die Brüsseler Sommerpause geht ihrem Ende entgegen und bis zur Bundestagswahl sind es gefühlt nur noch ein paar Tage. Wichtige Themen stehen in Brüssel auf der Agenda, und in den EU-Institutionen wird der Ausgang der deutschen Wahl mit Spannung beobachtet.
Genau der richtige Augenblick, um durchzustarten. Von heute an finden Sie uns jeden Morgen in Ihrem Mail-Postfach, mit News und Analysen der Europe.Table-Redaktion zur Regulierung im Klima- und Digitalbereich. Wir verfolgen das Geschehen in Brüssel und lassen Berlin nicht aus dem Blick.
Die Wahlkämpfer wollen die deutsche Europapolitik nach der Wahl neu ordnen: So wie jetzt könne es nicht weitergehen, sagt Michael Link, “darin sind sich alle einig”. Der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt meint die langwierigen Abstimmungsprozesse – immer wieder ist die Bundesregierung in Brüssel nicht oder erst spät sprechfähig. Wie sich Armin Laschet, Olaf Scholz oder FDP-Mann Link die künftige Koordinierung im Einzelnen vorstellen, lesen Sie in unserer heutigen Ausgabe. Und auch, was das jeweils für das Machtgefüge in einer Koalition bedeuten würde.
Unternehmen statten ihre Mitarbeiter bevorzugt mit Mittel- und Oberklasse-Fahrzeugen aus, die viel CO₂ ausstoßen: Deutschlands Dienstwagenflotte ist die schmutzigste in ganz Europa, gleichauf mit Polen. Für das Klima ist das ein Problem, schließlich machen Firmenautos (im weiteren Sinne) mehr als 60 Prozent aller neu zugelassen Wagen hierzulande aus. Umweltverbände und Verkehrspolitiker machen jetzt Druck: Sie fordern von Berlin, die steuerlichen Privilegien auf E-Autos zu fokussieren und von Brüssel schärfere Flottengrenzwerte.
Klimaschutz scheint nicht das Hauptmotiv der anstehenden Reise der EVP-Fraktionsspitze nach Berlin zu sein. Für das Treffen mit der Kanzlerin und anderen christdemokratischen Größen haben Manfred Weber und Co eigens eine Chartermaschine gebucht. Hinter vorgehaltener Hand üben auch Unionsleute Kritik daran. Mehr lesen Sie ganz am Ende dieser Ausgabe im Aperopa.
Es ist der Widerspruch der deutschen Europapolitik: Das Wort Deutschlands hat großes Gewicht im Kreis der EU-Staaten. Aber die Bundesregierung findet oft ihre Stimme nicht – zu kompliziert und zeitaufwändig sind die Abstimmungsprozesse zwischen den Ministerien (Europe.Table berichtete). Das “German Vote” sorgt in anderen Mitgliedsstaaten für Verdruss und für Spott.
In den Parteien ist die Einsicht gereift, dass sich nach der Bundestagswahl etwas ändern muss. “Alle sind sich einig: So wie jetzt kann es nicht weitergehen“, sagt der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link (FDP). Deutschland müsse handlungsfähiger werden in der Europapolitik, mahnt die europapolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner: “Wir können die EU nicht durch unsere internen Prozesse lahmlegen“. Entsprechende Willensbekundungen finden sich auch in den Wahlprogrammen.
Wie die Koordinierung im Einzelnen verbessert werden sollte, darüber aber gehen die Meinungen auseinander. Schließlich berührt die Frage handfeste Machtinteressen. Sowohl CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet als auch sein SPD-Kontrahent Olaf Scholz favorisieren dem Vernehmen nach, die Europapolitik noch stärker im Kanzleramt zu bündeln. Beide setzen darauf, nach der Wahl dort selbst einzuziehen.
FDP und Grüne, die möglichen Juniorpartner in einer Koalition, lehnen noch mehr Macht für die Regierungszentrale ab. Link etwa fordert mehr Durchgriffsrechte für das Auswärtige Amt und das Bundeswirtschaftsministerium.
Die beiden Ministerien koordinieren derzeit die Europapolitik der Bundesregierung, jedenfalls formell. Sie bemühen sich, wichtige Themen in Brüssel frühzeitig zu identifizieren und versuchen, in Streitfällen zwischen den beteiligten Fachministerien zu vermitteln. AA und BMWi haben aber keine Weisungsbefugnis gegenüber den anderen Ressorts. Ein Machtwort sprechen kann nur das Kanzleramt über seine Richtlinienkompetenz – und das auch nur in ausgesuchten Fällen.
De facto hat Angela Merkel in den vergangenen Jahren viele Themen an sich gezogen. Die Fäden liefen deshalb oftmals bei Uwe Corsepius zusammen, dem Leiter der Europaabteilung im Kanzleramt. In den Verhandlungen über den mehrjährigen EU-Finanzrahmen im vergangenen Jahr, so heißt es in Berlin, sei das eigentlich zuständige AA teils erst mit mehrtägiger Verzögerung informiert worden – und dann bisweilen auch nur durch die Drahtberichte der Ständigen Vertretung in Brüssel.
Auch der Bundestag sei vom Kanzleramt über wichtige Entscheidungen nur selektiv und verspätet informiert worden, kritisiert der europapolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christian Petry. “Wir müssen den Informationsfluss und die Effizienz der europapolitischen Koordinierung dringend verbessern.” Bernd Hüttemann, Generalsekretär der Europäischen Bewegung Deutschland (EBD), mahnt: “Europapolitik ist schlicht zu wirkmächtig, um weiter im Schattenreich koordiniert zu werden”.
Experten raten deshalb, die starke Rolle des Kanzleramts in der Europapolitik auch organisatorisch abzubilden. “Eine stärkere Zentralisierung könnte die Transparenz sowie die Strategie- und Handlungsfähigkeit verbessern und anderen Regierungen einen verlässlichen Ansprechpartner geben”, sagt Julian Rappold, Forscher am Institut für Europäische Politik (IEP). Das bestehende System zu reformieren, werde aber nicht einfach. “Es bildet fundamentale Elemente des Regierungssystems wie Ressortprinzip und Koalitionsregierungen ab”.
In der CDU gibt es eine klare Präferenz für eine Zentralisierung. Gerade mit Blick auf eine mögliche Drei-Parteien-Koalition sei es geboten, die Position eines Europaministers im Kanzleramt mit klaren Kompetenzen für die Koordinierung zu schaffen, sagt Elmar Brok, noch immer einflussreiches Urgestein der Europapolitik. “Die nötige Autorität hat nur eine Persönlichkeit, die im Namen des Bundeskanzlers koordiniert.”
Armin Laschet teilt diese Einschätzung. Der Ministerpräsident hat in Nordrhein-Westfalen den Posten des Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten bei sich in der Staatskanzlei aufgehängt. Der einstige Europaabgeordnete will das Politikfeld selbst gestalten, und dafür auch die zuständige Abteilung 5 im Kanzleramt stärken.
Von Olaf Scholz heißt es, er wolle die Europapolitik selbst aus dem Kanzleramt koordinieren. Der SPD-Politiker hat schon als Bundesfinanzminister viel Einfluss genommen. Er hatte persönlich großen Anteil daran, dass die Bundesregierung in der Corona-Krise ihre Skepsis gegenüber einer gemeinsamen Verschuldung aufgab und den Weg für den EU-Aufbaufonds bereitete.
Scholz und Laschet wissen aber, dass die Koalitionsarithmetik der weiteren Stärkung des Kanzleramtes Grenzen setzt. FDP und Grüne wollen nicht riskieren, in für sie zentralen Politikfeldern wie Haushalts- bzw. Klimapolitik ausmanövriert zu werden. Die Grünen-Spitze hat deshalb bereits ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht gefordert.
Zudem wollen Grünen-Vertreter bereits im Koalitionsvertrag festschreiben, wie sich die Bundesregierung zu zentralen Vorhaben, etwa des Green Deal, positioniert. Solange sie sich innerhalb dieser Leitplanken bewegen, könnten die Ressorts in den Brüsseler Fachräten mehr Spielraum erhalten als bislang. Das könnte die Positionierung vereinfachen.
Michael Link, der europapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, wiederum fordert mehr Durchgriffsrechte für AA und BMWi. Die beiden koordinierenden Ministerien sollten “das Recht erhalten, den beteiligten Häusern eine Frist zu setzen, binnen derer sie sich auf eine deutsche Linie im Ministerrat einigen müssen”, fordert er. Verstreiche diese Frist, dürfe das AA die Weisung selbst erteilen für den Themenbereich des AStV 2.
Das Gleiche solle für das Bundeswirtschaftsministerium im Bereich des AStV 1 gelten, fordert Link. Rechtlich sei das leicht umzusetzen: “Diese Änderungen können im Organisationsplan der Bundesregierung und im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden – dafür müssten wir nicht das Grundgesetz ändern.”
Auch in der Union gibt es Sympathien für diesen Ansatz – jedenfalls, solange die Durchgriffsrechte eines CDU-geführten Kanzleramtes gewährleistet sind. Die Grünen-Idee größerer Spielräume für die federführenden Ministerien innerhalb eines vorgegebenen Rahmens ließe sich damit ebenfalls vereinbaren. Hier scheinen Kompromisse also möglich. Auch wenn noch völlig offen ist, wie die künftige Regierungskoalition aussehen wird. Mit Falk Steiner
Informelle Tagung der Minister für Landwirtschaft und Fischerei
05.09.-07.09.2021
Akteure: Rat der EU: Ministerien für Landwirtschaft und Fischerei
Agenda: Laut Einladungsschreiben geht es vor allem um das Verhältnis von Stadt und Land und Antworten auf Probleme wie Abwanderung und schwindende Attraktivität ländlicher Gebiete.
INFOS
Informelle Videokonferenz der Minister für Wirtschaft und Finanzen
06.09.2021
Akteure: Rat der EU: Ministerien für Wirtschaft und Finanzen
Agenda: Die Minister beraten erneut über nationale Aufbau- und Resilienzpläne (Teil des Aufbaupakets “NextGenerationEU”). In dieser Konferenz wird es um die Pläne Tschechiens und Irlands gehen.
INFOS
Sitzung des Ausschusses für regionale Entwicklung
06.09.2021 13:45 Uhr
Akteure: Europaparlament, REGI
Agenda: Thema dieser Sitzung werden die Naturkatastrophen in Europa in diesem Sommer, die Hilfsmaßnahmen und die daraus zu ziehenden Lehren sein. Ebenfalls diskutiert werden Herausforderungen für städtische Gebiete in der Zeit nach der COVID-19-Krise.
AGENDA
Digitalpolitik: Ausschüsse diskutieren mit Executive Vice-President Vestager
06.09.2021 16:45-17:45 Uhr
Akteure: INGE, ITRE, IMCO, LIBE, AIDA, M. Vestager
Agenda: Der Sonderausschuss zu ausländischer Einflussnahme und weitere Ausschüsse diskutieren mit der Exekutiven Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, über die Digitalpolitik der Kommission.
INFO LIVE AGENDA
Präsidiumssitzung der EVP-Fraktion in Berlin
08.09.-10.09.2021
Akteure: A. Weber, D. Kasse, A. Niebler, W. Schäuble, A. Merkel, S. Kurz, u.v.m.
Agenda: Die Führung der EVP-Fraktion im Europaparlament diskutiert mit Kanzlerin Angela Merkel und anderen Vertretern der christdemokratischen Parteienfamilie in Berlin. Auf dem Programm steht u. a. eine programmatische Rede von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet.
INFOS
Sitzung des Rechtsausschusses
09.09.2021 09:00-11:00 Uhr
Akteure: Europaparlament, JURI
Agenda: Vorläufige Tagesordnungspunkte sind die Erklärungen der ausgewählten Kandidat:innen für das Amt des Vorsitzenden einer Beschwerdekammer des EUIPO, sowie ein Meinungsaustausch mit dem slowenischen Ratsvorsitz.
AGENDA LIVE
Informelle Tagung der Minister für Wirtschaft und Finanzen
10.09.-11.09.2021
Akteure: Rat der EU: Ministerien für Wirtschaft und Finanzen
Agenda: Bei dem zweitägigen Meeting geht es u. a. um die Balance zwischen Sustainable Finance und Finanzstabilität. Daneben diskutieren die Minister über die wirtschaftliche Erholung und mehr Freiraum für Zukunftsinvestitionen. Zuvor tagt wie üblich die Euro-Gruppe.
Infos Ecofin INFOS Euro-Gruppe
Deutschlands Straßen sind voller gewerblich genutzter Fahrzeuge. 63 Prozent der neu zugelassenen Autos sind Firmenautos, Mietautos oder Vorführfahrzeuge von Autohändlern. Solche Dienstwagen im weitesten Sinne sind für drei Viertel der CO2-Emissionen von Neuwagen in Deutschland verantwortlich, so die Analyse der Verkehrs-NGO Transport & Environment (T&E).
Das liegt zum einen daran, dass Dienstwagen im Schnitt doppelt so viele Kilometer zurücklegen wie Privatfahrzeuge. Und zum anderen daran, dass Unternehmen bei ihren Dienstwagen nach wie vor hauptsächlich auf große Mittel- und Oberklasse-Fahrzeuge setzen mit Verbrennungsmotor. Deutschlands Dienstwagen sind die schmutzigsten in ganz Europa – gleichauf mit Polen.
Die Dekarbonisierung der Dienstwagenflotte ist somit eine effektive Möglichkeit, die Emissionen auf deutschen Straßen zu senken, da sie zusätzlich auch noch im großen Umfang privat genutzt werden. Doch das kann nur funktionieren, wenn Unternehmen und Arbeitnehmer:innen auch Anreize haben, auf emissionsarme Fahrzeuge oder sogar E-Autos umzusteigen. Verkehrspolitiker sowie Umwelt- und Verkehrsorganisationen fordern deshalb eine Anpassung der Besteuerung von Dienstwagen.
“Die steuerlichen Privilegien für privat genutzte Dienstwagen mit Verbrennungsmotor sollten schnellstmöglich beseitigt werden”, sagt Benjamin Fischer, Projektleiter Verkehrsökonomie bei Agora Verkehrswende. Es laufe dem Klimaschutz im Verkehrsbereich diametral entgegen, wenn massiv klimaschädliche Dienstwagen steuerlich gefördert werden, betont der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stefan Gelbhaar. Und auch VW-Chef Herbert Diess hat auf Twitter ein Ende der Förderung von Verbrenner-Dienstwagen gefordert.
Der steuerliche Vorteil beim Kauf eines gewerblich genutzten Fahrzeugs ist der entscheidende Anreiz für viele Unternehmen, ihre Mitarbeiter:innen überhaupt mit einem Dienstwagen auszustatten. Für die deutsche Automobilindustrie ist dieser Absatzmarkt enorm wichtig. Allerdings sind die Anreize für die gewerbliche Nutzung eines E-Autos oder Hybrides nur marginal größer als die eines Verbrenners.
Grundsätzlich gilt: Ein Unternehmen kann den Kauf eines Dienstwagens als Ausgabe abschreiben. Je nach Antriebsart müssen Beschäftigte für die private Nutzung einen Anteil des Bruttolistenpreises des Autos als geldwerten Vorteil auf ihr monatliches Einkommen anrechnen. Beim Verbrenner beträgt dieser Anteil ein Prozent, bei Plugin-Hybriden 0,5 Prozent und bei E-Autos 0,25 Prozent.
Die hohen Anschaffungskosten von E-Autos und Hybriden und die hohen Steuern auf Strom bei gleichzeitig niedrigen Kraftstoffsteuern verringern den tatsächlichen Vorteil wiederum. Das hat zur Folge, dass die Quote von neu zugelassenen E-Autos bei Dienstwagen in Deutschland deutlich niedriger ist als bei privat genutzten Fahrzeugen.
Laut T&E-Analyse liegt das einzig an der deutschen Steuerpolitik, denn im europäischen Vergleich sind andere Länder viel weiter. E-Autos in den Niederlanden werden doppelt so häufig als Dienstwagen zugelassen wie im privaten Gebraucht, in Belgien sogar sechsmal so oft. Die belgischen Nachbarn haben im Mai sogar beschlossen, dass ab 2026 nur noch E-Dienstwagen steuerlich bevorteilt werden.
In Deutschland gibt es laut T&E hingegen wenig steuerliche Anreize für den Umstieg auf ein emissionsärmeres bzw. emissionsfreies Auto. Zwar werden stark emittierende Verbrenner stärker besteuert als ein vergleichsweise weniger emittierender Benziner oder Diesel. Die Nachbarländer sind da aber deutlich konsequenter.
Der Unterschied der jährlichen Kfz-Steuer zwischen einem Kompaktklasse-Pkw und einem stark emittierenden SUV beläuft sich in Deutschland auf 100 bis 150 Euro. In Frankreich liegt die Differenz bei 800 bis 900 Euro. Zudem ist die Höhe der Zulassungsgebühr für einen Neuwagen in Frankreich exponentiell an dessen Emissionen gekoppelt. In Deutschland ist sie für jedes Auto gleich.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) sieht aber noch keinen Handlungsbedarf. Mit den bereits beschlossenen Maßnahmen habe die Bundesregierung die entscheidenden Voraussetzungen für eine emissionsfreie und zukunftsfähige Mobilität geschaffen, teilte das BMF auf Anfrage mit.
Damit meint das Ministerium unter anderem die Kaufprämie für E-Autos, die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer oder die Förderung der Ladeinfrastruktur. “Nunmehr ist es an der Industrie, für die Bedürfnisse der Unternehmen – aber auch im Rahmen der privaten Mobilität – taugliche Angebote zu machen, die diese auch in der Praxis nutzen können.” Die steuerlichen Voraussetzungen dafür seien geschaffen, hieß es vom BMF.
Dem widerspricht Benjamin Fischer von Agora Verkehrswende. “Die kommende Bundesregierung sollte über eine reformierte Kfz-Steuer sichtbare und noch gezieltere Anreize in Richtung emissionsarmer oder -freier Fahrzeuge setzen”, fordert er. Auf Unternehmensebene könnten auch verkürzte Abschreibungszeiträume gezielte Anreize zur Anschaffung gewerblich genutzter E-Autos setzen, so hofft er.
Noch deutlicher werden die Grünen: “Finanzminister Olaf Scholz hat in den vier Jahren seiner Amtszeit keinerlei Ambitionen in diese Richtung gezeigt. Damit ist Deutschland zum Niedrigsteuerland für klimaschädliche Dienstwagen geworden”, kritisiert Stefan Gelbhaar.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) lehnt die “Sanktionierung einzelner Nutzungs- oder Kaufentscheidungen, wie etwa im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung” ab, teilte ein Sprecher mit. Statt einer steuerrechtlichen Regelung auf nationaler Ebene bevorzuge man die von der EU-Kommission vorgeschlagene Einführung eines Emissionshandels für den Verkehr, um “den Verbrauch und damit die CO2-Emissionen wirksam und zielgenau zu reduzieren”.
Auf EU-Ebene gebe es wenig Möglichkeiten, sagt Stef Cornelis von T&E. Die deutsche Regierung sei stattdessen gefragt, die Ein-Prozent-Regelung und die Abschreibungen für Verbrenner zu beenden. Agora Verkehrswende plädiert dafür, dass Brüssel die Flottengrenzwerte verschärft und “ambitionierte Mindestvorgaben für den Ausbau der Ladeinfrastruktur” macht. Deutschland wäre in diesem Fall mehr denn je angehalten, das mögliche Emissionseinsparungspotential auch umzusetzen.
Denn eine höhere Quote bei E-Dienstwagen hätte auch noch einen weiteren Effekt. Die Zweitnutzung der Dienstwagenflotte – also der Gebrauchtwagenmarkt – würde ebenfalls nach und nach elektrifiziert werden.
Das Bundesumweltministerium fordert von Google noch mehr Einsatz für den Klimaschutz. Googles jüngste Ankündigung, die Stromversorgung weitgehend auf erneuerbare Energien umzustellen, sei zu begrüßen, sagte ein Sprecher zu Europe.Table. Doch an einigen Punkten sei der Konzern von Umweltfreundlichkeit noch weit entfernt.
Auf der einen Seite lobt das BMU das Vorgehen Googles ausdrücklich: Positiv zu bewerten sei, dass die Vereinbarung mit dem Versorger Engie den Weiterbetrieb von Windparks erlaube, die aus der EEG-Förderung fallen. Auch den Aufbau eines neuen Fotovoltaik-Projekts begrüßt das Ministerium.
Damit gehe Google “einen entscheidenden Schritt weiter, da das Unternehmen nicht wie sonst üblich über den Erwerb von Grünstromnachweisen seinen Stromverbrauch ‘grünt’, sondern eine zeitliche und räumliche Kohärenz beim Erneuerbare-Energien-Verbrauch sicherstellt“, so das BMU. Es sei gut, wenn die Großen der Technologiebranche vorangingen. Dies sei ein wichtiges Signal für Ausbau und Integration erneuerbarer Energien.
Doch das SPD-geführte Umweltministerium sieht noch einige Hausaufgaben vor dem Konzern. Die jetzt angestrebte Zeitgleichheit auf Stundenbasis von Erzeugung und Verbrauch Erneuerbarer sei gut. In Zukunft werde aber eine Viertelstunden-Basis notwendig werden.
Außerdem sei Google weltweit noch von Kernkraft abhängig. Bei der Kühlung der Rechenzentren sieht das BMU ebenfalls noch Handlungsbedarf: Natürliche Kältemittel oder ein Komplettverzicht auf künstliche Kühlung müssten das Ziel für ambitionierte Firmen sein. fst
Die Gespräche des US-amerikanischen Klimasonderbeauftragen John Kerry sind in China am Freitag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Chinesische Beamte hätten der US-Regierung klarmachen wollen, dass es “unmöglich ist, Chinas Zusammenarbeit beim Klimawandel zu gewinnen und gleichzeitig in wichtigen Fragen eine anti-chinesische Haltung einzunehmen”, sagte Shi Yinhong, Professor für internationale Beziehungen an der Pekinger Renmin-Universität, der South China Morning Post.
Bereits vor den zweitägigen Gesprächen hatte China den USA Bedingungen für eine Kooperation im Klimaschutz gestellt. Washington könne nicht einerseits versuchen, die Entwicklung seines Landes einzudämmen – und andererseits auf eine Zusammenarbeit drängen, sagte Außenminister Wang Yi. Wang warf der Regierung von Präsident Joe Biden eine “große strategische Fehlkalkulation gegenüber China” vor (China.Table berichtete).
Wang hatte damit Kerrys Forderung zurückgewiesen, Klimaschutz isoliert zu behandeln. “Die amerikanische Seite will, dass Klimakooperation eine ‘Oase’ in den chinesisch-amerikanischen Beziehungen ist, aber wenn diese ‘Oase’ von Wüste umgeben ist, wird sie früher oder später von der Wüste erfasst werden”, so Wang laut einer Mitteilung des Außenministeriums.
Das Treffen kommt wenige Woche vor dem Klimagipfel (COP26) in Glasgow im November. Experten weltweit sind sich einig, dass ohne eine Klimakooperation von China und den USA keine Fortschritte bei der Eindämmung des Klimawandels erreicht werden kann. niw
CSU-Chef Markus Söder macht die Erhöhung der Pendlerpauschale zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei nach der Bundestagswahl. “Erhöht sich der Benzinpreis um zehn Cent, muss die Pendlerpauschale um einen Cent erhöht werden”, sagte Söder der “Welt am Sonntag”. Das sei eine Koalitionsforderung der CSU, “von der wir nicht abrücken werden”.
Pendler benötigten einen Ausgleich für einen steigenden CO2-Preis, sagte Söder. Dafür sei eine “deutliche Erhöhung” der Entfernungspauschale nötig. Gegenwärtig können Berufstätige pro Arbeitstag für jeden Kilometer zum Arbeitsort 30 Cent von der Steuer absetzen. Ab dem 21. Kilometer sind es seit diesem Jahr 35 Cent. Der Bund hatte diese Erhöhung bereits als Ausgleich für steigende CO2-Kosten beschlossen. rtr
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat sich für digitale Gegenangriffe, oder “Hackbacks” bei schweren Cyberattacken, ausgesprochen. “Die Abwehr von Cyberattacken muss fester Bestandteil unserer Sicherheitspolitik sein – das schließt sogenannte Hackbacks mit ein”, sagte Laschet den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Wir müssen bei schweren Cyber-Angriffen in der Lage sein, aktiv auf die Ursache einzuwirken – um dem ein Ende zu setzen.”
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) müsse eine Säule der deutschen Sicherheitsarchitektur werden. Cyberattacken gefährdeten nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Menschenleben. rtr
Witze über verstaubtes Beamtentum und Katzenfotos sind nicht das, was man vom Social-Media-Feed eines deutschen Ministerialbeamten erwartet. Philipp Steinberg aber überrascht gerne durch unkonventionelle Auftritte.
“Beamte haben nicht den Ruf, besonders abenteuerlustig und innovativ zu sein. Natürlich völlig zu Unrecht”: Im ironischen Plauderton beginnt der promovierte Wirtschaftsrechtler seine Rede auf einer Konferenz in Berlin, bei der es um strategische Vorausschau in die digitale Zukunft geht. Beziehungsweise in “digitale Zukünfte“, wie Steinberg korrigiert. Diese will er “einfach mal voraussagen”, und so die Kreativität seiner eigenen Zunft unter Beweis stellen.
Steinbergs Abteilung im Bundeswirtschaftsministerium hat eine Studie zu den “Perspektiven zur Digitalisierung der sozialen Marktwirtschaft” angestoßen. Die diversen Szenarien haben eine Annahme gemein: Künstliche Intelligenz, Big Data, Quantencomputing, 3D-Druck und Blockchain werden die Wirtschaft maßgeblich verändern. Angesichts einer solchen Prognose kann Steinberg auch ernst: “Wir brauchen einen stabilen Ordnungsrahmen, der die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft aufrechterhält und die Macht der digitalen Plattformökonomie in die Schranken weist“.
Den ersten Schritt dahin hat Deutschland auf nationaler Ebene bereits zu Jahresbeginn mit der GWB-Novelle getan. Auf EU-Ebene wird derzeit am Digital Markets Act (DMA) gearbeitet. Das Regelwerk soll gefestigte Machtstrukturen der “Gatekeeper” aufbrechen und damit Innovation und fairen Wettbewerb im EU-Binnenmarkt ermöglichen.
Anstatt wie bisher im Nachhinein auf Missbrauch zu reagieren (wie im Fall von Google Shopping), sollen nun im Voraus durch Ver- und Gebote wettbewerbsschädliche Geschäftsstrategien verhindert werden. Wer sich in Zukunft an diese EU-Spielregeln zu halten hat, ist so gut wie klar: Laut dem aktuellen Entwurf betrifft diese Regelung vor allem zentrale Plattformdienste mit Umsatz und Marktwert in Milliardenhöhe, die einen erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt ausüben. Es wird also vor allem die GAFAM (Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft) treffen.
Steinberg hat die Position der Bundesregierung zum DMA formuliert. Um die aktuelle Marktdynamik auszuhebeln, reicht der DMA laut Steinberg jedoch nicht. Ein modernes Datenordnungsrecht müsse her, eine “Daseinsvorsorge”, wie er es nennt, um die Unabhängigkeit von großen Plattformen zu etablieren. “Das ist ein wichtiger Baustein der digitalen Infrastruktur, die Deutschland und Europa dringend braucht.”
Neben seiner Tätigkeit im Bundesministerium ist Steinberg auch Autor. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze über Steuer- und Wirtschaftsrecht sowie drei Bücher veröffentlicht, das jüngste auf Englisch. Überhaupt ist Philipp Steinbergs Leben für einen Ministerialbeamten verblüffend international geprägt: Er wurde in den USA geboren, machte Abitur in Wales, studierte in Paris und Harvard. In seiner Twitter-Bio formuliert er es so: “US born. European by heart.” Giorgia Grimaldi
Es ist eine illustre Runde, die sich da ab kommendem Mittwoch in Berlin versammelt. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz reist an, ebenso Kroatiens Regierungschefs Andrej Plenković, seine litauische Kollegin Ingrida Šimonytė und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. In Empfang genommen werden sie im Interconti-Hotel von Kanzlerin Angela Merkel, CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.
Organisiert hat das Stelldichein christdemokratischer Spitzenpolitiker der Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber. Das Treffen hat drei Ziele: der scheidenden Kanzlerin zu huldigen, dem Nachfolge-Aspiranten Laschet eine Bühne für eine europapolitische Grundsatzrede zu bieten – und natürlich Werbung zu machen für Webers eigene Ambitionen, seinen Posten an der Fraktionsspitze zu verteidigen und überdies noch Präsident der Europäischen Volkspartei zu werden. Im November wird der Nachfolger von Donald Tusk gekürt.
Angesichts solch großer Ziele ist Klotzen statt Kleckern angesagt: Per Charterflug reist die EVP-Fraktionsführung aus Brüssel an. Das sei allemal günstiger als Einzeltickets für den Linienflug zu kaufen, heißt es zur Rechtfertigung in der Gruppe, schließlich zähle die Delegation mitsamt Mitarbeitern mehr als Hundert Mitglieder. Warum aber gleich der ganze Tross mitreisen muss, fragen sich auch Unionsleute. Klimaschutz scheint jedenfalls nicht das Leitmotiv der EVP-Klassenfahrt zu sein. Till Hoppe
die Brüsseler Sommerpause geht ihrem Ende entgegen und bis zur Bundestagswahl sind es gefühlt nur noch ein paar Tage. Wichtige Themen stehen in Brüssel auf der Agenda, und in den EU-Institutionen wird der Ausgang der deutschen Wahl mit Spannung beobachtet.
Genau der richtige Augenblick, um durchzustarten. Von heute an finden Sie uns jeden Morgen in Ihrem Mail-Postfach, mit News und Analysen der Europe.Table-Redaktion zur Regulierung im Klima- und Digitalbereich. Wir verfolgen das Geschehen in Brüssel und lassen Berlin nicht aus dem Blick.
Die Wahlkämpfer wollen die deutsche Europapolitik nach der Wahl neu ordnen: So wie jetzt könne es nicht weitergehen, sagt Michael Link, “darin sind sich alle einig”. Der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt meint die langwierigen Abstimmungsprozesse – immer wieder ist die Bundesregierung in Brüssel nicht oder erst spät sprechfähig. Wie sich Armin Laschet, Olaf Scholz oder FDP-Mann Link die künftige Koordinierung im Einzelnen vorstellen, lesen Sie in unserer heutigen Ausgabe. Und auch, was das jeweils für das Machtgefüge in einer Koalition bedeuten würde.
Unternehmen statten ihre Mitarbeiter bevorzugt mit Mittel- und Oberklasse-Fahrzeugen aus, die viel CO₂ ausstoßen: Deutschlands Dienstwagenflotte ist die schmutzigste in ganz Europa, gleichauf mit Polen. Für das Klima ist das ein Problem, schließlich machen Firmenautos (im weiteren Sinne) mehr als 60 Prozent aller neu zugelassen Wagen hierzulande aus. Umweltverbände und Verkehrspolitiker machen jetzt Druck: Sie fordern von Berlin, die steuerlichen Privilegien auf E-Autos zu fokussieren und von Brüssel schärfere Flottengrenzwerte.
Klimaschutz scheint nicht das Hauptmotiv der anstehenden Reise der EVP-Fraktionsspitze nach Berlin zu sein. Für das Treffen mit der Kanzlerin und anderen christdemokratischen Größen haben Manfred Weber und Co eigens eine Chartermaschine gebucht. Hinter vorgehaltener Hand üben auch Unionsleute Kritik daran. Mehr lesen Sie ganz am Ende dieser Ausgabe im Aperopa.
Es ist der Widerspruch der deutschen Europapolitik: Das Wort Deutschlands hat großes Gewicht im Kreis der EU-Staaten. Aber die Bundesregierung findet oft ihre Stimme nicht – zu kompliziert und zeitaufwändig sind die Abstimmungsprozesse zwischen den Ministerien (Europe.Table berichtete). Das “German Vote” sorgt in anderen Mitgliedsstaaten für Verdruss und für Spott.
In den Parteien ist die Einsicht gereift, dass sich nach der Bundestagswahl etwas ändern muss. “Alle sind sich einig: So wie jetzt kann es nicht weitergehen“, sagt der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link (FDP). Deutschland müsse handlungsfähiger werden in der Europapolitik, mahnt die europapolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner: “Wir können die EU nicht durch unsere internen Prozesse lahmlegen“. Entsprechende Willensbekundungen finden sich auch in den Wahlprogrammen.
Wie die Koordinierung im Einzelnen verbessert werden sollte, darüber aber gehen die Meinungen auseinander. Schließlich berührt die Frage handfeste Machtinteressen. Sowohl CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet als auch sein SPD-Kontrahent Olaf Scholz favorisieren dem Vernehmen nach, die Europapolitik noch stärker im Kanzleramt zu bündeln. Beide setzen darauf, nach der Wahl dort selbst einzuziehen.
FDP und Grüne, die möglichen Juniorpartner in einer Koalition, lehnen noch mehr Macht für die Regierungszentrale ab. Link etwa fordert mehr Durchgriffsrechte für das Auswärtige Amt und das Bundeswirtschaftsministerium.
Die beiden Ministerien koordinieren derzeit die Europapolitik der Bundesregierung, jedenfalls formell. Sie bemühen sich, wichtige Themen in Brüssel frühzeitig zu identifizieren und versuchen, in Streitfällen zwischen den beteiligten Fachministerien zu vermitteln. AA und BMWi haben aber keine Weisungsbefugnis gegenüber den anderen Ressorts. Ein Machtwort sprechen kann nur das Kanzleramt über seine Richtlinienkompetenz – und das auch nur in ausgesuchten Fällen.
De facto hat Angela Merkel in den vergangenen Jahren viele Themen an sich gezogen. Die Fäden liefen deshalb oftmals bei Uwe Corsepius zusammen, dem Leiter der Europaabteilung im Kanzleramt. In den Verhandlungen über den mehrjährigen EU-Finanzrahmen im vergangenen Jahr, so heißt es in Berlin, sei das eigentlich zuständige AA teils erst mit mehrtägiger Verzögerung informiert worden – und dann bisweilen auch nur durch die Drahtberichte der Ständigen Vertretung in Brüssel.
Auch der Bundestag sei vom Kanzleramt über wichtige Entscheidungen nur selektiv und verspätet informiert worden, kritisiert der europapolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christian Petry. “Wir müssen den Informationsfluss und die Effizienz der europapolitischen Koordinierung dringend verbessern.” Bernd Hüttemann, Generalsekretär der Europäischen Bewegung Deutschland (EBD), mahnt: “Europapolitik ist schlicht zu wirkmächtig, um weiter im Schattenreich koordiniert zu werden”.
Experten raten deshalb, die starke Rolle des Kanzleramts in der Europapolitik auch organisatorisch abzubilden. “Eine stärkere Zentralisierung könnte die Transparenz sowie die Strategie- und Handlungsfähigkeit verbessern und anderen Regierungen einen verlässlichen Ansprechpartner geben”, sagt Julian Rappold, Forscher am Institut für Europäische Politik (IEP). Das bestehende System zu reformieren, werde aber nicht einfach. “Es bildet fundamentale Elemente des Regierungssystems wie Ressortprinzip und Koalitionsregierungen ab”.
In der CDU gibt es eine klare Präferenz für eine Zentralisierung. Gerade mit Blick auf eine mögliche Drei-Parteien-Koalition sei es geboten, die Position eines Europaministers im Kanzleramt mit klaren Kompetenzen für die Koordinierung zu schaffen, sagt Elmar Brok, noch immer einflussreiches Urgestein der Europapolitik. “Die nötige Autorität hat nur eine Persönlichkeit, die im Namen des Bundeskanzlers koordiniert.”
Armin Laschet teilt diese Einschätzung. Der Ministerpräsident hat in Nordrhein-Westfalen den Posten des Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten bei sich in der Staatskanzlei aufgehängt. Der einstige Europaabgeordnete will das Politikfeld selbst gestalten, und dafür auch die zuständige Abteilung 5 im Kanzleramt stärken.
Von Olaf Scholz heißt es, er wolle die Europapolitik selbst aus dem Kanzleramt koordinieren. Der SPD-Politiker hat schon als Bundesfinanzminister viel Einfluss genommen. Er hatte persönlich großen Anteil daran, dass die Bundesregierung in der Corona-Krise ihre Skepsis gegenüber einer gemeinsamen Verschuldung aufgab und den Weg für den EU-Aufbaufonds bereitete.
Scholz und Laschet wissen aber, dass die Koalitionsarithmetik der weiteren Stärkung des Kanzleramtes Grenzen setzt. FDP und Grüne wollen nicht riskieren, in für sie zentralen Politikfeldern wie Haushalts- bzw. Klimapolitik ausmanövriert zu werden. Die Grünen-Spitze hat deshalb bereits ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht gefordert.
Zudem wollen Grünen-Vertreter bereits im Koalitionsvertrag festschreiben, wie sich die Bundesregierung zu zentralen Vorhaben, etwa des Green Deal, positioniert. Solange sie sich innerhalb dieser Leitplanken bewegen, könnten die Ressorts in den Brüsseler Fachräten mehr Spielraum erhalten als bislang. Das könnte die Positionierung vereinfachen.
Michael Link, der europapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, wiederum fordert mehr Durchgriffsrechte für AA und BMWi. Die beiden koordinierenden Ministerien sollten “das Recht erhalten, den beteiligten Häusern eine Frist zu setzen, binnen derer sie sich auf eine deutsche Linie im Ministerrat einigen müssen”, fordert er. Verstreiche diese Frist, dürfe das AA die Weisung selbst erteilen für den Themenbereich des AStV 2.
Das Gleiche solle für das Bundeswirtschaftsministerium im Bereich des AStV 1 gelten, fordert Link. Rechtlich sei das leicht umzusetzen: “Diese Änderungen können im Organisationsplan der Bundesregierung und im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden – dafür müssten wir nicht das Grundgesetz ändern.”
Auch in der Union gibt es Sympathien für diesen Ansatz – jedenfalls, solange die Durchgriffsrechte eines CDU-geführten Kanzleramtes gewährleistet sind. Die Grünen-Idee größerer Spielräume für die federführenden Ministerien innerhalb eines vorgegebenen Rahmens ließe sich damit ebenfalls vereinbaren. Hier scheinen Kompromisse also möglich. Auch wenn noch völlig offen ist, wie die künftige Regierungskoalition aussehen wird. Mit Falk Steiner
Informelle Tagung der Minister für Landwirtschaft und Fischerei
05.09.-07.09.2021
Akteure: Rat der EU: Ministerien für Landwirtschaft und Fischerei
Agenda: Laut Einladungsschreiben geht es vor allem um das Verhältnis von Stadt und Land und Antworten auf Probleme wie Abwanderung und schwindende Attraktivität ländlicher Gebiete.
INFOS
Informelle Videokonferenz der Minister für Wirtschaft und Finanzen
06.09.2021
Akteure: Rat der EU: Ministerien für Wirtschaft und Finanzen
Agenda: Die Minister beraten erneut über nationale Aufbau- und Resilienzpläne (Teil des Aufbaupakets “NextGenerationEU”). In dieser Konferenz wird es um die Pläne Tschechiens und Irlands gehen.
INFOS
Sitzung des Ausschusses für regionale Entwicklung
06.09.2021 13:45 Uhr
Akteure: Europaparlament, REGI
Agenda: Thema dieser Sitzung werden die Naturkatastrophen in Europa in diesem Sommer, die Hilfsmaßnahmen und die daraus zu ziehenden Lehren sein. Ebenfalls diskutiert werden Herausforderungen für städtische Gebiete in der Zeit nach der COVID-19-Krise.
AGENDA
Digitalpolitik: Ausschüsse diskutieren mit Executive Vice-President Vestager
06.09.2021 16:45-17:45 Uhr
Akteure: INGE, ITRE, IMCO, LIBE, AIDA, M. Vestager
Agenda: Der Sonderausschuss zu ausländischer Einflussnahme und weitere Ausschüsse diskutieren mit der Exekutiven Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, über die Digitalpolitik der Kommission.
INFO LIVE AGENDA
Präsidiumssitzung der EVP-Fraktion in Berlin
08.09.-10.09.2021
Akteure: A. Weber, D. Kasse, A. Niebler, W. Schäuble, A. Merkel, S. Kurz, u.v.m.
Agenda: Die Führung der EVP-Fraktion im Europaparlament diskutiert mit Kanzlerin Angela Merkel und anderen Vertretern der christdemokratischen Parteienfamilie in Berlin. Auf dem Programm steht u. a. eine programmatische Rede von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet.
INFOS
Sitzung des Rechtsausschusses
09.09.2021 09:00-11:00 Uhr
Akteure: Europaparlament, JURI
Agenda: Vorläufige Tagesordnungspunkte sind die Erklärungen der ausgewählten Kandidat:innen für das Amt des Vorsitzenden einer Beschwerdekammer des EUIPO, sowie ein Meinungsaustausch mit dem slowenischen Ratsvorsitz.
AGENDA LIVE
Informelle Tagung der Minister für Wirtschaft und Finanzen
10.09.-11.09.2021
Akteure: Rat der EU: Ministerien für Wirtschaft und Finanzen
Agenda: Bei dem zweitägigen Meeting geht es u. a. um die Balance zwischen Sustainable Finance und Finanzstabilität. Daneben diskutieren die Minister über die wirtschaftliche Erholung und mehr Freiraum für Zukunftsinvestitionen. Zuvor tagt wie üblich die Euro-Gruppe.
Infos Ecofin INFOS Euro-Gruppe
Deutschlands Straßen sind voller gewerblich genutzter Fahrzeuge. 63 Prozent der neu zugelassenen Autos sind Firmenautos, Mietautos oder Vorführfahrzeuge von Autohändlern. Solche Dienstwagen im weitesten Sinne sind für drei Viertel der CO2-Emissionen von Neuwagen in Deutschland verantwortlich, so die Analyse der Verkehrs-NGO Transport & Environment (T&E).
Das liegt zum einen daran, dass Dienstwagen im Schnitt doppelt so viele Kilometer zurücklegen wie Privatfahrzeuge. Und zum anderen daran, dass Unternehmen bei ihren Dienstwagen nach wie vor hauptsächlich auf große Mittel- und Oberklasse-Fahrzeuge setzen mit Verbrennungsmotor. Deutschlands Dienstwagen sind die schmutzigsten in ganz Europa – gleichauf mit Polen.
Die Dekarbonisierung der Dienstwagenflotte ist somit eine effektive Möglichkeit, die Emissionen auf deutschen Straßen zu senken, da sie zusätzlich auch noch im großen Umfang privat genutzt werden. Doch das kann nur funktionieren, wenn Unternehmen und Arbeitnehmer:innen auch Anreize haben, auf emissionsarme Fahrzeuge oder sogar E-Autos umzusteigen. Verkehrspolitiker sowie Umwelt- und Verkehrsorganisationen fordern deshalb eine Anpassung der Besteuerung von Dienstwagen.
“Die steuerlichen Privilegien für privat genutzte Dienstwagen mit Verbrennungsmotor sollten schnellstmöglich beseitigt werden”, sagt Benjamin Fischer, Projektleiter Verkehrsökonomie bei Agora Verkehrswende. Es laufe dem Klimaschutz im Verkehrsbereich diametral entgegen, wenn massiv klimaschädliche Dienstwagen steuerlich gefördert werden, betont der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stefan Gelbhaar. Und auch VW-Chef Herbert Diess hat auf Twitter ein Ende der Förderung von Verbrenner-Dienstwagen gefordert.
Der steuerliche Vorteil beim Kauf eines gewerblich genutzten Fahrzeugs ist der entscheidende Anreiz für viele Unternehmen, ihre Mitarbeiter:innen überhaupt mit einem Dienstwagen auszustatten. Für die deutsche Automobilindustrie ist dieser Absatzmarkt enorm wichtig. Allerdings sind die Anreize für die gewerbliche Nutzung eines E-Autos oder Hybrides nur marginal größer als die eines Verbrenners.
Grundsätzlich gilt: Ein Unternehmen kann den Kauf eines Dienstwagens als Ausgabe abschreiben. Je nach Antriebsart müssen Beschäftigte für die private Nutzung einen Anteil des Bruttolistenpreises des Autos als geldwerten Vorteil auf ihr monatliches Einkommen anrechnen. Beim Verbrenner beträgt dieser Anteil ein Prozent, bei Plugin-Hybriden 0,5 Prozent und bei E-Autos 0,25 Prozent.
Die hohen Anschaffungskosten von E-Autos und Hybriden und die hohen Steuern auf Strom bei gleichzeitig niedrigen Kraftstoffsteuern verringern den tatsächlichen Vorteil wiederum. Das hat zur Folge, dass die Quote von neu zugelassenen E-Autos bei Dienstwagen in Deutschland deutlich niedriger ist als bei privat genutzten Fahrzeugen.
Laut T&E-Analyse liegt das einzig an der deutschen Steuerpolitik, denn im europäischen Vergleich sind andere Länder viel weiter. E-Autos in den Niederlanden werden doppelt so häufig als Dienstwagen zugelassen wie im privaten Gebraucht, in Belgien sogar sechsmal so oft. Die belgischen Nachbarn haben im Mai sogar beschlossen, dass ab 2026 nur noch E-Dienstwagen steuerlich bevorteilt werden.
In Deutschland gibt es laut T&E hingegen wenig steuerliche Anreize für den Umstieg auf ein emissionsärmeres bzw. emissionsfreies Auto. Zwar werden stark emittierende Verbrenner stärker besteuert als ein vergleichsweise weniger emittierender Benziner oder Diesel. Die Nachbarländer sind da aber deutlich konsequenter.
Der Unterschied der jährlichen Kfz-Steuer zwischen einem Kompaktklasse-Pkw und einem stark emittierenden SUV beläuft sich in Deutschland auf 100 bis 150 Euro. In Frankreich liegt die Differenz bei 800 bis 900 Euro. Zudem ist die Höhe der Zulassungsgebühr für einen Neuwagen in Frankreich exponentiell an dessen Emissionen gekoppelt. In Deutschland ist sie für jedes Auto gleich.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) sieht aber noch keinen Handlungsbedarf. Mit den bereits beschlossenen Maßnahmen habe die Bundesregierung die entscheidenden Voraussetzungen für eine emissionsfreie und zukunftsfähige Mobilität geschaffen, teilte das BMF auf Anfrage mit.
Damit meint das Ministerium unter anderem die Kaufprämie für E-Autos, die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer oder die Förderung der Ladeinfrastruktur. “Nunmehr ist es an der Industrie, für die Bedürfnisse der Unternehmen – aber auch im Rahmen der privaten Mobilität – taugliche Angebote zu machen, die diese auch in der Praxis nutzen können.” Die steuerlichen Voraussetzungen dafür seien geschaffen, hieß es vom BMF.
Dem widerspricht Benjamin Fischer von Agora Verkehrswende. “Die kommende Bundesregierung sollte über eine reformierte Kfz-Steuer sichtbare und noch gezieltere Anreize in Richtung emissionsarmer oder -freier Fahrzeuge setzen”, fordert er. Auf Unternehmensebene könnten auch verkürzte Abschreibungszeiträume gezielte Anreize zur Anschaffung gewerblich genutzter E-Autos setzen, so hofft er.
Noch deutlicher werden die Grünen: “Finanzminister Olaf Scholz hat in den vier Jahren seiner Amtszeit keinerlei Ambitionen in diese Richtung gezeigt. Damit ist Deutschland zum Niedrigsteuerland für klimaschädliche Dienstwagen geworden”, kritisiert Stefan Gelbhaar.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) lehnt die “Sanktionierung einzelner Nutzungs- oder Kaufentscheidungen, wie etwa im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung” ab, teilte ein Sprecher mit. Statt einer steuerrechtlichen Regelung auf nationaler Ebene bevorzuge man die von der EU-Kommission vorgeschlagene Einführung eines Emissionshandels für den Verkehr, um “den Verbrauch und damit die CO2-Emissionen wirksam und zielgenau zu reduzieren”.
Auf EU-Ebene gebe es wenig Möglichkeiten, sagt Stef Cornelis von T&E. Die deutsche Regierung sei stattdessen gefragt, die Ein-Prozent-Regelung und die Abschreibungen für Verbrenner zu beenden. Agora Verkehrswende plädiert dafür, dass Brüssel die Flottengrenzwerte verschärft und “ambitionierte Mindestvorgaben für den Ausbau der Ladeinfrastruktur” macht. Deutschland wäre in diesem Fall mehr denn je angehalten, das mögliche Emissionseinsparungspotential auch umzusetzen.
Denn eine höhere Quote bei E-Dienstwagen hätte auch noch einen weiteren Effekt. Die Zweitnutzung der Dienstwagenflotte – also der Gebrauchtwagenmarkt – würde ebenfalls nach und nach elektrifiziert werden.
Das Bundesumweltministerium fordert von Google noch mehr Einsatz für den Klimaschutz. Googles jüngste Ankündigung, die Stromversorgung weitgehend auf erneuerbare Energien umzustellen, sei zu begrüßen, sagte ein Sprecher zu Europe.Table. Doch an einigen Punkten sei der Konzern von Umweltfreundlichkeit noch weit entfernt.
Auf der einen Seite lobt das BMU das Vorgehen Googles ausdrücklich: Positiv zu bewerten sei, dass die Vereinbarung mit dem Versorger Engie den Weiterbetrieb von Windparks erlaube, die aus der EEG-Förderung fallen. Auch den Aufbau eines neuen Fotovoltaik-Projekts begrüßt das Ministerium.
Damit gehe Google “einen entscheidenden Schritt weiter, da das Unternehmen nicht wie sonst üblich über den Erwerb von Grünstromnachweisen seinen Stromverbrauch ‘grünt’, sondern eine zeitliche und räumliche Kohärenz beim Erneuerbare-Energien-Verbrauch sicherstellt“, so das BMU. Es sei gut, wenn die Großen der Technologiebranche vorangingen. Dies sei ein wichtiges Signal für Ausbau und Integration erneuerbarer Energien.
Doch das SPD-geführte Umweltministerium sieht noch einige Hausaufgaben vor dem Konzern. Die jetzt angestrebte Zeitgleichheit auf Stundenbasis von Erzeugung und Verbrauch Erneuerbarer sei gut. In Zukunft werde aber eine Viertelstunden-Basis notwendig werden.
Außerdem sei Google weltweit noch von Kernkraft abhängig. Bei der Kühlung der Rechenzentren sieht das BMU ebenfalls noch Handlungsbedarf: Natürliche Kältemittel oder ein Komplettverzicht auf künstliche Kühlung müssten das Ziel für ambitionierte Firmen sein. fst
Die Gespräche des US-amerikanischen Klimasonderbeauftragen John Kerry sind in China am Freitag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Chinesische Beamte hätten der US-Regierung klarmachen wollen, dass es “unmöglich ist, Chinas Zusammenarbeit beim Klimawandel zu gewinnen und gleichzeitig in wichtigen Fragen eine anti-chinesische Haltung einzunehmen”, sagte Shi Yinhong, Professor für internationale Beziehungen an der Pekinger Renmin-Universität, der South China Morning Post.
Bereits vor den zweitägigen Gesprächen hatte China den USA Bedingungen für eine Kooperation im Klimaschutz gestellt. Washington könne nicht einerseits versuchen, die Entwicklung seines Landes einzudämmen – und andererseits auf eine Zusammenarbeit drängen, sagte Außenminister Wang Yi. Wang warf der Regierung von Präsident Joe Biden eine “große strategische Fehlkalkulation gegenüber China” vor (China.Table berichtete).
Wang hatte damit Kerrys Forderung zurückgewiesen, Klimaschutz isoliert zu behandeln. “Die amerikanische Seite will, dass Klimakooperation eine ‘Oase’ in den chinesisch-amerikanischen Beziehungen ist, aber wenn diese ‘Oase’ von Wüste umgeben ist, wird sie früher oder später von der Wüste erfasst werden”, so Wang laut einer Mitteilung des Außenministeriums.
Das Treffen kommt wenige Woche vor dem Klimagipfel (COP26) in Glasgow im November. Experten weltweit sind sich einig, dass ohne eine Klimakooperation von China und den USA keine Fortschritte bei der Eindämmung des Klimawandels erreicht werden kann. niw
CSU-Chef Markus Söder macht die Erhöhung der Pendlerpauschale zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei nach der Bundestagswahl. “Erhöht sich der Benzinpreis um zehn Cent, muss die Pendlerpauschale um einen Cent erhöht werden”, sagte Söder der “Welt am Sonntag”. Das sei eine Koalitionsforderung der CSU, “von der wir nicht abrücken werden”.
Pendler benötigten einen Ausgleich für einen steigenden CO2-Preis, sagte Söder. Dafür sei eine “deutliche Erhöhung” der Entfernungspauschale nötig. Gegenwärtig können Berufstätige pro Arbeitstag für jeden Kilometer zum Arbeitsort 30 Cent von der Steuer absetzen. Ab dem 21. Kilometer sind es seit diesem Jahr 35 Cent. Der Bund hatte diese Erhöhung bereits als Ausgleich für steigende CO2-Kosten beschlossen. rtr
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat sich für digitale Gegenangriffe, oder “Hackbacks” bei schweren Cyberattacken, ausgesprochen. “Die Abwehr von Cyberattacken muss fester Bestandteil unserer Sicherheitspolitik sein – das schließt sogenannte Hackbacks mit ein”, sagte Laschet den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Wir müssen bei schweren Cyber-Angriffen in der Lage sein, aktiv auf die Ursache einzuwirken – um dem ein Ende zu setzen.”
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) müsse eine Säule der deutschen Sicherheitsarchitektur werden. Cyberattacken gefährdeten nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Menschenleben. rtr
Witze über verstaubtes Beamtentum und Katzenfotos sind nicht das, was man vom Social-Media-Feed eines deutschen Ministerialbeamten erwartet. Philipp Steinberg aber überrascht gerne durch unkonventionelle Auftritte.
“Beamte haben nicht den Ruf, besonders abenteuerlustig und innovativ zu sein. Natürlich völlig zu Unrecht”: Im ironischen Plauderton beginnt der promovierte Wirtschaftsrechtler seine Rede auf einer Konferenz in Berlin, bei der es um strategische Vorausschau in die digitale Zukunft geht. Beziehungsweise in “digitale Zukünfte“, wie Steinberg korrigiert. Diese will er “einfach mal voraussagen”, und so die Kreativität seiner eigenen Zunft unter Beweis stellen.
Steinbergs Abteilung im Bundeswirtschaftsministerium hat eine Studie zu den “Perspektiven zur Digitalisierung der sozialen Marktwirtschaft” angestoßen. Die diversen Szenarien haben eine Annahme gemein: Künstliche Intelligenz, Big Data, Quantencomputing, 3D-Druck und Blockchain werden die Wirtschaft maßgeblich verändern. Angesichts einer solchen Prognose kann Steinberg auch ernst: “Wir brauchen einen stabilen Ordnungsrahmen, der die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft aufrechterhält und die Macht der digitalen Plattformökonomie in die Schranken weist“.
Den ersten Schritt dahin hat Deutschland auf nationaler Ebene bereits zu Jahresbeginn mit der GWB-Novelle getan. Auf EU-Ebene wird derzeit am Digital Markets Act (DMA) gearbeitet. Das Regelwerk soll gefestigte Machtstrukturen der “Gatekeeper” aufbrechen und damit Innovation und fairen Wettbewerb im EU-Binnenmarkt ermöglichen.
Anstatt wie bisher im Nachhinein auf Missbrauch zu reagieren (wie im Fall von Google Shopping), sollen nun im Voraus durch Ver- und Gebote wettbewerbsschädliche Geschäftsstrategien verhindert werden. Wer sich in Zukunft an diese EU-Spielregeln zu halten hat, ist so gut wie klar: Laut dem aktuellen Entwurf betrifft diese Regelung vor allem zentrale Plattformdienste mit Umsatz und Marktwert in Milliardenhöhe, die einen erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt ausüben. Es wird also vor allem die GAFAM (Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft) treffen.
Steinberg hat die Position der Bundesregierung zum DMA formuliert. Um die aktuelle Marktdynamik auszuhebeln, reicht der DMA laut Steinberg jedoch nicht. Ein modernes Datenordnungsrecht müsse her, eine “Daseinsvorsorge”, wie er es nennt, um die Unabhängigkeit von großen Plattformen zu etablieren. “Das ist ein wichtiger Baustein der digitalen Infrastruktur, die Deutschland und Europa dringend braucht.”
Neben seiner Tätigkeit im Bundesministerium ist Steinberg auch Autor. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze über Steuer- und Wirtschaftsrecht sowie drei Bücher veröffentlicht, das jüngste auf Englisch. Überhaupt ist Philipp Steinbergs Leben für einen Ministerialbeamten verblüffend international geprägt: Er wurde in den USA geboren, machte Abitur in Wales, studierte in Paris und Harvard. In seiner Twitter-Bio formuliert er es so: “US born. European by heart.” Giorgia Grimaldi
Es ist eine illustre Runde, die sich da ab kommendem Mittwoch in Berlin versammelt. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz reist an, ebenso Kroatiens Regierungschefs Andrej Plenković, seine litauische Kollegin Ingrida Šimonytė und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. In Empfang genommen werden sie im Interconti-Hotel von Kanzlerin Angela Merkel, CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.
Organisiert hat das Stelldichein christdemokratischer Spitzenpolitiker der Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber. Das Treffen hat drei Ziele: der scheidenden Kanzlerin zu huldigen, dem Nachfolge-Aspiranten Laschet eine Bühne für eine europapolitische Grundsatzrede zu bieten – und natürlich Werbung zu machen für Webers eigene Ambitionen, seinen Posten an der Fraktionsspitze zu verteidigen und überdies noch Präsident der Europäischen Volkspartei zu werden. Im November wird der Nachfolger von Donald Tusk gekürt.
Angesichts solch großer Ziele ist Klotzen statt Kleckern angesagt: Per Charterflug reist die EVP-Fraktionsführung aus Brüssel an. Das sei allemal günstiger als Einzeltickets für den Linienflug zu kaufen, heißt es zur Rechtfertigung in der Gruppe, schließlich zähle die Delegation mitsamt Mitarbeitern mehr als Hundert Mitglieder. Warum aber gleich der ganze Tross mitreisen muss, fragen sich auch Unionsleute. Klimaschutz scheint jedenfalls nicht das Leitmotiv der EVP-Klassenfahrt zu sein. Till Hoppe