“jeder, der mit Qatar redet, wird der Korruption bezichtigt”, hatte Eva Kaili, eine der Vizepräsidentinnen des Europäischen Parlaments, noch im November in einer Rede gesagt. Am vergangenen Freitag wurde nun Haftbefehl gegen sie erlassen: wegen Verdacht auf Korruption und Geldwäsche. Markus Grabitz mit Reaktionen aus dem Parlament.
Nach monatelangen Verhandlungen kam es am Freitag bei der Batterieverordnung zur Einigung zwischen Kommission, Parlament und Rat. Nichts weniger als ein “Maßstab für den globalen Batteriemarkt” soll die Verordnung werden, schreibt Leonie Düngefeld und analysiert die Vorgaben.
Schwung ist seit der Ankündigung vor einem Jahr nicht in Global Gateway gekommen. Die EU-Infrastruktur-Initiative soll Europas Antwort auf die Neue Seidenstraße sein, doch davon ist nichts zu spüren, schreibt Amelie Richter in ihrer Analyse. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich Sonntagabend mit den EU-Außenministern zur dringend nötigen Bestandsaufnahme getroffen.
Noch ein kurzer Blick nach Kanada: Dort verhärten die Fronten beim globalen Abkommen zum Schutz der ökologischen Vielfalt weiter. Eine Verlängerung der Verhandlungszeit gilt als sicher, wie Timo Landenberger aus Montreal berichtet.
Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen
Gegen die Europaabgeordnete Eva Kaili (S&D), eine von 14 Vizepräsidenten des Europaparlaments, wurde Haftbefehl wegen des Verdachts der Korruption, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung erlassen. Die 44-jährige Sozialistin aus Griechenland wurde offensichtlich am Freitag von der belgischen Polizei bei der Begehung einer Straftat in Brüssel ertappt.
Nach Informationen von Europe.Table war ihre Immunität als Abgeordnete zuvor vom Europaparlament nicht aufgehoben worden. Die Festnahme eines Europaabgeordneten ohne Aufhebung der Immunität ist nur möglich, wenn der Abgeordnete in flagranti bei der Begehung einer Straftat erwischt wird.
Haftbefehl wurde gegen drei weitere Personen erlassen, darunter ihr Partner sowie einen Mitarbeiter aus dem Europaparlament. Kailis Vater, der bei dem Verlassen eines Hotels mit einem hohen Bargeldbetrag gefasst wurde, sowie der ebenfalls zuvor festgenommene Generalsekretär des internationalen Gewerkschaftsbundes, Luca Visentini, sind unter Auflagen freigekommen.
Kaili wird vorgeworfen, sich von einem Golfstaat bestechen zu lassen haben. Es soll sich um Qatar handeln. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola entzog Kaili, die für die IT zuständig ist, alle Rechte. Die Fraktion suspendierte sie, ihre Partei Pasok schloss sie aus.
Was genau Kaili vorgeworfen wird, ist nicht klar. Am 22. November hat sie eine Rede im Parlament gehalten, in der sie das WM-Gastgeberland Qatar einen “Vorkämpfer für die Rechte der Arbeiter” nannte. Trotzdem werde das Regime im EP kritisiert. Jeder, so Kaili weiter, der mit Qatar rede, werde “drangsaliert” und “der Korruption bezichtigt”.
Eine erste Folge aus der Affäre wird unmittelbar gezogen: Die geplante Visa-Liberalisierung wird es für die Bevölkerung des Golfstaates nun doch nicht geben. Erik Marquardt (Grüne), Berichterstatter für die Visa-Erleichterung für Qatar, Kuweit und Oman: “Die geplante Abstimmung darüber wird entweder in den Innenausschuss zurück überwiesen, um die richtigen Konsequenzen zu ziehen, oder wir stimmen als Parlament gegen die Visa-Erleichterung.”
Im Europaparlament hat die Debatte über die Konsequenzen bei den Transparenzregeln begonnen. Der Grüne Daniel Freund räumt ein, dass das Europaparlament bereits sehr weitgehende Regeln hat. Er ist für weitere Verschärfungen. Kontakte mit Vertretern von Drittstaaten sind bisher von den Transparenzregeln nicht erfasst. Hier müsse die EU nachbessern, fordert Freund: “Lobbying von Drittstaaten muss ins Lobbyregister, Treffen mit Vertretern von Drittstaaten müssen veröffentlicht werden.”
Rainer Wieland (CDU), einer von 14 Vize-Parlamentspräsidenten, widerspricht Freund: “Ich bin dagegen, im Schnellverfahren die Regeln zu ändern.” Wenn die Vorwürfe stimmten, sei der Fall Kaili skandalös. Ein Einzelfall solle aber nicht zum Anlass genommen werden, “die Regeln für das freie Mandat einzuschränken.”
Wieland gibt zu bedenken: “Gesprächskanäle zwischen Vertreten von Drittstaaten und Abgeordneten müssen möglich sein.” Daniel Caspary, Chef der deutschen CDU-/CSU-Gruppe, twitterte: “Gegen das, was Kaili vorgeworfen wird, helfen keine Transparenzregeln.” Und weiter: “Das, was ihr vorgeworfen wird, wäre eine riesen Schweinerei und illegal.”
Nach den bisherigen Regeln müssen Berichterstatter, Schattenberichterstatter und Ausschussvorsitzende Treffen mit Interessenvertretern zu Dossiers, die sie bearbeiten, online publik machen. Alle anderen Abgeordneten sind gehalten, ihre Lobbykontakte zu veröffentlichen.
Sie soll nichts weniger als ein “Maßstab für den globalen Batteriemarkt” werden, eine “Blaupause für viele zukünftige Gesetze”: Am Freitagnachmittag gaben die Verhandler aus Kommission, Rat und Parlament ihre Einigung über die neue EU-Batterieverordnung bekannt. Damit wollen sie Standards für ein nachhaltigeres Design von Batterien setzen, den Stoffkreislauf ankurbeln und die Batterie- und Recyclingindustrie stärken.
Seit April haben die Trilog-Partner verhandelt. Letzte Knackpunkte waren die Bestimmungen über Sorgfaltspflichten sowie die konkreten Ziele und Fristen für Sammlung, Recycling und Materialrückgewinnung.
“Wir haben uns auf Maßnahmen geeinigt, die für die Verbraucher von großem Nutzen sind: Die Batterien werden besser funktionieren, sicherer sein und sich leichter entfernen lassen“, sagte Achille Variati (S&D), Berichterstatter im federführenden Umweltausschusses im Parlament. “Zum ersten Mal haben wir Rechtsvorschriften für die Kreislaufwirtschaft, die den gesamten Lebenszyklus eines Produkts abdecken – dieser Ansatz ist sowohl für die Umwelt als auch für die Wirtschaft gut.”
Variati war im November für Simona Bonafè (S&D) nachgerückt, die ins italienische Parlament gewechselt war. Bonafè hatte ihren Bericht im Februar vorgestellt, im März hatte das EU-Parlament ihn angenommen. Er hatte den Anspruch des Entwurfs insbesondere in Bezug auf die Sorgfaltspflichten, Sammelziele und Austauschbarkeit von Batterien erhöht.
Die vorläufige Einigung betrifft Geräte-Altbatterien, Elektrofahrzeugbatterien, Industriebatterien, Start-, Blitz- und Zündbatterien (die hauptsächlich für Fahrzeuge und Maschinen verwendet werden) und Batterien für leichte Verkehrsmittel (E-Bikes, E-Scooter). Für sie werden unter anderem folgende Vorgaben gelten:
Auch Schattenberichterstatter Malte Gallée (Grüne) ist zufrieden. “Wir konnten während der Trilog-Verhandlungen erfolgreich unsere Hauptpunkte durchsetzen”, sagte er. Dazu gehören die erheblich höheren Verwertungsziele für Lithium, die Vorgabe, dass Gerätebatterien in fast allen Fällen von den Endverbrauchern selbst austauschbar sein müssen, und die Ausweitung des Geltungsbereichs auf E-Scooter und E-Bikes. “Ebenfalls ist es ein großer Grüner Erfolg, dass Gerätebatterien minderer Qualität durch ein Bleiverbot nicht mehr verkauft werden dürfen.”
Den Entwurf der Verordnung, mit der die bisherige Richtlinie über Batterien und Akkus aus dem Jahr 2006 ersetzt werden soll, hatte die Kommission im Dezember 2020 veröffentlicht. Mit der neuen Verordnung werden drei übergeordnete Ziele verfolgt:
Die Verordnung ist im Kontext von Digitalisierung, Energie- und Mobilitätswende und der starken Abhängigkeit von Drittstaaten hinsichtlich der benötigten Rohstoffe von strategischer Bedeutung für die EU. Der weltweite Bedarf an Batterien wird laut Prognosen des Weltwirtschaftsforums bis 2030 um das 19-fache des Bedarfs im Jahr 2019 steigen. Der Großteil davon entfällt auf die Automobilindustrie.
Die vorläufige Einigung muss nun vom Rat und vom Parlament gebilligt und formell angenommen werden.
Ein Jahr nach der Ankündigung von Global Gateway will Brüssel mehr Schwung in die bisher eher schlaffe EU-Infrastruktur-Initiative bringen. Am Sonntagabend kam erstmals ein Gremium unter dem Vorsitz von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammen, um eine Bestandsaufnahme der Umsetzung der Global-Gateway-Strategie zu machen.
Mit dieser will die EU Chinas milliardenschwerer Belt-and-Road-Initiative (BRI) eine Alternative entgegensetzen und weltweit als geopolitischer Player auftreten. Die Bestandsaufnahme ist dringend notwendig – denn bisher fehlt Global Gateway noch der nötige politische Nachdruck.
Bei dem Treffen waren neben von der Leyen auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, Erweiterungs-Kommissar Olivér Várhelyi und die Kommissarin für internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, anwesend. Und besonders wichtig: alle EU-Außenminister. Denn Global Gateway setzt in seiner Umsetzung auf die Kooperation zwischen Brüssel und den EU-Hauptstädten. Bisher ist allerdings von Zusammenarbeit nur wenig zu sehen.
Dass die Zusammenarbeit der EU-Kommission und der Bundesregierung präsenter wird, ist nun auch Forderung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Berlin müsse “baldmöglichst die Finanzierung konkreter Projekte in diese Initiative einbringen” und den Deutschen Bundestag zeitnah über diese informieren, hieß es in einem Antrag der Fraktion, der Table Media vorliegt und an diesem Freitag im Plenum abgestimmt werden soll. Auch neue Handelsabkommen sollen im Rahmen von Global Gateway forciert werden, fordert die Fraktion. Die Initiative müsse mehr als strategische Investition denn als Entwicklungshilfe gesehen werden.
Das ist ein wichtiger Punkt. Denn fast alles, was die EU-Kommission seit Ankündigung von Global Gateway im Dezember 2021 unter dem neuen Label versprochen hat, sind Entwicklungsprojekte, die ohnehin geplant waren. Zuletzt hagelte es Spott für eine Global-Gateway-Gala im Metaverse, bei der nur sechs Gäste kamen. Die Brüsseler Behörde hatte für die Party Medienberichten zufolge 387.000 Euro ausgegeben. Strategische Investitionen sehen anders aus.
Dem Antrag könnte die Bundesregierung nun ohnehin schnell nachkommen: Die Ampelkoalition bereite eine Liste mit 20 Leuchtturmprojekten für Global Gateway vor, berichtete das Handelsblatt in seiner Montags-Ausgabe.
Geld ist durchaus vorhanden. “Das Problem ist nicht fehlende Finanzierung”, sagt EU-Botschafterin Romana Vlahutin im Gespräch mit Table Media. Als Sondergesandtin war sie beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS) von Anfang 2019 bis September dieses Jahres für “Konnektivität” zuständig. Dabei geht es um bessere Verbindungen zu Handelspartnern in anderen Weltgegenden. Es müsse verstanden werden, dass die Projekte langfristig sowohl die Wettbewerbsfähigkeit der EU als auch der Partnerländer stärken sollen.
Für ihre Stelle wird es keinen Ersatz geben, wie die Brüssler Außenbehörde bestätigt. Ihr Verantwortungsbereich ist vollständig in Global Gateway aufgegangen. Für Konnektivität und damit auch für Global Gateway ist jetzt die Generaldirektion für internationale Partnerschaften (INTPA) zuständig.
Vlahutin vermisst auch nach der Neuordnung die Bündelung von Kompetenzen, um die Initiative ins Rollen zu bringen. “Ich habe immer betont, dass wir eine richtige Taskforce brauchen, die auch den strategischen Charakter der Initiative widerspiegelt und verschiedene Arten von Fachwissen einschließt.” Die Einbindung des Privatsektors sei der Schlüssel gewesen, um die erforderliche finanzielle Größenordnung zu schaffen. Nun komme es darauf an, diesen Hebel geschickt zu nutzen: “Strategische Investitionen haben eine andere Logik als Entwicklungshilfe und erfordern eine andere Methodik.”
Neben zu wenig Personal hakt es bei Global Gateway auch am Dialog mit möglichen Partnerländern. “Wir brauchen eine strategische Diskussion mit unseren Partnern gemeinsam mit unserer Industrie, damit wir einen Weg finden, die Interessen zu kombinieren.” Die Uhr tickt. Denn einfacher werde es für Global Gateway in der Zukunft nicht, ist sich Vlahutin sicher. Die Inflation und Volatilität der Märkte machen große Investitionen in Entwicklungsländern derzeit noch komplizierter.
Dass Global Gateway seit der Verkündung an Schwung verloren hat, beobachtet auch Nadine Godehardt, Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Asien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Zum ersten Geburtstag der Infrastruktur-Initiative zieht Godehardt eine ernüchternde Bilanz: “Dieses Vorhaben ist einfach noch nicht sehr viel weiter gekommen.”
Potenzial sei aber durchaus vorhanden, so Godehardt. “Alles unter einem Label zusammenfassen, ist an sich eine gute Idee.” Die Kommunikation darüber an die einzelnen EU-Hauptstädte klappe aber bisher schlecht. “Über eine allgemeine Dokumentation hinaus, gibt es nur sehr wenig Informationen über die Initiative”, sagt Godehardt. Hilfreich dafür wäre ihrer Ansicht nach eine Art zentrales “Global Gateway Research Hub”. Es gibt eine Website für die Initiative. Dort sind allerdings nur generelle Informationen aufgeführt. “Der Rest verliert sich alles im Dschungel der EU-Website”, klagt die SWP-Wissenschaftlerin.
Woche zwei auf der Weltnaturkonferenz (CBD-COP15) in Montreal. Seit Mittwoch und noch bis zum 19. Dezember verhandeln die Vertragsstaaten der Convention on Biological Diversity über ein neues globales Abkommen zum Schutz der ökologischen Vielfalt (Europe.Table berichtete).
Dabei geht es um nichts weniger als die Sicherung der Lebensgrundlagen. Doch bei den entscheidenden Fragen, etwa zu Umsetzung der Ziele oder der Finanzierung, konnten bislang kaum Fortschritte erzielt werden.
Das liegt zum einen an den nach wie vor verhärteten Fronten, zum anderen aber auch an der Komplexität der Herausforderungen. Eine Mischung aus beidem führte dazu, dass der Text trotz jahrelanger Vorbereitungen in den Verhandlungen zunächst nur immer länger anstatt kürzer wurde.
Umweltschützer fürchten nun, die Ambitionshöhe könne dem Zeitdruck zum Opfer fallen und warnen eindringlich vor einem schwachen Abkommen basierend auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Daneben wächst die Befürchtung, die bislang eher zurückhaltende chinesische Präsidentschaft könnte den Stillstand bei den Verhandlungen zum Anlass nehmen, einen neuen, gestrafften Text vorzulegen.
In jedem Fall liegt die Hoffnung auf dem sogenannten High-Level-Segment, dem Eingreifen der Umweltminister ab Donnerstag. Dann bleiben jedoch nurmehr wenige Tage, weshalb eine Verlängerung der offiziellen Verhandlungszeit schon jetzt als sicher gilt. Hauptgrund für das Verfehlen sämtlicher Biodiversitätsziele in den vergangenen Jahren seien zu schwache oder nicht vorhandene Mechanismen zur Umsetzung gewesen, sagt Guido Broekhoven, Head of Policy Research and Development bei WWF.
Darin seien sich zwar alle einig, dennoch fehle es am politischen Willen, daran etwas zu ändern und Detailfragen, etwa zur Messung der Fortschritte, seien weiter unklar. “Diese Fragen wurden so lange aufgeschoben, dass jetzt die Zeit dafür fehlt”, so Broekhoven.
Besonders umstritten ist weiterhin die Finanzierung, die als Achillesferse der Verhandlungen gilt. Um die vorgesehene Erhöhung des Gesamtbudgets auf mindestens 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr erreichen zu können, werden von den Ministern deutlich höhere Zusagen erwartet. Insbesondere die Länder des globalen Südens sind auf finanzielle Unterstützung aus den reichen Industriestaaten angewiesen.
Der Entwurf des Abkommens sieht hier zehn Milliarden Dollar jährlich vor. Rund 20 Länder, die etwa 70 Prozent der artenreichen Gebiete der Erde beherbergen, darunter Brasilien, Indien, China, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo fordern, dass die Finanzströme den Zielen entsprechen müssen. Dafür reiche die vorgeschlagene Summe bei weitem nicht aus. til
Die EU und Chile haben sich darauf geeinigt, den Handel zwischen beiden Seiten weiter liberalisieren und europäischen Unternehmen einen besseren Zugang zu Rohstoffen wie Lithium, Kupfer und künftig Wasserstoff zu ermöglichen. “Dies wird sicherlich ein Abkommen sein, das uns hilft, unsere Ressourcen zu diversifizieren und aus der Abhängigkeit von China herauszukommen, insbesondere in dieser Phase bei Lithium und Kupfer”, sagte ein EU-Beamter.
Chile ist der weltgrößte Kupferproduzent und zweitgrößte Lithiumproduzent. Durch das Abkommen sollen Unternehmen aus der EU weniger durch Chiles duales Preissystem für den Inlandsverbrauch oder Exporte und potenzielle Exportmonopole behindert werden. Zugleich wollen beide Seiten dafür sorgen, dass etwa bei der Lithiumförderung und -verarbeitung hohe Umweltstandards eingehalten werden.
Im Gegenzug erleichtert die EU die Einfuhr insbesondere von Lebensmitteln aus Chile, mit der Ausnahme von Zucker. Frankreich hatte zuletzt seinen Widerstand aufgegeben, die Importquoten für chilenisches Geflügel zu erhöhen. Das neue Handelsabkommen wird das bestehende Rahmenabkommen aus dem Jahr 2003 erweitern, das bereits den Handel in rund 96 Prozent der Produktlinien liberalisiert hat.
Dafür akzeptiert die chilenische Regierung die Forderungen der EU in Bezug auf die Nachhaltigkeitsagenda. Das Handelsabkommen soll erstmals ein Gender-Kapitel enthalten. Zudem will die EU-Kommission später im Zuge eines Review-Prozesses einen verschärften Sanktionsmechanismus einfügen, der bei Verstößen gegen die Nachhaltigkeitsbestimmungen als Ultima Ratio einen Entzug der Handelsvorteile ermöglicht.
Nach dem rechtlichen Feinschliff will die Kommission das Abkommen Rat und Europaparlament zur Verabschiedung vorlegen. Damit die Handelsbestimmungen schnell in Kraft treten, soll das Abkommen aufgeteilt werden. Der reine Handelsteil, der in der ausschließlichen Kompetenz der EU liegt, wird zunächst herausgelöst und von Rat und Europaparlament ratifiziert. Die übrigen Teile des Rahmenabkommens, die die politischen Bestimmungen und den Investitionsschutz umfassen, müssen in allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. tho/rtr
Die EU-Kommission hat in der Auseinandersetzung um eingefrorene Mittel für Ungarn der Ball zurück an die Mitgliedstaaten gespielt. Haushaltskommissar Johannes Hahn bekräftigte in einem Brief an den aktuellen tschechischen EU-Ratsvorsitz die Einschätzung, wonach die jüngst von Budapest ergriffenen Maßnahmen gegen Korruption und Vetternwirtschaft nicht ausreichten (hier finden Sie Brief und Annex).
Daher empfehle die Behörde dem Rat unverändert, die Zahlungen von Kohäsionsmitteln in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro für das Land einzufrieren. Die EU-Finanzminister hatten die Kommission zuvor aufgefordert, ihre Empfehlung vom 30. November im Lichte der jüngsten Entwicklungen in Budapest nochmals zu aktualisieren.
Insbesondere Deutschland und Frankreich erhofften sich laut EU-Kreisen, so den Weg für einen Kompromiss mit Premier Viktor Orbán zu ebnen, etwa indem ein größerer Teil der gesperrten Gelder freigegeben würde. Die neue Analyse der Kommission liefert ihnen hierfür aber nur sehr begrenzt Argumente.
Laut Europa-Staatsministerin Anna Lührmann (Grüne) unterstützt Berlin den Vorschlag der Behörde, die Gelder einzufrieren. Womöglich wird das Thema beim EU-Gipfel am Donnerstag diskutiert. Die Lage ist verfahren, denn die Regierung von Premier Viktor Orbán blockiert mit ihrem Veto wichtige Beschlüsse, etwa zur Mindestbesteuerung von multinationalen Unternehmen, zu neuen Sanktionen gegen Russland und zu einem Hilfspaket für die Ukraine.
Am Samstag beschlossen die Mitgliedstaaten dennoch, Kiew im nächsten Jahr Hilfskredite in Höhe von 18 Milliarden Euro zu gewähren. Sollte Ungarn bei seinem Veto bleiben, würden die Mittel nicht aus dem EU-Haushalt gedeckt, sondern von den EU-Staaten übernommen werden. Die Einigung soll in der kommenden Woche dem Europaparlament zur Annahme vorgelegt werden. tho/dpa
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will das Exportabkommen zur Verschiffung ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer auf andere Waren ausweiten. In einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin sagte Erdoğan am Sonntag nach Angaben seines Büros, man könne schrittweise mit entsprechenden Vorbereitungen und mit dem Export von Lebensmitteln und anderen Waren beginnen.
Erdoğan habe am Abend auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert und über eine mögliche Ausweitung des Abkommens gesprochen, teilte das Präsidialamt mit. Der Kreml in Moskau teilte mit, dass das Getreideabkommen komplex sei. Vor allem müssten auch die Einschränkungen für den Export von russischem Getreide und Dünger aufgehoben werden.
Unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen hatten Russland und die Ukraine im Juli ein Abkommen zum Export ukrainischen Getreides über einen Korridor im Schwarzen Meer geschlossen. Die Vereinbarung beendete eine monatelange Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren infolge des russischen Angriffskriegs. Russland beklagt im Zuge der westlichen Sanktionen, Einschränkungen für seinen eigenen Export von Getreide und Dünger.
Bei dem Telefonat ging es nach Kremlangaben insbesondere auch um die Schaffung eines Gas-Hubs in der Türkei. Der Chef des russischen Staatskonzerns Gazprom, Alexej Miller, hatte dort vergangene Woche Verhandlungen geführt, hieß es. dpa
Bei der Umsetzung der umstrittenen Pestizidverordnung könnte es zu Verzögerungen kommen. Nach Informationen von Europe.Table könnte der Rat am 19. Dezember die Kommission auffordern, weitere Studien zur Folgenabschätzung der Sustainable Use Regulation (SUR) in Auftrag zu geben. Dies sieht ein Entwurf vor, der Europe.Table vorliegt.
Hintergrund sind Vorbehalte bei den Mitgliedstaaten gegen den Vorschlag der Kommission für die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Die Kommission will den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 halbieren. In “sensiblen Bereichen” soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zudem ganz verboten werden. Als sensible Bereiche gelten auch Parks, Spielplätze und Naturschutzgebiete. Dazu könnten auch Landschaftsschutzgebiete gehören.
Deutschland etwa verfügt über rund 16,7 Millionen Hektar Acker- und Grünland, 4,3 Millionen Hektar davon liegen in Schutzgebieten. Damit wäre etwa ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands betroffen. Viele Bauern haben ihre Anbauflächen komplett in Schutzgebieten. Auch der Ökolandbau kommt nicht ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmittel aus. Der Agrarausschuss im Europaparlament hatte die Kommission bereits aufgefordert, den Vorschlag zurückzuziehen und zu überarbeiten. mgr
Es war auf einer Veranstaltung des Deutschen Bundesjugendrings in Berlin, als Clara Föller zum ersten Mal von den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) hörte. “Damals war ich politisch noch heimatlos”, erzählt die 29-Jährige. Schon lange hatte sie nach einer Möglichkeit gesucht, aktiv zu werden, mit einer Partei konnte sie sich jedoch nicht identifizieren.
Mit dem damaligen Bundesvorsitzenden Malte Steuber sprach Föller an diesem Abend lange über die Arbeit der JEF Deutschland, einer von 30 nationalen Sektionen der Jungen Europäischen Föderalisten. Die Ziele der Organisation: das Bewusstsein für Europa stärken und die Demokratie auf EU-Ebene vorantreiben. Föller war überzeugt. Zwei Monate nach dem Gespräch füllte sie einen Mitgliedsantrag aus – heute, knapp drei Jahre später, steht sie selbst an der Spitze des deutschen Verbands.
Aufgewachsen in Bad Homburg, verbrachte Föller nach dem Abitur ein Jahr in Italien und studierte anschließend Politikwissenschaften und Turkologie in Hamburg, Mainz, Frankfurt und Bologna. Ihre ersten Erinnerungen an das Konzept Europa stammen aus ihrer Kindheit. In den Sommerferien war sie oft zu einer Freundin nach Österreich gereist, deren Großeltern in Süddeutschland wohnten. “Ich habe damals nie verstanden, warum zwischen ihr und ihrer Familie eine Grenze war”, sagt Föller.
Als Bundesvorsitzende will sie nun dafür sorgen, dass solche Grenzen an Bedeutung verlieren. “Europäischer Bundesstaat” heißt der langfristige Plan der JEF: ein vereintes, föderalistisches Europa mit einer gemeinsamen Verfassung, die die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt.
“Momentan ist die EU nicht demokratisch genug”, sagt Föller. Durch die intransparenten und oft langsamen Prozesse ginge die Rückbindung an die Wählerinnen und Wähler verloren. Viele Ideen würden nicht weiterverfolgt und wichtige Entscheidungen von einzelnen Ländern blockiert.
Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern deshalb ein Initiativrecht für das Europäische Parlament, das es den Abgeordneten ermöglichen würde, eigene Gesetzesvorschläge einzubringen. Zudem möchten sie Europa “erlebbar machen” – unter anderem durch ein länderübergreifendes Mediennetzwerk und transnationale Listen bei der Europawahl.
Um diese Ideen voranzutreiben, vernetzt sich Föller mit Akteuren und Akteurinnen der nationalen und europäischen Politik. Sie plant und moderiert Veranstaltungen, vertritt die Jungen Europäischen Föderalisten nach außen und arbeitet an Beschlüssen und Leitlinien für den Verband – rein ehrenamtlich. Ihr Geld verdient die 29-Jährige bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Während ihrer Zeit als Bundesvorsitzende hat sich Föller mit nahezu allen Bereichen der europäischen Politik beschäftigt. Besonders am Herzen liegt ihr jedoch die Situation an den EU-Außengrenzen. “Was im Bereich der Seenotrettung passiert, entspricht nicht meinem Bild eines humanitären Europas”, sagt sie. “Da braucht es dringend Reformen.”
Kann sie trotz aller Missstände überzeugte Europäerin sein? Clara Föller sagt ja. Kritik sei für sie nichts Negatives, sondern nur der Beweis dafür, dass man etwas verbessern möchte: “In einem demokratischen Europa, das von unten nach oben funktioniert, ist genau das unsere Aufgabe.” Elisa Schwarze
Es war der Problemwolf GW 950 m. Er hat Dolly, das 30 Jahre alte Pony von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, im September auf der Koppel im Burgdorfer Stadtteil Beinhorn gerissen. Das hat eine Genomuntersuchung ergeben. Wie zu hören ist, soll der Problemwolf aus Niedersachsen erlegt werden.
Obwohl der Großbeutegreifer unter strengstem Schutz in der EU steht, dürfen Wölfe, die sich an Nutztieren vergreifen, geschossen werden. Im abgelaufenen Wolfsjahr ist die “Entnahme”, wie es in Behördendeutsch heißt, hierzulande auch zweimal vorgenommen worden.
Normalerweise reißt der Wolf wilde Huftiere. Immer öfter aber auch Schafe, Ziegen, selbst Pferde und Rinder. Der Wolf breitet sich zunehmend aus, weil er keine natürlichen Feinde hat. Daher fordern Landwirte, den strengen Schutzstatus zu lockern. Umweltlobbyisten werfen von der Leyen vor, genau dies vorzuhaben.
Das ist falsch. Sie interpretieren ihren Brief an die Abgeordneten der CDU-/CSU-Gruppe falsch. In dem Schreiben kündigt sie nicht etwa an, die FFH-Richtlinie wieder aufzumachen, wo der Schutz des Wolfes in Anhang IV verankert ist.
Sie zeigt vielmehr Verständnis für die Sorgen der Landwirte. Bauern betreiben Pflege der Kulturlandschaften etwa an den Deichen und auf den Almen, wenn sie dort Schafe und Ziegen halten. Immer häufiger verlieren sie Teile ihrer Herden und geben entnervt auf. Von der Leyen weist in dem Schreiben auf die Möglichkeit zu aktiverem Wolfsmanagement hin, die die FFH-Richtlinie bietet.
Frankreich und Schweden haben längst Obergrenzen für den Wolfsbestand eingezogen. Ab 400 beziehungsweise 500 Tieren rückt dort der Jäger an. In Deutschland sind nach offiziellen Zahlen 1175 Wölfe heimisch. Vermutlich sind es sogar mehr, weil die Zahl auf Schätzungen beruht und der Wolf sehr scheu ist.
Gemessen an der Fläche hat der Bestand in Deutschland Ausmaße angenommen, wo die Behörden in Frankreich und Schweden schon länger gehandelt hätten. Bislang haben die Regierenden in Berlin, auch unter der CDU-Kanzlerin, stets darauf verwiesen, dass ihnen EU-rechtlich die Hände gebunden seien. Von der Leyen hat mit ihrem Brief darauf hingewiesen, dass dies nicht so ist. Die Botschaft aus Brüssel für Berlin lautet: Man muss es nur wollen. Markus Grabitz
“jeder, der mit Qatar redet, wird der Korruption bezichtigt”, hatte Eva Kaili, eine der Vizepräsidentinnen des Europäischen Parlaments, noch im November in einer Rede gesagt. Am vergangenen Freitag wurde nun Haftbefehl gegen sie erlassen: wegen Verdacht auf Korruption und Geldwäsche. Markus Grabitz mit Reaktionen aus dem Parlament.
Nach monatelangen Verhandlungen kam es am Freitag bei der Batterieverordnung zur Einigung zwischen Kommission, Parlament und Rat. Nichts weniger als ein “Maßstab für den globalen Batteriemarkt” soll die Verordnung werden, schreibt Leonie Düngefeld und analysiert die Vorgaben.
Schwung ist seit der Ankündigung vor einem Jahr nicht in Global Gateway gekommen. Die EU-Infrastruktur-Initiative soll Europas Antwort auf die Neue Seidenstraße sein, doch davon ist nichts zu spüren, schreibt Amelie Richter in ihrer Analyse. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich Sonntagabend mit den EU-Außenministern zur dringend nötigen Bestandsaufnahme getroffen.
Noch ein kurzer Blick nach Kanada: Dort verhärten die Fronten beim globalen Abkommen zum Schutz der ökologischen Vielfalt weiter. Eine Verlängerung der Verhandlungszeit gilt als sicher, wie Timo Landenberger aus Montreal berichtet.
Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen
Gegen die Europaabgeordnete Eva Kaili (S&D), eine von 14 Vizepräsidenten des Europaparlaments, wurde Haftbefehl wegen des Verdachts der Korruption, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung erlassen. Die 44-jährige Sozialistin aus Griechenland wurde offensichtlich am Freitag von der belgischen Polizei bei der Begehung einer Straftat in Brüssel ertappt.
Nach Informationen von Europe.Table war ihre Immunität als Abgeordnete zuvor vom Europaparlament nicht aufgehoben worden. Die Festnahme eines Europaabgeordneten ohne Aufhebung der Immunität ist nur möglich, wenn der Abgeordnete in flagranti bei der Begehung einer Straftat erwischt wird.
Haftbefehl wurde gegen drei weitere Personen erlassen, darunter ihr Partner sowie einen Mitarbeiter aus dem Europaparlament. Kailis Vater, der bei dem Verlassen eines Hotels mit einem hohen Bargeldbetrag gefasst wurde, sowie der ebenfalls zuvor festgenommene Generalsekretär des internationalen Gewerkschaftsbundes, Luca Visentini, sind unter Auflagen freigekommen.
Kaili wird vorgeworfen, sich von einem Golfstaat bestechen zu lassen haben. Es soll sich um Qatar handeln. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola entzog Kaili, die für die IT zuständig ist, alle Rechte. Die Fraktion suspendierte sie, ihre Partei Pasok schloss sie aus.
Was genau Kaili vorgeworfen wird, ist nicht klar. Am 22. November hat sie eine Rede im Parlament gehalten, in der sie das WM-Gastgeberland Qatar einen “Vorkämpfer für die Rechte der Arbeiter” nannte. Trotzdem werde das Regime im EP kritisiert. Jeder, so Kaili weiter, der mit Qatar rede, werde “drangsaliert” und “der Korruption bezichtigt”.
Eine erste Folge aus der Affäre wird unmittelbar gezogen: Die geplante Visa-Liberalisierung wird es für die Bevölkerung des Golfstaates nun doch nicht geben. Erik Marquardt (Grüne), Berichterstatter für die Visa-Erleichterung für Qatar, Kuweit und Oman: “Die geplante Abstimmung darüber wird entweder in den Innenausschuss zurück überwiesen, um die richtigen Konsequenzen zu ziehen, oder wir stimmen als Parlament gegen die Visa-Erleichterung.”
Im Europaparlament hat die Debatte über die Konsequenzen bei den Transparenzregeln begonnen. Der Grüne Daniel Freund räumt ein, dass das Europaparlament bereits sehr weitgehende Regeln hat. Er ist für weitere Verschärfungen. Kontakte mit Vertretern von Drittstaaten sind bisher von den Transparenzregeln nicht erfasst. Hier müsse die EU nachbessern, fordert Freund: “Lobbying von Drittstaaten muss ins Lobbyregister, Treffen mit Vertretern von Drittstaaten müssen veröffentlicht werden.”
Rainer Wieland (CDU), einer von 14 Vize-Parlamentspräsidenten, widerspricht Freund: “Ich bin dagegen, im Schnellverfahren die Regeln zu ändern.” Wenn die Vorwürfe stimmten, sei der Fall Kaili skandalös. Ein Einzelfall solle aber nicht zum Anlass genommen werden, “die Regeln für das freie Mandat einzuschränken.”
Wieland gibt zu bedenken: “Gesprächskanäle zwischen Vertreten von Drittstaaten und Abgeordneten müssen möglich sein.” Daniel Caspary, Chef der deutschen CDU-/CSU-Gruppe, twitterte: “Gegen das, was Kaili vorgeworfen wird, helfen keine Transparenzregeln.” Und weiter: “Das, was ihr vorgeworfen wird, wäre eine riesen Schweinerei und illegal.”
Nach den bisherigen Regeln müssen Berichterstatter, Schattenberichterstatter und Ausschussvorsitzende Treffen mit Interessenvertretern zu Dossiers, die sie bearbeiten, online publik machen. Alle anderen Abgeordneten sind gehalten, ihre Lobbykontakte zu veröffentlichen.
Sie soll nichts weniger als ein “Maßstab für den globalen Batteriemarkt” werden, eine “Blaupause für viele zukünftige Gesetze”: Am Freitagnachmittag gaben die Verhandler aus Kommission, Rat und Parlament ihre Einigung über die neue EU-Batterieverordnung bekannt. Damit wollen sie Standards für ein nachhaltigeres Design von Batterien setzen, den Stoffkreislauf ankurbeln und die Batterie- und Recyclingindustrie stärken.
Seit April haben die Trilog-Partner verhandelt. Letzte Knackpunkte waren die Bestimmungen über Sorgfaltspflichten sowie die konkreten Ziele und Fristen für Sammlung, Recycling und Materialrückgewinnung.
“Wir haben uns auf Maßnahmen geeinigt, die für die Verbraucher von großem Nutzen sind: Die Batterien werden besser funktionieren, sicherer sein und sich leichter entfernen lassen“, sagte Achille Variati (S&D), Berichterstatter im federführenden Umweltausschusses im Parlament. “Zum ersten Mal haben wir Rechtsvorschriften für die Kreislaufwirtschaft, die den gesamten Lebenszyklus eines Produkts abdecken – dieser Ansatz ist sowohl für die Umwelt als auch für die Wirtschaft gut.”
Variati war im November für Simona Bonafè (S&D) nachgerückt, die ins italienische Parlament gewechselt war. Bonafè hatte ihren Bericht im Februar vorgestellt, im März hatte das EU-Parlament ihn angenommen. Er hatte den Anspruch des Entwurfs insbesondere in Bezug auf die Sorgfaltspflichten, Sammelziele und Austauschbarkeit von Batterien erhöht.
Die vorläufige Einigung betrifft Geräte-Altbatterien, Elektrofahrzeugbatterien, Industriebatterien, Start-, Blitz- und Zündbatterien (die hauptsächlich für Fahrzeuge und Maschinen verwendet werden) und Batterien für leichte Verkehrsmittel (E-Bikes, E-Scooter). Für sie werden unter anderem folgende Vorgaben gelten:
Auch Schattenberichterstatter Malte Gallée (Grüne) ist zufrieden. “Wir konnten während der Trilog-Verhandlungen erfolgreich unsere Hauptpunkte durchsetzen”, sagte er. Dazu gehören die erheblich höheren Verwertungsziele für Lithium, die Vorgabe, dass Gerätebatterien in fast allen Fällen von den Endverbrauchern selbst austauschbar sein müssen, und die Ausweitung des Geltungsbereichs auf E-Scooter und E-Bikes. “Ebenfalls ist es ein großer Grüner Erfolg, dass Gerätebatterien minderer Qualität durch ein Bleiverbot nicht mehr verkauft werden dürfen.”
Den Entwurf der Verordnung, mit der die bisherige Richtlinie über Batterien und Akkus aus dem Jahr 2006 ersetzt werden soll, hatte die Kommission im Dezember 2020 veröffentlicht. Mit der neuen Verordnung werden drei übergeordnete Ziele verfolgt:
Die Verordnung ist im Kontext von Digitalisierung, Energie- und Mobilitätswende und der starken Abhängigkeit von Drittstaaten hinsichtlich der benötigten Rohstoffe von strategischer Bedeutung für die EU. Der weltweite Bedarf an Batterien wird laut Prognosen des Weltwirtschaftsforums bis 2030 um das 19-fache des Bedarfs im Jahr 2019 steigen. Der Großteil davon entfällt auf die Automobilindustrie.
Die vorläufige Einigung muss nun vom Rat und vom Parlament gebilligt und formell angenommen werden.
Ein Jahr nach der Ankündigung von Global Gateway will Brüssel mehr Schwung in die bisher eher schlaffe EU-Infrastruktur-Initiative bringen. Am Sonntagabend kam erstmals ein Gremium unter dem Vorsitz von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammen, um eine Bestandsaufnahme der Umsetzung der Global-Gateway-Strategie zu machen.
Mit dieser will die EU Chinas milliardenschwerer Belt-and-Road-Initiative (BRI) eine Alternative entgegensetzen und weltweit als geopolitischer Player auftreten. Die Bestandsaufnahme ist dringend notwendig – denn bisher fehlt Global Gateway noch der nötige politische Nachdruck.
Bei dem Treffen waren neben von der Leyen auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, Erweiterungs-Kommissar Olivér Várhelyi und die Kommissarin für internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, anwesend. Und besonders wichtig: alle EU-Außenminister. Denn Global Gateway setzt in seiner Umsetzung auf die Kooperation zwischen Brüssel und den EU-Hauptstädten. Bisher ist allerdings von Zusammenarbeit nur wenig zu sehen.
Dass die Zusammenarbeit der EU-Kommission und der Bundesregierung präsenter wird, ist nun auch Forderung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Berlin müsse “baldmöglichst die Finanzierung konkreter Projekte in diese Initiative einbringen” und den Deutschen Bundestag zeitnah über diese informieren, hieß es in einem Antrag der Fraktion, der Table Media vorliegt und an diesem Freitag im Plenum abgestimmt werden soll. Auch neue Handelsabkommen sollen im Rahmen von Global Gateway forciert werden, fordert die Fraktion. Die Initiative müsse mehr als strategische Investition denn als Entwicklungshilfe gesehen werden.
Das ist ein wichtiger Punkt. Denn fast alles, was die EU-Kommission seit Ankündigung von Global Gateway im Dezember 2021 unter dem neuen Label versprochen hat, sind Entwicklungsprojekte, die ohnehin geplant waren. Zuletzt hagelte es Spott für eine Global-Gateway-Gala im Metaverse, bei der nur sechs Gäste kamen. Die Brüsseler Behörde hatte für die Party Medienberichten zufolge 387.000 Euro ausgegeben. Strategische Investitionen sehen anders aus.
Dem Antrag könnte die Bundesregierung nun ohnehin schnell nachkommen: Die Ampelkoalition bereite eine Liste mit 20 Leuchtturmprojekten für Global Gateway vor, berichtete das Handelsblatt in seiner Montags-Ausgabe.
Geld ist durchaus vorhanden. “Das Problem ist nicht fehlende Finanzierung”, sagt EU-Botschafterin Romana Vlahutin im Gespräch mit Table Media. Als Sondergesandtin war sie beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS) von Anfang 2019 bis September dieses Jahres für “Konnektivität” zuständig. Dabei geht es um bessere Verbindungen zu Handelspartnern in anderen Weltgegenden. Es müsse verstanden werden, dass die Projekte langfristig sowohl die Wettbewerbsfähigkeit der EU als auch der Partnerländer stärken sollen.
Für ihre Stelle wird es keinen Ersatz geben, wie die Brüssler Außenbehörde bestätigt. Ihr Verantwortungsbereich ist vollständig in Global Gateway aufgegangen. Für Konnektivität und damit auch für Global Gateway ist jetzt die Generaldirektion für internationale Partnerschaften (INTPA) zuständig.
Vlahutin vermisst auch nach der Neuordnung die Bündelung von Kompetenzen, um die Initiative ins Rollen zu bringen. “Ich habe immer betont, dass wir eine richtige Taskforce brauchen, die auch den strategischen Charakter der Initiative widerspiegelt und verschiedene Arten von Fachwissen einschließt.” Die Einbindung des Privatsektors sei der Schlüssel gewesen, um die erforderliche finanzielle Größenordnung zu schaffen. Nun komme es darauf an, diesen Hebel geschickt zu nutzen: “Strategische Investitionen haben eine andere Logik als Entwicklungshilfe und erfordern eine andere Methodik.”
Neben zu wenig Personal hakt es bei Global Gateway auch am Dialog mit möglichen Partnerländern. “Wir brauchen eine strategische Diskussion mit unseren Partnern gemeinsam mit unserer Industrie, damit wir einen Weg finden, die Interessen zu kombinieren.” Die Uhr tickt. Denn einfacher werde es für Global Gateway in der Zukunft nicht, ist sich Vlahutin sicher. Die Inflation und Volatilität der Märkte machen große Investitionen in Entwicklungsländern derzeit noch komplizierter.
Dass Global Gateway seit der Verkündung an Schwung verloren hat, beobachtet auch Nadine Godehardt, Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Asien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Zum ersten Geburtstag der Infrastruktur-Initiative zieht Godehardt eine ernüchternde Bilanz: “Dieses Vorhaben ist einfach noch nicht sehr viel weiter gekommen.”
Potenzial sei aber durchaus vorhanden, so Godehardt. “Alles unter einem Label zusammenfassen, ist an sich eine gute Idee.” Die Kommunikation darüber an die einzelnen EU-Hauptstädte klappe aber bisher schlecht. “Über eine allgemeine Dokumentation hinaus, gibt es nur sehr wenig Informationen über die Initiative”, sagt Godehardt. Hilfreich dafür wäre ihrer Ansicht nach eine Art zentrales “Global Gateway Research Hub”. Es gibt eine Website für die Initiative. Dort sind allerdings nur generelle Informationen aufgeführt. “Der Rest verliert sich alles im Dschungel der EU-Website”, klagt die SWP-Wissenschaftlerin.
Woche zwei auf der Weltnaturkonferenz (CBD-COP15) in Montreal. Seit Mittwoch und noch bis zum 19. Dezember verhandeln die Vertragsstaaten der Convention on Biological Diversity über ein neues globales Abkommen zum Schutz der ökologischen Vielfalt (Europe.Table berichtete).
Dabei geht es um nichts weniger als die Sicherung der Lebensgrundlagen. Doch bei den entscheidenden Fragen, etwa zu Umsetzung der Ziele oder der Finanzierung, konnten bislang kaum Fortschritte erzielt werden.
Das liegt zum einen an den nach wie vor verhärteten Fronten, zum anderen aber auch an der Komplexität der Herausforderungen. Eine Mischung aus beidem führte dazu, dass der Text trotz jahrelanger Vorbereitungen in den Verhandlungen zunächst nur immer länger anstatt kürzer wurde.
Umweltschützer fürchten nun, die Ambitionshöhe könne dem Zeitdruck zum Opfer fallen und warnen eindringlich vor einem schwachen Abkommen basierend auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Daneben wächst die Befürchtung, die bislang eher zurückhaltende chinesische Präsidentschaft könnte den Stillstand bei den Verhandlungen zum Anlass nehmen, einen neuen, gestrafften Text vorzulegen.
In jedem Fall liegt die Hoffnung auf dem sogenannten High-Level-Segment, dem Eingreifen der Umweltminister ab Donnerstag. Dann bleiben jedoch nurmehr wenige Tage, weshalb eine Verlängerung der offiziellen Verhandlungszeit schon jetzt als sicher gilt. Hauptgrund für das Verfehlen sämtlicher Biodiversitätsziele in den vergangenen Jahren seien zu schwache oder nicht vorhandene Mechanismen zur Umsetzung gewesen, sagt Guido Broekhoven, Head of Policy Research and Development bei WWF.
Darin seien sich zwar alle einig, dennoch fehle es am politischen Willen, daran etwas zu ändern und Detailfragen, etwa zur Messung der Fortschritte, seien weiter unklar. “Diese Fragen wurden so lange aufgeschoben, dass jetzt die Zeit dafür fehlt”, so Broekhoven.
Besonders umstritten ist weiterhin die Finanzierung, die als Achillesferse der Verhandlungen gilt. Um die vorgesehene Erhöhung des Gesamtbudgets auf mindestens 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr erreichen zu können, werden von den Ministern deutlich höhere Zusagen erwartet. Insbesondere die Länder des globalen Südens sind auf finanzielle Unterstützung aus den reichen Industriestaaten angewiesen.
Der Entwurf des Abkommens sieht hier zehn Milliarden Dollar jährlich vor. Rund 20 Länder, die etwa 70 Prozent der artenreichen Gebiete der Erde beherbergen, darunter Brasilien, Indien, China, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo fordern, dass die Finanzströme den Zielen entsprechen müssen. Dafür reiche die vorgeschlagene Summe bei weitem nicht aus. til
Die EU und Chile haben sich darauf geeinigt, den Handel zwischen beiden Seiten weiter liberalisieren und europäischen Unternehmen einen besseren Zugang zu Rohstoffen wie Lithium, Kupfer und künftig Wasserstoff zu ermöglichen. “Dies wird sicherlich ein Abkommen sein, das uns hilft, unsere Ressourcen zu diversifizieren und aus der Abhängigkeit von China herauszukommen, insbesondere in dieser Phase bei Lithium und Kupfer”, sagte ein EU-Beamter.
Chile ist der weltgrößte Kupferproduzent und zweitgrößte Lithiumproduzent. Durch das Abkommen sollen Unternehmen aus der EU weniger durch Chiles duales Preissystem für den Inlandsverbrauch oder Exporte und potenzielle Exportmonopole behindert werden. Zugleich wollen beide Seiten dafür sorgen, dass etwa bei der Lithiumförderung und -verarbeitung hohe Umweltstandards eingehalten werden.
Im Gegenzug erleichtert die EU die Einfuhr insbesondere von Lebensmitteln aus Chile, mit der Ausnahme von Zucker. Frankreich hatte zuletzt seinen Widerstand aufgegeben, die Importquoten für chilenisches Geflügel zu erhöhen. Das neue Handelsabkommen wird das bestehende Rahmenabkommen aus dem Jahr 2003 erweitern, das bereits den Handel in rund 96 Prozent der Produktlinien liberalisiert hat.
Dafür akzeptiert die chilenische Regierung die Forderungen der EU in Bezug auf die Nachhaltigkeitsagenda. Das Handelsabkommen soll erstmals ein Gender-Kapitel enthalten. Zudem will die EU-Kommission später im Zuge eines Review-Prozesses einen verschärften Sanktionsmechanismus einfügen, der bei Verstößen gegen die Nachhaltigkeitsbestimmungen als Ultima Ratio einen Entzug der Handelsvorteile ermöglicht.
Nach dem rechtlichen Feinschliff will die Kommission das Abkommen Rat und Europaparlament zur Verabschiedung vorlegen. Damit die Handelsbestimmungen schnell in Kraft treten, soll das Abkommen aufgeteilt werden. Der reine Handelsteil, der in der ausschließlichen Kompetenz der EU liegt, wird zunächst herausgelöst und von Rat und Europaparlament ratifiziert. Die übrigen Teile des Rahmenabkommens, die die politischen Bestimmungen und den Investitionsschutz umfassen, müssen in allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. tho/rtr
Die EU-Kommission hat in der Auseinandersetzung um eingefrorene Mittel für Ungarn der Ball zurück an die Mitgliedstaaten gespielt. Haushaltskommissar Johannes Hahn bekräftigte in einem Brief an den aktuellen tschechischen EU-Ratsvorsitz die Einschätzung, wonach die jüngst von Budapest ergriffenen Maßnahmen gegen Korruption und Vetternwirtschaft nicht ausreichten (hier finden Sie Brief und Annex).
Daher empfehle die Behörde dem Rat unverändert, die Zahlungen von Kohäsionsmitteln in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro für das Land einzufrieren. Die EU-Finanzminister hatten die Kommission zuvor aufgefordert, ihre Empfehlung vom 30. November im Lichte der jüngsten Entwicklungen in Budapest nochmals zu aktualisieren.
Insbesondere Deutschland und Frankreich erhofften sich laut EU-Kreisen, so den Weg für einen Kompromiss mit Premier Viktor Orbán zu ebnen, etwa indem ein größerer Teil der gesperrten Gelder freigegeben würde. Die neue Analyse der Kommission liefert ihnen hierfür aber nur sehr begrenzt Argumente.
Laut Europa-Staatsministerin Anna Lührmann (Grüne) unterstützt Berlin den Vorschlag der Behörde, die Gelder einzufrieren. Womöglich wird das Thema beim EU-Gipfel am Donnerstag diskutiert. Die Lage ist verfahren, denn die Regierung von Premier Viktor Orbán blockiert mit ihrem Veto wichtige Beschlüsse, etwa zur Mindestbesteuerung von multinationalen Unternehmen, zu neuen Sanktionen gegen Russland und zu einem Hilfspaket für die Ukraine.
Am Samstag beschlossen die Mitgliedstaaten dennoch, Kiew im nächsten Jahr Hilfskredite in Höhe von 18 Milliarden Euro zu gewähren. Sollte Ungarn bei seinem Veto bleiben, würden die Mittel nicht aus dem EU-Haushalt gedeckt, sondern von den EU-Staaten übernommen werden. Die Einigung soll in der kommenden Woche dem Europaparlament zur Annahme vorgelegt werden. tho/dpa
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will das Exportabkommen zur Verschiffung ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer auf andere Waren ausweiten. In einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin sagte Erdoğan am Sonntag nach Angaben seines Büros, man könne schrittweise mit entsprechenden Vorbereitungen und mit dem Export von Lebensmitteln und anderen Waren beginnen.
Erdoğan habe am Abend auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert und über eine mögliche Ausweitung des Abkommens gesprochen, teilte das Präsidialamt mit. Der Kreml in Moskau teilte mit, dass das Getreideabkommen komplex sei. Vor allem müssten auch die Einschränkungen für den Export von russischem Getreide und Dünger aufgehoben werden.
Unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen hatten Russland und die Ukraine im Juli ein Abkommen zum Export ukrainischen Getreides über einen Korridor im Schwarzen Meer geschlossen. Die Vereinbarung beendete eine monatelange Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren infolge des russischen Angriffskriegs. Russland beklagt im Zuge der westlichen Sanktionen, Einschränkungen für seinen eigenen Export von Getreide und Dünger.
Bei dem Telefonat ging es nach Kremlangaben insbesondere auch um die Schaffung eines Gas-Hubs in der Türkei. Der Chef des russischen Staatskonzerns Gazprom, Alexej Miller, hatte dort vergangene Woche Verhandlungen geführt, hieß es. dpa
Bei der Umsetzung der umstrittenen Pestizidverordnung könnte es zu Verzögerungen kommen. Nach Informationen von Europe.Table könnte der Rat am 19. Dezember die Kommission auffordern, weitere Studien zur Folgenabschätzung der Sustainable Use Regulation (SUR) in Auftrag zu geben. Dies sieht ein Entwurf vor, der Europe.Table vorliegt.
Hintergrund sind Vorbehalte bei den Mitgliedstaaten gegen den Vorschlag der Kommission für die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Die Kommission will den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 halbieren. In “sensiblen Bereichen” soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zudem ganz verboten werden. Als sensible Bereiche gelten auch Parks, Spielplätze und Naturschutzgebiete. Dazu könnten auch Landschaftsschutzgebiete gehören.
Deutschland etwa verfügt über rund 16,7 Millionen Hektar Acker- und Grünland, 4,3 Millionen Hektar davon liegen in Schutzgebieten. Damit wäre etwa ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands betroffen. Viele Bauern haben ihre Anbauflächen komplett in Schutzgebieten. Auch der Ökolandbau kommt nicht ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmittel aus. Der Agrarausschuss im Europaparlament hatte die Kommission bereits aufgefordert, den Vorschlag zurückzuziehen und zu überarbeiten. mgr
Es war auf einer Veranstaltung des Deutschen Bundesjugendrings in Berlin, als Clara Föller zum ersten Mal von den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) hörte. “Damals war ich politisch noch heimatlos”, erzählt die 29-Jährige. Schon lange hatte sie nach einer Möglichkeit gesucht, aktiv zu werden, mit einer Partei konnte sie sich jedoch nicht identifizieren.
Mit dem damaligen Bundesvorsitzenden Malte Steuber sprach Föller an diesem Abend lange über die Arbeit der JEF Deutschland, einer von 30 nationalen Sektionen der Jungen Europäischen Föderalisten. Die Ziele der Organisation: das Bewusstsein für Europa stärken und die Demokratie auf EU-Ebene vorantreiben. Föller war überzeugt. Zwei Monate nach dem Gespräch füllte sie einen Mitgliedsantrag aus – heute, knapp drei Jahre später, steht sie selbst an der Spitze des deutschen Verbands.
Aufgewachsen in Bad Homburg, verbrachte Föller nach dem Abitur ein Jahr in Italien und studierte anschließend Politikwissenschaften und Turkologie in Hamburg, Mainz, Frankfurt und Bologna. Ihre ersten Erinnerungen an das Konzept Europa stammen aus ihrer Kindheit. In den Sommerferien war sie oft zu einer Freundin nach Österreich gereist, deren Großeltern in Süddeutschland wohnten. “Ich habe damals nie verstanden, warum zwischen ihr und ihrer Familie eine Grenze war”, sagt Föller.
Als Bundesvorsitzende will sie nun dafür sorgen, dass solche Grenzen an Bedeutung verlieren. “Europäischer Bundesstaat” heißt der langfristige Plan der JEF: ein vereintes, föderalistisches Europa mit einer gemeinsamen Verfassung, die die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt.
“Momentan ist die EU nicht demokratisch genug”, sagt Föller. Durch die intransparenten und oft langsamen Prozesse ginge die Rückbindung an die Wählerinnen und Wähler verloren. Viele Ideen würden nicht weiterverfolgt und wichtige Entscheidungen von einzelnen Ländern blockiert.
Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern deshalb ein Initiativrecht für das Europäische Parlament, das es den Abgeordneten ermöglichen würde, eigene Gesetzesvorschläge einzubringen. Zudem möchten sie Europa “erlebbar machen” – unter anderem durch ein länderübergreifendes Mediennetzwerk und transnationale Listen bei der Europawahl.
Um diese Ideen voranzutreiben, vernetzt sich Föller mit Akteuren und Akteurinnen der nationalen und europäischen Politik. Sie plant und moderiert Veranstaltungen, vertritt die Jungen Europäischen Föderalisten nach außen und arbeitet an Beschlüssen und Leitlinien für den Verband – rein ehrenamtlich. Ihr Geld verdient die 29-Jährige bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Während ihrer Zeit als Bundesvorsitzende hat sich Föller mit nahezu allen Bereichen der europäischen Politik beschäftigt. Besonders am Herzen liegt ihr jedoch die Situation an den EU-Außengrenzen. “Was im Bereich der Seenotrettung passiert, entspricht nicht meinem Bild eines humanitären Europas”, sagt sie. “Da braucht es dringend Reformen.”
Kann sie trotz aller Missstände überzeugte Europäerin sein? Clara Föller sagt ja. Kritik sei für sie nichts Negatives, sondern nur der Beweis dafür, dass man etwas verbessern möchte: “In einem demokratischen Europa, das von unten nach oben funktioniert, ist genau das unsere Aufgabe.” Elisa Schwarze
Es war der Problemwolf GW 950 m. Er hat Dolly, das 30 Jahre alte Pony von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, im September auf der Koppel im Burgdorfer Stadtteil Beinhorn gerissen. Das hat eine Genomuntersuchung ergeben. Wie zu hören ist, soll der Problemwolf aus Niedersachsen erlegt werden.
Obwohl der Großbeutegreifer unter strengstem Schutz in der EU steht, dürfen Wölfe, die sich an Nutztieren vergreifen, geschossen werden. Im abgelaufenen Wolfsjahr ist die “Entnahme”, wie es in Behördendeutsch heißt, hierzulande auch zweimal vorgenommen worden.
Normalerweise reißt der Wolf wilde Huftiere. Immer öfter aber auch Schafe, Ziegen, selbst Pferde und Rinder. Der Wolf breitet sich zunehmend aus, weil er keine natürlichen Feinde hat. Daher fordern Landwirte, den strengen Schutzstatus zu lockern. Umweltlobbyisten werfen von der Leyen vor, genau dies vorzuhaben.
Das ist falsch. Sie interpretieren ihren Brief an die Abgeordneten der CDU-/CSU-Gruppe falsch. In dem Schreiben kündigt sie nicht etwa an, die FFH-Richtlinie wieder aufzumachen, wo der Schutz des Wolfes in Anhang IV verankert ist.
Sie zeigt vielmehr Verständnis für die Sorgen der Landwirte. Bauern betreiben Pflege der Kulturlandschaften etwa an den Deichen und auf den Almen, wenn sie dort Schafe und Ziegen halten. Immer häufiger verlieren sie Teile ihrer Herden und geben entnervt auf. Von der Leyen weist in dem Schreiben auf die Möglichkeit zu aktiverem Wolfsmanagement hin, die die FFH-Richtlinie bietet.
Frankreich und Schweden haben längst Obergrenzen für den Wolfsbestand eingezogen. Ab 400 beziehungsweise 500 Tieren rückt dort der Jäger an. In Deutschland sind nach offiziellen Zahlen 1175 Wölfe heimisch. Vermutlich sind es sogar mehr, weil die Zahl auf Schätzungen beruht und der Wolf sehr scheu ist.
Gemessen an der Fläche hat der Bestand in Deutschland Ausmaße angenommen, wo die Behörden in Frankreich und Schweden schon länger gehandelt hätten. Bislang haben die Regierenden in Berlin, auch unter der CDU-Kanzlerin, stets darauf verwiesen, dass ihnen EU-rechtlich die Hände gebunden seien. Von der Leyen hat mit ihrem Brief darauf hingewiesen, dass dies nicht so ist. Die Botschaft aus Brüssel für Berlin lautet: Man muss es nur wollen. Markus Grabitz