der Medienstreit zwischen London und Peking über CGTN und BBC wird, wenig überraschend, auch auf dem Journalisten-Tummelplatz Twitter ausgetragen. Der EU-Korrespondent der staatlichen Tageszeitung China Daily, Chen Weihua, machte sich dort über die von der britischen Medienaufsicht Ofcom verhängte Geldstrafe gegen CGTN lustig: “Ist UK so pleite?”, schrieb er. Die Hintergründe der Strafzahlung erfahren Sie heute in den China.Table News – dass sich in der Causa in Zukunft noch mehr Unmut auf beiden Seiten zusammenbraut, ist nicht unwahrscheinlich.
Ärger droht auch im Bundestag, und zwar für Angela Merkel: Von einem Routinevorgang war lange Zeit die Rede, wenn im Untersuchungsausschuss des Bundestages über den Einfluss der deutschen Kanzlerin auf das China-Geschäft des Skandalunternehmens Wirecard gesprochen wurde. Immer deutlicher zeigt sich jedoch, dass das bestenfalls nur die halbe Wahrheit war. Finn Mayer-Kuckuk hat die neuesten Entwicklungen im Fall.
Shandong und Liaoning stehen bereits im Dienst der chinesischen Marine – in diesem Jahr soll nun ein dritter Flugzeugträger hinzukommen. Gregor Koppenburg und Jörn Petring stellen das neue Schiff, seine Technologie und Chinas damit verbundenes Streben nach noch mehr Weltmachtstatus vor.
Im Bundestag braut sich Ärger für die Kanzlerin zusammen. Bei der Aufarbeitung der Wirecard-Affäre war am Mittwoch erneut ihr Engagement für das Skandalunternehmen bei einer China-Reise im September 2019 das große Thema. Die Abgeordneten der Opposition stellten in Berlin einen Zwischenstand der Ausschussarbeit vor – und kamen immer wieder auf die verhängnisvollen Fehleinschätzungen des Kanzleramts im Zusammenhang mit Wirecard zurück. Merkel muss dem Ausschuss am 23. April Rede und Antwort stehen.
Der Abgeordnete Florian Toncar von der FDP gab am Mittwoch seinen Ausblick auf die vermutete Verteidigungsstrategie Merkels, die er aus den Vernehmungen ihrer Mitarbeiter und Vertrauten bei der bisherigen Ausschussarbeit ableitet. “Sie wird sagen, ihr Engagement für Wirecard auf der China-Reise sei ein Routinevorgang gewesen” – schließlich setzt sie sich im Ausland laufend für deutsche Unternehmen ein. Sie werde dabei die Rolle Karl Theodor zu Guttenberg herunterspielen, der als Lobbyist vorher im Kanzleramt für Wirecard geworben hatte. Dabei sei das der entscheidende Punkt: Für Berater wie zu Guttenberg ist es möglich, ein Unternehmen, gegen das sich da schon Betrugsvorwürfe häufen, im Kanzleramt an die Spitze der Tagesordnung zu bringen. Das weckt Zweifel an der Urteilsfähigkeit der zuständigen Beamten – und wirft ein Schlaglicht darauf, wem die deutsche Regierung glaubt: windigen Beratern mit klingenden Namen statt seriösen Medien, die kritisch berichten.
Im Rückblick ist jedenfalls klar, dass Merkel einen Fehler gemacht hat, indem sie in China für Wirecard warb. Der Finanzdienstleister aus Aschheim bei München galt damals zwar noch als ein Star der deutschen Wirtschaftswelt: Endlich ein deutsches Unternehmen, dass mit Algorithmen und dergleichen in der Welt der Hochfinanz mitspielt. Doch der tiefe Sturz kündigte sich da schon an. Verschiedene Medien, allen voran die britische Financial Times, berichteten da bereits über Betrug, Geldwäsche und aufgeblähte Bilanzen. Im Juni 2020 fiel das Kartenhaus zusammen. Es stellte sich heraus, dass Milliardenbeträge allein durch Scheingeschäfte zusammengelogen waren. Der Name Wirecard steht heute für den größten Wirtschaftsskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Zu Guttenberg hat sein Vorgehen zur Unterstützung von Wirecard im Dezember vor dem Ausschuss im Detail beschrieben. Ein wichtiger Kontakt zu Guttenbergs bei Wirecard war der Chef der Geschäftsentwicklung des Unternehmens, Georg von Waldenfels. Die Familien zu Guttenberg und von Waldenfels sind befreundet. Im März 2018 vermittelte von Waldenfels einen neuen Auftrag: Hilfe beim Markteintritt von Wirecard in China. Wirecard wollte als erstes europäisches Unternehmen einen chinesischen Finanzdienstleister komplett übernehmen. Übernahmeziel war die Firma Allscore, die im gleichen Zuge eine Lizenz als Zahlungsabwickler erhalten sollte.
Im Spätsommer 2019 traf zu Guttenberg die Bundeskanzlerin persönlich. “Im Laufe unseres Gesprächs erwähnte die Bundeskanzlerin eine bevorstehende Reise nach China”, erklärte zu Guttenberg vor dem Ausschuss – und ließ es so klingen, als sei eine lockere Konversation ganz zufällig in diese Richtung gelaufen. “Ich erwähnte daraufhin, dass ein junges Dax-Unternehmen derzeit den Markteintritt in China plant.” Nach dem Gespräch mit der Kanzlerin schrieben zu Guttenbergs Mitarbeiter für den Wirtschaftsberater der Kanzlerin, Lars-Hendrik Röller, Fakten über Wirecard auf. Das Ergebnis der Lobby-Arbeit war die Erwähnung gegenüber einem Vertreter der chinesischen Führung in Peking.
Wer genau ihr Gesprächspartner war – darüber hüllt das Kanzleramt den Mantel der Diskretion: Es sei nicht üblich, aus vertraulichen Gesprächen zwischen Staatsführern zu plaudern. Doch der Abgeordnete Fabio De Masi (Die Linke) verplapperte sich am Mittwoch in der Bundespressekonferenz: “Wer den mächtigsten Mann China trifft, der bringt nur zwei oder drei Wünsche mit – und einer davon war Wirecard.” Der mächtigste Mann Chinas – das ist nicht Premier Li Keqiang, sondern Präsident Xi Jinping. Kein Wunder, dass die Übernahme von Allscore danach wie gewünscht im November 2019 über die Bühne ging.
Aus der Arbeit des Ausschusses geht auch hervor, wie Kommunikation der Bundesregierung an die chinesische Führung zustande kommt. Davon berichtete Finanz-Staatssekretär Wolfgang Schmidt. Im Juli 2019 rief ihn ein alter Bekannter an: Ulf Gartzke, heute ein Kollege von zu Guttenberg im Beratungsgeschäft. “Dr. Gartzke hatte als Service einen Entwurf für ein Schreiben an die chinesische Regierung beigefügt”, fasst der Abgeordnete Matthias Hauer (CDU) die Aktenlage zusammen. “Den Brief haben Sie nahezu eins zu eins an ihren chinesischen Kollegen abgeschickt.” Ob die Nutzung solcher von Beratern vorformulierter Briefe gängige Praxis sei? Schmidt sagte, er habe Gartzke “zur Arbeitserleichterung” gebeten, ihm bei den Formulierungen zu helfen. Dieser sei besser in das Thema eingearbeitet gewesen.
“Carbon Border Adjustment Mechanism”, “CO2-Grenzausgleichssystem”, “CO2-Grenzabgabe” – der Name für das Vorhaben aus Brüssel ist sperrig, einen wichtigen Schritt hat es gestern aber dennoch genommen: Das Europaparlament hat sich mit großer Mehrheit für die CO2-Grenzabgabe ausgesprochen und seinen Bericht mit Empfehlungen an die EU-Kommission verabschiedet. Als nächstes steht der Vorschlag der Brüsseler Behörde an, er wird für das zweite Quartal dieses Jahres erwartet. Kritiker unken, der Name des Regulierungsvorhabens könnte auch einfach verknappt werden, auf das, was die Abgabe wirklich sei: Eine “CO2-Importsteuer” oder ein “Klimazoll”.
Unternehmen aus Drittstaaten, die weniger klimafreundlich produzieren als EU-Firmen, sollen auf Importe in die Europäische Union eine Abgabe zahlen. Beispielsweise Stahl, Zement und Düngemittel aus China wird dann entsprechend dem CO2-Gehalt künstlich verteuert. Kann ein Zulieferer für europäische Unternehmen nachweisen, dass er genauso klimafreundlich produziert, entfällt die zusätzliche Abgabe. Internationale Handelspartner wie China sind skeptisch – sie wittern Handelsnachteile und Protektionismus.
Der Grenzausgleichsmechanismus diene dem Klimaschutz, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni zu Beginn der Woche im Europäischen Parlament. Es sei kein Protektionismus. “Er ermöglicht der EU, ihre Ziele zu erreichen. Es geht nicht darum, sich unfaire Vorteile gegenüber unseren Partnern zu verschaffen.” Chinesische Diplomaten in Brüssel betonen jedoch, dass weitere Diskussionen über den Abgabe-Mechanismus nötig seien, bevor er umgesetzt werde. “Wird es gut für die Umwelt sein? Wird es gut für den Handel zwischen verschiedenen Nationen sein? Das braucht Zeit und erfordert sicherlich mehr Konsultation und Diskussion unter allen wichtigen Interessengruppen”, sagte Fei Shengchao, Berater der chinesischen EU-Mission in einem Gespräch mit Euractiv.
Auch das EU-Parlament drückt in dem verabschiedeten Bericht zur CO2-Abgabe “seine tiefe Besorgnis über die Erosion des multilateralen Handelssystems” aus. Die Abgeordneten fordern die EU-Kommission auf, aktiv mit den Regierungen der Handelspartner zusammenzuarbeiten, um Verstimmung zu vermeiden.
Klar ist: Die CO2-Grenzabgabe wird mehr Geld in die europäischen Kassen spülen. Was die EU letztendlich mit den Einnahmen machen wird, wird eine große Rolle bei der Vereinbarkeit mit den internationalen Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) spielen. Alan Wolff, stellvertretender Generaldirektor der WTO, legte im Januar bei einer Online-Veranstaltung nahe, dass es allgemein nach WTO-Regeln akzeptabel wäre, solange die Einnahmen tatsächlich zur Unterstützung einer grünen Politik der EU umgeleitet werden. Sollten die “Wettbewerbsverhältnisse für eine bestimmte Branche oder bestimmte Unternehmen hingegen verändert werden”, würde dies wahrscheinlich Konflikte verursachen, warnte Wolff.
Das EU-Parlament betont in seinem Bericht, dass es für die Verwendung der neu gewonnenen Eigenmittel “uneingeschränkte Transparenz” geben müsse. Die “haushaltspolitische Funktion” sei außerdem “nur ein Nebenprodukt” – es geht um das Klima, nicht um zusätzliches Geld für die EU.
Ab 2023 soll die CO2-Grenzsteuer zunächst die Emissionen der “energieintensiven Stahl-, Zement- und Aluminium-Industrien abdecken, ebenso wie den Stromsektor und die Kunststoff-, Chemie- und Düngemittelindustrie“, so Yannick Jadot, französischer Europaabgeordneter der Grünen und Verantwortlicher für den Bericht. Schätzungen des Europaparlaments zufolge entsprechen diese 94 Prozent der europäischen Industrieemissionen. Sicher ist, dass es nach einer Übergangsphase ab der Einführung schrittweise immer mehr Industriebereiche hinzukommen werden. Der Mechanismus soll zudem eng mit dem EU-Emissionshandel verbunden sein.
Für das Klima sei es unglaublich wichtig, dass der CO2-Ausstoss einen Preis habe, sagt Christoph Nedopil Wang, Gründer des Green Belt and Road Initiative Center in Peking, gegenüber China.Table. Und dafür sei die CO2-Grenzabgabe eine gute Möglichkeit. In China werde der Aufschlag aus Brüssel genau beobachtet, so Nedopil Wang – und das nicht unbedingt positiv. “Natürlich gibt es Befürchtungen, dass die Exporte aus China in Richtung Europa dadurch gebremst werden.” Die Einführung des chinesischen Emissionshandels könne potentiell ein erster Schritt sein, um mit der Grenzabgabe umzugehen. Ob dieser dann ausreiche, sei offen, so Nedopil Wang.
Die geplante Abgabe habe für China laut Nedopil Wang jedoch auch einen versteckten Vorteil, einen positiven Effekt, der häufig unterschätzt werde: Für die Energiewende brauche es auch neue Technologien und in der Entwicklung dieser sei China gut aufgestellt. “Jede Regulierungsänderung ist eine Riesenchance für Entrepreneure und davon hat China viele.” Hier gebe es auch Chancen für mehr Zusammenarbeit zwischen der EU und China. Es gebe definitiv Vorteile für Technologie-Produzenten, die auch in China sitzen.
Generell zeige sich in China und auch dem südostasiatischen Raum eine Beschleunigung von Investitionen in Richtung Erneuerbarer Energien – natürlich auch, weil die dort ansässigen Firmen weiterhin nach Europa exportieren wollen, sagt Nedopil Wang.
Im September vergangenen Jahres kündigte China an, bis 2060 eine CO2-Neutralität zu erreichen. Anfang Februar hat die Volksrepublik einen Emissionshandel eingeführt, dieser gilt zunächst nur für den Energiesektor. Ob das chinesische und EU-Emissionshandelssystem angesichts der CO2-Grenzabgabe verbunden werden kann, ist noch offen.
Mit der erneuten Erhöhung des Militärbudgets um 6,8 Prozent hat die chinesische Regierung gezeigt, dass Wehrhaftigkeit eine der Prioritäten ist. Zentrale Diskussionen der vergangenen Jahre sind dabei immer wieder die chinesischen Flugzeugträger: Chinas dritter Träger soll laut Berichten noch dieses Jahr vom Stapel laufen. Nach Informationen in chinesischen Staatsmedien befindet sich das Schiff in Shanghai bereits in der Endmontage, bei der die einzelnen Blöcke zusammengefügt werden – die Schiffsform sei bereits erkennbar. Für die chinesische Marine ist der Neuzugang neben der Liaoning und der Shandong der dritte Flugzeugträger.
Der erste Träger Liaoning wurde bereits 1988 unter dem Namen Riga zu Wasser gelassen und gehörte damals noch der Sowjetunion. Als diese zerbrach fiel das Schiff an die Ukraine, die Arbeiten wurden gestoppt und das Schiff verfiel. Neun Jahre später kaufte die Volksrepublik das Schiff von der Ukraine ohne Antrieb und Waffensysteme und stellte es 2012 nach Modernisierung in Dienst.
Der zweite Flugzeugträger, der nach der Provinz Shandong benannt ist, wurde Ende 2019 in Dienst gestellt und ist der erste Flugzeugträger, der komplett in China gebaut wurde. Technisch ist das Schiff ein Nachbau der Kusnezow-Klasse, der auch die Liaoning angehört. Demnach sind beide Schiffe konventionell mit Dampfturbinen betrieben und verlassen sich beim Start der Flugzeuge auf eine Startrampe. Letzteres bringt in Kombination mit den schweren chinesischen Kampfjets große Einschränkungen bei der Bewaffnung der Flugzeuge mit sich.
Der neue Träger soll nun die chinesische Marine einen Schritt näher an US-amerikanische Flugzeugträgertechnik bringen. Zum einen rechnen Experten mit einer deutlich größeren Verdrängung von 80.000 bis 100.000 Tonnen, während die Liaoning und Shandong unter 70.000 Tonnen rangieren.
Es wird außerdem davon ausgegangen, dass die chinesische Marine diesmal ein flaches Flugdeck und eine Katapulttechnik für Starts nutzen wird. Der kürzlich berichtete Testflug eines neuen chinesischen Aufklärungsflugzeugs scheint das zu bestätigen. Denn das Flugzeug ist für den Einsatz auf Trägerschiffen konzipiert, allerdings sind seine Triebwerke nicht stark genug, um ohne Katapult genug Schub für den Start zu generieren.
Als Katapulttechnik werden die Chinesen ein elektromagnetisches Katapultsystem (EMALS) einsetzen. Diese Technik ist bislang nur in der neuesten US-Trägerklasse Gerald R. Ford verbaut. Die neuen Katapulte haben den Vorteil, dass sie deutlich kleiner sind und effizienter arbeiten können. Dadurch, dass der Schub besser an die Größe und das Gewicht des Flugzeuges angepasst werden kann, werden außerdem Beschädigungen an den Flugzeugen verhindert. Damit überspringt China einen Entwicklungsschritt, denn die meisten Flugzeugträger in der US Navy benutzen ein dampfbetriebenes Katapult.
Beim Antrieb haben die chinesischen Ingenieure jedoch nicht ganz so große Fortschritte gemacht wie bei der Katapulttechnik. Denn obwohl die Chinesen nukleargetriebene U-Boote besitzen, gehen Experten nicht davon aus, dass es gelungen ist, einen Nuklearantrieb in einer Größenordnung zu entwickeln, dass er einen Flugzeugträger betreiben könnte. Es wird wohl auf einen konventionellen Antrieb hinauslaufen.
Bis der neue Träger in Dienst gestellt werden kann, wird es noch etwa drei Jahre dauern. Bis dahin soll alle notwendige Ausrüstung und die Waffensysteme installiert werden. Es folgen dann Tests auf See und die Einarbeitung und Zertifizierung der Crew. Experten rechnen damit, dass der Träger etwa 2024 oder 2025 in den aktiven Dienst eintreten kann.
Für die chinesische Regierung sind Flugzeugträger ein Symbol für Weltmachtstatus und ein effektives Mittel der Machtdemonstration. So fuhr 2019 der Träger Shandong noch vor seiner offiziellen Zeremonie zur Dienstaufnahme durch die Meerenge von Taiwan.
Doch Prestige und Weltmachtstatus, den die Schiffe mit sich bringen, sind auch mit immensen Kosten verbunden und zusätzliche Flugzeugträger bringen nicht unbedingt noch mehr Weltmachtstatus – die Kosten steigen, die Erträge nicht.
Neben der teuren Entwicklung und Konstruktion benötigen Flugzeugträger im aktiven Dienst immer eine ganze Flotte von Kriegs- und Versorgungsschiffen als Eskorte. Außerdem sind eine Ansammlung von neuesten Technologien, mit denen es noch wenig Erfahrungswerte gibt, fast schon eine Garantie für explodierende Folgekosten.
Der US-Träger USS Gerald R. Ford ist dahingehend ein gutes Beispiel. Die Konstruktion verschlang bereits mehr als 13 Milliarden US-Dollar und vereint viele neue Technologien, deren Entwicklungskosten auf etwa 35 Milliarden US-Dollar geschätzt werden. Das Ergebnis bleibt dabei bislang hinter den Erwartungen zurück. Die USS Gerald R. Ford vereint nämlich so viele kaum erprobte Technologien in sich, dass sie der US-Marine immer wieder mit Fehlfunktionen und technischen Pannen Kopfschmerzen und wiederholte Folgekosten bereitet. Es hagelte Kritik aus Washington.
Insgesamt unterhalten die USA momentan elf Flugzeugträger und haben bereits zwei weitere der Gerald-R.-Ford-Klasse in Bau, die nach und nach die ältere Nimitz-Klasse ersetzen sollen. Das Vorhaben der chinesischen Regierung, die Streitmacht der USA langfristig zu überholen, wird damit zu einem extrem kostspieligen Unterfangen.
Geld, das das chinesische Militär mangels Fortschritten beim Nuklearantrieb und neuer trägergestützter Kampfjets scheinbar lieber in andere Projekte und Entwicklungen investieren möchte. Denn trotz der steigenden Militärbudgets wurden ursprüngliche Pläne für insgesamt sechs aktive Flugzeugträger bereits Ende 2019 erst einmal auf Eis gelegt. Ein weiterer Träger, baugleich mit diesem, ist allerdings bereits beschlossene Sache. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom hat den staatlichen chinesischen Auslandssender Chinese Global Television Network (CGTN) mit einer Geldstrafe von rund 260 000 Euro (225 000 Pfund) belegt. Nachrichtensendungen des Kanals hätten gegen Fairness, Datenschutz und die Anforderungen der Unparteilichkeit verstoßen, erklärte Ofcom. Die Geldstrafe bezieht sich auf fünf Sendungen aus dem Jahr 2019, in welchen die Berichterstattung von CGTN über Proteste in Hongkong Ofcom zufolge nicht unparteiisch war. Außerdem wurde eine Strafe wegen zwei Programmen in den Jahren 2013 und 2014 verhängt als CGTN noch CCTV News hieß.
CGTN sei “enttäuscht” über die Sanktionsmaßnahmen, schrieben chinesische Staatsmedien. Der Sender sei der Ansicht, dass seine Berichterstattung über die gewalttätigen Proteste in Hongkong im Jahr 2019 “fair, wahrheitsgemäß und ordnungsgemäß unparteiisch” gewesen sei. Das chinesische Außenministerium forderte Ofcom auf, seine “falsche Entscheidung” zu widerrufen. China behalte sich das Recht vor, “rechtmäßige und notwendige Gegenmaßnahmen zu ergreifen”, berichteten staatliche Medien.
Zwischen Großbritannien und China schwelt seit Längerem eine Medienschlacht: London hatte CGTN die Sendelizenz entzogen – der Kanal wurde daraufhin auch in anderen europäischen Ländern aus dem Programm genommen. Peking reagierte umgehend und entzog dem britischen Fernsehsender BBC World News die Sendelizenz in Festland China und Hongkong. Mittlerweile erhielt CGTN wieder eine Sendeerlaubnis von der französischen Medienaufsicht CSA. ari
In China ist Medienberichten zufolge das chinesische Wort für “Börse” (股市) in sozialen Medien und Online-Suchen geblockt. Hintergrund ist demnach, dass staatlich gestützte Fonds zu Beginn der Woche eingegriffen hatten, um mit Käufen den chinesischen Aktienmarkt zu beruhigen. In der Webversion von Weibo, der Twitter-ähnlichen Plattform mit etwa einer halben Milliarde aktiver Nutzer, ergab eine Suche nach dem chinesischen Äquivalent von “Börse” gestern keine Ergebnisse, berichtete der Nachrichtendienstleister Bloomberg. Dem Bericht zufolge deutet das auf eine Zensur des Begriffes hin. Die Weibo-Nutzer könnten jedoch weiterhin Beiträge mit dem Wort “Börse” posten und die mobile Version zeige Ergebnisse nach dem Suchbegriff an, wenn keine entsprechenden Hashtags enthalten seien, hieß es weiter in dem Bericht.
Dass die Zensur während der jährlichen Sitzung des Nationalen Volkskongresses stattgefunden haben soll, wird von Experten als Zeichen für eine hohe Nervosität der Anleger gedeutet. Shanghai Securities News, eine der größten Finanzzeitungen Chinas, hatte am Dienstag berichtet, dass große Versicherer Aktien gekauft hätten, um die Märkte zu stabilisieren. Vergangene Woche hatte sich Guo Shuqing, Chinas oberster Bankenregulierer, besorgt über Blasen auf den Auslandsmärkten und ihre möglichen Auswirkungen auf das chinesische Finanzsystem sowie auf den eigenen Immobiliensektor des Landes geäußert.
In den chinesischen Finanzzeitungen und Staatsmedien gab es indes gestern keinerlei Berichterstattung zum Sturz der Börse vom Vortag. Die jüngsten Börseneinbrüche in China haben bei einigen der wertvollsten Unternehmen des Landes Hunderte Milliarden US-Dollar vernichtet. So hat der bekannte Spirituosenhersteller Moutai, der noch im vergangenen Jahr zu einem der größten Aufsteiger während der Rally an Chinas Aktienmärkte zählte, seit Februar mehr als 120 Milliarden US-Dollar an Wert verloren. niw
Das Jahr des Ochsen hat für die Menschen in Hongkong düster begonnen. Am 16. Februar wurde gegen neun Demokratieaktivisten, darunter den 82-jährigen Martin Lee, den weithin verehrten langjährigen Vorsitzenden der Demokratischen Partei Hongkongs, ein Verfahren wegen ungesetzlicher Versammlung eingeleitet.
Eine Woche später verkündete die Regierung Hongkongs, dass sie ein Gesetz verabschieden würde, welches ausschließlich “Patrioten” die Mitgliedschaft in den Bezirksräten (der untersten Stufe des Verwaltungsapparates der Stadt, mit Zuständigkeiten von der Kanalisation bis hin zum Verkehr) gestatten würde. Dies wird vermutlich zum Ausschluss der demokratisch gewählten Ratsmitglieder und zur Disqualifikation künftiger Kandidaten führen, die als illoyal gegenüber der herrschenden Kommunistischen Partei Chinas (KP Chinas) gelten.
Am 28. Februar dann erhoben die Behörden Hongkongs, in ihrer bisher umfassendsten Aktion seit Verabschiedung des drakonischen nationalen Sicherheitsgesetzes in der früheren britischen Kolonie durch China im Juli, Anklage gemäß diesem Gesetz gegen 47 Anführer der Demokratiebewegung der Stadt wegen “Verschwörung zum Umsturz“. Weil das Gesetz ein Verfahren vorsieht, das eine Verurteilung praktisch sicherstellt, haben diese Aktivisten jahrelange Gefängnisstrafen zu erwarten.
Mehrere Überlegungen könnten den chinesischen Präsidenten Xi Jinping zur Ausweitung der Repressionen in Hongkong bewegt haben. Zunächst einmal könnte sich Xi durch Hinweise, dass das nationale Sicherheitsgesetz erfolgreich eine Herrschaft der Furcht in der einst widerspenstigen Stadt etabliert hat, ermutigt fühlen, die despotische Dynamik auszunutzen und zu versuchen, Hongkongs demokratiefreundliche Kräfte zu enthaupten.
Zudem hat die zurückhaltende Reaktion des Westens auf die Verhängung des nationalen Sicherheitsgesetzes durch China – die sich bisher auf diplomatische Verurteilungen und Sanktionen gegen eine kleine Anzahl führender Regierungsvertreter Chinas und Hongkongs beschränkt – der Regierung in Peking nicht wirklich wehgetan. Die chinesische Führung scheint zudem im Umgang mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden eine Rote Linie gezogen zu haben: Chinas souveräne Vorrechte in Hongkong und der westlichen Provinz Xinjiang sind nicht verhandelbar. China wird dort, trotz Bidens Warnung vor den “Konsequenzen” von Menschenrechtsverstößen, nach eigenem Gutdünken verfahren.
Doch könnte Xi die Kosten seiner Maßnahmen in Hongkong unterschätzt haben. Die jüngste Anklagewelle gegen Demokratieaktivisten wird, im Verbund mit einem Mangel an Gesten guten Willens aus China zur Verbesserung der Beziehungen zu den USA, vermutlich zu einer Verhärtung von Bidens Haltung führen.
Für den Augenblick will die Biden-Regierung einen Frontalzusammenstoß mit China vermeiden, weil sie sich zunächst um innenpolitische Prioritäten wie die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie und die Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung kümmern muss. Doch wird das zunehmend harte Vorgehen der Kommunistischen Partei Chinas in Hongkong nun, da Bidens Berater die beste Vorgehensweise gegenüber China abwägen, die Stellung der Befürworter eines nuancierteren und weniger konfrontativen US-Ansatzes schwächen und jene bestätigen, die überzeugt sind, dass nur eine harte Haltung das chinesische Verhalten ändern kann.
Wenn die 47 Demokratieaktivisten für schuldig befunden und zu langen Haftstrafen verurteilt werden, wird die Biden-Regierung keine andere Wahl haben, als China büßen zu lassen. Das knappe Zeitfenster für eine Stabilisierung des US-chinesischen Verhältnisses, die Chinas Interessen dienen würde, dürfte sich schließen, und die bilateralen Beziehungen könnten ihre gefährliche Abwärtsspirale fortsetzen.
An diesem Punkt werden es die chinesischen Repressionen in Hongkong Biden deutlich erleichtern, die schwankenden westlichen Demokratien als Verbündete zu gewinnen. Derzeit zögern viele europäische Länder, einer neuen US-geführten Koalition gegen China uneingeschränkt als Partner beizutreten. Von ihren umfangreichen wirtschaftlichen Interessen in China abgesehen machen sie sich Sorgen, dass eine ungebremste geopolitische Rivalität zwischen den USA und China die Welt in einen neuen Kalten Krieg stürzen, eine Destabilisierung und Fragmentierung der Weltwirtschaft herbeiführen und jede Hoffnung auf eine Bekämpfung des Klimawandels zunichtemachen könnte.
Doch müssen die europäischen Regierungen letztlich auf Wähler reagieren, die vielfach die Menschenrechte sehr wichtig nehmen und eine härtere politische Linie gegenüber China verlangen. Es wird nicht lange dauern, bis insbesondere Deutschland und Frankreich es unhaltbar finden werden, zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen in China eine Politik aufrechtzuerhalten, die auf strategischer Neutralität in dem sich entfaltenden US-chinesischen Duell beruht. Wenn die europäischen Demokratien endlich der sich herausbildenden Koalition gegen China betreten, wäre das dann nicht Amerika zuzuschreiben, sondern Xi.
Eine derartige Koalition könnte China für seine Handlungen in Hongkong schmerzhafte Kosten auferlegen. Natürlich können die USA und ihre Verbündeten die chinesischen Bemühungen, Hongkong zu einem Finanzzentrum aufzubauen, das mit New York und London konkurrieren kann, nicht ohne Weiteres untergraben; schließlich würden Finanzsanktionen wie ein Verbot von Investitionen in dort gelistete Unternehmen Chaos an den Weltmärkten auslösen. Doch sie verfügen trotzdem über ein breites Spektrum weiterer Optionen, China unter Druck zu setzen.
Ein Ausschluss Chinas von den globalen Lieferketten im Technologiebereich scheint derzeit undenkbar, könnte jedoch Realität werden, falls sich die Koalition auf ein neues Verfahren ähnlich dem Koordinationsausschuss für multilaterale Ausfuhrkontrollen einigen sollte, der westliche Technologietransfers in den Ostblock während des Kalten Krieges abwürgte. Die westlichen Demokratien könnten der chinesischen Führung zudem das internationale Prestige verwehren, nach dem diese strebt, indem sie einen Austausch auf höherer Ebene begrenzen und sich chinesischem Einfluss in multilateralen Organisationen entschieden widersetzen. Und eine Aufnahme der Opfer des harten chinesischen Vorgehens in Hongkong wäre sowohl eine humanitäre Geste als auch eine kraftvolle Zurückweisung der chinesischen Politik.
Die chinesische Führung hat diese Folgen bei ihren Erwägungen über ihre Optionen in Hongkong höchstwahrscheinlich bereits berücksichtigt. Sie hat sich in dem Glauben, dass ihre Kosten tragbar sind, zu einem ultraharten Kurs entschieden. Und es lässt sich argumentieren, dass sich ihre Risikobereitschaft bisher gelohnt hat. Doch indem es der neuen US-Regierung und ihren Verbündeten den Fehdehandschuh hinwirft, könnte China sein Blatt überreizen.
Minxin Pei ist Professor für Staatslehre am Claremont McKenna College und Non-Resident Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States. Copyright: Project Syndicate, 2021.
www.project-syndicate.org
Mehr Wissen über China an deutschen Schulen: Am Mittwoch ging der Relaunch der Webseite des Bildungsnetzwerkes China online. Das Netzwerk wurde Anfang letzten Jahres als gemeinsame Initiative der Stiftung Mercator und des Goethe-Instituts gegründet. Es will in enger Kooperation mit Schulministerien und -behörden Schulen dabei unterstützen, sich in besonderem Maße bei der Ausbildung von China-Kompetenz in Deutschland zu engagieren und Begegnungen zu ermöglichen, um die internationale Verständigung zwischen Deutschland und China strukturell zu stärken und zu verbessern.
der Medienstreit zwischen London und Peking über CGTN und BBC wird, wenig überraschend, auch auf dem Journalisten-Tummelplatz Twitter ausgetragen. Der EU-Korrespondent der staatlichen Tageszeitung China Daily, Chen Weihua, machte sich dort über die von der britischen Medienaufsicht Ofcom verhängte Geldstrafe gegen CGTN lustig: “Ist UK so pleite?”, schrieb er. Die Hintergründe der Strafzahlung erfahren Sie heute in den China.Table News – dass sich in der Causa in Zukunft noch mehr Unmut auf beiden Seiten zusammenbraut, ist nicht unwahrscheinlich.
Ärger droht auch im Bundestag, und zwar für Angela Merkel: Von einem Routinevorgang war lange Zeit die Rede, wenn im Untersuchungsausschuss des Bundestages über den Einfluss der deutschen Kanzlerin auf das China-Geschäft des Skandalunternehmens Wirecard gesprochen wurde. Immer deutlicher zeigt sich jedoch, dass das bestenfalls nur die halbe Wahrheit war. Finn Mayer-Kuckuk hat die neuesten Entwicklungen im Fall.
Shandong und Liaoning stehen bereits im Dienst der chinesischen Marine – in diesem Jahr soll nun ein dritter Flugzeugträger hinzukommen. Gregor Koppenburg und Jörn Petring stellen das neue Schiff, seine Technologie und Chinas damit verbundenes Streben nach noch mehr Weltmachtstatus vor.
Im Bundestag braut sich Ärger für die Kanzlerin zusammen. Bei der Aufarbeitung der Wirecard-Affäre war am Mittwoch erneut ihr Engagement für das Skandalunternehmen bei einer China-Reise im September 2019 das große Thema. Die Abgeordneten der Opposition stellten in Berlin einen Zwischenstand der Ausschussarbeit vor – und kamen immer wieder auf die verhängnisvollen Fehleinschätzungen des Kanzleramts im Zusammenhang mit Wirecard zurück. Merkel muss dem Ausschuss am 23. April Rede und Antwort stehen.
Der Abgeordnete Florian Toncar von der FDP gab am Mittwoch seinen Ausblick auf die vermutete Verteidigungsstrategie Merkels, die er aus den Vernehmungen ihrer Mitarbeiter und Vertrauten bei der bisherigen Ausschussarbeit ableitet. “Sie wird sagen, ihr Engagement für Wirecard auf der China-Reise sei ein Routinevorgang gewesen” – schließlich setzt sie sich im Ausland laufend für deutsche Unternehmen ein. Sie werde dabei die Rolle Karl Theodor zu Guttenberg herunterspielen, der als Lobbyist vorher im Kanzleramt für Wirecard geworben hatte. Dabei sei das der entscheidende Punkt: Für Berater wie zu Guttenberg ist es möglich, ein Unternehmen, gegen das sich da schon Betrugsvorwürfe häufen, im Kanzleramt an die Spitze der Tagesordnung zu bringen. Das weckt Zweifel an der Urteilsfähigkeit der zuständigen Beamten – und wirft ein Schlaglicht darauf, wem die deutsche Regierung glaubt: windigen Beratern mit klingenden Namen statt seriösen Medien, die kritisch berichten.
Im Rückblick ist jedenfalls klar, dass Merkel einen Fehler gemacht hat, indem sie in China für Wirecard warb. Der Finanzdienstleister aus Aschheim bei München galt damals zwar noch als ein Star der deutschen Wirtschaftswelt: Endlich ein deutsches Unternehmen, dass mit Algorithmen und dergleichen in der Welt der Hochfinanz mitspielt. Doch der tiefe Sturz kündigte sich da schon an. Verschiedene Medien, allen voran die britische Financial Times, berichteten da bereits über Betrug, Geldwäsche und aufgeblähte Bilanzen. Im Juni 2020 fiel das Kartenhaus zusammen. Es stellte sich heraus, dass Milliardenbeträge allein durch Scheingeschäfte zusammengelogen waren. Der Name Wirecard steht heute für den größten Wirtschaftsskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Zu Guttenberg hat sein Vorgehen zur Unterstützung von Wirecard im Dezember vor dem Ausschuss im Detail beschrieben. Ein wichtiger Kontakt zu Guttenbergs bei Wirecard war der Chef der Geschäftsentwicklung des Unternehmens, Georg von Waldenfels. Die Familien zu Guttenberg und von Waldenfels sind befreundet. Im März 2018 vermittelte von Waldenfels einen neuen Auftrag: Hilfe beim Markteintritt von Wirecard in China. Wirecard wollte als erstes europäisches Unternehmen einen chinesischen Finanzdienstleister komplett übernehmen. Übernahmeziel war die Firma Allscore, die im gleichen Zuge eine Lizenz als Zahlungsabwickler erhalten sollte.
Im Spätsommer 2019 traf zu Guttenberg die Bundeskanzlerin persönlich. “Im Laufe unseres Gesprächs erwähnte die Bundeskanzlerin eine bevorstehende Reise nach China”, erklärte zu Guttenberg vor dem Ausschuss – und ließ es so klingen, als sei eine lockere Konversation ganz zufällig in diese Richtung gelaufen. “Ich erwähnte daraufhin, dass ein junges Dax-Unternehmen derzeit den Markteintritt in China plant.” Nach dem Gespräch mit der Kanzlerin schrieben zu Guttenbergs Mitarbeiter für den Wirtschaftsberater der Kanzlerin, Lars-Hendrik Röller, Fakten über Wirecard auf. Das Ergebnis der Lobby-Arbeit war die Erwähnung gegenüber einem Vertreter der chinesischen Führung in Peking.
Wer genau ihr Gesprächspartner war – darüber hüllt das Kanzleramt den Mantel der Diskretion: Es sei nicht üblich, aus vertraulichen Gesprächen zwischen Staatsführern zu plaudern. Doch der Abgeordnete Fabio De Masi (Die Linke) verplapperte sich am Mittwoch in der Bundespressekonferenz: “Wer den mächtigsten Mann China trifft, der bringt nur zwei oder drei Wünsche mit – und einer davon war Wirecard.” Der mächtigste Mann Chinas – das ist nicht Premier Li Keqiang, sondern Präsident Xi Jinping. Kein Wunder, dass die Übernahme von Allscore danach wie gewünscht im November 2019 über die Bühne ging.
Aus der Arbeit des Ausschusses geht auch hervor, wie Kommunikation der Bundesregierung an die chinesische Führung zustande kommt. Davon berichtete Finanz-Staatssekretär Wolfgang Schmidt. Im Juli 2019 rief ihn ein alter Bekannter an: Ulf Gartzke, heute ein Kollege von zu Guttenberg im Beratungsgeschäft. “Dr. Gartzke hatte als Service einen Entwurf für ein Schreiben an die chinesische Regierung beigefügt”, fasst der Abgeordnete Matthias Hauer (CDU) die Aktenlage zusammen. “Den Brief haben Sie nahezu eins zu eins an ihren chinesischen Kollegen abgeschickt.” Ob die Nutzung solcher von Beratern vorformulierter Briefe gängige Praxis sei? Schmidt sagte, er habe Gartzke “zur Arbeitserleichterung” gebeten, ihm bei den Formulierungen zu helfen. Dieser sei besser in das Thema eingearbeitet gewesen.
“Carbon Border Adjustment Mechanism”, “CO2-Grenzausgleichssystem”, “CO2-Grenzabgabe” – der Name für das Vorhaben aus Brüssel ist sperrig, einen wichtigen Schritt hat es gestern aber dennoch genommen: Das Europaparlament hat sich mit großer Mehrheit für die CO2-Grenzabgabe ausgesprochen und seinen Bericht mit Empfehlungen an die EU-Kommission verabschiedet. Als nächstes steht der Vorschlag der Brüsseler Behörde an, er wird für das zweite Quartal dieses Jahres erwartet. Kritiker unken, der Name des Regulierungsvorhabens könnte auch einfach verknappt werden, auf das, was die Abgabe wirklich sei: Eine “CO2-Importsteuer” oder ein “Klimazoll”.
Unternehmen aus Drittstaaten, die weniger klimafreundlich produzieren als EU-Firmen, sollen auf Importe in die Europäische Union eine Abgabe zahlen. Beispielsweise Stahl, Zement und Düngemittel aus China wird dann entsprechend dem CO2-Gehalt künstlich verteuert. Kann ein Zulieferer für europäische Unternehmen nachweisen, dass er genauso klimafreundlich produziert, entfällt die zusätzliche Abgabe. Internationale Handelspartner wie China sind skeptisch – sie wittern Handelsnachteile und Protektionismus.
Der Grenzausgleichsmechanismus diene dem Klimaschutz, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni zu Beginn der Woche im Europäischen Parlament. Es sei kein Protektionismus. “Er ermöglicht der EU, ihre Ziele zu erreichen. Es geht nicht darum, sich unfaire Vorteile gegenüber unseren Partnern zu verschaffen.” Chinesische Diplomaten in Brüssel betonen jedoch, dass weitere Diskussionen über den Abgabe-Mechanismus nötig seien, bevor er umgesetzt werde. “Wird es gut für die Umwelt sein? Wird es gut für den Handel zwischen verschiedenen Nationen sein? Das braucht Zeit und erfordert sicherlich mehr Konsultation und Diskussion unter allen wichtigen Interessengruppen”, sagte Fei Shengchao, Berater der chinesischen EU-Mission in einem Gespräch mit Euractiv.
Auch das EU-Parlament drückt in dem verabschiedeten Bericht zur CO2-Abgabe “seine tiefe Besorgnis über die Erosion des multilateralen Handelssystems” aus. Die Abgeordneten fordern die EU-Kommission auf, aktiv mit den Regierungen der Handelspartner zusammenzuarbeiten, um Verstimmung zu vermeiden.
Klar ist: Die CO2-Grenzabgabe wird mehr Geld in die europäischen Kassen spülen. Was die EU letztendlich mit den Einnahmen machen wird, wird eine große Rolle bei der Vereinbarkeit mit den internationalen Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) spielen. Alan Wolff, stellvertretender Generaldirektor der WTO, legte im Januar bei einer Online-Veranstaltung nahe, dass es allgemein nach WTO-Regeln akzeptabel wäre, solange die Einnahmen tatsächlich zur Unterstützung einer grünen Politik der EU umgeleitet werden. Sollten die “Wettbewerbsverhältnisse für eine bestimmte Branche oder bestimmte Unternehmen hingegen verändert werden”, würde dies wahrscheinlich Konflikte verursachen, warnte Wolff.
Das EU-Parlament betont in seinem Bericht, dass es für die Verwendung der neu gewonnenen Eigenmittel “uneingeschränkte Transparenz” geben müsse. Die “haushaltspolitische Funktion” sei außerdem “nur ein Nebenprodukt” – es geht um das Klima, nicht um zusätzliches Geld für die EU.
Ab 2023 soll die CO2-Grenzsteuer zunächst die Emissionen der “energieintensiven Stahl-, Zement- und Aluminium-Industrien abdecken, ebenso wie den Stromsektor und die Kunststoff-, Chemie- und Düngemittelindustrie“, so Yannick Jadot, französischer Europaabgeordneter der Grünen und Verantwortlicher für den Bericht. Schätzungen des Europaparlaments zufolge entsprechen diese 94 Prozent der europäischen Industrieemissionen. Sicher ist, dass es nach einer Übergangsphase ab der Einführung schrittweise immer mehr Industriebereiche hinzukommen werden. Der Mechanismus soll zudem eng mit dem EU-Emissionshandel verbunden sein.
Für das Klima sei es unglaublich wichtig, dass der CO2-Ausstoss einen Preis habe, sagt Christoph Nedopil Wang, Gründer des Green Belt and Road Initiative Center in Peking, gegenüber China.Table. Und dafür sei die CO2-Grenzabgabe eine gute Möglichkeit. In China werde der Aufschlag aus Brüssel genau beobachtet, so Nedopil Wang – und das nicht unbedingt positiv. “Natürlich gibt es Befürchtungen, dass die Exporte aus China in Richtung Europa dadurch gebremst werden.” Die Einführung des chinesischen Emissionshandels könne potentiell ein erster Schritt sein, um mit der Grenzabgabe umzugehen. Ob dieser dann ausreiche, sei offen, so Nedopil Wang.
Die geplante Abgabe habe für China laut Nedopil Wang jedoch auch einen versteckten Vorteil, einen positiven Effekt, der häufig unterschätzt werde: Für die Energiewende brauche es auch neue Technologien und in der Entwicklung dieser sei China gut aufgestellt. “Jede Regulierungsänderung ist eine Riesenchance für Entrepreneure und davon hat China viele.” Hier gebe es auch Chancen für mehr Zusammenarbeit zwischen der EU und China. Es gebe definitiv Vorteile für Technologie-Produzenten, die auch in China sitzen.
Generell zeige sich in China und auch dem südostasiatischen Raum eine Beschleunigung von Investitionen in Richtung Erneuerbarer Energien – natürlich auch, weil die dort ansässigen Firmen weiterhin nach Europa exportieren wollen, sagt Nedopil Wang.
Im September vergangenen Jahres kündigte China an, bis 2060 eine CO2-Neutralität zu erreichen. Anfang Februar hat die Volksrepublik einen Emissionshandel eingeführt, dieser gilt zunächst nur für den Energiesektor. Ob das chinesische und EU-Emissionshandelssystem angesichts der CO2-Grenzabgabe verbunden werden kann, ist noch offen.
Mit der erneuten Erhöhung des Militärbudgets um 6,8 Prozent hat die chinesische Regierung gezeigt, dass Wehrhaftigkeit eine der Prioritäten ist. Zentrale Diskussionen der vergangenen Jahre sind dabei immer wieder die chinesischen Flugzeugträger: Chinas dritter Träger soll laut Berichten noch dieses Jahr vom Stapel laufen. Nach Informationen in chinesischen Staatsmedien befindet sich das Schiff in Shanghai bereits in der Endmontage, bei der die einzelnen Blöcke zusammengefügt werden – die Schiffsform sei bereits erkennbar. Für die chinesische Marine ist der Neuzugang neben der Liaoning und der Shandong der dritte Flugzeugträger.
Der erste Träger Liaoning wurde bereits 1988 unter dem Namen Riga zu Wasser gelassen und gehörte damals noch der Sowjetunion. Als diese zerbrach fiel das Schiff an die Ukraine, die Arbeiten wurden gestoppt und das Schiff verfiel. Neun Jahre später kaufte die Volksrepublik das Schiff von der Ukraine ohne Antrieb und Waffensysteme und stellte es 2012 nach Modernisierung in Dienst.
Der zweite Flugzeugträger, der nach der Provinz Shandong benannt ist, wurde Ende 2019 in Dienst gestellt und ist der erste Flugzeugträger, der komplett in China gebaut wurde. Technisch ist das Schiff ein Nachbau der Kusnezow-Klasse, der auch die Liaoning angehört. Demnach sind beide Schiffe konventionell mit Dampfturbinen betrieben und verlassen sich beim Start der Flugzeuge auf eine Startrampe. Letzteres bringt in Kombination mit den schweren chinesischen Kampfjets große Einschränkungen bei der Bewaffnung der Flugzeuge mit sich.
Der neue Träger soll nun die chinesische Marine einen Schritt näher an US-amerikanische Flugzeugträgertechnik bringen. Zum einen rechnen Experten mit einer deutlich größeren Verdrängung von 80.000 bis 100.000 Tonnen, während die Liaoning und Shandong unter 70.000 Tonnen rangieren.
Es wird außerdem davon ausgegangen, dass die chinesische Marine diesmal ein flaches Flugdeck und eine Katapulttechnik für Starts nutzen wird. Der kürzlich berichtete Testflug eines neuen chinesischen Aufklärungsflugzeugs scheint das zu bestätigen. Denn das Flugzeug ist für den Einsatz auf Trägerschiffen konzipiert, allerdings sind seine Triebwerke nicht stark genug, um ohne Katapult genug Schub für den Start zu generieren.
Als Katapulttechnik werden die Chinesen ein elektromagnetisches Katapultsystem (EMALS) einsetzen. Diese Technik ist bislang nur in der neuesten US-Trägerklasse Gerald R. Ford verbaut. Die neuen Katapulte haben den Vorteil, dass sie deutlich kleiner sind und effizienter arbeiten können. Dadurch, dass der Schub besser an die Größe und das Gewicht des Flugzeuges angepasst werden kann, werden außerdem Beschädigungen an den Flugzeugen verhindert. Damit überspringt China einen Entwicklungsschritt, denn die meisten Flugzeugträger in der US Navy benutzen ein dampfbetriebenes Katapult.
Beim Antrieb haben die chinesischen Ingenieure jedoch nicht ganz so große Fortschritte gemacht wie bei der Katapulttechnik. Denn obwohl die Chinesen nukleargetriebene U-Boote besitzen, gehen Experten nicht davon aus, dass es gelungen ist, einen Nuklearantrieb in einer Größenordnung zu entwickeln, dass er einen Flugzeugträger betreiben könnte. Es wird wohl auf einen konventionellen Antrieb hinauslaufen.
Bis der neue Träger in Dienst gestellt werden kann, wird es noch etwa drei Jahre dauern. Bis dahin soll alle notwendige Ausrüstung und die Waffensysteme installiert werden. Es folgen dann Tests auf See und die Einarbeitung und Zertifizierung der Crew. Experten rechnen damit, dass der Träger etwa 2024 oder 2025 in den aktiven Dienst eintreten kann.
Für die chinesische Regierung sind Flugzeugträger ein Symbol für Weltmachtstatus und ein effektives Mittel der Machtdemonstration. So fuhr 2019 der Träger Shandong noch vor seiner offiziellen Zeremonie zur Dienstaufnahme durch die Meerenge von Taiwan.
Doch Prestige und Weltmachtstatus, den die Schiffe mit sich bringen, sind auch mit immensen Kosten verbunden und zusätzliche Flugzeugträger bringen nicht unbedingt noch mehr Weltmachtstatus – die Kosten steigen, die Erträge nicht.
Neben der teuren Entwicklung und Konstruktion benötigen Flugzeugträger im aktiven Dienst immer eine ganze Flotte von Kriegs- und Versorgungsschiffen als Eskorte. Außerdem sind eine Ansammlung von neuesten Technologien, mit denen es noch wenig Erfahrungswerte gibt, fast schon eine Garantie für explodierende Folgekosten.
Der US-Träger USS Gerald R. Ford ist dahingehend ein gutes Beispiel. Die Konstruktion verschlang bereits mehr als 13 Milliarden US-Dollar und vereint viele neue Technologien, deren Entwicklungskosten auf etwa 35 Milliarden US-Dollar geschätzt werden. Das Ergebnis bleibt dabei bislang hinter den Erwartungen zurück. Die USS Gerald R. Ford vereint nämlich so viele kaum erprobte Technologien in sich, dass sie der US-Marine immer wieder mit Fehlfunktionen und technischen Pannen Kopfschmerzen und wiederholte Folgekosten bereitet. Es hagelte Kritik aus Washington.
Insgesamt unterhalten die USA momentan elf Flugzeugträger und haben bereits zwei weitere der Gerald-R.-Ford-Klasse in Bau, die nach und nach die ältere Nimitz-Klasse ersetzen sollen. Das Vorhaben der chinesischen Regierung, die Streitmacht der USA langfristig zu überholen, wird damit zu einem extrem kostspieligen Unterfangen.
Geld, das das chinesische Militär mangels Fortschritten beim Nuklearantrieb und neuer trägergestützter Kampfjets scheinbar lieber in andere Projekte und Entwicklungen investieren möchte. Denn trotz der steigenden Militärbudgets wurden ursprüngliche Pläne für insgesamt sechs aktive Flugzeugträger bereits Ende 2019 erst einmal auf Eis gelegt. Ein weiterer Träger, baugleich mit diesem, ist allerdings bereits beschlossene Sache. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom hat den staatlichen chinesischen Auslandssender Chinese Global Television Network (CGTN) mit einer Geldstrafe von rund 260 000 Euro (225 000 Pfund) belegt. Nachrichtensendungen des Kanals hätten gegen Fairness, Datenschutz und die Anforderungen der Unparteilichkeit verstoßen, erklärte Ofcom. Die Geldstrafe bezieht sich auf fünf Sendungen aus dem Jahr 2019, in welchen die Berichterstattung von CGTN über Proteste in Hongkong Ofcom zufolge nicht unparteiisch war. Außerdem wurde eine Strafe wegen zwei Programmen in den Jahren 2013 und 2014 verhängt als CGTN noch CCTV News hieß.
CGTN sei “enttäuscht” über die Sanktionsmaßnahmen, schrieben chinesische Staatsmedien. Der Sender sei der Ansicht, dass seine Berichterstattung über die gewalttätigen Proteste in Hongkong im Jahr 2019 “fair, wahrheitsgemäß und ordnungsgemäß unparteiisch” gewesen sei. Das chinesische Außenministerium forderte Ofcom auf, seine “falsche Entscheidung” zu widerrufen. China behalte sich das Recht vor, “rechtmäßige und notwendige Gegenmaßnahmen zu ergreifen”, berichteten staatliche Medien.
Zwischen Großbritannien und China schwelt seit Längerem eine Medienschlacht: London hatte CGTN die Sendelizenz entzogen – der Kanal wurde daraufhin auch in anderen europäischen Ländern aus dem Programm genommen. Peking reagierte umgehend und entzog dem britischen Fernsehsender BBC World News die Sendelizenz in Festland China und Hongkong. Mittlerweile erhielt CGTN wieder eine Sendeerlaubnis von der französischen Medienaufsicht CSA. ari
In China ist Medienberichten zufolge das chinesische Wort für “Börse” (股市) in sozialen Medien und Online-Suchen geblockt. Hintergrund ist demnach, dass staatlich gestützte Fonds zu Beginn der Woche eingegriffen hatten, um mit Käufen den chinesischen Aktienmarkt zu beruhigen. In der Webversion von Weibo, der Twitter-ähnlichen Plattform mit etwa einer halben Milliarde aktiver Nutzer, ergab eine Suche nach dem chinesischen Äquivalent von “Börse” gestern keine Ergebnisse, berichtete der Nachrichtendienstleister Bloomberg. Dem Bericht zufolge deutet das auf eine Zensur des Begriffes hin. Die Weibo-Nutzer könnten jedoch weiterhin Beiträge mit dem Wort “Börse” posten und die mobile Version zeige Ergebnisse nach dem Suchbegriff an, wenn keine entsprechenden Hashtags enthalten seien, hieß es weiter in dem Bericht.
Dass die Zensur während der jährlichen Sitzung des Nationalen Volkskongresses stattgefunden haben soll, wird von Experten als Zeichen für eine hohe Nervosität der Anleger gedeutet. Shanghai Securities News, eine der größten Finanzzeitungen Chinas, hatte am Dienstag berichtet, dass große Versicherer Aktien gekauft hätten, um die Märkte zu stabilisieren. Vergangene Woche hatte sich Guo Shuqing, Chinas oberster Bankenregulierer, besorgt über Blasen auf den Auslandsmärkten und ihre möglichen Auswirkungen auf das chinesische Finanzsystem sowie auf den eigenen Immobiliensektor des Landes geäußert.
In den chinesischen Finanzzeitungen und Staatsmedien gab es indes gestern keinerlei Berichterstattung zum Sturz der Börse vom Vortag. Die jüngsten Börseneinbrüche in China haben bei einigen der wertvollsten Unternehmen des Landes Hunderte Milliarden US-Dollar vernichtet. So hat der bekannte Spirituosenhersteller Moutai, der noch im vergangenen Jahr zu einem der größten Aufsteiger während der Rally an Chinas Aktienmärkte zählte, seit Februar mehr als 120 Milliarden US-Dollar an Wert verloren. niw
Das Jahr des Ochsen hat für die Menschen in Hongkong düster begonnen. Am 16. Februar wurde gegen neun Demokratieaktivisten, darunter den 82-jährigen Martin Lee, den weithin verehrten langjährigen Vorsitzenden der Demokratischen Partei Hongkongs, ein Verfahren wegen ungesetzlicher Versammlung eingeleitet.
Eine Woche später verkündete die Regierung Hongkongs, dass sie ein Gesetz verabschieden würde, welches ausschließlich “Patrioten” die Mitgliedschaft in den Bezirksräten (der untersten Stufe des Verwaltungsapparates der Stadt, mit Zuständigkeiten von der Kanalisation bis hin zum Verkehr) gestatten würde. Dies wird vermutlich zum Ausschluss der demokratisch gewählten Ratsmitglieder und zur Disqualifikation künftiger Kandidaten führen, die als illoyal gegenüber der herrschenden Kommunistischen Partei Chinas (KP Chinas) gelten.
Am 28. Februar dann erhoben die Behörden Hongkongs, in ihrer bisher umfassendsten Aktion seit Verabschiedung des drakonischen nationalen Sicherheitsgesetzes in der früheren britischen Kolonie durch China im Juli, Anklage gemäß diesem Gesetz gegen 47 Anführer der Demokratiebewegung der Stadt wegen “Verschwörung zum Umsturz“. Weil das Gesetz ein Verfahren vorsieht, das eine Verurteilung praktisch sicherstellt, haben diese Aktivisten jahrelange Gefängnisstrafen zu erwarten.
Mehrere Überlegungen könnten den chinesischen Präsidenten Xi Jinping zur Ausweitung der Repressionen in Hongkong bewegt haben. Zunächst einmal könnte sich Xi durch Hinweise, dass das nationale Sicherheitsgesetz erfolgreich eine Herrschaft der Furcht in der einst widerspenstigen Stadt etabliert hat, ermutigt fühlen, die despotische Dynamik auszunutzen und zu versuchen, Hongkongs demokratiefreundliche Kräfte zu enthaupten.
Zudem hat die zurückhaltende Reaktion des Westens auf die Verhängung des nationalen Sicherheitsgesetzes durch China – die sich bisher auf diplomatische Verurteilungen und Sanktionen gegen eine kleine Anzahl führender Regierungsvertreter Chinas und Hongkongs beschränkt – der Regierung in Peking nicht wirklich wehgetan. Die chinesische Führung scheint zudem im Umgang mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden eine Rote Linie gezogen zu haben: Chinas souveräne Vorrechte in Hongkong und der westlichen Provinz Xinjiang sind nicht verhandelbar. China wird dort, trotz Bidens Warnung vor den “Konsequenzen” von Menschenrechtsverstößen, nach eigenem Gutdünken verfahren.
Doch könnte Xi die Kosten seiner Maßnahmen in Hongkong unterschätzt haben. Die jüngste Anklagewelle gegen Demokratieaktivisten wird, im Verbund mit einem Mangel an Gesten guten Willens aus China zur Verbesserung der Beziehungen zu den USA, vermutlich zu einer Verhärtung von Bidens Haltung führen.
Für den Augenblick will die Biden-Regierung einen Frontalzusammenstoß mit China vermeiden, weil sie sich zunächst um innenpolitische Prioritäten wie die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie und die Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung kümmern muss. Doch wird das zunehmend harte Vorgehen der Kommunistischen Partei Chinas in Hongkong nun, da Bidens Berater die beste Vorgehensweise gegenüber China abwägen, die Stellung der Befürworter eines nuancierteren und weniger konfrontativen US-Ansatzes schwächen und jene bestätigen, die überzeugt sind, dass nur eine harte Haltung das chinesische Verhalten ändern kann.
Wenn die 47 Demokratieaktivisten für schuldig befunden und zu langen Haftstrafen verurteilt werden, wird die Biden-Regierung keine andere Wahl haben, als China büßen zu lassen. Das knappe Zeitfenster für eine Stabilisierung des US-chinesischen Verhältnisses, die Chinas Interessen dienen würde, dürfte sich schließen, und die bilateralen Beziehungen könnten ihre gefährliche Abwärtsspirale fortsetzen.
An diesem Punkt werden es die chinesischen Repressionen in Hongkong Biden deutlich erleichtern, die schwankenden westlichen Demokratien als Verbündete zu gewinnen. Derzeit zögern viele europäische Länder, einer neuen US-geführten Koalition gegen China uneingeschränkt als Partner beizutreten. Von ihren umfangreichen wirtschaftlichen Interessen in China abgesehen machen sie sich Sorgen, dass eine ungebremste geopolitische Rivalität zwischen den USA und China die Welt in einen neuen Kalten Krieg stürzen, eine Destabilisierung und Fragmentierung der Weltwirtschaft herbeiführen und jede Hoffnung auf eine Bekämpfung des Klimawandels zunichtemachen könnte.
Doch müssen die europäischen Regierungen letztlich auf Wähler reagieren, die vielfach die Menschenrechte sehr wichtig nehmen und eine härtere politische Linie gegenüber China verlangen. Es wird nicht lange dauern, bis insbesondere Deutschland und Frankreich es unhaltbar finden werden, zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen in China eine Politik aufrechtzuerhalten, die auf strategischer Neutralität in dem sich entfaltenden US-chinesischen Duell beruht. Wenn die europäischen Demokratien endlich der sich herausbildenden Koalition gegen China betreten, wäre das dann nicht Amerika zuzuschreiben, sondern Xi.
Eine derartige Koalition könnte China für seine Handlungen in Hongkong schmerzhafte Kosten auferlegen. Natürlich können die USA und ihre Verbündeten die chinesischen Bemühungen, Hongkong zu einem Finanzzentrum aufzubauen, das mit New York und London konkurrieren kann, nicht ohne Weiteres untergraben; schließlich würden Finanzsanktionen wie ein Verbot von Investitionen in dort gelistete Unternehmen Chaos an den Weltmärkten auslösen. Doch sie verfügen trotzdem über ein breites Spektrum weiterer Optionen, China unter Druck zu setzen.
Ein Ausschluss Chinas von den globalen Lieferketten im Technologiebereich scheint derzeit undenkbar, könnte jedoch Realität werden, falls sich die Koalition auf ein neues Verfahren ähnlich dem Koordinationsausschuss für multilaterale Ausfuhrkontrollen einigen sollte, der westliche Technologietransfers in den Ostblock während des Kalten Krieges abwürgte. Die westlichen Demokratien könnten der chinesischen Führung zudem das internationale Prestige verwehren, nach dem diese strebt, indem sie einen Austausch auf höherer Ebene begrenzen und sich chinesischem Einfluss in multilateralen Organisationen entschieden widersetzen. Und eine Aufnahme der Opfer des harten chinesischen Vorgehens in Hongkong wäre sowohl eine humanitäre Geste als auch eine kraftvolle Zurückweisung der chinesischen Politik.
Die chinesische Führung hat diese Folgen bei ihren Erwägungen über ihre Optionen in Hongkong höchstwahrscheinlich bereits berücksichtigt. Sie hat sich in dem Glauben, dass ihre Kosten tragbar sind, zu einem ultraharten Kurs entschieden. Und es lässt sich argumentieren, dass sich ihre Risikobereitschaft bisher gelohnt hat. Doch indem es der neuen US-Regierung und ihren Verbündeten den Fehdehandschuh hinwirft, könnte China sein Blatt überreizen.
Minxin Pei ist Professor für Staatslehre am Claremont McKenna College und Non-Resident Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States. Copyright: Project Syndicate, 2021.
www.project-syndicate.org
Mehr Wissen über China an deutschen Schulen: Am Mittwoch ging der Relaunch der Webseite des Bildungsnetzwerkes China online. Das Netzwerk wurde Anfang letzten Jahres als gemeinsame Initiative der Stiftung Mercator und des Goethe-Instituts gegründet. Es will in enger Kooperation mit Schulministerien und -behörden Schulen dabei unterstützen, sich in besonderem Maße bei der Ausbildung von China-Kompetenz in Deutschland zu engagieren und Begegnungen zu ermöglichen, um die internationale Verständigung zwischen Deutschland und China strukturell zu stärken und zu verbessern.