Analyse
Erscheinungsdatum: 26. März 2024

Mit diesen Strategien will die Bundeswehr gegen den Klimawandel vorgehen

Das Verteidigungsministerium hat zwei Strategien zum Umgang der deutschen Streitkräfte mit der Klimakrise vorgelegt. Doch Details der Umsetzung sollen erst später folgen. Experten attestieren dem Papier fehlende Ambitionen.

Die Bundeswehr soll sich in ihrer operativen Planung und ihren internen Strukturen stärker auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten. Denn die Auswirkungen der Erderwärmung beeinflussen nach Sicht der Militärplaner nicht nur die politische und wirtschaftliche Stabilität, Krisen und Konflikte, sondern auch die Handlungsfähigkeit der Bundeswehr. Das sind die zentralen Aussagen der StrategieVerteidigung und Klimawandel “, die das Verteidigungsministerium (BMVg) im März veröffentlichte.

Sie ergänzt damit die Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategie des Ministeriums, die bereits Ende 2023 vorgestellt wurde. Kritiker monieren allerdings, dass bisher unklar bleibt, wie diese Konzepte umgesetzt werden sollen.

Die aktuelle Strategie zu „Verteidigung und Klimawandel“ formuliert Empfehlungen für insgesamt acht Handlungsfelder:

Die Strategie formuliert darüber hinaus das Ziel, die Fähigkeiten der Bundeswehr für Hilfseinsätze im Inland im Falle von Naturkatastrophen oder Extremwetterereignissen zu verbessern. Außerdem sollen Soldatinnen und Soldaten lernen, wie sie trotz der Auswirkungen des Klimawandels effektiv ihre Arbeit machen können. Zudem, so die Strategie, müsse militärische und verteidigungsrelevante Infrastruktur resilient gegenüber den Folgen des Klimawandels gestaltet werden.

Wie diese Handlungsempfehlungen umgesetzt werden sollen, ist bisher allerdings nicht präzise definiert. Das stehe noch aus, betont das BMVg: „Jedes Handlungsfeld soll mithilfe interner Aktionspläne, die bis Ende dieses Jahres erarbeitet werden sollen, konkret umgesetzt werden.“

Thomas Erndl (CSU), Mitglied im Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik, kritisiert, es fehle ein klarer zeitlicher Rahmen zur Umsetzung und einer konkreten Bereitstellung von Haushaltsmitteln dafür.

Laut Jochen Luhmann, Senior Expert am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie, mangele es dem Papier vor allem an langfristigen Perspektiven – zum Beispiel im Bereich Infrastruktur: „Da ist jetziges Handeln unverzichtbar, jede spätere Spontaneität käme zu spät“, erklärt er gegenüber Table.Briefings.

Luhmann fordert einen Blick, der über Deutschland hinausgeht: Regionen, wo sich deutsche Truppen im Falle der Bündnisverteidigung bewegen oder Auslandseinsätze in anderen Klimazonen. „Dort können andere Wetter- und Klimabedingungen herrschen. Hier muss das BMVg genauer definieren, wie es sich und die Bundeswehr rüsten will.“

Und auch Erndl sagt: „Der Bereich Technologie, Forschung und Entwicklung ist zwar prominent platziert. Jedoch sind die Handlungs- und Zielvorgaben unspezifisch und vor allem unambitioniert.“

Die Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategie, die das BMVg im November veröffentlichte, formuliert, wie die Bundeswehr selbst und vor allem ihre Verwaltung klima- und umweltschützender agieren könnte.

Luhmann findet, auch dieses Papier fokussiere nicht genug auf die militärischen Aspekte, sondern weiche auf zivile Bereiche aus. „Damit lenkt das BMVg von der eigentlichen Aufgabe ab – und verschiebt die Investitionslasten auf einen späteren Zeitpunkt.“

Das BMVg sieht in seiner Nachhaltigkeitsstrategie Handlungsbedarf vor allem bei Infrastruktur und Mobilität : Um im Inland ab 2045 den gesamten Gebäudebestand der Bundeswehr klimaneutral zu betreiben, seien

Alexander Lurz, Friedensexperte bei Greenpeace, hätte sich mehr erhofft. Der Bericht sei „ein trauriger Ausdruck der Ambitionslosigkeit der Bundeswehr, bei der Reduzierung der CO₂-Emissionen wirklich voranzukommen“, sagt Lurz zu Table.Briefings. So gebe es vor allem beim nicht direkt militärischen Bereich ein „enormes Potenzial zur Einsparung von CO₂-Emissionen “. Laut Lurz „könnten die Fahrzeuge, die nicht im eigentlichen militärischen Einsatz sind, ambitioniert durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden. Hier scheint sich aber gar nichts mehr zu tun.“ Auch Luhmann fordert: „Um die Klimaziele zu erreichen, müssen Kampffahrzeuge bereits jetzt emissionsfrei-ready eingekauft werden.“

Zu diesem Zweck will das BMVg synthetische Kraftstoffe einsetzen. Speziell für die Fahrzeuge der Truppe, bei denen ein Elektroantrieb nicht infrage kommt. Der FDP-Abgeordnete Nils Gründer begrüßt diese Entwicklung und betont im Gespräch mit Table.Briefings: „Neben der Klimaneutralität von eFuels verschaffen sie uns einen strategischen Vorteil, da sie uns unabhängig von Rohstoffimporten machen.“

Die beiden Papiere, die den verteidigungspolitischen Richtlinien untergeordnet sind, sollen gemeinsam helfen, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und der Bundesregierung zu erfüllen.

Dazu brauche es aber nicht nur Handlungsempfehlungen, sondern konkrete Umsetzungspläne, findet Luhmann. „Für mich sind die Papiere eher organisatorische Aufschläge von Strategien“, resümiert er. Und Erndl zieht das Fazit: „Ein weiterer Papiertiger, der wieder nur weitere Dokumente und Strategien ankündigt, bringt weder der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr noch im Kampf gegen den Klimawandel etwas.“

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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