Journalisten Ende vergangener Woche – also vor den Wochenend-Protesten in der Volksrepublik. Als Themen wurden damals die “jüngsten Entwicklungen in Hongkong und Xinjiang” genannt. Ob und in welcher Form die Protestwelle in China bei dem Treffen angesprochen werden könnte, ist unklar. Bisher teilte der EEAS mit, die Vorgänge in der Volksrepublik zu verfolgen.

    EU-Abgeordnete fordern Zeichen von Michel

    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach am Dienstag in Brüssel erstmals direkt die Proteste an. “In diesen Tagen sehen wir die wachsenden Kosten von [Chinas] Null-Covid-Politik und die wachsende Sorgen der chinesischen Bürger über Lockdowns.” In China passiere “etwas sehr Wichtiges”, betonte Borrell.

    Abgeordnete des EU-Parlaments forderten nun ein klares Zeichen von Michel. “Statt eines Handschlags sollte Ratspräsident Michel unübersehbar ein weißes Blatt in den Händen halten“, forderte Europaparlaments-Vizepräsidentin Nicola Beer (FDP). Europa müsse unmissverständlich auf der Seite derer stehen, die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit forderten, sagte Beer zu China.Table. “Europa muss diesen Menschen politischen Rückenwind geben und darf hier nicht stummer Zaungast sein.” Auch Reinhard Bütikofer, Grünen-Europapolitiker, und der CDU-Abgeordnete Michael Gahler forderten ein Zeichen.

    In der Praxis könnte das aber schwer werden, glaubt Merics-Analyst Stec: Einerseits müsse Michel das Thema Proteste neben den anderen Bedenken der EU ansprechen, um zu zeigen, dass Brüssel die Menschenrechte und die systemische Rivalität ernst meint. Andererseits, so Stec, wolle der EU-Ratschef nicht, dass diese Botschaft seinen Besuch dominiert. Es ist eine diplomatische Gratwanderung.

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    Sorgfaltspflicht: Rat will Kommissionstext abschwächen

    Es ist mehr als bloße Formsache: Am Donnerstag wird im Rat für Wettbewerbsfähigkeit über die Allgemeine Ausrichtung zur Sorgfaltspflicht für Unternehmen abgestimmt. Frankreich versuchte in den vergangenen Tagen, eine Sperrminorität zu erreichen. Dank der Unterstützung von Italien, Spanien und der Slowakei konnte Paris hinreichend Druck aufbauen, damit der Text heute nochmal diskutiert wird.

    Paris stört sich daran, dass die Finanzindustrie Sorgfaltspflicht leisten muss. Dabei ist der Ratskompromiss, der Europe.Table vorliegt, bereits deutlich zahnloser als der Kommissionsvorschlag. Asset-Manager fallen zum Beispiel nicht mehr unter den Text. Insgesamt soll die Sorgfaltspflicht nur vor der Erbringung von Finanzdienstleistungen gelten. Finanzdienstleister müssen zudem ihre Geschäftsbeziehungen nicht beenden, wenn es zu Verstößen kommt.

    Das geht Paris nicht weit genug: Ein Gegenvorschlag der Franzosen, welcher Europe.Table vorliegt, würde den Finanzsektor praktisch ganz von der Sorgfaltspflicht befreien. Das Parlament wählt unter Berichterstatterin Lara Wolters (S&D) einen ganz anderen Ansatz: Wolters will die Finanzdienstleister deutlich stärker in die Pflicht nehmen, als es die Kommission vorschlägt.

    Deutschland akzeptiert Kompromisstext

    Lange hat der Rat um einen Kompromisstext gerungen. Nur wenige Staaten, etwa Dänemark und die Niederlande, haben sich für einen progressiven Ansatz eingesetzt. Auch die Bundesregierung hat im Rat versucht, den Kommissionstext zu verwässern.

    Man wollte die deutsche Industrie, die sich bereits mit dem hiesigen Gesetz schwer anfreunden kann, nicht verärgern. Deutschland will den Kompromisstext allerdings mittragen und nicht auf eine weitere Entschärfung der Richtlinie drängen.

    Der Kompromiss der Ratspräsidentschaft ist deutlich kulanter als der Kommissionsvorschlag. Es bahnen sich zähe Verhandlungen an: Rat und Parlament drohen in etlichen Punkten weit auseinanderzuliegen, nicht nur bei den finanziellen Dienstleistungen. Im Parlament steht allerdings noch kein Kompromisstext. Anfang November stellte Berichterstatterin Lara Wolters ihre Änderungen vor.

    Anfangs nur begrenzte Reichweite

    Besonders problematisch wird die Frage nach der Reichweite des Gesetzes sein. Der Rat schlägt vor, dass die Richtlinie im ersten Jahr lediglich für Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitern und 300 Millionen Euro Umsatz gilt. Erst danach will der Rat dem Kommissionsvorschlag folgen, wonach Unternehmen ab 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von 150 Millionen Euro unter das Gesetz fallen.

    Zum Vergleich: Wolters fordert, dass Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und 40 Millionen Euro Umsatz Sorgfaltspflicht leisten müssen. Der Rat orientiert sich sichtlich am deutschen Lieferkettengesetz, welches ebenfalls einen mehrstufigen Ansatz wählt: Im ersten Jahr sind hier nur Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten betroffen.

    Der Ratskompromiss gesteht kleinen und mittelgroßen Unternehmen einige Ausnahmen zu. Sie fallen etwa ganz aus den Provisionen für finanzielle Dienstleistungen heraus. Auch sollen sie zum Beispiel ihre Geschäftsbeziehungen nicht beenden müssen, wenn ihre Geschäftspartner ihre Sorgfaltspflicht nicht erfüllen.

    Downstream-Aktivitäten sollen im Trilog gekippt werden

    Während Lara Wolters in ihrem Bericht fordert, dass sich die Sorgfaltspflicht auf die gesamte Wertschöpfungskette bezieht, will der Rat die Definition aufspalten. Will heißen: Upstream-und Downstream-Aktivitäten werden besser definiert und in konkrete Tätigkeiten dekliniert. Der Ratskompromiss bevorzugt denn auch den Begriff der“chain of activities”.

    Man könnte daraus schlussfolgern, dass die Downstream-Aktivitäten weiterhin erfasst werden, wenn auch in abgeschwächter Form. Doch aus Verhandlungskreisen heißt es, man wolle im Trilog darauf drängen, dass die Sorgfaltspflicht nur noch für die Lieferketten gilt. Berlin dürfte diese Taktik gutheißen, da auch das deutsche Gesetz so ausgelegt ist.

    Risikobasierter Ansatz arrangiert Rat und Parlament

    Zudem plädiert der Rat für einen risikobasierten Ansatz. Demnach sind Unternehmen angehalten, sich eine Übersicht über ihre Aktivitäten und die ihrer Tochtergesellschaften und Geschäftspartner zu verschaffen. Darauf aufbauend sollen sich die Unternehmen vorwiegend auf die Bereiche konzentrieren, bei denen etwaige Probleme am wahrscheinlichsten oder am größten sind. Außerdem sollen sie die folgenreichsten Probleme zuerst angehen.

    Auch im Text von Lara Wolters findet man Hinweise auf ein risikobasiertes Vorgehen. Dieser Ansatz dürfte sich nach den Verhandlungen im Parlament noch verstärken. Insbesondere die EVP will erreichen, dass sich das Gesetz weder auf die gesamte Wertschöpfungs- noch -Lieferkette appliziert, sondern nur dann greift, wenn es auch wirklich Risiken für Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverstöße gibt.

    Keine persönliche Haftung für Direktoren

    Weitere Abschwächungen im Vergleich zum Kommissionsvorschlag, vor allem aber zu Wolters’ Text finden sich etwa bei der Definition der Geschäftsbeziehungen und der zivilrechtlichen Haftung für Unternehmen. Eine “Safe Harbour”-Klausel, wie etwa von der EVP gefordert, enthält der Text aber nicht. Laut einer solchen Klausel könnten Unternehmen nicht für Schäden haftbar gemacht werden, wenn sie eine gewisse Checkliste erfüllen.

    Die persönliche Haftung von Unternehmensführern, die bereits unter den EU-Kommissaren für Streit sorgte, will der Rat gänzlich streichen. Das sei ein Aspekt der internen Unternehmensführung, lautet die Erklärung. Lara Wolters möchte ihrerseits nachschärfen und die Bezahlung von Direktoren an noch strengere Nachhaltigkeitskriterien binden, etwa den Kampf gegen den Klimawandel und die Reduktion von Treibhausemissionen.

    Obwohl der Ratskompromiss weniger ambitioniert ist als der Kommissionstext und erheblich vom derzeitigen Ansatz des Parlaments abweicht, geben sich Menschenrechts-NGOs hinter vorgehaltener Hand resigniert. Sie sind bereits erleichtert, dass die tschechische Ratspräsidentschaft mit einem Kompromiss aufwarten kann. Unter schwedischer Führung wäre das nicht so sicher gewesen, hört man. Die neue Regierung kann sich kaum mit dem Gesetz anfreunden. Auch von den osteuropäischen Staaten gibt es weiterhin erheblichen Widerstand gegen das Gesetz.

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    Debatte um CO2-Entnahme nimmt Fahrt auf

    Freiwillige öffentliche und private Systeme für die Zertifizierung und finanzielle Vergütung der Kohlenstoffaufnahme existieren bereits in einigen EU-Ländern. Der Text des Vorschlags, der Europe.Table vorliegt, zielt darauf ab, die verschiedenen Systeme zu vereinheitlichen, indem gemeinsame europäische Mindeststandards für das festgelegt werden, was auch als “negative Emissionen” beschrieben wird.

    “Dies ist ein allererster Schritt”, betont ein hoher EU-Beamter. Ziel sei es, Vertrauen für das Konzept der Kohlenstoffentnahme zu schaffen und Greenwashing zu bekämpfen. Darum werde man “zuverlässige, unabhängig geprüfte Daten über die Kosten und den Nutzen der Kohlenstoffentnahme bereitstellen” sowie “vollständige Transparenz darüber bieten, wie sie berechnet werden”. Es gehe darum, herauszufinden, welche Methoden der Kohlenstoffentnahme die positivsten Auswirkungen für die Klimabilanz haben, fügt er hinzu.

    Bei der Kommission ist die GD Klima für das Dossier zuständig. Sie stützt sich auf den sechsten IPCC-Bericht. Der stellt fest, dass der Einsatz von Kohlendioxid-Abscheidung zum Ausgleich schwer abbaubarer Restemissionen unumgänglich ist, wenn Netto-Null-Emissionen erreicht werden sollen. Die Brüsseler Behörde leitet daraus die Notwendigkeit einer “groß angelegten Einführung von nachhaltigen Maßnahmen zur Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre” ab.

    Natürliche und technische Lösungen

    Der Vorschlag untersucht drei Methoden zur Beseitigung und Speicherung von Kohlenstoff:

    • die dauerhafte Speicherung in geologischen Reservoiren,
    • die Speicherung von Kohlenstoff in Produkten und
    • Carbon Farming, also landwirtschaftliche Praktiken, die es ermöglichen, Kohlenstoff im Boden zu speichern.

    Um dies zu erreichen, hebt die Kommission sowohl natürliche Lösungen (wie die Nutzung von Torfmooren und Wäldern) als auch technologische Lösungen hervor. So erwähnt der Vorschlag die Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (BECCS) und die direkte Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff aus der Luft (DACCS). Der Vorschlag führt auch einen freiwilligen Finanzierungsmechanismus ein.

    Die große Mehrheit der an diesem Dossier beteiligten Akteure und Verhandlungsführer betont die Komplexität des Themas. Die Generaldirektion Klima ist daher dabei, eine Expertengruppe einzusetzen, die im ersten Quartal des nächsten Jahres ihre Arbeit aufnehmen soll, um Antworten auf die zahlreichen technischen Aspekte zu finden.

    Zwei Lager

    Doch schon jetzt stehen sich zwei Lager gegenüber. Die beziehen sich nicht auf das Für und Wider des Einsatzes von Technologie und der Einführung von Finanzmechanismen in das Zertifizierungssystem, sondern auf den Grad der Technologie, den Grad der Finanzialisierung dieses Systems, die Gefahren des Greenwashing sowie auf die Frage der rechtlichen Verantwortung der beteiligten Akteure.

    Wijnand Stoefs, zuständig für das Thema Kohlenstoffaufnahme bei der Umwelt-NGO Carbon Market Watch befürwortet zum Beispiel die Nutzung von Torfmooren und Wäldern für die CO2-Aufnahme. Wenig hält er jedoch davon, dass auch Kohlenstoff, der in Böden und Produkten gebunden werde, in das Zertifizierungssystem einbezogen wird. Er verweist auf die Komplexität der Kohlenstoffbindung im Boden, wenn sie in großem Maßstab angewendet wird. Hinzu komme die “hohe Wahrscheinlichkeit”, dass Kohlenstoff dabei wieder in die Atmosphäre entweicht.

    NGO-Koalition kritisiert Pläne

    Der in Produkten wie Möbeln oder Baumaterialien gespeicherte Kohlenstoff hat seiner Meinung nach keine signifikanten Auswirkungen auf das Klima. Darüber hinaus wirft Stoefs die Frage auf, ob Landwirte mit kleinen Betrieben nicht gegenüber Großbauern benachteiligt werden, die über einen viel größeren finanziellen Spielraum verfügen, um in diese Technologien zu investieren.

    In einer Erklärung “Real Zero Europe” hatten 170 Organisationen die Pläne der Kommission scharf kritisiert. Die Aktivisten sind der Meinung, dass der Einsatz von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung die Nutzung fossiler Brennstoffe nur verlängern würde. Eine künftige Kohlenstoffentnahme dürfe “nicht als Ersatz für tiefgreifende Emissionssenkungen in der Gegenwart dienen”, so die Koalition. Diese sei “nur ein Vorwand für die derzeitige Untätigkeit” bei der Verringerung der Emissionen, heißt es.

    Liese plädiert für Aufnahme in den ETS

    Für den ETS-Berichterstatter Peter Liese (EVP) ist die Sache klar: “Wir können das Ziel von Paris nicht erreichen, ohne CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.” Er betont, dass man beide Methoden haben müsse, also die Reduzierung der Treibhausgasemissionen und die negativen Emissionen.

    “Ich denke, wir sollten uns mehr auf die technischen Lösungen konzentrieren, und die sind schon einsatzbereit”, sagt Liese und nennt als Beispiel CO2, das durch Direct Air Capture (DAC) abgeschieden und für die Herstellung von Ziegeln verwendet wird. Produkte, die auf diese Weise entstehen, seien zwar teuer, aber das sei vor 25 Jahren bei Solarmodulen auch der Fall gewesen.

    Der Parlamentarier schlägt außerdem vor, Technologien zur Kohlenstoffentnahme in den ETS aufzunehmen. Erst wenn das Zertifizierungssystem einsatzbereit sei, können die Kommission aber die Aufnahme in das EU-Emissionshandelssystem in Betracht ziehen. Eine Maßnahme, die voraussichtlich im Juli nächsten Jahres diskutiert werden wird.

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    Strompreisbremse: Viele Unternehmen zahlen weniger als 2021

    Mit dem Gesetzentwurf für eine Strompreisbremse, den das Bundeskabinett am vergangenen Freitag gebilligt hat, verfolgt die Bundesregierung offiziell das Ziel, den Anstieg der Strompreise zu begrenzen. Sparen sollen Haushalte und Betriebe “im Vergleich zu den extrem hohen Energiekosten, die durch hohe neue Vertragspreise entstehen”, heißt es im Überblickspapier, mit dem die Regierung die Regelung begründet.

    Für Haushaltskunden trifft das auch zu. Für viele Unternehmen sinken die Strompreise dagegen nicht nur im Vergleich zu den aktuellen, hohen Preisen, sondern auch im Vergleich zu den Preisen, die im Jahr 2021 angefallen sind, also vor Beginn der kriegsbedingten Energiepreiskrise. Das zeigen Berechnungen von Table.Media auf Grundlage von Zahlen der Bundesnetzagentur und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Dies könnte erneute Kritik anderer EU-Staaten an den üppigen Hilfen Deutschlands hervorrufen.

    Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Unternehmen und Gewerbebetriebe mit einem Verbrauch von mehr als 30.000 Kilowattstunden pro Jahr im nächsten Jahr 70 Prozent ihres Vorjahresverbrauchs zum Preis von 13 Cent pro Kilowattstunde bekommen. Hinzu kommen staatliche Umlagen und Abgaben, die für große Industriebetriebe laut BDEW-Strompreisanalyse 1,18 Cent pro Kilowattstunde betragen, sowie Netzentgelte, die bei Industriekunden dem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zufolge im Schnitt 2,67 Cent ausmachen.

    Auch Gewerbekunden dürfen sich freuen

    Der Gesamtpreis (ohne Stromsteuer) beträgt damit im Schnitt 16,85 Cent pro Kilowattstunde – und damit deutlich weniger als die 19,84 Cent pro Kilowattstunde, die der BDEW (ebenfalls ohne Stromsteuer) als Endpreis für Industriekunden mit einem Stromverbrauch zwischen 160.000 und 20 Millionen Kilowattstunden für das Jahr 2021 nennt. Auch wenn die Unternehmen ihren Stromverbrauch nicht verringern und für die 30 Prozent außerhalb des verbilligten Kontingents die aktuellen Marktpreise zahlen müssen, von denen das Bundeswirtschaftsministerium an anderer Stelle in seinen Beispielrechnungen ausgeht, ergibt sich noch ein leichter Rückgang.

    Freuen können sich auch Gewerbekunden: Hier zeigen die Beispielrechnungen der Bundesnetzagentur für einen Betrieb mit einem Stromverbrauch von 50.000 Kilowattstunden pro Jahr für 2021 einen durchschnittlichen Strompreis von 23,23 Cent pro Kilowattstunde. Wird die Strompreisbremse wie geplant umgesetzt, bleibt der Preis für 70 Prozent des Verbrauchs hier mit 23,57 Cent fast unverändert – und weitaus geringer als die aktuellen Marktpreise.

    Verzicht auf unterschiedlich hohe Entlastungen

    Grund für die sinkenden beziehungsweise stabilen Preise ist die Tatsache, dass Gewerbetreibende und viele Industriekunden neben der Strompreisbremse zusätzlich davon profitieren, dass in diesem Jahr die EEG-Umlage komplett abgeschafft wurde, was ihren Endpreis für 2023 im Vergleich zu 2021 um 6,5 Cent pro Kilowattstunde senkt.

    Deutlich teurer wird der Strom nur für jene Unternehmen, die aufgrund von hohem Stromverbrauch und Wettbewerb in der Vergangenheit von der EEG-Umlage befreit waren und darum von deren Abschaffung nicht profitieren: Für sie bedeutet der künftige Preis von 13 Cent in vielen Fällen eine Verdreifachung ihrer bisherigen Kosten.

    Mit diesen energieintensiven Unternehmen, auf die etwa die Hälfte des Stromverbrauchs der Industrie entfällt, begründet das Wirtschaftsministerium denn auch den im Gesetz vorgesehenen Strompreis. Läge er höher, würde man “sehr stromintensive Unternehmen zu gering entlasten”, schreibt das Haus von Minister Robert Habeck (Grüne) auf Anfrage. Und eine unterschiedliche hohe Entlastung, wie sie in der Vergangenheit bei der EEG-Umlage praktiziert wurde, so heißt es, hätte den Prozess verzögert, weil sie von der EU als Beihilfe hätte genehmigt werden müssen.

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    IRA: Breton und Habeck konkretisieren Pläne

    Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat seine Pläne für die Förderung klimafreundlicher Technologien in Europa konkretisiert. Die US-Förderprogramme im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) seien ein “game-changer” und könnten zu einer “kompletten Umkehr der Investitionsflüsse” führen, warnte er bei einer Rede in Berlin. Darauf müsse die EU industriepolitisch reagieren.

    • Clean Tech Europe-Plattform: Bei einer Veranstaltung heute will Breton eine neue Industrieplattform ins Leben rufen. In dem Rahmen sollen Mitgliedstaaten, Industrie und Europäische Investitionsbank kooperieren, um mehr Produktionskapazitäten für Windkraftanlagen, Solar, Wärmepumpen, Elektrolyseure und Stromnetze in Europa zu schaffen.
    • Abbau bürokratischer Hürden: Neue Produktionsstätten sollen schneller genehmigt werden. Dafür solle ein eigener rechtlicher Rahmen geschaffen werden, etwa nach dem Muster des Chips Act für Halbleiterfabriken oder für Erneuerbare-Energien-Projekte. Auch an anderer Stelle solle das Regelwerk angepasst werden, so Breton, etwa bei “angepassten Handelsregeln oder Taxonomie-Kriterien” – wohl ein Hinweis auf eine Bevorzugung europäischer Unternehmen, was im Konflikt mit den WTO-Regeln stünde
    • Gelockerte EU-Beihilferegeln: Förderfähig sein sollen nicht nur innovative Industrieprojekte (im Rahmen eines IPCEI), sondern auch Vorhaben, die “zu Europas Souveränität und Resilienz beitragen”. Das aber wäre ein “Paradigmenwechsel”, wie Breton selbst einräumt.
    • European Sovereignty Fund: Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlägt Breton einen neuen EU-Fonds vor. Dieser solle Industrieprojekte aus unterschiedlichen Sektoren fördern, die Europas Souveränität dienten. Diese brauche eine ausreichende Finanzkraft, um Wettbewerbsverzerrungen in der EU auszugleichen, die durch die unterschiedlichen Haushaltsspielräume der Mitgliedstaaten entstehen.

    Breton kann bei den meisten Punkten auf die Unterstützung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zählen. Der Grünen-Politiker sprach sich gestern für eine europäische Rahmengesetzgebung für Subventionen in klimaneutrale Produktion aus. In der Chipbranche werde bereits ein bestimmter Anteil vorgeschrieben, der in Europa produziert werden müsse. Bei öffentlichen Ausschreibungen müsse ebenfalls ein stärkerer Fokus auf die Produktion in Europa gelegt werden.

    Die SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz kritisierte, die Genehmigungsprozesse etwa im Rahmen eines IPCEI seien viel zu langwierig. Daher müsse das Verfahren beschleunigt und neue Fördermöglichkeiten für die industrielle Massenproduktion geschaffen werden.

    Breton trifft mit seinen Ideen aber noch auf Widerstand in der EU-Kommission und einigen Regierungen. “Ein Subventionswettlauf ist jetzt gerade sicherlich im Interesse von niemandem”, sagte die für Wettbewerb zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager bei einer Veranstaltung in Brüssel. Sie forderte die US-Regierung auf, auf die Einwände der Europäer einzugehen: Die transatlantischen Beziehungen näherten sich einem “entscheidenden Moment”. Beim Treffen des EU-US-Handels- und Technologierates am Montag werde es darum gehen, sich auf einen kooperativen Ansatz zu verständigen. tho

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    Simson signalisiert Entgegenkommen beim Gaspreisdeckel

    Die Kommission könnte möglicherweise schneller gegen überhöhte Gaspreise vorgehen, als sie in ihrem Gesetzentwurf vom 22. November angekündigt hat. Das deutete Energiekommissarin Kadri Simson gestern im Industrieausschuss des Parlaments an.

    Nach dem Entwurf soll der Gaspreis am Handelspunkt TTF erst dann begrenzt werden, wenn er mindestens zwei Wochen lang über 275 Euro pro Megawattstunde liegt. Mitgliedstaaten wie Spanien und Polen hatten dies beim Energieministerrat als völlig unzureichend kritisiert. Simson signalisierte gestern im ITRE ein Entgegenkommen: “In der Tat könnten 14 Tage ein extrem langer Zeitraum sein, wenn wir diese Preise erreichen.”

    Mit den Mitgliedstaaten diskutiere die Kommission außerdem, ab welchem Preis der Market Correction Mechanism aktiviert werde und welche Finanzprodukte er umfassen solle. Nach dem Gesetzentwurf soll der Mechanismus nur für den TTF und börsengehandelte Futures für den Frontmonat gelten.

    Die Mitgliedstaaten hätten allerdings auch einen klaren Rahmen erhalten, wie sie Haushalte und mittelständische Unternehmen finanziell unterstützen können, betonte Simson. Mit den beschlossenen Gewinnabschöpfungen für Stromerzeuger und fossile Energieunternehmen sei es den EU-Staaten möglich, die Unterstützung “auch in den nächsten Wintern” zu zahlen. ber

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    WWF: Knapp die Hälfte der ETS-Einnahmen fließt nicht in Klimaschutz

    Von den 88,5 Milliarden Euro, die die EU-Mitgliedstaaten aus dem europäischen Emissionshandelssystem (ETS) zwischen 2013 und 2021 eingenommen haben, flossen rund 51 Milliarden in Klimaschutzmaßnahmen (57,8 Prozent). Nach offiziellen Angaben seien zwar knapp 64 Milliarden Euro (72 Prozent) in Klimaschutzmaßnahmen reinvestiert worden, jedoch zweifelt eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung des WWF diese Zahlen an.

    Es heißt, dass mindestens 12,4 Milliarden Euro, die dem Klimaschutz zugeschrieben wurden, in Maßnahmen flossen, die dem Klima nicht zuträglich oder sogar klimaschädlich waren.

    Darunter:

    • Kompensationen für CO2-Preise für die Industrie
    • Modernisierung von Kohleinfrastruktur
    • Umstellung von Kohle auf Gas
    • Heizsysteme, die auf fossilen Brennstoffen beruhen
    • Förderung von Dieselfahrzeugen
    • kohlenstoffreiche Bioenergiequellen
    • Atomkraft

    Die restlichen rund 25 Milliarden Euro sind laut WWF direkt in die Haushalte der Länder geflossen.

    Die ETS-Regeln sehen vor, dass Länder “mindestens 50 Prozent” ihrer Einnahmen in Maßnahmen gegen den Klimawandel investieren müssen. Allerdings ist nicht weiter definiert, welche Maßnahmen dazu zählen. Der WWF fordert daher eine klare Definition, die Investitionen in fossile Infrastruktur sowie industrielle CO2-Preis-Kompensation ausschließt. Darüber hinaus sollten Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die kompletten Einnahmen für den Klimaschutz einzusetzen, schreibt die NGO.

    Kostenlose CO2-Zertifikate für die Industrie

    Ein weiterer Kritikpunkt des WWF ist die Menge an kostenlosen Emissionsrechten, die an die Industrie vergeben werden als Schutz vor Carbon Leakage. Nur für 47 Prozent der Zertifikate werde ein CO2-Preis bezahlt. Somit würden Emissionszertifikate im Wert von 98,5 Milliarden Euro an die Industrie verschenkt. “Die EU führt das Verursacherprinzip des Emissionshandels ad absurdum, solange die Schlupflöcher größer sind als das ganze System”, kritisiert Juliette de Grandpré, EU-Klimaschutzexpertin beim WWF Deutschland. Sie fordert daher die schnellstmögliche Abschaffung der kostenlosen Zuteilungen. luk

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    Kommission beschließt Drohnen-Strategie

    Bis 2030 sollen Dienstleistungen per Drohne zum Alltag in der EU gehören. Dafür soll die Drohnen-Strategie 2.0 sorgen, die die Kommission beschlossen hat. Folgende Dienstleistungen sind dafür vorgesehen:

    • Luftdienste wie Lufttaxis, die regelmäßig Beförderungsdienste anbieten, zunächst mit einem Piloten – mit der Vision, den Dienst zu automatisieren
    • zivile Drohnen im Einsatz für Kartierung, Notdienste, Bildgebung, Inspektion und Überwachung, dringende Zustellung von Kleinsendungen wie biologische Proben und Medikamente

    Die Kommission hat 19 Maßnahmen identifiziert, die das regulatorische und kommerzielle Umfeld für den Drohnenmarkt der Zukunft schaffen sollen. Die zentralen Maßnahmen sind:

    • Verabschiedung neuer Flugtüchtigkeitsvorschriften und neuer Ausbildungsvorschriften für Piloten von funkgesteuerten und eVTOL-Flugzeugen (bemannte elektrische Senkrechtstarter)
    • Finanzierung der Einrichtung einer Online-Plattform zur Unterstützung lokaler Akteure und der Industrie bei der Umsetzung einer nachhaltigen innovativen Luftmobilität
    • Entwicklung eines strategischen Fahrplans für Drohnentechnologie, um vorrangige Bereiche für Forschung und Innovation zu ermitteln, bestehende strategische Abhängigkeiten zu verringern und das Entstehen neuer Abhängigkeiten zu vermeiden
    • Festlegung von Kriterien für ein freiwilliges, für die Cybersicherheit zugelassenes Drohnenlabel

    Jens Gieseke, verkehrspolitischer Sprecher der CDU im Europaparlament, sieht hohes wirtschaftliches Potenzial: “Der Wert des Marktes kann bis 2030 auf 14,5 Milliarden Euro anwachsen und Jobs für 145.000 Beschäftigte bieten.” Voraussetzung sei aber, dass der Rahmen richtig gesetzt werde: “Dabei müssen wir aufpassen, diesen innovativen Markt nicht durch zu starre Vorgaben einzuschnüren oder Entwicklungen durch zu langsame Gesetzgebung zu verzögern.” mgr

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    Data Act: Streit über Fristen und funktionale Äquivalenz

    Berichterstatter Adam Bielan (EKR) hat im Binnenmarktausschuss (IMCO) davor gewarnt, dass das Angebot an Cloud-Diensten in der EU durch das Datengesetz (Data Act) auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht wird. Wenn es etwa um die funktionale Äquivalenz gehe, “müssen wir entscheiden, ob wir uns darauf konzentrieren, dem Anbieter zusätzliche Verpflichtungen aufzuerlegen, um dem Kunden den Wechsel zu erleichtern, oder ob wir ihm weitere Aufgaben auferlegen, die schwer oder gar nicht zu erfüllen sind“, sagte Bielan.

    IMCO ist beim Data Act assoziierter Ausschuss (Artikel 57) und allein zuständig für Kapitel 6, indem es um den Wechsel des Cloud-Anbieters (Cloud Switching) geht. Die Abgeordneten haben dazu mehr als 600 Änderungsanträge eingebracht. Die Abstimmung im IMCO ist für Januar vorgesehen. Bielan nannte den Zeitplan sehr eng. Die nächste politische Diskussion ist am 13. Dezember geplant.

    Renew will funktionale Äquivalenz streichen

    Renew ist für die vollständige Streichung des Begriffs der funktionalen Äquivalenz. “Wir sind aber offen für die Überlegung, ob eine verfeinerte Definition eine Lösung sein könnte”, sagte Svenja Hahn (Renew). Jedoch dürfe vom ursprünglichen Anbieter nicht erwartet werden, “dass er die Verantwortung für die Kontinuität der Dienste innerhalb der Systeme des neuen Anbieters übernimmt”.

    Die EVP-Abgeordnete Maria Carvalho betonte, wie wichtig es sei, die Verantwortlichkeiten des Herkunfts- und des Zielanbieters besser zu balancieren. Sie schlug vor, den einzelnen Partnern bei den verschiedenen Schritten im Prozess unterschiedliche Pflichten aufzuerlegen. Da die EVP überzeugt ist, dass Gebühren den Wechsel behindern, will sie die Gebühren abschaffen. Für komplexe technische Dienstleistungen müsse der Kunde aber zahlen, sagte Carvalho.

    S&D schlägt gleichberechtigte Vereinbarungen zu Fristen vor

    Grundsätzlich sollten die Rechte von Verbrauchern und Unternehmen beim Wechsel zwischen Datenverarbeitungsdiensten ausgewogener und flexibler gestaltet werden, forderte Agius Saliba (S&D). Partner, die gleichermaßen Einfluss auf die vertragliche Vereinbarung nehmen könnten, sollten längere Fristen beim Wechsel vereinbaren können. Auch Renew unterstützt die Stärkung der Vertragsfreiheit zwischen dem Cloud-Anbieter und dem Kunden, sagte Hahn.

    Alexandra Geese (Grüne/EFA) betonte das Ziel, den Wettbewerb auf dem Markt für Cloud-Dienste anzukurbeln. “Wir müssen sicherstellen, dass unser endgültiger Text es den marktbeherrschenden Akteuren nicht ermöglicht, sich den Verpflichtungen zu entziehen“, sagte Geese. Sonst könnten Monopolanbieter Vertragsbedingungen oder Gebühren auferlegen, die Kunden vom Wechsel abhalten. “Und ich bin sehr froh zu hören, dass EVP und S&D diese Ziele wirklich teilen.” vis

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    Verteidigungsindustrie braucht “langfristige Vision”

    Die europäische Verteidigungsindustrie fordert eine langfristige Perspektive und massive Investitionen. Es gehe um eine stabile Produktionsrate und die europäische Wettbewerbsfähigkeit, sagte Alessandro Profumo, Präsident des Europäischen Dachverbands der Luftfahrt-, Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (ASD), am Dienstag in Brüssel.

    Kurzfristig müsse es gelingen, die Produktion zu beschleunigen, so Profumo. Die gesamte Verteidigungsindustrie prüfe derzeit, wie sie die Produktion möglichst rasch beschleunigen könne: “Wir müssen in der Lage sein, eine höhere, stabile Produktionsrate zu erreichen.” Dafür werde in den Unternehmen auch länger gearbeitet. Die Industrie sei aber auf eine “langfristige Vision” angewiesen – konkret also auf eine stabile Auftragslage. Anders als in anderen Wirtschaftszweigen könne die Branche nicht auf Halde produzieren, so der ASD-Präsident.

    Zudem müsse massiv in Innovation investiert werden, sagte Profumo. Das sei der Schlüssel, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen Schritt halten zu können. Die EU und die Nato seien da als Partner wichtig. Die 13 Milliarden Euro für den Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) seien ein Anfang. Mehr sei aber nötig, wenn Europa bei den innovativsten und bahnbrechendsten Technologien wettbewerbsfähig sein wolle.

    Exporte gehören dazu

    Wichtig sei allerdings nicht nur die Höhe der Mittel, sondern auch, wie das Geld eingesetzt werde. Die europäische Verteidigungsindustrie müsse auch exportieren können, um lebensfähig zu sein. Es könne deshalb nicht sein, dass etwa ein Land den Export von Produkten aus einem neuen europäischen Programm blockiere. Das wäre Ressourcenverschwendung, sagte Profumo.

    Wichtige Themen seien auch der Fachkräftemangel und die hohen Energiekosten. Letztere hätte erhebliche Auswirkung auf die Versorgungsketten und auf kleinere Zulieferer mit energieintensiver Produktion. Die Diversifizierung der Energiequellen sei dabei ein wichtiger Weg nach vorne. 

    Die Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungsbranche gebe direkt oder indirekt 3,6 Millionen Menschen in Europa Arbeit, so die Studie, die am Dienstag vorgestellt wurde. Die Branche erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 578 Milliarden Euro. Der Verband hat errechnet, dass die Branche einen Beitrag zum europäischen BIP in Höhe eines mittelgroßen EU-Staats leistet. Neben den EU-Ländern sind auch die Unternehmen aus der Türkei, Großbritanniens und Norwegens im europäischen Dachverband ASD vertreten. sti

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    Presseschau

    Kritik an Subventionen: Habeck kündigt “robuste Antwort” der EU in Richtung USA an T-ONLINE
    Weiter abhängig von Putin: Europa importiert Rekordmenge LNG aus Russland N-TV
    Die EU will den Himmel frei machen für Drohnen und Lufttaxis – damit gehen allerdings zusätzliche Regeln einher NZZ
    EU-Parlament und Staaten einigen sich auf besseren Informationsaustausch zwischen nationalen Polizeibehörden DEUTSCHLANDFUNK
    Pegasus-Anhörung im EU-Parlament: viele Fragen, keine Antworten EURONEWS
    Brüssel schwächt EU-Recyclinggesetz nach Industrie-Aufschrei deutlich ab EURACTIV
    Pläne der EU: Strengere Regeln fürs Online-Shopping TAGESSCHAU
    LEAK: Gesundheitsstrategie der Kommission will internationale Rolle der EU stärken EURACTIV
    Hoffnung für “Bluter”: CSL strebt Medikamentenzulassung in Europa an OP-MARBURG
    European companies asked to urgently donate spare parts to repair Ukraine’s power grid EURONEWS
    Kampf gegen ukrainische Korruption: EU-Milliardenhilfe mit Bedingungen TAGESSCHAU
    EU-Komission will Ungarn womöglich Geldhahn zudrehen, wenn Korruption nicht bekämpft wird EURONEWS
    Energiekosten: Theater und Stadion in Ungarn bleiben im Winter geschlossen DERSTANDARD
    Lauterbach ringt mit EU-Kommission um Cannabis-Legalisierung: “Brauchen sehr gute Argumente” HANDELSBLATT
    Brüssel: Ministerpräsidentin Schwesig trifft EU-Klimakommissar STERN
    Belgien wird Energiedrehscheibe für Deutschland und Europa INGENIEUR
    Nach FTX-Crash: US- und EU-Politiker fordern gemeinsame Krypto-Regulierung BEINCRYPTO
    EU-Geld für Getreidelieferungen per Schiff AGRARZEITUNG
    Vier Länder blockieren neues Gesetz für Pressefreiheit – darunter Deutschland WELT
    Deutsche Bahn: Grässlichster Bahnhof Europas ist Berlin-Alexanderplatz WATSON
    Razzia auch in Deutschland: EU deckt Milliarden-Steuerbetrug auf N-TV
    Norway postpones new oil and gas exploration licences until 2025 FT

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    Christa Schweng – Die Konsensbildnerin

    Porträtfoto von Christa Schweng (EWSA), sie sitzt auf einem schwarzen Stuhl und spricht in ein Mikrofon.
    Christa Schweng, Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA).

    Auf dem Tisch stehen Mozartkugeln und Süßigkeiten von Manner – der österreichische Touch wird auf den ersten Blick sichtbar. Christa Schweng empfängt im achten Stock des Gebäudes, in dem der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) seinen Sitz hat. Der Blick aus dem Fenster hier im Herzen von Brüssel ist atemberaubend.

    Mitten im Lockdown begann die Amtszeit der Juristin aus Wien als Präsidentin beim EWSA, am 28. Oktober 2020. Dann kam der 24. Februar dieses Jahres. Christa Schweng befindet sich an diesem Tag im Plenum, als ihr mitgeteilt wird, dass Frans Timmermans soeben eine geplante Rede kurzfristig abgesagt hat. “Weil Russland gerade in die Ukraine einmarschiert ist.” Daraufhin initiiert sie eine spontane Debatte im Saal. Bereits da zeichnet sich ein Unterschied ab in der Einschätzung zwischen den westeuropäischen und den an Russland angrenzenden Ländern. 

    Schwieriges Mandat in einer schwierigen Zeit

    Covid-19, Ukraine und jetzt Inflation: “Es gab schon einfachere Mandate, glaube ich”, fasst sie ruhig zusammen. Hinzu kommen die Debatten um die Nützlichkeit der Institution, der sie vorsteht. Sie flammten wieder auf, nachdem das Europäische Parlament erneut damit gedroht hatte, die Genehmigung der Haushaltsentlastung zu verweigern, so wie es bereits im Jahr 2020 geschehen war. Christa Schweng musste beweisen, dass die Fragen der Europaabgeordneten berücksichtigt worden waren. Es gelang ihr. Die Haushaltsentlastung wurde schließlich verabschiedet.

    Ein schwieriges Mandat also, das in eine politisch ebenso schwierige Zeit fällt. Die Suche nach Kompromissen und Konsens ist daher besonders wichtig. “Wir versuchen zwischen divergierenden nationalen, zwischen den vielen gesellschaftlichen Gruppen einen Konsens herzustellen. Und dieser Konsens ist ein sicherer Boden für Politiker.”

    Transparenz und Lösungsorientierung

    Hauptaufgabe des EWSA besteht darin, der europäischen Exekutive Sachwissen zur Verfügung zu stellen. Dieses Sachwissen bezieht seine Legitimität aus dem Kompromiss, den die Beteiligten erzielen. Dabei helfe ein präziser Kommunikationsprozess. “Ich darf von vornherein nicht die persönlichen Interessen in den Vordergrund stellen”, sagt Schweng. “Stattdessen muss man ganz klar darlegen, was die Aufgabe ist, die es zu lösen gilt. Ich persönlich agiere immer transparent und zeige das auch. Das halte ich für extrem wichtig.”

    Seit 1991 ist Schweng Mitarbeiterin der österreichischen Wirtschaftskammer und zuständig für soziale Fragen. Dieser Weg war es, der sie zum EWSA brachte. Ihre europäische Laufbahn begann mit den Diskussionen um den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. “Die Wirtschaftskammer hat damals Trainees gesucht, die bereit waren, sich im Europarecht ausbilden zu lassen und nach Brüssel zu gehen, um dort zu arbeiten. Ich habe mich beworben, wurde eingestellt und habe daher nie meine Dissertation fertig geschrieben”, erinnert sie sich.

    Stattdessen hat sie unter anderem in der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU gearbeitet. Es war in der Zeit vor dem Referendum, das heißt, in der heißen Phase der Beitrittsverhandlungen. Eine Zeit, in der es ebenfalls sehr wichtig war, Konsens zu erreichen. Claire Stam  

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