Table.Briefing: China

Steuervorteile bleiben + KI-Regulierung

Liebe Leserin, lieber Leser,

Expats in China können sich freuen: Sie dürfen weiterhin von Steuererleichterungen profitieren, die ihnen das Leben in der Volksrepublik finanziell versüßen. Mindestens noch vier Jahre lang können sie etwa Schulgebühren oder Mietausgaben vom steuerpflichtigen Einkommen abziehen.

Diese Vergünstigungen hätten bereits zum Ende des vergangenen Jahres auslaufen sollen, wurden aber in letzter Minute um ein Jahr verlängert. Nun gab die oberste Finanzbehörde bekannt, dass Ausländer in der Volksrepublik noch länger aufatmen können. Die Details dieser guten Nachrichten erläutert Jörn Petring.

Fast ein Jahr nach der Präsentation von ChatGPT hat die chinesische Regierung vier chinesischen Tech-Firmen die Erlaubnis erteilt, ihre Chatbots ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Warum das im weltweiten Wettlauf um die Vorherrschaft auf dem Feld künstlicher Intelligenz eine solche schiere Ewigkeit gedauert hat, analysiert Felix Lee: Die Unvereinbarkeit zwischen lückenloser Kontrolle und der Unberechenbarkeit moderner KI ist für Peking ein großes Dilemma.

Und er erklärt, warum der Kontrollwahn das Land nicht nur schwächt: Wenn es um die Daten über die Bürger – den zentralen KI-Rohstoff – geht, sind fehlende Skrupel ein echter Wettbewerbsvorteil.

Viele bereichernde Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihre
Carolyn Braun
Bild von Carolyn  Braun

Analyse

Expats erleichtert über Steuervergünstigungen 

Mit Erleichterung haben deutsche Unternehmen und Expats auf die Verlängerung vorteilhafter Steuerregelungen in China reagiert. Aus einer entsprechenden Mitteilung der obersten Finanzbehörde vom 18. August geht hervor, dass bei richtiger Vertragsgestaltung zum Beispiel Mietkosten oder Schulgebühren weiterhin nicht zum steuerpflichtigen Einkommen gerechnet werden müssen. Das reduziert die Belastung deutlich. 

“Die Abschaffung der Steuer-Erleichterung hätte Entsendungen für Unternehmen spürbar teurer gemacht, was zu Zeiten großen Kostendrucks sicherlich zu einer weiteren Reduzierung ausländischer Mitarbeiter geführt hätte”, kommentiert Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der deutschen Handelskammer (AHK) in Peking, gegenüber China.Table. Unternehmen und Expats seien gleichermaßen erleichtert, dass der Status quo erhalten bleibe.

Ende einer langen Zitterpartie

Zustimmung kam auch von der Europäischen Handelskammer. Sie hatte sich nach eigenen Angaben auf allen Ebenen für das Thema eingesetzt. Die Fortsetzung der Steuerbefreiung könne dazu beitragen, die Abwanderung ausländischer Talente, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, zu stoppen, teilte die Kammer mit. Die Befreiung sei “eine willkommene Nachricht für Familien, die sich entschieden haben, nach China zu kommen oder dort zu bleiben”.

Die individuellen Einkommensteuervergünstigungen für Ausländer waren schon seit längerem eine Zitterpartie. Ursprünglich sollten sie bereits im vergangenen Jahr auslaufen, wurden dann aber auch dank Lobbyarbeit der Kammern um ein weiteres Jahr bis Ende 2023 verlängert. 

Die damalige Entscheidung fiel jedoch in letzter Minute zum Jahreswechsel, was bei vielen Unternehmen für große Verunsicherung gesorgt hatte. Nun ließ Peking die Betroffenen nicht so lange zappeln und verkündete die Verlängerung mehr als vier Monate vor dem Auslaufen. Dieses Mal wurde die Regel auch nicht nur um ein einzelnes Jahr, sondern gleich um vier Jahre verlängert. 

Große Einsparungen möglich

Die Einsparungen durch die Sonderregel sind beträchtlich, wie etwa das Beratungsunternehmen Dezan Shira & Associates in einer Analyse betont. Ausländische Arbeitnehmer können demnach “ein Vermögen an Steuern sparen”. Als Beispiel werden die in hohen Gebühren für Privatschulen in China genannt, die sich in Shanghai und Peking auf 200.000 bis sogar 350.000 Yuan pro Jahr belaufen können. Zum Vergleich: Das “normale” chinesische Steuerrecht sieht laut Dezan Shira vor, dass pro Kind nur 1.000 Yuan pro Monat abgesetzt werden können. Bei der Miete sind es maximal 1.500 Yuan pro Monat.

Ausländer hingegen können dank der Sonderregel in vielen Fällen die vollen Kosten abrechnen, solange es sich insgesamt um einen “angemessenen” Betrag handele und eine entsprechende Rechnung oder ein anderer Zahlungsnachweis vorgelegt werden könne, erklärt Dezan Shira. Wie hoch der “angemessene Betrag” ist, werde von Stadt zu Stadt unterschiedlich ausgelegt. In der Praxis könne man von etwa 30 bis 35 Prozent des Monatsgehalts ausgehen, die unter die Steuererleichterungen fallen. 

Vergünstigungen für die Expats können sich demnach ergeben aufgrund von:

  • Mietkosten
  • Ausbildungskosten für Kinder
  • Kosten für Sprachunterricht
  • Verpflegungskosten
  • Wäschereikosten 
  • Umzugskosten
  • Kosten für Geschäftsreisen
  • Kosten für Heimaturlaub

Fortschritte auch bei Visa

Das Finanzministerium hat zudem angekündigt, eine weitere begünstigende Regelung zu verlängern. Demnach muss man auch für den Jahresbonus weiterhin nur einen ermäßigten Steuersatz zahlen. Gemäß dieser Regelung berechnet man die individuelle Einkommensteuer (IIT) für einmalige Jahresboni separat, besteuert sie nicht zusammen mit dem Gesamteinkommen und entgeht so den Folgen der Steuerprogression. Diese Regelung gilt auch für chinesische Arbeitnehmer.

Kammerchef Hildebrandt sieht generell eine stetige Verbesserung der Rahmenbedingungen seit Ende der Pandemie. “Es hat sich bereits viel getan. Visa werden zügig ausgestellt und es gibt ausreichend Flugverbindungen zu vernünftigen Preisen”, so Hildebrandt. Ein Hindernis bei der Anwerbung von Expatriates sei jedoch nach wie vor das angeschlagene Image Chinas, das den Unternehmen mehr Überzeugungsarbeit abverlange.

  • Steuern

KI: Zwischen Kontrolle und Kreativität 

Beim Autonomen Fahren ist China ganz weit vorn: selbstfahrende Taxis des Tech-Konzerns Baidu bei der World Robot Konferenz vor zwei Wochen.

Wirklich überzeugend waren die Roboter nicht, die Anfang Juli bei der Weltkonferenz für Künstliche Intelligenz (World Artificial Intelligence Conference, WAIC)  in Shanghai die Besucher begrüßten. Die menschenähnlichen Maschinen können sich zwar gegenseitig Bälle zuwerfen und zu traditioneller chinesischer Musik tanzen. In einigen Restaurants in China sind sie bereits als Service-Kräfte im Einsatz.  

Aber stellte man ihnen komplexere Fragen, gab es nur standardisierte Antworten allenfalls auf dem Niveau von Alexa oder Siri, weit entfernt von ChatGPT. Komplexe Sprachmodelle waren in diese tanzenden Roboter tatsächlich noch nicht integriert. Das hat einen konkreten Grund: Chatbots wie ChatGPT waren in China bislang noch gar nicht offiziell zugelassen. Entsprechend durften sie auch noch nicht angewendet werden.  

Baidu darf mit Ernie an die Öffentlichkeit 

Dabei ist ChatGPT auch unter Programmierern in China derzeit das bestimmende Thema. Doch nur wer über VPN-Zugänge Chinas Große Firewall umgeht, kann das textbasierte Dialogsystem aus den USA nutzen. Auch die chinesischen Gegenstücke wie Ernie Bot von Baidu oder Tongyi Qianwen von Alibaba waren in China bislang nur Testern vorbehalten. Das gilt auch für das Angebot der KI- und Gesichtserkennungssoftware-Firma Sensetime. 

Erst am gestrigen Donnerstag hat die chinesische Regierung erstmals vier chinesischen Tech-Firmen die Erlaubnis erteilt, ihre Chatbots der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Freigabe erfolgte damit fast ein Jahr, nachdem Open AI aus den USA ChatGPT präsentiert hat. Für die Digitalentwicklung ist das eine schiere Ewigkeit.

KI liefert unvorhersehbare Ergebnisse 

Grund der Verzögerung: Der Staatsführung war es wichtig, vorher klare Regeln für die Nutzung von generativer KI zu erlassen. Vor allem die Verantwortlichkeiten wollte sie vorab klären. Denn nichts fürchtet die kommunistische Führung mehr, als die Kontrolle über neue Medien und Technologien zu verlieren.  

Die Unvereinbarkeit zwischen lückenloser Kontrolle und der Unberechenbarkeit moderner KI ist für sie ein großes Dilemma. Einerseits hat sie bereits 2017 mit dem sogenannten Next-Generation Artificial Intelligence Plan eine dreistufige Strategie präsentiert. Bis 2020 sollte China mit den USA zumindest auf gleicher Stufe stehen, bis 2025 die Vereinigten Staaten überholt haben und bis 2030 schließlich global führend sein. Das erste Ziel zumindest hat China nicht erreicht.  

Kontrolle als Hemmnis  

Denn andererseits fürchtet die kommunistische Führung noch sehr viel mehr als westliche Regierungen, dass zu viele Falschinformationen im Netz im Umlauf sind – Gerüchte, Darstellungen oder Informationen und Meinungen, die sich gar gegen sie richten könnten.  

Seit dem 15. August gibt es nun ein entsprechendes Gesetz, das die mächtige Cyberspace Administration of China ausgearbeitet hat. Es umfasst 24 Artikel. Sie gelten nur “vorläufig”. Denn die Regierung arbeitet bereits an einem noch umfassenderen Gesetz, das wahrscheinlich bereits Anfang des kommenden Jahres in Kraft treten soll.  

Technikfirmen sollen ihre KIs zügeln 

In dem nun geltenden Regelwerk geht es im Kern vor allem um die Frage der Verantwortlichkeiten. Und diese liegen ganz klar bei den Tech-Unternehmen

• Die Anbieter sind verantwortlich für sämtliche Inhalte, die über ihre Chatbots verbreitet werden. Sie sind verpflichtet, die Inhalte zu moderieren, und können im Fall von Falschinformationen oder illegalen Inhalten zur Rechenschaft gezogen werden. Nutzer müssen sich allesamt mit ihrer richtigen Identität registrieren. 

Illegale Inhalte müssen die Anbieter sofort entfernen. Sie müssen zudem innerhalb weniger Monate dafür sorgen, dass sich derartige Inhalte nicht wiederholen, indem sie verdächtige Nutzer bei den Behörden anzeigen. 

• Anders als in Europa oder in Nordamerika müssen die Tech-Konzerne in China ihre Algorithmen in einem Register offenlegen. Sie müssen zudem sagen, mit welchen Daten der Algorithmus trainiert wurde.  

• KI-Chatbots sollen grundsätzlich die “Grundwerte des Sozialismus” spiegeln – was auch immer das heißen mag.  

Sozialistische Werte im neuronalen Netz 

Damit ist klar, dass die chinesischen Sprachmodelle keine politisch relevanten Antworten liefern werden. Die Software ist hier vermutlich auf technisch ähnlichem Wege gedrosselt, wie es OpenAI im Westen bei sensiblen Themen wie Rassismus getan hat. Das Modell verweigert auf entsprechende Fragen die Antwort.  

Die Frage nach den Vor- und Nachteilen eines kommunistischen Systems wird sich also mit Ernie kaum diskutieren lassen. Das Gleiche gilt vermutlich für andere ideologische Fragen, für politische Hotspots wie Taiwan und für die Interpretation der Geschichte. Falls doch etwas durchrutscht, bekommt der Anbieter Ärger.  

Ziel ist die China-KI 

Für US-Tech-Unternehmen wie OpenAI, Microsoft, Google oder Meta, und im Grunde sämtliche anderen KI-Anbieter aus dem Ausland, dürfte China als Markt daher kaum infrage kommen. Doch genau das scheint das Anliegen der chinesischen Führung zu sein.  

Denn so sehr der Kontrollwahn China im weltweiten KI-Wettlauf vorübergehend schwächen mag – Pekings übergeordnetes Ziel lautet, eigenständige KI-Technologie zu entwickeln, die nicht abhängig ist von westlichen Patenten.  

Je früher die KI im Anfangsstadium gebändigt wird, desto rascher wird China womöglich auch für die KI-Entwicklung in anderen Teilen der Welt Standards setzen. Das ist zumindest die Annahme. Die Bestimmungen “gehören zu den ersten derartigen KI-Regeln der Welt überhaupt”, stellt die Außenwirtschaftsagentur des Bundes, Germany Trade & Invest (GTAI), auf ihrer Webseite fest. 

Mit Datensammeln zum Erfolg 

Abschreiben sollte man China bei der KI-Entwicklung auch aus einem anderen Grund nicht. China kennt wenig Skrupel beim Datenschutz. In keinem Land dürfen Privatunternehmen und staatliche Einrichtungen so hemmungslos viele Daten ihrer Bürgern sammeln, speichern und sie auch gegenseitig zur Verfügung stellen wie in der Volksrepublik.  

Das ist ein gravierender Vorteil gegenüber dem Westen. Daten sind der zentrale Rohstoff für die KI. Bei der anwendungsbezogenen KI in der Industrie macht sich Chinas Big Data schon bemerkbar. Bei der Entwicklung des autonomen Fahrens sind chinesische Firmen bereits führend. Hierbei handelt es sich um wenig kreative, enger begrenzte Anwendungen, bei denen die chinesischen Entwickler ihre Stärken ausspielen können.

“Bei der generativen KI ist China nicht auf der Höhe”, sagt Tim Rühlig Geopolitik- und Technologie-Experte mit dem Fokus auf China bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Aber bei selbstfahrenden Fahrzeugen schon. Denn da habe China zwei Vorteile: die Sammelwut an Daten und ein dichtes Netz. Rühlig: “Es sind ja nicht nur Daten und Algorithmen notwendig, sondern auch eine gute Netzabdeckung.”

Die Texte der Table.Media-Serie “Der globale Wettlauf um Künstliche Intelligenz” finden Sie hier

  • Autonomes Fahren
  • Künstliche Intelligenz
  • Technologie
  • USA

Termine

06.09.2023, 14:00 Uhr
Chinaforum Bayern e.V., Wirtschaftskonferenz (in München): Great, Greater, Greater Bay Area! Guangdong-Hongkong-Macao als Wirtschaftsmotor der Zukunft Mehr

07.09.2023, 09:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
China-Team, Webinar: Upgrading Sales Organization in China Mehr

07.09.2023, 09:00 Uhr
Deutsche Messe Technology Academy / Zukunftsallianz Maschinenbau e.V., Tagung (in Hannover): KI in der industriellen Produktion Mehr

08.09.2023, 19:30 Uhr (09.09., 01:30 Uhr Beijing time)
Stiftung ex oriente / Konfuzius-Institut München, Vortrag: Hochschulaustausch und -zusammenarbeit zwischen China und Deutschland Mehr

News

Jahrestag von UN-Bericht zu Xinjiang

Gestern vor einem Jahr wurde der UN-Bericht zur Menschenrechtslage in Xinjiang veröffentlicht. Anlässlich des Jahrestages nannte Amnesty International den Bericht eine “ernste Mahnung, China für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft zu ziehen”. Die Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf den Bericht nannte die Menschenrechtsorganisation “völlig unzureichend”. 

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hatte den Bericht am letzten Tag ihrer Amtszeit kurz vor Mitternacht veröffentlicht. Es war der erste Bericht der UN zur Menschenrechtslage in Xinjiang. Die chinesische Regierung hatte bis zuletzt versucht, die Veröffentlichung zu verhindern. 

In dem Bericht heißt es unter anderem, dass Handlungen der chinesischen Regierung in Xinjiang “internationale Verbrechen darstellen können, insbesondere Verbrechen gegen die Menschlichkeit”. Der Report vermeidet den Ausdruck “Genozid”, der unter anderem von der US-Regierung und mehreren Parlamenten demokratischer Staaten verwendet wird, thematisiert aber sehr konkret die Vorwürfe der Zwangsarbeit, Zwangssterilisationen und Folter. Peking konnte in einem Annex auf den Bericht antworten. Auf 131 Seiten – fast dreimal so lang wie der UN-Bericht selbst – erklärt die chinesische Regierung, dass “die sogenannte Bewertung China in den Schmutz ziehe” und es verleumde. 

Über ein Jahr lang war die Veröffentlichung des Berichts immer wieder verschoben worden. Bachelet hatte die letzte Verzögerung damit begründet, dass sie die Eindrücke ihres Xinjiang-Besuchs Ende Mai in das Dokument integrieren wollte. Allerdings war die Reise nach Xinjiang keine offizielle Untersuchung und in ihrem Umfang stark eingeschränkt. jul

  • Menschenrechte

Nachbarn empört über neue Standardkarte

China hat mit der Herausgabe einer neuen Standardkarte der Volksrepublik für erheblichen Ärger unter den Nachbarstaaten gesorgt. Denn die vom Ministerium für natürliche Ressourcen herausgegebene Karte weist unter anderem einen ganzen Bundesstaat Indiens sowie Küstengewässer Malaysias als chinesisches Staatsgebiet aus. Die Karte ist für die Verwendung in Universitäten und Schulen oder durch Verlage bestimmt – es handelt sich also um ein eindeutig offizielles Kartenwerk.

Ein Affront ist die neue Karte vor allem gegenüber Indien. Auf dem Brics-Gipfel in Johannesburg hatte Staatschef Xi Jinping noch mit Premierminister Narendra Modi darüber gesprochen, wie man die seit Jahrzehnten bestehenden Spannungen entlang der rund 3.500 Kilometer langen und nicht markierten Kontrolllinie (Line of Actual Control/LAC) in unwegsamem Gelände des Himalaya abbauen könne. Viele hatten das als Tauwetter gedeutet. Doch nun zeigt die neue Karte den von China seit langem beanspruchten Bundesstaat Arunachal Pradesh als eigenes Staatsgebiet mit neuem Namen “Zangnan” (藏南), also Südtibet. Auch die Bergregion Aksai Chin im Westen Tibets zeichnet sie als Teil Chinas aus. Die Region hatte China im Grenzkrieg 1962 erobert, doch Indien hat seinen Anspruch nie aufgegeben.

Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass Xi wahrscheinlich dem G20-Gipfel in Indien fernbleiben wird – ein weiterer Affront. Satellitenbilder aus dem Himalaja zeigen zugleich, dass China auf seiner Seite der LAC mehrere Bunker baut, um sich vor indischen Angriffen zu schützen. 2020 gab es zuletzt nahe Aksai Chin Gefechte mit zwei Dutzend Toten an der LAC, und 2022 gingen Truppen beider Seiten mit Schlagstöcken und anderem Gerät aufeinander los.

Die Nachbarstaaten reagierten empört auf die Karte. “Absurde Ansprüche führen nicht dazu, dass die Gebiete anderer Leute zu deinen werden“, sagte Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar. “Einfach Karten mit Teilen Indiens vorzulegen, heißt gar nichts.”

Auch die Philippinen, Malaysia und Taiwan haben die Karte zurückgewiesen. Malaysia legte diplomatischen Protest gegen China ein, da die Karte Teile der exklusiven Wirtschaftszone des Landes vor den auf der Insel Borneo gelegenen Provinzen Sabah und Sarawak als chinesisch ausweist. Chinas Außenamtssprecher Wang Wenbin forderte am Donnerstag kühl, alle Beteiligten sollten die Karte in einer “objektiven und rationalen” Weise betrachten. Was auch immer er damit meint: Freunde dürfte sich Peking mit dem Kartenwerk nicht gemacht haben. ck

  • Geopolitik
  • Indien
  • Tibet

Drei Kandidaten für Wiegand-Nachfolge

Innerhalb des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS) verkleinert sich der Kandidaten-Kreis für die Nachfolge von Asien-Direktor Gunnar Wiegand. Im engeren Rennen um die Position seien die bisherige Stellvertreterin Wiegands, Paola Pampaloni, der schwedische Diplomat Niclas Kvarnström und die lettische Diplomatin Baiba Braže, bestätigten am Donnerstag EU-Kreise. Demnach soll bis Mitte September eine Entscheidung über Besetzung getroffen werden.

Während Pampaloni für eine Fortsetzung der bisherigen China-Politik des EEAS stehen würde, würden Kvarnström und Braže mutmaßlich Veränderungen im Vorgehen der EU gegenüber Peking bedeuten. Kvarnström leitet derzeit die Asien-Pazifik-Abteilung des Auswärtigen Amts in Schweden und könnte einen größeren Fokus auf die Indo-Pazifik-Agenda des EEAS legen. Braže war bis Juli stellvertretende Generalsekretärin bei der Nato und könnte damit einen stärkeren sicherheitspolitischen Aspekt einbringen. Sie hat bisher nicht mit einem Asien-Fokus gearbeitet.ari

  • EEAS
  • EU

Stützen für Immobilienmarkt angekündigt

Mehrere chinesische Metropolen haben am Donnerstag Maßnahmen angekündigt, um den taumelnden Immobilienmarkt zu stabilisieren. Nur kurz zuvor hatte Guangzhou als erste Metropole angekündigt, bislang geltende Regeln für die Vergabe von Hypotheken zu lockern.

Zentralbank und Finanzaufsicht gaben am Donnerstag bekannt, ab 25. September die Zinsen von bereits bestehenden Hypothekenkrediten für Erstkäufer von Immobilien senken zu wollen. Zugleich kündigten mehrere Großstädte an – darunter Peking, Shenzhen und Wuhan -, die bislang geltenden Regeln für die Vergabe von Hypotheken zu lockern. Hauskäufer können nun unabhängig von ihrer bisherigen Kreditwürdigkeit in den Genuss von vergünstigten Darlehen kommen. Die östliche Provinz Jiangsu wiederum will die Anzahlungsquote für den Erstkauf einer Immobilie senken. Kritiker halten die Reaktionen auf die um sich greifende Immobilienkrise für überfällig.

Chinas Hypothekenkredite summierten sich Ende Juni auf insgesamt 38,6 Billionen Yuan (4,9 Billionen Euro). Das entspricht rund 17 Prozent des gesamten Kreditbestands der Banken. Die Senkung der Zinsen dürfte den Druck auf die Gewinnmargen der Banken erhöhen. Drei der größten chinesischen Geldhäuser gaben in ihren Zwischenbilanzen bekannt, dass ihre Nettozinsmargen – ein wichtiger Maßstab für die Rentabilität – bereits im zurückliegenden zweiten Quartal gesunken sind.

Ebenfalls am Donnerstag teilte der angeschlagene Immobilienkonzern Evergrande mit, in diesem Monat aufgrund von Liquiditätsproblemen keine Zahlungen für Anlageprodukte leisten zu können. Die Aktien des Unternehmens waren erst am Montag auf Bewertungen im Cent-Bereich gefallen. rtr / jul

  • Immobilienmarkt

Presseschau

Cyberspionage: Chinesische Hacker greifen Bundesbehörde an ZDF
Im Rahmen eines Hilfsprogramms: USA genehmigen Waffenlieferungen für Taiwan TAGESSPIEGEL
US-Handelsministerium warnt – Anti-Spionage-Gesetz: China könnte für US-Konzerne “uninvestierbar” werden RND
President Biden does not plan to meet Chinese counterpart Xi at G20 NBCNEWS
Chinas Präsident Xi bleibt G20-Gipfel wahrscheinlich fern HANDELSBLATT
Menschenrechte: UNO verspricht Einsatz für Uiguren in China DEUTSCHLANDFUNK
China decried US tariffs, requested equal treatment for its firms in Raimondo meeting CHANNELNEWSASIA
Why the UK is talking to China BBC
Indien hängt China beim Wachstum ab – deutsche Exporte steigen HANDELSBLATT
Philippines, Malaysia, Vietnam and Taiwan join India in rejecting China’s new map TELEGRAPHINDIA
China warns India on security ties with Taiwan after ex-chiefs visit island HINDUSTANTIMES
Künstliche Intelligenz: China gibt ChatGPT-Rivalen für Öffentlichkeit frei TAGESSCHAU
With China on his mind, pope visits tiny Catholic flock in Mongolia REUTERS
U.S. ambassador to Japan visits Fukushima, expects U.S. support in seafood dispute REUTERS
China’s Disinformation Fuels Anger Over Fukushima Water Release NYTIMES
Wenn es taut im hohen Norden: Neue Schifffahrtsrouten befeuern die Rivalität der globalen Grossmächte NZZ
IAA in München: Öffnet die Messe für Chinas Autohersteller die Tür zum europäischen Markt? TAGESSPIEGEL
South Africa and China vow to improve science coordination RESEARCHPROFESSIONALNEWS
Temu: China-Müll oder Schnäppchen? “Die günstigen Preise kommen nicht von irgendwo” WA
ASML erhält Genehmigung für China-Exporte HANDELSBLATT
Exclusive: Brazil’s Petrobras plans China subsidiary in push to boost ties, CEO says REUTERS
China’s home sales drop for a third month as slowdown deepens BUSINESSTIMES
Die Immobilienkrise in China spitzt sich zu: Dem Entwickler Country Garden droht die Pleite NZZ
Sinopec sets up new entity to expand refinery investment abroad REUTERS
China’s Great Wall Motor takes a bigger slice of Russian market ASIA
Kernfusion im Tokamak: China erreicht jetzt weiteren Meilenstein WINFUTURE
Wettlauf zum Mond: Indien, China und Russland konkurrieren mit den USA um Prestige und Macht im All FR
Südchina und Hongkong rüsten sich für Super-Taifun “Saola” SPIEGEL

Standpunkt

Nicht auf den Zehenspitzen

In der Musik sind Solodarbietungen von Instrumenten wie Erhu (二胡) oder Pipa (琵琶) zwar auch heute noch traditionell chinesisch, bei Orchestern sieht die Sache allerdings schon ganz anders aus. Traditionell spielten die Musiker einer Instrumentalgruppe gleichzeitig dieselben Noten. Doch Mitte des letzten Jahrhunderts wurde das westliche Konzept der Harmonie übernommen. Alte Balladen wurden neu arrangiert und neue Stücke nach westlichen Kompositionstechniken kreiert. Orchester begannen, neben traditionellen Instrumenten auch westliche Kontrabässe zu verwenden, da kein chinesisches Instrument der Musik eine ähnlich solide Grundstütze bieten kann.

Und auch im Tanz werden die Darsteller des sogenannten chinesischen Tanzes heute auf klassisch westliche Weise ausgebildet. Nur in zwei Punkten unterscheidet er sich noch vom Ballett: Die Geschichten, die darin erzählt werden, sind chinesisch, und die Tänzerinnen stehen nicht auf den Zehenspitzen.

Der westliche Einfluss hat sich auch auf klassische chinesische Kunstwerke ausgewirkt. Diese wurden selten mit einer einzigen Perspektive gemalt – sofern überhaupt eine Perspektive verwendet wurde. Doch heute halten nur noch wenige an den alten chinesischen Techniken fest. Studenten, die sich an einer Kunsthochschule für ein Studium der chinesischen Malerei bewerben, werden neben dem Umgang mit chinesischen Tuschen und Pinseln auch auf ihre Fähigkeiten im westlichen Skizzieren geprüft.

In Xiqu lebt Tradition weiter

Den geringsten Einfluss unter allen heute noch existierenden, großen traditionellen chinesischen Kunstformen hatte der Westen auf Kalligrafie und Xiqu (戏曲), die traditionelle chinesische Oper.

Xiqu scheint fast völlig immun gegen westliche Einflüsse zu sein. Es gab einige Veränderungen in Bezug auf Dramaturgie, die Zusammensetzung der Orchester, die körperlichen Bewegungen der Darsteller und die Szenegestaltung. Das gilt insbesondere für die propagandistischen “Modellwerke” der Peking-Oper, die während der Kulturrevolution (1966 – 1976) alle chinesischen Bühnen dominierten. Später wurden diese Änderungen jedoch bis auf einige Überbleibsel im Bühnenbild wieder verworfen. Die stilisierten Bewegungen, der Tanz, die Sprache und vor allem der Gesang sind weitgehend so, wie sie es früher waren.

Mit Xiqu ist nicht nur die Peking-Oper gemeint. Fast alle 34 Provinzen haben mindestens eine lokale Form der Oper, einige Provinzen sogar mehr als eine. Manche lokalen Xiqu-Formen wie die Peking-Oper, haben auch provinzübergreifenden, sogar nationalen Einfluss. Etwa Yueju (越剧) aus Zhejiang und Yuju (豫剧) aus Henan. Schätzungsweise 150 Formen von Xiqu werden in verschiedenen Teilen Chinas regelmäßig aufgeführt.

Xiqu wurde öfter totgesagt

Kritiker behaupteten zuerst in den 1920er und 1930er Jahren, dass sich die “veraltete” Kunstform im Zuge der Modernisierung Chinas von selbst auflösen würde. Auf den Ruinen der verfallenen Qing-Dynastie war gerade die Republik China gegründet worden. Beim Rekapitulieren all der Aggressionen und Demütigungen, die die Chinesen seit dem Opiumkrieg (1840 – 1842) erfahren hatten, brachten Intellektuelle und Revolutionäre einige radikale Ideen hervor, wie man China stärken könne, darunter die Einführung des Kommunismus und die Erneuerung der chinesischen Kultur. Zu den größten Kritikern von Xiqu gehörten große Namen wie der große Schriftsteller Lu Xun (鲁迅, 1881 – 1936), der für seine scharfe Kritik an der traditionellen chinesischen Kultur bekannt war.

Auch in den 1980er Jahren sah die Zukunft für Xiqu dunkel aus. Nach der irrsinnigen Kulturrevolution, in der ein Volk von 800 Millionen Menschen nur 15 “revolutionäre Peking-Opern” und etwa 20 Filme sehen konnte, befand sich das Land wieder auf dem Weg der Modernisierung. Parallel zum politischen Tauwetter und zu den wirtschaftlichen Reformen wurden Hunderte neuer und zuvor verbotener chinesischer und ausländischer Filme, das Fernsehen, die Popmusik und andere Formen der darstellenden Künste populär.

Nachdem sie mehr als zehn Jahre lang verboten gewesen waren, durften auch traditionelle chinesische Opern wieder aufgeführt werden. Doch nach einer anfänglichen Euphorie nahm ihr Publikum rapide und stark ab. Man ging davon aus, dass nur ältere Menschen sie mochten und dass Xiqu mit diesen Menschen sterben würde. Doch die chinesischen Opern überlebten. Sie gewannen zwar kein großes, aber immerhin ein jüngeres Publikum, das die Schönheit dieses rein chinesischen Kulturguts zu schätzen gelernt hat. Heutzutage treten mehr als 10.000 private Ensembles verschiedener Xiqu-Formen auf, im Vergleich zu mehr als 100 Gruppen für Sprechdrama.

Kultur für die nationale Identität

Auch die Unterstützung durch den Staat spielt dabei eine Rolle. Je reicher die chinesische Regierung wird, desto mehr fördert sie Dinge, die die chinesische Identität repräsentieren. Öffentliche Mittel fließen überwiegend an offizielle Xiqu-Gruppen und Xiqu-Schulen. Das Image der Xiqu-Darsteller ist leider weniger glamourös als das der Künstler westlicher Musik. Die Kinder, die Xiqu-Opernschulen besuchen, stammen fast ausschließlich aus weniger wohlhabenden Familien.

Der Wert der chinesischen Oper wird jedoch international geschätzt. Die alte und elegante Opernform Kunqu (昆曲), der Vorläufer aller anderen Xiqu-Formen, wurde im Jahr 2001 von der UNESCO in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen, im Jahr 2008 auch noch in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit.

Im Päonien-Pavillon, dem bekanntesten Kunqu-Stück, besingt die Protagonistin Du Liniang eine Szene im Frühlingsgarten: “Ein Aufruhr von tiefem Purpur und leuchtendem Rot, welch ein Jammer um die Ruinen, die sie bedecken!” Die Zeiten, in denen traditionelle chinesische Opernsänger einen Aufruhr verursachen konnten, sind längst vorbei. Doch die einzigartige Farbe und der Klang, die sie der Menschheit schenken, strahlen noch immer.

Dessert

Seit Donnerstag sind alle Abschnitte der neuen Hochgeschwindigkeitstrasse Guiyang-Nanning in Betrieb. In Zahlen: 482 Kilometer Strecke, 148 Weichen, 350 Kilometer pro Stunde als Spitzengeschwindigkeit. Ein kleines Stück davon sieht man hier aus der Luft – in der Nähe von Duyun, der Hauptstadt des Bezirks Qiannan im Südwesten Chinas.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
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    Expats in China können sich freuen: Sie dürfen weiterhin von Steuererleichterungen profitieren, die ihnen das Leben in der Volksrepublik finanziell versüßen. Mindestens noch vier Jahre lang können sie etwa Schulgebühren oder Mietausgaben vom steuerpflichtigen Einkommen abziehen.

    Diese Vergünstigungen hätten bereits zum Ende des vergangenen Jahres auslaufen sollen, wurden aber in letzter Minute um ein Jahr verlängert. Nun gab die oberste Finanzbehörde bekannt, dass Ausländer in der Volksrepublik noch länger aufatmen können. Die Details dieser guten Nachrichten erläutert Jörn Petring.

    Fast ein Jahr nach der Präsentation von ChatGPT hat die chinesische Regierung vier chinesischen Tech-Firmen die Erlaubnis erteilt, ihre Chatbots ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Warum das im weltweiten Wettlauf um die Vorherrschaft auf dem Feld künstlicher Intelligenz eine solche schiere Ewigkeit gedauert hat, analysiert Felix Lee: Die Unvereinbarkeit zwischen lückenloser Kontrolle und der Unberechenbarkeit moderner KI ist für Peking ein großes Dilemma.

    Und er erklärt, warum der Kontrollwahn das Land nicht nur schwächt: Wenn es um die Daten über die Bürger – den zentralen KI-Rohstoff – geht, sind fehlende Skrupel ein echter Wettbewerbsvorteil.

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    Analyse

    Expats erleichtert über Steuervergünstigungen 

    Mit Erleichterung haben deutsche Unternehmen und Expats auf die Verlängerung vorteilhafter Steuerregelungen in China reagiert. Aus einer entsprechenden Mitteilung der obersten Finanzbehörde vom 18. August geht hervor, dass bei richtiger Vertragsgestaltung zum Beispiel Mietkosten oder Schulgebühren weiterhin nicht zum steuerpflichtigen Einkommen gerechnet werden müssen. Das reduziert die Belastung deutlich. 

    “Die Abschaffung der Steuer-Erleichterung hätte Entsendungen für Unternehmen spürbar teurer gemacht, was zu Zeiten großen Kostendrucks sicherlich zu einer weiteren Reduzierung ausländischer Mitarbeiter geführt hätte”, kommentiert Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der deutschen Handelskammer (AHK) in Peking, gegenüber China.Table. Unternehmen und Expats seien gleichermaßen erleichtert, dass der Status quo erhalten bleibe.

    Ende einer langen Zitterpartie

    Zustimmung kam auch von der Europäischen Handelskammer. Sie hatte sich nach eigenen Angaben auf allen Ebenen für das Thema eingesetzt. Die Fortsetzung der Steuerbefreiung könne dazu beitragen, die Abwanderung ausländischer Talente, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, zu stoppen, teilte die Kammer mit. Die Befreiung sei “eine willkommene Nachricht für Familien, die sich entschieden haben, nach China zu kommen oder dort zu bleiben”.

    Die individuellen Einkommensteuervergünstigungen für Ausländer waren schon seit längerem eine Zitterpartie. Ursprünglich sollten sie bereits im vergangenen Jahr auslaufen, wurden dann aber auch dank Lobbyarbeit der Kammern um ein weiteres Jahr bis Ende 2023 verlängert. 

    Die damalige Entscheidung fiel jedoch in letzter Minute zum Jahreswechsel, was bei vielen Unternehmen für große Verunsicherung gesorgt hatte. Nun ließ Peking die Betroffenen nicht so lange zappeln und verkündete die Verlängerung mehr als vier Monate vor dem Auslaufen. Dieses Mal wurde die Regel auch nicht nur um ein einzelnes Jahr, sondern gleich um vier Jahre verlängert. 

    Große Einsparungen möglich

    Die Einsparungen durch die Sonderregel sind beträchtlich, wie etwa das Beratungsunternehmen Dezan Shira & Associates in einer Analyse betont. Ausländische Arbeitnehmer können demnach “ein Vermögen an Steuern sparen”. Als Beispiel werden die in hohen Gebühren für Privatschulen in China genannt, die sich in Shanghai und Peking auf 200.000 bis sogar 350.000 Yuan pro Jahr belaufen können. Zum Vergleich: Das “normale” chinesische Steuerrecht sieht laut Dezan Shira vor, dass pro Kind nur 1.000 Yuan pro Monat abgesetzt werden können. Bei der Miete sind es maximal 1.500 Yuan pro Monat.

    Ausländer hingegen können dank der Sonderregel in vielen Fällen die vollen Kosten abrechnen, solange es sich insgesamt um einen “angemessenen” Betrag handele und eine entsprechende Rechnung oder ein anderer Zahlungsnachweis vorgelegt werden könne, erklärt Dezan Shira. Wie hoch der “angemessene Betrag” ist, werde von Stadt zu Stadt unterschiedlich ausgelegt. In der Praxis könne man von etwa 30 bis 35 Prozent des Monatsgehalts ausgehen, die unter die Steuererleichterungen fallen. 

    Vergünstigungen für die Expats können sich demnach ergeben aufgrund von:

    • Mietkosten
    • Ausbildungskosten für Kinder
    • Kosten für Sprachunterricht
    • Verpflegungskosten
    • Wäschereikosten 
    • Umzugskosten
    • Kosten für Geschäftsreisen
    • Kosten für Heimaturlaub

    Fortschritte auch bei Visa

    Das Finanzministerium hat zudem angekündigt, eine weitere begünstigende Regelung zu verlängern. Demnach muss man auch für den Jahresbonus weiterhin nur einen ermäßigten Steuersatz zahlen. Gemäß dieser Regelung berechnet man die individuelle Einkommensteuer (IIT) für einmalige Jahresboni separat, besteuert sie nicht zusammen mit dem Gesamteinkommen und entgeht so den Folgen der Steuerprogression. Diese Regelung gilt auch für chinesische Arbeitnehmer.

    Kammerchef Hildebrandt sieht generell eine stetige Verbesserung der Rahmenbedingungen seit Ende der Pandemie. “Es hat sich bereits viel getan. Visa werden zügig ausgestellt und es gibt ausreichend Flugverbindungen zu vernünftigen Preisen”, so Hildebrandt. Ein Hindernis bei der Anwerbung von Expatriates sei jedoch nach wie vor das angeschlagene Image Chinas, das den Unternehmen mehr Überzeugungsarbeit abverlange.

    • Steuern

    KI: Zwischen Kontrolle und Kreativität 

    Beim Autonomen Fahren ist China ganz weit vorn: selbstfahrende Taxis des Tech-Konzerns Baidu bei der World Robot Konferenz vor zwei Wochen.

    Wirklich überzeugend waren die Roboter nicht, die Anfang Juli bei der Weltkonferenz für Künstliche Intelligenz (World Artificial Intelligence Conference, WAIC)  in Shanghai die Besucher begrüßten. Die menschenähnlichen Maschinen können sich zwar gegenseitig Bälle zuwerfen und zu traditioneller chinesischer Musik tanzen. In einigen Restaurants in China sind sie bereits als Service-Kräfte im Einsatz.  

    Aber stellte man ihnen komplexere Fragen, gab es nur standardisierte Antworten allenfalls auf dem Niveau von Alexa oder Siri, weit entfernt von ChatGPT. Komplexe Sprachmodelle waren in diese tanzenden Roboter tatsächlich noch nicht integriert. Das hat einen konkreten Grund: Chatbots wie ChatGPT waren in China bislang noch gar nicht offiziell zugelassen. Entsprechend durften sie auch noch nicht angewendet werden.  

    Baidu darf mit Ernie an die Öffentlichkeit 

    Dabei ist ChatGPT auch unter Programmierern in China derzeit das bestimmende Thema. Doch nur wer über VPN-Zugänge Chinas Große Firewall umgeht, kann das textbasierte Dialogsystem aus den USA nutzen. Auch die chinesischen Gegenstücke wie Ernie Bot von Baidu oder Tongyi Qianwen von Alibaba waren in China bislang nur Testern vorbehalten. Das gilt auch für das Angebot der KI- und Gesichtserkennungssoftware-Firma Sensetime. 

    Erst am gestrigen Donnerstag hat die chinesische Regierung erstmals vier chinesischen Tech-Firmen die Erlaubnis erteilt, ihre Chatbots der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Freigabe erfolgte damit fast ein Jahr, nachdem Open AI aus den USA ChatGPT präsentiert hat. Für die Digitalentwicklung ist das eine schiere Ewigkeit.

    KI liefert unvorhersehbare Ergebnisse 

    Grund der Verzögerung: Der Staatsführung war es wichtig, vorher klare Regeln für die Nutzung von generativer KI zu erlassen. Vor allem die Verantwortlichkeiten wollte sie vorab klären. Denn nichts fürchtet die kommunistische Führung mehr, als die Kontrolle über neue Medien und Technologien zu verlieren.  

    Die Unvereinbarkeit zwischen lückenloser Kontrolle und der Unberechenbarkeit moderner KI ist für sie ein großes Dilemma. Einerseits hat sie bereits 2017 mit dem sogenannten Next-Generation Artificial Intelligence Plan eine dreistufige Strategie präsentiert. Bis 2020 sollte China mit den USA zumindest auf gleicher Stufe stehen, bis 2025 die Vereinigten Staaten überholt haben und bis 2030 schließlich global führend sein. Das erste Ziel zumindest hat China nicht erreicht.  

    Kontrolle als Hemmnis  

    Denn andererseits fürchtet die kommunistische Führung noch sehr viel mehr als westliche Regierungen, dass zu viele Falschinformationen im Netz im Umlauf sind – Gerüchte, Darstellungen oder Informationen und Meinungen, die sich gar gegen sie richten könnten.  

    Seit dem 15. August gibt es nun ein entsprechendes Gesetz, das die mächtige Cyberspace Administration of China ausgearbeitet hat. Es umfasst 24 Artikel. Sie gelten nur “vorläufig”. Denn die Regierung arbeitet bereits an einem noch umfassenderen Gesetz, das wahrscheinlich bereits Anfang des kommenden Jahres in Kraft treten soll.  

    Technikfirmen sollen ihre KIs zügeln 

    In dem nun geltenden Regelwerk geht es im Kern vor allem um die Frage der Verantwortlichkeiten. Und diese liegen ganz klar bei den Tech-Unternehmen

    • Die Anbieter sind verantwortlich für sämtliche Inhalte, die über ihre Chatbots verbreitet werden. Sie sind verpflichtet, die Inhalte zu moderieren, und können im Fall von Falschinformationen oder illegalen Inhalten zur Rechenschaft gezogen werden. Nutzer müssen sich allesamt mit ihrer richtigen Identität registrieren. 

    Illegale Inhalte müssen die Anbieter sofort entfernen. Sie müssen zudem innerhalb weniger Monate dafür sorgen, dass sich derartige Inhalte nicht wiederholen, indem sie verdächtige Nutzer bei den Behörden anzeigen. 

    • Anders als in Europa oder in Nordamerika müssen die Tech-Konzerne in China ihre Algorithmen in einem Register offenlegen. Sie müssen zudem sagen, mit welchen Daten der Algorithmus trainiert wurde.  

    • KI-Chatbots sollen grundsätzlich die “Grundwerte des Sozialismus” spiegeln – was auch immer das heißen mag.  

    Sozialistische Werte im neuronalen Netz 

    Damit ist klar, dass die chinesischen Sprachmodelle keine politisch relevanten Antworten liefern werden. Die Software ist hier vermutlich auf technisch ähnlichem Wege gedrosselt, wie es OpenAI im Westen bei sensiblen Themen wie Rassismus getan hat. Das Modell verweigert auf entsprechende Fragen die Antwort.  

    Die Frage nach den Vor- und Nachteilen eines kommunistischen Systems wird sich also mit Ernie kaum diskutieren lassen. Das Gleiche gilt vermutlich für andere ideologische Fragen, für politische Hotspots wie Taiwan und für die Interpretation der Geschichte. Falls doch etwas durchrutscht, bekommt der Anbieter Ärger.  

    Ziel ist die China-KI 

    Für US-Tech-Unternehmen wie OpenAI, Microsoft, Google oder Meta, und im Grunde sämtliche anderen KI-Anbieter aus dem Ausland, dürfte China als Markt daher kaum infrage kommen. Doch genau das scheint das Anliegen der chinesischen Führung zu sein.  

    Denn so sehr der Kontrollwahn China im weltweiten KI-Wettlauf vorübergehend schwächen mag – Pekings übergeordnetes Ziel lautet, eigenständige KI-Technologie zu entwickeln, die nicht abhängig ist von westlichen Patenten.  

    Je früher die KI im Anfangsstadium gebändigt wird, desto rascher wird China womöglich auch für die KI-Entwicklung in anderen Teilen der Welt Standards setzen. Das ist zumindest die Annahme. Die Bestimmungen “gehören zu den ersten derartigen KI-Regeln der Welt überhaupt”, stellt die Außenwirtschaftsagentur des Bundes, Germany Trade & Invest (GTAI), auf ihrer Webseite fest. 

    Mit Datensammeln zum Erfolg 

    Abschreiben sollte man China bei der KI-Entwicklung auch aus einem anderen Grund nicht. China kennt wenig Skrupel beim Datenschutz. In keinem Land dürfen Privatunternehmen und staatliche Einrichtungen so hemmungslos viele Daten ihrer Bürgern sammeln, speichern und sie auch gegenseitig zur Verfügung stellen wie in der Volksrepublik.  

    Das ist ein gravierender Vorteil gegenüber dem Westen. Daten sind der zentrale Rohstoff für die KI. Bei der anwendungsbezogenen KI in der Industrie macht sich Chinas Big Data schon bemerkbar. Bei der Entwicklung des autonomen Fahrens sind chinesische Firmen bereits führend. Hierbei handelt es sich um wenig kreative, enger begrenzte Anwendungen, bei denen die chinesischen Entwickler ihre Stärken ausspielen können.

    “Bei der generativen KI ist China nicht auf der Höhe”, sagt Tim Rühlig Geopolitik- und Technologie-Experte mit dem Fokus auf China bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Aber bei selbstfahrenden Fahrzeugen schon. Denn da habe China zwei Vorteile: die Sammelwut an Daten und ein dichtes Netz. Rühlig: “Es sind ja nicht nur Daten und Algorithmen notwendig, sondern auch eine gute Netzabdeckung.”

    Die Texte der Table.Media-Serie “Der globale Wettlauf um Künstliche Intelligenz” finden Sie hier

    • Autonomes Fahren
    • Künstliche Intelligenz
    • Technologie
    • USA

    Termine

    06.09.2023, 14:00 Uhr
    Chinaforum Bayern e.V., Wirtschaftskonferenz (in München): Great, Greater, Greater Bay Area! Guangdong-Hongkong-Macao als Wirtschaftsmotor der Zukunft Mehr

    07.09.2023, 09:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
    China-Team, Webinar: Upgrading Sales Organization in China Mehr

    07.09.2023, 09:00 Uhr
    Deutsche Messe Technology Academy / Zukunftsallianz Maschinenbau e.V., Tagung (in Hannover): KI in der industriellen Produktion Mehr

    08.09.2023, 19:30 Uhr (09.09., 01:30 Uhr Beijing time)
    Stiftung ex oriente / Konfuzius-Institut München, Vortrag: Hochschulaustausch und -zusammenarbeit zwischen China und Deutschland Mehr

    News

    Jahrestag von UN-Bericht zu Xinjiang

    Gestern vor einem Jahr wurde der UN-Bericht zur Menschenrechtslage in Xinjiang veröffentlicht. Anlässlich des Jahrestages nannte Amnesty International den Bericht eine “ernste Mahnung, China für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft zu ziehen”. Die Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf den Bericht nannte die Menschenrechtsorganisation “völlig unzureichend”. 

    Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hatte den Bericht am letzten Tag ihrer Amtszeit kurz vor Mitternacht veröffentlicht. Es war der erste Bericht der UN zur Menschenrechtslage in Xinjiang. Die chinesische Regierung hatte bis zuletzt versucht, die Veröffentlichung zu verhindern. 

    In dem Bericht heißt es unter anderem, dass Handlungen der chinesischen Regierung in Xinjiang “internationale Verbrechen darstellen können, insbesondere Verbrechen gegen die Menschlichkeit”. Der Report vermeidet den Ausdruck “Genozid”, der unter anderem von der US-Regierung und mehreren Parlamenten demokratischer Staaten verwendet wird, thematisiert aber sehr konkret die Vorwürfe der Zwangsarbeit, Zwangssterilisationen und Folter. Peking konnte in einem Annex auf den Bericht antworten. Auf 131 Seiten – fast dreimal so lang wie der UN-Bericht selbst – erklärt die chinesische Regierung, dass “die sogenannte Bewertung China in den Schmutz ziehe” und es verleumde. 

    Über ein Jahr lang war die Veröffentlichung des Berichts immer wieder verschoben worden. Bachelet hatte die letzte Verzögerung damit begründet, dass sie die Eindrücke ihres Xinjiang-Besuchs Ende Mai in das Dokument integrieren wollte. Allerdings war die Reise nach Xinjiang keine offizielle Untersuchung und in ihrem Umfang stark eingeschränkt. jul

    • Menschenrechte

    Nachbarn empört über neue Standardkarte

    China hat mit der Herausgabe einer neuen Standardkarte der Volksrepublik für erheblichen Ärger unter den Nachbarstaaten gesorgt. Denn die vom Ministerium für natürliche Ressourcen herausgegebene Karte weist unter anderem einen ganzen Bundesstaat Indiens sowie Küstengewässer Malaysias als chinesisches Staatsgebiet aus. Die Karte ist für die Verwendung in Universitäten und Schulen oder durch Verlage bestimmt – es handelt sich also um ein eindeutig offizielles Kartenwerk.

    Ein Affront ist die neue Karte vor allem gegenüber Indien. Auf dem Brics-Gipfel in Johannesburg hatte Staatschef Xi Jinping noch mit Premierminister Narendra Modi darüber gesprochen, wie man die seit Jahrzehnten bestehenden Spannungen entlang der rund 3.500 Kilometer langen und nicht markierten Kontrolllinie (Line of Actual Control/LAC) in unwegsamem Gelände des Himalaya abbauen könne. Viele hatten das als Tauwetter gedeutet. Doch nun zeigt die neue Karte den von China seit langem beanspruchten Bundesstaat Arunachal Pradesh als eigenes Staatsgebiet mit neuem Namen “Zangnan” (藏南), also Südtibet. Auch die Bergregion Aksai Chin im Westen Tibets zeichnet sie als Teil Chinas aus. Die Region hatte China im Grenzkrieg 1962 erobert, doch Indien hat seinen Anspruch nie aufgegeben.

    Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass Xi wahrscheinlich dem G20-Gipfel in Indien fernbleiben wird – ein weiterer Affront. Satellitenbilder aus dem Himalaja zeigen zugleich, dass China auf seiner Seite der LAC mehrere Bunker baut, um sich vor indischen Angriffen zu schützen. 2020 gab es zuletzt nahe Aksai Chin Gefechte mit zwei Dutzend Toten an der LAC, und 2022 gingen Truppen beider Seiten mit Schlagstöcken und anderem Gerät aufeinander los.

    Die Nachbarstaaten reagierten empört auf die Karte. “Absurde Ansprüche führen nicht dazu, dass die Gebiete anderer Leute zu deinen werden“, sagte Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar. “Einfach Karten mit Teilen Indiens vorzulegen, heißt gar nichts.”

    Auch die Philippinen, Malaysia und Taiwan haben die Karte zurückgewiesen. Malaysia legte diplomatischen Protest gegen China ein, da die Karte Teile der exklusiven Wirtschaftszone des Landes vor den auf der Insel Borneo gelegenen Provinzen Sabah und Sarawak als chinesisch ausweist. Chinas Außenamtssprecher Wang Wenbin forderte am Donnerstag kühl, alle Beteiligten sollten die Karte in einer “objektiven und rationalen” Weise betrachten. Was auch immer er damit meint: Freunde dürfte sich Peking mit dem Kartenwerk nicht gemacht haben. ck

    • Geopolitik
    • Indien
    • Tibet

    Drei Kandidaten für Wiegand-Nachfolge

    Innerhalb des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS) verkleinert sich der Kandidaten-Kreis für die Nachfolge von Asien-Direktor Gunnar Wiegand. Im engeren Rennen um die Position seien die bisherige Stellvertreterin Wiegands, Paola Pampaloni, der schwedische Diplomat Niclas Kvarnström und die lettische Diplomatin Baiba Braže, bestätigten am Donnerstag EU-Kreise. Demnach soll bis Mitte September eine Entscheidung über Besetzung getroffen werden.

    Während Pampaloni für eine Fortsetzung der bisherigen China-Politik des EEAS stehen würde, würden Kvarnström und Braže mutmaßlich Veränderungen im Vorgehen der EU gegenüber Peking bedeuten. Kvarnström leitet derzeit die Asien-Pazifik-Abteilung des Auswärtigen Amts in Schweden und könnte einen größeren Fokus auf die Indo-Pazifik-Agenda des EEAS legen. Braže war bis Juli stellvertretende Generalsekretärin bei der Nato und könnte damit einen stärkeren sicherheitspolitischen Aspekt einbringen. Sie hat bisher nicht mit einem Asien-Fokus gearbeitet.ari

    • EEAS
    • EU

    Stützen für Immobilienmarkt angekündigt

    Mehrere chinesische Metropolen haben am Donnerstag Maßnahmen angekündigt, um den taumelnden Immobilienmarkt zu stabilisieren. Nur kurz zuvor hatte Guangzhou als erste Metropole angekündigt, bislang geltende Regeln für die Vergabe von Hypotheken zu lockern.

    Zentralbank und Finanzaufsicht gaben am Donnerstag bekannt, ab 25. September die Zinsen von bereits bestehenden Hypothekenkrediten für Erstkäufer von Immobilien senken zu wollen. Zugleich kündigten mehrere Großstädte an – darunter Peking, Shenzhen und Wuhan -, die bislang geltenden Regeln für die Vergabe von Hypotheken zu lockern. Hauskäufer können nun unabhängig von ihrer bisherigen Kreditwürdigkeit in den Genuss von vergünstigten Darlehen kommen. Die östliche Provinz Jiangsu wiederum will die Anzahlungsquote für den Erstkauf einer Immobilie senken. Kritiker halten die Reaktionen auf die um sich greifende Immobilienkrise für überfällig.

    Chinas Hypothekenkredite summierten sich Ende Juni auf insgesamt 38,6 Billionen Yuan (4,9 Billionen Euro). Das entspricht rund 17 Prozent des gesamten Kreditbestands der Banken. Die Senkung der Zinsen dürfte den Druck auf die Gewinnmargen der Banken erhöhen. Drei der größten chinesischen Geldhäuser gaben in ihren Zwischenbilanzen bekannt, dass ihre Nettozinsmargen – ein wichtiger Maßstab für die Rentabilität – bereits im zurückliegenden zweiten Quartal gesunken sind.

    Ebenfalls am Donnerstag teilte der angeschlagene Immobilienkonzern Evergrande mit, in diesem Monat aufgrund von Liquiditätsproblemen keine Zahlungen für Anlageprodukte leisten zu können. Die Aktien des Unternehmens waren erst am Montag auf Bewertungen im Cent-Bereich gefallen. rtr / jul

    • Immobilienmarkt

    Presseschau

    Cyberspionage: Chinesische Hacker greifen Bundesbehörde an ZDF
    Im Rahmen eines Hilfsprogramms: USA genehmigen Waffenlieferungen für Taiwan TAGESSPIEGEL
    US-Handelsministerium warnt – Anti-Spionage-Gesetz: China könnte für US-Konzerne “uninvestierbar” werden RND
    President Biden does not plan to meet Chinese counterpart Xi at G20 NBCNEWS
    Chinas Präsident Xi bleibt G20-Gipfel wahrscheinlich fern HANDELSBLATT
    Menschenrechte: UNO verspricht Einsatz für Uiguren in China DEUTSCHLANDFUNK
    China decried US tariffs, requested equal treatment for its firms in Raimondo meeting CHANNELNEWSASIA
    Why the UK is talking to China BBC
    Indien hängt China beim Wachstum ab – deutsche Exporte steigen HANDELSBLATT
    Philippines, Malaysia, Vietnam and Taiwan join India in rejecting China’s new map TELEGRAPHINDIA
    China warns India on security ties with Taiwan after ex-chiefs visit island HINDUSTANTIMES
    Künstliche Intelligenz: China gibt ChatGPT-Rivalen für Öffentlichkeit frei TAGESSCHAU
    With China on his mind, pope visits tiny Catholic flock in Mongolia REUTERS
    U.S. ambassador to Japan visits Fukushima, expects U.S. support in seafood dispute REUTERS
    China’s Disinformation Fuels Anger Over Fukushima Water Release NYTIMES
    Wenn es taut im hohen Norden: Neue Schifffahrtsrouten befeuern die Rivalität der globalen Grossmächte NZZ
    IAA in München: Öffnet die Messe für Chinas Autohersteller die Tür zum europäischen Markt? TAGESSPIEGEL
    South Africa and China vow to improve science coordination RESEARCHPROFESSIONALNEWS
    Temu: China-Müll oder Schnäppchen? “Die günstigen Preise kommen nicht von irgendwo” WA
    ASML erhält Genehmigung für China-Exporte HANDELSBLATT
    Exclusive: Brazil’s Petrobras plans China subsidiary in push to boost ties, CEO says REUTERS
    China’s home sales drop for a third month as slowdown deepens BUSINESSTIMES
    Die Immobilienkrise in China spitzt sich zu: Dem Entwickler Country Garden droht die Pleite NZZ
    Sinopec sets up new entity to expand refinery investment abroad REUTERS
    China’s Great Wall Motor takes a bigger slice of Russian market ASIA
    Kernfusion im Tokamak: China erreicht jetzt weiteren Meilenstein WINFUTURE
    Wettlauf zum Mond: Indien, China und Russland konkurrieren mit den USA um Prestige und Macht im All FR
    Südchina und Hongkong rüsten sich für Super-Taifun “Saola” SPIEGEL

    Standpunkt

    Nicht auf den Zehenspitzen

    In der Musik sind Solodarbietungen von Instrumenten wie Erhu (二胡) oder Pipa (琵琶) zwar auch heute noch traditionell chinesisch, bei Orchestern sieht die Sache allerdings schon ganz anders aus. Traditionell spielten die Musiker einer Instrumentalgruppe gleichzeitig dieselben Noten. Doch Mitte des letzten Jahrhunderts wurde das westliche Konzept der Harmonie übernommen. Alte Balladen wurden neu arrangiert und neue Stücke nach westlichen Kompositionstechniken kreiert. Orchester begannen, neben traditionellen Instrumenten auch westliche Kontrabässe zu verwenden, da kein chinesisches Instrument der Musik eine ähnlich solide Grundstütze bieten kann.

    Und auch im Tanz werden die Darsteller des sogenannten chinesischen Tanzes heute auf klassisch westliche Weise ausgebildet. Nur in zwei Punkten unterscheidet er sich noch vom Ballett: Die Geschichten, die darin erzählt werden, sind chinesisch, und die Tänzerinnen stehen nicht auf den Zehenspitzen.

    Der westliche Einfluss hat sich auch auf klassische chinesische Kunstwerke ausgewirkt. Diese wurden selten mit einer einzigen Perspektive gemalt – sofern überhaupt eine Perspektive verwendet wurde. Doch heute halten nur noch wenige an den alten chinesischen Techniken fest. Studenten, die sich an einer Kunsthochschule für ein Studium der chinesischen Malerei bewerben, werden neben dem Umgang mit chinesischen Tuschen und Pinseln auch auf ihre Fähigkeiten im westlichen Skizzieren geprüft.

    In Xiqu lebt Tradition weiter

    Den geringsten Einfluss unter allen heute noch existierenden, großen traditionellen chinesischen Kunstformen hatte der Westen auf Kalligrafie und Xiqu (戏曲), die traditionelle chinesische Oper.

    Xiqu scheint fast völlig immun gegen westliche Einflüsse zu sein. Es gab einige Veränderungen in Bezug auf Dramaturgie, die Zusammensetzung der Orchester, die körperlichen Bewegungen der Darsteller und die Szenegestaltung. Das gilt insbesondere für die propagandistischen “Modellwerke” der Peking-Oper, die während der Kulturrevolution (1966 – 1976) alle chinesischen Bühnen dominierten. Später wurden diese Änderungen jedoch bis auf einige Überbleibsel im Bühnenbild wieder verworfen. Die stilisierten Bewegungen, der Tanz, die Sprache und vor allem der Gesang sind weitgehend so, wie sie es früher waren.

    Mit Xiqu ist nicht nur die Peking-Oper gemeint. Fast alle 34 Provinzen haben mindestens eine lokale Form der Oper, einige Provinzen sogar mehr als eine. Manche lokalen Xiqu-Formen wie die Peking-Oper, haben auch provinzübergreifenden, sogar nationalen Einfluss. Etwa Yueju (越剧) aus Zhejiang und Yuju (豫剧) aus Henan. Schätzungsweise 150 Formen von Xiqu werden in verschiedenen Teilen Chinas regelmäßig aufgeführt.

    Xiqu wurde öfter totgesagt

    Kritiker behaupteten zuerst in den 1920er und 1930er Jahren, dass sich die “veraltete” Kunstform im Zuge der Modernisierung Chinas von selbst auflösen würde. Auf den Ruinen der verfallenen Qing-Dynastie war gerade die Republik China gegründet worden. Beim Rekapitulieren all der Aggressionen und Demütigungen, die die Chinesen seit dem Opiumkrieg (1840 – 1842) erfahren hatten, brachten Intellektuelle und Revolutionäre einige radikale Ideen hervor, wie man China stärken könne, darunter die Einführung des Kommunismus und die Erneuerung der chinesischen Kultur. Zu den größten Kritikern von Xiqu gehörten große Namen wie der große Schriftsteller Lu Xun (鲁迅, 1881 – 1936), der für seine scharfe Kritik an der traditionellen chinesischen Kultur bekannt war.

    Auch in den 1980er Jahren sah die Zukunft für Xiqu dunkel aus. Nach der irrsinnigen Kulturrevolution, in der ein Volk von 800 Millionen Menschen nur 15 “revolutionäre Peking-Opern” und etwa 20 Filme sehen konnte, befand sich das Land wieder auf dem Weg der Modernisierung. Parallel zum politischen Tauwetter und zu den wirtschaftlichen Reformen wurden Hunderte neuer und zuvor verbotener chinesischer und ausländischer Filme, das Fernsehen, die Popmusik und andere Formen der darstellenden Künste populär.

    Nachdem sie mehr als zehn Jahre lang verboten gewesen waren, durften auch traditionelle chinesische Opern wieder aufgeführt werden. Doch nach einer anfänglichen Euphorie nahm ihr Publikum rapide und stark ab. Man ging davon aus, dass nur ältere Menschen sie mochten und dass Xiqu mit diesen Menschen sterben würde. Doch die chinesischen Opern überlebten. Sie gewannen zwar kein großes, aber immerhin ein jüngeres Publikum, das die Schönheit dieses rein chinesischen Kulturguts zu schätzen gelernt hat. Heutzutage treten mehr als 10.000 private Ensembles verschiedener Xiqu-Formen auf, im Vergleich zu mehr als 100 Gruppen für Sprechdrama.

    Kultur für die nationale Identität

    Auch die Unterstützung durch den Staat spielt dabei eine Rolle. Je reicher die chinesische Regierung wird, desto mehr fördert sie Dinge, die die chinesische Identität repräsentieren. Öffentliche Mittel fließen überwiegend an offizielle Xiqu-Gruppen und Xiqu-Schulen. Das Image der Xiqu-Darsteller ist leider weniger glamourös als das der Künstler westlicher Musik. Die Kinder, die Xiqu-Opernschulen besuchen, stammen fast ausschließlich aus weniger wohlhabenden Familien.

    Der Wert der chinesischen Oper wird jedoch international geschätzt. Die alte und elegante Opernform Kunqu (昆曲), der Vorläufer aller anderen Xiqu-Formen, wurde im Jahr 2001 von der UNESCO in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen, im Jahr 2008 auch noch in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit.

    Im Päonien-Pavillon, dem bekanntesten Kunqu-Stück, besingt die Protagonistin Du Liniang eine Szene im Frühlingsgarten: “Ein Aufruhr von tiefem Purpur und leuchtendem Rot, welch ein Jammer um die Ruinen, die sie bedecken!” Die Zeiten, in denen traditionelle chinesische Opernsänger einen Aufruhr verursachen konnten, sind längst vorbei. Doch die einzigartige Farbe und der Klang, die sie der Menschheit schenken, strahlen noch immer.

    Dessert

    Seit Donnerstag sind alle Abschnitte der neuen Hochgeschwindigkeitstrasse Guiyang-Nanning in Betrieb. In Zahlen: 482 Kilometer Strecke, 148 Weichen, 350 Kilometer pro Stunde als Spitzengeschwindigkeit. Ein kleines Stück davon sieht man hier aus der Luft – in der Nähe von Duyun, der Hauptstadt des Bezirks Qiannan im Südwesten Chinas.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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