es “wird schwierig, wenn wir die Probleme auf die anderen Partner abwälzen“, sagte Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gestern, ihren Gast Olaf Scholz an der Seite. Wie wahr, nur funktioniert die europäische Asylpolitik bislang genau so. Die Mittelmeerländer winken Neuankömmlinge am liebsten durch gen Norden, Deutschland, Österreich und Co pochen auf die Zuständigkeit Italiens und Griechenlands, Nein-Sager wie Ungarns Viktor Orbán profilieren sich auf Kosten der anderen als Hardliner.
Solche Gegensätze zu überbrücken, ist selbst für die im Interessenspagat geübte EU höchst schmerzhaft. Die Innenminister und -Ministerinnen haben es am Donnerstagabend dennoch vollbracht. Auch die deutsche Bundesregierung stimmte schließlich dem von der schwedischen Ratspräsidentschaft vermittelten Kompromiss zu – zum Leidwesen mancher Grüner. Nach vielen Jahren des erbitterten Streits ist das eine historische Leistung, auch wenn nun noch die Verhandlungen mit dem Europaparlament anstehen.
Gemessen am politisch Machbaren, ist die Einigung ein Erfolg. Gemessen an der realen Herausforderung hoher Migrationszahlen, lässt sich das noch nicht sagen. Setzen die Mittelmeeranrainer die neuen Grenzverfahren für wenig aussichtsreiche Asylsuchende konsequent um, ohne illegale Pushbacks? Wie solidarisch werden die anderen EU-Partner sein? Kann die EU wirksame Rücknahmeabkommen mit seinen Nachbarländern aushandeln, und zugleich legale Wege nach Europa eröffnen?
All diese Fragen bleiben auch nach der Einigung in Luxemburg offen. Damit die Beschlüsse Realität werden, braucht es noch viel mehr von dem guten Willen, wie ihn Meloni und Scholz gestern demonstrierten.
In den EU-Institutionen sollen künftig einheitliche ethische Standards gelten. Um die Ausarbeitung der gemeinsamen Regeln soll sich ein neues Ethikgremium kümmern. Die Durchsetzung soll jedoch weiterhin bei den einzelnen Behörden liegen; Sanktionen sind nicht geplant. Dies sieht ein Entwurf vor, den die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel vorgelegt hat. Aus dem Europaparlament und mehreren auf Transparenz spezialisierten NGO kam scharfe Kritik. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht, hieß es.
Von der Leyen hatte das Ethikgremium nach ihrer Wahl 2019 angekündigt, dann aber auf die lange Bank geschoben. Schuld daran sei die Corona-Pandemie, aber auch Widerstand innerhalb der EU, sagte Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova, die den Vorschlag vorstellte.
Es gehe darum, das nach dem “Katargate” – dem Ende 2022 enthüllten Korruptionsskandal im Europaparlament – erschütterte Vertrauen wiederherzustellen, sagte Jourova. Der Skandal habe gezeigt, dass es immer noch Lücken im Regelwerk der EU gebe. Diese gelte es zu schließen.
Dazu sollen zunächst neun EU-Institutionen – neben der Kommission sind dies das Parlament, der Europäische Rat, der Rat, der Gerichtshof der EU, die Europäische Zentralbank, der Rechnungshof, der Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen – zusammenarbeiten. Sie sollen je einen Vertreter in das neue Ethikgremium entsenden. Ein erstes Treffen ist am 3. Juli in Brüssel geplant. Die Runde soll dann über gemeinsame Ethik-Regeln und Standards beraten, um diese zu harmonisieren und wenn möglich, schrittweise anzuheben.
Man wolle über die Annahme von Geschenken, die Bezahlung von Auslandsreisen und Treffen mit Lobbyisten reden, sagte Jourova. Weitere Themen sind Nebenjobs und neue lukrative Tätigkeiten nach dem Ausscheiden aus einer EU-Behörde. Der frühere deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger war deshalb wiederholt in die Schlagzeilen geraten.
Sanktionen sind jedoch nicht geplant. Oettinger dürfte daher ebenso unbehelligt bleiben wie der frühere Chef des Rechnungshofs, Klaus-Heiner Lehne, der in einen Spesenskandal verwickelt war. Das neue Gremium werde sich nicht mit Einzelermittlungen befassen, betont die Kommission.
Es soll sich auch nicht um die Durchsetzung der Regeln kümmern – dies bleibt den jeweiligen Institutionen vorbehalten. Es gehe darum, eine “gemeinsame Ethikkultur” zu entwickeln, erklärte Jourova. Die zusammen entwickelten Standards sollten dann ins interne Regelwerk der jeweiligen Behörde aufgenommen werden. Damit würden sie auch rechtsverbindlich und könnten eingeklagt werden.
Allerdings bleibt dies im Text der EU-Kommission eher vage. “The parties commit to implement [the standards] in their internal rules on the conduct of their members”, heißt es dort in Art. 7.7. Auf Nachfrage, warum sie keine verbindlicheren Regeln und Durchgriffsrechte gefordert habe, erwiderte Jourova: “Ich habe mein Bestes getan.”
Um den Entwurf war hinter den Kulissen lange und heftig gerungen worden. So haben sich einige Institutionen wie die Zentralbank gegen gemeinsame und bindende Standards gesträubt. Demgegenüber wurde im Europaparlament der Ruf nach einer mächtigen Ethikbehörde laut, die auch Ermittlungs- und Sanktionsrechte erhalten sollte.
Dem wiederum stellten sich vor allem konservative Mitglieder des Parlaments entgegen. Sie fürchteten um die Freiheit des Abgeordneten-Mandats – aber auch um mögliche Auswirkungen auf den Katargate-Skandal. Als Reaktion auf die Korruptionsaffäre hat das Parlament eigene Reformen eingeleitet, die aber nur schleppend voran kommen.
Die Kommission werde sich nun um eine interinstitutionelle Vereinbarung bemühen, sagte Jourova. Dies werde voraussichtlich drei Monate dauern. Danach seien sechsmonatige Beratungen über die Standards geplant. Insgesamt werde es rund neun Monate dauern, bis das neue Gremium arbeitsbereit ist.
Allerdings zeichnen sich jetzt schon Verzögerungen ab – denn der Vorschlag stößt auf massive Kritik und muss womöglich nachgebessert werden. “Der Vorschlag ist ein zahnloser Tiger”, erklärte der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund. Er sei “unzureichend, unterfinanziert und uninspiriert.” Der Katargate-Skandal habe gezeigt, dass die Selbstkontrolle nicht funktioniere.
Ähnlich äußerte sich “Transparency International”. Der Vorschlag bedeute “Business as usual” und bringe die EU nicht voran, so TI-Experte Nicholas Aiossa. “Wenn die EU es mit der Bekämpfung der Korruption in ihren eigenen Reihen ernst meint, muss sie sicherstellen, dass ein unabhängiges Aufsichtsgremium die Befugnis und die Mittel hat, gegen Mitglieder, die sich falsch verhalten haben, zu ermitteln und sie zu bestrafen.”
Vor einer Politisierung warnt dagegen der Europaabgeordnete Sven Simon (CDU). “Man kann nur nachdrücklich vor einer Disziplinarkammer für Europaabgeordnete nach polnischem Vorbild warnen.” Der Vorschlag der Kommission sei angemessen. Es bleibe jedoch dabei, dass Missbräuche wie Katargate durch eine Ethikbehörde nicht verhindert worden wären.
In drei Richtlinien hat die EU bislang Recyclingziele festgelegt: in der Abfallrahmenrichtlinie, der Verpackungsrichtlinie und der Deponierichtlinie. Bis 2025 sollen demnach 55 Prozent der Siedlungsabfälle und 65 Prozent der Verpackungsabfälle für die Wiederverwendung oder das Recycling vorbereitet werden. Für die unterschiedlichen Verpackungsmaterialien sind außerdem auch materialspezifische Ziele vorgeschrieben.
Laut dem gestern erschienenen Frühwarnbericht, den die Kommission gemeinsam mit der Europäischen Umweltagentur (EEA) stets drei Jahre vor den Zieljahren veröffentlicht, haben neun der 27 Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, beide Ziele nahezu oder bereits erreicht. 18 Mitgliedsstaaten hingegen laufen Gefahr, die Zielvorgaben nicht zu erreichen. Das Ziel für Siedlungsabfälle drohen acht Staaten zu verfehlen, zehn Länder könnten sogar an beiden Zielen scheitern.
Kunststoffverpackungen sind der am schwierigsten zu verwertende Verpackungsabfallstrom, konstatiert der Bericht. 19 Mitgliedstaaten werden voraussichtlich das Ziel von 50 Prozent stofflicher Verwertung im Jahr 2025 verfehlen. “Viele Mitgliedstaaten müssen ihre Anstrengungen deutlich verstärken und die Wirksamkeit der politischen Maßnahmen zur Bewältigung der in dieser Bewertung ermittelten Risikobereiche besser überwachen”, schreibt die Umweltagentur in ihrer Analyse.
“Sehr problematisch” findet das Mattia Pellegrini, der zuständige Referatsleiter der DG ENVI in der Kommission. Während einer Diskussion über die geplante Verpackungsverordnung erklärte er gestern in Brüssel: “Das zeigt, dass die alte Richtlinie kaum zum Recycling beiträgt und keine wirklichen Auswirkungen auf den Markt hat”. Im November 2022 hatte die Kommission ihren Entwurf für eine Überarbeitung der Richtlinie vorgelegt. Dieser sieht eine Umwandlung in eine Verordnung und demnach verbindlichere Vorschriften für die Mitgliedstaaten vor.
Die EU will durch die Gesetzesreform erstmals auch die Abfallvermeidung und Wiederverwendung regulieren – eine große Herausforderung, sagte Pellegrini auf der von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ausgerichteten Reuse-Konferenz. Dass die Pläne deshalb Wiederverwendung und Recycling gegeneinander ausspielen sollen, wie es in der Presse und Lobbykampagnen dargestellt werde, sei schlichtweg falsch: “Wir wollen beides”, betonte Pellegrini. Es komme auf den spezifischen Fall an, ob sich Mehrweg- oder recycelbare Verpackungen besser eignen.
Delara Burkhardt, die Schattenberichterstatterin der S&D, äußerte sich deutlich besorgt über die mit riesigen Budgets finanzierte Kampagne der Einweglobby und kritisierte deren Methoden scharf: Sie seien “wirklich problematisch und überschreiten Grenzen.” Die Einweglobby lege Studien vor, die meistens einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhielten und vielmehr “unausgewogene Lobby-Papiere mit ein paar Zahlen und Statistiken” seien, kritisierte Burkhardt.
Hinzu kämen viele Fake News und Halbwahrheiten über das, was in Bezug auf die Wiederverwendung angeblich im Kommissionsvorschlag stehe, was zu panischen Reaktionen führe – wie etwa die kürzlich entflammte Diskussion über die angeblich drohende Vernichtung von deutschen Bierflaschen und Bierkästen. Burkhardt verbringe mittlerweile mehr Zeit damit, diese Argumente zu entmystifizieren, als tatsächlich an dem Vorschlag zu arbeiten. “Sie überschwemmen damit das Europäische Parlament und die europäische Arena und lassen Zweifel an der ökologischen Sinnhaftigkeit der Kommissionsvorschläge aufkommen“, wetterte die Abgeordnete.
Ihrer Ansicht nach scheint die Strategie jedoch zu funktionieren, denn nachdem auch die Kommission die in einem früheren Entwurf deutlich ambitionierteren Ziele abgeschwächt hat, wurden im Parlament bereits viele Änderungsanträge eingereicht, um etwa das Verbot von Einwegverpackungen und die Bestimmungen zur Wiederverwendung zu streichen oder zu verwässern. Auch die Berichterstatterin Frédérique Ries (Renew) will die Mehrwegziele für den Take-Away-Sektor streichen.
Die Deutsche Umwelthilfe hält gemeinsam mit weiteren Organisationen der Zivilgesellschaft dagegen und fordert in einem offenen Brief an das EU-Parlament und den Rat, gut konzipierte Wiederverwendungssysteme einzuführen. “Um die aktuelle Krise rund um den Verpackungsmüll zu bewältigen, muss dessen Produktion und Konsum so gut wie möglich verhindert werden, indem effiziente Mehrwegsysteme eingesetzt werden und eine Abkehr von Einwegverpackungen stattfindet”, heißt es darin.
Deutschland wird laut dem Frühwarnbericht der Kommission 2025 auch die materialspezifischen Recyclingziele für Papier, Eisenmetalle, Aluminium, Glas, Plastik und Holz erreichen. Ein Grund mehr für die Bundesregierung, sich im Rat für ein starkes Verpackungsgesetz zu bemühen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte auf der gestrigen Veranstaltung, sie setze sich dafür ein, dass die Mitgliedstaaten weiterhin Gestaltungsspielraum für noch ambitioniertere Maßnahmen behielten. Dies wäre vor allem hinsichtlich der geplanten Mehrwegziele wichtig, denn Deutschlands Mehrwegquoten und -ziele sind bereits heute deutlich höher als die Ziele des Kommissionsentwurfs.
Währenddessen zeigt sich auch auf kommunaler Ebene in Deutschland, dass es auch schneller geht: Die Klage der Fast-Food-Kette McDonald’s gegen die Steuer der Stadt Tübingen auf Einwegverpackungen scheiterte kürzlich in zweiter Instanz beim Bundesverwaltungsgericht. Tübingen hatte Anfang 2022 eine lokale Steuer auf Einwegverpackungen für Take-away-Essen eingeführt, woraufhin die Mehrheit der Restaurants und Cafés begann, Mehrwegbehälter anzubieten. Nach dem Urteil könnten womöglich bald weitere Kommunen nachziehen und Mehrwegsysteme durch finanzielle Anreize fördern.
12.06.-13.06.2023
Rat der EU: Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
Themen: Allgemeine Ausrichtung der Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit, Orientierungsaussprache zum Europäischen Semester 2023, Fortschrittsbericht zur Verordnung über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten. Vorläufige Tagesordnung
12.06.2023 – 17:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Elektronische Beweismittel, Jahresbericht Wettbewerbspolitik, Transportinfrastruktur
Themen: Aussprache zu elektronischen Beweismitteln in Strafsachen, Aussprache zum Jahresbericht Wettbewerbspolitik 2022, Aussprache zu großen Transportinfrastrukturvorhaben in der EU. Vorläufige Tagesordnung
12.06.2023 – 19:00-22:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie und Empfehlungen für die Zukunft (COVI)
Themen: COVID-19-Pandemie: Erkenntnisse und Empfehlungen für die Zukunft. Vorläufige Tagesordnung
12.06.2023 – 19:00-21:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Berichtsentwurf zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (Netto-Null-Industrie-Verordnung),
Binnenmärkte für erneuerbare und Erdgase sowie für Wasserstoff (Neufassung). Vorläufige Tagesordnung
13.06.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Empfehlungen des Rates zur Entwicklung von Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft, Verordnung über Umwelt-, Sozial- und Governance-Bewertungen, Mitteilung über den Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen, Empfehlung zur Übergangsfinanzierung. Vorläufige Tagesordnung
13.06.2023 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: “Was Europa ausmacht”, Batterien, Gesetz über KI
Themen: Aussprache mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulides zu “Was Europa ausmacht”, Abstimmung zu Batterien und Altbatterien, Aussprache und Abstimmung zum Gesetz über künstliche Intelligenz. Vorläufige Tagesordnung
14.06.2023
Trilog: Fluorierte Treibhausgase (F-Gase)
Themen: F-Gase werden u.a. als Kältemittel in Kühl- und Gefrierschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen oder zur Isolierung von Übertragungsleitungen im Stromnetz verwendet. Doch sie sind auch hochgradig klimawirksam. Im Trilog wird es darum gehen, ob und inwieweit Ausnahmen von der strengeren Regulierung gewährt werden, wenn eine Einschränkung von F-Gasen den Repower-EU-Zielen widerspricht.
14.06.2023 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Europäischer Rat, Ansprache Vjosa Osmani, Pandora-Papiere
Themen: Aussprache zur Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 29./30. Juni 2023, Ansprache von Vjosa Osmani (Präsidentin der Republik Kosovo), Aussprache zu den Lehren aus den Pandora-Papieren und anderen Enthüllungen. Vorläufige Tagesordnung
15.06.2023
Geldpolitische Sitzung der Europäischen Zentralbank
Themen: Der Rat der Europäischen Zentralbank kommt zu einer geldpolitischen Sitzung mit Zinsentscheid zusammen. Infos
15.06.2023
EuGH-Verhandlung zur nachträglichen Überprüfung von Nutzungsentgelten für das DB-Eisenbahnnetz
Themen: Verschiedene Bahnunternehmen nutz(t)en das Netz der Deutschen Bahn (DB Netz), um ihre Verkehrsleistungen zu erbringen und zahl(t)en hierzu eine Gebühr. Sie begehren vor dem Verwaltungsgericht Köln die Verpflichtung der Bundesnetzagentur, die Unwirksamkeit der Infrastrukturnutzungsentgelte der Jahre 2002 bis 2011 mit Wirkung für die Vergangenheit und daran anknüpfende Rückzahlungspflichten der DB Netz insoweit festzustellen, als die Entgelte auf Regionalfaktoren beruhten. Dafür berufen sie sich insbesondere auf das Urteil des Gerichtshofs zu CTL Logistics. Das Verwaltungsgericht Köln hat dem Gerichtshof hierzu eine Reihe von Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Vorabentscheidungsersuchen
15.06.2023
Euro-Gruppe
Themen: Die Wirtschafts- und Finanzminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos
15.06.2023
Brüssel-VII-Konferenz zur Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region
Themen: Meinungsaustausch zur kritischen humanitären Lage und zu Resilienzproblemen, die Syrer in Syrien und den Nachbarländern betreffen, Erörterung der politischen und finanziellen Unterstützung für Syriens Nachbarn (insbesondere Jordanien, Libanon, Türkei, Ägypten und Irak). Infos
15.06.2023 – 09:00-16:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Abstimmung, Große Anfragen
Themen: Abstimmung zu den Texten, zu denen die Aussprache abgeschlossen ist, Aussprache zu Großen Anfragen. Vorläufige Tagesordnung
16.06.2023 – 10:30 Uhr
Rat der EU: Wirtschaft und Finanzen
Themen: Orientierungsaussprache zum Paket “Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter”, Billigung zum Europäischen Semester 2023, Leitlinien für die weiteren Beratungen zur Vorbereitung des Treffens der Finanzminister und Zentralbankpräsidenten der G20 am 17./18. Juli 2023 (EU-Mandat für das G20-Treffen). Vorläufige Tagesordnung
Die Asylverfahren in der EU sollen angesichts der Probleme mit illegaler Migration deutlich verschärft werden. Bei einem Innenministertreffen in Luxemburg stimmte am Donnerstag eine ausreichend große Mehrheit an Mitgliedstaaten für umfassende Reformpläne, wie der schwedische Ratsvorsitz mitteilte. Sie sehen insbesondere einen deutlich rigideren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor.
So sollen ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.
Die Grüne Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte die Ja-Stimme Deutschlands. “Wer meint, dieser Kompromiss ist nicht akzeptabel, der nimmt für die Zukunft in Kauf, dass niemand mehr verteilt wird. Dass Familien und Kinder aus Syrien oder aus Afghanistan, die vor Krieg, Folter und schwersten Menschenrechtsverletzungen geflohen sind, ewig und ohne Perspektive an der Außengrenze festhängen.” Ein Nein oder eine Enthaltung Deutschlands zu der Reform “hätte mehr Leid, nicht weniger bedeutet”, erklärte Baerbock weiter.
Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen nachdrücklich dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie allerdings letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich sein könnte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte bei dem Treffen allerdings, dass sich die Bundesregierung weiter dafür einsetzen wird, dass alle Kinderrechte gewährt bleiben.
Denkbar ist auch, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten über das Projekt verhandeln.
Neben den verschärften Asylverfahren sehen die am Donnerstag beschlossenen Pläne auch mehr Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen vor. Sie soll künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden. Länder wie Ungarn stimmten deswegen gegen den Plan.
Die noch ausstehenden Verhandlungen mit dem EU-Parlament sollen im Idealfall noch vor Ende des Jahres abgeschlossen werden. Dann könnten die Gesetze noch vor der Europawahl im Juni 2024 beschlossen werden. Sollte dies nicht gelingen, könnten veränderte politische Kräfteverhältnisse Neuverhandlungen nötig machen. dpa/lei
Bundeskanzler Olaf Scholz und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni haben eine engere Zusammenarbeit beider Staaten vereinbart. Noch 2023 wollen beide EU-Regierungen dies auch schriftlich in einem Aktionsplan fixieren. Im Herbst sind Regierungsgespräche vereinbart. Scholz lobte den Plan, eine neue Erdgas- und Wasserstoffpipeline von Italien über Österreich nach Deutschland zu bauen. Meloni plädierte zudem für eine engere Kooperation der EU mit nordafrikanischen Staaten.
Der Besuch des SPD-Politikers bei der rechtskonservativen Politikerin in Rom war mit Spannung erwartet worden. “Italien ist wichtiger Partner und verlässlicher Freund“, sagte Scholz nach dem Gespräch. Meloni betonte, dass die Wirtschaften beider Staaten sich ergänzten und verwies auf die deutsch-italienische Handelsbilanz von mehr als 168 Milliarden Euro.
Beide strichen die Gemeinsamkeiten beider Länder in der Migrationspolitik heraus. Differenzen über zwei von Italien festgesetzte Boote zur Rettung von schiffbrüchigen Migranten und Flüchtlingen im Mittelmeer wurden laut Meloni nicht angesprochen. Stattdessen forderten beide Regierungschefs die anderen 25 EU-Regierungen auf, der EU-Asyl-Reform zuzustimmen, die am Tag des Besuchs zwischen den EU-Ministern verhandelt wurde. Mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte will Meloni zudem nach Tunesien reisen, kündigte sie am Donnerstag an. Von dem nordafrikanischen Staat aus starten derzeit viele Boote mit Migranten, die versuchen, über das Mittelmeer in die EU zu gelangen.
Auch in Sachen Ukraine Einigkeit: Das Land müsse bei der Verteidigung gegen den russischen Angriff so lange unterstützt werden, wie dies nötig sei. Worte wie Frieden und Invasion passten einfach nicht zusammen, betonte Meloni in Anspielung auf Forderungen nach Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine.
Differenzen zeigten sich dagegen bei anderen Feldern der EU-Politik. Meloni erneuerte die Forderung nach einem neuen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Scholz hatte zuvor in der Debatte eher gebremst. Italien lehnt zudem die von Scholz vehement geforderte Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen unter den 27 EU-Staaten in Bereichen wie der Außen- und Steuerpolitik ab. rtr
Die Europäische Kommission hat angeboten, einige Ziele des Renaturierungsgesetzes zurückzuschrauben, um eine Einigung über die vorgeschlagenen Rechtsvorschriften zu erzielen. Der Vorschlag wurde zuletzt von einigen Parlamentariern, angeführt von der EVP-Fraktion, blockiert.
In einem Dokument, das den EU-Ländern und Parlamentariern am Donnerstag zugesandt wurde und das Table.Media vorliegt, schlug Brüssel vor, die spezifischen Ziele für die Länder zur Vergrößerung der Grünflächen in den Städten zu streichen und den Ländern die Möglichkeit zu geben, mehr Flächen außerhalb der Landwirtschaft zu nutzen, um das Ziel der Wiederbelebung ausgetrockneter Torfgebiete zu erreichen.
Das Gesetz steht vor der Abstimmung kommende Woche im Umweltausschuss des EU-Parlaments auf der Kippe. Die EVP-Abgeordneten argumentieren, das Gesetz schade den Landwirten und nehme Land aus der landwirtschaftlichen Nutzung.
In dem Non-Paper der Kommission heißt es, dass einige der von der EVP abgelehnten Ziele – wie etwa das Ziel, auf zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Bäume, Teiche und andere Biodiversitätsmerkmale anzusiedeln- nicht verbindlich seien. Zudem könnten wirtschaftliche Aktivitäten wie die Landwirtschaft weiterhin in Gebieten stattfinden, in denen die Natur geschützt oder wiederhergestellt werden müsse. tm/rtr
Rund zweieinhalb Jahre nach dem Startschuss zu dem Vorhaben hat die EU-Kommission milliardenschwere Beihilfen für die Chipindustrie genehmigt. Das neue IPCEI Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien umfasst 68 Projekte, die von den beteiligten 14 Mitgliedstaaten mit bis zu 8,1 Milliarden Euro gefördert werden dürfen. Die Unternehmen sollen im Rahmen des Vorhabens zusätzlich 13,7 Milliarden Euro investieren.
Gefördert werden große Chiphersteller wie Infineon, Bosch, ST Microelectronics und Globalfoundries, aber auch Grundstofflieferanten wie Wacker Chemie und Abnehmer wie Airbus und Renault. Deutschland stellt allein rund die Hälfte der Fördersumme zur Verfügung.
Von den zunächst 32 deutschen Projekten strich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aber eines von der Liste: ein Werk des niederländischen Unternehmens Nexperia, das chinesische Eigentümer hat. Hinter der Entscheidung stand offenbar die Sorge, dass Know-how nach China abfließen könnte.
Die beteiligten Unternehmen hatten mit wachsender Ungeduld auf die Freigabe durch die EU-Kommission gewartet. Von der Notifizierung der Projekte bis zur Entscheidung habe es eineinhalb Jahre gedauert – “das ist zu lang, um im internationalen Wettbewerb mitzuhalten”, sagte Oliver Blank, Bereichsleiter Global Affairs beim ZVEI. Unter anderem könnten viele Prozessschritte parallel erfolgen.
Man freue sich über “die lange erwartete beihilferechtliche Genehmigung”, kommentierte Globalfoundries-Sprecher Jens Drews. Diese sei ein wichtiger administrativer Meilenstein, nun könne man auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren, Innovationen zu liefern. Das Unternehmen will an seinem Standort Dresden unter anderem neue Sicherheitstechnologien (new trusted functionalities, NTF) für seine Chips entwickeln.
Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager warb um Verständnis für die langwierige Prüfung: “Es handelt sich um sehr komplexe Projekte”, sagte sie. Der Mitte Mai veröffentlichte Code of good practices könne aber dazu beitragen, die Verfahren für die Unternehmen zu erleichtern.
Nicht alle geplanten Chip-Großvorhaben sind Teil des zweiten IPCEI Mikroelektronik. Mit dem US-Konzern Intel verhandelt die Bundesregierung derzeit darüber, Investitionsvolumen und Förderung für die in Magdeburg geplante Halbleiterfabrik deutlich aufzustocken. Grundlage dafür wäre der kürzlich verabschiedete European Chips Act. Auch die Verhandlungen mit dem taiwanischen Hersteller TSMC über eine Foundry in Dresden laufen im Rahmen der vereinfachten Prozeduren des Chips Act. tho
Viele europäische Partner haben sie mit Spannung erwartet. Nun, nach fast anderthalb Jahren Arbeit und langem Hin und Her zwischen den Berliner Koalitionspartnern, ist die Nationale Sicherheitsstrategie unter Dach und Fach. Zugleich hat sich die Koalition entschieden, sie als geheim einzustufen, um mindestens bis zur offiziellen Verabschiedung im Kabinett am kommenden Mittwoch nicht wieder in öffentliche Teildebatten zu geraten. Das war der Ampel rund um den Jahreswechsel passiert, als Entwürfe einzelner Teile öffentlich wurden.
Ob die Strategie dieses Mal aufgeht, ist offen. Sie wird intern aber als Gradmesser dafür betrachtet, wie vertrauensvoll die drei Partner weiter agieren werden. Das nächste Ziel der Ampel-Koalition: Die Finalisierung der China-Strategie. steb
Das russische Militär hat einem Branchen-Blog zufolge chinesische Panzerfahrzeuge erhalten. Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow habe bestätigt, dass das russische Militär die erste Lieferung chinesischer Panzerfahrzeuge vom Typ Tiger 4×4 bekommen habe, berichtete die in Polen ansässige Branchen-Plattform Defence Blog. Demnach hatte Kadyrow Filmmaterial veröffentlicht, das “neue Fahrzeuge zeigt, die für tschetschenische Einheiten gekauft wurden, die an der ‘militärischen Spezialoperation’ teilnehmen“. So bezeichnet Moskau den Krieg in der Ukraine; es ist also davon auszugehen, dass sich Kadyrow auf diesen Krieg bezieht.
Die Fahrzeuge werden nach dem Bericht vom chinesischen Verteidigungsunternehmen Shaanxi Baoji Special Vehicles Manufacturing produziert und sehen wie höhergelegte, gepanzerte Jeeps aus. Zwar sind diese gepanzerten Fahrzeuge keine Waffen, doch ihre Anwendung ist eindeutig militärischer Natur. Die Lieferung könnte für die EU eine weitere Eskalationsstufe darstellen. Brüssel hatte China mehrfach vor der Lieferung von Waffen und Munition an Russland gewarnt. Auch die Bundesregierung hatte China gemahnt, Russland keine Waffen zu liefern.
Streit gab es bisher um sogenannte Dual-Use-Güter, zivile Waren, die aber auch für die Waffenproduktion eingesetzt werden können. Wegen der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten sind sie jedoch kein Beweis für Waffenlieferungen. Die EU arbeitet derzeit an einem Sanktionspaket, das sich auf die Umgehung der bisherigen Strafmaßnahmen fokussiert. Davon könnten auch chinesische Firmen betroffen sein. ari
Die Parlamentarier des ENVI-Ausschusses stimmen am 15. Juni über den Gesetzesvorschlag zur Wiederherstellung der Natur, wie er vom Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und Green-Deal-Chef Frans Timmermans vorgeschlagen wurde, ab. Und diese Abstimmung zieht gerade die gesamte Aufmerksamkeit der Brüsseler Blase auf sich. Inzwischen gleichen die Verhandlungen einem politischen Wettstreit, der House of Cards in der Version der europäischen Blase würdig wäre. In diesem Fall handelt es sich um ein Kräftemessen zwischen der EVP und dem Polyglott Frans Timmermans.
Die EVP zog sich nämlich aus den Verhandlungen über den Text zurück und überließ Pascal Canfin (Renew), Vorsitzender des ENVI-Ausschusses und Befürworter des von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Gesetzesvorschlags, die äußerst heikle Aufgabe, eine Mehrheit für den Text in seiner eigenen Fraktion sowie bei den Grünen, der S&D und The Left, zu finden. In der jetzigen Form würde er nur eine Stimme Mehrheit haben, um den Vorschlag durchzubringen, sagte er kürzlich in Paris. Eigentlich ein guter Zeitpunkt, um hier das Popcorn-Emoji zu platzieren.
Und wenn man sagt, dass die Brussels Bubble kocht, sieht es dann so aus: Auf der einen Seite gibt es die Befürworter des Kommissionsvorschlags, die sich in einer Koalition zusammenfinden, um die EU-Parlamentarier aufzufordern, den Vorschlag zu unterstützen. Wir sprechen hier zum Beispiel von Jägern oder auch von Unternehmen – 1.400, was nicht wenig ist -, die zusammen fünf Billionen Dollar ausmachen – was definitiv keine kleine Summe ist.
Auf der anderen Seite zögert die EVP nicht, Anschuldigungen des Drucks, dem die Fraktion angeblich vonseiten der Kommission ausgesetzt ist, zu veröffentlichen. Und prangert zudem “verstecktes Lobbying” der Plattform “Business and Biodiversity” an, die in der Generaldirektion Umwelt untergebracht ist. Sie würde die Mitglieder des Parlaments kontaktieren und ein Informationspaket verschicken. Es sehe so aus, als finanziere die Kommission ihre eigene Lobby, was über die normale Rolle einer Kommission hinausgehe, sagte Esther de Lange, stellvertretende EVP-Fraktionsvorsitzende.
Es besteht kein Zweifel daran, dass Umweltfragen zu erstrangigen politischen Themen geworden sind, gleichgestellt wie Haushaltsfragen oder geopolitische Themen. Die politischen Parteien in Brüssel haben dies natürlich verstanden und ein Jahr vor den Wahlen verfeinern sie ihre Strategien. In dieser Hinsicht hatte die EVP eine gute Nase. Denn sie konnte gleich mehrfach Punktsiege erzielen.
Der mitberatende AGRI-Ausschuss lehnte am 23. Mai den Vorschlag für die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur ab. Die Ablehnung wurde von der Französin Anne Sander, EVP-Mitglied und Verfasserin der Stellungnahme, verteidigt und mit 30 Ja-Stimmen, 16 Nein-Stimmen und einer Enthaltung angenommen. Die EVP erhielt die Stimmen der beiden rechtsextremen Fraktionen ECR und ID, eines Abgeordneten von La Gauche sowie aller Renew-Abgeordneten, mit Ausnahme der Enthaltung des Franzosen Jérémy Decerle. Die Stimmen gegen die Ablehnung, hauptsächlich von S&D und den Grünen, reichten nicht aus.
Am nächsten Tag war der Fischereiausschuss an der Reihe, die Verordnung abzulehnen: 15 Abgeordnete waren dafür, hauptsächlich aus den Fraktionen EVP, ID und ECR; 13 waren dagegen, aus den Fraktionen S&D, Grüne und La Gauche. Die Renew-Fraktion war gespalten: Drei waren für die Ablehnung, eine dagegen, die Französin Stéphanie Yon-Courtin. Die französische Grünen-Abgeordnete Caroline Roose, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses, bezeichnete die Abstimmung als “beschämend”.
Die EVP-Fraktion errang am 25. Mai einen dritten politischen Sieg im Dossier zur Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen. Die Kommission hatte vorgeschlagen, auch Tierhaltungsbetriebe einzubeziehen. Der ENVI-Ausschuss lehnte dies nicht ab, erhöhte jedoch die Schwellenwerte, um die Zahl der betroffenen landwirtschaftlichen Anlagen zu begrenzen (zwischen 200 und 300 Großvieheinheiten je nach Tierart, gegenüber der zunächst vorgeschlagenen Ausgangsschwelle von 150). Außerdem schloss sie Betriebe mit extensiver Tierhaltung aus.
Bei dieser Gelegenheit begrüßte der Deutsche Peter Liese (EVP) eine “Wende im ENVI-Ausschuss” und berichtete, dass dieser “zum ersten Mal“ einen Vorschlag der Kommission “in allen Punkten erheblich abgeschwächt” habe.
Der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber hat kürzlich seine Position gegenüber dem Green Deal verschärft: 2019 musste er dieses politische Projekt unterstützen, das von Ursula von der Leyen gewollt war, die wie er aus der CDU-CSU stammt und von Angela Merkel an die Spitze der Kommission gesetzt wurde. Dieses Anliegen hat er jedoch nicht mehr, nachdem seine Partei nicht mehr der Koalition angehört, die in Berlin regiert. Mit seiner Ablehnung stellt sich Weber auf die Seite der noch weiter rechts stehenden Parteien. Das entspricht auch der politischen Entwicklung, die in mehreren Mitgliedstaaten zu beobachten ist, wo es immer häufiger zu Bündnissen zwischen der Rechten und der extremen Rechten kommt (Italien, Schweden und Finnland).
Ist der Green Deal also zu einem politischen Spielball geworden? Die stellvertretende EVP-Fraktionsvorsitzende Esther de Lange antwortete auf diese Frage im Presseraum in Brüssel mit einem entschiedenen “Nein”. “Die EVP hat den Green Deal immer unterstützt”, sagt sie. Die EVP wolle die Frage “Qualität vor Geschwindigkeit” stellen, bevor sie den Ball an die Fraktion der Grünen zurückspielt, die ihrer Meinung nach alle “zukunftsorientierten” und “naturfreundlichen” technischen Fortschritte blockiere. Claire Stam
es “wird schwierig, wenn wir die Probleme auf die anderen Partner abwälzen“, sagte Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gestern, ihren Gast Olaf Scholz an der Seite. Wie wahr, nur funktioniert die europäische Asylpolitik bislang genau so. Die Mittelmeerländer winken Neuankömmlinge am liebsten durch gen Norden, Deutschland, Österreich und Co pochen auf die Zuständigkeit Italiens und Griechenlands, Nein-Sager wie Ungarns Viktor Orbán profilieren sich auf Kosten der anderen als Hardliner.
Solche Gegensätze zu überbrücken, ist selbst für die im Interessenspagat geübte EU höchst schmerzhaft. Die Innenminister und -Ministerinnen haben es am Donnerstagabend dennoch vollbracht. Auch die deutsche Bundesregierung stimmte schließlich dem von der schwedischen Ratspräsidentschaft vermittelten Kompromiss zu – zum Leidwesen mancher Grüner. Nach vielen Jahren des erbitterten Streits ist das eine historische Leistung, auch wenn nun noch die Verhandlungen mit dem Europaparlament anstehen.
Gemessen am politisch Machbaren, ist die Einigung ein Erfolg. Gemessen an der realen Herausforderung hoher Migrationszahlen, lässt sich das noch nicht sagen. Setzen die Mittelmeeranrainer die neuen Grenzverfahren für wenig aussichtsreiche Asylsuchende konsequent um, ohne illegale Pushbacks? Wie solidarisch werden die anderen EU-Partner sein? Kann die EU wirksame Rücknahmeabkommen mit seinen Nachbarländern aushandeln, und zugleich legale Wege nach Europa eröffnen?
All diese Fragen bleiben auch nach der Einigung in Luxemburg offen. Damit die Beschlüsse Realität werden, braucht es noch viel mehr von dem guten Willen, wie ihn Meloni und Scholz gestern demonstrierten.
In den EU-Institutionen sollen künftig einheitliche ethische Standards gelten. Um die Ausarbeitung der gemeinsamen Regeln soll sich ein neues Ethikgremium kümmern. Die Durchsetzung soll jedoch weiterhin bei den einzelnen Behörden liegen; Sanktionen sind nicht geplant. Dies sieht ein Entwurf vor, den die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel vorgelegt hat. Aus dem Europaparlament und mehreren auf Transparenz spezialisierten NGO kam scharfe Kritik. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht, hieß es.
Von der Leyen hatte das Ethikgremium nach ihrer Wahl 2019 angekündigt, dann aber auf die lange Bank geschoben. Schuld daran sei die Corona-Pandemie, aber auch Widerstand innerhalb der EU, sagte Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova, die den Vorschlag vorstellte.
Es gehe darum, das nach dem “Katargate” – dem Ende 2022 enthüllten Korruptionsskandal im Europaparlament – erschütterte Vertrauen wiederherzustellen, sagte Jourova. Der Skandal habe gezeigt, dass es immer noch Lücken im Regelwerk der EU gebe. Diese gelte es zu schließen.
Dazu sollen zunächst neun EU-Institutionen – neben der Kommission sind dies das Parlament, der Europäische Rat, der Rat, der Gerichtshof der EU, die Europäische Zentralbank, der Rechnungshof, der Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen – zusammenarbeiten. Sie sollen je einen Vertreter in das neue Ethikgremium entsenden. Ein erstes Treffen ist am 3. Juli in Brüssel geplant. Die Runde soll dann über gemeinsame Ethik-Regeln und Standards beraten, um diese zu harmonisieren und wenn möglich, schrittweise anzuheben.
Man wolle über die Annahme von Geschenken, die Bezahlung von Auslandsreisen und Treffen mit Lobbyisten reden, sagte Jourova. Weitere Themen sind Nebenjobs und neue lukrative Tätigkeiten nach dem Ausscheiden aus einer EU-Behörde. Der frühere deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger war deshalb wiederholt in die Schlagzeilen geraten.
Sanktionen sind jedoch nicht geplant. Oettinger dürfte daher ebenso unbehelligt bleiben wie der frühere Chef des Rechnungshofs, Klaus-Heiner Lehne, der in einen Spesenskandal verwickelt war. Das neue Gremium werde sich nicht mit Einzelermittlungen befassen, betont die Kommission.
Es soll sich auch nicht um die Durchsetzung der Regeln kümmern – dies bleibt den jeweiligen Institutionen vorbehalten. Es gehe darum, eine “gemeinsame Ethikkultur” zu entwickeln, erklärte Jourova. Die zusammen entwickelten Standards sollten dann ins interne Regelwerk der jeweiligen Behörde aufgenommen werden. Damit würden sie auch rechtsverbindlich und könnten eingeklagt werden.
Allerdings bleibt dies im Text der EU-Kommission eher vage. “The parties commit to implement [the standards] in their internal rules on the conduct of their members”, heißt es dort in Art. 7.7. Auf Nachfrage, warum sie keine verbindlicheren Regeln und Durchgriffsrechte gefordert habe, erwiderte Jourova: “Ich habe mein Bestes getan.”
Um den Entwurf war hinter den Kulissen lange und heftig gerungen worden. So haben sich einige Institutionen wie die Zentralbank gegen gemeinsame und bindende Standards gesträubt. Demgegenüber wurde im Europaparlament der Ruf nach einer mächtigen Ethikbehörde laut, die auch Ermittlungs- und Sanktionsrechte erhalten sollte.
Dem wiederum stellten sich vor allem konservative Mitglieder des Parlaments entgegen. Sie fürchteten um die Freiheit des Abgeordneten-Mandats – aber auch um mögliche Auswirkungen auf den Katargate-Skandal. Als Reaktion auf die Korruptionsaffäre hat das Parlament eigene Reformen eingeleitet, die aber nur schleppend voran kommen.
Die Kommission werde sich nun um eine interinstitutionelle Vereinbarung bemühen, sagte Jourova. Dies werde voraussichtlich drei Monate dauern. Danach seien sechsmonatige Beratungen über die Standards geplant. Insgesamt werde es rund neun Monate dauern, bis das neue Gremium arbeitsbereit ist.
Allerdings zeichnen sich jetzt schon Verzögerungen ab – denn der Vorschlag stößt auf massive Kritik und muss womöglich nachgebessert werden. “Der Vorschlag ist ein zahnloser Tiger”, erklärte der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund. Er sei “unzureichend, unterfinanziert und uninspiriert.” Der Katargate-Skandal habe gezeigt, dass die Selbstkontrolle nicht funktioniere.
Ähnlich äußerte sich “Transparency International”. Der Vorschlag bedeute “Business as usual” und bringe die EU nicht voran, so TI-Experte Nicholas Aiossa. “Wenn die EU es mit der Bekämpfung der Korruption in ihren eigenen Reihen ernst meint, muss sie sicherstellen, dass ein unabhängiges Aufsichtsgremium die Befugnis und die Mittel hat, gegen Mitglieder, die sich falsch verhalten haben, zu ermitteln und sie zu bestrafen.”
Vor einer Politisierung warnt dagegen der Europaabgeordnete Sven Simon (CDU). “Man kann nur nachdrücklich vor einer Disziplinarkammer für Europaabgeordnete nach polnischem Vorbild warnen.” Der Vorschlag der Kommission sei angemessen. Es bleibe jedoch dabei, dass Missbräuche wie Katargate durch eine Ethikbehörde nicht verhindert worden wären.
In drei Richtlinien hat die EU bislang Recyclingziele festgelegt: in der Abfallrahmenrichtlinie, der Verpackungsrichtlinie und der Deponierichtlinie. Bis 2025 sollen demnach 55 Prozent der Siedlungsabfälle und 65 Prozent der Verpackungsabfälle für die Wiederverwendung oder das Recycling vorbereitet werden. Für die unterschiedlichen Verpackungsmaterialien sind außerdem auch materialspezifische Ziele vorgeschrieben.
Laut dem gestern erschienenen Frühwarnbericht, den die Kommission gemeinsam mit der Europäischen Umweltagentur (EEA) stets drei Jahre vor den Zieljahren veröffentlicht, haben neun der 27 Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, beide Ziele nahezu oder bereits erreicht. 18 Mitgliedsstaaten hingegen laufen Gefahr, die Zielvorgaben nicht zu erreichen. Das Ziel für Siedlungsabfälle drohen acht Staaten zu verfehlen, zehn Länder könnten sogar an beiden Zielen scheitern.
Kunststoffverpackungen sind der am schwierigsten zu verwertende Verpackungsabfallstrom, konstatiert der Bericht. 19 Mitgliedstaaten werden voraussichtlich das Ziel von 50 Prozent stofflicher Verwertung im Jahr 2025 verfehlen. “Viele Mitgliedstaaten müssen ihre Anstrengungen deutlich verstärken und die Wirksamkeit der politischen Maßnahmen zur Bewältigung der in dieser Bewertung ermittelten Risikobereiche besser überwachen”, schreibt die Umweltagentur in ihrer Analyse.
“Sehr problematisch” findet das Mattia Pellegrini, der zuständige Referatsleiter der DG ENVI in der Kommission. Während einer Diskussion über die geplante Verpackungsverordnung erklärte er gestern in Brüssel: “Das zeigt, dass die alte Richtlinie kaum zum Recycling beiträgt und keine wirklichen Auswirkungen auf den Markt hat”. Im November 2022 hatte die Kommission ihren Entwurf für eine Überarbeitung der Richtlinie vorgelegt. Dieser sieht eine Umwandlung in eine Verordnung und demnach verbindlichere Vorschriften für die Mitgliedstaaten vor.
Die EU will durch die Gesetzesreform erstmals auch die Abfallvermeidung und Wiederverwendung regulieren – eine große Herausforderung, sagte Pellegrini auf der von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ausgerichteten Reuse-Konferenz. Dass die Pläne deshalb Wiederverwendung und Recycling gegeneinander ausspielen sollen, wie es in der Presse und Lobbykampagnen dargestellt werde, sei schlichtweg falsch: “Wir wollen beides”, betonte Pellegrini. Es komme auf den spezifischen Fall an, ob sich Mehrweg- oder recycelbare Verpackungen besser eignen.
Delara Burkhardt, die Schattenberichterstatterin der S&D, äußerte sich deutlich besorgt über die mit riesigen Budgets finanzierte Kampagne der Einweglobby und kritisierte deren Methoden scharf: Sie seien “wirklich problematisch und überschreiten Grenzen.” Die Einweglobby lege Studien vor, die meistens einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhielten und vielmehr “unausgewogene Lobby-Papiere mit ein paar Zahlen und Statistiken” seien, kritisierte Burkhardt.
Hinzu kämen viele Fake News und Halbwahrheiten über das, was in Bezug auf die Wiederverwendung angeblich im Kommissionsvorschlag stehe, was zu panischen Reaktionen führe – wie etwa die kürzlich entflammte Diskussion über die angeblich drohende Vernichtung von deutschen Bierflaschen und Bierkästen. Burkhardt verbringe mittlerweile mehr Zeit damit, diese Argumente zu entmystifizieren, als tatsächlich an dem Vorschlag zu arbeiten. “Sie überschwemmen damit das Europäische Parlament und die europäische Arena und lassen Zweifel an der ökologischen Sinnhaftigkeit der Kommissionsvorschläge aufkommen“, wetterte die Abgeordnete.
Ihrer Ansicht nach scheint die Strategie jedoch zu funktionieren, denn nachdem auch die Kommission die in einem früheren Entwurf deutlich ambitionierteren Ziele abgeschwächt hat, wurden im Parlament bereits viele Änderungsanträge eingereicht, um etwa das Verbot von Einwegverpackungen und die Bestimmungen zur Wiederverwendung zu streichen oder zu verwässern. Auch die Berichterstatterin Frédérique Ries (Renew) will die Mehrwegziele für den Take-Away-Sektor streichen.
Die Deutsche Umwelthilfe hält gemeinsam mit weiteren Organisationen der Zivilgesellschaft dagegen und fordert in einem offenen Brief an das EU-Parlament und den Rat, gut konzipierte Wiederverwendungssysteme einzuführen. “Um die aktuelle Krise rund um den Verpackungsmüll zu bewältigen, muss dessen Produktion und Konsum so gut wie möglich verhindert werden, indem effiziente Mehrwegsysteme eingesetzt werden und eine Abkehr von Einwegverpackungen stattfindet”, heißt es darin.
Deutschland wird laut dem Frühwarnbericht der Kommission 2025 auch die materialspezifischen Recyclingziele für Papier, Eisenmetalle, Aluminium, Glas, Plastik und Holz erreichen. Ein Grund mehr für die Bundesregierung, sich im Rat für ein starkes Verpackungsgesetz zu bemühen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte auf der gestrigen Veranstaltung, sie setze sich dafür ein, dass die Mitgliedstaaten weiterhin Gestaltungsspielraum für noch ambitioniertere Maßnahmen behielten. Dies wäre vor allem hinsichtlich der geplanten Mehrwegziele wichtig, denn Deutschlands Mehrwegquoten und -ziele sind bereits heute deutlich höher als die Ziele des Kommissionsentwurfs.
Währenddessen zeigt sich auch auf kommunaler Ebene in Deutschland, dass es auch schneller geht: Die Klage der Fast-Food-Kette McDonald’s gegen die Steuer der Stadt Tübingen auf Einwegverpackungen scheiterte kürzlich in zweiter Instanz beim Bundesverwaltungsgericht. Tübingen hatte Anfang 2022 eine lokale Steuer auf Einwegverpackungen für Take-away-Essen eingeführt, woraufhin die Mehrheit der Restaurants und Cafés begann, Mehrwegbehälter anzubieten. Nach dem Urteil könnten womöglich bald weitere Kommunen nachziehen und Mehrwegsysteme durch finanzielle Anreize fördern.
12.06.-13.06.2023
Rat der EU: Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
Themen: Allgemeine Ausrichtung der Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit, Orientierungsaussprache zum Europäischen Semester 2023, Fortschrittsbericht zur Verordnung über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten. Vorläufige Tagesordnung
12.06.2023 – 17:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Elektronische Beweismittel, Jahresbericht Wettbewerbspolitik, Transportinfrastruktur
Themen: Aussprache zu elektronischen Beweismitteln in Strafsachen, Aussprache zum Jahresbericht Wettbewerbspolitik 2022, Aussprache zu großen Transportinfrastrukturvorhaben in der EU. Vorläufige Tagesordnung
12.06.2023 – 19:00-22:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie und Empfehlungen für die Zukunft (COVI)
Themen: COVID-19-Pandemie: Erkenntnisse und Empfehlungen für die Zukunft. Vorläufige Tagesordnung
12.06.2023 – 19:00-21:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Berichtsentwurf zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (Netto-Null-Industrie-Verordnung),
Binnenmärkte für erneuerbare und Erdgase sowie für Wasserstoff (Neufassung). Vorläufige Tagesordnung
13.06.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Empfehlungen des Rates zur Entwicklung von Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft, Verordnung über Umwelt-, Sozial- und Governance-Bewertungen, Mitteilung über den Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen, Empfehlung zur Übergangsfinanzierung. Vorläufige Tagesordnung
13.06.2023 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: “Was Europa ausmacht”, Batterien, Gesetz über KI
Themen: Aussprache mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulides zu “Was Europa ausmacht”, Abstimmung zu Batterien und Altbatterien, Aussprache und Abstimmung zum Gesetz über künstliche Intelligenz. Vorläufige Tagesordnung
14.06.2023
Trilog: Fluorierte Treibhausgase (F-Gase)
Themen: F-Gase werden u.a. als Kältemittel in Kühl- und Gefrierschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen oder zur Isolierung von Übertragungsleitungen im Stromnetz verwendet. Doch sie sind auch hochgradig klimawirksam. Im Trilog wird es darum gehen, ob und inwieweit Ausnahmen von der strengeren Regulierung gewährt werden, wenn eine Einschränkung von F-Gasen den Repower-EU-Zielen widerspricht.
14.06.2023 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Europäischer Rat, Ansprache Vjosa Osmani, Pandora-Papiere
Themen: Aussprache zur Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates am 29./30. Juni 2023, Ansprache von Vjosa Osmani (Präsidentin der Republik Kosovo), Aussprache zu den Lehren aus den Pandora-Papieren und anderen Enthüllungen. Vorläufige Tagesordnung
15.06.2023
Geldpolitische Sitzung der Europäischen Zentralbank
Themen: Der Rat der Europäischen Zentralbank kommt zu einer geldpolitischen Sitzung mit Zinsentscheid zusammen. Infos
15.06.2023
EuGH-Verhandlung zur nachträglichen Überprüfung von Nutzungsentgelten für das DB-Eisenbahnnetz
Themen: Verschiedene Bahnunternehmen nutz(t)en das Netz der Deutschen Bahn (DB Netz), um ihre Verkehrsleistungen zu erbringen und zahl(t)en hierzu eine Gebühr. Sie begehren vor dem Verwaltungsgericht Köln die Verpflichtung der Bundesnetzagentur, die Unwirksamkeit der Infrastrukturnutzungsentgelte der Jahre 2002 bis 2011 mit Wirkung für die Vergangenheit und daran anknüpfende Rückzahlungspflichten der DB Netz insoweit festzustellen, als die Entgelte auf Regionalfaktoren beruhten. Dafür berufen sie sich insbesondere auf das Urteil des Gerichtshofs zu CTL Logistics. Das Verwaltungsgericht Köln hat dem Gerichtshof hierzu eine Reihe von Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Vorabentscheidungsersuchen
15.06.2023
Euro-Gruppe
Themen: Die Wirtschafts- und Finanzminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos
15.06.2023
Brüssel-VII-Konferenz zur Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region
Themen: Meinungsaustausch zur kritischen humanitären Lage und zu Resilienzproblemen, die Syrer in Syrien und den Nachbarländern betreffen, Erörterung der politischen und finanziellen Unterstützung für Syriens Nachbarn (insbesondere Jordanien, Libanon, Türkei, Ägypten und Irak). Infos
15.06.2023 – 09:00-16:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Abstimmung, Große Anfragen
Themen: Abstimmung zu den Texten, zu denen die Aussprache abgeschlossen ist, Aussprache zu Großen Anfragen. Vorläufige Tagesordnung
16.06.2023 – 10:30 Uhr
Rat der EU: Wirtschaft und Finanzen
Themen: Orientierungsaussprache zum Paket “Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter”, Billigung zum Europäischen Semester 2023, Leitlinien für die weiteren Beratungen zur Vorbereitung des Treffens der Finanzminister und Zentralbankpräsidenten der G20 am 17./18. Juli 2023 (EU-Mandat für das G20-Treffen). Vorläufige Tagesordnung
Die Asylverfahren in der EU sollen angesichts der Probleme mit illegaler Migration deutlich verschärft werden. Bei einem Innenministertreffen in Luxemburg stimmte am Donnerstag eine ausreichend große Mehrheit an Mitgliedstaaten für umfassende Reformpläne, wie der schwedische Ratsvorsitz mitteilte. Sie sehen insbesondere einen deutlich rigideren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor.
So sollen ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.
Die Grüne Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte die Ja-Stimme Deutschlands. “Wer meint, dieser Kompromiss ist nicht akzeptabel, der nimmt für die Zukunft in Kauf, dass niemand mehr verteilt wird. Dass Familien und Kinder aus Syrien oder aus Afghanistan, die vor Krieg, Folter und schwersten Menschenrechtsverletzungen geflohen sind, ewig und ohne Perspektive an der Außengrenze festhängen.” Ein Nein oder eine Enthaltung Deutschlands zu der Reform “hätte mehr Leid, nicht weniger bedeutet”, erklärte Baerbock weiter.
Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen nachdrücklich dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie allerdings letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich sein könnte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte bei dem Treffen allerdings, dass sich die Bundesregierung weiter dafür einsetzen wird, dass alle Kinderrechte gewährt bleiben.
Denkbar ist auch, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten über das Projekt verhandeln.
Neben den verschärften Asylverfahren sehen die am Donnerstag beschlossenen Pläne auch mehr Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen vor. Sie soll künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden. Länder wie Ungarn stimmten deswegen gegen den Plan.
Die noch ausstehenden Verhandlungen mit dem EU-Parlament sollen im Idealfall noch vor Ende des Jahres abgeschlossen werden. Dann könnten die Gesetze noch vor der Europawahl im Juni 2024 beschlossen werden. Sollte dies nicht gelingen, könnten veränderte politische Kräfteverhältnisse Neuverhandlungen nötig machen. dpa/lei
Bundeskanzler Olaf Scholz und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni haben eine engere Zusammenarbeit beider Staaten vereinbart. Noch 2023 wollen beide EU-Regierungen dies auch schriftlich in einem Aktionsplan fixieren. Im Herbst sind Regierungsgespräche vereinbart. Scholz lobte den Plan, eine neue Erdgas- und Wasserstoffpipeline von Italien über Österreich nach Deutschland zu bauen. Meloni plädierte zudem für eine engere Kooperation der EU mit nordafrikanischen Staaten.
Der Besuch des SPD-Politikers bei der rechtskonservativen Politikerin in Rom war mit Spannung erwartet worden. “Italien ist wichtiger Partner und verlässlicher Freund“, sagte Scholz nach dem Gespräch. Meloni betonte, dass die Wirtschaften beider Staaten sich ergänzten und verwies auf die deutsch-italienische Handelsbilanz von mehr als 168 Milliarden Euro.
Beide strichen die Gemeinsamkeiten beider Länder in der Migrationspolitik heraus. Differenzen über zwei von Italien festgesetzte Boote zur Rettung von schiffbrüchigen Migranten und Flüchtlingen im Mittelmeer wurden laut Meloni nicht angesprochen. Stattdessen forderten beide Regierungschefs die anderen 25 EU-Regierungen auf, der EU-Asyl-Reform zuzustimmen, die am Tag des Besuchs zwischen den EU-Ministern verhandelt wurde. Mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte will Meloni zudem nach Tunesien reisen, kündigte sie am Donnerstag an. Von dem nordafrikanischen Staat aus starten derzeit viele Boote mit Migranten, die versuchen, über das Mittelmeer in die EU zu gelangen.
Auch in Sachen Ukraine Einigkeit: Das Land müsse bei der Verteidigung gegen den russischen Angriff so lange unterstützt werden, wie dies nötig sei. Worte wie Frieden und Invasion passten einfach nicht zusammen, betonte Meloni in Anspielung auf Forderungen nach Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine.
Differenzen zeigten sich dagegen bei anderen Feldern der EU-Politik. Meloni erneuerte die Forderung nach einem neuen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Scholz hatte zuvor in der Debatte eher gebremst. Italien lehnt zudem die von Scholz vehement geforderte Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen unter den 27 EU-Staaten in Bereichen wie der Außen- und Steuerpolitik ab. rtr
Die Europäische Kommission hat angeboten, einige Ziele des Renaturierungsgesetzes zurückzuschrauben, um eine Einigung über die vorgeschlagenen Rechtsvorschriften zu erzielen. Der Vorschlag wurde zuletzt von einigen Parlamentariern, angeführt von der EVP-Fraktion, blockiert.
In einem Dokument, das den EU-Ländern und Parlamentariern am Donnerstag zugesandt wurde und das Table.Media vorliegt, schlug Brüssel vor, die spezifischen Ziele für die Länder zur Vergrößerung der Grünflächen in den Städten zu streichen und den Ländern die Möglichkeit zu geben, mehr Flächen außerhalb der Landwirtschaft zu nutzen, um das Ziel der Wiederbelebung ausgetrockneter Torfgebiete zu erreichen.
Das Gesetz steht vor der Abstimmung kommende Woche im Umweltausschuss des EU-Parlaments auf der Kippe. Die EVP-Abgeordneten argumentieren, das Gesetz schade den Landwirten und nehme Land aus der landwirtschaftlichen Nutzung.
In dem Non-Paper der Kommission heißt es, dass einige der von der EVP abgelehnten Ziele – wie etwa das Ziel, auf zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Bäume, Teiche und andere Biodiversitätsmerkmale anzusiedeln- nicht verbindlich seien. Zudem könnten wirtschaftliche Aktivitäten wie die Landwirtschaft weiterhin in Gebieten stattfinden, in denen die Natur geschützt oder wiederhergestellt werden müsse. tm/rtr
Rund zweieinhalb Jahre nach dem Startschuss zu dem Vorhaben hat die EU-Kommission milliardenschwere Beihilfen für die Chipindustrie genehmigt. Das neue IPCEI Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien umfasst 68 Projekte, die von den beteiligten 14 Mitgliedstaaten mit bis zu 8,1 Milliarden Euro gefördert werden dürfen. Die Unternehmen sollen im Rahmen des Vorhabens zusätzlich 13,7 Milliarden Euro investieren.
Gefördert werden große Chiphersteller wie Infineon, Bosch, ST Microelectronics und Globalfoundries, aber auch Grundstofflieferanten wie Wacker Chemie und Abnehmer wie Airbus und Renault. Deutschland stellt allein rund die Hälfte der Fördersumme zur Verfügung.
Von den zunächst 32 deutschen Projekten strich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aber eines von der Liste: ein Werk des niederländischen Unternehmens Nexperia, das chinesische Eigentümer hat. Hinter der Entscheidung stand offenbar die Sorge, dass Know-how nach China abfließen könnte.
Die beteiligten Unternehmen hatten mit wachsender Ungeduld auf die Freigabe durch die EU-Kommission gewartet. Von der Notifizierung der Projekte bis zur Entscheidung habe es eineinhalb Jahre gedauert – “das ist zu lang, um im internationalen Wettbewerb mitzuhalten”, sagte Oliver Blank, Bereichsleiter Global Affairs beim ZVEI. Unter anderem könnten viele Prozessschritte parallel erfolgen.
Man freue sich über “die lange erwartete beihilferechtliche Genehmigung”, kommentierte Globalfoundries-Sprecher Jens Drews. Diese sei ein wichtiger administrativer Meilenstein, nun könne man auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren, Innovationen zu liefern. Das Unternehmen will an seinem Standort Dresden unter anderem neue Sicherheitstechnologien (new trusted functionalities, NTF) für seine Chips entwickeln.
Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager warb um Verständnis für die langwierige Prüfung: “Es handelt sich um sehr komplexe Projekte”, sagte sie. Der Mitte Mai veröffentlichte Code of good practices könne aber dazu beitragen, die Verfahren für die Unternehmen zu erleichtern.
Nicht alle geplanten Chip-Großvorhaben sind Teil des zweiten IPCEI Mikroelektronik. Mit dem US-Konzern Intel verhandelt die Bundesregierung derzeit darüber, Investitionsvolumen und Förderung für die in Magdeburg geplante Halbleiterfabrik deutlich aufzustocken. Grundlage dafür wäre der kürzlich verabschiedete European Chips Act. Auch die Verhandlungen mit dem taiwanischen Hersteller TSMC über eine Foundry in Dresden laufen im Rahmen der vereinfachten Prozeduren des Chips Act. tho
Viele europäische Partner haben sie mit Spannung erwartet. Nun, nach fast anderthalb Jahren Arbeit und langem Hin und Her zwischen den Berliner Koalitionspartnern, ist die Nationale Sicherheitsstrategie unter Dach und Fach. Zugleich hat sich die Koalition entschieden, sie als geheim einzustufen, um mindestens bis zur offiziellen Verabschiedung im Kabinett am kommenden Mittwoch nicht wieder in öffentliche Teildebatten zu geraten. Das war der Ampel rund um den Jahreswechsel passiert, als Entwürfe einzelner Teile öffentlich wurden.
Ob die Strategie dieses Mal aufgeht, ist offen. Sie wird intern aber als Gradmesser dafür betrachtet, wie vertrauensvoll die drei Partner weiter agieren werden. Das nächste Ziel der Ampel-Koalition: Die Finalisierung der China-Strategie. steb
Das russische Militär hat einem Branchen-Blog zufolge chinesische Panzerfahrzeuge erhalten. Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow habe bestätigt, dass das russische Militär die erste Lieferung chinesischer Panzerfahrzeuge vom Typ Tiger 4×4 bekommen habe, berichtete die in Polen ansässige Branchen-Plattform Defence Blog. Demnach hatte Kadyrow Filmmaterial veröffentlicht, das “neue Fahrzeuge zeigt, die für tschetschenische Einheiten gekauft wurden, die an der ‘militärischen Spezialoperation’ teilnehmen“. So bezeichnet Moskau den Krieg in der Ukraine; es ist also davon auszugehen, dass sich Kadyrow auf diesen Krieg bezieht.
Die Fahrzeuge werden nach dem Bericht vom chinesischen Verteidigungsunternehmen Shaanxi Baoji Special Vehicles Manufacturing produziert und sehen wie höhergelegte, gepanzerte Jeeps aus. Zwar sind diese gepanzerten Fahrzeuge keine Waffen, doch ihre Anwendung ist eindeutig militärischer Natur. Die Lieferung könnte für die EU eine weitere Eskalationsstufe darstellen. Brüssel hatte China mehrfach vor der Lieferung von Waffen und Munition an Russland gewarnt. Auch die Bundesregierung hatte China gemahnt, Russland keine Waffen zu liefern.
Streit gab es bisher um sogenannte Dual-Use-Güter, zivile Waren, die aber auch für die Waffenproduktion eingesetzt werden können. Wegen der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten sind sie jedoch kein Beweis für Waffenlieferungen. Die EU arbeitet derzeit an einem Sanktionspaket, das sich auf die Umgehung der bisherigen Strafmaßnahmen fokussiert. Davon könnten auch chinesische Firmen betroffen sein. ari
Die Parlamentarier des ENVI-Ausschusses stimmen am 15. Juni über den Gesetzesvorschlag zur Wiederherstellung der Natur, wie er vom Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und Green-Deal-Chef Frans Timmermans vorgeschlagen wurde, ab. Und diese Abstimmung zieht gerade die gesamte Aufmerksamkeit der Brüsseler Blase auf sich. Inzwischen gleichen die Verhandlungen einem politischen Wettstreit, der House of Cards in der Version der europäischen Blase würdig wäre. In diesem Fall handelt es sich um ein Kräftemessen zwischen der EVP und dem Polyglott Frans Timmermans.
Die EVP zog sich nämlich aus den Verhandlungen über den Text zurück und überließ Pascal Canfin (Renew), Vorsitzender des ENVI-Ausschusses und Befürworter des von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Gesetzesvorschlags, die äußerst heikle Aufgabe, eine Mehrheit für den Text in seiner eigenen Fraktion sowie bei den Grünen, der S&D und The Left, zu finden. In der jetzigen Form würde er nur eine Stimme Mehrheit haben, um den Vorschlag durchzubringen, sagte er kürzlich in Paris. Eigentlich ein guter Zeitpunkt, um hier das Popcorn-Emoji zu platzieren.
Und wenn man sagt, dass die Brussels Bubble kocht, sieht es dann so aus: Auf der einen Seite gibt es die Befürworter des Kommissionsvorschlags, die sich in einer Koalition zusammenfinden, um die EU-Parlamentarier aufzufordern, den Vorschlag zu unterstützen. Wir sprechen hier zum Beispiel von Jägern oder auch von Unternehmen – 1.400, was nicht wenig ist -, die zusammen fünf Billionen Dollar ausmachen – was definitiv keine kleine Summe ist.
Auf der anderen Seite zögert die EVP nicht, Anschuldigungen des Drucks, dem die Fraktion angeblich vonseiten der Kommission ausgesetzt ist, zu veröffentlichen. Und prangert zudem “verstecktes Lobbying” der Plattform “Business and Biodiversity” an, die in der Generaldirektion Umwelt untergebracht ist. Sie würde die Mitglieder des Parlaments kontaktieren und ein Informationspaket verschicken. Es sehe so aus, als finanziere die Kommission ihre eigene Lobby, was über die normale Rolle einer Kommission hinausgehe, sagte Esther de Lange, stellvertretende EVP-Fraktionsvorsitzende.
Es besteht kein Zweifel daran, dass Umweltfragen zu erstrangigen politischen Themen geworden sind, gleichgestellt wie Haushaltsfragen oder geopolitische Themen. Die politischen Parteien in Brüssel haben dies natürlich verstanden und ein Jahr vor den Wahlen verfeinern sie ihre Strategien. In dieser Hinsicht hatte die EVP eine gute Nase. Denn sie konnte gleich mehrfach Punktsiege erzielen.
Der mitberatende AGRI-Ausschuss lehnte am 23. Mai den Vorschlag für die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur ab. Die Ablehnung wurde von der Französin Anne Sander, EVP-Mitglied und Verfasserin der Stellungnahme, verteidigt und mit 30 Ja-Stimmen, 16 Nein-Stimmen und einer Enthaltung angenommen. Die EVP erhielt die Stimmen der beiden rechtsextremen Fraktionen ECR und ID, eines Abgeordneten von La Gauche sowie aller Renew-Abgeordneten, mit Ausnahme der Enthaltung des Franzosen Jérémy Decerle. Die Stimmen gegen die Ablehnung, hauptsächlich von S&D und den Grünen, reichten nicht aus.
Am nächsten Tag war der Fischereiausschuss an der Reihe, die Verordnung abzulehnen: 15 Abgeordnete waren dafür, hauptsächlich aus den Fraktionen EVP, ID und ECR; 13 waren dagegen, aus den Fraktionen S&D, Grüne und La Gauche. Die Renew-Fraktion war gespalten: Drei waren für die Ablehnung, eine dagegen, die Französin Stéphanie Yon-Courtin. Die französische Grünen-Abgeordnete Caroline Roose, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses, bezeichnete die Abstimmung als “beschämend”.
Die EVP-Fraktion errang am 25. Mai einen dritten politischen Sieg im Dossier zur Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen. Die Kommission hatte vorgeschlagen, auch Tierhaltungsbetriebe einzubeziehen. Der ENVI-Ausschuss lehnte dies nicht ab, erhöhte jedoch die Schwellenwerte, um die Zahl der betroffenen landwirtschaftlichen Anlagen zu begrenzen (zwischen 200 und 300 Großvieheinheiten je nach Tierart, gegenüber der zunächst vorgeschlagenen Ausgangsschwelle von 150). Außerdem schloss sie Betriebe mit extensiver Tierhaltung aus.
Bei dieser Gelegenheit begrüßte der Deutsche Peter Liese (EVP) eine “Wende im ENVI-Ausschuss” und berichtete, dass dieser “zum ersten Mal“ einen Vorschlag der Kommission “in allen Punkten erheblich abgeschwächt” habe.
Der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber hat kürzlich seine Position gegenüber dem Green Deal verschärft: 2019 musste er dieses politische Projekt unterstützen, das von Ursula von der Leyen gewollt war, die wie er aus der CDU-CSU stammt und von Angela Merkel an die Spitze der Kommission gesetzt wurde. Dieses Anliegen hat er jedoch nicht mehr, nachdem seine Partei nicht mehr der Koalition angehört, die in Berlin regiert. Mit seiner Ablehnung stellt sich Weber auf die Seite der noch weiter rechts stehenden Parteien. Das entspricht auch der politischen Entwicklung, die in mehreren Mitgliedstaaten zu beobachten ist, wo es immer häufiger zu Bündnissen zwischen der Rechten und der extremen Rechten kommt (Italien, Schweden und Finnland).
Ist der Green Deal also zu einem politischen Spielball geworden? Die stellvertretende EVP-Fraktionsvorsitzende Esther de Lange antwortete auf diese Frage im Presseraum in Brüssel mit einem entschiedenen “Nein”. “Die EVP hat den Green Deal immer unterstützt”, sagt sie. Die EVP wolle die Frage “Qualität vor Geschwindigkeit” stellen, bevor sie den Ball an die Fraktion der Grünen zurückspielt, die ihrer Meinung nach alle “zukunftsorientierten” und “naturfreundlichen” technischen Fortschritte blockiere. Claire Stam