Table.Briefing: China

Nis Grünberg zu Xis Klimapolitik + Möglicher Premier Hu Chunhua

  • Nis Grünberg über Xis Prioritäten im Klimaschutz
  • Wunschkandidat der Wirtschaft: Hu Chunhua als Ministerpräsident
  • Sinolytics.Radar: Kaum Aussicht auf Corona-Lockerungen
  • Britische Militärpiloten im Dienste Chinas
  • London fordert Erklärung für Schläge in Konsulat
  • Peking stoppt LNG-Export
  • EU-Warnung vor 5G-Lieferanten
  • CATL-Vertrag für US-Solarprojekt
  • VAE testen Chinas mRNA-Vakzin
  • Im Porträt: Litauens verbannte Botschafterin Diana Mickevičienė
Liebe Leserin, lieber Leser,

in seiner knapp zweistündigen Rede am Sonntag hatte Xi Jinping einmal mehr Chinas Energiesicherheit betont. Doch er wiederholte auch, dass das Land den grünen Wandel weiter vorantreiben müsse. Eine Abkehr von Chinas Klimazielen muss man in Xis dritter Amtszeit also nicht erwarten. Spannend wird jedoch, wie er die Prioritäten setzt, wenn es hart auf hart kommt. “Wie schnell politische Instabilität und Versorgungsängste Klimaambitionen infrage stellen können, sehen wir ja momentan global”, erklärt Nis Grünberg vom Merics-Institut im Gespräch mit Nico Beckert. Denn bei der Erfüllung der Klimafragen gehe es Chinas Staatschef vor allem auch um den eigenen Machterhalt, so der Energiepolitik-Experte. “Je unsicherer die Gesamtlage, desto unsicherer wird auch die Grüne Wende.”

Wie fest Xi momentan im Sattel sitzt, zeigen unterdessen die offiziellen Bilder aus der Großen Halle des Volkes in Peking. Mal im Weitwinkel und mal in der Totalen bildet Xi den Mittelpunkt im Reich der Mitte. Keiner kann ihm das Wasser reichen, keiner kommt an ihn heran. Doch auch ein Alleinherrscher braucht einen loyalen Sidekick. Wer im März 2023 der neue Ministerpräsident an seiner Seite wird, kann man derzeit nur zwischen den Zeilen und allenfalls aus Gesten lesen.

Einer, der von Xi mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht wird, ist Hu Chunhua. Der 59-Jährige ist der jüngste der vier Vize-Ministerpräsidenten Chinas unter Premier Li Keqiang, und derzeit für Armutsbekämpfung, Landwirtschaft und Handel zuständig. Für die deutsche Wirtschaft wäre Hu ein Wunschkandidat, sagt Frank Sieren. Er analysiert, dass Hu als glaubwürdiger und pragmatischer Krisenmanager gilt, wie er etwa beim Milchpulverskandal 2008 bewiesen hat. Aber noch wichtiger sei, dass Hu nie das Ziel einer weiteren Öffnung Chinas aus den Augen verloren habe. Noch im August dieses Jahres hatte er erklärt, China müsse den Handel und die Investitionen für ausländische Unternehmen weiter “liberalisieren und vereinfachen”. Unerhörte Töne in Zeiten von Entkopplung und Zero-Covid-Abschottung.

Über die Frage, wer der nächste chinesische Premier wird, können Sie sich auch gerne heute mit unserem Kollegen Michael Radunski austauschen: Der Table.Live-Talk mit ihm beginnt um 11:30 Uhr MEZ. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Klimapolitik unter Xi: Viel Licht, viel Schatten

Nis Grünberg vom Merics-Institut in Berlin
Nis Grünberg vom Merics-Institut in Berlin

Die CO2-Emissionen sind seit Xi Jinpings Amtsantritt weniger stark gestiegen als zuvor. Wie groß ist das Verdienst des KP-Chefs daran? Und wie wichtig ist Xi Jinping der Klimaschutz?

Es ist natürlich immer schwierig, das an einer Person festzumachen. Aber auf jeden Fall gehören der langfristige Ausstieg aus der Kohle und das Vermindern von CO2-Emissionen zu den wichtigsten Punkten auf Xis politischer Agenda. Der Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel wird von Xi als Voraussetzung für den langfristigen Machterhalt der Partei und der jetzigen Regierungsform angesehen. Leider ist mittelfristig die Energiesicherheit auch in China wichtiger gewertet als die Klimapolitik; das schadet den Ambitionen bei Emissionszielen momentan.

Inwiefern kann Xi beim Klimaschutz denn “durchregieren”? Wie stark bremsen die Provinzen und Staatsunternehmen?

Das ist natürlich ein extrem komplexes Spiel, weil China so groß ist. Es gibt Provinzen, die mehr von einer schnellen Transformation profitieren als andere. Die Kohleprovinzen verlieren aber an Arbeitsplätzen und Wachstum. Die Provinzen sind ein relativ mächtiger Player, wenn es darum geht, der Zentralregierung zwar nicht Paroli zu bieten, aber zu implementieren, was aus Peking kommt – oder die Implementierung der Klimapolitik zu verlangsamen. Und auch die Zentralregierung drückt gern mal ein Auge zu, besonders in Krisenzeiten.

Wie sehr spielt dabei auch eine Rolle, dass die Zentralregierung teilweise unklare Vorgaben macht, die viel Interpretationsspielraum erlauben?

Das spielt durchaus eine Rolle. Die Zentralregierung gibt eher Makro-Ziele vor: Um wieviel Prozent pro Jahr sollen die Emissionen fallen oder die Erneuerbaren Energien ausgebaut werden? Das müssen die Provinzen, die Stromversorger – die Staatsunternehmen sind – und lokale Akteure dann umsetzen. Und da gibt es unterschiedliche Interessen, so dass es natürlich zu Verzögerungen kommt.

10. Parteitag der KP China

Wo sehen Sie die größten Versäumnisse in der chinesischen Klimapolitik der letzten Jahre?

China hat keine ausreichenden Klimapläne, die mit dem Pariser Abkommen kompatibel wären. Selbst wenn die Volksrepublik also ihre 2030/2060 Ziele erreicht, würde sie keinen ausreichend hohen Anteil leisten, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Ein anderes großes Versäumnis ist: China hat zwar den politischen Willen und die technischen Möglichkeiten, um die grüne Wende schnell voranzubringen. Aber trotzdem gelingt es der Kohlelobby bei jeder kleinen Krise, den Ausstieg zu verlangsamen. Und noch immer werden neue Kohlekraftwerke gebaut. Das erschwert dann in der Zukunft den Ausstieg.

Es werden auch schon seit fast 20 Jahren Reformen im Stromsektor angekündigt, um die Kohle stärker aus den Netzen zu drängen. Viel passiert ist allerdings nicht. Dabei wäre in diesen Bereichen viel zu holen in Sachen CO2-Reduktionen.

Was erwarten Sie von einer dritten Amtszeit Xi Jinpings für den Klimaschutz?

Bei der Klimapolitik wird sich voraussichtlich in einer dritten Amtszeit im Grundsatz nicht viel ändern. Es wird in eine grünere Richtung gehen, pro Jahr wird Kohle um gut ein Prozent im Energiemix fallen. Ob es schneller gehen kann, wird aber auch von realpolitischen Faktoren getrieben – seien es Wirtschaftskrisen oder internationale Spannungen. Je unsicherer die Gesamtlage, desto unsicherer wird auch die Grüne Wende. Die Transformation wird weitergehen, aber wahrscheinlich langsamer als in einer ruhigen Weltlage. Wie schnell politische Instabilität und Versorgungsängste Klimaambitionen infrage stellen können, sehen wir ja momentan global.

China hat in diesem Sommer die schlimmste Hitzewelle seit Datenaufzeichnung durchlebt. Im Jahr vorher kam es zu Überflutungen nach Extremwetter. Ändert die Zentralregierung ihre Klimapolitik nach solchen Extremereignissen?

Nein, das sehe ich nicht. Da müssten noch viel extremere Ereignisse passieren. Die Regierung hält sich da an den Fünfjahresplan, in dem ja auch einige Klimaziele festgeschrieben sind. Und da verzeichnet die Regierung ja auch Erfolge. Die CO2-Emissionen sinken seit vier Quartalen und der Anteil der Kohle im Strommix sinkt Jahr für Jahr um circa ein Prozent. Der Fortschritt ist aber natürlich noch viel zu langsam und reicht nicht aus, um die Pariser Klimaziele zu erreichen – wie bei vielen anderen Staaten auch.

In Deutschland gibt es seit einigen Jahren eine große Klima-Bewegung. Natürlich ist klar, dass in China kaum ähnliche soziale Bewegungen möglich sind. Aber steigt denn das Bewusstsein in der Bevölkerung für den Klimawandel? Entstehen Grass-Roots-Organisationen, die in irgendeiner Form mehr Klimaschutz fordern?

Natürlich ist es schwer, sich in China zivilgesellschaftlich zu organisieren. Aber in der bestehenden Zivilgesellschaft ist das Umweltthema eines der wichtigsten Themen. Und ein Teil davon setzt sich auch ein, allerdings bisher eher im klassischen Umweltschutz, und meist in Kooperation oder Absprache mit den Lokalregierungen. Auch große internationale Organisationen wie Greenpeace sind noch in China aktiv. Die Zivilgesellschaft hat beispielsweise dazu beigetragen, die Smog-Verschmutzung in den großen Städten zu verringern.

Interessant ist auch, was in der Presse passiert. Bisher wurden Überschwemmungen oder andere Extremwetterereignisse medial noch nicht mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Aber das scheint sich seit diesem Sommer etwas zu ändern. Wir haben das noch nicht systematisch ausgewertet, aber erste Artikel zeigen, dass sich da etwas tut. Einem großen Teil der Bevölkerung sind die Klimaprobleme bewusst, wahrscheinlich sogar mehr Menschen als in den USA. Man glaubt an die Wissenschaft.

Nis Grünberg forscht am Berliner China-Institut Merics zu den Beziehungen zwischen dem chinesischen Staat und der Kommunistischen Partei, Elitenpolitik sowie der nachhaltigen Entwicklung Chinas. Er veröffentlichte zum chinesischen Energiesektor und zur Reform der chinesischen Staatsunternehmen. Bevor Grünberg zu Merics kam, forschte er an der Copenhagen Business School (CBS) und dem Sino-Danish Center in Beijing. Grünberg promovierte an der CBS und hat einen BA- und MA-Abschluss in Chinastudien von der Copenhagen University

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Hu Chunhua: Ein Allrounder als künftiger Premier?

Bald Ministerpräsident? Vizepremier Hu Chunhua bei einer Sitzung in Peking
Bald Ministerpräsident? Vizepremier Hu Chunhua bei einer Sitzung in Peking

“Es hat ihn wirklich interessiert, und er war sehr aufmerksam gegenüber dem, was ich und andere Kollegen der Kammer zu sagen hatten,” sagt Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer in China. Die Rede ist von Hu Chunhua (胡春华), mit 59 Jahren der Jüngste der vier Vize-Ministerpräsidenten unter Premier Li Keqiang, und derzeit zuständig für Armutsbekämpfung, Landwirtschaft und für Handel. Er gilt als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge des scheidenden Li Keqiang im Amt des Ministerpräsidenten.

Hus größter Nachteil: Er ist kein Protegé von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Vielmehr ist Hu in der Kommunistischen Jugendliga aufgestiegen, der Machtbasis von Xis Vorgänger Hu Jintao – mit dem der aktuelle starke Mann keine innige Beziehung haben soll. Hu Jintao hatte den jüngeren Hu (keine Verwandtschaft) ebenso gefördert wie der aktuelle Ministerpräsident Li Keqiang.

Doch wenn Xi Jinping für die Durchsetzung einer dritten Amtszeit einen Preis zahlen muss, dann hat Hu gute Chancen. Die versöhnliche Geste, mit der sich Xi nach seiner Eröffnungsrede am 20. Parteitag demonstrativ in Richtung Hu Jintao gewandt hat, könnte darauf hindeuten.

10. Parteitag der KP China

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Xi auch Funktionäre mit Posten versorgen muss, die nicht zu seiner eigenen, mittlerweile dominierenden KP-Fraktion gehören. Es könnte sonst zuviel Unruhe entstehen. Und mit Hu Chunhua als Premier könnte Xi wohl leben. Hu hat schon als Vizepremier vor allem bei der Armutsbekämpfung Erfolge erzielt, die Xi sehr wichtig waren. Auch dank ihm konnte Xi 2021 das Ende der absoluten Armut in China verkünden.

Hus Aufstieg durch verschiedene Provinzen

Wichtiger noch: Der Bauernsohn aus Hubei ist sehr breit aufgestellt und hat Provinzen erfolgreich gemanagt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Das gilt als wichtiges Kriterium für die höchsten Weihen.

Nach einem Elite-Studium an der Peking-Universität und dem Parteieintritt 1983 – unter dem Eindruck der Öffnungspolitik Deng Xiaopings – wurde Hu für fünf Jahre nach Tibet versetzt, der ärmsten Provinz Chinas. Dort war eben Xis Vorgänger Hu Jintao Parteichef war, was den Beginn der beruflichen Beziehung der beiden Hus markierte. Hu Chunhua selbst gehört zu der Minderheit der Tujia, die im Westen Chinas zuhause ist und deren Sprache dem Tibetischen ähnlich ist. 2006 wurde Hu für seine Zeit in Tibet mit der Position des Chefs der Jugendliga belohnt – ein Posten, den auch sein Förderer Hu Jintao einst innehatte.

2008 wurde Hu erst Vizegouverneur, dann Gouverneur in Pekings Nachbarprovinz Hebei. Den höchsten Provinzjob des Parteisekretärs bekam er 2009 dann allerdings in der Inneren Mongolei, einer von Landwirtschaft und Bodenschätzen geprägten Provinz mit der längsten Grenze zu Russland. Von dort gelangte Hu auf dem Parteitag 2012 ins Politbüro und wurde parallel Parteisekretär von Guangdong, der wirtschaftlich stärksten und fortschrittlichsten Provinz Chinas im tiefen Süden. Er löste dort einen Innovationsschub aus, und machte sich einen Namen als Hightech-Wirtschaftsreformer.

“Was die politische Bilanz angeht, würde ich Hu wählen”, sagte Yu Jie, Senior Research Fellow der Denkfabrik Chatham House. “Er hat einen sehr guten Ruf, ob in den Provinzen oder in seiner Position als Vizepremier. Er ist jemand, der liefert.”

Auch gilt Hu Chunhua in Peking als guter Krisenmanager. In Tibet förderte er den Aufbau der Wirtschaft und bekämpfte zugleich aus Pekings Sicht separatistische Organisationen. Er war Gouverneur, als Hebei zum Epizentrum eines riesigen Skandals um gepanschte Milch wurde. Hu überlebte den Skandal, wurde sogar in der Partei für sein effizientes Management der Krise gelobt. Als Parteichef der Mongolei rang er 2011 heftige Unruhen mit zehn Toten nieder. Lokale Hirten hatten sich gegen die umweltzerstörende Bergbauindustrie aufgelehnt. Hu löste den Konflikt mit einer Mischung aus Härte und Verhandlungsbereitschaft. Der Kampf gegen Korruption und den Raubbau an der Natur waren danach seine zentrale Themen.

Chinas Premier: Wang Yang ist Hus größter Konkurrent

Hus größter Wettbewerber ist Wang Yang, ebenfalls Vizepremier und Hus direkter Vorgänger als Parteisekretär in Guangdong. Auch Wang gilt als Wirtschaftsreformer. Er gab Shenzhen den nötigen Schub, um zu Chinas Silicon Valley zu werden. Nach der Eröffnungsrede Xis wurde Wang auf dem Parteitag als einziger Vizepremier mit den Worten zitiert, man müsse jetzt “Einheit” und “Stärke” zeigen. Wang zeigte sich in letzter Zeit stets auffällig loyal mit Xi.

Dennoch hat Hu Chunhua zwei entscheidende Vorteile. Er hat Erfahrungen in sehr armen und sehr reichen Provinzen – und vor allem: Er ist acht Jahre jünger als Wang Yang. Er könnte also anders als Wang die nächsten beiden Legislaturperioden regieren, ohne über die Altersgrenze von 70 Jahren zu geraten. Damit würde Xi Jinping auch ein deutliches Zeichen setzen, dass er die ihm folgende Generation an zentraler Stelle einbindet.

Einen Hinweis, dass Hu in der engeren Auswahl ist, gab es im Juli. Da durfte er ein Loblied auf die “historischen Errungenschaften” Xis schreiben: “Er übernimmt die Befehlsgewalt selbst, zieht selbst in die Schlacht und überwacht die Schlacht persönlich”, pries Hu darin Xis Wirken bei der Armutsbekänpfung.

Hu Chunhua, der Wirtschaftsreformer

Hu zeigte sich sich immer wieder als auch international denkender Wirtschaftsreformer. In seiner Rede zum Treffen von China, Südkorea, Japan und den ASEAN Staaten (10+3) etwa forderte Hu, “mehr Unternehmer aus aller Welt sollten in China investieren.” In einer Rede vor dem französischen Frankreich-China-Komitee am 27. Juni sprach Hu gar davon, China verpflichte sich, das Land “weiter zu öffnen”, den Handel und die Investitionen in China weiter zu “liberalisieren und zu vereinfachen” Im August ermahnte Hu die KP-Kader angesichts der Null-Covid-Politik, sie sollten wieder stärker den Konsum und eine Internationalisierung der Wirtschaft fördern. Die Aushandelslogistik müsse “reibungsloser” laufen.

Hu habe sogar Witze über die lange Liste von Beschwerden der EU-Kammer über die chinesische Wirtschaftspolitik gemacht, zitierte Reuters Kammerchef Wuttke. “Andere Staats- und Regierungschefs hätten das nicht ganz so gut aufgenommen.” Die Firmen dürften mit einem Premier Hu gut leben können.

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Sinolytics.Radar

Zero-Covid bleibt ein Dilemma

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  • Rückblickend sind die chinesischen Gesundheitsbehörden immer noch sehr stolz auf die Erfolge im Kampf gegen die Corona-Pandemie, insbesondere auf die geringe Zahl der Infizierten und der Todesfälle. Die entscheidende Frage ist jedoch, wie das Land die momentane Phase der Pandemie überstehen wird und wie das Endspiel für das Land aussehen wird.
  • Für China eher untypisch haben medizinische Experten und Beamte der Nationalen Gesundheitskommission (NHC) und der chinesischen Gesundheitsbehörde (China CDC) die Defizite des Landes aufgezeigt – und die Bedingungen für eine mögliche Lockerung der Corona-Beschränkungen genannt.
  • Zu den Voraussetzungen gehören der Ausbau der Behandlungskapazitäten – um eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern – die Entwicklung und Herstellung neuer Medikamente und vor allem die Erhöhung der Impfquote. Letzteres gilt speziell für Ältere.
  • Wie die NHC mitteilte, waren bis zum 12. Oktober 86,3 Prozent der über 60-Jährigen vollständig geimpft, was nur geringfügig unter der Impfquote der gleichen Altersgruppe in Deutschland (90,0 Prozent) liegt. Jedoch haben nur 67,2 Prozent der über 60-Jährigen in China eine Booster-Impfung erhalten – gegenüber 84,9 Prozent in Deutschland.
  • Die niedrigen Impfzahlen bei der älteren Bevölkerung würden das chinesische Gesundheitssystem im Falle einer Lockerung der Corona-Beschränkungen vor große Herausforderungen stellen. Denn dadurch würden notwendige Kapazitäten für andere Behandlungen fehlen, und die Zahl der Todesfälle würde rasant ansteigen. Dies wäre politisch ein großes Problem für Xi Jinping, da Null-Covid für den Staatschef bisher ein wichtiges politisches Instrument war.
  • Daher wies Liang Wannian, der Leiter des Corona-Expertenteams, Gerüchte zurück, wonach die Beschränkungen nach den “Zwei Sitzungen” im März 2023 aufgehoben werden. Er erklärte stattdessen, dass der genaue Zeitpunkt für Lockerungen auf “wissenschaftlichen” Erwägungen beruhen werde.
  • Sinolytics geht davon aus, dass die Null-Covid Politik auch in nächster Zeit beibehalten wird und die wirtschaftliche Stabilität des Landes weiter beeinträchtigen wird.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

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News

China verpflichtet ehemalige britische Militärpiloten

Bis zu 30 frühere Piloten der britischen Royal Air Force haben sich von Chinas Militär als Ausbilder anwerben lassen. Das berichteten am Dienstag die BBC und andere britische Medien. Demnach wurden den früheren Piloten bis zu umgerechnet 275.000 Euro geboten, damit sie ihr Expertenwissen mit der chinesischen Luftwaffe teilen.

Das britische Verteidigungsministerium erklärte am Dienstagabend, dass dieser Vorgang “eindeutig den Verteidigungsvorteil des Vereinigten Königreichs” untergrabe. Zu den betroffenen “Personen” sei Kontakt aufgenommen worden, um sie über eine mögliche Strafverfolgung im Rahmen des Officials Secrets Act zu informieren, teilte das Ministerium auf Twitter mit. Zusätzlich werde geprüft, wie Vertraulichkeitsvereinbarungen zum Einsatz kommen können, um “zu verhindern, dass Einzelpersonen die Sicherheit verletzen”.

Zu den von China gefragten Informationen zählen laut des Berichts etwa Details darüber, wie westliche Militärflugzeuge und Piloten operieren. Im Fall eines Konfliktes um Taiwan sei ein solches Wissen von enormer Bedeutung, um Taktiken zu entwickeln, zitiert die BBC einen westlichen Beamten. Piloten anderer Länder sollen ebenfalls von Headhuntern im Auftrag des chinesischen Militärs angesprochen worden sein.

Die britischen Sicherheitsorgane wurden laut der BBC erstmals 2019 auf die Anwerbungsversuche ehemaliger aber auch aktiver Piloten aufmerksam. Ein Sprecher des britischen Verteidigungsministeriums erklärte gegenüber der Zeitung, dass die Anwerbung ehemaliger Militärpiloten jedoch nicht gegen geltendes Recht verstoße. Man warne Ex-Piloten jedoch ausdrücklich, für das chinesische Militär zu arbeiten.

“Wir unternehmen entscheidende Schritte, um chinesische Anwerbungsprogramme zu stoppen. Wir überprüfen die Verwendung von Vertraulichkeitsverträgen und Geheimhaltungsvereinbarungen im gesamten Verteidigungsbereich”, erklärt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Auch ein neues Gesetz zur nationalen Sicherheit (National Security Bill) soll zur schnellen Bewältigung des aktuellen Sicherheitsrisikos beitragen.

Die britische Innenministerin Suella Braverman erklärte am Dienstag unabhängig von der Meldung über Chinas militärische Einflussnahme, dass britische Staatsbürger, die für feindliche Staaten tätig werden, die Demokratie unterwandern und die nationale Sicherheit gefährden bis zu fünf Jahre Haft fürchten müssen. Ein entsprechendes Gesetz ist auf dem Weg. Welche Staaten darunter fallen, ist noch nicht abschließend geklärt. fpe

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London bestellt Chinas stellvertretenden Botschafter ein

Nach dem gewaltsamen Zwischenfall bei einem Protest vor dem chinesischen Konsulat in Manchester bahnt sich eine diplomatische Krise zwischen London und Peking an. Am Dienstag hat der britische Außenminister James Cleverley den stellvertretenden chinesischen Botschafter einbestellt. Dieser solle die “offensichtlichen Gewaltszenen” erklären. Der Botschafter ist zurzeit auf Reisen. Nach Angaben der Polizei von Manchester war am Sonntag ein Demonstrant von Mitarbeitern des chinesischen Konsulats in das Gebäude gezerrt und niedergeschlagen worden. Außen-Staatssekretär Jesse Norman betonte, man sei “äußerst besorgt” über das Vorgehen der Konsulatsmitarbeiter. Die Polizei sei wegen der Demonstration gerufen worden, und habe “eingegriffen, um die Ordnung wieder herzustellen”, so Norman. Die Polizei habe eine Untersuchung eingeleitet.

Chinas Außenministerium hat unterdessen das handgreifliche Vorgehen seiner Diplomaten gegen die Hongkong-Aktivisten verteidigt. Diplomatische Missionen hätten das Recht, “notwendige Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit, des Friedens und der Würde ihres Geländes zu treffen”, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin in Peking. Die Demonstranten hätten sich “illegal Zugang” verschafft und die Sicherheit des Konsulats gefährdet. China hoffe, dass die britische Seite “wirksame Maßnahmen” ergreife, um den Schutz des Konsulats zu verbessern.

Hongkonger Demonstranten hatten am Sonntag – parallel zum Auftakt des Parteitags der Kommunisten in Peking – vor dem Gebäude Plakate ausgerollt und Slogans geschrien, um gegen die Herrschaft der KPCh auch in ihrer Stadt zu protestieren (China.Table berichtete). Videos in sozialen Medien zeigen, wie mehrere Männer einen der Demonstranten auf das Gelände des Konsulats zerren und ihn dort mit Tritten und Schlägen traktieren. Die Lage beruhigte sich erst nach dem Eingreifen der Polizei. ck

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Peking stoppt Weiterverkauf von LNG nach Europa

China hat seine staatlichen Gasimporteure angewiesen, kein Flüssig-Erdgas (LNG) mehr an Abnehmer in Europa und Asien weiterzuverkaufen. So soll die eigene Versorgung für die Heizperiode im Winter gesichert werden.

Chinas Nationale Entwicklungs- und Reformkommission habe die Unternehmen PetroChina Co., Sinopec und CNOOC Ltd. aufgefordert, die Winterladungen für den Inlandsverbrauch aufzubewahren, berichtete Bloomberg am Dienstag. China ist einer der wichtigsten Gasexporteure für Europa, seitdem Russland die Lieferungen eingeschränkt hat. China konnte russischen Treibstoff infolge der Sanktionen billig aufkaufen.

Angesichts einer schwachen Nachfrage im eigenen Land haben chinesische Händler in diesem Jahr einen Teil dieser Lieferungen nach Europa umgeleitet (China.Table berichtete). Da sich die europäischen Gasvorräte jedoch schnell füllten und die Transportkosten Rekordhöhen erreichten, schwand laut Bloomberg die Attraktivität des LNG-Wiederverkaufs.

Peking hat sich zudem verpflichtet, Chinas Häuser in diesem Winter warm zu halten. Präsident Xi Jinping betonte in seiner Rede beim Parteikongress am Sonntag die Energiesicherheit und wiederholte, dass das Land die Risiken einer Versorgungskrise unbedingt vermeiden müsse. fpe

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5G-Ausbau: EU-Kommission warnt vor chinesischen Lieferanten

Die EU-Kommission hat die europäischen Regierungen zur Sicherung ihrer 5G-Mobilnetze aufgerufen. “Mitgliedstaaten, die noch keine Beschränkungen für Hochrisikolieferanten erlassen haben, sollten dies unverzüglich tun, da die verlorene Zeit die Anfälligkeit der Netze in der Union erhöhen kann“, schreibt die EU-Kommission in einer Empfehlung zum Schutz kritischer Infrastruktur, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Unter “Hochrisikolieferant” werden in Brüssel vor allem die chinesischen Telekommunikationsanbieter Huawei und ZTE verstanden. Die Technik von Huawei spielt zwar in vielen europäischen Mobilfunknetzen eine zentrale Rolle, jedoch sieht sich das Unternehmen auf vielen wichtigen Märkten mit einem de-facto Ausschluss vom 5G-Ausbau konfrontiert (China.Table berichtete). Der Netzwerkausrüster gilt als technisch hochversiert und auf dem Weltmarkt vergleichsweise günstig im Einkauf. Zweifel gibt es an seiner Vertrauenswürdigkeit; der Konzern steht im Verdacht, für die Geheimdienste seines Landes die Rivalen auszuspionieren und sich Kontrolle über deren kritische Infrastruktur zu verschaffen. (China.Table berichtete)

Die EU-Kommission warnt davor, sich auf Angaben der Hersteller zu verlassen. Es sei von “entscheidender Bedeutung”, dass alle EU-Länder die “relevanten Beschränkungen für Hochrisikolieferanten” umsetzten. Zur Begründung verweist die Kommission auf “essenzielle Dienste”, die 5G-Netze übernehmen sollen, sowie auf die “verflochtene Natur digitaler Ökosysteme“. Beschränkungen für Hochrisikoanbieter seien für Schlüsselbereiche des Netzes erforderlich, die von der EU als “kritisch und sensibel” eingestuft wurden.

Zeitgleich mit der Mahnung der EU hat Huawei seine Präsenz in Europa allerdings verstärkt. Der Technologieriese kündigte an, 150 Millionen Euro in sein erstes europäisches Cloud-Zentrum in Dublin zu investieren. In den nächsten zwei Jahren sollen 60 Arbeitsplätze geschaffen werden, bis 2027 soll die Zahl auf 200 steigen. mw

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CATL beliefert riesiges US-Solarprojekt

Chinas führender Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology (CATL) wird die Batterien für ein riesiges Solar- und Stromspeicherprojekt namens Gemini in Nevada liefern. Dazu unterschrieb CATL einen Vertrag als alleiniger Batterielieferant mit dem US-amerikanischen Versorgungs- und Energieunternehmen Primergy Solar LLC, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin am Dienstag berichtete. Das Investitionsvolumen liege bei 1,2 Milliarden US-Dollar.

CATL selbst teilte mit, das Gemini-Projekt werde sein modulares Batteriespeichersystem EnerOne einsetzen. Es werde mit einer Solaranlage mit 690 Megawatt Wechselstromleistung (MWac), beziehungsweise 966 Megawatt Gleichstromleistung, sowie einer Speicherkapazität von 1.416 MWh eines der größten Solar- und Speicherprojekte in den Vereinigten Staaten sein. “Gemeinsam mit CATL bauen wir ein marktführendes und hochentwickeltes Batteriespeichersystem auf”, sagte Primergy-CEO Ty Daul laut Caixin. Es werde tagsüber überschüssigen Solarstrom auffangen und ihn für die Nutzung in Nevada nach Sonnenuntergang speichern. ck

VAE testen chinesischen mRNA-Impfstoff

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) haben einen in China hergestellten Covid-19-Impftstoff für klinische Versuche zugelassen. Das mRNA-Vakzin des Herstellers Suzhou Abogen Biosciences ist vor allem bei den weit verbreiteten Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 wirksam. Suzhou Abogen Biosciences hat inzwischen vier mRNA-Impfstoffe in der Entwicklung.

Anfang des Monats hatte ein von Abogen mitentwickelter mRNA-Impfstoff bereits in Indonesien eine Notfallzulassung erhalten (China.Table berichtete). Dagegen haben Chinas Gesundheitsbehörden selbst bisher noch keinem Notfalleinsatz mit einem mRNA-Wirkstoff im eigenen Land zugestimmt – obwohl in den letzten drei Jahren Kandidaten verschiedener Entwickler für klinische Versuche zugelassen wurden.

Der deutsche Hersteller Biontech, der auf dem chinesischen Festland eine Partnerschaft mit Shanghai Fosun Pharmaceutical eingegangen ist, steckt hier seit einem Jahr in behördlichen Prüfungsverfahren fest. Bisher hat sich China zum Schutz seiner Bürger auf inaktivierte Impfstoffe verlassen, die gegen die Omikron- und Delta-Varianten aber weniger wirksam sind. Einige Analysten glauben, dass China auf einen einheimischen mRNA-Impfstoff wartet, um sich nicht vom Ausland abhängig machen zu müssen. fpe

  • Fosun

Presseschau

US-Außenminister warnt: Unter Xi verfolgt China die Annexion Taiwans “sehr viel schneller” TAGESSPIEGEL
Jahresgehälter von rund 240.000 Pfund: China verpflichtet ehemalige britische Kampfpiloten als Ausbilder SPIEGEL
UK tells Chinese envoy that peaceful protest must be respected REUTERS
Chinese diplomat involved in protester attack, says UK MP BBC
KP-Parteitag in China: Xis widersprüchliche Klimaziele TAGESSCHAU
Anti-Xi Slogans in Rare Beijing Protest Spread Within China BLOOMBERG
Verhängnisvolle Kredite – Wie China Kontrolle über Schwellenländer erlangt HANDELSBLATT
Finanzkrise in China: Wichtiger deutscher Exportmarkt ächzt unter hohen Schulden FOCUS
Liz Truss in der Kritik: Das Chaos in England und China trifft auch uns T-ONLINE
Jörg Wuttke, Chef der Deutschen Handelskammer: “China ist von uns abhängig, nicht umgekehrt” N-TV
Härtere Exportkontrollen: USA verschärfen Gangart im Chip-Wettrennen mit China TAGESANZEIGER
China überrollt Europa bei Elektroautos SN
China hat den Verkauf von Flüssigerdgas an Europa gestoppt, um seine eigenen Gasvorräte zu sichern, so ein Bericht BUSINESSINSIDER
Nach Rekord-Hitzewelle: China will noch mehr Kohle fördern und verstromen HEISE
Windenergie: China baut größtes Windrad der Welt – Strom für 30.000 Haushalte T3N
Taiwan ist die Nr. 1 der Chipindustrie ZDF
China: Wie gesperrte WeChat-Nutzer um Verzeihung betteln HEISE
Fentanyl – der amerikanische Fluch aus China und Mexiko DEUTSCHE-APOTHEKER-ZEITUNG
China gears up for launches to complete Tiangong space station SPACENEWS

Heads

Diana Mickevičienė – Litauens verbannte Botschafterin

Diana Mickevičienė
Litauens Botschafterin in China hat hautnah miterlebt, wie Chinas Machtapparat Zähne zeigt.

“Es kam beides zusammen: Ein ganz neues Leben für mein Land, und ein ganz neues Leben für mich”, sagt Diana Mickevičienė, wenn sie über Ihre Jugend spricht. Sie ist 18 Jahre alt, als Litauen 1990 die Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärt. Ein historischer Moment. Doch die Herrscher in Moskau versuchen am 13. Januar 1991, Litauens Freiheitsdrang mit Waffengewalt zu ersticken. Mickevičienė ist in dieser Nacht auf den Straßen von Vilnius unterwegs und muss mitansehen, wie russische Spezialeinheiten das Feuer auf ihre Kommilitonen eröffnen.

Aufhalten können die Soldaten Litauens Unabhängigkeit nicht, aber sie hinterlassen Narben, die auch Mickevičienė bis heute prägen. “Freiheit zu verlieren und sie wiederzugewinnen, ist Teil meiner Geschichte”, sagt die heute 48-Jährige. In der neugewonnenen Freiheit studiert Mickevičienė Philosophie, Geschichte und Internationale Beziehungen.

Und sie qualifiziert sich damit für den diplomatischen Dienst Litauens, der auf der Suche nach frischem Personal ist. Für Mickevičienė ist die Diplomatie ihr Tor zur Welt, nach einer Jugend hinter dem Eisernen Vorhang. Was sie begeistert: Als Diplomatin kann sie Litauens Geschichte erzählen. Die Geschichte der sowjetischen Unterdrückung, aber auch die Erfolgsgeschichte des jungen demokratischen Litauens.

Chinesische Einschüchterungsversuche

2020 wird sie als Botschafterin nach China berufen. Das Verhältnis zwischen Litauen und China hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon merklich abgekühlt. 2019 hatten chinesische Nationalisten friedliche Demonstranten in Vilnius attackiert, die sich mit den Protesten in Hongkong solidarisierten. Ein Schock-Moment für Litauen, das genau an diesem Tag die eigene Unabhängigkeit von der sowjetischen Repression feierte.

Nach weiteren Einschüchterungsversuchen tritt Litauen 2021 enttäuscht aus Chinas 17+1 Format aus. Damit wird auch das Leben für Mickevičienė schwieriger, denn die Botschafterin wird fortan von allen offiziellen Terminen ausgeladen. Kurz darauf eröffnet Taiwan eine Vertretung unter dem Namen “Taiwan-Büro” in Vilnius. Peking ist erzürnt, weist Mickevičienė aus – und verhindert seither fast alle Exporte von Litauen nach China. In Peking wird es jetzt richtig ungemütlich. China stuft den Status der Botschaft in Peking herunter, kappt Litauen von der diplomatischen E-Post, simuliert einen Bombenalarm im Botschaftsgebäude und gibt dem Personal sieben Tage, um China zu verlassen.

“In sieben Tagen mussten wir unser ganzes Leben in China aufgeben, mit Familien, Bankkonten und Haustieren”, erinnert sich Mickevičienė. Am Ende begleiten westliche Diplomaten das litauische Personal bis zum Flughafen – aus Angst, dass die Kollegen aus Litauen mit den auslaufenden Akkreditierungen ins Visier der Grenzpolizei geraten. “Wir haben verstanden: Weil wir als kleines Land gegenüber China aufstehen, wollen sie an uns ein Exempel statuieren”, fasst Mickevičienė zusammen.

Für die Zukunft wappnen

Und sie verbindet ihre Analyse mit einer Botschaft. Die EU müsse sich besser aufstellen, damit kleinere Mitgliedsländer nicht unter die Räder von Chinas Wirtschaftsmacht geraten. Das Anti-Coercion-Instrument (ACI) der Europäischen Kommission sei ein Schritt in die richtige Richtung. “Wir brauchen Instrumente, die der anderen Seite zeigen: Der Binnenmarkt ist unsere Stärke, nicht unsere Schwäche.”

Außerdem hat sie eine klare Botschaft an Deutschland: Die Abhängigkeit vom chinesischen Markt nehme Deutschland den politischen Handlungsspielraum. “Die Situation mit russischem Gas sollte Deutschland die Augen geöffnet haben”, so Mickevičienė. Jonathan Kaspar Lehrer

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Personalien

Chenye Yu hat in München die Rolle des Business Operations & Strategy Analyst bei Nio übernommen. Der E-Auto-Bauer aus Hefei will mit Standorten in Deutschland den europäischen Markt in Angriff nehmen und dabei auch Batteriewechsel-Stationen und eine eigene Ladeinfrastruktur aufbauen.

Marcus Peikert ist seit September Industrial Engineering Director bei ebm-papst China. Peikert ist seit 2013 für den baden-württembergischen Ventilatoren-Weltmarktführer in Shanghai tätig. Zuletzt war er dort Technical Plant Director.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Eine Mitarbeiterin der Daxing International Hydrogen Energy Demonstration Zone in Beijing zeigt auf ein Wasserstoff-Hybrid-Motorrad

Während die KP in der Großen Halle des Volkes tagt, geht es in der Daxing International Hydrogen Energy Demonstration Zone am Rande der Hauptstadt um Zukunftstechnologien. Die Zone ist Teil eines “3+N”-Wasserstoff-Industrie-Ökosystems, das die Städte Peking und Tianjin sowie die Provinz Hebei (Jing-Jin-Ji) gemeinsam aufbauen wollen. Bei einer Präsentation erklärt diese Mitarbeiterin zum Beispiel die Studie eines Wasserstoff-Hybrid-Motorrads.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Nis Grünberg über Xis Prioritäten im Klimaschutz
    • Wunschkandidat der Wirtschaft: Hu Chunhua als Ministerpräsident
    • Sinolytics.Radar: Kaum Aussicht auf Corona-Lockerungen
    • Britische Militärpiloten im Dienste Chinas
    • London fordert Erklärung für Schläge in Konsulat
    • Peking stoppt LNG-Export
    • EU-Warnung vor 5G-Lieferanten
    • CATL-Vertrag für US-Solarprojekt
    • VAE testen Chinas mRNA-Vakzin
    • Im Porträt: Litauens verbannte Botschafterin Diana Mickevičienė
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in seiner knapp zweistündigen Rede am Sonntag hatte Xi Jinping einmal mehr Chinas Energiesicherheit betont. Doch er wiederholte auch, dass das Land den grünen Wandel weiter vorantreiben müsse. Eine Abkehr von Chinas Klimazielen muss man in Xis dritter Amtszeit also nicht erwarten. Spannend wird jedoch, wie er die Prioritäten setzt, wenn es hart auf hart kommt. “Wie schnell politische Instabilität und Versorgungsängste Klimaambitionen infrage stellen können, sehen wir ja momentan global”, erklärt Nis Grünberg vom Merics-Institut im Gespräch mit Nico Beckert. Denn bei der Erfüllung der Klimafragen gehe es Chinas Staatschef vor allem auch um den eigenen Machterhalt, so der Energiepolitik-Experte. “Je unsicherer die Gesamtlage, desto unsicherer wird auch die Grüne Wende.”

    Wie fest Xi momentan im Sattel sitzt, zeigen unterdessen die offiziellen Bilder aus der Großen Halle des Volkes in Peking. Mal im Weitwinkel und mal in der Totalen bildet Xi den Mittelpunkt im Reich der Mitte. Keiner kann ihm das Wasser reichen, keiner kommt an ihn heran. Doch auch ein Alleinherrscher braucht einen loyalen Sidekick. Wer im März 2023 der neue Ministerpräsident an seiner Seite wird, kann man derzeit nur zwischen den Zeilen und allenfalls aus Gesten lesen.

    Einer, der von Xi mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht wird, ist Hu Chunhua. Der 59-Jährige ist der jüngste der vier Vize-Ministerpräsidenten Chinas unter Premier Li Keqiang, und derzeit für Armutsbekämpfung, Landwirtschaft und Handel zuständig. Für die deutsche Wirtschaft wäre Hu ein Wunschkandidat, sagt Frank Sieren. Er analysiert, dass Hu als glaubwürdiger und pragmatischer Krisenmanager gilt, wie er etwa beim Milchpulverskandal 2008 bewiesen hat. Aber noch wichtiger sei, dass Hu nie das Ziel einer weiteren Öffnung Chinas aus den Augen verloren habe. Noch im August dieses Jahres hatte er erklärt, China müsse den Handel und die Investitionen für ausländische Unternehmen weiter “liberalisieren und vereinfachen”. Unerhörte Töne in Zeiten von Entkopplung und Zero-Covid-Abschottung.

    Über die Frage, wer der nächste chinesische Premier wird, können Sie sich auch gerne heute mit unserem Kollegen Michael Radunski austauschen: Der Table.Live-Talk mit ihm beginnt um 11:30 Uhr MEZ. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

    Ihr
    Fabian Peltsch
    Bild von Fabian  Peltsch

    Analyse

    Klimapolitik unter Xi: Viel Licht, viel Schatten

    Nis Grünberg vom Merics-Institut in Berlin
    Nis Grünberg vom Merics-Institut in Berlin

    Die CO2-Emissionen sind seit Xi Jinpings Amtsantritt weniger stark gestiegen als zuvor. Wie groß ist das Verdienst des KP-Chefs daran? Und wie wichtig ist Xi Jinping der Klimaschutz?

    Es ist natürlich immer schwierig, das an einer Person festzumachen. Aber auf jeden Fall gehören der langfristige Ausstieg aus der Kohle und das Vermindern von CO2-Emissionen zu den wichtigsten Punkten auf Xis politischer Agenda. Der Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel wird von Xi als Voraussetzung für den langfristigen Machterhalt der Partei und der jetzigen Regierungsform angesehen. Leider ist mittelfristig die Energiesicherheit auch in China wichtiger gewertet als die Klimapolitik; das schadet den Ambitionen bei Emissionszielen momentan.

    Inwiefern kann Xi beim Klimaschutz denn “durchregieren”? Wie stark bremsen die Provinzen und Staatsunternehmen?

    Das ist natürlich ein extrem komplexes Spiel, weil China so groß ist. Es gibt Provinzen, die mehr von einer schnellen Transformation profitieren als andere. Die Kohleprovinzen verlieren aber an Arbeitsplätzen und Wachstum. Die Provinzen sind ein relativ mächtiger Player, wenn es darum geht, der Zentralregierung zwar nicht Paroli zu bieten, aber zu implementieren, was aus Peking kommt – oder die Implementierung der Klimapolitik zu verlangsamen. Und auch die Zentralregierung drückt gern mal ein Auge zu, besonders in Krisenzeiten.

    Wie sehr spielt dabei auch eine Rolle, dass die Zentralregierung teilweise unklare Vorgaben macht, die viel Interpretationsspielraum erlauben?

    Das spielt durchaus eine Rolle. Die Zentralregierung gibt eher Makro-Ziele vor: Um wieviel Prozent pro Jahr sollen die Emissionen fallen oder die Erneuerbaren Energien ausgebaut werden? Das müssen die Provinzen, die Stromversorger – die Staatsunternehmen sind – und lokale Akteure dann umsetzen. Und da gibt es unterschiedliche Interessen, so dass es natürlich zu Verzögerungen kommt.

    10. Parteitag der KP China

    Wo sehen Sie die größten Versäumnisse in der chinesischen Klimapolitik der letzten Jahre?

    China hat keine ausreichenden Klimapläne, die mit dem Pariser Abkommen kompatibel wären. Selbst wenn die Volksrepublik also ihre 2030/2060 Ziele erreicht, würde sie keinen ausreichend hohen Anteil leisten, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Ein anderes großes Versäumnis ist: China hat zwar den politischen Willen und die technischen Möglichkeiten, um die grüne Wende schnell voranzubringen. Aber trotzdem gelingt es der Kohlelobby bei jeder kleinen Krise, den Ausstieg zu verlangsamen. Und noch immer werden neue Kohlekraftwerke gebaut. Das erschwert dann in der Zukunft den Ausstieg.

    Es werden auch schon seit fast 20 Jahren Reformen im Stromsektor angekündigt, um die Kohle stärker aus den Netzen zu drängen. Viel passiert ist allerdings nicht. Dabei wäre in diesen Bereichen viel zu holen in Sachen CO2-Reduktionen.

    Was erwarten Sie von einer dritten Amtszeit Xi Jinpings für den Klimaschutz?

    Bei der Klimapolitik wird sich voraussichtlich in einer dritten Amtszeit im Grundsatz nicht viel ändern. Es wird in eine grünere Richtung gehen, pro Jahr wird Kohle um gut ein Prozent im Energiemix fallen. Ob es schneller gehen kann, wird aber auch von realpolitischen Faktoren getrieben – seien es Wirtschaftskrisen oder internationale Spannungen. Je unsicherer die Gesamtlage, desto unsicherer wird auch die Grüne Wende. Die Transformation wird weitergehen, aber wahrscheinlich langsamer als in einer ruhigen Weltlage. Wie schnell politische Instabilität und Versorgungsängste Klimaambitionen infrage stellen können, sehen wir ja momentan global.

    China hat in diesem Sommer die schlimmste Hitzewelle seit Datenaufzeichnung durchlebt. Im Jahr vorher kam es zu Überflutungen nach Extremwetter. Ändert die Zentralregierung ihre Klimapolitik nach solchen Extremereignissen?

    Nein, das sehe ich nicht. Da müssten noch viel extremere Ereignisse passieren. Die Regierung hält sich da an den Fünfjahresplan, in dem ja auch einige Klimaziele festgeschrieben sind. Und da verzeichnet die Regierung ja auch Erfolge. Die CO2-Emissionen sinken seit vier Quartalen und der Anteil der Kohle im Strommix sinkt Jahr für Jahr um circa ein Prozent. Der Fortschritt ist aber natürlich noch viel zu langsam und reicht nicht aus, um die Pariser Klimaziele zu erreichen – wie bei vielen anderen Staaten auch.

    In Deutschland gibt es seit einigen Jahren eine große Klima-Bewegung. Natürlich ist klar, dass in China kaum ähnliche soziale Bewegungen möglich sind. Aber steigt denn das Bewusstsein in der Bevölkerung für den Klimawandel? Entstehen Grass-Roots-Organisationen, die in irgendeiner Form mehr Klimaschutz fordern?

    Natürlich ist es schwer, sich in China zivilgesellschaftlich zu organisieren. Aber in der bestehenden Zivilgesellschaft ist das Umweltthema eines der wichtigsten Themen. Und ein Teil davon setzt sich auch ein, allerdings bisher eher im klassischen Umweltschutz, und meist in Kooperation oder Absprache mit den Lokalregierungen. Auch große internationale Organisationen wie Greenpeace sind noch in China aktiv. Die Zivilgesellschaft hat beispielsweise dazu beigetragen, die Smog-Verschmutzung in den großen Städten zu verringern.

    Interessant ist auch, was in der Presse passiert. Bisher wurden Überschwemmungen oder andere Extremwetterereignisse medial noch nicht mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Aber das scheint sich seit diesem Sommer etwas zu ändern. Wir haben das noch nicht systematisch ausgewertet, aber erste Artikel zeigen, dass sich da etwas tut. Einem großen Teil der Bevölkerung sind die Klimaprobleme bewusst, wahrscheinlich sogar mehr Menschen als in den USA. Man glaubt an die Wissenschaft.

    Nis Grünberg forscht am Berliner China-Institut Merics zu den Beziehungen zwischen dem chinesischen Staat und der Kommunistischen Partei, Elitenpolitik sowie der nachhaltigen Entwicklung Chinas. Er veröffentlichte zum chinesischen Energiesektor und zur Reform der chinesischen Staatsunternehmen. Bevor Grünberg zu Merics kam, forschte er an der Copenhagen Business School (CBS) und dem Sino-Danish Center in Beijing. Grünberg promovierte an der CBS und hat einen BA- und MA-Abschluss in Chinastudien von der Copenhagen University

    • 20. Parteitag
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    • Xi Jinping

    Hu Chunhua: Ein Allrounder als künftiger Premier?

    Bald Ministerpräsident? Vizepremier Hu Chunhua bei einer Sitzung in Peking
    Bald Ministerpräsident? Vizepremier Hu Chunhua bei einer Sitzung in Peking

    “Es hat ihn wirklich interessiert, und er war sehr aufmerksam gegenüber dem, was ich und andere Kollegen der Kammer zu sagen hatten,” sagt Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer in China. Die Rede ist von Hu Chunhua (胡春华), mit 59 Jahren der Jüngste der vier Vize-Ministerpräsidenten unter Premier Li Keqiang, und derzeit zuständig für Armutsbekämpfung, Landwirtschaft und für Handel. Er gilt als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge des scheidenden Li Keqiang im Amt des Ministerpräsidenten.

    Hus größter Nachteil: Er ist kein Protegé von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Vielmehr ist Hu in der Kommunistischen Jugendliga aufgestiegen, der Machtbasis von Xis Vorgänger Hu Jintao – mit dem der aktuelle starke Mann keine innige Beziehung haben soll. Hu Jintao hatte den jüngeren Hu (keine Verwandtschaft) ebenso gefördert wie der aktuelle Ministerpräsident Li Keqiang.

    Doch wenn Xi Jinping für die Durchsetzung einer dritten Amtszeit einen Preis zahlen muss, dann hat Hu gute Chancen. Die versöhnliche Geste, mit der sich Xi nach seiner Eröffnungsrede am 20. Parteitag demonstrativ in Richtung Hu Jintao gewandt hat, könnte darauf hindeuten.

    10. Parteitag der KP China

    Es ist sehr wahrscheinlich, dass Xi auch Funktionäre mit Posten versorgen muss, die nicht zu seiner eigenen, mittlerweile dominierenden KP-Fraktion gehören. Es könnte sonst zuviel Unruhe entstehen. Und mit Hu Chunhua als Premier könnte Xi wohl leben. Hu hat schon als Vizepremier vor allem bei der Armutsbekämpfung Erfolge erzielt, die Xi sehr wichtig waren. Auch dank ihm konnte Xi 2021 das Ende der absoluten Armut in China verkünden.

    Hus Aufstieg durch verschiedene Provinzen

    Wichtiger noch: Der Bauernsohn aus Hubei ist sehr breit aufgestellt und hat Provinzen erfolgreich gemanagt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Das gilt als wichtiges Kriterium für die höchsten Weihen.

    Nach einem Elite-Studium an der Peking-Universität und dem Parteieintritt 1983 – unter dem Eindruck der Öffnungspolitik Deng Xiaopings – wurde Hu für fünf Jahre nach Tibet versetzt, der ärmsten Provinz Chinas. Dort war eben Xis Vorgänger Hu Jintao Parteichef war, was den Beginn der beruflichen Beziehung der beiden Hus markierte. Hu Chunhua selbst gehört zu der Minderheit der Tujia, die im Westen Chinas zuhause ist und deren Sprache dem Tibetischen ähnlich ist. 2006 wurde Hu für seine Zeit in Tibet mit der Position des Chefs der Jugendliga belohnt – ein Posten, den auch sein Förderer Hu Jintao einst innehatte.

    2008 wurde Hu erst Vizegouverneur, dann Gouverneur in Pekings Nachbarprovinz Hebei. Den höchsten Provinzjob des Parteisekretärs bekam er 2009 dann allerdings in der Inneren Mongolei, einer von Landwirtschaft und Bodenschätzen geprägten Provinz mit der längsten Grenze zu Russland. Von dort gelangte Hu auf dem Parteitag 2012 ins Politbüro und wurde parallel Parteisekretär von Guangdong, der wirtschaftlich stärksten und fortschrittlichsten Provinz Chinas im tiefen Süden. Er löste dort einen Innovationsschub aus, und machte sich einen Namen als Hightech-Wirtschaftsreformer.

    “Was die politische Bilanz angeht, würde ich Hu wählen”, sagte Yu Jie, Senior Research Fellow der Denkfabrik Chatham House. “Er hat einen sehr guten Ruf, ob in den Provinzen oder in seiner Position als Vizepremier. Er ist jemand, der liefert.”

    Auch gilt Hu Chunhua in Peking als guter Krisenmanager. In Tibet förderte er den Aufbau der Wirtschaft und bekämpfte zugleich aus Pekings Sicht separatistische Organisationen. Er war Gouverneur, als Hebei zum Epizentrum eines riesigen Skandals um gepanschte Milch wurde. Hu überlebte den Skandal, wurde sogar in der Partei für sein effizientes Management der Krise gelobt. Als Parteichef der Mongolei rang er 2011 heftige Unruhen mit zehn Toten nieder. Lokale Hirten hatten sich gegen die umweltzerstörende Bergbauindustrie aufgelehnt. Hu löste den Konflikt mit einer Mischung aus Härte und Verhandlungsbereitschaft. Der Kampf gegen Korruption und den Raubbau an der Natur waren danach seine zentrale Themen.

    Chinas Premier: Wang Yang ist Hus größter Konkurrent

    Hus größter Wettbewerber ist Wang Yang, ebenfalls Vizepremier und Hus direkter Vorgänger als Parteisekretär in Guangdong. Auch Wang gilt als Wirtschaftsreformer. Er gab Shenzhen den nötigen Schub, um zu Chinas Silicon Valley zu werden. Nach der Eröffnungsrede Xis wurde Wang auf dem Parteitag als einziger Vizepremier mit den Worten zitiert, man müsse jetzt “Einheit” und “Stärke” zeigen. Wang zeigte sich in letzter Zeit stets auffällig loyal mit Xi.

    Dennoch hat Hu Chunhua zwei entscheidende Vorteile. Er hat Erfahrungen in sehr armen und sehr reichen Provinzen – und vor allem: Er ist acht Jahre jünger als Wang Yang. Er könnte also anders als Wang die nächsten beiden Legislaturperioden regieren, ohne über die Altersgrenze von 70 Jahren zu geraten. Damit würde Xi Jinping auch ein deutliches Zeichen setzen, dass er die ihm folgende Generation an zentraler Stelle einbindet.

    Einen Hinweis, dass Hu in der engeren Auswahl ist, gab es im Juli. Da durfte er ein Loblied auf die “historischen Errungenschaften” Xis schreiben: “Er übernimmt die Befehlsgewalt selbst, zieht selbst in die Schlacht und überwacht die Schlacht persönlich”, pries Hu darin Xis Wirken bei der Armutsbekänpfung.

    Hu Chunhua, der Wirtschaftsreformer

    Hu zeigte sich sich immer wieder als auch international denkender Wirtschaftsreformer. In seiner Rede zum Treffen von China, Südkorea, Japan und den ASEAN Staaten (10+3) etwa forderte Hu, “mehr Unternehmer aus aller Welt sollten in China investieren.” In einer Rede vor dem französischen Frankreich-China-Komitee am 27. Juni sprach Hu gar davon, China verpflichte sich, das Land “weiter zu öffnen”, den Handel und die Investitionen in China weiter zu “liberalisieren und zu vereinfachen” Im August ermahnte Hu die KP-Kader angesichts der Null-Covid-Politik, sie sollten wieder stärker den Konsum und eine Internationalisierung der Wirtschaft fördern. Die Aushandelslogistik müsse “reibungsloser” laufen.

    Hu habe sogar Witze über die lange Liste von Beschwerden der EU-Kammer über die chinesische Wirtschaftspolitik gemacht, zitierte Reuters Kammerchef Wuttke. “Andere Staats- und Regierungschefs hätten das nicht ganz so gut aufgenommen.” Die Firmen dürften mit einem Premier Hu gut leben können.

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    Sinolytics.Radar

    Zero-Covid bleibt ein Dilemma

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    • Rückblickend sind die chinesischen Gesundheitsbehörden immer noch sehr stolz auf die Erfolge im Kampf gegen die Corona-Pandemie, insbesondere auf die geringe Zahl der Infizierten und der Todesfälle. Die entscheidende Frage ist jedoch, wie das Land die momentane Phase der Pandemie überstehen wird und wie das Endspiel für das Land aussehen wird.
    • Für China eher untypisch haben medizinische Experten und Beamte der Nationalen Gesundheitskommission (NHC) und der chinesischen Gesundheitsbehörde (China CDC) die Defizite des Landes aufgezeigt – und die Bedingungen für eine mögliche Lockerung der Corona-Beschränkungen genannt.
    • Zu den Voraussetzungen gehören der Ausbau der Behandlungskapazitäten – um eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern – die Entwicklung und Herstellung neuer Medikamente und vor allem die Erhöhung der Impfquote. Letzteres gilt speziell für Ältere.
    • Wie die NHC mitteilte, waren bis zum 12. Oktober 86,3 Prozent der über 60-Jährigen vollständig geimpft, was nur geringfügig unter der Impfquote der gleichen Altersgruppe in Deutschland (90,0 Prozent) liegt. Jedoch haben nur 67,2 Prozent der über 60-Jährigen in China eine Booster-Impfung erhalten – gegenüber 84,9 Prozent in Deutschland.
    • Die niedrigen Impfzahlen bei der älteren Bevölkerung würden das chinesische Gesundheitssystem im Falle einer Lockerung der Corona-Beschränkungen vor große Herausforderungen stellen. Denn dadurch würden notwendige Kapazitäten für andere Behandlungen fehlen, und die Zahl der Todesfälle würde rasant ansteigen. Dies wäre politisch ein großes Problem für Xi Jinping, da Null-Covid für den Staatschef bisher ein wichtiges politisches Instrument war.
    • Daher wies Liang Wannian, der Leiter des Corona-Expertenteams, Gerüchte zurück, wonach die Beschränkungen nach den “Zwei Sitzungen” im März 2023 aufgehoben werden. Er erklärte stattdessen, dass der genaue Zeitpunkt für Lockerungen auf “wissenschaftlichen” Erwägungen beruhen werde.
    • Sinolytics geht davon aus, dass die Null-Covid Politik auch in nächster Zeit beibehalten wird und die wirtschaftliche Stabilität des Landes weiter beeinträchtigen wird.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    • Coronavirus
    • Gesundheit

    News

    China verpflichtet ehemalige britische Militärpiloten

    Bis zu 30 frühere Piloten der britischen Royal Air Force haben sich von Chinas Militär als Ausbilder anwerben lassen. Das berichteten am Dienstag die BBC und andere britische Medien. Demnach wurden den früheren Piloten bis zu umgerechnet 275.000 Euro geboten, damit sie ihr Expertenwissen mit der chinesischen Luftwaffe teilen.

    Das britische Verteidigungsministerium erklärte am Dienstagabend, dass dieser Vorgang “eindeutig den Verteidigungsvorteil des Vereinigten Königreichs” untergrabe. Zu den betroffenen “Personen” sei Kontakt aufgenommen worden, um sie über eine mögliche Strafverfolgung im Rahmen des Officials Secrets Act zu informieren, teilte das Ministerium auf Twitter mit. Zusätzlich werde geprüft, wie Vertraulichkeitsvereinbarungen zum Einsatz kommen können, um “zu verhindern, dass Einzelpersonen die Sicherheit verletzen”.

    Zu den von China gefragten Informationen zählen laut des Berichts etwa Details darüber, wie westliche Militärflugzeuge und Piloten operieren. Im Fall eines Konfliktes um Taiwan sei ein solches Wissen von enormer Bedeutung, um Taktiken zu entwickeln, zitiert die BBC einen westlichen Beamten. Piloten anderer Länder sollen ebenfalls von Headhuntern im Auftrag des chinesischen Militärs angesprochen worden sein.

    Die britischen Sicherheitsorgane wurden laut der BBC erstmals 2019 auf die Anwerbungsversuche ehemaliger aber auch aktiver Piloten aufmerksam. Ein Sprecher des britischen Verteidigungsministeriums erklärte gegenüber der Zeitung, dass die Anwerbung ehemaliger Militärpiloten jedoch nicht gegen geltendes Recht verstoße. Man warne Ex-Piloten jedoch ausdrücklich, für das chinesische Militär zu arbeiten.

    “Wir unternehmen entscheidende Schritte, um chinesische Anwerbungsprogramme zu stoppen. Wir überprüfen die Verwendung von Vertraulichkeitsverträgen und Geheimhaltungsvereinbarungen im gesamten Verteidigungsbereich”, erklärt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Auch ein neues Gesetz zur nationalen Sicherheit (National Security Bill) soll zur schnellen Bewältigung des aktuellen Sicherheitsrisikos beitragen.

    Die britische Innenministerin Suella Braverman erklärte am Dienstag unabhängig von der Meldung über Chinas militärische Einflussnahme, dass britische Staatsbürger, die für feindliche Staaten tätig werden, die Demokratie unterwandern und die nationale Sicherheit gefährden bis zu fünf Jahre Haft fürchten müssen. Ein entsprechendes Gesetz ist auf dem Weg. Welche Staaten darunter fallen, ist noch nicht abschließend geklärt. fpe

    • Geopolitik
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    London bestellt Chinas stellvertretenden Botschafter ein

    Nach dem gewaltsamen Zwischenfall bei einem Protest vor dem chinesischen Konsulat in Manchester bahnt sich eine diplomatische Krise zwischen London und Peking an. Am Dienstag hat der britische Außenminister James Cleverley den stellvertretenden chinesischen Botschafter einbestellt. Dieser solle die “offensichtlichen Gewaltszenen” erklären. Der Botschafter ist zurzeit auf Reisen. Nach Angaben der Polizei von Manchester war am Sonntag ein Demonstrant von Mitarbeitern des chinesischen Konsulats in das Gebäude gezerrt und niedergeschlagen worden. Außen-Staatssekretär Jesse Norman betonte, man sei “äußerst besorgt” über das Vorgehen der Konsulatsmitarbeiter. Die Polizei sei wegen der Demonstration gerufen worden, und habe “eingegriffen, um die Ordnung wieder herzustellen”, so Norman. Die Polizei habe eine Untersuchung eingeleitet.

    Chinas Außenministerium hat unterdessen das handgreifliche Vorgehen seiner Diplomaten gegen die Hongkong-Aktivisten verteidigt. Diplomatische Missionen hätten das Recht, “notwendige Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit, des Friedens und der Würde ihres Geländes zu treffen”, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin in Peking. Die Demonstranten hätten sich “illegal Zugang” verschafft und die Sicherheit des Konsulats gefährdet. China hoffe, dass die britische Seite “wirksame Maßnahmen” ergreife, um den Schutz des Konsulats zu verbessern.

    Hongkonger Demonstranten hatten am Sonntag – parallel zum Auftakt des Parteitags der Kommunisten in Peking – vor dem Gebäude Plakate ausgerollt und Slogans geschrien, um gegen die Herrschaft der KPCh auch in ihrer Stadt zu protestieren (China.Table berichtete). Videos in sozialen Medien zeigen, wie mehrere Männer einen der Demonstranten auf das Gelände des Konsulats zerren und ihn dort mit Tritten und Schlägen traktieren. Die Lage beruhigte sich erst nach dem Eingreifen der Polizei. ck

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    Peking stoppt Weiterverkauf von LNG nach Europa

    China hat seine staatlichen Gasimporteure angewiesen, kein Flüssig-Erdgas (LNG) mehr an Abnehmer in Europa und Asien weiterzuverkaufen. So soll die eigene Versorgung für die Heizperiode im Winter gesichert werden.

    Chinas Nationale Entwicklungs- und Reformkommission habe die Unternehmen PetroChina Co., Sinopec und CNOOC Ltd. aufgefordert, die Winterladungen für den Inlandsverbrauch aufzubewahren, berichtete Bloomberg am Dienstag. China ist einer der wichtigsten Gasexporteure für Europa, seitdem Russland die Lieferungen eingeschränkt hat. China konnte russischen Treibstoff infolge der Sanktionen billig aufkaufen.

    Angesichts einer schwachen Nachfrage im eigenen Land haben chinesische Händler in diesem Jahr einen Teil dieser Lieferungen nach Europa umgeleitet (China.Table berichtete). Da sich die europäischen Gasvorräte jedoch schnell füllten und die Transportkosten Rekordhöhen erreichten, schwand laut Bloomberg die Attraktivität des LNG-Wiederverkaufs.

    Peking hat sich zudem verpflichtet, Chinas Häuser in diesem Winter warm zu halten. Präsident Xi Jinping betonte in seiner Rede beim Parteikongress am Sonntag die Energiesicherheit und wiederholte, dass das Land die Risiken einer Versorgungskrise unbedingt vermeiden müsse. fpe

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    5G-Ausbau: EU-Kommission warnt vor chinesischen Lieferanten

    Die EU-Kommission hat die europäischen Regierungen zur Sicherung ihrer 5G-Mobilnetze aufgerufen. “Mitgliedstaaten, die noch keine Beschränkungen für Hochrisikolieferanten erlassen haben, sollten dies unverzüglich tun, da die verlorene Zeit die Anfälligkeit der Netze in der Union erhöhen kann“, schreibt die EU-Kommission in einer Empfehlung zum Schutz kritischer Infrastruktur, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

    Unter “Hochrisikolieferant” werden in Brüssel vor allem die chinesischen Telekommunikationsanbieter Huawei und ZTE verstanden. Die Technik von Huawei spielt zwar in vielen europäischen Mobilfunknetzen eine zentrale Rolle, jedoch sieht sich das Unternehmen auf vielen wichtigen Märkten mit einem de-facto Ausschluss vom 5G-Ausbau konfrontiert (China.Table berichtete). Der Netzwerkausrüster gilt als technisch hochversiert und auf dem Weltmarkt vergleichsweise günstig im Einkauf. Zweifel gibt es an seiner Vertrauenswürdigkeit; der Konzern steht im Verdacht, für die Geheimdienste seines Landes die Rivalen auszuspionieren und sich Kontrolle über deren kritische Infrastruktur zu verschaffen. (China.Table berichtete)

    Die EU-Kommission warnt davor, sich auf Angaben der Hersteller zu verlassen. Es sei von “entscheidender Bedeutung”, dass alle EU-Länder die “relevanten Beschränkungen für Hochrisikolieferanten” umsetzten. Zur Begründung verweist die Kommission auf “essenzielle Dienste”, die 5G-Netze übernehmen sollen, sowie auf die “verflochtene Natur digitaler Ökosysteme“. Beschränkungen für Hochrisikoanbieter seien für Schlüsselbereiche des Netzes erforderlich, die von der EU als “kritisch und sensibel” eingestuft wurden.

    Zeitgleich mit der Mahnung der EU hat Huawei seine Präsenz in Europa allerdings verstärkt. Der Technologieriese kündigte an, 150 Millionen Euro in sein erstes europäisches Cloud-Zentrum in Dublin zu investieren. In den nächsten zwei Jahren sollen 60 Arbeitsplätze geschaffen werden, bis 2027 soll die Zahl auf 200 steigen. mw

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    CATL beliefert riesiges US-Solarprojekt

    Chinas führender Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology (CATL) wird die Batterien für ein riesiges Solar- und Stromspeicherprojekt namens Gemini in Nevada liefern. Dazu unterschrieb CATL einen Vertrag als alleiniger Batterielieferant mit dem US-amerikanischen Versorgungs- und Energieunternehmen Primergy Solar LLC, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin am Dienstag berichtete. Das Investitionsvolumen liege bei 1,2 Milliarden US-Dollar.

    CATL selbst teilte mit, das Gemini-Projekt werde sein modulares Batteriespeichersystem EnerOne einsetzen. Es werde mit einer Solaranlage mit 690 Megawatt Wechselstromleistung (MWac), beziehungsweise 966 Megawatt Gleichstromleistung, sowie einer Speicherkapazität von 1.416 MWh eines der größten Solar- und Speicherprojekte in den Vereinigten Staaten sein. “Gemeinsam mit CATL bauen wir ein marktführendes und hochentwickeltes Batteriespeichersystem auf”, sagte Primergy-CEO Ty Daul laut Caixin. Es werde tagsüber überschüssigen Solarstrom auffangen und ihn für die Nutzung in Nevada nach Sonnenuntergang speichern. ck

    VAE testen chinesischen mRNA-Impfstoff

    Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) haben einen in China hergestellten Covid-19-Impftstoff für klinische Versuche zugelassen. Das mRNA-Vakzin des Herstellers Suzhou Abogen Biosciences ist vor allem bei den weit verbreiteten Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 wirksam. Suzhou Abogen Biosciences hat inzwischen vier mRNA-Impfstoffe in der Entwicklung.

    Anfang des Monats hatte ein von Abogen mitentwickelter mRNA-Impfstoff bereits in Indonesien eine Notfallzulassung erhalten (China.Table berichtete). Dagegen haben Chinas Gesundheitsbehörden selbst bisher noch keinem Notfalleinsatz mit einem mRNA-Wirkstoff im eigenen Land zugestimmt – obwohl in den letzten drei Jahren Kandidaten verschiedener Entwickler für klinische Versuche zugelassen wurden.

    Der deutsche Hersteller Biontech, der auf dem chinesischen Festland eine Partnerschaft mit Shanghai Fosun Pharmaceutical eingegangen ist, steckt hier seit einem Jahr in behördlichen Prüfungsverfahren fest. Bisher hat sich China zum Schutz seiner Bürger auf inaktivierte Impfstoffe verlassen, die gegen die Omikron- und Delta-Varianten aber weniger wirksam sind. Einige Analysten glauben, dass China auf einen einheimischen mRNA-Impfstoff wartet, um sich nicht vom Ausland abhängig machen zu müssen. fpe

    • Fosun

    Presseschau

    US-Außenminister warnt: Unter Xi verfolgt China die Annexion Taiwans “sehr viel schneller” TAGESSPIEGEL
    Jahresgehälter von rund 240.000 Pfund: China verpflichtet ehemalige britische Kampfpiloten als Ausbilder SPIEGEL
    UK tells Chinese envoy that peaceful protest must be respected REUTERS
    Chinese diplomat involved in protester attack, says UK MP BBC
    KP-Parteitag in China: Xis widersprüchliche Klimaziele TAGESSCHAU
    Anti-Xi Slogans in Rare Beijing Protest Spread Within China BLOOMBERG
    Verhängnisvolle Kredite – Wie China Kontrolle über Schwellenländer erlangt HANDELSBLATT
    Finanzkrise in China: Wichtiger deutscher Exportmarkt ächzt unter hohen Schulden FOCUS
    Liz Truss in der Kritik: Das Chaos in England und China trifft auch uns T-ONLINE
    Jörg Wuttke, Chef der Deutschen Handelskammer: “China ist von uns abhängig, nicht umgekehrt” N-TV
    Härtere Exportkontrollen: USA verschärfen Gangart im Chip-Wettrennen mit China TAGESANZEIGER
    China überrollt Europa bei Elektroautos SN
    China hat den Verkauf von Flüssigerdgas an Europa gestoppt, um seine eigenen Gasvorräte zu sichern, so ein Bericht BUSINESSINSIDER
    Nach Rekord-Hitzewelle: China will noch mehr Kohle fördern und verstromen HEISE
    Windenergie: China baut größtes Windrad der Welt – Strom für 30.000 Haushalte T3N
    Taiwan ist die Nr. 1 der Chipindustrie ZDF
    China: Wie gesperrte WeChat-Nutzer um Verzeihung betteln HEISE
    Fentanyl – der amerikanische Fluch aus China und Mexiko DEUTSCHE-APOTHEKER-ZEITUNG
    China gears up for launches to complete Tiangong space station SPACENEWS

    Heads

    Diana Mickevičienė – Litauens verbannte Botschafterin

    Diana Mickevičienė
    Litauens Botschafterin in China hat hautnah miterlebt, wie Chinas Machtapparat Zähne zeigt.

    “Es kam beides zusammen: Ein ganz neues Leben für mein Land, und ein ganz neues Leben für mich”, sagt Diana Mickevičienė, wenn sie über Ihre Jugend spricht. Sie ist 18 Jahre alt, als Litauen 1990 die Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärt. Ein historischer Moment. Doch die Herrscher in Moskau versuchen am 13. Januar 1991, Litauens Freiheitsdrang mit Waffengewalt zu ersticken. Mickevičienė ist in dieser Nacht auf den Straßen von Vilnius unterwegs und muss mitansehen, wie russische Spezialeinheiten das Feuer auf ihre Kommilitonen eröffnen.

    Aufhalten können die Soldaten Litauens Unabhängigkeit nicht, aber sie hinterlassen Narben, die auch Mickevičienė bis heute prägen. “Freiheit zu verlieren und sie wiederzugewinnen, ist Teil meiner Geschichte”, sagt die heute 48-Jährige. In der neugewonnenen Freiheit studiert Mickevičienė Philosophie, Geschichte und Internationale Beziehungen.

    Und sie qualifiziert sich damit für den diplomatischen Dienst Litauens, der auf der Suche nach frischem Personal ist. Für Mickevičienė ist die Diplomatie ihr Tor zur Welt, nach einer Jugend hinter dem Eisernen Vorhang. Was sie begeistert: Als Diplomatin kann sie Litauens Geschichte erzählen. Die Geschichte der sowjetischen Unterdrückung, aber auch die Erfolgsgeschichte des jungen demokratischen Litauens.

    Chinesische Einschüchterungsversuche

    2020 wird sie als Botschafterin nach China berufen. Das Verhältnis zwischen Litauen und China hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon merklich abgekühlt. 2019 hatten chinesische Nationalisten friedliche Demonstranten in Vilnius attackiert, die sich mit den Protesten in Hongkong solidarisierten. Ein Schock-Moment für Litauen, das genau an diesem Tag die eigene Unabhängigkeit von der sowjetischen Repression feierte.

    Nach weiteren Einschüchterungsversuchen tritt Litauen 2021 enttäuscht aus Chinas 17+1 Format aus. Damit wird auch das Leben für Mickevičienė schwieriger, denn die Botschafterin wird fortan von allen offiziellen Terminen ausgeladen. Kurz darauf eröffnet Taiwan eine Vertretung unter dem Namen “Taiwan-Büro” in Vilnius. Peking ist erzürnt, weist Mickevičienė aus – und verhindert seither fast alle Exporte von Litauen nach China. In Peking wird es jetzt richtig ungemütlich. China stuft den Status der Botschaft in Peking herunter, kappt Litauen von der diplomatischen E-Post, simuliert einen Bombenalarm im Botschaftsgebäude und gibt dem Personal sieben Tage, um China zu verlassen.

    “In sieben Tagen mussten wir unser ganzes Leben in China aufgeben, mit Familien, Bankkonten und Haustieren”, erinnert sich Mickevičienė. Am Ende begleiten westliche Diplomaten das litauische Personal bis zum Flughafen – aus Angst, dass die Kollegen aus Litauen mit den auslaufenden Akkreditierungen ins Visier der Grenzpolizei geraten. “Wir haben verstanden: Weil wir als kleines Land gegenüber China aufstehen, wollen sie an uns ein Exempel statuieren”, fasst Mickevičienė zusammen.

    Für die Zukunft wappnen

    Und sie verbindet ihre Analyse mit einer Botschaft. Die EU müsse sich besser aufstellen, damit kleinere Mitgliedsländer nicht unter die Räder von Chinas Wirtschaftsmacht geraten. Das Anti-Coercion-Instrument (ACI) der Europäischen Kommission sei ein Schritt in die richtige Richtung. “Wir brauchen Instrumente, die der anderen Seite zeigen: Der Binnenmarkt ist unsere Stärke, nicht unsere Schwäche.”

    Außerdem hat sie eine klare Botschaft an Deutschland: Die Abhängigkeit vom chinesischen Markt nehme Deutschland den politischen Handlungsspielraum. “Die Situation mit russischem Gas sollte Deutschland die Augen geöffnet haben”, so Mickevičienė. Jonathan Kaspar Lehrer

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    Personalien

    Chenye Yu hat in München die Rolle des Business Operations & Strategy Analyst bei Nio übernommen. Der E-Auto-Bauer aus Hefei will mit Standorten in Deutschland den europäischen Markt in Angriff nehmen und dabei auch Batteriewechsel-Stationen und eine eigene Ladeinfrastruktur aufbauen.

    Marcus Peikert ist seit September Industrial Engineering Director bei ebm-papst China. Peikert ist seit 2013 für den baden-württembergischen Ventilatoren-Weltmarktführer in Shanghai tätig. Zuletzt war er dort Technical Plant Director.

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    Dessert

    Eine Mitarbeiterin der Daxing International Hydrogen Energy Demonstration Zone in Beijing zeigt auf ein Wasserstoff-Hybrid-Motorrad

    Während die KP in der Großen Halle des Volkes tagt, geht es in der Daxing International Hydrogen Energy Demonstration Zone am Rande der Hauptstadt um Zukunftstechnologien. Die Zone ist Teil eines “3+N”-Wasserstoff-Industrie-Ökosystems, das die Städte Peking und Tianjin sowie die Provinz Hebei (Jing-Jin-Ji) gemeinsam aufbauen wollen. Bei einer Präsentation erklärt diese Mitarbeiterin zum Beispiel die Studie eines Wasserstoff-Hybrid-Motorrads.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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