Table.Briefing: China

Qin Gang in Afrika + Sandschneider im Interview

  • Ägypten wird Chinas Top-Partner in Afrika
  • Eberhard Sandschneider kritisiert Taiwan-Reisen
  • Peking veröffentlicht Corona-Todeszahlen
  • Rekordhoch im Handel mit Russland
  • China wird zweitgrößter Auto-Exporteur
  • Japan und USA bekräftigen Bündnis
  • Nachruf auf Ex-VW-Chef Carl Hahn
Liebe Leserin, lieber Leser,

seine erste offizielle Reise führt Chinas neuen Außenminister Qin Gang diese Woche durch verschiedene Länder Afrikas. Damit setzt der ehemalige Botschafter der Volksrepublik in den USA ein klares Signal: Der Kontinent bleibt für die Volksrepublik auf dem Weg zur Weltmacht weiter eine Top-Priorität. Vor allem Ägypten rückt in den Fokus, schreibt Michael Radunski in seiner außenpolitischen Analyse. Von hier kann Peking seinen Einfluss in den Nahen Osten ausdehnen.

Während China also einen Brückenkopf zwischen der arabischen und afrikanischen Welt baut und weiter Infrastrukturprojekte in Milliardenhöhe finanziert, zögert der Westen noch immer. Westliche Gegenstücke zu Pekings Belt-and-Road-Initiative wie Global Gateway und Build Back Better World beschränken sich vor allem auf Versprechungen. In der afrikanischen Union wird das Ungleichgewicht genau zur Kenntnis genommen.

Genau zur Kenntnis nimmt die chinesische Führung unterdessen die immer zahlreicher werdenden Besuche westlicher Politiker in Taiwan. Während hochrangige Delegationen wie die der FDP ihre Reisen als Rückendeckung für eine parlamentarische Demokratie in Asien verstanden wissen wollen, sieht Eberhard Sandschneider darin vor allem die Befriedigung innenpolitischer Geltungssucht. Wie der Politologe und Taiwan-Experte im Interview mit Felix Lee erklärt, nützen die Reisen Taiwan nicht nur nichts, sondern könnten die Insel sogar in eine militärische Eskalationsspirale mit China treiben – und das hätte “weltwirtschaftlich katastrophale Folgen”.

Auch die Abhängigkeits-Debatte hält der ehemalige FU-Professor für “hysterisch”. Chinas Binnenmarkt sei nicht zu ersetzen. Die beste Lösung sei in jedem Fall die Aufrechterhaltung des Status Quo.

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

China gibt Geld, der Westen gibt Versprechen

China in Afrika: Der neue chinesische Außenminister zu Besuch in Benin.
Qin Gang am Samstag mit Aurelien Agbenonci, seinem Amtskollegen aus Benin

Die erste Reise des neuen Jahres führt den chinesischen Außenminister nach Afrika. Was im Westen überraschend klingt, ist für China seit 33 Jahren eine Tradition. Allerdings ist Qin Gang erst seit wenigen Wochen im Amt – und so hätte es nicht verwundert, wäre Chinas neuer Chef-Diplomat zuerst woanders hingereist: etwa zum Freund nach Russland, zu umworbenen Partnern nach Deutschland oder Frankreich oder gar zur Konkurrenz nach Amerika. Doch Qin Gang entschied sich für Äthiopien, Gabun, Angola, Benin und Ägypten, inklusive eines Besuchs im Hauptquartier der Afrikanischen Union (AU).

Damit setzt Qin ein klares Signal: Während Europäer und Amerika sich schon schwertun, Afrika auch nur auf die politische Tagesordnung zu bringen, reisen Chinas Außenminister zu Jahresbeginn verlässlich nach Afrika. Selbst, wenn der Minister erst wenige Wochen im Amt ist.

Qins ausbalancierte Reiseplanung

Dabei geht Peking sehr geschickt vor. Qins Reiseplanung offenbart eine geschickte Balance zwischen Ost-, Zentral-, West-, Nord- und Südafrika; zwischen Indischem und Atlantischem Ozean, sowie zwischen Wirtschafts- und geopolitischen Interessen.

Kurz die wichtigsten Punkte der aktuellen Reise:

  • Äthiopien: Bei dem Besuch lassen sich vor allem zwei Ziele erkennen. (1) Peking will dem Vorwurf der chinesischen Schuldenfalle entgegentreten und (2) zugleich mit dem Besuch des Hauptquartiers der Afrikanischen Union (AU) politisch ein Signal an den gesamten Kontinent senden. So kündigte Qin denn auch einen Teilerlass der Schulden an, ohne allerdings Details zu nennen; Äthiopien hat sich allein seit 2000 knapp 14 Milliarden US-Dollar von China geliehen – 13 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts.
  • Gabun/Benin: Diese Auswahl zeigt, dass China seinen Einfluss auch im frankofonen Afrika ausbauen will. Zudem wird durch Qins Besuch in Gabun und Benin ein klarer Unterschied zum US-Ansatz deutlich. Washington konzentriert sich vor allem auf große Länder. Pekings Ansatz hingegen: In der UN-Generalversammlung zählt Benins Stimme genauso viel wie die Stimme Südafrikas oder Spaniens.
  • Angola: Hier gab es zuletzt Unstimmigkeiten beim Öl-Kauf. Angola ist aber auch weiterhin wichtig als Transitland für strategische Ressourcen, die beispielsweise aus der Demokratischen Republik Kongo über die Benguela-Eisenbahn zum Hafen von Lobito geliefert werden.
  • Ägypten: Ist ein strategisch wichtiger Stopp. Chinesische Unternehmer bauen Ägyptens neue Hauptstadt und investieren massiv in die Wirtschaftszone des Suezkanals. Zudem gehört Ägypten zu den größten Empfängern von in China hergestellten Impfstoffen und beherbergt eine von nur zwei Impfstoff-Produktionsstätten in Afrika.

Ägypten war denn auch wohl die wichtigste Station von Qins Reise – und das nicht nur aus den genannten wirtschaftlichen Gründen. “Der Stopp in Kairo unterstreicht die wachsende Bedeutung, welche die Arabischen Straße und der Nahe Osten in Chinas Außenpolitik spielen”, erklärt Eric Olander, Afrika-Experte und Mitbegründer der Initiative China Global South Project, gegenüber China.Table. Ägypten dient China quasi als Brückenkopf zwischen der arabischen und afrikanischen Welt.

“Außerdem ist Ägypten ein wichtiger Ort für China, um seine Politik in Xinjiang zu legitimieren, wo es die Unterstützung von Präsident al-Sisi für sein repressives Vorgehen gegen die muslimische Minderheit in Xinjiang erhält”, sagt Olander.

Der Westen zeigt neues Interesse

Dass Afrika nicht weiterhin derart vernachlässigt werden sollte, hat man inzwischen auch im Westen erkannt. Auf dem US-Afrika-Gipfel im Dezember verkündete US-Präsident Joe Biden feierlich, die USA seien “all-in” für Afrikas Zukunft. Und auch Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock reiste dieser Tage nach Äthiopien und versuchte dort, für neue Investitionen zu werben.

Fast scheint es, als habe ein neuer Wettstreit um den afrikanischen Kontinent begonnen. Und hier hat China zuletzt enorm zugelegt: Peking finanziert auf dem Kontinent mit seiner Belt-and-Road-Initiative schon seit Jahren Infrastrukturprojekte in Milliardenhöhe – allein in den ersten Monaten 2022 wurden laut der deutschen Außenwirtschaftsförderungsgesellschaft GTAI afrikaweit 140 BRI-Projekte beschlossen. Dabei ist bei weitem nicht alles Gold, was glänzt: Kritische Themen sind unter anderem Schuldenfalle, Qualität, Arbeit- und Umweltschutz.

Doch China ist schon lange da

Ein anderen wichtiger Punkt ist die Wahrnehmung in Afrika. Gyude Moore, Liberias ehemaliger Arbeitsminister, fasste es mal so zusammen: China komme mit Geld und Infrastrukturentwicklung nach Afrika, während Europa und die USA vor allem Ankündigungen bringen würden. Die neusten heißen Global Gateway und Build Back Better World. “Bevor China mit seiner Seidenstraßen-Initiative ankam, fehlte es Europa an jeglicher Kreativität im Umgang mit Afrika.”

“In Afrika erwecken die neuen Ankündigungen eher den Eindruck, es gehe dem Westen vor allem um dessen Chinaproblem, denn um Afrikas Entwicklungsanliegen“, sagt Marina Rudyak, Sinologin der Universität Heidelberg, im Gespräch mit China.Table. Entsprechend äußerte sich auch Qin Gang nach seinem Treffen mit dem AU-Vorsitzenden Moussa Faki Mahamat: “China und Afrika sind gute Brüder, die Wohl und Wehe teilen und seit Jahren Seite an Seite auf dem Weg der gemeinsamen Entwicklung voranschreiten.”

China sieht Chance, Europa vor allem Hunger und Armut

Eric Olander nennt es: Chinas Konsistenz bei der Einbindung des Kontinents – und fügt an: Niemand wisse, wann wieder ein US-Afrika-Gipfel stattfinden werde. Der Termin für das nächste Forum für China-Afrika-Kooperation stehe hingegen jetzt schon fest, nämlich 2024. “Weil diese Ereignisse wie am Schnürchen alle drei Jahre passieren. Diese Konsistenz und Vorhersagbarkeit hat China in Afrika enorme Vorteile gebracht“, erklärt der Afrika-Experte gegenüber China.Table. “Es ist verblüffend, dass die USA und Europa nicht aus dieser Erfahrung gelernt haben.”

Auch Marina Rudyak hat dazu eine klare Position: “Chinas spricht von einer Gemeinschaft mit geteilter Zukunft. Will Europa dazu eine Alternative sein, muss es Afrikas Anliegen und Probleme als gemeinsame Anliegen betrachten.” Doch die Realität sieht anders aus: Für China ist Afrika ein Kontinent der Möglichkeiten, für Europa hingegen ein Kontinent von Hunger und Armut.

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“Deutschlands China-Politik ist reine Hysterie”

Eberhard Sandschneider ist Leiter des Arbeitsschwerpunktes Politik China und Ostasiens an der Freien Universität Berlin und Vertrauensdozent der Friedrich-Ebert-Stiftung. Hier schreibt er über China-Bashing und die Implikationen.
Eberhard Sandschneider ist ein führender Taiwan- und China-Politologe. Bis 2016 leitete er das Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik; heute ist er Partner bei Berlin Global Advisors.

Herr Sandschneider, so viele deutsche Politiker wie in den vergangenen Monaten haben Taiwan noch nie besucht – zuletzt eine hochrangig besetzte Delegation der FDP. Ein gutes Zeichen für Taiwan?

Nein, im Gegenteil. Ich halte das für eine verantwortungslose Politik gegenüber Taiwan.

Das müssen Sie erklären.

Taiwan nutzen diese Besuche gar nichts, außer dass sie das Risiko einer militärischen Eskalation erhöhen, wie man an den Reaktionen der Volksrepublik sieht. Das ist die Verlogenheit dieser Politik. Sie ist gut für den innenpolitischen Applaus. Das gilt für Marie-Agnes Strack-Zimmermann und die FDP genauso, wie es für Nancy Pelosi gegolten hat. Das Risiko tragen die Menschen in Taiwan. Es droht ein massiver Konflikt, der weltwirtschaftlich katastrophale Folgen hätte. Das Bewusstsein dafür fehlt mir in der deutschen Politik. China und Taiwan sind was anderes als Russland und die Ukraine. Die beste Option im Augenblick für beide Seiten in der Straße von Taiwan ist der Status quo. 

Wie erklären Sie sich diese Dynamik? Noch vor einem Jahr hat sich in Berlin kaum jemand für Taiwan interessiert.

Das ist meines Erachtens eine rein innenpolitische Kiste. Die Freien Demokraten wollen den Grünen das Feld der Chinakritik nicht allein überlassen. Frau Baerbock und Herr Habeck haben mit ihren beiden geleakten Chinastrategien eine bestimmte Richtung vorgegeben und warnen vor zu großer Abhängigkeit von China. Die FDP zieht nun nach. Ich halte die Debatte um die Abhängigkeiten für hysterisch. 

Was schlagen Sie vor? Einfach so weitermachen wie bisher?

Nein, natürlich nicht. Ich halte es für richtig, über Alternativen nachzudenken. Jedes halbwegs vernünftig aufgestellte Unternehmen tut das auch schon. Aber das ist leichter gesagt als getan. Denn so leicht lässt sich China nicht ersetzen. Vielfach wird jetzt Vietnam genannt. Das ist aber auch ein kommunistisches Land – und unter Wertegesichtspunkten keine wirkliche Lösung. Indien? Auch ein sehr schwieriger Partner – und mindestens genau so auf der Seite Russlands, wie man es China unterstellt. Aus Sicht vieler Unternehmer kommt hinzu, dass China von der Infrastruktur und den Zulieferern sehr viel besser aufgestellt ist. Viele der kleineren Länder in Südostasien haben das nicht. Ich habe in den letzten drei Monaten mit drei Unternehmen zu tun gehabt, die ihre Leute nach Vietnam geschickt haben. Sie fanden es dort zwar ganz nett, aber so einfach ist der chinesische Partner in Anbetracht der Größe des Binnenmarktes nicht zu ersetzen.

Taiwan zumindest begrüßt die Besuche deutscher Politiker.

Die Taiwaner lechzen nach jeder Form der internationalen Anerkennung. Waren Sie mal im Außenministerium in Taipeh? Als ich vor einigen Jahren das letzte Mal im Eingangsbereich war, standen dort Fahnen von 19 Ländern. Jetzt sind es nur noch 14 Länder, mit denen Taiwan offiziell noch diplomatische Beziehungen hat. Der Vatikan ist unter ihnen noch das wichtigste Land. Alles, was an internationaler Anerkennung erfolgt, wird in Taiwan aufgesogen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist das gute Recht eines Bundestagsabgeordneten, in ein Land wie Taiwan zu fahren, das mittlerweile ein demokratisch funktionierendes Parlament hat. Die Frage ist, wie man eine solche Reise aufhängt.

Und zwar wie?

Unter dem Strich hat auch China nichts dagegen, wenn wir mit Taiwan intensiv wirtschaftlich zusammenarbeiten. Das tut China im Übrigen selbst. Es spricht auch nichts gegen Taiwan-Besuche selbst von Fachministern, solange nationalstaatliche Symbolik beiseite gelassen wird. Ich erinnere mich an Günter Rexrodt, der als Wirtschaftsminister 1997 Taiwan besucht hatte. Die Teilnahme von Marie-Agnes Strack-Zimmermann, der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, ist politisch jedoch ein völlig anderes Signal.

Aber auch Peking hat sich seitdem stark verändert. 1997 war China wirtschaftlich weniger einflussreich, trat nach außen hin bescheidener auf. Soll die Bundesregierung ebenso tatenlos zusehen wie 2020 bei der Niederschlagung der Demokratiebewegung in Hongkong? 

Ganz ehrlich: Genauso wird es kommen. Schauen Sie sich die ganze Debatte um die Waffenlieferung zur Ukraine an und stellen sich dann die Frage: Hätten wir außer Helmen überhaupt irgendwas, was wir Taiwan zur Verteidigung vor China schicken könnten? Die einzigen, die Taiwan wirkungsvoll unterstützen können, sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA müssen das Abschreckungspotenzial so hoch treiben, dass Peking von einem Angriff absieht. Genau das tun sie. Die USA sind realistischerweise aber auch die einzigen, die das mit Glaubwürdigkeit tun können. Europa hat weder Einigkeit in dieser Frage noch Kapazitäten. Wollen wir etwa die Fregatte Bayern noch mal ins Ostchinesische Meer schicken, um Taiwan zu retten? Das ist doch lächerlich. 

Innenpolitisch ist die USA aber alles andere als stabil. Was ist, wenn in zwei Jahren wieder so jemand Präsident wird wie Donald Trump, der den Konflikt um Taiwan gar nicht versteht.

Ich gebe Ihnen da völlig recht. Für uns Europäer wäre ein zweiter Trump blöd, für Taiwan ist das existenziell.

Eberhard Sandschneider war von 1998 bis 2020 Professor für Politik Chinas und internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Von 2003 bis 2016 war er zudem Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige PolitikInzwischen ist er Partner bei der Beratungsfirma “Berlin Global Advisors”.

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News

China meldet knapp 60.000 Corona-Tote

Chinas Nationale Gesundheitskommission hat am Wochenende mitgeteilt, dass seit Anfang Dezember 59.938 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben sind. Es ist das erste Mal, dass die Behörden eine große Zahl von Todesopfern bekannt geben. Bislang hatte Peking nur durch das Virus ausgelöste Fälle von Atemstillstand als Corona-Opfer deklariert. Die offiziellen Zahlen blieben dadurch unrealistisch niedrig (China.Table berichtete).

Die neuen Daten beziehen sich nun auf Todesfälle “in Verbindung” mit Covid-19 “innerhalb medizinischer Einrichtungen” zwischen dem 8. Dezember 2022 und dem 12. Januar 2023. Das Durchschnittsalter der Verstorbenen lag demnach bei 80,3 Jahren. 90 Prozent der Todesopfer seien über 65 Jahre alt gewesen, wobei die meisten an Vorerkrankungen gelitten hätten, so die Behörden. Menschen, die nicht in Krankenhäusern verstarben, also beispielsweise zu Hause, sind in den offiziellen Zahlen nicht enthalten. Auch deswegen gehen Experten davon aus, dass die Dunkelziffer weit höher sein könnte. Manche Schätzungen gehen sogar davon aus, dass bis zum Frühjahr in China bis zu anderthalb Millionen Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 sterben könnten.

Jiao Yahui, eine hochrangige Vertreterin der Nationalen Gesundheitskommission erklärte unterdessen, “dass der Höhepunkt der nationalen Notfallsituation” in China vorüber sei. Die Zahl der Menschen, die eine Klinik aufsuchten, hätte am 23. Dezember mit 2,9 Millionen ihren Höhepunkt erreicht, so Jiao. Bis zum Donnerstag sei die Zahl um 83 Prozent auf etwa eine halbe Million gesunken.

Nach der Bekanntgabe der Corona-Zahlen hat die Weltgesundheitsorganisation Peking aufgefordert, “detaillierte Information mit uns und der Öffentlichkeit zu teilen”. Nur so sei ein besseres Verständnis der epidemiologischen Situation möglich, hieß es in einer Erklärung der WHO. fpe

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Sinkende Exporte im Dezember

Wie der chinesische Zoll am Freitag berichtete, gingen die Exporte der Volksrepublik im Dezember um 9,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Auch die Einfuhren sanken um 7,5 Prozent. Insgesamt verzeichnete der Außenhandel im Dezember damit ein Minus von neun Prozent. Chinas Exporte nach Deutschland gingen im Dezember um 28 Prozent zurück, die Einfuhren sanken um elf Prozent.

Es war schon der dritte monatliche Rückgang in Folge. Schuld waren die strikte Null-Corona-Politik Chinas und eine schwächelnde internationale Nachfrage. Im Gesamtjahr 2022 verzeichneten Chinas Exporte jedoch ein Plus um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was vor allem auf die bessere Lage in der ersten Jahreshälfte zurückzuführen ist. Auch die Importe legten leicht um ein Prozent zu.

Der chinesische Außenhandelsüberschuss erreichte auf Jahressicht einen neuen Rekordwert von 878 Milliarden US-Dollar. Zu verdanken ist er vor allem dem starken Exportwachstum im ersten Quartal 2022. Damals hatten eine schwache chinesische Währung und steigende Warenpreise den Wert der Ausfuhren in die Höhe getrieben.

Ein Rekordhoch von rund 190 Milliarden US-Dollar erreichte der Warenhandel Chinas mit Russland. Das entspricht einem Anstieg um mehr als 30 Prozent gegenüber 2021 und drei Prozent des gesamten chinesischen Handels, so Lyu Daliang, Sprecher der Zollbehörde. fpe

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  • Handel
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China überholt Deutschland bei Auto-Ausfuhren

Chinas Automobilexporte sind laut Daten der China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) im Jahr 2022 um 54,4 Prozent auf 3,11 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Damit hat die Volksrepublik Deutschland überholt und ist nun hinter Japan zweitgrößter Autoexporteur der Welt. Die Exporte von Nutzfahrzeugen nahm demnach im Vergleich zu 2021 um 44,9 Prozent auf 582.000 Einheiten zu. Die Ausfuhren von Elektro- und Hybridfahrzeugen (New Energy Vehicles, NEV) stiegen im Vergleich zum Vorjahr um das 1,2-Fache auf 679.000 Einheiten.

Mit solchen Zahlen könnte China bald zur Nummer Eins aufsteigen. Nach Angaben von MarkLines, einem Datenanbieter für die Automobilindustrie, lieferten japanische Autohersteller in den ersten 11 Monaten des abgelaufenen Jahres 3,2 Millionen Fahrzeuge ins Ausland, was nahezu den Zahlen des Vorjahrs entsprach.

Die CAAM führt das Wachstum laut Berichten der Nachrichtenagentur Xinhua unter anderem auf die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Automobilunternehmen und die Lieferengpässe in anderen Ländern zurück. fpe

  • Autoindustrie
  • CAAM

Kishida und Biden bestätigen Chip-Kontrollen

Kishida und Biden beschließen Kontrollen für Chips.

Bei seinem Treffen mit US-Präsident Joe Biden hat Japans Premier Fumio Kishida seine Zusammenarbeit für die Kontrolle der Ausfuhr von Mikrochip-Technik nach China zugesagt. Die Beschränkung der Exporte von sensitiver Technik sei ein wichtiger Teil japanischer Politik, sagte Kishida laut japanischen Regierungsbeamten gegenüber Biden. Die USA hatten der chinesischen Halbleiterwirtschaft im Oktober strenge Einschränkungen auferlegt.

Bei dem Besuch ging es generell viel um China. Beide Regierungschefs bestätigten auch ihre sicherheitspolitische Zusammenarbeit, die ihre Fachminister zuvor bereits im Detail vereinbart hatten (China.Table berichtete). Eine gemeinsame Erklärung Bidens und Kishidas behandelt die Sicherheit Taiwans, einen freien Indo-Pazifik und den Freihandel. fin

  • Chips
  • Geopolitik
  • Japan
  • Technologie
  • USA

Presseschau

Chinas neuer Außenminister: Peking ist bereit, “die chinesisch-russischen Beziehungen weiter voranzutreiben” MERKUR
China is taking lessons from Russia’s invasion of Ukraine, Taiwan’s foreign minister says CBC.CA
Chinas Regierung meldet knapp 60 000 Covid-Tote NZZ
Meinung: Wenn China sich ändert, muss sich auch die China-Politik ändern WELT
Generation Y in China – Leben statt arbeiten SWR
China’s hidden hold on the West’s national security supply chain THE HILL
China’s bid to leave covid behind could determine global economy’s fate WASHINGTON POST
Deutsche Firmen in China: Bedient “wie am Geldautomaten” WIWO
Medienbericht: China hat nach eigenen Angaben Deutschland als zweitgrößter Autoexporteur der Welt überholt DEUTSCHLANDFUNK
Chiphersteller TSMC will nach Dresden FAZ
Machtkampf gegen USA: China will mit Goldkäufen die Vorherrschaft des Dollar brechen TAGESANZEIGER
Weltkonzern mit China-Standbein: So hat Carl Hahn VW verändert BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG

Nachruf

Carl Hahn – Er wagte den Sprung nach China

Carl Hahn ging für Volkswagen nach China.
Carl Hahn hat als VW-Konzernchef Anfang der Achtzigerjahre die Expansion nach China angeschoben.

Er war zwar nicht von Beginn an dabei. Der erste Kontakt zwischen Wolfsburg und der Volksrepublik kam bereits 1978 zustande. Aber als Carl H. Hahn 1982 das Ruder über den Volkswagen-Konzern übernahm, machte er das China-Geschäft zur Chefsache und trieb den Einstieg in den Markt der Volksrepublik maßgeblich voran. 

Das war keineswegs selbstverständlich. China war damals arm und rückständig, kaum einer in Deutschland interessierte sich für das Riesenreich. Bei einem Durchschnittslohn von nach heutigem Maßstab unter 50 Euro würde sich in absehbarer Zeit niemand dort ein PKW leisten können. “Zu unserem Glück interessierte sich damals kaum ein Mensch dafür, dorthin zu gehen”, sagte Hahn vor vier Jahren in einem Gespräch mit der VW-Mitarbeiterzeitung “Inside”. Die Entwicklung gab ihm recht. Heute ist China der mit Abstand größte Automarkt der Welt – und auch für VW der wichtigste Einzelmarkt. Am Samstag ist der Ex-Konzernchef im Alter von 96 Jahren gestorben. 

“Die hielten mich alle für verrückt”

Geboren 1926 in Chemnitz, begann Hahn 1954 seine Karriere bei VW als Leiter der Exportförderung. 1959 bis 1964 leitete er das Geschäft von VW in den USA, stieg nach seiner Rückkehr zum Verkaufschef und Vorstandsmitglied auf. 1973 wechselte er zur damaligen Continental-Gummi-Werke AG nach Hannover und übernahm dort die Führung. 1982 kehrte er als VW-Vorstandsvorsitzender zurück nach Wolfsburg, wo er dann den Grundstein für die Expansion nach China legte.

Die Expansion nach China war seinerzeit umstritten. “Die hielten mich alle für verrückt”, erinnerte sich Hahn später. Ein früherer Chef eines deutschen Konzerns habe im Beisein von Bundeskanzler Helmut Kohl gesagt, “der Hahn” versenke 100 Millionen Dollar bei den Kommunisten. Doch er ließ sich nicht beirren. Unter seiner Führung brachte VW den Santana nach China, eine Art Edel-Passat mit Heckstufe, der in Europa und Deutschland nur wenig Erfolg hatte, umso mehr aber in China ab 1983. “Mit nur 5.000 verkauften Fahrzeugen hatten wir praktisch über Nacht schon im ersten Jahr einen Marktanteil von 27 Prozent”, erinnerte sich Hahn. Dabei blieb es freilich nicht. Der Santana wurde in den nächsten 20 Jahren in China zum Inbegriff des wirtschaftlichen Aufstiegs, ein wahrer Volks-Wagen. 

1992 übergab Hahn die Konzernleitung an Ferdinand Piëch. Bis 1997 gehörte Hahn dem VW-Aufsichtsrat an. Seine Faszination an China behielt er bis zum Schluss. Bis zum Ausbruch der Pandemie war er regelmäßig zu Besuch. Als Anfang 2019 der damalige Konzernchef Herbert Diess erklärte, die Zukunft von Volkswagen werde sich auf dem chinesischen Markt entscheiden, bekam er Applaus von Hahn. Zwar habe VW dank des frühen Einstiegs eine hervorragende Position in dem Land, sagte Hahn. Aber diese Position müsse man verteidigen: “Beim Thema Elektromobilität fahren die Chinesen der Welt voraus”, betonte er. Im Nachhinein sei schwer zu verstehen, wieso die Vorteile der Elektromobilität so lange verkannt wurden. Die Chinesen waren da weitsichtiger. Felix Lee

  • Autoindustrie
  • Volkswagen

Personalien

Florian Haider verantwortet bei Rolls Royce in München seit Januar den Bereich Customer-Relationship-Management China. In seiner neuen Rolle ist der studierte Politikwissenschaftler verantwortlich für die Durchführung von Projekten, die die allgemeine Geschäftsstrategie des Premium-Autobauers in der Region voranbringen sollen.

Stephan Muser ist seit Januar Business Development Manager bei SIMATIC PCS neo in Shanghai. Die Siemens-Tochter hat sich auf webbasierte Prozessleitsysteme spezialisiert. Muser ist seit Februar 2022 für Siemens in China aktiv. Zuletzt war er dort Project Manager PA Strategy.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Zur Sprache

Hasenjahr

兔年 – tùnián – Hasenjahr 

China hoppelt ins Hasenjahr. Zeit also, einen Blick in den Kaninchenstall der chinesischen Kultur zu werfen. Während sich bei uns ja der Osterhase als bekanntestes Zuchtexemplar durch die Kulturgeschichte knabbert, mümmelt sich im Reich der Mitte der “Mondhase” (月兔 yuètù) beziehungsweise “Jadehase” (玉兔 yùtù) durch die klassische Mythologie. Als Begleiter der Mondgöttin (oder Mondfee) Chang’e (嫦娥 Cháng’é), für die er mit seinem Gerät auf dem Erdtrabanten das Lebenselixier stampft, kennt ihn in China jedes Kind. Die früheste Erwähnung dieses “Hasen auf dem Mond” reicht bis in die Zeit der Streitenden Reiche (475 – 221 v. Chr.) zurück. Im Sprachgebrauch hat sich die Story über die Jahrhunderte so manifestiert, dass 月兔 yuètù und 玉兔 yùtù im Chinesischen bis heute gängige Synonyme für Mond sind. 

Endgültig in die Neuzeit katapultiert wurde der Jadehase dann im Jahr 2013 von Chinas Nationaler Raumfahrtbehörde (CNSA). Im Rahmen der Mission Chang’e 3 (“Mondfee 3”) des chinesischen Mondprogramms wurde der Rover “Yutu” (玉兔号月球车 Yùtùhào yuèqiúchē) dort abgesetzt, wo sich nun wirklich Fuchs und Hase gute Nacht sagen – auf unserem kosmischen Nachbarn nämlich.              

Direkt in Griffnähe ist dagegen ein anderer chinesischer Hasenpromi – der “White Rabbit”, auf Chinesisch eigentlich “Big White Rabbit” (大白兔 dàbáitù), der in China quasi in jedem Supermarktregal zu finden ist. Mümmeln tut hier ausnahmsweise aber nicht das Häschen, sondern der Verbraucher. Die Rede ist von einem landesweit beliebten Kaubonbon des Shanghaier Lebensmittelherstellers Guanshengyuan (冠生园Guānshēngyuán). Schon seit 1959 versüßt das Sahnekaubonbon (奶糖 nǎitáng) mit dem schneeweißen Kaninchen auf dem knisternden Konfektpapier chinesische Kindertage. Mittlerweile sind neben dem Original (原味 yuánwèi) noch elf weitere hippe Geschmacksvarianten im Süßwarenregal zu finden, darunter auch so exotische Sorten wie Zuckermais (玉米 yùmǐ), Adzukibohne (红豆 hóngdòu), Durian-Stinkefrucht (榴莲 liúlián) und Wasabi (芥末 jièmò) – letztere Geschmäcker sind sicher nichts für kulinarische Hasenfüße

Damit die alte Marke nicht irgendwann im Kaninchenbau der Vergessenheit verschwindet, setzt der Shanghaier Traditionsbetrieb auf eine moderne Marketingstrategie mit firmenübergreifenden Kooperationen und Cross-Branding. So sind in China mittlerweile auch Eis, Milchtee und Kartoffelchips, ja sogar Handcreme, Bodylotion und Parfüm in der Flavor-Variante “Weißer Hase” erhältlich. 

Und – last but not least – dürfte Ihnen in China auch ab und an ein Langohr durchs Chatfenster hopsen – Tuzki, auf Chinesisch兔斯基 Tùsījī, der Platzhirsch, Verzeihung, Platzhase unter Chinas Emoji-Mümmelmännern. Er basiert auf den Zeichnungen der Illustratorin 王卯卯 Wáng Mǎomǎo, die im Westen besser unter ihrem englischen Namen MOMO bekannt ist. Sie kreierte den rebellischen Rammler im Jahr 2006, als man digitale Sticker in China noch über den Messangerdienst QQ versendete. Das launige Langohr traf damals den Geist einer ganzen Generation und war so erfolgreich, dass sich Warner Media die Markenrechte sicherte. Mittlerweile ist der fellige Junggeselle – der laut seiner Erfinderin eine Karottenallergie, dafür aber eine Vorliebe für Kaffee, Milchprodukte und Süßigkeiten hat – natürlich auch im WeChat-Zeitalter angekommen. Hier lassen sich zahlreiche animierte Stickersets des minimalistisch gehaltenen Cartoon-Karnickels herunterladen, und zwar für alle Gemüts- und Lebenslagen. 

Mit diesem Hasenklatsch im Hinterkopf hopsen Sie sicherlich gut ins Hasenjahr. In Sachen Pelzpromis wissen Sie schließlich jetzt, wie der Hase in China läuft. 

Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

  • Chinesisch Neujahr
  • Kultur

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Japan und USA bekräftigen Bündnis
    • Nachruf auf Ex-VW-Chef Carl Hahn
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    seine erste offizielle Reise führt Chinas neuen Außenminister Qin Gang diese Woche durch verschiedene Länder Afrikas. Damit setzt der ehemalige Botschafter der Volksrepublik in den USA ein klares Signal: Der Kontinent bleibt für die Volksrepublik auf dem Weg zur Weltmacht weiter eine Top-Priorität. Vor allem Ägypten rückt in den Fokus, schreibt Michael Radunski in seiner außenpolitischen Analyse. Von hier kann Peking seinen Einfluss in den Nahen Osten ausdehnen.

    Während China also einen Brückenkopf zwischen der arabischen und afrikanischen Welt baut und weiter Infrastrukturprojekte in Milliardenhöhe finanziert, zögert der Westen noch immer. Westliche Gegenstücke zu Pekings Belt-and-Road-Initiative wie Global Gateway und Build Back Better World beschränken sich vor allem auf Versprechungen. In der afrikanischen Union wird das Ungleichgewicht genau zur Kenntnis genommen.

    Genau zur Kenntnis nimmt die chinesische Führung unterdessen die immer zahlreicher werdenden Besuche westlicher Politiker in Taiwan. Während hochrangige Delegationen wie die der FDP ihre Reisen als Rückendeckung für eine parlamentarische Demokratie in Asien verstanden wissen wollen, sieht Eberhard Sandschneider darin vor allem die Befriedigung innenpolitischer Geltungssucht. Wie der Politologe und Taiwan-Experte im Interview mit Felix Lee erklärt, nützen die Reisen Taiwan nicht nur nichts, sondern könnten die Insel sogar in eine militärische Eskalationsspirale mit China treiben – und das hätte “weltwirtschaftlich katastrophale Folgen”.

    Auch die Abhängigkeits-Debatte hält der ehemalige FU-Professor für “hysterisch”. Chinas Binnenmarkt sei nicht zu ersetzen. Die beste Lösung sei in jedem Fall die Aufrechterhaltung des Status Quo.

    Ihr
    Fabian Peltsch
    Bild von Fabian  Peltsch

    Analyse

    China gibt Geld, der Westen gibt Versprechen

    China in Afrika: Der neue chinesische Außenminister zu Besuch in Benin.
    Qin Gang am Samstag mit Aurelien Agbenonci, seinem Amtskollegen aus Benin

    Die erste Reise des neuen Jahres führt den chinesischen Außenminister nach Afrika. Was im Westen überraschend klingt, ist für China seit 33 Jahren eine Tradition. Allerdings ist Qin Gang erst seit wenigen Wochen im Amt – und so hätte es nicht verwundert, wäre Chinas neuer Chef-Diplomat zuerst woanders hingereist: etwa zum Freund nach Russland, zu umworbenen Partnern nach Deutschland oder Frankreich oder gar zur Konkurrenz nach Amerika. Doch Qin Gang entschied sich für Äthiopien, Gabun, Angola, Benin und Ägypten, inklusive eines Besuchs im Hauptquartier der Afrikanischen Union (AU).

    Damit setzt Qin ein klares Signal: Während Europäer und Amerika sich schon schwertun, Afrika auch nur auf die politische Tagesordnung zu bringen, reisen Chinas Außenminister zu Jahresbeginn verlässlich nach Afrika. Selbst, wenn der Minister erst wenige Wochen im Amt ist.

    Qins ausbalancierte Reiseplanung

    Dabei geht Peking sehr geschickt vor. Qins Reiseplanung offenbart eine geschickte Balance zwischen Ost-, Zentral-, West-, Nord- und Südafrika; zwischen Indischem und Atlantischem Ozean, sowie zwischen Wirtschafts- und geopolitischen Interessen.

    Kurz die wichtigsten Punkte der aktuellen Reise:

    • Äthiopien: Bei dem Besuch lassen sich vor allem zwei Ziele erkennen. (1) Peking will dem Vorwurf der chinesischen Schuldenfalle entgegentreten und (2) zugleich mit dem Besuch des Hauptquartiers der Afrikanischen Union (AU) politisch ein Signal an den gesamten Kontinent senden. So kündigte Qin denn auch einen Teilerlass der Schulden an, ohne allerdings Details zu nennen; Äthiopien hat sich allein seit 2000 knapp 14 Milliarden US-Dollar von China geliehen – 13 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts.
    • Gabun/Benin: Diese Auswahl zeigt, dass China seinen Einfluss auch im frankofonen Afrika ausbauen will. Zudem wird durch Qins Besuch in Gabun und Benin ein klarer Unterschied zum US-Ansatz deutlich. Washington konzentriert sich vor allem auf große Länder. Pekings Ansatz hingegen: In der UN-Generalversammlung zählt Benins Stimme genauso viel wie die Stimme Südafrikas oder Spaniens.
    • Angola: Hier gab es zuletzt Unstimmigkeiten beim Öl-Kauf. Angola ist aber auch weiterhin wichtig als Transitland für strategische Ressourcen, die beispielsweise aus der Demokratischen Republik Kongo über die Benguela-Eisenbahn zum Hafen von Lobito geliefert werden.
    • Ägypten: Ist ein strategisch wichtiger Stopp. Chinesische Unternehmer bauen Ägyptens neue Hauptstadt und investieren massiv in die Wirtschaftszone des Suezkanals. Zudem gehört Ägypten zu den größten Empfängern von in China hergestellten Impfstoffen und beherbergt eine von nur zwei Impfstoff-Produktionsstätten in Afrika.

    Ägypten war denn auch wohl die wichtigste Station von Qins Reise – und das nicht nur aus den genannten wirtschaftlichen Gründen. “Der Stopp in Kairo unterstreicht die wachsende Bedeutung, welche die Arabischen Straße und der Nahe Osten in Chinas Außenpolitik spielen”, erklärt Eric Olander, Afrika-Experte und Mitbegründer der Initiative China Global South Project, gegenüber China.Table. Ägypten dient China quasi als Brückenkopf zwischen der arabischen und afrikanischen Welt.

    “Außerdem ist Ägypten ein wichtiger Ort für China, um seine Politik in Xinjiang zu legitimieren, wo es die Unterstützung von Präsident al-Sisi für sein repressives Vorgehen gegen die muslimische Minderheit in Xinjiang erhält”, sagt Olander.

    Der Westen zeigt neues Interesse

    Dass Afrika nicht weiterhin derart vernachlässigt werden sollte, hat man inzwischen auch im Westen erkannt. Auf dem US-Afrika-Gipfel im Dezember verkündete US-Präsident Joe Biden feierlich, die USA seien “all-in” für Afrikas Zukunft. Und auch Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock reiste dieser Tage nach Äthiopien und versuchte dort, für neue Investitionen zu werben.

    Fast scheint es, als habe ein neuer Wettstreit um den afrikanischen Kontinent begonnen. Und hier hat China zuletzt enorm zugelegt: Peking finanziert auf dem Kontinent mit seiner Belt-and-Road-Initiative schon seit Jahren Infrastrukturprojekte in Milliardenhöhe – allein in den ersten Monaten 2022 wurden laut der deutschen Außenwirtschaftsförderungsgesellschaft GTAI afrikaweit 140 BRI-Projekte beschlossen. Dabei ist bei weitem nicht alles Gold, was glänzt: Kritische Themen sind unter anderem Schuldenfalle, Qualität, Arbeit- und Umweltschutz.

    Doch China ist schon lange da

    Ein anderen wichtiger Punkt ist die Wahrnehmung in Afrika. Gyude Moore, Liberias ehemaliger Arbeitsminister, fasste es mal so zusammen: China komme mit Geld und Infrastrukturentwicklung nach Afrika, während Europa und die USA vor allem Ankündigungen bringen würden. Die neusten heißen Global Gateway und Build Back Better World. “Bevor China mit seiner Seidenstraßen-Initiative ankam, fehlte es Europa an jeglicher Kreativität im Umgang mit Afrika.”

    “In Afrika erwecken die neuen Ankündigungen eher den Eindruck, es gehe dem Westen vor allem um dessen Chinaproblem, denn um Afrikas Entwicklungsanliegen“, sagt Marina Rudyak, Sinologin der Universität Heidelberg, im Gespräch mit China.Table. Entsprechend äußerte sich auch Qin Gang nach seinem Treffen mit dem AU-Vorsitzenden Moussa Faki Mahamat: “China und Afrika sind gute Brüder, die Wohl und Wehe teilen und seit Jahren Seite an Seite auf dem Weg der gemeinsamen Entwicklung voranschreiten.”

    China sieht Chance, Europa vor allem Hunger und Armut

    Eric Olander nennt es: Chinas Konsistenz bei der Einbindung des Kontinents – und fügt an: Niemand wisse, wann wieder ein US-Afrika-Gipfel stattfinden werde. Der Termin für das nächste Forum für China-Afrika-Kooperation stehe hingegen jetzt schon fest, nämlich 2024. “Weil diese Ereignisse wie am Schnürchen alle drei Jahre passieren. Diese Konsistenz und Vorhersagbarkeit hat China in Afrika enorme Vorteile gebracht“, erklärt der Afrika-Experte gegenüber China.Table. “Es ist verblüffend, dass die USA und Europa nicht aus dieser Erfahrung gelernt haben.”

    Auch Marina Rudyak hat dazu eine klare Position: “Chinas spricht von einer Gemeinschaft mit geteilter Zukunft. Will Europa dazu eine Alternative sein, muss es Afrikas Anliegen und Probleme als gemeinsame Anliegen betrachten.” Doch die Realität sieht anders aus: Für China ist Afrika ein Kontinent der Möglichkeiten, für Europa hingegen ein Kontinent von Hunger und Armut.

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    “Deutschlands China-Politik ist reine Hysterie”

    Eberhard Sandschneider ist Leiter des Arbeitsschwerpunktes Politik China und Ostasiens an der Freien Universität Berlin und Vertrauensdozent der Friedrich-Ebert-Stiftung. Hier schreibt er über China-Bashing und die Implikationen.
    Eberhard Sandschneider ist ein führender Taiwan- und China-Politologe. Bis 2016 leitete er das Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik; heute ist er Partner bei Berlin Global Advisors.

    Herr Sandschneider, so viele deutsche Politiker wie in den vergangenen Monaten haben Taiwan noch nie besucht – zuletzt eine hochrangig besetzte Delegation der FDP. Ein gutes Zeichen für Taiwan?

    Nein, im Gegenteil. Ich halte das für eine verantwortungslose Politik gegenüber Taiwan.

    Das müssen Sie erklären.

    Taiwan nutzen diese Besuche gar nichts, außer dass sie das Risiko einer militärischen Eskalation erhöhen, wie man an den Reaktionen der Volksrepublik sieht. Das ist die Verlogenheit dieser Politik. Sie ist gut für den innenpolitischen Applaus. Das gilt für Marie-Agnes Strack-Zimmermann und die FDP genauso, wie es für Nancy Pelosi gegolten hat. Das Risiko tragen die Menschen in Taiwan. Es droht ein massiver Konflikt, der weltwirtschaftlich katastrophale Folgen hätte. Das Bewusstsein dafür fehlt mir in der deutschen Politik. China und Taiwan sind was anderes als Russland und die Ukraine. Die beste Option im Augenblick für beide Seiten in der Straße von Taiwan ist der Status quo. 

    Wie erklären Sie sich diese Dynamik? Noch vor einem Jahr hat sich in Berlin kaum jemand für Taiwan interessiert.

    Das ist meines Erachtens eine rein innenpolitische Kiste. Die Freien Demokraten wollen den Grünen das Feld der Chinakritik nicht allein überlassen. Frau Baerbock und Herr Habeck haben mit ihren beiden geleakten Chinastrategien eine bestimmte Richtung vorgegeben und warnen vor zu großer Abhängigkeit von China. Die FDP zieht nun nach. Ich halte die Debatte um die Abhängigkeiten für hysterisch. 

    Was schlagen Sie vor? Einfach so weitermachen wie bisher?

    Nein, natürlich nicht. Ich halte es für richtig, über Alternativen nachzudenken. Jedes halbwegs vernünftig aufgestellte Unternehmen tut das auch schon. Aber das ist leichter gesagt als getan. Denn so leicht lässt sich China nicht ersetzen. Vielfach wird jetzt Vietnam genannt. Das ist aber auch ein kommunistisches Land – und unter Wertegesichtspunkten keine wirkliche Lösung. Indien? Auch ein sehr schwieriger Partner – und mindestens genau so auf der Seite Russlands, wie man es China unterstellt. Aus Sicht vieler Unternehmer kommt hinzu, dass China von der Infrastruktur und den Zulieferern sehr viel besser aufgestellt ist. Viele der kleineren Länder in Südostasien haben das nicht. Ich habe in den letzten drei Monaten mit drei Unternehmen zu tun gehabt, die ihre Leute nach Vietnam geschickt haben. Sie fanden es dort zwar ganz nett, aber so einfach ist der chinesische Partner in Anbetracht der Größe des Binnenmarktes nicht zu ersetzen.

    Taiwan zumindest begrüßt die Besuche deutscher Politiker.

    Die Taiwaner lechzen nach jeder Form der internationalen Anerkennung. Waren Sie mal im Außenministerium in Taipeh? Als ich vor einigen Jahren das letzte Mal im Eingangsbereich war, standen dort Fahnen von 19 Ländern. Jetzt sind es nur noch 14 Länder, mit denen Taiwan offiziell noch diplomatische Beziehungen hat. Der Vatikan ist unter ihnen noch das wichtigste Land. Alles, was an internationaler Anerkennung erfolgt, wird in Taiwan aufgesogen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist das gute Recht eines Bundestagsabgeordneten, in ein Land wie Taiwan zu fahren, das mittlerweile ein demokratisch funktionierendes Parlament hat. Die Frage ist, wie man eine solche Reise aufhängt.

    Und zwar wie?

    Unter dem Strich hat auch China nichts dagegen, wenn wir mit Taiwan intensiv wirtschaftlich zusammenarbeiten. Das tut China im Übrigen selbst. Es spricht auch nichts gegen Taiwan-Besuche selbst von Fachministern, solange nationalstaatliche Symbolik beiseite gelassen wird. Ich erinnere mich an Günter Rexrodt, der als Wirtschaftsminister 1997 Taiwan besucht hatte. Die Teilnahme von Marie-Agnes Strack-Zimmermann, der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, ist politisch jedoch ein völlig anderes Signal.

    Aber auch Peking hat sich seitdem stark verändert. 1997 war China wirtschaftlich weniger einflussreich, trat nach außen hin bescheidener auf. Soll die Bundesregierung ebenso tatenlos zusehen wie 2020 bei der Niederschlagung der Demokratiebewegung in Hongkong? 

    Ganz ehrlich: Genauso wird es kommen. Schauen Sie sich die ganze Debatte um die Waffenlieferung zur Ukraine an und stellen sich dann die Frage: Hätten wir außer Helmen überhaupt irgendwas, was wir Taiwan zur Verteidigung vor China schicken könnten? Die einzigen, die Taiwan wirkungsvoll unterstützen können, sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA müssen das Abschreckungspotenzial so hoch treiben, dass Peking von einem Angriff absieht. Genau das tun sie. Die USA sind realistischerweise aber auch die einzigen, die das mit Glaubwürdigkeit tun können. Europa hat weder Einigkeit in dieser Frage noch Kapazitäten. Wollen wir etwa die Fregatte Bayern noch mal ins Ostchinesische Meer schicken, um Taiwan zu retten? Das ist doch lächerlich. 

    Innenpolitisch ist die USA aber alles andere als stabil. Was ist, wenn in zwei Jahren wieder so jemand Präsident wird wie Donald Trump, der den Konflikt um Taiwan gar nicht versteht.

    Ich gebe Ihnen da völlig recht. Für uns Europäer wäre ein zweiter Trump blöd, für Taiwan ist das existenziell.

    Eberhard Sandschneider war von 1998 bis 2020 Professor für Politik Chinas und internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Von 2003 bis 2016 war er zudem Otto-Wolff-Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige PolitikInzwischen ist er Partner bei der Beratungsfirma “Berlin Global Advisors”.

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    China meldet knapp 60.000 Corona-Tote

    Chinas Nationale Gesundheitskommission hat am Wochenende mitgeteilt, dass seit Anfang Dezember 59.938 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben sind. Es ist das erste Mal, dass die Behörden eine große Zahl von Todesopfern bekannt geben. Bislang hatte Peking nur durch das Virus ausgelöste Fälle von Atemstillstand als Corona-Opfer deklariert. Die offiziellen Zahlen blieben dadurch unrealistisch niedrig (China.Table berichtete).

    Die neuen Daten beziehen sich nun auf Todesfälle “in Verbindung” mit Covid-19 “innerhalb medizinischer Einrichtungen” zwischen dem 8. Dezember 2022 und dem 12. Januar 2023. Das Durchschnittsalter der Verstorbenen lag demnach bei 80,3 Jahren. 90 Prozent der Todesopfer seien über 65 Jahre alt gewesen, wobei die meisten an Vorerkrankungen gelitten hätten, so die Behörden. Menschen, die nicht in Krankenhäusern verstarben, also beispielsweise zu Hause, sind in den offiziellen Zahlen nicht enthalten. Auch deswegen gehen Experten davon aus, dass die Dunkelziffer weit höher sein könnte. Manche Schätzungen gehen sogar davon aus, dass bis zum Frühjahr in China bis zu anderthalb Millionen Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 sterben könnten.

    Jiao Yahui, eine hochrangige Vertreterin der Nationalen Gesundheitskommission erklärte unterdessen, “dass der Höhepunkt der nationalen Notfallsituation” in China vorüber sei. Die Zahl der Menschen, die eine Klinik aufsuchten, hätte am 23. Dezember mit 2,9 Millionen ihren Höhepunkt erreicht, so Jiao. Bis zum Donnerstag sei die Zahl um 83 Prozent auf etwa eine halbe Million gesunken.

    Nach der Bekanntgabe der Corona-Zahlen hat die Weltgesundheitsorganisation Peking aufgefordert, “detaillierte Information mit uns und der Öffentlichkeit zu teilen”. Nur so sei ein besseres Verständnis der epidemiologischen Situation möglich, hieß es in einer Erklärung der WHO. fpe

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    Sinkende Exporte im Dezember

    Wie der chinesische Zoll am Freitag berichtete, gingen die Exporte der Volksrepublik im Dezember um 9,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Auch die Einfuhren sanken um 7,5 Prozent. Insgesamt verzeichnete der Außenhandel im Dezember damit ein Minus von neun Prozent. Chinas Exporte nach Deutschland gingen im Dezember um 28 Prozent zurück, die Einfuhren sanken um elf Prozent.

    Es war schon der dritte monatliche Rückgang in Folge. Schuld waren die strikte Null-Corona-Politik Chinas und eine schwächelnde internationale Nachfrage. Im Gesamtjahr 2022 verzeichneten Chinas Exporte jedoch ein Plus um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was vor allem auf die bessere Lage in der ersten Jahreshälfte zurückzuführen ist. Auch die Importe legten leicht um ein Prozent zu.

    Der chinesische Außenhandelsüberschuss erreichte auf Jahressicht einen neuen Rekordwert von 878 Milliarden US-Dollar. Zu verdanken ist er vor allem dem starken Exportwachstum im ersten Quartal 2022. Damals hatten eine schwache chinesische Währung und steigende Warenpreise den Wert der Ausfuhren in die Höhe getrieben.

    Ein Rekordhoch von rund 190 Milliarden US-Dollar erreichte der Warenhandel Chinas mit Russland. Das entspricht einem Anstieg um mehr als 30 Prozent gegenüber 2021 und drei Prozent des gesamten chinesischen Handels, so Lyu Daliang, Sprecher der Zollbehörde. fpe

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    China überholt Deutschland bei Auto-Ausfuhren

    Chinas Automobilexporte sind laut Daten der China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) im Jahr 2022 um 54,4 Prozent auf 3,11 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Damit hat die Volksrepublik Deutschland überholt und ist nun hinter Japan zweitgrößter Autoexporteur der Welt. Die Exporte von Nutzfahrzeugen nahm demnach im Vergleich zu 2021 um 44,9 Prozent auf 582.000 Einheiten zu. Die Ausfuhren von Elektro- und Hybridfahrzeugen (New Energy Vehicles, NEV) stiegen im Vergleich zum Vorjahr um das 1,2-Fache auf 679.000 Einheiten.

    Mit solchen Zahlen könnte China bald zur Nummer Eins aufsteigen. Nach Angaben von MarkLines, einem Datenanbieter für die Automobilindustrie, lieferten japanische Autohersteller in den ersten 11 Monaten des abgelaufenen Jahres 3,2 Millionen Fahrzeuge ins Ausland, was nahezu den Zahlen des Vorjahrs entsprach.

    Die CAAM führt das Wachstum laut Berichten der Nachrichtenagentur Xinhua unter anderem auf die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Automobilunternehmen und die Lieferengpässe in anderen Ländern zurück. fpe

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    Kishida und Biden bestätigen Chip-Kontrollen

    Kishida und Biden beschließen Kontrollen für Chips.

    Bei seinem Treffen mit US-Präsident Joe Biden hat Japans Premier Fumio Kishida seine Zusammenarbeit für die Kontrolle der Ausfuhr von Mikrochip-Technik nach China zugesagt. Die Beschränkung der Exporte von sensitiver Technik sei ein wichtiger Teil japanischer Politik, sagte Kishida laut japanischen Regierungsbeamten gegenüber Biden. Die USA hatten der chinesischen Halbleiterwirtschaft im Oktober strenge Einschränkungen auferlegt.

    Bei dem Besuch ging es generell viel um China. Beide Regierungschefs bestätigten auch ihre sicherheitspolitische Zusammenarbeit, die ihre Fachminister zuvor bereits im Detail vereinbart hatten (China.Table berichtete). Eine gemeinsame Erklärung Bidens und Kishidas behandelt die Sicherheit Taiwans, einen freien Indo-Pazifik und den Freihandel. fin

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    Presseschau

    Chinas neuer Außenminister: Peking ist bereit, “die chinesisch-russischen Beziehungen weiter voranzutreiben” MERKUR
    China is taking lessons from Russia’s invasion of Ukraine, Taiwan’s foreign minister says CBC.CA
    Chinas Regierung meldet knapp 60 000 Covid-Tote NZZ
    Meinung: Wenn China sich ändert, muss sich auch die China-Politik ändern WELT
    Generation Y in China – Leben statt arbeiten SWR
    China’s hidden hold on the West’s national security supply chain THE HILL
    China’s bid to leave covid behind could determine global economy’s fate WASHINGTON POST
    Deutsche Firmen in China: Bedient “wie am Geldautomaten” WIWO
    Medienbericht: China hat nach eigenen Angaben Deutschland als zweitgrößter Autoexporteur der Welt überholt DEUTSCHLANDFUNK
    Chiphersteller TSMC will nach Dresden FAZ
    Machtkampf gegen USA: China will mit Goldkäufen die Vorherrschaft des Dollar brechen TAGESANZEIGER
    Weltkonzern mit China-Standbein: So hat Carl Hahn VW verändert BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG

    Nachruf

    Carl Hahn – Er wagte den Sprung nach China

    Carl Hahn ging für Volkswagen nach China.
    Carl Hahn hat als VW-Konzernchef Anfang der Achtzigerjahre die Expansion nach China angeschoben.

    Er war zwar nicht von Beginn an dabei. Der erste Kontakt zwischen Wolfsburg und der Volksrepublik kam bereits 1978 zustande. Aber als Carl H. Hahn 1982 das Ruder über den Volkswagen-Konzern übernahm, machte er das China-Geschäft zur Chefsache und trieb den Einstieg in den Markt der Volksrepublik maßgeblich voran. 

    Das war keineswegs selbstverständlich. China war damals arm und rückständig, kaum einer in Deutschland interessierte sich für das Riesenreich. Bei einem Durchschnittslohn von nach heutigem Maßstab unter 50 Euro würde sich in absehbarer Zeit niemand dort ein PKW leisten können. “Zu unserem Glück interessierte sich damals kaum ein Mensch dafür, dorthin zu gehen”, sagte Hahn vor vier Jahren in einem Gespräch mit der VW-Mitarbeiterzeitung “Inside”. Die Entwicklung gab ihm recht. Heute ist China der mit Abstand größte Automarkt der Welt – und auch für VW der wichtigste Einzelmarkt. Am Samstag ist der Ex-Konzernchef im Alter von 96 Jahren gestorben. 

    “Die hielten mich alle für verrückt”

    Geboren 1926 in Chemnitz, begann Hahn 1954 seine Karriere bei VW als Leiter der Exportförderung. 1959 bis 1964 leitete er das Geschäft von VW in den USA, stieg nach seiner Rückkehr zum Verkaufschef und Vorstandsmitglied auf. 1973 wechselte er zur damaligen Continental-Gummi-Werke AG nach Hannover und übernahm dort die Führung. 1982 kehrte er als VW-Vorstandsvorsitzender zurück nach Wolfsburg, wo er dann den Grundstein für die Expansion nach China legte.

    Die Expansion nach China war seinerzeit umstritten. “Die hielten mich alle für verrückt”, erinnerte sich Hahn später. Ein früherer Chef eines deutschen Konzerns habe im Beisein von Bundeskanzler Helmut Kohl gesagt, “der Hahn” versenke 100 Millionen Dollar bei den Kommunisten. Doch er ließ sich nicht beirren. Unter seiner Führung brachte VW den Santana nach China, eine Art Edel-Passat mit Heckstufe, der in Europa und Deutschland nur wenig Erfolg hatte, umso mehr aber in China ab 1983. “Mit nur 5.000 verkauften Fahrzeugen hatten wir praktisch über Nacht schon im ersten Jahr einen Marktanteil von 27 Prozent”, erinnerte sich Hahn. Dabei blieb es freilich nicht. Der Santana wurde in den nächsten 20 Jahren in China zum Inbegriff des wirtschaftlichen Aufstiegs, ein wahrer Volks-Wagen. 

    1992 übergab Hahn die Konzernleitung an Ferdinand Piëch. Bis 1997 gehörte Hahn dem VW-Aufsichtsrat an. Seine Faszination an China behielt er bis zum Schluss. Bis zum Ausbruch der Pandemie war er regelmäßig zu Besuch. Als Anfang 2019 der damalige Konzernchef Herbert Diess erklärte, die Zukunft von Volkswagen werde sich auf dem chinesischen Markt entscheiden, bekam er Applaus von Hahn. Zwar habe VW dank des frühen Einstiegs eine hervorragende Position in dem Land, sagte Hahn. Aber diese Position müsse man verteidigen: “Beim Thema Elektromobilität fahren die Chinesen der Welt voraus”, betonte er. Im Nachhinein sei schwer zu verstehen, wieso die Vorteile der Elektromobilität so lange verkannt wurden. Die Chinesen waren da weitsichtiger. Felix Lee

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    Personalien

    Florian Haider verantwortet bei Rolls Royce in München seit Januar den Bereich Customer-Relationship-Management China. In seiner neuen Rolle ist der studierte Politikwissenschaftler verantwortlich für die Durchführung von Projekten, die die allgemeine Geschäftsstrategie des Premium-Autobauers in der Region voranbringen sollen.

    Stephan Muser ist seit Januar Business Development Manager bei SIMATIC PCS neo in Shanghai. Die Siemens-Tochter hat sich auf webbasierte Prozessleitsysteme spezialisiert. Muser ist seit Februar 2022 für Siemens in China aktiv. Zuletzt war er dort Project Manager PA Strategy.

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    Hasenjahr

    兔年 – tùnián – Hasenjahr 

    China hoppelt ins Hasenjahr. Zeit also, einen Blick in den Kaninchenstall der chinesischen Kultur zu werfen. Während sich bei uns ja der Osterhase als bekanntestes Zuchtexemplar durch die Kulturgeschichte knabbert, mümmelt sich im Reich der Mitte der “Mondhase” (月兔 yuètù) beziehungsweise “Jadehase” (玉兔 yùtù) durch die klassische Mythologie. Als Begleiter der Mondgöttin (oder Mondfee) Chang’e (嫦娥 Cháng’é), für die er mit seinem Gerät auf dem Erdtrabanten das Lebenselixier stampft, kennt ihn in China jedes Kind. Die früheste Erwähnung dieses “Hasen auf dem Mond” reicht bis in die Zeit der Streitenden Reiche (475 – 221 v. Chr.) zurück. Im Sprachgebrauch hat sich die Story über die Jahrhunderte so manifestiert, dass 月兔 yuètù und 玉兔 yùtù im Chinesischen bis heute gängige Synonyme für Mond sind. 

    Endgültig in die Neuzeit katapultiert wurde der Jadehase dann im Jahr 2013 von Chinas Nationaler Raumfahrtbehörde (CNSA). Im Rahmen der Mission Chang’e 3 (“Mondfee 3”) des chinesischen Mondprogramms wurde der Rover “Yutu” (玉兔号月球车 Yùtùhào yuèqiúchē) dort abgesetzt, wo sich nun wirklich Fuchs und Hase gute Nacht sagen – auf unserem kosmischen Nachbarn nämlich.              

    Direkt in Griffnähe ist dagegen ein anderer chinesischer Hasenpromi – der “White Rabbit”, auf Chinesisch eigentlich “Big White Rabbit” (大白兔 dàbáitù), der in China quasi in jedem Supermarktregal zu finden ist. Mümmeln tut hier ausnahmsweise aber nicht das Häschen, sondern der Verbraucher. Die Rede ist von einem landesweit beliebten Kaubonbon des Shanghaier Lebensmittelherstellers Guanshengyuan (冠生园Guānshēngyuán). Schon seit 1959 versüßt das Sahnekaubonbon (奶糖 nǎitáng) mit dem schneeweißen Kaninchen auf dem knisternden Konfektpapier chinesische Kindertage. Mittlerweile sind neben dem Original (原味 yuánwèi) noch elf weitere hippe Geschmacksvarianten im Süßwarenregal zu finden, darunter auch so exotische Sorten wie Zuckermais (玉米 yùmǐ), Adzukibohne (红豆 hóngdòu), Durian-Stinkefrucht (榴莲 liúlián) und Wasabi (芥末 jièmò) – letztere Geschmäcker sind sicher nichts für kulinarische Hasenfüße

    Damit die alte Marke nicht irgendwann im Kaninchenbau der Vergessenheit verschwindet, setzt der Shanghaier Traditionsbetrieb auf eine moderne Marketingstrategie mit firmenübergreifenden Kooperationen und Cross-Branding. So sind in China mittlerweile auch Eis, Milchtee und Kartoffelchips, ja sogar Handcreme, Bodylotion und Parfüm in der Flavor-Variante “Weißer Hase” erhältlich. 

    Und – last but not least – dürfte Ihnen in China auch ab und an ein Langohr durchs Chatfenster hopsen – Tuzki, auf Chinesisch兔斯基 Tùsījī, der Platzhirsch, Verzeihung, Platzhase unter Chinas Emoji-Mümmelmännern. Er basiert auf den Zeichnungen der Illustratorin 王卯卯 Wáng Mǎomǎo, die im Westen besser unter ihrem englischen Namen MOMO bekannt ist. Sie kreierte den rebellischen Rammler im Jahr 2006, als man digitale Sticker in China noch über den Messangerdienst QQ versendete. Das launige Langohr traf damals den Geist einer ganzen Generation und war so erfolgreich, dass sich Warner Media die Markenrechte sicherte. Mittlerweile ist der fellige Junggeselle – der laut seiner Erfinderin eine Karottenallergie, dafür aber eine Vorliebe für Kaffee, Milchprodukte und Süßigkeiten hat – natürlich auch im WeChat-Zeitalter angekommen. Hier lassen sich zahlreiche animierte Stickersets des minimalistisch gehaltenen Cartoon-Karnickels herunterladen, und zwar für alle Gemüts- und Lebenslagen. 

    Mit diesem Hasenklatsch im Hinterkopf hopsen Sie sicherlich gut ins Hasenjahr. In Sachen Pelzpromis wissen Sie schließlich jetzt, wie der Hase in China läuft. 

    Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

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