gut drei Wochen sind es noch bis zur Bundestagswahl. Auch wenn die deutsche Debatte das kaum widerspiegelt: Diese Wahl wird auch Europa prägen. Weil Angela Merkel geht, die dienstälteste und einflussreichste Regierungschefin der EU. Und, weil Deutschland danach ein anderes Land sein wird. Offener für den nötigen Wandel, hoffentlich. Dann könnte es Europa mitziehen, anstatt es zu bremsen.
Die anderen EU-Staaten verfolgen den Wahlkampf daher aufmerksam – sie bereiten sich vor, für die Post-Merkel-Zeit. Welche Sorgen sie umtreiben und welche Hoffnungen sie prägen, darüber werden wir bei Europe.Table in den kommenden Wochen berichten – in der heutigen Ausgabe zunächst aus Tschechien.
Wir werden uns auch ansehen, was die Wahlprogramme der Parteien zu den großen EU-Vorhaben zu sagen haben, welche Akteure die deutsche Europapolitik prägen könnten und wie sie Berlin zu einem agilen Akteur am Brüsseler Verhandlungstisch machen wollen. Sie werden also auch an dieser Stelle einiges zur Bundestagswahl finden, liebe Leserinnen und Leser. Aber aus einer anderen Perspektive als der geläufigen, einer hoffentlich aufschlussreichen.
Zwei Jahre hatten Diplomaten in Berlin und Prag den Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kürzlich in Tschechien vorbereitet. Die außergewöhnlich lange Zeit hatte nichts damit zu tun, dass die bilateralen Beziehungen wahnsinnig kompliziert wären; es gab vorher schon zwei Termine, die jedoch wegen der Corona-Pandemie nicht eingehalten werden konnten.
So kam der Besuch letztlich nur wenige Wochen vor den Wahlen in beiden Ländern zustande, denen zum Deutschen Bundestag und denen für ein neues tschechisches Abgeordnetenhaus. Im zentralen Punkt waren sich Steinmeier und sein Kollege Miloš Zeman einig: “Gerade im Bewusstsein unserer komplizierten Geschichte können wir heute mit Freude konstatieren, dass unsere Partnerschaft und Nachbarschaft so feste Fundamente haben – praktisch unabhängig von den konkreten politischen Konstellationen“, sagte der Bundespräsident.
Vor allem das Ende der Ära von Angela Merkel nach 16 Jahren beschäftigt Prag. Die Kanzlerin galt an der Moldau immer als “jemand, der Tschechien und Ostmitteleuropa besonders zugetan” war, wie es der Außenpolitik-Analyst Martin Ehl formuliert. Die Physikerin Merkel war vor der politischen Wende zweimal über Monate Gast an der Prager Akademie der Wissenschaften, spricht bis heute ein bisschen Tschechisch. Leute, die die abtretende Kanzlerin besser kennen, bestätigen: Merkel habe bei ihren Treffen mit tschechischen Spitzenpolitikern mit besonderer Aufmerksamkeit zugehört und ihnen auch mehr als anderen nachgesehen, wenn sie in Detailfragen anderer Meinung waren.
Vor allem die Prager Medien vertreten die Auffassung, dass die Tschechen der Kanzlerin noch einmal nachweinen werden. Die politische Klasse gibt sich da pragmatisch, weil sie es sich mit keinem der potenziellen Nachfolger Merkels verderben will. Dort lautet der Tenor, dass es am Ende egal sei, wer künftig ins Kanzleramt einziehe. Die Beziehungen seien mittlerweile so eng, dass daran auch womöglich persönliche Animositäten nichts ändern könnten.
Die ökonomischen Verflechtungen Tschechiens zu Deutschland sind so eng wie mit keinem anderen Land Europas. Scherzhaft bezeichnen tschechische Wirtschaftsvertreter ihren eigenen Staat als “17. Bundesland” Deutschlands.
Könnten sie es sich aussuchen, wäre den Tschechen wohl ein Regierungschef Olaf Scholz am liebsten. Dem sozialdemokratischen Vizekanzler wird am ehesten zugetraut, die Art des Umgangs Merkels mit den Tschechen fortzuführen. Außerdem verweist man auf dessen große internationale Erfahrung.
Für den tschechischen Botschafter in Berlin, Tomáš Kafka, wäre Scholz “so eine Art Merkel 4.0“. Armin Laschet wird in Tschechien generell als ein “bisschen zu westdeutsch” angesehen. Als jemand, dem es an Verständnis für den Osten Deutschlands und Europas mangele.
Noch weniger Freude hätte man in Prag an einer grünen Kanzlerin Annalena Baerbock. Das hängt mit den generellen Zweifeln der Tschechen an der Klimapolitik der Grünen zusammen. Die kommentierte Präsident Zeman im Beisein Steinmeiers etwas süffisant mit den Worten: “Wir werden warten, welche Ergebnisse der deutsche Kurs zur Abschaltung nicht nur der Kohle-, sondern auch der Atomenergie bringt”. Wenn es dadurch zu Engpässen komme, werde Tschechien “sehr gerne bereit sein, Strom in die Bundesrepublik zu liefern – zu einem vernünftigen Preis”.
Zur Erläuterung: Die Regierung in Prag strebt an, den Anteil der Atomenergie an der Stromerzeugung bis 2040 von rund einem Drittel auf die Hälfte auszubauen. Das Land macht schon jetzt hervorragende Geschäfte beim Stromexport beispielsweise nach Österreich, das seinerseits der Atomenergie abgeschworen hat.
In der Europa- und Weltpolitik wird den Tschechen Merkel ebenfalls fehlen. Die Tschechen gelten zwar als besonders EU-skeptisch. Dennoch will Prag laut Botschafter Kafka gemeinsam mit Deutschland, “einer weiteren tragischen Schwächung der Union entgegenwirken“. Kafka sagte in einem Prager TV-Interview: “Wir suchen bisher gemeinsam mit Deutschland eine Balance zwischen revolutionären Ideen Westeuropas und eher evolutionären Ansichten Ostmitteleuropas zu vielen Dingen”.
Deutschland werde ohne Merkel aber eine andere Rolle in der EU einnehmen, so der Botschafter: “Die Kanzlerin hatte die Fähigkeit, allen zuzuhören und dann Kompromisse für alle zu finden. Keiner ihrer potenziellen Nachfolger wird aber zunächst einen solchen Einfluss haben wie sie.”
Merkels Kompromissfähigkeit sei zudem ein riesiger Vorzug gewesen, meint Botschafter Kafka. Er erinnert an das heikle Thema Migration: Nach seinen Worten hat das harte Nein der Ostmitteleuropäer zur Aufnahme von Flüchtlingen 2015 zwar nicht glücklich ausgesehen, “aber es hat letztlich auch zu einem gewissen Umdenken in Deutschland geführt”.
Folgt man der Zeitung “Hospodářské noviny”, muss Prag sich gegenüber der neuen Bundesregierung mehr zeigen als bisher: “Tschechien wird in Deutschland als unproblematischer, aber auch kaum auffallender Verbündeter wahrgenommen”. Das bedeute aber nicht, dass sich tschechische Politiker so verhalten sollten wie ihre polnischen Kollegen, die bei jeder Gelegenheit gegen Deutschland wetterten. Hans-Jörg Schmidt, Prag
Die EU überarbeitet derzeit ihre Beihilfeleitlinien für Umwelt, Energie und Klimaschutz. Das ist kein gewöhnliches Gesetzgebungsverfahren, bei dem Parlament und Rat beteiligt werden, sondern fällt allein unter die Zuständigkeit der Europäischen Kommission. Dabei könnte das Ergebnis gravierende Auswirkungen haben – besonders für die deutsche Industrie. Das Verfahren soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Im Januar 2022 würden die neuen Leitlinien dann in Kraft treten.
Besonders energieintensive Branchen laufen seit mehreren Monaten Sturm gegen die Pläne der EU-Kommission. Auch die Bundesregierung greift die Sorgen in einer Stellungnahme an die Kommission auf. Sie liegt Europe.Table vor. Zuvor hatte der “Tagesspiegel” darüber berichtet.
Ziel der Leitlinien: Die Mitgliedstaaten sollen die Umweltziele des europäischen Green Deals mit staatlichen Subventionen fördern können; beihilfebedingte Wettbewerbsverzerrungen sollen dabei aber auf ein Minimum begrenzt werden. Das europäische Beihilferecht so weiterzuentwickeln, sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, heißt es in der Stellungnahme, die federführend vom Bundeswirtschaftsministerium erarbeitet wurde.
Doch der aktuelle Entwurf trage den Herausforderungen noch nicht ausreichend Rechnung. So sei es für energieintensive Unternehmen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit unabdingbar, die geltenden Entlastungsregelungen fortzuführen. Auch, um das Risiko von Carbon Leakage angemessen zu berücksichtigen. Es gebe daher noch “erheblichen Verbesserungs- bzw. Klärungsbedarf im Text der Leitlinien”, sagte eine BMWi-Sprecherin.
Der Kommissionsentwurf sieht vor, die Liste der beihilfeberechtigten Sektoren deutlich zu kürzen. “Das kann für viele Unternehmen existenzielle Wettbewerbsnachteile nach sich ziehen, wenn sie dadurch zum Beispiel die besondere Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nicht mehr in Anspruch nehmen können”, sagt Jörg Rothermel, Abteilungsleiter Energie und Klimaschutz beim Verband der Chemischen Industrien (VCI).
Auch die Bundesregierung lehnt die Kürzungen ab, ebenso wie die geplante Erhöhung der Handelsintensitätsanforderung von zehn auf 20 Prozent. Beides hängt zusammen: Um in den Genuss der Entlastungen zu kommen, müssen Unternehmen neben der Energie- auch eine gewisse Handelsintensität nachweisen. Letztere besagt, in welchem Umfang ein Unternehmen Handelsbeziehungen in nicht-EU-Länder pflegt und damit im internationalen Wettbewerb steht.
Doch der Indikator ist umstritten. Schließlich steht ein Betrieb auch dann im internationalen Wettbewerb, wenn es nur als Zulieferer für die heimische Industrie agiert, sich aber gegen Konkurrenz aus dem Ausland behaupten muss. Mehrere Passagen der Leitlinien adressieren die in Deutschland üblichen Kompensationen für die hohen Stromkosten energieintensiver Unternehmen. Der Strompreis in Deutschland ist im EU-weiten Vergleich am höchsten. Fällt der Ausgleich weg, sehen sich viele Betriebe in ihrer Existenz bedroht. “Allein der Stahlindustrie in Deutschland drohen zusätzliche Kosten von mindestens 250 Millionen Euro im Jahr”, sagt ein Sprecher der Wirtschaftsvereinigung Stahl.
Nach ersten Schätzungen der Bundesregierung würden, sollte die EU-Kommission ihre Pläne beibehalten, 170 Branchen aus dem Kreis der Begünstigten herausfallen – und damit allein in Deutschland etwa 1000 Unternehmen. Auf die verbleibenden Begünstigten kämen deutlich höhere Kosten zu, da sich der maximal mögliche Umfang der Belastungsgrenze für energieintensive Unternehmen von 0,5 auf 1,5 Prozent der Bruttowertschöpfung verdreifachen würde.
Von der Liste der beihilfeberechtigten Sektoren gestrichen werden sollen etwa die Industriegase. “Wenn das passiert, bekommen wir ein Problem bei der Wasserstoffproduktion über Elektrolyse, die dann gegebenenfalls keine EEG-Entlastung erhalten könnte”, warnt Rothermel. Mit dem EEG als Kostenfaktor sei in Deutschland aber keine wettbewerbsfähige Wasserstoffproduktion auf diese Weise möglich. Das wiederum würde “grünen Wasserstoff massiv verteuern, der eine unverzichtbare Grundlage für eine klimaneutrale Stahlproduktion darstellt”, ergänzt der WV-Stahl-Sprecher.
Statt die Ausnahmen einzuschränken, so die Bundesregierung, sollte ihr Anwendungsbereich auf andere energiewendebedingte Abgaben ausgeweitet werden. Dazu zählten insbesondere die Netzentgelte, da auch sie sich auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie auswirkten.
Hinsichtlich der Produktion von Wasserstoff plädiert das Kabinett für ein spezifisches Förderkapitel, das auf die zahlreichen Besonderheiten und Komplexitäten von Wasserstofftechnologien eingeht. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass aktuell noch kein Markt für entsprechende Technologien existiert.
Beim Kongress des Deutschen Luft- und Raumfahrt (DLRK 2021) haben Vertreter aus Industrie und Forschung eine schnellere industrielle Anwendung von technischen Innovationen in der Luftfahrt gefordert. Man begrüße die Fördermaßnahmen des Bundes und der EU im Zuge des Fit-for-55-Pakets, betonte Airbus-Geschäftsführer André Walter. Zugleich müsse man aber schneller von der Theorie in die Praxis kommen, um industrielle Erfahrungen sammeln zu können.
Bei der Podiumsdiskussion zum Thema “Green Deal in der Luft- und Raumfahrt” stimmten alle Rednerinnen und Redner in dieser Sache überein. Die Innovationszyklen seien zu langsam, sagte Michael Kerkloh, Aufsichtsratsmitglied der Lufthansa. Gerade bei den synthetischen Kraftstoffen (auch Sustainable Aviation Fuels bzw. SAF oder E-Kerosin genannt) müsse “unfassbar viel passieren”.
Die Ideen seien da, aber an der Umsetzung scheitere es noch, kritisierte er und forderte auch die Politik zum Handeln auf. Es brauche “einen Push durch öffentliche Investitionen“, sagte Kerkloh. SAF seien nicht marktfähig ohne Kompensation für die Airlines. Technisch sei es machbar, finanziell aber noch nicht.
Christiane Voigt, Abteilungsleiterin am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, forderte zudem, dass wissenschaftliche Erkenntnisse schneller bei Politik und der Industrie landen. Als Beispiel nannte sie die Reduzierung der Klimaeffekte durch Kondensstreifen beim Fliegen. Eine Reduktion um die Hälfte sei schon jetzt möglich und in wenigen Wochen umsetzbar, erklärte sie: Dafür müssten Flugzeuge in bestimmten Regionen tiefer fliegen und “ökoeffiziente Flugrouten” wählen.
Dies sei ein politisches Thema, keines der Industrie, erklärte Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, selbstkritisch. Doch er forderte die Industrie auf, ebenfalls selbst aktiv zu werden und elektrische Flugzeuge zu bestellen. Lukas Scheid
Bundesminister Peter Altmaier lobt die Firma: “Ich freue mich sehr, dass Google auf den Standort Deutschland setzt!”, ließ der CDU-Politiker in Berlin mitteilen. Grund zur Freude des Ministers ist die Absichtserklärung der Firma, bis 2030 insgesamt eine Milliarde Euro in Deutschland in digitale Infrastruktur und Erneuerbare Energien zu investieren. Auch der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) und die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) begrüßten die Investition.
Das neue Rechenzentrum in Hanau bei Frankfurt (Main) soll schon im kommenden Jahr an Strom- und Datennetze gehen. Laut Übersicht der Firma wäre es das erste Google-eigene Rechenzentrum in Deutschland und ergänzt damit vorhandene gemietete Rechenzentrumskapazitäten.
Zum einen soll es eine bessere Verfügbarkeit der Clouddienste Googles in Deutschland sicherstellen und damit vor allem für Großkunden eine bessere Verfügbarkeit mit möglichst niedrigen Signallaufzeiten (Latenzen) ermöglichen. Im Großraum Frankfurt befinden sich gleich mehrere Netzknotenbetreiber, der größte und bekannteste davon ist der Austauschpunkt DE-CIX.
Das Hanauer Rechenzentrum soll zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Zudem will das Unternehmen zu jeder Zeit seinen eigenen Stromverbrauch in Deutschland zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien beziehen. Dazu wurde eine Vereinbarung mit dem Energieanbieter Engie getroffen.
Hierzu soll Engie Fotovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 39 Megawatt installieren. Der Rest soll über fünf 2022 aus der EEG-Förderung herausfallende und weiterbetriebene Windparks bezogen werden. Engie und Google haben bereits zuvor zusammengearbeitet.
Zudem definiert Google künftig die Region Berlin-Brandenburg als Teilbereich seiner Clouddienste, eine von demnächst 35 Regionen weltweit. Bislang war in Deutschland ausschließlich Frankfurt als Region definiert. Insgesamt will die Alphabet-Tochter bis 2030 eine Milliarde Euro in Deutschland investieren.
Ob das neue Rechenzentrum und die neue Cloud-Region an der Datenschutz-Problematik nach dem Schrems II-Urteil etwas ändern können, ist derweil ungewiss: Cloudanbieter mit Sitz in den USA, wie Google, Amazon und Microsoft, unterliegen auch mit ihren Auslandsrechenzentren grundsätzlich dem US-Cloud Act, der US-Behörden den Zugriff auf gespeicherte Daten ermöglicht. fst
Die ständige Zunahme an Ransomware-Angriffen geht einer Publikation der Stiftung Wissenschaft und Politik zufolge auf gleich mehrere Defizite zurück. Zum einen fehlt es dem SWP-Forscher Matthias Schulze massiv an Fachkräften. Doch das ist nicht das einzige Problem, schreibt der Autor eines “SWP Aktuell” zum Thema. Denn die Bedingungen für die Erpresser seien günstig, so Schulze.
Trend Micro bezifferte den Fachkräftemangel in der IT-Sicherheit 2019 auf 168.000 Stellen in Europa. Dem stehe ein wachsender Angreifersektor entgegen, so Schulze. Er analysiert die zunehmende Professionalisierung der Erpresser, deren Einnahmesituation ihnen inzwischen auch den Ankauf bislang unbekannter Schwachstellen erlaube. Gegen diese sogenannten Zero-Day-Exploits gibt es keinen wirksamen Schutz. Allerdings würden andere Maßnahmen die Ausnutzung zumindest erschweren. Die werden laut Schulze aber oft vernachlässigt.
Schulze fordert von der nächsten Bundesregierung eine Verpflichtung von Unternehmen und Organisationen zu mehr IT-Sicherheit – wofür sie auch stärkere Unterstützung erfahren sollen. Zusätzlich sei ein Lagebild über Zahlungsströme der Untergrundökonomie nach Vorbild anderer Länder nötig. Kryptowährungen müssten hierfür stärker reguliert werden.
Ebenfalls unterstützend nötig seien völkerrechtskonforme Lösungen, insbesondere mit der Russischen Föderation. Weniger vielversprechend erachtet Schulze hingegen unilaterale, offensive Maßnahmen – sogenannte Hackbacks oder Takedowns. Diese seien rechtlich wie technisch oft problematisch. fst
Ab dem heutigen Mittwoch gelten für Glühbirnen veränderte EU-Energieeffizienzlabels. Wie bereits bei anderen Elektronikprodukten, etwa Kühlschränken, wird die Skala angepasst, um wieder aussagekräftiger zu werden. Die Beleuchtungsmittel seien in den vergangenen Jahren so viel effizienter geworden, dass mehr als die Hälfte der LEDs jetzt in die Klasse A++ falle, begründete EU-Energiekommissarin Kadri Simson den Schritt.
Ab sofort gilt daher in allen Geschäften und Online-Verkaufsstellen eine Skala von A bis G. Die höchsten Stufen “A” und “B” werden laut Kommission zunächst nur sehr wenige Produkte erreichen. Über einen neuen QR-Code auf dem Label sollen Kunden zudem auf eine EU-Datenbank zugreifen können, die weitere Informationen über das jeweilige Produkt enthält.
Geschäfte müssen allerdings nicht sofort umstellen, Glühbirnen mit dem alten Label aus dem Lager dürfen noch 18 Monate lang verkauft werden. Nicht so Online-Shops – sie haben nur 14 Tage Zeit, um die alten Labels zu ersetzen. tho
Die Aussichten für erneuerbaren Wasserstoff in Europa im nächsten Jahrzehnt sind vielversprechend. Im Rahmen des Green Deals und der Bestrebungen, die neuen Klimaziele der EU für 2030 zu erreichen – nämlich eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 – hat die Europäische Kommission am 14. Juli das sogenannte “Fit for 55”-Paket veröffentlicht.
Dieses enthält eine Vielzahl von Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, die Volkswirtschaften der EU langfristig auf Kohlenstoffneutralität umzustellen. Vorschläge für mehr als ein Dutzend verschiedener Verordnungen und Richtlinien wurden unterbreitet, um den Rechtsrahmen an die neuen Ziele anzupassen. Die meisten davon haben direkte Auswirkungen auf die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie.
Die Kommission verfolgt im Wesentlichen einen zweigleisigen Ansatz, um ein Level-Playing-Field für kohlenstoffneutrale Technologien wie erneuerbaren Wasserstoff zu schaffen. Zum einen wird die CO2-Bepreisung ausgeweitet, und kohlenstoffintensive Energie wird mit höheren Sätzen besteuert. Auf diese Weise werden negative externe Effekte in größerem Umfang internalisiert. Zum anderen wird eine Vielzahl von Anreizen gesetzt durch Verpflichtungen in verschiedenen Sektoren.
So sollen Kraftstoffproduzenten bis 2030 sicherstellen, dass mindestens 2,6 Prozent der von ihnen in Verkehr gebrachten Produkte aus erneuerbarem Wasserstoff und/oder dessen Derivaten bestehen. Die Mitgliedstaaten sollen dafür Sorge tragen, dass bis dahin eine Basisinfrastruktur für die Wasserstoffbetankung auf den wichtigsten europäischen Straßennetzen vorhanden ist.
Zu den weiteren Initiativen gehören Mandate zur Verwendung nachhaltiger Kraftstoffe oder zur Verringerung der Treibhausgasintensität von Energie in Sektoren, die nur schwer zu reduzieren sind, wie dem Luft- und dem Seeverkehr. Erneuerbarer Wasserstoff wird sich hier als unverzichtbar erweisen.
Die neuen Vorschläge sind absolut zu begrüßen und gehen in die richtige Richtung. Zusammengenommen setzen sie einen starken Impuls zur Schaffung eines lebensfähigen Marktes für erneuerbaren Wasserstoff und damit verbundene Anwendungen. In der Flut der Initiativen wird die Herausforderung darin bestehen, den Überblick über die parallelen Entwicklungen zu behalten.
Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir auf der Grundlage der Vorschläge eine Zersplitterung des Marktes vermeiden und einen soliden Rechtsrahmen schaffen können. Entlang dieser Eckpfeiler wird der Markt für erneuerbaren, kohlenstoffneutralen Wasserstoff in der EU in Schwung kommen.
In Berlin (und damit nur Minuten später: bei Twitter) kursiert eine Aufstellung, wie ein mögliches Ampel-Kabinett nach der Bundestagswahl aussehen könnte. Executive Summary:
Über die Herkunft dieser Tabelle wird nun lustvoll spekuliert. Angeblicher Urheber ist der Seeheimer Kreis in der SPD. Der aber dementiert (natürlich) und schiebt die Verantwortung in Richtung FDP weiter. Die Liberalen wollen es aber auch nicht gewesen sein. Die Spurensuche dauerte bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch an.
Dabei wissen langjährige Beobachter des Brüsseler Politbetriebes: Solche Listen gehören in den Instrumentenkasten eines gewieften Machtstrategen. Martin Selmayr, die rechte und linke Hand von Jean-Claude Juncker, soll 2014 laut gewöhnlich gut informierten Kreisen eigenhändig Fake-Aufstellungen der neuen Kommission gestreut haben. Einige hatten durchaus Unterhaltungswert.
Auch vor dem Amtsantritt der Von-der-Leyen-Kommission wurden solche Nebelkerzen von Hand zu Hand weitergereicht. Stutzig werden sollte der geneigte Spekulant aber spätestens bei diesem Posten in der neuen Berliner Ampel-Tabelle: Bundesministerium des Innern – Svenja Schulze, SPD. Till Hoppe
gut drei Wochen sind es noch bis zur Bundestagswahl. Auch wenn die deutsche Debatte das kaum widerspiegelt: Diese Wahl wird auch Europa prägen. Weil Angela Merkel geht, die dienstälteste und einflussreichste Regierungschefin der EU. Und, weil Deutschland danach ein anderes Land sein wird. Offener für den nötigen Wandel, hoffentlich. Dann könnte es Europa mitziehen, anstatt es zu bremsen.
Die anderen EU-Staaten verfolgen den Wahlkampf daher aufmerksam – sie bereiten sich vor, für die Post-Merkel-Zeit. Welche Sorgen sie umtreiben und welche Hoffnungen sie prägen, darüber werden wir bei Europe.Table in den kommenden Wochen berichten – in der heutigen Ausgabe zunächst aus Tschechien.
Wir werden uns auch ansehen, was die Wahlprogramme der Parteien zu den großen EU-Vorhaben zu sagen haben, welche Akteure die deutsche Europapolitik prägen könnten und wie sie Berlin zu einem agilen Akteur am Brüsseler Verhandlungstisch machen wollen. Sie werden also auch an dieser Stelle einiges zur Bundestagswahl finden, liebe Leserinnen und Leser. Aber aus einer anderen Perspektive als der geläufigen, einer hoffentlich aufschlussreichen.
Zwei Jahre hatten Diplomaten in Berlin und Prag den Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kürzlich in Tschechien vorbereitet. Die außergewöhnlich lange Zeit hatte nichts damit zu tun, dass die bilateralen Beziehungen wahnsinnig kompliziert wären; es gab vorher schon zwei Termine, die jedoch wegen der Corona-Pandemie nicht eingehalten werden konnten.
So kam der Besuch letztlich nur wenige Wochen vor den Wahlen in beiden Ländern zustande, denen zum Deutschen Bundestag und denen für ein neues tschechisches Abgeordnetenhaus. Im zentralen Punkt waren sich Steinmeier und sein Kollege Miloš Zeman einig: “Gerade im Bewusstsein unserer komplizierten Geschichte können wir heute mit Freude konstatieren, dass unsere Partnerschaft und Nachbarschaft so feste Fundamente haben – praktisch unabhängig von den konkreten politischen Konstellationen“, sagte der Bundespräsident.
Vor allem das Ende der Ära von Angela Merkel nach 16 Jahren beschäftigt Prag. Die Kanzlerin galt an der Moldau immer als “jemand, der Tschechien und Ostmitteleuropa besonders zugetan” war, wie es der Außenpolitik-Analyst Martin Ehl formuliert. Die Physikerin Merkel war vor der politischen Wende zweimal über Monate Gast an der Prager Akademie der Wissenschaften, spricht bis heute ein bisschen Tschechisch. Leute, die die abtretende Kanzlerin besser kennen, bestätigen: Merkel habe bei ihren Treffen mit tschechischen Spitzenpolitikern mit besonderer Aufmerksamkeit zugehört und ihnen auch mehr als anderen nachgesehen, wenn sie in Detailfragen anderer Meinung waren.
Vor allem die Prager Medien vertreten die Auffassung, dass die Tschechen der Kanzlerin noch einmal nachweinen werden. Die politische Klasse gibt sich da pragmatisch, weil sie es sich mit keinem der potenziellen Nachfolger Merkels verderben will. Dort lautet der Tenor, dass es am Ende egal sei, wer künftig ins Kanzleramt einziehe. Die Beziehungen seien mittlerweile so eng, dass daran auch womöglich persönliche Animositäten nichts ändern könnten.
Die ökonomischen Verflechtungen Tschechiens zu Deutschland sind so eng wie mit keinem anderen Land Europas. Scherzhaft bezeichnen tschechische Wirtschaftsvertreter ihren eigenen Staat als “17. Bundesland” Deutschlands.
Könnten sie es sich aussuchen, wäre den Tschechen wohl ein Regierungschef Olaf Scholz am liebsten. Dem sozialdemokratischen Vizekanzler wird am ehesten zugetraut, die Art des Umgangs Merkels mit den Tschechen fortzuführen. Außerdem verweist man auf dessen große internationale Erfahrung.
Für den tschechischen Botschafter in Berlin, Tomáš Kafka, wäre Scholz “so eine Art Merkel 4.0“. Armin Laschet wird in Tschechien generell als ein “bisschen zu westdeutsch” angesehen. Als jemand, dem es an Verständnis für den Osten Deutschlands und Europas mangele.
Noch weniger Freude hätte man in Prag an einer grünen Kanzlerin Annalena Baerbock. Das hängt mit den generellen Zweifeln der Tschechen an der Klimapolitik der Grünen zusammen. Die kommentierte Präsident Zeman im Beisein Steinmeiers etwas süffisant mit den Worten: “Wir werden warten, welche Ergebnisse der deutsche Kurs zur Abschaltung nicht nur der Kohle-, sondern auch der Atomenergie bringt”. Wenn es dadurch zu Engpässen komme, werde Tschechien “sehr gerne bereit sein, Strom in die Bundesrepublik zu liefern – zu einem vernünftigen Preis”.
Zur Erläuterung: Die Regierung in Prag strebt an, den Anteil der Atomenergie an der Stromerzeugung bis 2040 von rund einem Drittel auf die Hälfte auszubauen. Das Land macht schon jetzt hervorragende Geschäfte beim Stromexport beispielsweise nach Österreich, das seinerseits der Atomenergie abgeschworen hat.
In der Europa- und Weltpolitik wird den Tschechen Merkel ebenfalls fehlen. Die Tschechen gelten zwar als besonders EU-skeptisch. Dennoch will Prag laut Botschafter Kafka gemeinsam mit Deutschland, “einer weiteren tragischen Schwächung der Union entgegenwirken“. Kafka sagte in einem Prager TV-Interview: “Wir suchen bisher gemeinsam mit Deutschland eine Balance zwischen revolutionären Ideen Westeuropas und eher evolutionären Ansichten Ostmitteleuropas zu vielen Dingen”.
Deutschland werde ohne Merkel aber eine andere Rolle in der EU einnehmen, so der Botschafter: “Die Kanzlerin hatte die Fähigkeit, allen zuzuhören und dann Kompromisse für alle zu finden. Keiner ihrer potenziellen Nachfolger wird aber zunächst einen solchen Einfluss haben wie sie.”
Merkels Kompromissfähigkeit sei zudem ein riesiger Vorzug gewesen, meint Botschafter Kafka. Er erinnert an das heikle Thema Migration: Nach seinen Worten hat das harte Nein der Ostmitteleuropäer zur Aufnahme von Flüchtlingen 2015 zwar nicht glücklich ausgesehen, “aber es hat letztlich auch zu einem gewissen Umdenken in Deutschland geführt”.
Folgt man der Zeitung “Hospodářské noviny”, muss Prag sich gegenüber der neuen Bundesregierung mehr zeigen als bisher: “Tschechien wird in Deutschland als unproblematischer, aber auch kaum auffallender Verbündeter wahrgenommen”. Das bedeute aber nicht, dass sich tschechische Politiker so verhalten sollten wie ihre polnischen Kollegen, die bei jeder Gelegenheit gegen Deutschland wetterten. Hans-Jörg Schmidt, Prag
Die EU überarbeitet derzeit ihre Beihilfeleitlinien für Umwelt, Energie und Klimaschutz. Das ist kein gewöhnliches Gesetzgebungsverfahren, bei dem Parlament und Rat beteiligt werden, sondern fällt allein unter die Zuständigkeit der Europäischen Kommission. Dabei könnte das Ergebnis gravierende Auswirkungen haben – besonders für die deutsche Industrie. Das Verfahren soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Im Januar 2022 würden die neuen Leitlinien dann in Kraft treten.
Besonders energieintensive Branchen laufen seit mehreren Monaten Sturm gegen die Pläne der EU-Kommission. Auch die Bundesregierung greift die Sorgen in einer Stellungnahme an die Kommission auf. Sie liegt Europe.Table vor. Zuvor hatte der “Tagesspiegel” darüber berichtet.
Ziel der Leitlinien: Die Mitgliedstaaten sollen die Umweltziele des europäischen Green Deals mit staatlichen Subventionen fördern können; beihilfebedingte Wettbewerbsverzerrungen sollen dabei aber auf ein Minimum begrenzt werden. Das europäische Beihilferecht so weiterzuentwickeln, sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, heißt es in der Stellungnahme, die federführend vom Bundeswirtschaftsministerium erarbeitet wurde.
Doch der aktuelle Entwurf trage den Herausforderungen noch nicht ausreichend Rechnung. So sei es für energieintensive Unternehmen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit unabdingbar, die geltenden Entlastungsregelungen fortzuführen. Auch, um das Risiko von Carbon Leakage angemessen zu berücksichtigen. Es gebe daher noch “erheblichen Verbesserungs- bzw. Klärungsbedarf im Text der Leitlinien”, sagte eine BMWi-Sprecherin.
Der Kommissionsentwurf sieht vor, die Liste der beihilfeberechtigten Sektoren deutlich zu kürzen. “Das kann für viele Unternehmen existenzielle Wettbewerbsnachteile nach sich ziehen, wenn sie dadurch zum Beispiel die besondere Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nicht mehr in Anspruch nehmen können”, sagt Jörg Rothermel, Abteilungsleiter Energie und Klimaschutz beim Verband der Chemischen Industrien (VCI).
Auch die Bundesregierung lehnt die Kürzungen ab, ebenso wie die geplante Erhöhung der Handelsintensitätsanforderung von zehn auf 20 Prozent. Beides hängt zusammen: Um in den Genuss der Entlastungen zu kommen, müssen Unternehmen neben der Energie- auch eine gewisse Handelsintensität nachweisen. Letztere besagt, in welchem Umfang ein Unternehmen Handelsbeziehungen in nicht-EU-Länder pflegt und damit im internationalen Wettbewerb steht.
Doch der Indikator ist umstritten. Schließlich steht ein Betrieb auch dann im internationalen Wettbewerb, wenn es nur als Zulieferer für die heimische Industrie agiert, sich aber gegen Konkurrenz aus dem Ausland behaupten muss. Mehrere Passagen der Leitlinien adressieren die in Deutschland üblichen Kompensationen für die hohen Stromkosten energieintensiver Unternehmen. Der Strompreis in Deutschland ist im EU-weiten Vergleich am höchsten. Fällt der Ausgleich weg, sehen sich viele Betriebe in ihrer Existenz bedroht. “Allein der Stahlindustrie in Deutschland drohen zusätzliche Kosten von mindestens 250 Millionen Euro im Jahr”, sagt ein Sprecher der Wirtschaftsvereinigung Stahl.
Nach ersten Schätzungen der Bundesregierung würden, sollte die EU-Kommission ihre Pläne beibehalten, 170 Branchen aus dem Kreis der Begünstigten herausfallen – und damit allein in Deutschland etwa 1000 Unternehmen. Auf die verbleibenden Begünstigten kämen deutlich höhere Kosten zu, da sich der maximal mögliche Umfang der Belastungsgrenze für energieintensive Unternehmen von 0,5 auf 1,5 Prozent der Bruttowertschöpfung verdreifachen würde.
Von der Liste der beihilfeberechtigten Sektoren gestrichen werden sollen etwa die Industriegase. “Wenn das passiert, bekommen wir ein Problem bei der Wasserstoffproduktion über Elektrolyse, die dann gegebenenfalls keine EEG-Entlastung erhalten könnte”, warnt Rothermel. Mit dem EEG als Kostenfaktor sei in Deutschland aber keine wettbewerbsfähige Wasserstoffproduktion auf diese Weise möglich. Das wiederum würde “grünen Wasserstoff massiv verteuern, der eine unverzichtbare Grundlage für eine klimaneutrale Stahlproduktion darstellt”, ergänzt der WV-Stahl-Sprecher.
Statt die Ausnahmen einzuschränken, so die Bundesregierung, sollte ihr Anwendungsbereich auf andere energiewendebedingte Abgaben ausgeweitet werden. Dazu zählten insbesondere die Netzentgelte, da auch sie sich auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie auswirkten.
Hinsichtlich der Produktion von Wasserstoff plädiert das Kabinett für ein spezifisches Förderkapitel, das auf die zahlreichen Besonderheiten und Komplexitäten von Wasserstofftechnologien eingeht. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass aktuell noch kein Markt für entsprechende Technologien existiert.
Beim Kongress des Deutschen Luft- und Raumfahrt (DLRK 2021) haben Vertreter aus Industrie und Forschung eine schnellere industrielle Anwendung von technischen Innovationen in der Luftfahrt gefordert. Man begrüße die Fördermaßnahmen des Bundes und der EU im Zuge des Fit-for-55-Pakets, betonte Airbus-Geschäftsführer André Walter. Zugleich müsse man aber schneller von der Theorie in die Praxis kommen, um industrielle Erfahrungen sammeln zu können.
Bei der Podiumsdiskussion zum Thema “Green Deal in der Luft- und Raumfahrt” stimmten alle Rednerinnen und Redner in dieser Sache überein. Die Innovationszyklen seien zu langsam, sagte Michael Kerkloh, Aufsichtsratsmitglied der Lufthansa. Gerade bei den synthetischen Kraftstoffen (auch Sustainable Aviation Fuels bzw. SAF oder E-Kerosin genannt) müsse “unfassbar viel passieren”.
Die Ideen seien da, aber an der Umsetzung scheitere es noch, kritisierte er und forderte auch die Politik zum Handeln auf. Es brauche “einen Push durch öffentliche Investitionen“, sagte Kerkloh. SAF seien nicht marktfähig ohne Kompensation für die Airlines. Technisch sei es machbar, finanziell aber noch nicht.
Christiane Voigt, Abteilungsleiterin am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, forderte zudem, dass wissenschaftliche Erkenntnisse schneller bei Politik und der Industrie landen. Als Beispiel nannte sie die Reduzierung der Klimaeffekte durch Kondensstreifen beim Fliegen. Eine Reduktion um die Hälfte sei schon jetzt möglich und in wenigen Wochen umsetzbar, erklärte sie: Dafür müssten Flugzeuge in bestimmten Regionen tiefer fliegen und “ökoeffiziente Flugrouten” wählen.
Dies sei ein politisches Thema, keines der Industrie, erklärte Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, selbstkritisch. Doch er forderte die Industrie auf, ebenfalls selbst aktiv zu werden und elektrische Flugzeuge zu bestellen. Lukas Scheid
Bundesminister Peter Altmaier lobt die Firma: “Ich freue mich sehr, dass Google auf den Standort Deutschland setzt!”, ließ der CDU-Politiker in Berlin mitteilen. Grund zur Freude des Ministers ist die Absichtserklärung der Firma, bis 2030 insgesamt eine Milliarde Euro in Deutschland in digitale Infrastruktur und Erneuerbare Energien zu investieren. Auch der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) und die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) begrüßten die Investition.
Das neue Rechenzentrum in Hanau bei Frankfurt (Main) soll schon im kommenden Jahr an Strom- und Datennetze gehen. Laut Übersicht der Firma wäre es das erste Google-eigene Rechenzentrum in Deutschland und ergänzt damit vorhandene gemietete Rechenzentrumskapazitäten.
Zum einen soll es eine bessere Verfügbarkeit der Clouddienste Googles in Deutschland sicherstellen und damit vor allem für Großkunden eine bessere Verfügbarkeit mit möglichst niedrigen Signallaufzeiten (Latenzen) ermöglichen. Im Großraum Frankfurt befinden sich gleich mehrere Netzknotenbetreiber, der größte und bekannteste davon ist der Austauschpunkt DE-CIX.
Das Hanauer Rechenzentrum soll zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Zudem will das Unternehmen zu jeder Zeit seinen eigenen Stromverbrauch in Deutschland zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien beziehen. Dazu wurde eine Vereinbarung mit dem Energieanbieter Engie getroffen.
Hierzu soll Engie Fotovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 39 Megawatt installieren. Der Rest soll über fünf 2022 aus der EEG-Förderung herausfallende und weiterbetriebene Windparks bezogen werden. Engie und Google haben bereits zuvor zusammengearbeitet.
Zudem definiert Google künftig die Region Berlin-Brandenburg als Teilbereich seiner Clouddienste, eine von demnächst 35 Regionen weltweit. Bislang war in Deutschland ausschließlich Frankfurt als Region definiert. Insgesamt will die Alphabet-Tochter bis 2030 eine Milliarde Euro in Deutschland investieren.
Ob das neue Rechenzentrum und die neue Cloud-Region an der Datenschutz-Problematik nach dem Schrems II-Urteil etwas ändern können, ist derweil ungewiss: Cloudanbieter mit Sitz in den USA, wie Google, Amazon und Microsoft, unterliegen auch mit ihren Auslandsrechenzentren grundsätzlich dem US-Cloud Act, der US-Behörden den Zugriff auf gespeicherte Daten ermöglicht. fst
Die ständige Zunahme an Ransomware-Angriffen geht einer Publikation der Stiftung Wissenschaft und Politik zufolge auf gleich mehrere Defizite zurück. Zum einen fehlt es dem SWP-Forscher Matthias Schulze massiv an Fachkräften. Doch das ist nicht das einzige Problem, schreibt der Autor eines “SWP Aktuell” zum Thema. Denn die Bedingungen für die Erpresser seien günstig, so Schulze.
Trend Micro bezifferte den Fachkräftemangel in der IT-Sicherheit 2019 auf 168.000 Stellen in Europa. Dem stehe ein wachsender Angreifersektor entgegen, so Schulze. Er analysiert die zunehmende Professionalisierung der Erpresser, deren Einnahmesituation ihnen inzwischen auch den Ankauf bislang unbekannter Schwachstellen erlaube. Gegen diese sogenannten Zero-Day-Exploits gibt es keinen wirksamen Schutz. Allerdings würden andere Maßnahmen die Ausnutzung zumindest erschweren. Die werden laut Schulze aber oft vernachlässigt.
Schulze fordert von der nächsten Bundesregierung eine Verpflichtung von Unternehmen und Organisationen zu mehr IT-Sicherheit – wofür sie auch stärkere Unterstützung erfahren sollen. Zusätzlich sei ein Lagebild über Zahlungsströme der Untergrundökonomie nach Vorbild anderer Länder nötig. Kryptowährungen müssten hierfür stärker reguliert werden.
Ebenfalls unterstützend nötig seien völkerrechtskonforme Lösungen, insbesondere mit der Russischen Föderation. Weniger vielversprechend erachtet Schulze hingegen unilaterale, offensive Maßnahmen – sogenannte Hackbacks oder Takedowns. Diese seien rechtlich wie technisch oft problematisch. fst
Ab dem heutigen Mittwoch gelten für Glühbirnen veränderte EU-Energieeffizienzlabels. Wie bereits bei anderen Elektronikprodukten, etwa Kühlschränken, wird die Skala angepasst, um wieder aussagekräftiger zu werden. Die Beleuchtungsmittel seien in den vergangenen Jahren so viel effizienter geworden, dass mehr als die Hälfte der LEDs jetzt in die Klasse A++ falle, begründete EU-Energiekommissarin Kadri Simson den Schritt.
Ab sofort gilt daher in allen Geschäften und Online-Verkaufsstellen eine Skala von A bis G. Die höchsten Stufen “A” und “B” werden laut Kommission zunächst nur sehr wenige Produkte erreichen. Über einen neuen QR-Code auf dem Label sollen Kunden zudem auf eine EU-Datenbank zugreifen können, die weitere Informationen über das jeweilige Produkt enthält.
Geschäfte müssen allerdings nicht sofort umstellen, Glühbirnen mit dem alten Label aus dem Lager dürfen noch 18 Monate lang verkauft werden. Nicht so Online-Shops – sie haben nur 14 Tage Zeit, um die alten Labels zu ersetzen. tho
Die Aussichten für erneuerbaren Wasserstoff in Europa im nächsten Jahrzehnt sind vielversprechend. Im Rahmen des Green Deals und der Bestrebungen, die neuen Klimaziele der EU für 2030 zu erreichen – nämlich eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 – hat die Europäische Kommission am 14. Juli das sogenannte “Fit for 55”-Paket veröffentlicht.
Dieses enthält eine Vielzahl von Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, die Volkswirtschaften der EU langfristig auf Kohlenstoffneutralität umzustellen. Vorschläge für mehr als ein Dutzend verschiedener Verordnungen und Richtlinien wurden unterbreitet, um den Rechtsrahmen an die neuen Ziele anzupassen. Die meisten davon haben direkte Auswirkungen auf die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie.
Die Kommission verfolgt im Wesentlichen einen zweigleisigen Ansatz, um ein Level-Playing-Field für kohlenstoffneutrale Technologien wie erneuerbaren Wasserstoff zu schaffen. Zum einen wird die CO2-Bepreisung ausgeweitet, und kohlenstoffintensive Energie wird mit höheren Sätzen besteuert. Auf diese Weise werden negative externe Effekte in größerem Umfang internalisiert. Zum anderen wird eine Vielzahl von Anreizen gesetzt durch Verpflichtungen in verschiedenen Sektoren.
So sollen Kraftstoffproduzenten bis 2030 sicherstellen, dass mindestens 2,6 Prozent der von ihnen in Verkehr gebrachten Produkte aus erneuerbarem Wasserstoff und/oder dessen Derivaten bestehen. Die Mitgliedstaaten sollen dafür Sorge tragen, dass bis dahin eine Basisinfrastruktur für die Wasserstoffbetankung auf den wichtigsten europäischen Straßennetzen vorhanden ist.
Zu den weiteren Initiativen gehören Mandate zur Verwendung nachhaltiger Kraftstoffe oder zur Verringerung der Treibhausgasintensität von Energie in Sektoren, die nur schwer zu reduzieren sind, wie dem Luft- und dem Seeverkehr. Erneuerbarer Wasserstoff wird sich hier als unverzichtbar erweisen.
Die neuen Vorschläge sind absolut zu begrüßen und gehen in die richtige Richtung. Zusammengenommen setzen sie einen starken Impuls zur Schaffung eines lebensfähigen Marktes für erneuerbaren Wasserstoff und damit verbundene Anwendungen. In der Flut der Initiativen wird die Herausforderung darin bestehen, den Überblick über die parallelen Entwicklungen zu behalten.
Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir auf der Grundlage der Vorschläge eine Zersplitterung des Marktes vermeiden und einen soliden Rechtsrahmen schaffen können. Entlang dieser Eckpfeiler wird der Markt für erneuerbaren, kohlenstoffneutralen Wasserstoff in der EU in Schwung kommen.
In Berlin (und damit nur Minuten später: bei Twitter) kursiert eine Aufstellung, wie ein mögliches Ampel-Kabinett nach der Bundestagswahl aussehen könnte. Executive Summary:
Über die Herkunft dieser Tabelle wird nun lustvoll spekuliert. Angeblicher Urheber ist der Seeheimer Kreis in der SPD. Der aber dementiert (natürlich) und schiebt die Verantwortung in Richtung FDP weiter. Die Liberalen wollen es aber auch nicht gewesen sein. Die Spurensuche dauerte bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch an.
Dabei wissen langjährige Beobachter des Brüsseler Politbetriebes: Solche Listen gehören in den Instrumentenkasten eines gewieften Machtstrategen. Martin Selmayr, die rechte und linke Hand von Jean-Claude Juncker, soll 2014 laut gewöhnlich gut informierten Kreisen eigenhändig Fake-Aufstellungen der neuen Kommission gestreut haben. Einige hatten durchaus Unterhaltungswert.
Auch vor dem Amtsantritt der Von-der-Leyen-Kommission wurden solche Nebelkerzen von Hand zu Hand weitergereicht. Stutzig werden sollte der geneigte Spekulant aber spätestens bei diesem Posten in der neuen Berliner Ampel-Tabelle: Bundesministerium des Innern – Svenja Schulze, SPD. Till Hoppe