Table.Briefing: China

Stiftungen und CAI + US-Investitionen in Hongkong

  • EU muss Nennung von NGOs im CAI rechtfertigen
  • Anleger in Hongkong ignorieren Proteste
  • APA: Blick auch auf Länder jenseits China richten
  • Maschinenbauer verzeichnen schnelle Erholung
  • Zhurong sendet erste Bilder
  • Vier neue russische Reaktoren geplant
  • Zentralbank schickt Bitcoin auf Talfahrt
  • Portrait: Wan-Hsin Liu vom IfW Kiel
Liebe Leserin, lieber Leser,

Stiftungen sind ein wichtiger Teil des gesellschaftlich-politischen Netzwerks der freien Welt. Es ist daher mehr als erstaunlich, dass sich ein Passus ins Investitionsabkommen CAI geschlichen hat, der China erheblichen Einfluss auf die Niederlassungen vor Ort offenhält. Die Verunsicherung bei den Betroffenen ist größer als je zuvor – doch immerhin bemüht sich Brüssel um Schadensbegrenzung, schreibt Amelie Richter. Eine Erklärung dafür, wie die giftigen Sätze überhaupt ihren Weg in das Vertragswerk gefunden haben, steht allerdings noch aus.

Die Finanzwelt und die Welt der Bürgerrechtler haben vermutlich nirgendwo auf der Welt eine große Überlappung. Doch in Hongkong nimmt ihre Trennung extreme Ausmaße an: Während der Rechtsstaat abgewürgt wird, steigen die Investitionen auf Rekordniveau. Dabei hatte beides dort einst die gleichen Grundlagen: Es war solides britisches Recht, das den Rahmen für das Gedeihen der Geldwirtschaft gesetzt, aber auch Meinungsfreiheit garantiert hat. Nun scheint das eine auch ohne das andere zu gehen, schreibt Frank Sieren.

Der Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft hat ein umfangreiches Positionspapier veröffentlicht. Es soll den politischen Entscheidungsträgern eine Orientierung für die Neuausrichtung ihrer Fernost-Strategie geben. Ein eigenes Kapitel ist darin der Diversifizierung gewidmet: Die aktuelle Debatte sei zu sehr auf China fokussiert. Einerseits liegen die wahren Zukunftsmärkte heute in anderen Schwellenländern, andererseits sind alte Partner wie Japan und Australien längst nicht abgemeldet. Hier setzt sich ein Trend zur China-Skepsis fort, der sich in den vergangenen Jahren in die Berliner Verbandsarbeit geschlichen hat.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Analyse

EU muss sich rechtfertigen: Wie kam der Satz zu Stiftungen ins CAI?

Ein vermeintliches Detail im umstrittenen Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und China (CAI) sorgt weiterhin für Diskussionsstoff: der im Anhang aufgeführte Umgang mit Nichtregierungsorganisationen (NGO) und politischen Stiftungen in der Volksrepublik. Vor allem ein Satz bereitet den Betroffenen Sorge. In diesem geht es um die Besetzung von Führungspositionen. China behält sich darin vor, leitende Stellen mit chinesischen Staatsbürger:innen zu besetzen. Falls die Behörden das tatsächlich einmal so anwenden sollten, ginge es noch einmal deutlich über das ohnehin strenge NGO-Gesetz der Volksrepublik hinaus.

Brüssel versucht sich nun in Schadensbegrenzung: Der umstrittene Absatz im Anhang des CAI führe nicht zu einer Änderung des bestehenden NGO-Gesetzes, betonten Kreise der EU-Kommission am Mittwoch. Die Kommission reagiert damit auf alarmierte Berichte deutscher Medien. Die hastig nachgeschobenen Erklärungen lassen aber offen, warum der Absatz überhaupt im CAI-Anhang landete, obwohl Stiftungen und NGOs als nicht kommerzielle Unternehmen keine wirtschaftlichen Interessen oder Tätigkeiten verfolgen und damit eigentlich nicht Gegenstand des Abkommens sind.

CAI nicht als “politische Haltung”

Derzeit sieht es so aus, als sei der Absatz eher durch Unachtsamkeit bei den jahrelangen Verhandlungen um das Investitionsabkommen durchgerutscht. Auf die Frage, warum er von EU-Seite nicht angesprochen oder verhindert wurde, bleibt die Antwort jedenfalls unverbindlich: Bei den Gesprächen sei es um den Marktzugang und Investitionen gegangen, nicht um politische Freiheiten. Mit dem CAI werde keine politische Haltung zum Umgang mit gemeinnützigen Organisationen in der Volksrepublik eingenommen, heißt es aus EU-Quellen. Auf die kritische Feststellung, dass Brüssel mit einer Ratifizierung des Abkommens indirekt den betreffenden Satz und seine möglichen Konsequenzen akzeptiere, reagierten sie nicht.

Dass sich der Passus im CAI befindet, war für Stiftungsvertreter:innen sowie Abgeordnete des Europaparlaments Ende März überraschend. Die entscheidende Stelle steht im neunten Eintrag des Annex II im CAI (Seite 60). China behält sich darin das Recht vor, “folgende Maßnahmen zu ergreifen oder beizubehalten”: Sofern die chinesische Regierung es nicht anders genehmigt habe, können Investoren aus dem Ausland nicht in “gemeinnützige Organisationen auf dem Gebiet Chinas investieren.” Weiter dürfen außerhalb Chinas gegründete gemeinnützige Organisationen eigentlich keine Repräsentanzen oder Niederlassungen in China errichten.

Nur ausländische NGOs, die vorübergehend Aktivitäten in China durchführen wollen, sind demnach gestattet. Sie müssen aber mit “inländischen Unternehmen” zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit ist dann auf ein Jahr begrenzt – bis hierhin entspricht der CAI-Absatz den Vorgaben des “Law on the Administration of Activities of Overseas Nongovernmental Organizations in the Mainland of China”, das seit 2017 gilt. Hinzugefügt wurde die besonders giftige Stelle, die nun für Verwirrung sorgt: Leitende Angestellte der NGOs, die in China tätig sein dürfen, müssen chinesische Staatsbürger:innen sein.

Peking “eher vorsichtig” bei NGO-Absatz

Der Annex II des Abkommens funktioniert über eine sogenannte Negativliste. Die Vertragsparteien können in einer solchen Auflistung Sektoren oder Teilsektoren aufführen, für die das Abkommen nur eingeschränkt oder gar nicht gilt. Hier tauchen die NGOs und Stiftungen einmalig im CAI auf, im Haupttext werden sie nicht genannt. Peking habe sich an dieser Stelle bezüglich der gemeinnützigen Organisationen “Raum” gelassen, erklärten die EU-Kreise. Die Volksrepublik sei im Rahmen des CAI erstmals dem Ansatz einer Negativliste gefolgt und dabei “eher vorsichtig” vorgegangen. Der Satz bezüglich der Besetzung von leitenden Positionen sei erstmals von China in ein Abkommen eingebracht worden, das sei jedoch auch dem Ansatz der Negativliste geschuldet.

Eingeräumt wurde von EU-Seite, dass dieser Satz auf eher “ungeschickte Art und Weise” formuliert sei. Denn in der bisher veröffentlichten englischsprachigen Version des Textes wird das Modalverb “shall” verwendet (“The senior executives of non-profit organizations which have been approved to be established within the territory of China shall be Chinese citizens”), was als reine Möglichkeit, aber auch als Anweisung gelesen werden kann. Eine rechtliche Bindung gebe es dadurch aber nicht, betonten die EU-Quellen. Der Hoffnung, dass der Satz während der laufenden formalrechtlichen Prüfung, dem sogenannten “legal scrubbing”, noch geändert werden könnte, erteilte Brüssel jedoch eine Absage: Es gebe keine weiteren Nachverhandlungen. Aber: Was auf der Negativliste genannt werde, falle eben nicht unter den Anwendungsbereich des Vertrags und werde deshalb “vielleicht auch nie genutzt”.

Stiftungskreise: Ansatz ist “maximal naiv”

Dieser Ansatz wird in Kreisen deutscher Stiftungen scharf kritisiert: Diese Einstellung sei “maximal naiv”, was den Umgang Chinas mit gemeinnützigen ausländischen Organisationen angehe. Im Rahmen des CAI habe man sich gemeinsam auf einen Spielraum verständigt, den man der jeweils anderen Seite zugestehe, betonte ein Stiftungsvertreter gegenüber China.Table. Dass dieser dann nicht von China genutzt werde, zu welchem Zeitpunkt auch immer, sei unwahrscheinlich. Am Freitag dieser Woche wird die EU-Kommission auch mit Stiftungen und NGOs über den Hintergrund des Passus sprechen, wie Stiftungskreise bestätigten. Die Erwartungen an das virtuelle Treffen sind demnach nicht besonders hoch.

Auch Experten kritisieren das Vorgehen der EU. “Die Verteidigungslinie der Europäischen Kommission scheint darin zu bestehen, zu betonen, dass Stiftungen und nicht profitorientierte Investitionen vom CAI nicht betroffen sind”, erklärt Bertram Lang, Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt Ostasien und China an der Goethe-Universität Frankfurt. Doch genau darin besteht laut Lang das Problem: Gemeinwohlorientierte Investitionen seien, anders als kommerzielle Aktivitäten, vom Schutz durch das Abkommen explizit ausgeschlossen und weiterhin diskriminierender Behandlung ausgesetzt. China sei es vielleicht gerade daher wichtig gewesen, das Thema über die Anhänge noch einmal einzubringen.

Abgeordnete des Parlaments zeigen sich zunehmend entsetzt von den Vorgängen. “Die EU-Kommission gibt sich große Mühe, eine Passage im CAI-Abkommen zu rechtfertigen, die geeignet wäre, die Handlungsmöglichkeiten europäischer NGOs in China weiter einzuschränken“, sagt Grünen-Europapolitiker und Vorsitzender der China-Delegation, Reinhard Bütikofer. Er sieht nun die Brüsseler Behörde in der Pflicht, nachzubessern. “Man kann die Frage ja ganz einfach so stellen: Warum hat die Kommission nicht wenigstens darauf bestanden, dass keine über das geltende chinesische Gesetz hinausgehenden Regelungen aufgenommen werden?”

Entwurf: Ende der Sanktionen nicht explizit Voraussetzung

Das Europaparlament, das seit Verhängung von Sanktionen gegen mehrere europäische Politiker:innen, Wissenschaftler:innen und Organisationen ohnehin die Arbeit am CAI ausgesetzt hat, will am heutigen Donnerstag seiner Kritik in einer gemeinsamen Resolution Nachdruck verleihen.

Jegliche Prüfung des Investitionsabkommens sowie jede Diskussion über die Ratifizierung durch das Europäische Parlament sei wegen der chinesischen Strafmaßnahmen “zu Recht eingefroren worden”, heißt es in dem Papier. In der gemeinsamen Entschlussvorlage ist die Aufhebung der Sanktionen als feste Vorbedingung für die Aufnahme der Arbeit am CAI allerdings weniger bindend formuliert als in einigen Fraktionsentwürfen. Die EU-Parlamentarier fordern demnach China auf, die Sanktionen aufzuheben, bevor sich das Europaparlament mit dem CAI befasse – allerdings ohne Ansprüche an das endgültige Ergebnis des Ratifizierungsprozesses. In mehreren Entwürfen der politischen Gruppen wurde das Ende der Sanktionen als explizite Voraussetzung genannt, lediglich die konservative EVP wählte einen milderen Ansatz.

Zusammenarbeit mit USA gefordert

In dem gemeinsamen Entwurf wird zudem “erwartet, dass die EU-Kommission das Europäische Parlament konsultiert”, bevor Schritte zum Abschluss oder zur Unterzeichnung der CAI unternommen werden. Die EU-Kommission werden zudem aufgefordert, “die Debatte um CAI als Hebel zur Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte und der Unterstützung der Zivilgesellschaft in China zu nutzen”.

In dem gemeinsamen Entschlusspapier wird außerdem erneut betont, “dass Verstöße in Xinjiang Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen“. Das EU-Parlament hatte eine entsprechende Position bereits im Dezember 2020 verabschiedet, wenige Tage vor der politischen Einigung zum CAI. Der Entwurf sieht zudem eine engere Zusammenarbeit mit den USA vor und spricht sich für eine Entkopplung der CAI-Ratifizierung und weiteren Handels- und Investitionsabkommen mit regionalen Partnern, einschließlich Taiwan, aus. Diese dürften “nicht als Geisel” gehalten werden. Ein Ergebnis der Abstimmung im Europaparlament wird für Donnerstagnachmittag erwartet.

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Hongkong: Investitionen fließen trotz politischer Unterdrückung

Der Verkauf von Aktien durch börsennotierte Unternehmen in Hongkong hat seit Beginn des Jahres stark angezogen. Der Abverkauf von Firmenanteilen verschiedener Art durch Großaktionäre belief sich vom 1. Januar bis Ende April 2021 auf 47 Milliarden US-Dollar. Laut Angaben der britischen Finanzmarktplattform Dealogic entsprach das fast den 47,8 Milliarden US-Dollar, die im gesamten Jahr 2020 aufgebracht wurden. Das ist das Vierfache des Geschäftsvolumens im gleichen Zeitraum des vergangenen Corona-Jahres. 

Erstnotierungen in Hongkong haben dieses Jahr ebenfalls einen Rekordstart verzeichnet. Nach Angaben der Hongkong Stock Exchange stieg das Volumen in den ersten drei Monaten auf das Neunfache im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Tech-Aktien machten demnach von Januar bis April die Hälfte des Sekundärangebots aus, gefolgt von solchen aus dem Gesundheitswesen, dem Automobilsektor und Konsumgütern. 16 Milliarden US-Dollar also, etwas mehr als ein Drittel davon, kommen von chinesischen Firmen. 

Aufgrund des hohen Volumens der Börsennotierungen stiegen die Hongkonger Filialen der Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley an die Spitze des asiatischen Branchenrankings. Goldman hat vor, sein Personal in Hongkong gegenüber dem Vorjahr um fast ein Fünftel aufzustocken. Morgan Stanley hat sein Einstellungstempo in diesem Jahr bereits verdoppelt. Thomas Gottstein, der Geschäftsführer der Credit Suisse, erklärte Mitte März, dass die Bank ihr Job-Recruting in ganz China verdreifachen werde.

Die Citi-Bank hat ebenfalls angekündigt allein in diesem Jahr bis zu 1700 neue Mitarbeiter in Hongkong einzustellen.  “Es ist ein Ein-Parteienstaat, aber sie sind pragmatisch. Sie wollen die Geschäfte nicht beschädigen”, sagt Fred Hu, der ehemalige Chef von Goldman Sachs in China. Er ist nun der Gründer und CEO der Private-Equity-Firma Primavera Capital Group.

Der Hang Seng Index insgesamt bewegt sich allerdings nach einem kräftigen Anstieg im Januar und einem Einbruch danach nunmehr seitwärts. Er liegt etwa bei einem Wert von Mitte Januar. Neun der 14 Neu-Notierungen in Hongkong seit Anfang März werden laut Börsendaten unter ihrem Ausgabepreis gehandelt.

Schon das vergangene Jahr markierte mit neuen Aktien in Hongkong im Wert von 52 Milliarden US-Dollar ein Rekordjahr, was auch damit zu tun hat, dass chinesische Firmen aufgrund der politischen Spannungen zögern, in New York zu investieren. 

Vielfältige Krisengewinner 

Um die Folgen der Pandemie einzudämmen, setzten viele Länder in ihren Konjunkturplänen auf eine lockere Geldpolitik und niedrige Zinssätze. Die weltweit niedrigen Zinsen beflügeln wiederum die globale Liquidität und die Nachfrage der Anleger. Chinesische Vermögenswerte haben dabei von der schnelleren wirtschaftlichen Wiederbelebung Chinas nach der Corona-Epidemie profitiert. 

Die Volksrepublik ist die einzige große Volkswirtschaft der Welt, die im Jahr 2020 gewachsen ist. Von der Wirtschaftszeitung Nikkei befragte Analysten prophezeien sogar, dass die chinesische Wirtschaft 2021 um 8,5 Prozent wachsen könnte.

Das schlägt sich in reißender Nachfrage nach einzelnen Werten nieder. Der in Amsterdam notierte Investmentkonzern Prosus verkaufte im vergangenen Monat einen Anteil von zwei Prozent am chinesischen Internetkonglomerat Tencent Holdings für 14,7 Milliarden US-Dollar. Dies war der größte Secondary-Share-Verkauf in diesem Jahr. Prosus ist das größte B2C-Internet-Unternehmen in Europa und einer der größten Tech-Investoren der Welt. Auch nach dem Verkauf bleibt Prosus mit einem Anteil von 28,9 Prozent der größte Anteilseigner von Tencent. 

Weitere Deals waren das 7-Milliarden-Dollar-Gebot des chinesischen Lebensmittellieferanten Meituan im letzten Monat und der 3,9-Milliarden-Dollar-Neu-Aktien Verkauf des chinesischen Elektrofahrzeugherstellers BYD im Januar.

Starker Kontrast zur Lage der Bürgerrechtler

Derweil steht der Hongkonger Verleger und Pro-Demokratie-Kämpfer Jimmy Lai in seinem bereits zweiten Prozess derzeit vor Gericht, in dem er bis zu sieben Jahre Gefängnis bekommen kann. Er wurde bereits zu 14 Monaten verurteilt, für die Teilnahme an einer unautorisierten Versammlung. Der Aktivist Joshua Wong, der bereits im Gefängnis sitzt, wurde noch zusätzlich zu zehn Monaten verurteilt, wegen “ungenehmigter Versammlung” am 4. Juni 2020 zum Gedenken an die blutige Niederschlagung der Protestbewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens, nachdem er bereits zu gut 13 Monaten ohne Bewährung verurteilt wurde. 

Rund 20 andere Pro-Demokratie-Aktivisten warten noch auf ihre Prozesse. Andere Vorkämpfer der Unabhängigkeitsbewegung, Agnes Chow und Ivan Lam, wurden ebenfalls zu zehn beziehungsweise sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Ein Prozent der Bevölkerung haben Hongkong in den letzten Monaten wegen der politischen Lage verlassen. 

Die Parallelwelten in Hongkong driften also weiter auseinander: Die von Peking geförderte boomende Finanzindustrie auf der einen Seite und die Protestbewegung auf der anderen. “Das Signal Pekings an die Wirtschaftswelt ist ganz einfach”, sagt Michael Tien, gläubiger Katholik, Modeunternehmer und eine moderate Figur im Hongkonger Pro-Peking-Lager: “Haltet Euch aus der Wirtschaft raus.” 

Fred Hu fasst die Lage ähnlich zusammen: “Als Banker oder Börsenhändler hat man auch politische Ansichten, aber man ist kein politischer Aktivist.” Offensichtlich ist auch, dass die neue US-amerikanische Regierung unter Joe Biden kein Interesse hat, die Aktivitäten der amerikanischen Investmentbanken politisch zu bremsen, um ein Zeichen zugunsten der Protestbewegung zu setzen. 

Neue Investmentfonds, darunter auch viele US-amerikanische, strömen ebenfalls nach Hongkong, nachdem die Behörden im August einige regulatorischen Hindernisse abgebaut haben. Regierungsdaten zeigen, dass seitdem 154 Fonds neu registriert wurden. 

Anteil der Investoren vom Festland wächst

Im Durchschnitt machen Investoren vom Festland zehn Prozent der Platzierungen von mehr als zwei Milliarden US-Dollar aus. Laut Dealogic haben chinesische Unternehmen, die im vergangenen Jahr neue Aktien an der Hongkong Stock Exchange verkauft haben, einen Rekord von 52 Milliarden US-Dollar eingebracht. 

Während der Betrag der Aktienemission in Hongkong in diesem Jahr in absoluten Zahlen im ersten Quartal Rekorde bricht, liegen sie jedoch im Verhältnis zur Gesamtmarktkapitalisierung immer noch deutlich unter dem Höchststand von 2016 und dem Durchschnitt des letzten Jahrzehnts. Seit Jahresbeginn belief sich das neu aufgenommene Kapital auf 2,1 Prozent der Gesamtmarktkapitalisierung, verglichen mit 3,4 Prozent im Jahr 2016 und dem Durchschnitt von 2,4 Prozent seit 2011.

Das ist allerdings ein ähnliches Phänomen wie bei Chinas Wachstum: Während der Prozentanteil des Wachstums sinkt, wird es in absoluten Zahlen immer größer. Peking will die finanzielle Attraktivität Hongkongs tatsächlich noch weiter steigern. Die Hongkonger Verwaltung hat bereits Ende Januar ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das die Steuern auf Investment-Gewinne in Hongkong reduziert.

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Presseschau

China muss Frachtflug zu Raummodul verschieben ZEIT
Chinas Rover Zhurong: Erste Fotos von der Mars-Oberfläche HEISE
Bitcoin: China sorgt für Absturz EURONEW
Die Konkurrenz aus China wächst STUTTGARTERZEITUNG
Vorbild Amerika und China: Merkel verlangt offensivere Technologieförderung FAZ
Peking fürchtet Instabilität im Nahen Osten DW
70 Prozent weniger Scheidungen in China ORF
Pelosi fordert diplomatischen Boykott der Peking-Spiele – China spricht von “Lügen” YAHOO
People flee in panic as skyscraper wobbles in China, despite no earthquake and fine weather CNN
Tesla China Demand Slumps, Adding to Headaches After Protest BLOOMBERG
Anti-China policies risk racism at home and a ‘new Cold War’ abroad, progressives warn POLITICO
Explainer: What Beijing’s new crackdown means for crypto in China REUTERS
Covid-19 surge will test Taiwan’s resilience to pressure from Beijing SCMP
Embattled Chinese Property Tycoon Turns to Electric Cars. Cue $87 Billion Valuation WSJ
What Can and Can’t Be Learned From a Doctor in China Who Pioneered Masks NYTIMES
China’s deal to build a fishing harbor in Sierra Leone’s rainforest meets fierce resistance CNBC
Australian PM says trade volume shows valuable China relationship REUTERS

News

Wirtschaft fordert mehr Engagement in Asien außerhalb Chinas

Der Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) spricht sich für eine breitere Streuung des deutschen Engagements in Fernost aus. Deutschland solle nicht nur die Volksrepublik als einzigen Wachstumsmarkt betrachten, sondern den asiatischen Raum insgesamt in den Blick nehmen. “Wenn wir das Wohlstandsniveau in Deutschland und der EU für die Zukunft erhalten wollen, müssen wir stärker an der hohen Entwicklungsdynamik in Asien-Pazifik teilhaben”, sagte der APA-Vorsitzende Joe Kaeser zur Veröffentlichung eines APA-Positionspapiers am Mittwoch. “Das gilt insbesondere für die Wahrung der europäischen Interessen im Wettbewerb der beiden Wirtschaftssysteme von China und den USA.”

Das neue Papier der Lobby-Gruppe soll “Impulse zur Umsetzung der im vergangenen Jahr vorgelegten Indo-Pazifik-Leitlinien der Bundesregierung” geben. Der APA spricht sich zwar dafür aus, den Fokus nicht allein auf China zu richten. Die Diversifizierungsstrategie dürfe aber auch nicht auf eine Produktionsverlagerung aus China abzielen. Es gehe vielmehr darum, die Erschließung weiterer Zukunftsmärkte nicht zu verpassen. fin

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Maschinenbauer profitieren von schneller Erholung

China hat nach sechs Jahren die USA wieder als größten Auslandsmarkt der deutschen Maschinenbauer abgelöst. Das geht aus Daten vor, die der Branchenverband VDMA am Mittwoch veröffentlicht hat. Grund ist auch die Corona-Krise: Während andere Märkte wie Frankreich und die USA noch erheblich unter der Pandemie litten, habe China den Einbruch schnell hinter sich gelassen. “Bereits im vergangenen Jahr spürten viele Unternehmen dort eine hohe Investitionsdynamik“, sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Die Auslastung der Kapazitäten in China habe im Frühjahr ein Allzeithoch erreicht. Im ersten Quartal 2021 stiegt der Export nach China um 20 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro. Die USA lagen mit 4,7 Milliarden Euro knapp dahinter. Angesichts positiver Signale aus den USA bleibe aber abzuwarten, ob China den Vorsprung im weiteren Verlauf halten werde. fin

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Mars-Rover funktioniert und schickt Bilder

Mars-Rover Zhurong funktioniert und schickt erste Bilder von der Marsoberfläche.

Der chinesische Erkundungsroboter Zhurong hat sich wie vorgesehen aktiviert und Fotos von der Marsoberfläche an die Erde gefunkt. Die ersten freigegebenen Bilder von der Raumfahrtbehörde CNSA zeigten, wie das automatische Fahrzeug aus der Landekapsel rollt. Danach folgte zunächst ein Schwarzweißbild einer steinig-staubigen Ebene, die sich bis zum Horizont des fremden Planeten erstreckt. Die Bilder werden über den Satelliten Tianwen-1 übermittelt, der als Orbiter um den Mars kreist und den Kontakt zu dem Erkundungsfahrzeug hält. Zhurong soll jetzt drei Monate lang Messung vornehmen und Bilder schicken. fin

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Xi und Putin besiegeln Bau von vier neuen Atommeilern

Die Staatschefs Xi Jinping und Wladimir Putin haben die Errichtung von vier Kernreaktoren in chinesisch-russischer Kooperation besiegelt. Die beiden Staatschefs nahmen per Video an der Zeremonie teil, wie chinesische Medien am Mittwoch berichteten. Die Kraftwerkskomplexe Tianwen in der Provinz Jiangsu und Xudapu in Liaoning erhalten demnach je zwei neue Blöcke mit russischer Technik. Das Projekt ist Teil eines vor drei Jahren geschlossenen Vertrags, dessen Volumen 3,1 Milliarden US-Dollar beträgt. China setzt auf einen raschen Ausbau der Atomkraft, um trotz steigenden Energiehungers in die Nähe seiner Klimaziele zu gelangen. Das Land hat zwar eigene Reaktortechnik entwickelt, bestellt aber zusätzlich auch neue Anlagen von internationalen Anbietern. fin

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Zentralbank verursacht Absturz des Bitcoin

Das Auf und Ab des Bitcoin-Kurses dürften Inhabern dieser bekanntesten und am weitesten verbreiteten Kryptowährung gewohnt sein. Aber dass der Kurs binnen kurzer Zeit so drastisch einbrechen würde, hat auch gewiefte Investoren einige Nerven gekostet: Die Bewertung ist am Mittwochnachmittag um 25 Prozent auf knapp 30.000 Dollar und damit auf den niedrigsten Stand seit Jahresbeginn abgesackt. 

Der Grund: Drei der größten chinesischen Bankenverbände haben darauf hingewiesen, dass Kryptowährungen “keine echten Devisen” seien und in diesem Zusammenhang vor “Spekulationen” gewarnt. Sie forderten zudem ihre Mitglieder dazu auf, Kryptowährungen als Zahlungsmittel weder zu akzeptieren noch zu verwenden. Auch Chinas Zentralbank wies in einer kurzen Mitteilung darauf hin, dass Zahlungen mit Digitalwährungen in China verboten sind. 

China sieht Krypto-Geldanlagen mit großem Misstrauen und ist schon mehrfach gegen ihre Verbreitung vorgegangen. Dennoch wird vermutet, dass China zumindest zeitweise die meisten Investoren gestellt hat. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Zugleich arbeitet die Führung selbst an einer digitalen Variante seiner Landeswährung Yuan und führt bereits erste Feldversuche durch (China.Table berichtete). Der Ausverkauf am Mittwoch war nach der Warnung der chinesischen Bankenverbände so groß, dass der weltweit bekannteste Handelsplatz für Kryptowährungen in den USA, Coinbase, zwischenzeitlich für viele Nutzer nicht erreichbar war. flee

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Portrait

Wan-Hsin Liu – Forscherin mit differenzierter Perspektive

Wan-Hsin Liu
Wan-Hsin Liu aus Taiwan forscht am Institut für Weltwirtschaft in Kiel

In der Wirtschaftsprüfung und dem Rechnungswesen ist die Welt häufig zu einfach wiedergegeben, findet Wan-Hsin Liu. Zahlen sprechen oft eine deutliche Sprache: Gut oder Schlecht. Richtig oder falsch. Schwarz oder weiß. “Für so ein striktes Schwarz-Weiß-Denken habe ich aber nicht viel übrig”, sagt Liu im Rückblick auf ihr Studium. Die 41-jährige Taiwanerin hat in ihrem Geburtsland Rechnungswesen studiert. Als sie im Nebenfach Volkswirtschaftslehre belegte, merkte sie: “Damit kann ich mehr anfangen.”  

Kurzerhand entschied sie sich, zum anschließenden VWL-Studium nach Deutschland zu kommen. “Mir war schnell bewusst, dass ich in Europa studieren möchte, weil ich mich für die Einführung des Euro und die wirtschaftliche Integration in Europa interessierte”, sagt Liu. Sie wollte der Frage nachgehen, ob die EU als Vorbild für ostasiatische Länder dienen kann. Im Jahr 2003 begann sie in Münster zu studieren. Heute arbeitet sie als Senior Researcherin am Institut für Weltwirtschaft in Kiel

Dort, sagt Liu, sei sie eine Zeit lang die einzige asiatische Wissenschaftlerin unter mehr als 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewesen. Damit nimmt sie noch heute häufig eine Sonderrolle ein. “In Diskussionen, gerade wenn es um einen kritischen Blick auf die wirtschaftlichen Maßnahmen Chinas geht, bringe ich häufig eine Perspektive ein, die über trockene Zahlen hinausgeht”, sagt sie. “Meine Kenntnisse über die chinesische Kultur, Sprache und Mentalität, die ich durch meinen persönlichen Hintergrund über die Jahre sammeln konnte, sind ungemein hilfreich.” Ihre besondere Perspektive helfe ihr auch, Entwicklungen zu beurteilen, die in Europa kritisch beäugt werden.

Gerade wenn es darum geht, wirtschaftspolitische Maßnahmen aus der Forschung abzuleiten, sei es ungemein wichtig, unterschiedliche Perspektiven zuzulassen. “Und wer weiß am besten über China Bescheid? Natürlich die Chinesen. Wer über China forscht, kann das nicht allein aus Deutschland machen.” Liu war es, die begann, Kooperationen mit hochrangigen chinesischen Forschungsinstituten und Universitäten anzuschieben. Darunter befinden sich die renommierte Tsinghua University in Peking und das Institut für Weltwirtschaft und Politik an der Chinese Academy of Social Science. Das war 2011. Ein Jahr später erhielt sie ihren Doktortitel. Vier Jahre lang forschte sie da schon in Kiel. 

China ist weiter auf Deutschland angewiesen

Heute setzt sich Liu vor allem mit Direktinvestitionen und globalen Lieferketten auseinander. Jüngst forschte sie etwa zum ambitionierten Fünf-Jahres-Plan der chinesischen Regierung. Darin verkündet die Führung des Landes: Schneller als ohnehin schon werde Chinas Industrie darauf setzen, sich vom Ausland zu entkoppeln. Was mit digitalen Technologien schon gut funktioniert – China hat den größten E-Commerce-Markt der Welt – soll auch weitere Branchen ereilen. Und das mit Tempo.  

Ein Grund zur Sorge für Europa und den Exportriesen Deutschland? Das findet Liu nicht – zumindest nicht in den kommenden Jahren. Da nämlich werde China umso mehr auf Europa und insbesondere die Spitzenforschung Deutschlands angewiesen sein, um Expertise ins eigene Land zu holen. “Es stimmt: China möchte unabhängiger werden, und darunter werden auf lange Sicht manche Exportbranchen leiden”, sagt Liu. “Das heißt aber keinesfalls, dass sich China der Welt verschließt.” Ausländische Firmen werden aber mehr als zuvor ihre Fabriken vor Ort aufbauen müssen, um auf dem chinesischen Markt eine Rolle zu spielen und auch mit einem immer härteren Wettbewerb mit chinesischen Konkurrenzen vor Ort rechnen müssen. 

Unter normalen Umständen wäre Liu für ihre Forschung am Fünf-Jahres-Plan und viele andere Projekte in der Welt unterwegs. Früher sei sie ein bis zweimal im Jahr für mehrere Wochen in China gewesen. Normal ist aber gerade wenig, auch wenn China die Pandemie besser im Griff hat als Europa. “Umso wichtiger ist es, die guten Beziehungen zu unseren chinesischen Partnerinstituten virtuell zu pflegen.” Leon Kirschgens 

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Dessert

Putin lässt Xi in Plastik einwickeln? Unser Dessert kommt diesmal nicht aus China, sondern aus Paris. Dort hat das Musée Grévin nach der Pandemie wiedereröffnet – ein Wachsfigurenkabinett.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • EU muss Nennung von NGOs im CAI rechtfertigen
    • Anleger in Hongkong ignorieren Proteste
    • APA: Blick auch auf Länder jenseits China richten
    • Maschinenbauer verzeichnen schnelle Erholung
    • Zhurong sendet erste Bilder
    • Vier neue russische Reaktoren geplant
    • Zentralbank schickt Bitcoin auf Talfahrt
    • Portrait: Wan-Hsin Liu vom IfW Kiel
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Stiftungen sind ein wichtiger Teil des gesellschaftlich-politischen Netzwerks der freien Welt. Es ist daher mehr als erstaunlich, dass sich ein Passus ins Investitionsabkommen CAI geschlichen hat, der China erheblichen Einfluss auf die Niederlassungen vor Ort offenhält. Die Verunsicherung bei den Betroffenen ist größer als je zuvor – doch immerhin bemüht sich Brüssel um Schadensbegrenzung, schreibt Amelie Richter. Eine Erklärung dafür, wie die giftigen Sätze überhaupt ihren Weg in das Vertragswerk gefunden haben, steht allerdings noch aus.

    Die Finanzwelt und die Welt der Bürgerrechtler haben vermutlich nirgendwo auf der Welt eine große Überlappung. Doch in Hongkong nimmt ihre Trennung extreme Ausmaße an: Während der Rechtsstaat abgewürgt wird, steigen die Investitionen auf Rekordniveau. Dabei hatte beides dort einst die gleichen Grundlagen: Es war solides britisches Recht, das den Rahmen für das Gedeihen der Geldwirtschaft gesetzt, aber auch Meinungsfreiheit garantiert hat. Nun scheint das eine auch ohne das andere zu gehen, schreibt Frank Sieren.

    Der Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft hat ein umfangreiches Positionspapier veröffentlicht. Es soll den politischen Entscheidungsträgern eine Orientierung für die Neuausrichtung ihrer Fernost-Strategie geben. Ein eigenes Kapitel ist darin der Diversifizierung gewidmet: Die aktuelle Debatte sei zu sehr auf China fokussiert. Einerseits liegen die wahren Zukunftsmärkte heute in anderen Schwellenländern, andererseits sind alte Partner wie Japan und Australien längst nicht abgemeldet. Hier setzt sich ein Trend zur China-Skepsis fort, der sich in den vergangenen Jahren in die Berliner Verbandsarbeit geschlichen hat.

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Analyse

    EU muss sich rechtfertigen: Wie kam der Satz zu Stiftungen ins CAI?

    Ein vermeintliches Detail im umstrittenen Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und China (CAI) sorgt weiterhin für Diskussionsstoff: der im Anhang aufgeführte Umgang mit Nichtregierungsorganisationen (NGO) und politischen Stiftungen in der Volksrepublik. Vor allem ein Satz bereitet den Betroffenen Sorge. In diesem geht es um die Besetzung von Führungspositionen. China behält sich darin vor, leitende Stellen mit chinesischen Staatsbürger:innen zu besetzen. Falls die Behörden das tatsächlich einmal so anwenden sollten, ginge es noch einmal deutlich über das ohnehin strenge NGO-Gesetz der Volksrepublik hinaus.

    Brüssel versucht sich nun in Schadensbegrenzung: Der umstrittene Absatz im Anhang des CAI führe nicht zu einer Änderung des bestehenden NGO-Gesetzes, betonten Kreise der EU-Kommission am Mittwoch. Die Kommission reagiert damit auf alarmierte Berichte deutscher Medien. Die hastig nachgeschobenen Erklärungen lassen aber offen, warum der Absatz überhaupt im CAI-Anhang landete, obwohl Stiftungen und NGOs als nicht kommerzielle Unternehmen keine wirtschaftlichen Interessen oder Tätigkeiten verfolgen und damit eigentlich nicht Gegenstand des Abkommens sind.

    CAI nicht als “politische Haltung”

    Derzeit sieht es so aus, als sei der Absatz eher durch Unachtsamkeit bei den jahrelangen Verhandlungen um das Investitionsabkommen durchgerutscht. Auf die Frage, warum er von EU-Seite nicht angesprochen oder verhindert wurde, bleibt die Antwort jedenfalls unverbindlich: Bei den Gesprächen sei es um den Marktzugang und Investitionen gegangen, nicht um politische Freiheiten. Mit dem CAI werde keine politische Haltung zum Umgang mit gemeinnützigen Organisationen in der Volksrepublik eingenommen, heißt es aus EU-Quellen. Auf die kritische Feststellung, dass Brüssel mit einer Ratifizierung des Abkommens indirekt den betreffenden Satz und seine möglichen Konsequenzen akzeptiere, reagierten sie nicht.

    Dass sich der Passus im CAI befindet, war für Stiftungsvertreter:innen sowie Abgeordnete des Europaparlaments Ende März überraschend. Die entscheidende Stelle steht im neunten Eintrag des Annex II im CAI (Seite 60). China behält sich darin das Recht vor, “folgende Maßnahmen zu ergreifen oder beizubehalten”: Sofern die chinesische Regierung es nicht anders genehmigt habe, können Investoren aus dem Ausland nicht in “gemeinnützige Organisationen auf dem Gebiet Chinas investieren.” Weiter dürfen außerhalb Chinas gegründete gemeinnützige Organisationen eigentlich keine Repräsentanzen oder Niederlassungen in China errichten.

    Nur ausländische NGOs, die vorübergehend Aktivitäten in China durchführen wollen, sind demnach gestattet. Sie müssen aber mit “inländischen Unternehmen” zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit ist dann auf ein Jahr begrenzt – bis hierhin entspricht der CAI-Absatz den Vorgaben des “Law on the Administration of Activities of Overseas Nongovernmental Organizations in the Mainland of China”, das seit 2017 gilt. Hinzugefügt wurde die besonders giftige Stelle, die nun für Verwirrung sorgt: Leitende Angestellte der NGOs, die in China tätig sein dürfen, müssen chinesische Staatsbürger:innen sein.

    Peking “eher vorsichtig” bei NGO-Absatz

    Der Annex II des Abkommens funktioniert über eine sogenannte Negativliste. Die Vertragsparteien können in einer solchen Auflistung Sektoren oder Teilsektoren aufführen, für die das Abkommen nur eingeschränkt oder gar nicht gilt. Hier tauchen die NGOs und Stiftungen einmalig im CAI auf, im Haupttext werden sie nicht genannt. Peking habe sich an dieser Stelle bezüglich der gemeinnützigen Organisationen “Raum” gelassen, erklärten die EU-Kreise. Die Volksrepublik sei im Rahmen des CAI erstmals dem Ansatz einer Negativliste gefolgt und dabei “eher vorsichtig” vorgegangen. Der Satz bezüglich der Besetzung von leitenden Positionen sei erstmals von China in ein Abkommen eingebracht worden, das sei jedoch auch dem Ansatz der Negativliste geschuldet.

    Eingeräumt wurde von EU-Seite, dass dieser Satz auf eher “ungeschickte Art und Weise” formuliert sei. Denn in der bisher veröffentlichten englischsprachigen Version des Textes wird das Modalverb “shall” verwendet (“The senior executives of non-profit organizations which have been approved to be established within the territory of China shall be Chinese citizens”), was als reine Möglichkeit, aber auch als Anweisung gelesen werden kann. Eine rechtliche Bindung gebe es dadurch aber nicht, betonten die EU-Quellen. Der Hoffnung, dass der Satz während der laufenden formalrechtlichen Prüfung, dem sogenannten “legal scrubbing”, noch geändert werden könnte, erteilte Brüssel jedoch eine Absage: Es gebe keine weiteren Nachverhandlungen. Aber: Was auf der Negativliste genannt werde, falle eben nicht unter den Anwendungsbereich des Vertrags und werde deshalb “vielleicht auch nie genutzt”.

    Stiftungskreise: Ansatz ist “maximal naiv”

    Dieser Ansatz wird in Kreisen deutscher Stiftungen scharf kritisiert: Diese Einstellung sei “maximal naiv”, was den Umgang Chinas mit gemeinnützigen ausländischen Organisationen angehe. Im Rahmen des CAI habe man sich gemeinsam auf einen Spielraum verständigt, den man der jeweils anderen Seite zugestehe, betonte ein Stiftungsvertreter gegenüber China.Table. Dass dieser dann nicht von China genutzt werde, zu welchem Zeitpunkt auch immer, sei unwahrscheinlich. Am Freitag dieser Woche wird die EU-Kommission auch mit Stiftungen und NGOs über den Hintergrund des Passus sprechen, wie Stiftungskreise bestätigten. Die Erwartungen an das virtuelle Treffen sind demnach nicht besonders hoch.

    Auch Experten kritisieren das Vorgehen der EU. “Die Verteidigungslinie der Europäischen Kommission scheint darin zu bestehen, zu betonen, dass Stiftungen und nicht profitorientierte Investitionen vom CAI nicht betroffen sind”, erklärt Bertram Lang, Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt Ostasien und China an der Goethe-Universität Frankfurt. Doch genau darin besteht laut Lang das Problem: Gemeinwohlorientierte Investitionen seien, anders als kommerzielle Aktivitäten, vom Schutz durch das Abkommen explizit ausgeschlossen und weiterhin diskriminierender Behandlung ausgesetzt. China sei es vielleicht gerade daher wichtig gewesen, das Thema über die Anhänge noch einmal einzubringen.

    Abgeordnete des Parlaments zeigen sich zunehmend entsetzt von den Vorgängen. “Die EU-Kommission gibt sich große Mühe, eine Passage im CAI-Abkommen zu rechtfertigen, die geeignet wäre, die Handlungsmöglichkeiten europäischer NGOs in China weiter einzuschränken“, sagt Grünen-Europapolitiker und Vorsitzender der China-Delegation, Reinhard Bütikofer. Er sieht nun die Brüsseler Behörde in der Pflicht, nachzubessern. “Man kann die Frage ja ganz einfach so stellen: Warum hat die Kommission nicht wenigstens darauf bestanden, dass keine über das geltende chinesische Gesetz hinausgehenden Regelungen aufgenommen werden?”

    Entwurf: Ende der Sanktionen nicht explizit Voraussetzung

    Das Europaparlament, das seit Verhängung von Sanktionen gegen mehrere europäische Politiker:innen, Wissenschaftler:innen und Organisationen ohnehin die Arbeit am CAI ausgesetzt hat, will am heutigen Donnerstag seiner Kritik in einer gemeinsamen Resolution Nachdruck verleihen.

    Jegliche Prüfung des Investitionsabkommens sowie jede Diskussion über die Ratifizierung durch das Europäische Parlament sei wegen der chinesischen Strafmaßnahmen “zu Recht eingefroren worden”, heißt es in dem Papier. In der gemeinsamen Entschlussvorlage ist die Aufhebung der Sanktionen als feste Vorbedingung für die Aufnahme der Arbeit am CAI allerdings weniger bindend formuliert als in einigen Fraktionsentwürfen. Die EU-Parlamentarier fordern demnach China auf, die Sanktionen aufzuheben, bevor sich das Europaparlament mit dem CAI befasse – allerdings ohne Ansprüche an das endgültige Ergebnis des Ratifizierungsprozesses. In mehreren Entwürfen der politischen Gruppen wurde das Ende der Sanktionen als explizite Voraussetzung genannt, lediglich die konservative EVP wählte einen milderen Ansatz.

    Zusammenarbeit mit USA gefordert

    In dem gemeinsamen Entwurf wird zudem “erwartet, dass die EU-Kommission das Europäische Parlament konsultiert”, bevor Schritte zum Abschluss oder zur Unterzeichnung der CAI unternommen werden. Die EU-Kommission werden zudem aufgefordert, “die Debatte um CAI als Hebel zur Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte und der Unterstützung der Zivilgesellschaft in China zu nutzen”.

    In dem gemeinsamen Entschlusspapier wird außerdem erneut betont, “dass Verstöße in Xinjiang Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen“. Das EU-Parlament hatte eine entsprechende Position bereits im Dezember 2020 verabschiedet, wenige Tage vor der politischen Einigung zum CAI. Der Entwurf sieht zudem eine engere Zusammenarbeit mit den USA vor und spricht sich für eine Entkopplung der CAI-Ratifizierung und weiteren Handels- und Investitionsabkommen mit regionalen Partnern, einschließlich Taiwan, aus. Diese dürften “nicht als Geisel” gehalten werden. Ein Ergebnis der Abstimmung im Europaparlament wird für Donnerstagnachmittag erwartet.

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    Hongkong: Investitionen fließen trotz politischer Unterdrückung

    Der Verkauf von Aktien durch börsennotierte Unternehmen in Hongkong hat seit Beginn des Jahres stark angezogen. Der Abverkauf von Firmenanteilen verschiedener Art durch Großaktionäre belief sich vom 1. Januar bis Ende April 2021 auf 47 Milliarden US-Dollar. Laut Angaben der britischen Finanzmarktplattform Dealogic entsprach das fast den 47,8 Milliarden US-Dollar, die im gesamten Jahr 2020 aufgebracht wurden. Das ist das Vierfache des Geschäftsvolumens im gleichen Zeitraum des vergangenen Corona-Jahres. 

    Erstnotierungen in Hongkong haben dieses Jahr ebenfalls einen Rekordstart verzeichnet. Nach Angaben der Hongkong Stock Exchange stieg das Volumen in den ersten drei Monaten auf das Neunfache im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Tech-Aktien machten demnach von Januar bis April die Hälfte des Sekundärangebots aus, gefolgt von solchen aus dem Gesundheitswesen, dem Automobilsektor und Konsumgütern. 16 Milliarden US-Dollar also, etwas mehr als ein Drittel davon, kommen von chinesischen Firmen. 

    Aufgrund des hohen Volumens der Börsennotierungen stiegen die Hongkonger Filialen der Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley an die Spitze des asiatischen Branchenrankings. Goldman hat vor, sein Personal in Hongkong gegenüber dem Vorjahr um fast ein Fünftel aufzustocken. Morgan Stanley hat sein Einstellungstempo in diesem Jahr bereits verdoppelt. Thomas Gottstein, der Geschäftsführer der Credit Suisse, erklärte Mitte März, dass die Bank ihr Job-Recruting in ganz China verdreifachen werde.

    Die Citi-Bank hat ebenfalls angekündigt allein in diesem Jahr bis zu 1700 neue Mitarbeiter in Hongkong einzustellen.  “Es ist ein Ein-Parteienstaat, aber sie sind pragmatisch. Sie wollen die Geschäfte nicht beschädigen”, sagt Fred Hu, der ehemalige Chef von Goldman Sachs in China. Er ist nun der Gründer und CEO der Private-Equity-Firma Primavera Capital Group.

    Der Hang Seng Index insgesamt bewegt sich allerdings nach einem kräftigen Anstieg im Januar und einem Einbruch danach nunmehr seitwärts. Er liegt etwa bei einem Wert von Mitte Januar. Neun der 14 Neu-Notierungen in Hongkong seit Anfang März werden laut Börsendaten unter ihrem Ausgabepreis gehandelt.

    Schon das vergangene Jahr markierte mit neuen Aktien in Hongkong im Wert von 52 Milliarden US-Dollar ein Rekordjahr, was auch damit zu tun hat, dass chinesische Firmen aufgrund der politischen Spannungen zögern, in New York zu investieren. 

    Vielfältige Krisengewinner 

    Um die Folgen der Pandemie einzudämmen, setzten viele Länder in ihren Konjunkturplänen auf eine lockere Geldpolitik und niedrige Zinssätze. Die weltweit niedrigen Zinsen beflügeln wiederum die globale Liquidität und die Nachfrage der Anleger. Chinesische Vermögenswerte haben dabei von der schnelleren wirtschaftlichen Wiederbelebung Chinas nach der Corona-Epidemie profitiert. 

    Die Volksrepublik ist die einzige große Volkswirtschaft der Welt, die im Jahr 2020 gewachsen ist. Von der Wirtschaftszeitung Nikkei befragte Analysten prophezeien sogar, dass die chinesische Wirtschaft 2021 um 8,5 Prozent wachsen könnte.

    Das schlägt sich in reißender Nachfrage nach einzelnen Werten nieder. Der in Amsterdam notierte Investmentkonzern Prosus verkaufte im vergangenen Monat einen Anteil von zwei Prozent am chinesischen Internetkonglomerat Tencent Holdings für 14,7 Milliarden US-Dollar. Dies war der größte Secondary-Share-Verkauf in diesem Jahr. Prosus ist das größte B2C-Internet-Unternehmen in Europa und einer der größten Tech-Investoren der Welt. Auch nach dem Verkauf bleibt Prosus mit einem Anteil von 28,9 Prozent der größte Anteilseigner von Tencent. 

    Weitere Deals waren das 7-Milliarden-Dollar-Gebot des chinesischen Lebensmittellieferanten Meituan im letzten Monat und der 3,9-Milliarden-Dollar-Neu-Aktien Verkauf des chinesischen Elektrofahrzeugherstellers BYD im Januar.

    Starker Kontrast zur Lage der Bürgerrechtler

    Derweil steht der Hongkonger Verleger und Pro-Demokratie-Kämpfer Jimmy Lai in seinem bereits zweiten Prozess derzeit vor Gericht, in dem er bis zu sieben Jahre Gefängnis bekommen kann. Er wurde bereits zu 14 Monaten verurteilt, für die Teilnahme an einer unautorisierten Versammlung. Der Aktivist Joshua Wong, der bereits im Gefängnis sitzt, wurde noch zusätzlich zu zehn Monaten verurteilt, wegen “ungenehmigter Versammlung” am 4. Juni 2020 zum Gedenken an die blutige Niederschlagung der Protestbewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens, nachdem er bereits zu gut 13 Monaten ohne Bewährung verurteilt wurde. 

    Rund 20 andere Pro-Demokratie-Aktivisten warten noch auf ihre Prozesse. Andere Vorkämpfer der Unabhängigkeitsbewegung, Agnes Chow und Ivan Lam, wurden ebenfalls zu zehn beziehungsweise sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Ein Prozent der Bevölkerung haben Hongkong in den letzten Monaten wegen der politischen Lage verlassen. 

    Die Parallelwelten in Hongkong driften also weiter auseinander: Die von Peking geförderte boomende Finanzindustrie auf der einen Seite und die Protestbewegung auf der anderen. “Das Signal Pekings an die Wirtschaftswelt ist ganz einfach”, sagt Michael Tien, gläubiger Katholik, Modeunternehmer und eine moderate Figur im Hongkonger Pro-Peking-Lager: “Haltet Euch aus der Wirtschaft raus.” 

    Fred Hu fasst die Lage ähnlich zusammen: “Als Banker oder Börsenhändler hat man auch politische Ansichten, aber man ist kein politischer Aktivist.” Offensichtlich ist auch, dass die neue US-amerikanische Regierung unter Joe Biden kein Interesse hat, die Aktivitäten der amerikanischen Investmentbanken politisch zu bremsen, um ein Zeichen zugunsten der Protestbewegung zu setzen. 

    Neue Investmentfonds, darunter auch viele US-amerikanische, strömen ebenfalls nach Hongkong, nachdem die Behörden im August einige regulatorischen Hindernisse abgebaut haben. Regierungsdaten zeigen, dass seitdem 154 Fonds neu registriert wurden. 

    Anteil der Investoren vom Festland wächst

    Im Durchschnitt machen Investoren vom Festland zehn Prozent der Platzierungen von mehr als zwei Milliarden US-Dollar aus. Laut Dealogic haben chinesische Unternehmen, die im vergangenen Jahr neue Aktien an der Hongkong Stock Exchange verkauft haben, einen Rekord von 52 Milliarden US-Dollar eingebracht. 

    Während der Betrag der Aktienemission in Hongkong in diesem Jahr in absoluten Zahlen im ersten Quartal Rekorde bricht, liegen sie jedoch im Verhältnis zur Gesamtmarktkapitalisierung immer noch deutlich unter dem Höchststand von 2016 und dem Durchschnitt des letzten Jahrzehnts. Seit Jahresbeginn belief sich das neu aufgenommene Kapital auf 2,1 Prozent der Gesamtmarktkapitalisierung, verglichen mit 3,4 Prozent im Jahr 2016 und dem Durchschnitt von 2,4 Prozent seit 2011.

    Das ist allerdings ein ähnliches Phänomen wie bei Chinas Wachstum: Während der Prozentanteil des Wachstums sinkt, wird es in absoluten Zahlen immer größer. Peking will die finanzielle Attraktivität Hongkongs tatsächlich noch weiter steigern. Die Hongkonger Verwaltung hat bereits Ende Januar ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das die Steuern auf Investment-Gewinne in Hongkong reduziert.

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    Presseschau

    China muss Frachtflug zu Raummodul verschieben ZEIT
    Chinas Rover Zhurong: Erste Fotos von der Mars-Oberfläche HEISE
    Bitcoin: China sorgt für Absturz EURONEW
    Die Konkurrenz aus China wächst STUTTGARTERZEITUNG
    Vorbild Amerika und China: Merkel verlangt offensivere Technologieförderung FAZ
    Peking fürchtet Instabilität im Nahen Osten DW
    70 Prozent weniger Scheidungen in China ORF
    Pelosi fordert diplomatischen Boykott der Peking-Spiele – China spricht von “Lügen” YAHOO
    People flee in panic as skyscraper wobbles in China, despite no earthquake and fine weather CNN
    Tesla China Demand Slumps, Adding to Headaches After Protest BLOOMBERG
    Anti-China policies risk racism at home and a ‘new Cold War’ abroad, progressives warn POLITICO
    Explainer: What Beijing’s new crackdown means for crypto in China REUTERS
    Covid-19 surge will test Taiwan’s resilience to pressure from Beijing SCMP
    Embattled Chinese Property Tycoon Turns to Electric Cars. Cue $87 Billion Valuation WSJ
    What Can and Can’t Be Learned From a Doctor in China Who Pioneered Masks NYTIMES
    China’s deal to build a fishing harbor in Sierra Leone’s rainforest meets fierce resistance CNBC
    Australian PM says trade volume shows valuable China relationship REUTERS

    News

    Wirtschaft fordert mehr Engagement in Asien außerhalb Chinas

    Der Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) spricht sich für eine breitere Streuung des deutschen Engagements in Fernost aus. Deutschland solle nicht nur die Volksrepublik als einzigen Wachstumsmarkt betrachten, sondern den asiatischen Raum insgesamt in den Blick nehmen. “Wenn wir das Wohlstandsniveau in Deutschland und der EU für die Zukunft erhalten wollen, müssen wir stärker an der hohen Entwicklungsdynamik in Asien-Pazifik teilhaben”, sagte der APA-Vorsitzende Joe Kaeser zur Veröffentlichung eines APA-Positionspapiers am Mittwoch. “Das gilt insbesondere für die Wahrung der europäischen Interessen im Wettbewerb der beiden Wirtschaftssysteme von China und den USA.”

    Das neue Papier der Lobby-Gruppe soll “Impulse zur Umsetzung der im vergangenen Jahr vorgelegten Indo-Pazifik-Leitlinien der Bundesregierung” geben. Der APA spricht sich zwar dafür aus, den Fokus nicht allein auf China zu richten. Die Diversifizierungsstrategie dürfe aber auch nicht auf eine Produktionsverlagerung aus China abzielen. Es gehe vielmehr darum, die Erschließung weiterer Zukunftsmärkte nicht zu verpassen. fin

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    Maschinenbauer profitieren von schneller Erholung

    China hat nach sechs Jahren die USA wieder als größten Auslandsmarkt der deutschen Maschinenbauer abgelöst. Das geht aus Daten vor, die der Branchenverband VDMA am Mittwoch veröffentlicht hat. Grund ist auch die Corona-Krise: Während andere Märkte wie Frankreich und die USA noch erheblich unter der Pandemie litten, habe China den Einbruch schnell hinter sich gelassen. “Bereits im vergangenen Jahr spürten viele Unternehmen dort eine hohe Investitionsdynamik“, sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Die Auslastung der Kapazitäten in China habe im Frühjahr ein Allzeithoch erreicht. Im ersten Quartal 2021 stiegt der Export nach China um 20 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro. Die USA lagen mit 4,7 Milliarden Euro knapp dahinter. Angesichts positiver Signale aus den USA bleibe aber abzuwarten, ob China den Vorsprung im weiteren Verlauf halten werde. fin

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    Mars-Rover funktioniert und schickt Bilder

    Mars-Rover Zhurong funktioniert und schickt erste Bilder von der Marsoberfläche.

    Der chinesische Erkundungsroboter Zhurong hat sich wie vorgesehen aktiviert und Fotos von der Marsoberfläche an die Erde gefunkt. Die ersten freigegebenen Bilder von der Raumfahrtbehörde CNSA zeigten, wie das automatische Fahrzeug aus der Landekapsel rollt. Danach folgte zunächst ein Schwarzweißbild einer steinig-staubigen Ebene, die sich bis zum Horizont des fremden Planeten erstreckt. Die Bilder werden über den Satelliten Tianwen-1 übermittelt, der als Orbiter um den Mars kreist und den Kontakt zu dem Erkundungsfahrzeug hält. Zhurong soll jetzt drei Monate lang Messung vornehmen und Bilder schicken. fin

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    Xi und Putin besiegeln Bau von vier neuen Atommeilern

    Die Staatschefs Xi Jinping und Wladimir Putin haben die Errichtung von vier Kernreaktoren in chinesisch-russischer Kooperation besiegelt. Die beiden Staatschefs nahmen per Video an der Zeremonie teil, wie chinesische Medien am Mittwoch berichteten. Die Kraftwerkskomplexe Tianwen in der Provinz Jiangsu und Xudapu in Liaoning erhalten demnach je zwei neue Blöcke mit russischer Technik. Das Projekt ist Teil eines vor drei Jahren geschlossenen Vertrags, dessen Volumen 3,1 Milliarden US-Dollar beträgt. China setzt auf einen raschen Ausbau der Atomkraft, um trotz steigenden Energiehungers in die Nähe seiner Klimaziele zu gelangen. Das Land hat zwar eigene Reaktortechnik entwickelt, bestellt aber zusätzlich auch neue Anlagen von internationalen Anbietern. fin

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    Zentralbank verursacht Absturz des Bitcoin

    Das Auf und Ab des Bitcoin-Kurses dürften Inhabern dieser bekanntesten und am weitesten verbreiteten Kryptowährung gewohnt sein. Aber dass der Kurs binnen kurzer Zeit so drastisch einbrechen würde, hat auch gewiefte Investoren einige Nerven gekostet: Die Bewertung ist am Mittwochnachmittag um 25 Prozent auf knapp 30.000 Dollar und damit auf den niedrigsten Stand seit Jahresbeginn abgesackt. 

    Der Grund: Drei der größten chinesischen Bankenverbände haben darauf hingewiesen, dass Kryptowährungen “keine echten Devisen” seien und in diesem Zusammenhang vor “Spekulationen” gewarnt. Sie forderten zudem ihre Mitglieder dazu auf, Kryptowährungen als Zahlungsmittel weder zu akzeptieren noch zu verwenden. Auch Chinas Zentralbank wies in einer kurzen Mitteilung darauf hin, dass Zahlungen mit Digitalwährungen in China verboten sind. 

    China sieht Krypto-Geldanlagen mit großem Misstrauen und ist schon mehrfach gegen ihre Verbreitung vorgegangen. Dennoch wird vermutet, dass China zumindest zeitweise die meisten Investoren gestellt hat. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Zugleich arbeitet die Führung selbst an einer digitalen Variante seiner Landeswährung Yuan und führt bereits erste Feldversuche durch (China.Table berichtete). Der Ausverkauf am Mittwoch war nach der Warnung der chinesischen Bankenverbände so groß, dass der weltweit bekannteste Handelsplatz für Kryptowährungen in den USA, Coinbase, zwischenzeitlich für viele Nutzer nicht erreichbar war. flee

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    Wan-Hsin Liu – Forscherin mit differenzierter Perspektive

    Wan-Hsin Liu
    Wan-Hsin Liu aus Taiwan forscht am Institut für Weltwirtschaft in Kiel

    In der Wirtschaftsprüfung und dem Rechnungswesen ist die Welt häufig zu einfach wiedergegeben, findet Wan-Hsin Liu. Zahlen sprechen oft eine deutliche Sprache: Gut oder Schlecht. Richtig oder falsch. Schwarz oder weiß. “Für so ein striktes Schwarz-Weiß-Denken habe ich aber nicht viel übrig”, sagt Liu im Rückblick auf ihr Studium. Die 41-jährige Taiwanerin hat in ihrem Geburtsland Rechnungswesen studiert. Als sie im Nebenfach Volkswirtschaftslehre belegte, merkte sie: “Damit kann ich mehr anfangen.”  

    Kurzerhand entschied sie sich, zum anschließenden VWL-Studium nach Deutschland zu kommen. “Mir war schnell bewusst, dass ich in Europa studieren möchte, weil ich mich für die Einführung des Euro und die wirtschaftliche Integration in Europa interessierte”, sagt Liu. Sie wollte der Frage nachgehen, ob die EU als Vorbild für ostasiatische Länder dienen kann. Im Jahr 2003 begann sie in Münster zu studieren. Heute arbeitet sie als Senior Researcherin am Institut für Weltwirtschaft in Kiel

    Dort, sagt Liu, sei sie eine Zeit lang die einzige asiatische Wissenschaftlerin unter mehr als 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewesen. Damit nimmt sie noch heute häufig eine Sonderrolle ein. “In Diskussionen, gerade wenn es um einen kritischen Blick auf die wirtschaftlichen Maßnahmen Chinas geht, bringe ich häufig eine Perspektive ein, die über trockene Zahlen hinausgeht”, sagt sie. “Meine Kenntnisse über die chinesische Kultur, Sprache und Mentalität, die ich durch meinen persönlichen Hintergrund über die Jahre sammeln konnte, sind ungemein hilfreich.” Ihre besondere Perspektive helfe ihr auch, Entwicklungen zu beurteilen, die in Europa kritisch beäugt werden.

    Gerade wenn es darum geht, wirtschaftspolitische Maßnahmen aus der Forschung abzuleiten, sei es ungemein wichtig, unterschiedliche Perspektiven zuzulassen. “Und wer weiß am besten über China Bescheid? Natürlich die Chinesen. Wer über China forscht, kann das nicht allein aus Deutschland machen.” Liu war es, die begann, Kooperationen mit hochrangigen chinesischen Forschungsinstituten und Universitäten anzuschieben. Darunter befinden sich die renommierte Tsinghua University in Peking und das Institut für Weltwirtschaft und Politik an der Chinese Academy of Social Science. Das war 2011. Ein Jahr später erhielt sie ihren Doktortitel. Vier Jahre lang forschte sie da schon in Kiel. 

    China ist weiter auf Deutschland angewiesen

    Heute setzt sich Liu vor allem mit Direktinvestitionen und globalen Lieferketten auseinander. Jüngst forschte sie etwa zum ambitionierten Fünf-Jahres-Plan der chinesischen Regierung. Darin verkündet die Führung des Landes: Schneller als ohnehin schon werde Chinas Industrie darauf setzen, sich vom Ausland zu entkoppeln. Was mit digitalen Technologien schon gut funktioniert – China hat den größten E-Commerce-Markt der Welt – soll auch weitere Branchen ereilen. Und das mit Tempo.  

    Ein Grund zur Sorge für Europa und den Exportriesen Deutschland? Das findet Liu nicht – zumindest nicht in den kommenden Jahren. Da nämlich werde China umso mehr auf Europa und insbesondere die Spitzenforschung Deutschlands angewiesen sein, um Expertise ins eigene Land zu holen. “Es stimmt: China möchte unabhängiger werden, und darunter werden auf lange Sicht manche Exportbranchen leiden”, sagt Liu. “Das heißt aber keinesfalls, dass sich China der Welt verschließt.” Ausländische Firmen werden aber mehr als zuvor ihre Fabriken vor Ort aufbauen müssen, um auf dem chinesischen Markt eine Rolle zu spielen und auch mit einem immer härteren Wettbewerb mit chinesischen Konkurrenzen vor Ort rechnen müssen. 

    Unter normalen Umständen wäre Liu für ihre Forschung am Fünf-Jahres-Plan und viele andere Projekte in der Welt unterwegs. Früher sei sie ein bis zweimal im Jahr für mehrere Wochen in China gewesen. Normal ist aber gerade wenig, auch wenn China die Pandemie besser im Griff hat als Europa. “Umso wichtiger ist es, die guten Beziehungen zu unseren chinesischen Partnerinstituten virtuell zu pflegen.” Leon Kirschgens 

    • 14. Fünfjahresplan
    • Deutschland
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    Dessert

    Putin lässt Xi in Plastik einwickeln? Unser Dessert kommt diesmal nicht aus China, sondern aus Paris. Dort hat das Musée Grévin nach der Pandemie wiedereröffnet – ein Wachsfigurenkabinett.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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