Analyse | Klimawissenschaft
Erscheinungsdatum: 08. Juli 2025

US-Satelliten: So bedrohen Kürzungen und ein vermisster Satellit die Klimawissenschaften

Die NGO Environmental Defense Fund hat den Kontakt zu ihrem Methan-Satelliten verloren. Trumps Haushalts-Kürzungen könnten der Erdbeobachtung und Klimawissenschaft noch mehr Schaden zufügen.
Die NGO Environmental Defense Fund hat den Kontakt zu ihrem Methan-Satelliten verloren. Trumps Haushalts-Kürzungen könnten der Erdbeobachtung und Klimawissenschaft noch mehr Schaden zufügen. (MethaneSAT)
Trumps Haushaltsentwurf sieht drastische Kürzungen für die Klimawissenschaft der NASA und der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) vor. Auch die Erdbeobachtung via Satelliten wäre stark betroffen. Wahrend Klimawissenschaftler klagen, bereitet sich die europäische Weltraum-Community auf mehr Autonomie vor.

Die geplanten Budgetkürzungen in der US-Raumfahrt und der Verlust des ersten NGO-Satelliten zu Methanlecks bedrohen Grundlagen der Klimaforschung. Gefährdet sind Vorhersagen für Wirbelstürme, Messreihen zum Meereis und zu Methanlecks weltweit. Wissenschaftler arbeiten bereits an Ersatzsystemen, und die europäische Weltraum-Community will mehr Autonomie von den USA herstellen – kurz- und mittelfristig fürchten sie aber gravierende Folgen.

Die im US-Haushalt geplanten Kürzungen treffen das Wissenschaftsbudget der NASA, das um rund 50 Prozent gekürzt werden soll, und das Budget der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), mit einer Kürzung von rund 25 Prozent. Wissenschaftler hoffen, dass der US-Kongress die stärksten Kürzungen noch verhindert. Zwar hat er dem Haushalt grundlegend zugestimmt, aber über die genaue Verteilung der einzelnen Haushaltsmittel wird der Kongress noch mit einem separaten Bewilligungsgesetz entscheiden. Bisher wurden zumindest bei der NASA eher nicht-wissenschaftliche Kürzungen verhindert.

„Die Situation für Erdbeobachtung und Klimawissenschaft in den USA ist einfach tragisch und sehr kurzsichtig“, sagt Julia Marshall vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt zu Table.Briefings. Die geplanten Kürzungen seien extrem, klagen Klimawissenschaftler, die namentlich nicht genannt werden möchten. So sollen beispielsweise zwei langjährige Missionen zur Messung von Kohlendioxid gestoppt werden, obwohl sie schon lange funktionsfähig im All sind. Das sei besonders sinnlos, weil die hohen Kosten für den Raketenstart und den Bau der Instrumente schon getätigt wurden.

Auch die geplanten Kürzungen bei zukünftigen Erdbeobachtungs-Missionen wären folgenschwer. Die Kürzungen würden „den Start einer Flotte neuer Satelliten zur Überwachung von Faktoren, die für die Wetter- und Klimavorhersagen entscheidend sind, wie Aerosole, Wolken und den Anstieg des Meeresspiegels, zunichtemachen“, schreibt das Magazin Scientific American.

Trumps Wissenschaftsfeindlichkeit betrifft auch weitere, schon laufende Erdbeobachtungs-Programme. So soll das „Defense Meteorological Satellite Program“ des Verteidigungsministeriums der NOAA ab August keine Klimadaten mehr zur Verfügung stellen. Das Programm erfasst seit Jahrzehnten Umweltinformationen aus dem All, die beispielsweise für die Überwachung und Vorhersage von Hurrikans essenziell sind. Die Satelliten überwachen aber auch die Ausdehnung und Dicke des Meereises. „Wenn diese Satellitendaten am 31. Juli abgeschaltet werden, verliert die Welt einen bedeutenden Teil ihrer Instrumente zur Überwachung der Eisausdehnung, die uns helfen zu verstehen, wie der Klimawandel voranschreitet und sich beschleunigt“, warnen Wissenschaftler der Union of Concerned Scientists.

Die geplanten Kürzungen bei der NOAA seien für den Klimaschutz besonders gravierend, sagen deutsche Klimawissenschaftler. Die Organisation betreibt Langzeitmessungen von CO₂ und Methan, die für die Klimawissenschaft besonders wichtig seien. Werde diese Forschung in Zukunft nicht mehr finanziert, sei das ein großer Rückschlag für die Klimawissenschaft. Bei NOAA werden ganze Institute abgeschafft. Da geht sehr viel Expertise verloren, so die Klage aus der Wissenschaft. Dadurch sei auch die Zusammenarbeit mit US-Forscherinnen und -Forschern beeinträchtigt.

Aus der europäischen Weltraum-Community ist zu hören, dass es bereits Backup-Pläne gibt, sollten die US-Kürzungen vom Kongress bestätigt werden. Europa sei führend bei der Erdbeobachtung. In Zukunft müsse man verstärkt eigenständige, autonome Systeme aufbauen, heißt es aus der Community. Damit sind beispielsweise eigene Raketenstarts und noch mehr Unabhängigkeit bei der Erdbeobachtung gemeint.

Ein weiterer Schlag für die Erdbeobachtung ist der Verlust des ersten Methan-Satelliten einer NGO. Der Environmental Defense Fund (EDF) hat Ende Juni den Kontakt zu ihrem Satelliten MethaneSat verloren. Da die Stromversorgung des Satelliten gestört ist, sei eine Rettung kaum mehr möglich, schreibt der EDF. Der Satellit wurde erst vor rund 15 Monaten ins Weltall geschickt und sollte die Aufspürung und Messung von klimaschädlichen Methanaustritten revolutionieren. Er hat über die vergangenen zwölf Monate schon Daten gesammelt und wird von EDF als „einer der fortschrittlichsten Satelliten zur Überwachung von Methan“ bezeichnet. Doch die Mission war für fünf Jahre angelegt und sollte in diesem Zeitraum beweisen, dass mehr Transparenz zu einer Minderung der Emissionen beiträgt.

Durch spezielle Instrumente sollten sowohl ganze Regionen wie Öl- und Gasfelder überwacht werden als auch genaue Messungen an Punktquellen wie einzelnen Förderanlagen oder Pipelines möglich sein. Die Daten von MethaneSat versprachen einen „deutlichen Mehrwert“ zu bisherigen Satelliten-Messungen, sagte Anke Roiger vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zum Start der Mission. „Der Verlust von MethaneSat stellt zweifellos eine Lücke in den Möglichkeiten dar, Methanemissionen zu überwachen“, sagt Riley Duren, CEO der Organisation Carbon Tracker, die einen eigenen Satelliten ins All geschickt hat, gegenüber Science. Und „es ist eine ziemlich große Lücke“.

Laut EDF wollten auch die EU und mehrere US-Staaten die Daten des Satelliten nutzen, um ihre Methanregulierungen wirksamer zu machen. Die EU hätte mit den Daten europäische und außereuropäische Produzenten und Importeure überwachen können. Die EU-Methanregulierung schreibt ihnen die Einhaltung und Überwachung bestimmter Grenzwerte vor. Satelliten wie MethaneSat liefern unabhängige Daten und erhöhen somit den Druck auf die regulierten Unternehmen. Zwar messen auch andere Satelliten Methanemissionen, doch die EDF-Mission hätte zu mehr Datenreichtum beigetragen. „MethaneSAT war einzigartig, indem es genau zu diesem Zweck der Methan-Messung gebaut wurde“, sagt Julia Marshall vom DLR. Zudem wollte der EDF die Daten kostenfrei zur Verfügung stellen, was Wissenschaftlern, Journalisten oder Watch-Dog-Organisationen entgegengekommen wäre. „Diese Kombination war schon ein Alleinstellungsmerkmal, und die Lücke ist nicht so leicht (oder schnell) zu füllen“, so die Einschätzung von Marshall, DLR-Expertin für Messungen von Treibhausgasen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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