staatliche Bemutterung und Hilfe muss kein Vorteil sein. Chinas Staatsbetriebe fallen in der Elektromobilität hinter modernen, privaten Wettbewerbern wie BYD und Xpeng zurück. Einer der Gründe: Sie haben zwar in den Jahrzehnten von 1980 bis 2020 zwar vom erzwungenen Wissenstransfer in Gemeinschaftsunternehmen mit westlichen Marken profitiert – doch dieses Wissen wird nun durch die neuen Antriebe entwertet.
Die chinesischen Staatskonzerne wie FAW und Changan sind nicht flexibel genug, um ihre Technologie und ihr Geschäftsmodell schnell genug auf den neuesten Stand zu bringen, wie Christian Domke Seidel analysiert. Aus deutscher Sicht etwas beunruhigend ist allerdings, dass die Probleme, die die verknöcherten chinesischen Staatsbetriebe mit der Transformation und der Konkurrenz durch BYD haben, denen der deutschen Autobauer ähneln.
Kanada will unterdessen genau die guten und günstigen E-Autos der Top-Anbieter wie BYD nach Möglichkeit von seinem Markt fernhalten; die Begründung ist einmal mehr: Billig-Export von Überkapazitäten. Ottawa folgt mit seinen hohen Zöllen anderen großen Märkten wie den USA und der EU.
Bald fragt man sich: Wo sollen die chinesischen Waren noch hin? Und wieder sind es die schnellen, beweglichen Marken wie BYD und Xpeng, die eine Lösung für die Handelsprobleme parat haben: Sie bauen flink in Europa Fabriken, um die Zölle durch örtliche Produktion zu umgehen.
In der Automobilbranche haben die großen chinesischen Staatskonzerne – Changan Automobile, FAW Group und Dongfeng Motor – bei der Elektromobilität den Anschluss verloren. Das liegt vor allem daran, dass es ihnen an Investitionsmöglichkeiten und Risikobereitschaft fehlt. Neue staatliche Bewertungskriterien sollen diesen Unternehmen helfen, das nötige Geld für Forschung und Entwicklung locker machen zu dürfen. Die Auswirkungen auf den schon jetzt übersättigten Markt sind noch vollkommen unklar.
Knapp jedes dritte Auto (31,6 Prozent), das im Jahr 2023 in China verkauft wurde, war ein Elektroauto, Plug-in Hybrid oder anderes New Energy Vehicle (NEV). Tendenz steigend: Im Juli 2024 lag der Anteil bereits bei der Hälfte. Ausgerechnet die drei großen staatseigenen Konzerne erreichen diese Quote aber nicht annähernd.
Doch Dongfeng schneidet hier nur scheinbar vergleichsweise gut ab: Der im Vergleich hohe Anteil liegt auch daran, dass die Gesamtverkäufe des Autoherstellers im vergangenen Jahr um 17 Prozent eingebrochen sind.
Experten zufolge stehen die Staatskonzerne vor den gleichen Hürden stehen wie die europäischen, japanischen und amerikanischen Autokonzerne. “Die etablierten Staatskonzerne produzieren seit Jahrzehnten Verbrennerautos“, sagt Jacob Gunter, Senior Analyst beim Mercator Institute for China Studies (Merics). “Auf Elektrofahrzeuge umzustellen bedeutet, das Geschäftsmodell zu ändern, und dafür muss ein Unternehmen stark investierten und viele Risiken eingehen.”
Anders gesagt: Viele chinesischen Staatskonzerne haben die gleichen Umstellungsprobleme wie die deutschen Autohersteller. Es ist eher eine Handvoll hochdynamischer Avantgardisten wie BYD, die derzeit das superfortschrittliche Image der chinesischen Fahrzeugwirtschaft prägen. Gerade die Staatsbetriebe sind auch nicht besser als die Deutschen.
Denn hohe Investitionen schaffen chinesische Staatskonzerne nicht annähernd im gleichen Maße wie Privatunternehmen. Denn die für zentralstaatliche Staatsbetriebe zuständige Kommission (State-Owned Assets Supervision and Administration Commission/SASAC) bewertet deren Investitionen, schätzt die Risiken ab und gibt einen Spielraum vor, in dem sich entsprechende Ausgaben bewegen dürfen. Die Kriterien dafür hat die SASAC jetzt erweitert.
“Die Anpassungen der Bewertung zielen darauf ab, die Hindernisse zu beseitigen”, sagte Zhang Yuzhuo, Vorsitzender der SASAC, gegenüber Caixin Global. Die neuen Kriterien sollen es ermöglichen, dass sich auch die Staatskonzerne vermehrt auf Marktanteile und die Entwicklung neuer Technologien konzentrieren können und weniger auf Absatz und Margen. Details stehen allerdings noch aus.
Dass die Staatskonzerne bei der Elektromobilität nicht die erste Geige spielen, hat aber auch noch andere Gründe. Die einstige Joint-Venture-Pflicht für ausländische Hersteller in China hat zwar zu einem Wissenstransfer geführt, von dem heimische Konzerne jetzt profitieren – aber eben nicht im Segment der Elektromobilität. Die Fortschritte der chinesischen Hersteller durch diese Partnerschaften waren eher kurz- und mittelfristiger Natur. Auch setzten ausländische Automarken sehr lange vor allem auf Verbrenner.
Dazu kommt laut Gunter, dass Chinas Staatskonzerne neben dem Automobilbau auch ganz andere Ziele auferlegt bekamen. “Die großen Staatskonzerne sind im Danwei-System. Das bedeutet, dass sie auch sozialen und politischen Zielen dienen müssen. Sie sollen in erster Linie Beschäftigung garantieren, gute Gehälter zahlen, Wohnungen und Gesundheitsvorsorge bereitstellen.” Auch das bremst die Unternehmen und lässt weniger Mittel für Forschung und Entwicklung übrig.
Die Kommunistische Partei verlangt, dass einer der drei zentralstaatlichen Staatskonzerne Changan, FAW und Dongfeng bis 2025 mindestens eine Million NEV verkauft. Nur Tage, nachdem die neuen Regelungen in Kraft getreten waren, startete Dongfeng daher eine Preisoffensive. Zum einen können Kunden ihren Gebrauchtwagen mit erheblichen Rabatten gegen ein NEV tauschen. Zum anderen gibt es hohe Preisnachlässe auf aktuelle Modelle. Changan konzentriert sich auf seine drei NEV-Marken Avatr, Deepal und Nevon, um das Millionen-Ziel erreichen, und ist außerdem eine Kooperation mit Huawei eingegangen. Der ebenfalls riesige Staatskonzern und VW-Partner Shanghai Automotive (SAIC) gehört übrigens nicht zu der genannten Gruppe, da SAIC der lokalen Shanghaier Regierung untersteht und nicht der SASAC.
Die Folgen dieser Investitionen der drei Konzerne sind jedenfalls noch nicht absehbar. Seit Jahren konsolidiert sich der Markt. Aus hunderten E-Auto-Firmen wurden durch Pleiten und Übernahmen Dutzende. Der chinesische Automarkt bleibt aber weiter von Überkapazitäten und Preiskämpfen geprägt. Es gibt noch immer eine Vielzahl an staatlichen Autobauern, wie Gunter sagt. Viele lokale Regierungen haben eigene Marken gegründet und subventionieren sie massiv, um gute Arbeitsplätze zu erhalten. Wer durch China fahre, könne sehen, wie von Region zu Region Polizei- und Taxiflotten von anderen Automarken stammten. Viele davon seien außerhalb der jeweiligen Regierungszone unbekannt.
Die regionalen Verwaltungen hoffen, ihre lokale Automarke so lange subventionieren zu können, bis der Markt weniger umkämpft ist. Ob sich die Kommunistische Partei diese Praxis noch so lange anschaut, kann aber angezweifelt werden. Gunters Einschätzung dazu: “Peking hat noch keine Entscheidung getroffen, wie sie auf die Überkapazitäten und die Vielzahl an Herstellern reagieren, weil das Thema derzeit noch keine Priorität genießt. Doch das Dilemma werden sie lösen müssen.”
Staatskonzerne sitzen beim Umbau auf Elektromobilität in jedem Falle am längeren Hebel, betont Gunter. “Für sie ist der Wechsel zu Elektroautos insofern leichter, als die Regierung diese Strategie schlichtweg anordnen kann und damit auch geringere Margen oder Verluste genehmigt sind.”
Die privaten Autobauer in China arbeiten bereits mit sehr kleinen Margen. Marktführer BYD verdiene an jedem Fahrzeug umgerechnet zwischen 1.000 und 1.500 Euro, rechnet Gunter vor. In Europa sei es das Sieben- bis Zehnfache – trotz der Transportkosten -, wobei die Auswirkungen der EU-Sonderzölle noch nicht mit einkalkuliert seien. Dennoch ist für Gunter klar: “Erhöht sich der Preisdruck durch die Staatskonzerne, werden die Privatunternehmen verstärkt ins Ausland gehen, weil dort die Margen besser sind.” BYD und andere wollen auch in Übersee produzieren. Auch SAIC schaut sich bereits in Europa um.
Nach den USA verdoppelt jetzt auch Kanada die Preise chinesischer E-Autos bei der Einfuhr. Premier Justin Trudeaus Begründung lautet: China exportiere bewusst billige Produkte aus Überkapazitäten der Fabriken des Landes. Der Schritt ist Teil eines weltweiten Trends, chinesische Importe außen vor zu halten. Und das wiederum zwingt chinesische Unternehmen zur Verlagerung von Investitionen vom eigenen Land in die Zielmärkte.
Die chinesische Regierung reagierte am Mittwoch wie erwartet verärgert und drohte Konsequenzen an. Die Botschaft in Ottawa nannte den Schritt “protektionistisch”. Es handele sich um einen Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Der Schritt untergrabe die Handelskooperation zwischen den beiden Ländern.
Auslöser der Entscheidung auf einem Kabinettstreffen, an dem auch US-Sicherheitsberater Jake Sullivan teilgenommen haben soll: Der Import chinesischer E-Autos nach Kanada hat sich binnen Jahresfrist knapp verfünffacht. Die meiste Aufmerksamkeit fiel jedoch zunächst auf Tesla. Denn die Zölle treffen auch die Autos der US-Marke, die in Shanghai hergestellt werden und laufen damit der Strategie von Firmengründer Elon Musk zuwider, dort in einem großen Werk Autos zum China-Preis herzustellen und weltweit zu verkaufen.
Ein Sprecher der kanadischen Regierung forderte denn auch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters unverhohlen, dass Tesla den kanadischen Markt eben von Nordamerika aus – sprich: aus den USA – beliefern solle. Dann fielen keine Zölle an. Die Zielrichtung ist klar: Der Absatz soll dem Arbeitsmarkt des eigenen Wirtschaftsraums dienen, Kanada will keine Resterampe für die enormen Kapazitäten der chinesischen Volkswirtschaft sein.
Chinas Handelsüberschuss stieg im Juni auf ein Rekordhoch von 99 Milliarden US-Dollar, was derzeit alle anderen Volkswirtschaften nervös macht. Schließlich ist des einen Überschuss des anderen Defizit. Der chinesische Exporterfolg wird günstigen Preisen infolge hoher Subventionen zugeschrieben.
Kanada ist mit 1,6 Millionen verkauften Pkw 2023 ein substanzieller Markt für die Autoindustrie. Allerdings ist er deutlich kleiner als beispielsweise der deutsche mit 2,8 Millionen verkauften Autos. Wichtiger ist: Der kanadische Schritt ist Teil eines weltweiten Trends. Die EU erhebt bekanntlich ab Oktober ebenfalls Zölle auf chinesische E-Autos, und viele weitere Volkswirtschaften verschließen sich. Nicht nur Autos sind betroffen: Indonesien erhebt Zölle von bis zu 200 Prozent auf Textilien aus China, Malaysia wehrt sich gegen Direktimporte durch Shopping-Plattformen.
Im Vergleich zu den pauschalen Zöllen in Höhe von 100 Prozent, die USA und Kanada verhängt haben, wirken die EU-Zölle differenziert. Sie rangieren zwischen 17 und 36,3 Prozent und wurden auf Basis einer Untersuchung der Subventionen berechnet, die einzelne Hersteller erhalten haben. Damit wirken die Zölle der EU wesentlich weniger politisch als die der Nordamerikaner. China wirft dennoch auch Brüssel Willkür vor. Die Staatsmedien unterstellen der EU, den USA blind in einen Handelskonflikt zu folgen.
Trotz des chinesischen Widerstands zeigen sich bereits Effekte der Zölle. Sie gehen in die Richtung, die sich die EU wünscht. Der Elektrofahrzeughersteller Xpeng erwägt den Bau einer Fabrik in Europa. Das sagte Firmenchef He Xiaopeng dem Nachrichtendienst Bloomberg. Auch die Einrichtung von eigenen Rechenzentren in der EU komme infrage.
Andere chinesische Marken verfolgen ähnliche Pläne. BYD baut eine Fabrik in Ungarn, Geely geht in die Slowakei, Chery produziert bereits in Spanien. Chinas Investitionen in Fabriken im europäischen Wirtschaftsraum wachsen dadurch substanziell.
Mit örtlicher Produktion entzieht man sich Einfuhrzöllen. Deshalb hatte Toyota ab den früher 1980er-Jahren begonnen, Werke zunächst in den USA und dann in Europa zu errichten. Da sich die japanischen Firmen als Wirtschaftsinländer etablierten, stießen sie von da an nicht mehr auf Vorbehalte. Sie gelten heute als gute Arbeitgeber.
Auch ein Manöver der Türkei war erfolgreich: Ankara hat erst hohe Zölle gegen chinesische Elektroautos angekündigt, den Plan dann aber zurückgezogen. Denn der Anbieter BYD hat eine hohe Investition in der Türkei angekündigt.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der chinesische Außenminister Wang Yi und US-Sicherheitsberater Jake Sullivan haben sich am Dienstag zum Gespräch hinter verschlossenen Türen getroffen. Das berichtete der chinesische Staatssender CCTV. Ziel des Treffens ist es laut CCTV, angesichts der wachsenden Spannungen zwischen beiden Ländern einen “strategischen Kommunikationskanal” aufrechtzuerhalten, um die Beziehungen zu stabilisieren
Vor dem Treffen in der Nähe von Peking bezeichnete Wang die bilateralen Beziehungen als “kritisch” für die Welt und sagte, sie hätten “Drehungen und Wendungen” erfahren, wie CCTV berichtet. Beide Seiten würden in den kommenden Tagen eingehende Gespräche führen, um “Störungen zu überwinden und Hindernisse zu beseitigen”, die einer nachhaltigen Entwicklung der bilateralen Beziehungen im Wege stehen.
Sullivan, der sich drei Tage lang in China aufhält, wurde mit den Worten zitiert, dass US-Präsident Joe Biden sich verpflichtet fühle, die Beziehungen zu China verantwortungsvoll zu gestalten, den Wettbewerb nicht in Konflikte umschlagen zu lassen und in Bereichen von gemeinsamem Interesse zu kooperieren. Bei dem Treffen soll es – neben der Sondierung eines möglichen letzten Gipfeltreffens zwischen Biden und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping – um frühere Vereinbarungen zwischen beiden Seiten gehen, etwa zur militärischen Kommunikation, zur Zusammenarbeit beim Kampf gegen Drogen und zum Dialog über künstliche Intelligenz. cyb
China wünscht sich eine breitere Unterstützung in der Welt für seinen Ukraine-Friedensplan. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, hob Chinas Ukraine-Sondergesandter Li Hui nach Gesprächen mit Indonesien, Brasilien und Südafrika hervor, dass sie alle bedeutende Kräfte im Werben für Weltfrieden seien. Sie hätten die Kommunikation sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland aufrechterhalten und fühlten sich einer politischen Lösung des Konflikts durch Dialog und Verhandlungen verpflichtet.
Auch China selbst sieht sich in diesem Camp. Peking hatte im Februar 2023 einen Zwölf-Punkte-Plan vorgelegt, der unter anderem eine politische Beilegung der “Ukraine-Krise” und die Bewahrung der legitimen Sicherheitsinteressen aller Staaten fordert. Der Plan enthält keinerlei Hinweis auf eine militärische Aggression durch Russland und stieß im Westen auf Ablehnung. Li wiederum kritisierte nun nach dem AP-Bericht die westliche Unterstützung für die Ukraine: “Alle Seiten” seien besorgt darüber, dass der Westen weiterhin die Bedingungen für die Ukraine lockere, um russisches Territorium mit von ihm gelieferten Waffen anzugreifen, sagte er mit Blick auf die aktuelle ukrainische Offensive in der russischen Region Kursk. Diese Entwicklung auf dem Schlachtfeld bestätigte diese Sorgen, sagte Li.
Die USA und die Nato bezeichneten China wegen der Nähe des Landes zu Moskau hingegen als Erfüllungsgehilfen Russlands im Ukraine-Krieg. Umgekehrt ziehen Länder des globalen Südens eher mit Peking an einem Strang. So hatte Brasilien gemeinsam mit China im Mai einen sechs-Punkte-Friedensplan vorgelegt, der “alle relevanten Parteien” zur Deeskalation auffordert und keine Kritik an Russlands Invasion übt. Die sechs Punkte richten sich unter anderem gegen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen, eine Ausweitung des Schlachtfelds, Angriffe auf Atomanlagen und die Einteilung der Welt in Blöcke.
Der ukrainische Regierungschef Wolodymyr Zelenskij hatte am Dienstag gesagt, dass der Krieg mit Russland letztendlich im Dialog enden werde, Kiew dazu aber in einer starken Position sein müsse. Er kündigte an, US-Präsident Joe Biden und seinen beiden möglichen Nachfolgern einen Plan vorzulegen. ck/rtr
China hat sein Ausbauziel für erneuerbare Energien fast sechs Jahre früher als geplant erreicht. Wie Bloomberg unter Berufung auf die Nationale Energiebehörde berichtet, installierte das Land im Juli 25 Gigawatt (GW) an Wind- und Solarenergie. Chinas Gesamtkapazität erneuerbarer Energien stieg damit auf 1.206 Gigawatt. Staatschef Xi Jinping hatte Ende 2020 das Ziel ausgerufen, bis 2030 mindestens 1.200 Gigawatt aus sauberen Energiequellen zu gewinnen.
Durch die Rekordinstallationen von Wind- und Solaranlagen im Jahr 2023 ist Chinas Stromerzeugung aus Erneuerbaren im ersten Quartal 2024 um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der Verbrauch von Kohlestrom ist dagegen zurückgegangen. Dennoch haben Solar- und Windenergie in diesem Jahr laut Bloomberg bisher nur etwa 14 Prozent des verbrauchten Stroms erzeugt. Die Nutzungsrate muss also deutlich steigen. China erarbeitet derzeit einen neuen Klimaplan (NDC), den es bis Februar 2025 an die Vereinten Nationen übermitteln muss. Dieser wird nach Meinung von Experten aber nicht ausreichen, um das Land auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Auch gilt Xis Erneuerbaren-Ausbauziel von 1200 Gigawatt unter Experten ohnehin als zu niedrig, um das ebenfalls ausgegebene Ziel zu erreichen, bis 2030 ein Viertel des Energiemixes (nicht der Stromerzeugung) aus nicht-fossilen Quellen zu liefern. Bei diesem für den globalen Klimaschutz deutlich wichtigeren Ziel sei China “stark im Rückstand”, urteilt etwa Lauri Myllyvirta vom Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) auf X. Es sei dazu noch deutlich mehr Zubau an Solar und Wind nötig, da Wasserkraft und Atomkraft bis 2030 nicht nennenswert über bestehende Pläne hinaus ausgebaut werden könnten. Myllyvirta lobte zugleich die “beeindruckende Beschleunigung des Einsatzes von Solarenergie im Jahr 2023”.
Die Zentralbank und sieben Ministerien erließen am Dienstag unterdessen neue Richtlinien, die Firmen in der Yangtse-Region neue Anreize setzen, um sich künftig mehr Kapital über grüne Anleihen und Aktien zu beschaffen. Das soll die Transformation der Wirtschaft in der Region beschleunigen, wie die South China Morning Post berichtete. Details seien noch nicht bekannt. Der Yangtze River Economic Belt umfasst elf Provinzen inklusive der autonomen Städte Shanghai und Chongqing sowie 44 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung. ck
Die chinesische Führung hat den katholischen Bischof von Tianjin, Melchior Shi Hongzhen, anerkannt. Das teilte der Vatikan am Dienstag mit. Der Geistliche war zuvor unter Hausarrest gestellt worden, weil er sich geweigert hatte, der staatlich unterstützten Kirchenstruktur Chinas beizutreten. “Diese Maßnahme ist eine positive Frucht des Dialogs, der im Laufe der Jahre zwischen dem Heiligen Stuhl und der chinesischen Regierung aufgebaut wurde”, schrieb der Vatikan in seinem Statement.
Shi, der seit 2019 Bischof von Tianjin in Nordchina ist, hatte sich geweigert, der Staatskirche beizutreten. Er wurde 1982 zum katholischen Bischof geweiht und ist heute 94 Jahre alt. Der Vatikan hat 2018 mit der Regierung in Peking ein provisorisches Abkommen über die Ernennung katholischer Bischöfe im Land geschlossen, das 2022 erneuert wurde. Die Vereinbarung gibt chinesischen Beamten Einfluss darauf, wen Papst Franziskus in China zu Bischöfen ernennt. cyb
“Upstream” (逆行人生) ist der Film des Sommers in China. Inszeniert von Xu Zheng, einem der bekanntesten Regisseure und Schauspieler des Landes, beleuchtet das Werk das Leben von Essenslieferanten und zeigt die drängenden wirtschaftlichen Probleme Chinas auf. Seit Wochen sorgt der Streifen für Gesprächsstoff in den sozialen Medien.
Xu, geboren 1972 in Shanghai und ausgebildet an der renommierten Shanghai Theatre Academy, erlangte zunächst vor allem durch seine Komödien Bekanntheit. Mit Filmen wie “Lost in Thailand” (人再囧途之泰囧) über drei in das Land reisende schräge Typen hat er sich als einer der führenden Regisseure dieses Genres im Land etabliert. Der Streifen, der 2012 in die Kinos kam, war der bis dahin größte Kassenschlager in China.
Doch Xu hat sich weiterentwickelt und bewiesen, dass er auch sehr ernste und sozialkritische Themen anpacken kann. Ein Beispiel dafür ist sein Spielfilm “Dying to Survive” (我不是药神) über einen Mann, der verzweifelt versucht, bezahlbare Medikamente für seine Leukämie zu bekommen. Das Comedy-Drama bewegte 2018 nicht nur das Publikum, sondern entfachte auch eine breite gesellschaftliche Diskussion über die hohen Kosten von Medikamenten. Das führte schließlich zu politischen Maßnahmen mit dem Ziel, die Preise zu senken.
Mit “Upstream” scheint Xu nun erneut ein großer Erfolg zu gelingen. Die Geschichte von Gao Zhilei, einem Programmierer, der nach dem Verlust seines Jobs und angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in Chinas Städten gezwungen ist, als Essenslieferant zu arbeiten, spiegelt die Herausforderungen vieler Menschen wider.
Das Werk trifft einen Nerv, weil es fast alle der aktuellen wirtschaftlichen Probleme Chinas in Gaos Schicksal bündelt. Mit Mitte 40 wird er als zu alt angesehen, um eine neue Anstellung zu finden. Zudem muss er eine Hypothek für eine Wohnung abbezahlen, die während des Immobilien-Crashes massiv an Wert verloren hat. Auch die Arztrechnungen seines Vaters belasten ihn schwer.
Xu liefert eine präzise Beobachtung der chinesischen Gesellschaft. Er zeigt die erbarmungslosen Arbeitsbedingungen der Gig-Arbeiter, deren Zahl in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Diese Beschäftigten sind meist ohne feste Anstellung und unterliegen den strengen Algorithmen der Lieferdienste wie Meituan und Ele.me. Gao muss im Film 14-Stunden-Tage bewältigen und dabei gefährliche Risiken im Straßenverkehr eingehen, um ein halbwegs akzeptables Einkommen zu erzielen.
Das Drama hat auf sozialen Netzwerken wie Weibo eine Welle von Reaktionen ausgelöst. Viele Zuschauer fühlten sich tief getroffen von der Darstellung der Lebensrealität, die ihnen allzu bekannt vorkam. Einige Kommentatoren kritisierten jedoch das ihrer Meinung nach zu optimistische Ende. Xu wollte hier wohl einen Hoffnungsschimmer setzen, indem er Gao durch harte Arbeit und die Entwicklung einer Navigations-App aus seinen finanziellen Problemen herausführt. Xu bleibt damit seiner Linie treu: Er hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, ohne die Hoffnung auf Besserung völlig aufzugeben. Jörn Petring
Marvin Freericks ist seit August Business Development Manager China bei der Heyworld GmbH. Das Logistik-Start-up gehört Lufthansa Cargo. Freericks hat an der Tsinghua University School of Economics and Management studiert und war vor seiner Tätigkeit bei Heyworld Trainee bei Lufthansa.
Julia Zhu Jianghui wird Head of Digital Data & IT des Research Center Beijing von Novo Nordisk. Das dänische Pharmaunternehmen stellt unter anderem das als “Abnehmspritze” bekannt gewordene Diabetes-Medikament Ozempic her. Sie ist seit 14 Jahren für den Konzern tätig und wechselt nun von Kopenhagen nach Peking.
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Taijiquan (太极拳) ist eine uralte chinesische Kampfkunst, geprägt von langsamen, fließenden Bewegungen – und Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin. Vielen dient Taiji eher der inneren Einkehr und Meditation als dem Kampf gegen einen imaginären Gegner. Doch das “Schattenboxen”, wie Taiji früher oft übersetzt wurde, gibt es auch als Wettbewerb um die Perfektion der Bewegungen: Bei der 4. Taijiquan-Weltmeisterschaft in Singapur werden derzeit Medaillen vergeben wie bei Olympia, für Frauen und Männer in verschiedenen Kategorien. Auf dem Bild ist Leung Yat Sing aus Hongkong zu sehen, bei seiner Übung in der Kategorie “42 Bewegungen”.
staatliche Bemutterung und Hilfe muss kein Vorteil sein. Chinas Staatsbetriebe fallen in der Elektromobilität hinter modernen, privaten Wettbewerbern wie BYD und Xpeng zurück. Einer der Gründe: Sie haben zwar in den Jahrzehnten von 1980 bis 2020 zwar vom erzwungenen Wissenstransfer in Gemeinschaftsunternehmen mit westlichen Marken profitiert – doch dieses Wissen wird nun durch die neuen Antriebe entwertet.
Die chinesischen Staatskonzerne wie FAW und Changan sind nicht flexibel genug, um ihre Technologie und ihr Geschäftsmodell schnell genug auf den neuesten Stand zu bringen, wie Christian Domke Seidel analysiert. Aus deutscher Sicht etwas beunruhigend ist allerdings, dass die Probleme, die die verknöcherten chinesischen Staatsbetriebe mit der Transformation und der Konkurrenz durch BYD haben, denen der deutschen Autobauer ähneln.
Kanada will unterdessen genau die guten und günstigen E-Autos der Top-Anbieter wie BYD nach Möglichkeit von seinem Markt fernhalten; die Begründung ist einmal mehr: Billig-Export von Überkapazitäten. Ottawa folgt mit seinen hohen Zöllen anderen großen Märkten wie den USA und der EU.
Bald fragt man sich: Wo sollen die chinesischen Waren noch hin? Und wieder sind es die schnellen, beweglichen Marken wie BYD und Xpeng, die eine Lösung für die Handelsprobleme parat haben: Sie bauen flink in Europa Fabriken, um die Zölle durch örtliche Produktion zu umgehen.
In der Automobilbranche haben die großen chinesischen Staatskonzerne – Changan Automobile, FAW Group und Dongfeng Motor – bei der Elektromobilität den Anschluss verloren. Das liegt vor allem daran, dass es ihnen an Investitionsmöglichkeiten und Risikobereitschaft fehlt. Neue staatliche Bewertungskriterien sollen diesen Unternehmen helfen, das nötige Geld für Forschung und Entwicklung locker machen zu dürfen. Die Auswirkungen auf den schon jetzt übersättigten Markt sind noch vollkommen unklar.
Knapp jedes dritte Auto (31,6 Prozent), das im Jahr 2023 in China verkauft wurde, war ein Elektroauto, Plug-in Hybrid oder anderes New Energy Vehicle (NEV). Tendenz steigend: Im Juli 2024 lag der Anteil bereits bei der Hälfte. Ausgerechnet die drei großen staatseigenen Konzerne erreichen diese Quote aber nicht annähernd.
Doch Dongfeng schneidet hier nur scheinbar vergleichsweise gut ab: Der im Vergleich hohe Anteil liegt auch daran, dass die Gesamtverkäufe des Autoherstellers im vergangenen Jahr um 17 Prozent eingebrochen sind.
Experten zufolge stehen die Staatskonzerne vor den gleichen Hürden stehen wie die europäischen, japanischen und amerikanischen Autokonzerne. “Die etablierten Staatskonzerne produzieren seit Jahrzehnten Verbrennerautos“, sagt Jacob Gunter, Senior Analyst beim Mercator Institute for China Studies (Merics). “Auf Elektrofahrzeuge umzustellen bedeutet, das Geschäftsmodell zu ändern, und dafür muss ein Unternehmen stark investierten und viele Risiken eingehen.”
Anders gesagt: Viele chinesischen Staatskonzerne haben die gleichen Umstellungsprobleme wie die deutschen Autohersteller. Es ist eher eine Handvoll hochdynamischer Avantgardisten wie BYD, die derzeit das superfortschrittliche Image der chinesischen Fahrzeugwirtschaft prägen. Gerade die Staatsbetriebe sind auch nicht besser als die Deutschen.
Denn hohe Investitionen schaffen chinesische Staatskonzerne nicht annähernd im gleichen Maße wie Privatunternehmen. Denn die für zentralstaatliche Staatsbetriebe zuständige Kommission (State-Owned Assets Supervision and Administration Commission/SASAC) bewertet deren Investitionen, schätzt die Risiken ab und gibt einen Spielraum vor, in dem sich entsprechende Ausgaben bewegen dürfen. Die Kriterien dafür hat die SASAC jetzt erweitert.
“Die Anpassungen der Bewertung zielen darauf ab, die Hindernisse zu beseitigen”, sagte Zhang Yuzhuo, Vorsitzender der SASAC, gegenüber Caixin Global. Die neuen Kriterien sollen es ermöglichen, dass sich auch die Staatskonzerne vermehrt auf Marktanteile und die Entwicklung neuer Technologien konzentrieren können und weniger auf Absatz und Margen. Details stehen allerdings noch aus.
Dass die Staatskonzerne bei der Elektromobilität nicht die erste Geige spielen, hat aber auch noch andere Gründe. Die einstige Joint-Venture-Pflicht für ausländische Hersteller in China hat zwar zu einem Wissenstransfer geführt, von dem heimische Konzerne jetzt profitieren – aber eben nicht im Segment der Elektromobilität. Die Fortschritte der chinesischen Hersteller durch diese Partnerschaften waren eher kurz- und mittelfristiger Natur. Auch setzten ausländische Automarken sehr lange vor allem auf Verbrenner.
Dazu kommt laut Gunter, dass Chinas Staatskonzerne neben dem Automobilbau auch ganz andere Ziele auferlegt bekamen. “Die großen Staatskonzerne sind im Danwei-System. Das bedeutet, dass sie auch sozialen und politischen Zielen dienen müssen. Sie sollen in erster Linie Beschäftigung garantieren, gute Gehälter zahlen, Wohnungen und Gesundheitsvorsorge bereitstellen.” Auch das bremst die Unternehmen und lässt weniger Mittel für Forschung und Entwicklung übrig.
Die Kommunistische Partei verlangt, dass einer der drei zentralstaatlichen Staatskonzerne Changan, FAW und Dongfeng bis 2025 mindestens eine Million NEV verkauft. Nur Tage, nachdem die neuen Regelungen in Kraft getreten waren, startete Dongfeng daher eine Preisoffensive. Zum einen können Kunden ihren Gebrauchtwagen mit erheblichen Rabatten gegen ein NEV tauschen. Zum anderen gibt es hohe Preisnachlässe auf aktuelle Modelle. Changan konzentriert sich auf seine drei NEV-Marken Avatr, Deepal und Nevon, um das Millionen-Ziel erreichen, und ist außerdem eine Kooperation mit Huawei eingegangen. Der ebenfalls riesige Staatskonzern und VW-Partner Shanghai Automotive (SAIC) gehört übrigens nicht zu der genannten Gruppe, da SAIC der lokalen Shanghaier Regierung untersteht und nicht der SASAC.
Die Folgen dieser Investitionen der drei Konzerne sind jedenfalls noch nicht absehbar. Seit Jahren konsolidiert sich der Markt. Aus hunderten E-Auto-Firmen wurden durch Pleiten und Übernahmen Dutzende. Der chinesische Automarkt bleibt aber weiter von Überkapazitäten und Preiskämpfen geprägt. Es gibt noch immer eine Vielzahl an staatlichen Autobauern, wie Gunter sagt. Viele lokale Regierungen haben eigene Marken gegründet und subventionieren sie massiv, um gute Arbeitsplätze zu erhalten. Wer durch China fahre, könne sehen, wie von Region zu Region Polizei- und Taxiflotten von anderen Automarken stammten. Viele davon seien außerhalb der jeweiligen Regierungszone unbekannt.
Die regionalen Verwaltungen hoffen, ihre lokale Automarke so lange subventionieren zu können, bis der Markt weniger umkämpft ist. Ob sich die Kommunistische Partei diese Praxis noch so lange anschaut, kann aber angezweifelt werden. Gunters Einschätzung dazu: “Peking hat noch keine Entscheidung getroffen, wie sie auf die Überkapazitäten und die Vielzahl an Herstellern reagieren, weil das Thema derzeit noch keine Priorität genießt. Doch das Dilemma werden sie lösen müssen.”
Staatskonzerne sitzen beim Umbau auf Elektromobilität in jedem Falle am längeren Hebel, betont Gunter. “Für sie ist der Wechsel zu Elektroautos insofern leichter, als die Regierung diese Strategie schlichtweg anordnen kann und damit auch geringere Margen oder Verluste genehmigt sind.”
Die privaten Autobauer in China arbeiten bereits mit sehr kleinen Margen. Marktführer BYD verdiene an jedem Fahrzeug umgerechnet zwischen 1.000 und 1.500 Euro, rechnet Gunter vor. In Europa sei es das Sieben- bis Zehnfache – trotz der Transportkosten -, wobei die Auswirkungen der EU-Sonderzölle noch nicht mit einkalkuliert seien. Dennoch ist für Gunter klar: “Erhöht sich der Preisdruck durch die Staatskonzerne, werden die Privatunternehmen verstärkt ins Ausland gehen, weil dort die Margen besser sind.” BYD und andere wollen auch in Übersee produzieren. Auch SAIC schaut sich bereits in Europa um.
Nach den USA verdoppelt jetzt auch Kanada die Preise chinesischer E-Autos bei der Einfuhr. Premier Justin Trudeaus Begründung lautet: China exportiere bewusst billige Produkte aus Überkapazitäten der Fabriken des Landes. Der Schritt ist Teil eines weltweiten Trends, chinesische Importe außen vor zu halten. Und das wiederum zwingt chinesische Unternehmen zur Verlagerung von Investitionen vom eigenen Land in die Zielmärkte.
Die chinesische Regierung reagierte am Mittwoch wie erwartet verärgert und drohte Konsequenzen an. Die Botschaft in Ottawa nannte den Schritt “protektionistisch”. Es handele sich um einen Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Der Schritt untergrabe die Handelskooperation zwischen den beiden Ländern.
Auslöser der Entscheidung auf einem Kabinettstreffen, an dem auch US-Sicherheitsberater Jake Sullivan teilgenommen haben soll: Der Import chinesischer E-Autos nach Kanada hat sich binnen Jahresfrist knapp verfünffacht. Die meiste Aufmerksamkeit fiel jedoch zunächst auf Tesla. Denn die Zölle treffen auch die Autos der US-Marke, die in Shanghai hergestellt werden und laufen damit der Strategie von Firmengründer Elon Musk zuwider, dort in einem großen Werk Autos zum China-Preis herzustellen und weltweit zu verkaufen.
Ein Sprecher der kanadischen Regierung forderte denn auch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters unverhohlen, dass Tesla den kanadischen Markt eben von Nordamerika aus – sprich: aus den USA – beliefern solle. Dann fielen keine Zölle an. Die Zielrichtung ist klar: Der Absatz soll dem Arbeitsmarkt des eigenen Wirtschaftsraums dienen, Kanada will keine Resterampe für die enormen Kapazitäten der chinesischen Volkswirtschaft sein.
Chinas Handelsüberschuss stieg im Juni auf ein Rekordhoch von 99 Milliarden US-Dollar, was derzeit alle anderen Volkswirtschaften nervös macht. Schließlich ist des einen Überschuss des anderen Defizit. Der chinesische Exporterfolg wird günstigen Preisen infolge hoher Subventionen zugeschrieben.
Kanada ist mit 1,6 Millionen verkauften Pkw 2023 ein substanzieller Markt für die Autoindustrie. Allerdings ist er deutlich kleiner als beispielsweise der deutsche mit 2,8 Millionen verkauften Autos. Wichtiger ist: Der kanadische Schritt ist Teil eines weltweiten Trends. Die EU erhebt bekanntlich ab Oktober ebenfalls Zölle auf chinesische E-Autos, und viele weitere Volkswirtschaften verschließen sich. Nicht nur Autos sind betroffen: Indonesien erhebt Zölle von bis zu 200 Prozent auf Textilien aus China, Malaysia wehrt sich gegen Direktimporte durch Shopping-Plattformen.
Im Vergleich zu den pauschalen Zöllen in Höhe von 100 Prozent, die USA und Kanada verhängt haben, wirken die EU-Zölle differenziert. Sie rangieren zwischen 17 und 36,3 Prozent und wurden auf Basis einer Untersuchung der Subventionen berechnet, die einzelne Hersteller erhalten haben. Damit wirken die Zölle der EU wesentlich weniger politisch als die der Nordamerikaner. China wirft dennoch auch Brüssel Willkür vor. Die Staatsmedien unterstellen der EU, den USA blind in einen Handelskonflikt zu folgen.
Trotz des chinesischen Widerstands zeigen sich bereits Effekte der Zölle. Sie gehen in die Richtung, die sich die EU wünscht. Der Elektrofahrzeughersteller Xpeng erwägt den Bau einer Fabrik in Europa. Das sagte Firmenchef He Xiaopeng dem Nachrichtendienst Bloomberg. Auch die Einrichtung von eigenen Rechenzentren in der EU komme infrage.
Andere chinesische Marken verfolgen ähnliche Pläne. BYD baut eine Fabrik in Ungarn, Geely geht in die Slowakei, Chery produziert bereits in Spanien. Chinas Investitionen in Fabriken im europäischen Wirtschaftsraum wachsen dadurch substanziell.
Mit örtlicher Produktion entzieht man sich Einfuhrzöllen. Deshalb hatte Toyota ab den früher 1980er-Jahren begonnen, Werke zunächst in den USA und dann in Europa zu errichten. Da sich die japanischen Firmen als Wirtschaftsinländer etablierten, stießen sie von da an nicht mehr auf Vorbehalte. Sie gelten heute als gute Arbeitgeber.
Auch ein Manöver der Türkei war erfolgreich: Ankara hat erst hohe Zölle gegen chinesische Elektroautos angekündigt, den Plan dann aber zurückgezogen. Denn der Anbieter BYD hat eine hohe Investition in der Türkei angekündigt.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der chinesische Außenminister Wang Yi und US-Sicherheitsberater Jake Sullivan haben sich am Dienstag zum Gespräch hinter verschlossenen Türen getroffen. Das berichtete der chinesische Staatssender CCTV. Ziel des Treffens ist es laut CCTV, angesichts der wachsenden Spannungen zwischen beiden Ländern einen “strategischen Kommunikationskanal” aufrechtzuerhalten, um die Beziehungen zu stabilisieren
Vor dem Treffen in der Nähe von Peking bezeichnete Wang die bilateralen Beziehungen als “kritisch” für die Welt und sagte, sie hätten “Drehungen und Wendungen” erfahren, wie CCTV berichtet. Beide Seiten würden in den kommenden Tagen eingehende Gespräche führen, um “Störungen zu überwinden und Hindernisse zu beseitigen”, die einer nachhaltigen Entwicklung der bilateralen Beziehungen im Wege stehen.
Sullivan, der sich drei Tage lang in China aufhält, wurde mit den Worten zitiert, dass US-Präsident Joe Biden sich verpflichtet fühle, die Beziehungen zu China verantwortungsvoll zu gestalten, den Wettbewerb nicht in Konflikte umschlagen zu lassen und in Bereichen von gemeinsamem Interesse zu kooperieren. Bei dem Treffen soll es – neben der Sondierung eines möglichen letzten Gipfeltreffens zwischen Biden und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping – um frühere Vereinbarungen zwischen beiden Seiten gehen, etwa zur militärischen Kommunikation, zur Zusammenarbeit beim Kampf gegen Drogen und zum Dialog über künstliche Intelligenz. cyb
China wünscht sich eine breitere Unterstützung in der Welt für seinen Ukraine-Friedensplan. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, hob Chinas Ukraine-Sondergesandter Li Hui nach Gesprächen mit Indonesien, Brasilien und Südafrika hervor, dass sie alle bedeutende Kräfte im Werben für Weltfrieden seien. Sie hätten die Kommunikation sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland aufrechterhalten und fühlten sich einer politischen Lösung des Konflikts durch Dialog und Verhandlungen verpflichtet.
Auch China selbst sieht sich in diesem Camp. Peking hatte im Februar 2023 einen Zwölf-Punkte-Plan vorgelegt, der unter anderem eine politische Beilegung der “Ukraine-Krise” und die Bewahrung der legitimen Sicherheitsinteressen aller Staaten fordert. Der Plan enthält keinerlei Hinweis auf eine militärische Aggression durch Russland und stieß im Westen auf Ablehnung. Li wiederum kritisierte nun nach dem AP-Bericht die westliche Unterstützung für die Ukraine: “Alle Seiten” seien besorgt darüber, dass der Westen weiterhin die Bedingungen für die Ukraine lockere, um russisches Territorium mit von ihm gelieferten Waffen anzugreifen, sagte er mit Blick auf die aktuelle ukrainische Offensive in der russischen Region Kursk. Diese Entwicklung auf dem Schlachtfeld bestätigte diese Sorgen, sagte Li.
Die USA und die Nato bezeichneten China wegen der Nähe des Landes zu Moskau hingegen als Erfüllungsgehilfen Russlands im Ukraine-Krieg. Umgekehrt ziehen Länder des globalen Südens eher mit Peking an einem Strang. So hatte Brasilien gemeinsam mit China im Mai einen sechs-Punkte-Friedensplan vorgelegt, der “alle relevanten Parteien” zur Deeskalation auffordert und keine Kritik an Russlands Invasion übt. Die sechs Punkte richten sich unter anderem gegen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen, eine Ausweitung des Schlachtfelds, Angriffe auf Atomanlagen und die Einteilung der Welt in Blöcke.
Der ukrainische Regierungschef Wolodymyr Zelenskij hatte am Dienstag gesagt, dass der Krieg mit Russland letztendlich im Dialog enden werde, Kiew dazu aber in einer starken Position sein müsse. Er kündigte an, US-Präsident Joe Biden und seinen beiden möglichen Nachfolgern einen Plan vorzulegen. ck/rtr
China hat sein Ausbauziel für erneuerbare Energien fast sechs Jahre früher als geplant erreicht. Wie Bloomberg unter Berufung auf die Nationale Energiebehörde berichtet, installierte das Land im Juli 25 Gigawatt (GW) an Wind- und Solarenergie. Chinas Gesamtkapazität erneuerbarer Energien stieg damit auf 1.206 Gigawatt. Staatschef Xi Jinping hatte Ende 2020 das Ziel ausgerufen, bis 2030 mindestens 1.200 Gigawatt aus sauberen Energiequellen zu gewinnen.
Durch die Rekordinstallationen von Wind- und Solaranlagen im Jahr 2023 ist Chinas Stromerzeugung aus Erneuerbaren im ersten Quartal 2024 um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der Verbrauch von Kohlestrom ist dagegen zurückgegangen. Dennoch haben Solar- und Windenergie in diesem Jahr laut Bloomberg bisher nur etwa 14 Prozent des verbrauchten Stroms erzeugt. Die Nutzungsrate muss also deutlich steigen. China erarbeitet derzeit einen neuen Klimaplan (NDC), den es bis Februar 2025 an die Vereinten Nationen übermitteln muss. Dieser wird nach Meinung von Experten aber nicht ausreichen, um das Land auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Auch gilt Xis Erneuerbaren-Ausbauziel von 1200 Gigawatt unter Experten ohnehin als zu niedrig, um das ebenfalls ausgegebene Ziel zu erreichen, bis 2030 ein Viertel des Energiemixes (nicht der Stromerzeugung) aus nicht-fossilen Quellen zu liefern. Bei diesem für den globalen Klimaschutz deutlich wichtigeren Ziel sei China “stark im Rückstand”, urteilt etwa Lauri Myllyvirta vom Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) auf X. Es sei dazu noch deutlich mehr Zubau an Solar und Wind nötig, da Wasserkraft und Atomkraft bis 2030 nicht nennenswert über bestehende Pläne hinaus ausgebaut werden könnten. Myllyvirta lobte zugleich die “beeindruckende Beschleunigung des Einsatzes von Solarenergie im Jahr 2023”.
Die Zentralbank und sieben Ministerien erließen am Dienstag unterdessen neue Richtlinien, die Firmen in der Yangtse-Region neue Anreize setzen, um sich künftig mehr Kapital über grüne Anleihen und Aktien zu beschaffen. Das soll die Transformation der Wirtschaft in der Region beschleunigen, wie die South China Morning Post berichtete. Details seien noch nicht bekannt. Der Yangtze River Economic Belt umfasst elf Provinzen inklusive der autonomen Städte Shanghai und Chongqing sowie 44 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung. ck
Die chinesische Führung hat den katholischen Bischof von Tianjin, Melchior Shi Hongzhen, anerkannt. Das teilte der Vatikan am Dienstag mit. Der Geistliche war zuvor unter Hausarrest gestellt worden, weil er sich geweigert hatte, der staatlich unterstützten Kirchenstruktur Chinas beizutreten. “Diese Maßnahme ist eine positive Frucht des Dialogs, der im Laufe der Jahre zwischen dem Heiligen Stuhl und der chinesischen Regierung aufgebaut wurde”, schrieb der Vatikan in seinem Statement.
Shi, der seit 2019 Bischof von Tianjin in Nordchina ist, hatte sich geweigert, der Staatskirche beizutreten. Er wurde 1982 zum katholischen Bischof geweiht und ist heute 94 Jahre alt. Der Vatikan hat 2018 mit der Regierung in Peking ein provisorisches Abkommen über die Ernennung katholischer Bischöfe im Land geschlossen, das 2022 erneuert wurde. Die Vereinbarung gibt chinesischen Beamten Einfluss darauf, wen Papst Franziskus in China zu Bischöfen ernennt. cyb
“Upstream” (逆行人生) ist der Film des Sommers in China. Inszeniert von Xu Zheng, einem der bekanntesten Regisseure und Schauspieler des Landes, beleuchtet das Werk das Leben von Essenslieferanten und zeigt die drängenden wirtschaftlichen Probleme Chinas auf. Seit Wochen sorgt der Streifen für Gesprächsstoff in den sozialen Medien.
Xu, geboren 1972 in Shanghai und ausgebildet an der renommierten Shanghai Theatre Academy, erlangte zunächst vor allem durch seine Komödien Bekanntheit. Mit Filmen wie “Lost in Thailand” (人再囧途之泰囧) über drei in das Land reisende schräge Typen hat er sich als einer der führenden Regisseure dieses Genres im Land etabliert. Der Streifen, der 2012 in die Kinos kam, war der bis dahin größte Kassenschlager in China.
Doch Xu hat sich weiterentwickelt und bewiesen, dass er auch sehr ernste und sozialkritische Themen anpacken kann. Ein Beispiel dafür ist sein Spielfilm “Dying to Survive” (我不是药神) über einen Mann, der verzweifelt versucht, bezahlbare Medikamente für seine Leukämie zu bekommen. Das Comedy-Drama bewegte 2018 nicht nur das Publikum, sondern entfachte auch eine breite gesellschaftliche Diskussion über die hohen Kosten von Medikamenten. Das führte schließlich zu politischen Maßnahmen mit dem Ziel, die Preise zu senken.
Mit “Upstream” scheint Xu nun erneut ein großer Erfolg zu gelingen. Die Geschichte von Gao Zhilei, einem Programmierer, der nach dem Verlust seines Jobs und angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in Chinas Städten gezwungen ist, als Essenslieferant zu arbeiten, spiegelt die Herausforderungen vieler Menschen wider.
Das Werk trifft einen Nerv, weil es fast alle der aktuellen wirtschaftlichen Probleme Chinas in Gaos Schicksal bündelt. Mit Mitte 40 wird er als zu alt angesehen, um eine neue Anstellung zu finden. Zudem muss er eine Hypothek für eine Wohnung abbezahlen, die während des Immobilien-Crashes massiv an Wert verloren hat. Auch die Arztrechnungen seines Vaters belasten ihn schwer.
Xu liefert eine präzise Beobachtung der chinesischen Gesellschaft. Er zeigt die erbarmungslosen Arbeitsbedingungen der Gig-Arbeiter, deren Zahl in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Diese Beschäftigten sind meist ohne feste Anstellung und unterliegen den strengen Algorithmen der Lieferdienste wie Meituan und Ele.me. Gao muss im Film 14-Stunden-Tage bewältigen und dabei gefährliche Risiken im Straßenverkehr eingehen, um ein halbwegs akzeptables Einkommen zu erzielen.
Das Drama hat auf sozialen Netzwerken wie Weibo eine Welle von Reaktionen ausgelöst. Viele Zuschauer fühlten sich tief getroffen von der Darstellung der Lebensrealität, die ihnen allzu bekannt vorkam. Einige Kommentatoren kritisierten jedoch das ihrer Meinung nach zu optimistische Ende. Xu wollte hier wohl einen Hoffnungsschimmer setzen, indem er Gao durch harte Arbeit und die Entwicklung einer Navigations-App aus seinen finanziellen Problemen herausführt. Xu bleibt damit seiner Linie treu: Er hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, ohne die Hoffnung auf Besserung völlig aufzugeben. Jörn Petring
Marvin Freericks ist seit August Business Development Manager China bei der Heyworld GmbH. Das Logistik-Start-up gehört Lufthansa Cargo. Freericks hat an der Tsinghua University School of Economics and Management studiert und war vor seiner Tätigkeit bei Heyworld Trainee bei Lufthansa.
Julia Zhu Jianghui wird Head of Digital Data & IT des Research Center Beijing von Novo Nordisk. Das dänische Pharmaunternehmen stellt unter anderem das als “Abnehmspritze” bekannt gewordene Diabetes-Medikament Ozempic her. Sie ist seit 14 Jahren für den Konzern tätig und wechselt nun von Kopenhagen nach Peking.
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Taijiquan (太极拳) ist eine uralte chinesische Kampfkunst, geprägt von langsamen, fließenden Bewegungen – und Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin. Vielen dient Taiji eher der inneren Einkehr und Meditation als dem Kampf gegen einen imaginären Gegner. Doch das “Schattenboxen”, wie Taiji früher oft übersetzt wurde, gibt es auch als Wettbewerb um die Perfektion der Bewegungen: Bei der 4. Taijiquan-Weltmeisterschaft in Singapur werden derzeit Medaillen vergeben wie bei Olympia, für Frauen und Männer in verschiedenen Kategorien. Auf dem Bild ist Leung Yat Sing aus Hongkong zu sehen, bei seiner Übung in der Kategorie “42 Bewegungen”.