die lange erwartete Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung ist da. Am Mittwoch haben die Ampelminister sie vorgelegt – auf Deutsch, Englisch und Französisch. Japanisch und Polnisch sollen schnell folgen. Und was ist mit einer Version auf Chinesisch? Soll es geben. Irgendwann.
Überhaupt sind die direkten Passagen zu China äußerst knapp gehalten – obwohl die Volksrepublik schon seit längerem auch von deutschen Behörden als ein ganz erhebliches Sicherheitsrisiko gesehen wird. Aber eine eigene China-Strategie soll ja “bald” folgen, wie Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Vorstellung betont. Oder will die Bundesregierung nur nicht für schlechte Stimmung sorgen? Schließlich finden kommende Woche in Berlin deutsch-chinesische Regierungskonsultationen statt. Und da will es man es sich mit dem wichtigsten Handelspartner kurz vorher nicht so ganz verscherzen.
Heute begeht Xi Jinping sein 70. Geburtstag. Aus traditioneller chinesischer Sicht ist das kein Grund zum Feiern. Denn auf Chinesisch taucht in der Bezeichnung für 70 das Wort Jahrzehnt (shi) auf. Und das klingt mit südchinesischem Einschlag so ähnlich wie Tod (si). Gerade im hohen Alter wird daher lieber das Jahr gefeiert, in dem die Ziffer 9 auftaucht, weil 9 (jiu) auf Chinesisch genauso klingt wie “ewig” (过九不过十) – für “ewiges Leben”.
Warum im Fall von Xi auch das kein Grund zum Feiern ist, analysiert Michael Radunski. Denn das “ewig” bezieht sich hier auf Xis Parteivorsitz und seine Präsidentschaft. Und das sind keine guten Aussichten für China und den Rest der Welt.
Viele neue Erkenntnisse beim Lesen!
Wenig überraschend wird in der neuen Strategie “das heutige Russland” als “auf absehbare Zeit größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit im euroatlantischen Raum” bezeichnet. Langfristig bedeutsamer scheint allerdings, gerade im Bekenntnis zu einer multipolaren Welt, die Beziehung zu China.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) versuchte auf der gemeinsamen Pressekonferenz, die Haltung zur Volksrepublik auf den Punkt zu bringen: “Die USA sind ein Wertepartner, China ist ein Handelspartner, aber Werterivale.” Das Papier hat 74 Seiten. Zu China bleibt die Strategie aber wie derzeit üblich vage und widersprüchlich. Sie betont Gefahren, gleich gewichtet mit unverzichtbarer Partnerschaft.
Die Regierung zieht sich dazu auf die derzeit als politisch sicher empfundene Formel von China als “Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale” zurück. “Wir sehen, dass dabei die Elemente der Rivalität, des Wettbewerbs in den vergangenen Jahren zugenommen haben; zugleich aber bleibt China ein Partner, ohne den sich viele der drängendsten globalen Herausforderungen nicht lösen lassen”, heißt es im Überblick.
Weiter hinten, auf Seite 23, wird dieser Ansatz weiter ausgeführt. Folgende Warnungen formuliert die nationale Strategie zu China:
Zugleich wird China ein unverzichtbarer Partner in globalen Fragen genannt.
So weit, so richtig. Wer sich jetzt eine Antwort auf die Frage erhofft hat, wie konkret auf die verzwickte Herausforderung China zu reagieren sei, der wird von dem Papier enttäuscht. Die Bundesregierung hebt sich das möglicherweise für die China-Strategie auf, die dem Vernehmen nach Anfang Juli herauskommen könnte.
Die Argumentation, eine spezifischere China-Strategie sollte sich aus der allgemeineren Gesamtstrategie ableiten, funktioniert mit dem vorliegenden Dokument jedenfalls nur bedingt. Das Dilemma eines dominierenden Handelspartners, der sich von Dialogbereitschaft und praktizierten Werten her immer weiter von Deutschland entfremdet, wird dort vor allem an Russland durchdekliniert.
Die harten Entscheidungen zu China sind damit also wieder vertagt. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte ausdrücklich, dass er eine “Balance” angestrebt habe. Kommende Woche finden deutsch-chinesische Regierungskonsultationen in Berlin statt.
Zahlreiche Absätze des Papiers beziehen sich aber auf Themen, bei denen China der deutschen Politik das größte Kopfzerbrechen bereitet. “Generell müssen wir einseitige Abhängigkeiten in kritischen Bereichen beenden oder zumindest reduzieren, insbesondere durch Diversifizierung“, heißt es. Rohstoffprojekte sollen gemeinsam mit der Wirtschaft gezielt gefördert werden. So soll es staatliche Anreize geben, dass die Firmen Reserven an kritischen Rohstoffen aufbauen, um Lieferunterbrechungen ausgleichen zu können.
Generell sollen internationalen Wirtschafts- und Finanzbeziehungen auf einseitige Abhängigkeiten abgeklopft werden, weil dies eine sicherheitspolitische Dimension habe. Doch diese allgemein gehaltenen Passagen beantworten nicht die Frage, wie die Wirtschaft vom ersatzlos größten Markt, größten Produktionsstandort und größten Lieferanten weg diversifizieren soll.
Thema ist in weiten Teilen des Papiers die materielle Ausstattung der Sicherheitsorgane und deren europäische Koordination. Der Ansatz der “integrierten Sicherheit”, der der Nationalen Sicherheitsstrategie zugrunde liegt, soll über die bisherigen Schwerpunkte Streitkräfte und Diplomatie hinaus aber auch die innere Sicherheit, Cyber-Bedrohungen, die Auswirkungen von Wirtschaftspolitik und den Klimawandel in den Blick nehmen.
“Alle Stränge der Politik” zusammenzuführen, muss aus Sicht der Ampelkoalition allerdings vorerst ohne zusätzliche Mittel gelingen: “Angesichts der erheblichen aktuellen Anforderungen an unsere öffentlichen Haushalte streben wir an, die Aufgaben dieser Strategie ohne zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts insgesamt zu bewältigen”. Das Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für den Wehretat lehnt Lindner als “nicht darstellbar” ab.
Die Leitlinien der neuen Strategie unter den Schlagworten “Wehrhaft. Resilient. Nachhaltig.” fassen im Wesentlichen die bisherigen Regierungsbemühungen zusammen, sehen allerdings kaum grundlegend neue Vorgehensweisen vor. Ein nationaler Sicherheitsrat, wie er in der Debatte über diese Strategie mehrfach auch aus der Koalition gefordert wurde, ist nicht vorgesehen.
Sowohl Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) als auch Scholz betonten, die Arbeit der Bundesregierung als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine habe gezeigt, dass der Regierungsapparat handlungsfähig sei und kein neues Gremium eingerichtet werden müsse. Finn Mayer-Kuckuk/Thomas Wiegold
In China wird derzeit über eine Erhöhung des Rentenalters diskutiert. Jin Weigang, Präsident der Chinesischen Akademie für Arbeits- und Sozialversicherungswissenschaften, kündigte vor kurzem an: “Menschen, die sich dem Rentenalter nähern, müssen den Eintritt in den Ruhestand um einige Monate hinauszögern.” Aktuell gehen Männer in China mit 60 Jahren in Rente, Frauen mit 55 Jahren. Chinas Präsident Xi Jinping (习近平) wird an diesem Donnerstag 70 Jahre alt. Für ihn wäre es also höchste Zeit, in Rente zu gehen.
Doch als hätte Jin Weigang den gleichen Gedanken, fügte er im Gespräch mit der Zeitung “Global Times” hinzu: “Das wichtigste Merkmal der Reform ist, dass die Menschen selbst entscheiden können, wann sie in den Ruhestand gehen wollen, je nach ihren Umständen und Bedingungen.” Xi Jinping hat sich klar entschieden. Er hat dafür sogar die 1982 in der chinesischen Verfassung festgeschriebene Amtszeit und damit auch die Altersbegrenzung für das Amt des Präsidenten aufheben lassen.
Xi Jinping hat in diesem Jahr seine dritte Amtszeit als Präsident Chinas begonnen. Und dabei muss es nicht bleiben. Theoretisch kann er lebenslang regieren. Ein Umstand, den Politiker und Rechtsexperten in der Verfassung von 1982 eigentlich verhindern wollten.
Maos Regentschaft vor Augen fürchteten sie, dass eine lebenslange Amtszeit wieder zu Willkür und Tyrannei führen werde, insbesondere in einem Einparteienstaat. “Wenn jemand 15 Jahre lang im Amt bleibt, wird das Volk es nicht wagen, ihm gegenüber seine Meinung zu äußern”, sagte Fang Yi, einer der Verfasser jener Verfassung.
Und nicht nur das Volk. Spätestens im aktuellen Politbüro ist Xi nur noch von loyalen Kadern umgeben. Seither werde selbst im engsten Führungszirkel Xi nur noch nach dem Mund geredet, fürchten Kritiker.
Als Beweis dafür, wie weit Xi von der Realität entfernt sei, führen manche Chinas strikte Zero-Covid-Politik an. Mit aller Macht hatte Xi ausländische mRNA-Impfstoffe abgelehnt und lieber Millionen Menschen in monatelange Lockdowns geschickt. Erst als der Unmut sich auf den Straßen etlicher Metropolen Bahn brach, lenkte Xi ein und ließ sämtliche Restriktionen aufheben.
Das Problem ist offensichtlich: Je mehr Macht eine Person besitzt, desto fehleranfälliger wird das System. Und desto schwieriger ist es, Fehler zu korrigieren. Noch gelingt es Xi. Doch es drängt sich direkt die nächste Frage auf.
Sicher weiß das nur er selbst. Ein Blick zum großen Rivalen nach Washington lässt ihn fast wie ein Jüngling erscheinen: US-Präsident Joe Biden ist 80 Jahre alt, sein Vorgänger und möglicher Herausforderer Donald Trump ist 76. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass Xi seinen Ruhestand vom Alter seiner Amtskollegen abhängig macht.
Vielmehr wäre es an Xi selbst, einen Nachfolger aufzubauen. Deng Xiaoping installierte einst Jiang Zemin. Dieser wiederum übergab die Führung geordnet an Wen Jiabao und Hu Jintao. Selbst als anschließend in der KP wieder erbitterte Grabenkämpfe aufkamen, konnte man sich fristgerecht nach zwei Amtszeiten auf einen Kandidaten einigen: Xi Jinping galt damals als Kompromiss, der niemandem wehtun würde. Es kam anders. Und Xi selbst hat bislang keinen Nachfolger ausgesucht. Im Oktober vergangenen Jahres wurde er auf dem Parteitag für weitere fünf Jahre als Generalsekretär der Kommunistischen Partei bestätigt. Warum macht Xi das?
Eine Theorie dazu lautet: Xi traut es schlicht keinem anderen zu. Seine Mission manifestiert sich in den Ideen vom “Chinesischen Traum” (中国梦) und der “Verjüngung der chinesischen Nation” (中华民族伟大复兴). Beides sieht Xi in Gefahr. China steht derzeit vor riesigen Problemen: schwaches Wirtschaftswachstum, Immobilienblase, verschuldete Provinzen. Hinzu kommt eine Jugendarbeitslosigkeit auf Rekordwert. Chinas Gesellschaft schrumpft zudem und wird immer älter.
Außenpolitisch sieht es kaum besser aus: Der Wettstreit mit den USA wird immer härter ausgetragen, in Europa macht sich China-Verdruss breit, die Nachbarstaaten blicken zunehmend besorgt auf Chinas Stärke. Und die Liste ließe sich fortsetzen mit Themen wie Stromknappheit, Xinjiang, Hongkong, Taiwan, Ukraine, Russland und der Belt-and-Road-Initiative.
In einer solchen Situation wäre es aus Xis Sicht unverantwortlich, die KP in einen heiklen Übergangsprozess zu schicken. Also muss er es selbst machen, als Chinas COE – Chairman Of Everything. Denn Xi steht nicht nur an der Spitze von Partei, Staat und Militär, sondern führt unzählige weitere Leitungsgruppen: zu Reformpolitik, Wirtschaft und Finanzen, Hongkong und Macao, der nationalen Sicherheit, der Modernisierung des Militärs oder der Cybersicherheit. Kurzum: Xi ist “Vorsitzender von allem”.
Eine andere Theorie besagt: Xi kann gar nicht zurücktreten, weil er sonst um sein eigenes Schicksal fürchten müsste. Denn um überhaupt derart mächtig zu werden, musste Xi auf seinem Weg unzählige Konkurrenten ausschalten. Der ehemalige Vizeminister für öffentliche Sicherheit Sun Lijun, der Ex-Sicherheitszar Zhou Yongkang oder auch Bo Xilai sind nur die bekanntesten Namen auf einer langen Liste.
Vor allem unter der Vorgabe “Korruptionsbekämpfung” ging es vielen sprichwörtlich an den Kragen. Den “Tigern” wie den “Fliegen”, den großen wie den eher kleinen Kadern. Innerhalb von nur vier Jahren gerieten mehr als 1,3 Millionen Funktionäre und Beamte in die Fänge der allmächtigen Zentralen Disziplinarkommission. Viele von ihnen, ihre Familien und Seilschaften warten nun auf ihre Chance, sie sinnen auf Revanche.
Wie schnell sich das Schicksal wenden kann, musste Xi in seiner eigenen Familie erleben: Sein Vater Xi Zhongxun (习仲勋) war Revolutionär erster Stunde und stellvertretender Ministerpräsident Chinas – bis Mao seinen engen Vertrauten 1962 plötzlich fallen ließ.
Ein Ausweg für Xi wäre es, einen starken Nachfolger aufzubauen. Doch selbst wenn Xi jemanden finden würde, dem oder der er die Führung Chinas zutrauen würde, wäre es ein äußerst schwieriger Balanceakt: Denn Xis Nachfolger müsste stark genug sein, um Xi auch im Ruhestand vor dessen Widersachern zu schützen. Andererseits dürfte er aber auch nicht zu stark sein, denn nur wenige Führer im Ruhestand haben es geschafft, ihr Ego an ein Leben in der zweiten Reihe zu gewöhnen.
Selbst der oft gepriesene Deng Xiaoping, der den geordneten Übergang mit zwei Amtszeiten einführen ließ, zog im Hintergrund als “Überragender Führer” bis zu seinem Tod weiter die Strippen. Immer wieder mischte er sich in die aktuelle Politik ein – wann immer er sein politisches Erbe in Gefahr glaubte. Im Falle von Xi Jinping wäre das wohl: immer.
Nun also doch. Nachdem US-Außenminister Antony Blinken Anfang Februar wegen Spionagevorwürfen gegen China seine Reise nach Peking noch abgesagt hatte, will er sie Ende dieser Woche nachholen. Blinken wird voraussichtlich am 18. Juni in Peking sein und dort mit hochrangigen Vertretern der chinesischen Regierung zusammenkommen, teilte das US-Außenministerium mit. Es ginge darum, offene Kommunikationskanäle zwischen beiden Ländern aufrechtzuerhalten, um die Beziehungen verantwortungsvoll zu gestalten.
Nach dem Abschuss eines angeblichen chinesischen Spionageballons über US-Territorium und den daraus folgenden diplomatischen Zerwürfnissen Anfang Februar traf Blinken zwar den obersten chinesischen Außenpolitiker, Wang Yi, am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Das Treffen sorgte allerdings für weitere Spannungen. Blinken betonte stets, er wolle nach China reisen, sobald die Umstände dafür gegeben seien. Auf Gesprächsangebote aus Washington reagierte die Führung in Peking allerdings abweisend.
Im Mai fand nach längerer Funkstille wieder ein Treffen hochrangiger Vertreter beider Regierungen statt: Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, traf in Wien Wang Yi. Von US-Seite hieß es danach, man sei bereit, die jüngste Spionageaffäre hinter sich zu lassen. Anfang Juni reiste schließlich ein hochrangiger Beamter aus dem US-Außenministerium nach China. Dies wurde als Vorbereitung eines bald bevorstehenden Besuches von Blinken interpretiert.
Kurz vor Blinkens Reiseankündigung sind allerdings neue Vorwürfe über Spähversuche Chinas gegen die USA bekannt geworden. Blinken sagte vor wenigen Tagen, China nutze seit geraumer Zeit die den USA nahe gelegene Insel Kuba, um Geheimdienstinformationen zu sammeln. flee
Beim Besuch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Peking hat sich China deutlich in der Nahost-Frage positioniert. “Die grundlegende Lösung der palästinensischen Frage liegt in der Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt“, sagte Xi laut chinesischen Staatsmedien.
Bereits im Dezember hatte Xi Abbas bei einem Treffen in Saudi-Arabien versprochen, sich als Vermittler in der Nahost-Frage einzubringen. Laut Berichten chinesischer Medien kündigte Xi Unterstützung für die Aufnahme der Palästinensischen Autonomiebehörde als Vollmitglied in die Vereinten Nationen an. Die Vereinigten Staaten lehnen eine Vollmitgliedschaft Palästinas in der UN ab, sofern kein Friedensabkommen mit Israel zustande kommt.
Xi und Abbas gaben bei dem Besuch in Peking eine strategische Partnerschaft bekannt und unterzeichneten eine Reihe von Dokumenten zur bilateralen Zusammenarbeit, darunter ein Pakt über wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit, eine Vereinbarung über die gegenseitige Befreiung von der Visumpflicht für Diplomatenpässe und eine Freundschaft zwischen der chinesischen Stadt Wuhan und Ramallah, dem Sitz der palästinensischen Regierung im Westjordanland. jul/rtr
Taiwans Außenminister Joseph Wu hat in Prag um europäische Unterstützung bei der Sicherung des Friedens und der Stabilität in der Taiwanstraße gebeten. “Damit Taiwan stark und widerstandsfähig bleibt und den Mut hat, die Politik der Aufrechterhaltung des Status quo fortzusetzen, brauchen wir die Unterstützung europäischer Freunde”, sagte Wu in einer Rede bei einer Konferenz in der tschechischen Hauptstadt.
Bei dieser war auch Tschechiens Präsident Petr Pavel anwesend. Pavel war damit das erste EU-Staatsoberhaupt, das bei einer Veranstaltung offiziell mit einem Vertreter Taiwans in einem Raum war. Die Tschechische Republik unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. In seiner Rede betonte Pavel die Notwendigkeit, die demokratische Regierungsführung in Taiwan angesichts des zunehmenden Drucks seitens Chinas zu schützen. Zu einem persönlichen Treffen zwischen Pavel und Wu kam es jedoch nicht.
Außenminister Wu war in Prag, um Milos Vystrcil, den Präsidenten des tschechischen Senats, zu treffen. Vystrcil hatte in den vergangenen Jahren versucht, die Beziehungen des EU-Staats zu Taiwan zu fördern.Wu wird auch nach Brüssel reisen, um EU-Beamte zu treffen. Tschechien hat seit Antritt der Mitte-Rechts-Regierung 2021 seinen Ansatz gegenüber China und Taiwan geändert. Pavel, der im März sein Amt angetreten hat, war das erste EU-Staatsoberhaupt, das nach seiner Wahl mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen telefonierte – und nicht zuerst mit Peking. Eine Reise nach Taipeh schloss Pavel dennoch vorerst aus.
Wang Lutong, Chinas Generaldirektor für europäische Angelegenheiten, hatte Wus Reise bereits vorab kritisiert. Die Taiwan-Frage sei “der Kern der Kerninteressen Chinas”, schrieb Wang auf Twitter. “Wir fordern die europäische Seite dringend auf, separatistischen Aktivitäten für die ‘Unabhängigkeit Taiwans’ keine Bühne zu bieten.” ari
Bei den Verhandlungen zum geplanten EU-Sanktionspaket sind einem Medienbericht zufolge fünf in China und Hongkong ansässige Unternehmen von der Liste potenzieller Zielfirmen gestrichen worden. Drei Unternehmen sollten weiterhin aufgeführt bleiben, berichtete South China Morning Post am Mittwoch unter Berufung auf EU-Kreise. Zuvor habe es Gespräche mit chinesischen Diplomaten gegeben.
Der Entwurf einer Sanktionsliste ist Teil eines umfassenderen Russland-Sanktionspakets. Die Unternehmen sollen wegen der Weiterleitung verbotener europäischer Waren an das russische Militär mit Strafmaßnahmen belegt werden. Namen, die im Zusammenhang mit den möglichen Sanktionen kursieren, sind seit Anfang Mai unter anderem 3HC Semiconductors, King-Pai Technology und Sinno Electronics.
Die Verhandlungen zu dem elften Sanktionspaket laufen auf Hochtouren. Ungarn soll zuletzt seine Blockade gegen Zugeständnisse bei der ursprünglich geplanten Listung von chinesischen Unternehmen gelockert haben. Die EU-Botschafter waren am Mittwoch einer Einigung näher gekommen. Die Positionen stimmten zu “98 Prozent” überein, so ein Diplomat.
Mit Blick auf den Mechanismus für Sanktionen gegen Drittstaaten, die als Drehscheibe für Umgehungsgeschäfte Richtung Russland dienen, hat die EU-Kommission Bedenken weitgehend zerstreuen können. Die Kommission habe präzisiert, welche Güter und Technologien konkret ins Visier genommen werden könnten, so Diplomaten.
Die EU-Botschafter wollen am Montag einen neuen Anlauf für eine Einigung nehmen. Danach müsste das 11. Sanktionspaket im schriftlichen Verfahren von den Regierungen formell abgesegnet werden. sti/ari
Janka Oertel, Asien-Expertin beim Thinktank ECFR, will für die Grünen für das Europaparlament kandidieren. Das gab die Wissenschaftlerin am Mittwoch auf Twitter bekannt.
Oertel ist eine profilierte Sinologin und China-Expertin und hat viel internationale Erfahrung. Sie war Senior Fellow im Asienprogramm des German Marshall Fund of the United States (GMF) in Berlin, wo sie zur transatlantischen China-Politik sowie aufstrebenden Technologien und der Sicherheit in Ostasien arbeitete. Promoviert hat Oertel an der Universität Jena zur chinesischen Politik innerhalb der Vereinten Nationen und arbeitete unter anderem auch im UN-Hauptquartier in New York.
Unterstützung aus der Parteispitze hat sie: Grünen-Parteichef Omid Nouripour begrüßte die Ankündigung für die Europawahl ebenfalls auf Twitter: “Es ist eine gute Nachricht, dass Janka für uns nach Europa möchte. Sie wäre eine Bereicherung für die Grüne Fraktion im Europaparlament. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir eine ausgewiesene China-Expertin als starke europäische Stimme.” Reinhard Bütikofer, der bisherige China-Experte der Grünen im EU-Parlament, der jedoch nicht mehr antritt, twitterte: “Das ist ja mal wirklich eine gute Nachricht! Willkommen, Janka! Dafür lege ich mich gerne ins Zeug.” mgr/flee
Trotz der äußerst strikten Lieferketten-Vorschriften der USA für Produkte aus Xinjiang verkauft der chinesische Online-Shopping-Händler Temu Mode-Produkte aus Xinjiang an amerikanische Konsumenten. Das berichtet Bloomberg unter Bezug auf Rechercheergebnisse des in Tel Aviv ansässigen Unternehmens Ultra Information Solutions, das globale Lieferketten überprüft.
Seit 2021 ist im Rahmen des “Uyghur Forced Labor Prevention Act” (UFLPA) die Einfuhr von Baumwolle aus Xinjiang untersagt. Letztes Jahr wurde das Gesetz auf sämtliche Produkte aus Xinjiang ausgeweitet. Unter den zehn Temu-Produkten aus Xinjiang, die Ultra Information Solutions entdeckt hat, sind Sonnenbrillen und Sandalen. Ihre Herkunft war auf der Verkaufsseite nicht angegeben. Dass eines der Produkte unter Zwangsarbeit hergestellt wurde, kann nicht nachgewiesen werden. “Ihre Nähe bedeutet jedoch, dass ein wahrscheinliches Risiko besteht, nicht nur ein theoretisches Risiko”, sagt Ben Tzion, CEO von Ultra Information Solutions.
Sendungen aus China, die direkt an Verbraucher verkauft werden, können das Importverbot aus dem UFLPA umgehen, da sie unter einer Wertgrenze von 800 US-Dollar liegen, ab der erst eine Meldepflicht an die US-Zoll- und Grenzschutzbehörde ausgelöst wird.
Temu gehört zu PDD Holdings Inc., das auch Chinas E-Commerce-Portal Pinduoduo betreibt. Als Shopping-Portal für Kleidung und Deko-Artikel zu extrem günstigen Preisen ist es ein Konkurrent von Shein und strebt an, Amazon und Ebay in den USA Marktanteile abzuringen. Bloomberg hatte bei Untersuchungen vergangenes Jahr auch bei Shein Kleidungsstücke entdeckt, deren Baumwolle aus Xinjiang stammt. jul
China wird in diesem Jahr voraussichtlich den weltweit größten Exodus von Millionären verzeichnen, wie aus einer Studie von Henley & Partners hervorgeht. Der Untersuchung zufolge werden voraussichtlich 13.500 Personen mit einem Vermögen von mehr als einer Million US-Dollar die Volksrepublik verlassen. An zweiter Stelle der Länder, deren Reiche auswandern, liegt Indien mit 6.500, dahinter kommt Großbritannien mit 3.200.
Als einer der Hauptgründe gilt Xi Jinpings Konzept von “Common Prosperity”. Als politische Leitlinie hat es in den letzten Jahren das Klima für viele Unternehmer erschwert, unter anderem aufgrund harscher Crackdowns in unterschiedlichen Branchen. Vermögende Entrepreneure zieht es daher vermehrt ins Ausland, zum Beispiel ins kulturell und geografisch nahe Singapur. Auch die Covid-Beschränkungen haben dafür gesorgt, dass viele reiche Chinesen in den Stadtstaat ausgewandert sind. jul
Der viel gefeierte Künstler und Gestalter Huang Yongyu ist gestorben. Er starb am Mittwochnachmittag, wie seine Familie mitteilte. Er wurde 99 Jahre alt. Huang ist in China vor allem für die Gestaltung der Briefmarken mit den zwölf Tierkreiszeichen bekannt. Im Januar hatte er noch die Briefmarken für das Jahr des Kaninchens (2023) kreiert.
Die Anfrage erreichte mich im Sommer vergangenen Jahres: Ich hätte ein Foto veröffentlicht, das mich neben Dr. Wang Huiyao zeige, dem Gründer und Präsidenten des Center for China and Globalization (CCG). Ob mir nicht bewusst gewesen sei, dass ich mich mit einem Vertreter der chinesischen “Einheitsfront” habe fotografieren lassen?
Was war geschehen? Ich hatte anlässlich einer Europareise von Dr.Wang, inmitten der Corona-Pandemie eine der wenigen Möglichkeiten, mit einem Vertreter eines angesehenen chinesischen Think-Tanks persönlich zusammenzutreffen – in Berlin ein Arbeitsfrühstück zur Zukunft der deutsch-chinesischen Beziehungen ausgerichtet.
Freundlich machte ich den Fragesteller, einen jungen Journalisten einer großen deutschen Zeitung, darauf aufmerksam, dass Dr. Wang ein geschätzter Wissenschaftler und profunder Kenner der chinesischen Außenpolitik sei. Dass das CCG mit der Münchner Sicherheitskonferenz kooperiere und dort im Februar 2020 ein Abendessen ausgerichtet habe, bei dem sich auch (der US-Klimabeauftragte, Anm. d. Red.) John Kerry mit Dr. Wang habe fotografieren lassen. Leider half es nichts, das Urteil des jungen Mannes stand schon fest. Ich war Teil einer chinesischen “Einflussoperation” geworden.
Diese Zuschreibung war mir nicht neu. 2019 hatte ich mit dem damaligen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Hans-Peter Friedrich, in Berlin die China-Brücke gegründet. Der Gedanke, dass es einen Kreis von Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik geben könne, die aus eigener Überzeugung heraus – ganz ohne Inzentivierung seitens staatlicher chinesischer Stellen – mehr Gesprächskanäle nach und einen konstruktiveren Umgang mit China befürworten könnten, sprengte schon damals die Vorstellungskraft vieler Medienvertreter. Vollkommen unerheblich, dass die China-Brücke keine chinesischen Staatsbürger auf- oder chinesische Zuwendungen annahm: Natürlich war auch sie eine chinesische “Einflussoperation”.
Kürzlich hatte ich das Vergnügen erneut, stand ich doch 2016 Pate bei der Gründung einer chinesisch-deutschen Industriestädteallianz, die auf Initiative und mit Unterstützung der südchinesischen Stadt Foshan eine Plattform für den fachlichen Austausch von kommunalen Wirtschaftsförderern aus Deutschland und aus China zu Ansiedlungen im jeweils anderen Land etablieren wollte. Nicht ganz unerfolgreich: Mehr als 40 Städte konnten für das Projekt gewonnen werden. Als Beiratsmitglieder fungierten die Außenwirtschaftsagentur des Bundeswirtschaftsministeriums GTAI und des chinesischen Handelsministeriums CIPA. Aber dank des erneuten Einsatzes mutiger Journalisten, Deutschland vor “versuchter Unterwanderung” zu schützen, weiß ich jetzt, dass auch dies nichts anderes war als eine “Einflussoperation”.
“Einflussoperationen” allerorten. Spätestens seit der Veröffentlichung des Buches “Die lautlose Eroberung. Wie China westliche Demokratien unterwandert und die Welt neu ordnet” von 2020 ist die Behauptung, dass China mit allerlei Initiativen, von einer unsichtbaren Hand gesteuert, “westliche Demokratien unterwandert”, zum Leitmotiv weiter Teile der China-Berichterstattung in unserem Land geworden.
Fürsprecher der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit werden diffamiert und ihre Reputation beschädigt, als ginge es darum, unter Beweis zu stellen, dass es die Praktiken unserer Boulevardmedien noch immer gut mit denen aufnehmen können, die Heinrich Böll 1974 zum Gegenstand seiner Erzählung von der “verlorenen Ehre der Katharina Blum” machte. Und das alles wird gespeist aus einem journalistischen Ethos, das glaubt, fehlendes Wissen und mangelnden Sachverstand durch richtige “Haltung” kompensieren zu können.
In den 2000er-Jahren gehörte ich für einige Zeit dem Landesvorstand des Deutschen Journalisten-Verbands in Berlin an. Der war damals Träger der Berliner Journalistenschule und diskutierte viel über Qualitätssicherung in der Berichterstattung. Reflexion des eigenen journalistischen Handelns und seiner Konsequenzen hatte in diesen Diskussionen einen hohen Stellenwert. Davon scheint heute, in einer Zeit zunehmender Ideologisierung und Polarisierung unserer Debatten, in denen Verschwörungstheorien aller Art fröhliche Urständ feiern, nicht mehr viel übrig.
Das Mantra der allgegenwärtigen “Unterwanderung” durch China weist mehr als eine Ähnlichkeit auf mit dem “Deep State”-Geraune der “Querdenkenden”. Damit verabschieden sich seine Verfechter jedoch in eine neue, selbstverschuldete Unmündigkeit.
Staats- und Parteichef Xi Jinping hat die Botschafterposten von drei Ländern neu besetzt:
Zhao Bin wird Botschafter in der Demokratischen Republik Kongo und ersetzt Zhu Jing.
Zhou Ding ist zum neuen Botschafter von Simbabwe ernannt und ersetzt Guo Shaochun.
Tang Songgen wird Botschafter von Lettland und wird Liang Jianquan ersetzen.
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Früher waren Baugerüste oft aus Bambus. Heutzutage sind sie auch in China aus Stahl. Trotz anhaltender Immobilienkrise sind viele Städte voll von diesen Gerüsten. Der Bauboom in China hält also an. Käufer finden die fertigen Objekte damit aber noch lange nicht. Der Leerstand erreicht neue Rekorde. So funktioniert eben die “Sozialistische Marktwirtschaft mit chinesischen Besonderheiten”.
die lange erwartete Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung ist da. Am Mittwoch haben die Ampelminister sie vorgelegt – auf Deutsch, Englisch und Französisch. Japanisch und Polnisch sollen schnell folgen. Und was ist mit einer Version auf Chinesisch? Soll es geben. Irgendwann.
Überhaupt sind die direkten Passagen zu China äußerst knapp gehalten – obwohl die Volksrepublik schon seit längerem auch von deutschen Behörden als ein ganz erhebliches Sicherheitsrisiko gesehen wird. Aber eine eigene China-Strategie soll ja “bald” folgen, wie Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Vorstellung betont. Oder will die Bundesregierung nur nicht für schlechte Stimmung sorgen? Schließlich finden kommende Woche in Berlin deutsch-chinesische Regierungskonsultationen statt. Und da will es man es sich mit dem wichtigsten Handelspartner kurz vorher nicht so ganz verscherzen.
Heute begeht Xi Jinping sein 70. Geburtstag. Aus traditioneller chinesischer Sicht ist das kein Grund zum Feiern. Denn auf Chinesisch taucht in der Bezeichnung für 70 das Wort Jahrzehnt (shi) auf. Und das klingt mit südchinesischem Einschlag so ähnlich wie Tod (si). Gerade im hohen Alter wird daher lieber das Jahr gefeiert, in dem die Ziffer 9 auftaucht, weil 9 (jiu) auf Chinesisch genauso klingt wie “ewig” (过九不过十) – für “ewiges Leben”.
Warum im Fall von Xi auch das kein Grund zum Feiern ist, analysiert Michael Radunski. Denn das “ewig” bezieht sich hier auf Xis Parteivorsitz und seine Präsidentschaft. Und das sind keine guten Aussichten für China und den Rest der Welt.
Viele neue Erkenntnisse beim Lesen!
Wenig überraschend wird in der neuen Strategie “das heutige Russland” als “auf absehbare Zeit größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit im euroatlantischen Raum” bezeichnet. Langfristig bedeutsamer scheint allerdings, gerade im Bekenntnis zu einer multipolaren Welt, die Beziehung zu China.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) versuchte auf der gemeinsamen Pressekonferenz, die Haltung zur Volksrepublik auf den Punkt zu bringen: “Die USA sind ein Wertepartner, China ist ein Handelspartner, aber Werterivale.” Das Papier hat 74 Seiten. Zu China bleibt die Strategie aber wie derzeit üblich vage und widersprüchlich. Sie betont Gefahren, gleich gewichtet mit unverzichtbarer Partnerschaft.
Die Regierung zieht sich dazu auf die derzeit als politisch sicher empfundene Formel von China als “Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale” zurück. “Wir sehen, dass dabei die Elemente der Rivalität, des Wettbewerbs in den vergangenen Jahren zugenommen haben; zugleich aber bleibt China ein Partner, ohne den sich viele der drängendsten globalen Herausforderungen nicht lösen lassen”, heißt es im Überblick.
Weiter hinten, auf Seite 23, wird dieser Ansatz weiter ausgeführt. Folgende Warnungen formuliert die nationale Strategie zu China:
Zugleich wird China ein unverzichtbarer Partner in globalen Fragen genannt.
So weit, so richtig. Wer sich jetzt eine Antwort auf die Frage erhofft hat, wie konkret auf die verzwickte Herausforderung China zu reagieren sei, der wird von dem Papier enttäuscht. Die Bundesregierung hebt sich das möglicherweise für die China-Strategie auf, die dem Vernehmen nach Anfang Juli herauskommen könnte.
Die Argumentation, eine spezifischere China-Strategie sollte sich aus der allgemeineren Gesamtstrategie ableiten, funktioniert mit dem vorliegenden Dokument jedenfalls nur bedingt. Das Dilemma eines dominierenden Handelspartners, der sich von Dialogbereitschaft und praktizierten Werten her immer weiter von Deutschland entfremdet, wird dort vor allem an Russland durchdekliniert.
Die harten Entscheidungen zu China sind damit also wieder vertagt. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte ausdrücklich, dass er eine “Balance” angestrebt habe. Kommende Woche finden deutsch-chinesische Regierungskonsultationen in Berlin statt.
Zahlreiche Absätze des Papiers beziehen sich aber auf Themen, bei denen China der deutschen Politik das größte Kopfzerbrechen bereitet. “Generell müssen wir einseitige Abhängigkeiten in kritischen Bereichen beenden oder zumindest reduzieren, insbesondere durch Diversifizierung“, heißt es. Rohstoffprojekte sollen gemeinsam mit der Wirtschaft gezielt gefördert werden. So soll es staatliche Anreize geben, dass die Firmen Reserven an kritischen Rohstoffen aufbauen, um Lieferunterbrechungen ausgleichen zu können.
Generell sollen internationalen Wirtschafts- und Finanzbeziehungen auf einseitige Abhängigkeiten abgeklopft werden, weil dies eine sicherheitspolitische Dimension habe. Doch diese allgemein gehaltenen Passagen beantworten nicht die Frage, wie die Wirtschaft vom ersatzlos größten Markt, größten Produktionsstandort und größten Lieferanten weg diversifizieren soll.
Thema ist in weiten Teilen des Papiers die materielle Ausstattung der Sicherheitsorgane und deren europäische Koordination. Der Ansatz der “integrierten Sicherheit”, der der Nationalen Sicherheitsstrategie zugrunde liegt, soll über die bisherigen Schwerpunkte Streitkräfte und Diplomatie hinaus aber auch die innere Sicherheit, Cyber-Bedrohungen, die Auswirkungen von Wirtschaftspolitik und den Klimawandel in den Blick nehmen.
“Alle Stränge der Politik” zusammenzuführen, muss aus Sicht der Ampelkoalition allerdings vorerst ohne zusätzliche Mittel gelingen: “Angesichts der erheblichen aktuellen Anforderungen an unsere öffentlichen Haushalte streben wir an, die Aufgaben dieser Strategie ohne zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts insgesamt zu bewältigen”. Das Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für den Wehretat lehnt Lindner als “nicht darstellbar” ab.
Die Leitlinien der neuen Strategie unter den Schlagworten “Wehrhaft. Resilient. Nachhaltig.” fassen im Wesentlichen die bisherigen Regierungsbemühungen zusammen, sehen allerdings kaum grundlegend neue Vorgehensweisen vor. Ein nationaler Sicherheitsrat, wie er in der Debatte über diese Strategie mehrfach auch aus der Koalition gefordert wurde, ist nicht vorgesehen.
Sowohl Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) als auch Scholz betonten, die Arbeit der Bundesregierung als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine habe gezeigt, dass der Regierungsapparat handlungsfähig sei und kein neues Gremium eingerichtet werden müsse. Finn Mayer-Kuckuk/Thomas Wiegold
In China wird derzeit über eine Erhöhung des Rentenalters diskutiert. Jin Weigang, Präsident der Chinesischen Akademie für Arbeits- und Sozialversicherungswissenschaften, kündigte vor kurzem an: “Menschen, die sich dem Rentenalter nähern, müssen den Eintritt in den Ruhestand um einige Monate hinauszögern.” Aktuell gehen Männer in China mit 60 Jahren in Rente, Frauen mit 55 Jahren. Chinas Präsident Xi Jinping (习近平) wird an diesem Donnerstag 70 Jahre alt. Für ihn wäre es also höchste Zeit, in Rente zu gehen.
Doch als hätte Jin Weigang den gleichen Gedanken, fügte er im Gespräch mit der Zeitung “Global Times” hinzu: “Das wichtigste Merkmal der Reform ist, dass die Menschen selbst entscheiden können, wann sie in den Ruhestand gehen wollen, je nach ihren Umständen und Bedingungen.” Xi Jinping hat sich klar entschieden. Er hat dafür sogar die 1982 in der chinesischen Verfassung festgeschriebene Amtszeit und damit auch die Altersbegrenzung für das Amt des Präsidenten aufheben lassen.
Xi Jinping hat in diesem Jahr seine dritte Amtszeit als Präsident Chinas begonnen. Und dabei muss es nicht bleiben. Theoretisch kann er lebenslang regieren. Ein Umstand, den Politiker und Rechtsexperten in der Verfassung von 1982 eigentlich verhindern wollten.
Maos Regentschaft vor Augen fürchteten sie, dass eine lebenslange Amtszeit wieder zu Willkür und Tyrannei führen werde, insbesondere in einem Einparteienstaat. “Wenn jemand 15 Jahre lang im Amt bleibt, wird das Volk es nicht wagen, ihm gegenüber seine Meinung zu äußern”, sagte Fang Yi, einer der Verfasser jener Verfassung.
Und nicht nur das Volk. Spätestens im aktuellen Politbüro ist Xi nur noch von loyalen Kadern umgeben. Seither werde selbst im engsten Führungszirkel Xi nur noch nach dem Mund geredet, fürchten Kritiker.
Als Beweis dafür, wie weit Xi von der Realität entfernt sei, führen manche Chinas strikte Zero-Covid-Politik an. Mit aller Macht hatte Xi ausländische mRNA-Impfstoffe abgelehnt und lieber Millionen Menschen in monatelange Lockdowns geschickt. Erst als der Unmut sich auf den Straßen etlicher Metropolen Bahn brach, lenkte Xi ein und ließ sämtliche Restriktionen aufheben.
Das Problem ist offensichtlich: Je mehr Macht eine Person besitzt, desto fehleranfälliger wird das System. Und desto schwieriger ist es, Fehler zu korrigieren. Noch gelingt es Xi. Doch es drängt sich direkt die nächste Frage auf.
Sicher weiß das nur er selbst. Ein Blick zum großen Rivalen nach Washington lässt ihn fast wie ein Jüngling erscheinen: US-Präsident Joe Biden ist 80 Jahre alt, sein Vorgänger und möglicher Herausforderer Donald Trump ist 76. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass Xi seinen Ruhestand vom Alter seiner Amtskollegen abhängig macht.
Vielmehr wäre es an Xi selbst, einen Nachfolger aufzubauen. Deng Xiaoping installierte einst Jiang Zemin. Dieser wiederum übergab die Führung geordnet an Wen Jiabao und Hu Jintao. Selbst als anschließend in der KP wieder erbitterte Grabenkämpfe aufkamen, konnte man sich fristgerecht nach zwei Amtszeiten auf einen Kandidaten einigen: Xi Jinping galt damals als Kompromiss, der niemandem wehtun würde. Es kam anders. Und Xi selbst hat bislang keinen Nachfolger ausgesucht. Im Oktober vergangenen Jahres wurde er auf dem Parteitag für weitere fünf Jahre als Generalsekretär der Kommunistischen Partei bestätigt. Warum macht Xi das?
Eine Theorie dazu lautet: Xi traut es schlicht keinem anderen zu. Seine Mission manifestiert sich in den Ideen vom “Chinesischen Traum” (中国梦) und der “Verjüngung der chinesischen Nation” (中华民族伟大复兴). Beides sieht Xi in Gefahr. China steht derzeit vor riesigen Problemen: schwaches Wirtschaftswachstum, Immobilienblase, verschuldete Provinzen. Hinzu kommt eine Jugendarbeitslosigkeit auf Rekordwert. Chinas Gesellschaft schrumpft zudem und wird immer älter.
Außenpolitisch sieht es kaum besser aus: Der Wettstreit mit den USA wird immer härter ausgetragen, in Europa macht sich China-Verdruss breit, die Nachbarstaaten blicken zunehmend besorgt auf Chinas Stärke. Und die Liste ließe sich fortsetzen mit Themen wie Stromknappheit, Xinjiang, Hongkong, Taiwan, Ukraine, Russland und der Belt-and-Road-Initiative.
In einer solchen Situation wäre es aus Xis Sicht unverantwortlich, die KP in einen heiklen Übergangsprozess zu schicken. Also muss er es selbst machen, als Chinas COE – Chairman Of Everything. Denn Xi steht nicht nur an der Spitze von Partei, Staat und Militär, sondern führt unzählige weitere Leitungsgruppen: zu Reformpolitik, Wirtschaft und Finanzen, Hongkong und Macao, der nationalen Sicherheit, der Modernisierung des Militärs oder der Cybersicherheit. Kurzum: Xi ist “Vorsitzender von allem”.
Eine andere Theorie besagt: Xi kann gar nicht zurücktreten, weil er sonst um sein eigenes Schicksal fürchten müsste. Denn um überhaupt derart mächtig zu werden, musste Xi auf seinem Weg unzählige Konkurrenten ausschalten. Der ehemalige Vizeminister für öffentliche Sicherheit Sun Lijun, der Ex-Sicherheitszar Zhou Yongkang oder auch Bo Xilai sind nur die bekanntesten Namen auf einer langen Liste.
Vor allem unter der Vorgabe “Korruptionsbekämpfung” ging es vielen sprichwörtlich an den Kragen. Den “Tigern” wie den “Fliegen”, den großen wie den eher kleinen Kadern. Innerhalb von nur vier Jahren gerieten mehr als 1,3 Millionen Funktionäre und Beamte in die Fänge der allmächtigen Zentralen Disziplinarkommission. Viele von ihnen, ihre Familien und Seilschaften warten nun auf ihre Chance, sie sinnen auf Revanche.
Wie schnell sich das Schicksal wenden kann, musste Xi in seiner eigenen Familie erleben: Sein Vater Xi Zhongxun (习仲勋) war Revolutionär erster Stunde und stellvertretender Ministerpräsident Chinas – bis Mao seinen engen Vertrauten 1962 plötzlich fallen ließ.
Ein Ausweg für Xi wäre es, einen starken Nachfolger aufzubauen. Doch selbst wenn Xi jemanden finden würde, dem oder der er die Führung Chinas zutrauen würde, wäre es ein äußerst schwieriger Balanceakt: Denn Xis Nachfolger müsste stark genug sein, um Xi auch im Ruhestand vor dessen Widersachern zu schützen. Andererseits dürfte er aber auch nicht zu stark sein, denn nur wenige Führer im Ruhestand haben es geschafft, ihr Ego an ein Leben in der zweiten Reihe zu gewöhnen.
Selbst der oft gepriesene Deng Xiaoping, der den geordneten Übergang mit zwei Amtszeiten einführen ließ, zog im Hintergrund als “Überragender Führer” bis zu seinem Tod weiter die Strippen. Immer wieder mischte er sich in die aktuelle Politik ein – wann immer er sein politisches Erbe in Gefahr glaubte. Im Falle von Xi Jinping wäre das wohl: immer.
Nun also doch. Nachdem US-Außenminister Antony Blinken Anfang Februar wegen Spionagevorwürfen gegen China seine Reise nach Peking noch abgesagt hatte, will er sie Ende dieser Woche nachholen. Blinken wird voraussichtlich am 18. Juni in Peking sein und dort mit hochrangigen Vertretern der chinesischen Regierung zusammenkommen, teilte das US-Außenministerium mit. Es ginge darum, offene Kommunikationskanäle zwischen beiden Ländern aufrechtzuerhalten, um die Beziehungen verantwortungsvoll zu gestalten.
Nach dem Abschuss eines angeblichen chinesischen Spionageballons über US-Territorium und den daraus folgenden diplomatischen Zerwürfnissen Anfang Februar traf Blinken zwar den obersten chinesischen Außenpolitiker, Wang Yi, am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Das Treffen sorgte allerdings für weitere Spannungen. Blinken betonte stets, er wolle nach China reisen, sobald die Umstände dafür gegeben seien. Auf Gesprächsangebote aus Washington reagierte die Führung in Peking allerdings abweisend.
Im Mai fand nach längerer Funkstille wieder ein Treffen hochrangiger Vertreter beider Regierungen statt: Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, traf in Wien Wang Yi. Von US-Seite hieß es danach, man sei bereit, die jüngste Spionageaffäre hinter sich zu lassen. Anfang Juni reiste schließlich ein hochrangiger Beamter aus dem US-Außenministerium nach China. Dies wurde als Vorbereitung eines bald bevorstehenden Besuches von Blinken interpretiert.
Kurz vor Blinkens Reiseankündigung sind allerdings neue Vorwürfe über Spähversuche Chinas gegen die USA bekannt geworden. Blinken sagte vor wenigen Tagen, China nutze seit geraumer Zeit die den USA nahe gelegene Insel Kuba, um Geheimdienstinformationen zu sammeln. flee
Beim Besuch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Peking hat sich China deutlich in der Nahost-Frage positioniert. “Die grundlegende Lösung der palästinensischen Frage liegt in der Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt“, sagte Xi laut chinesischen Staatsmedien.
Bereits im Dezember hatte Xi Abbas bei einem Treffen in Saudi-Arabien versprochen, sich als Vermittler in der Nahost-Frage einzubringen. Laut Berichten chinesischer Medien kündigte Xi Unterstützung für die Aufnahme der Palästinensischen Autonomiebehörde als Vollmitglied in die Vereinten Nationen an. Die Vereinigten Staaten lehnen eine Vollmitgliedschaft Palästinas in der UN ab, sofern kein Friedensabkommen mit Israel zustande kommt.
Xi und Abbas gaben bei dem Besuch in Peking eine strategische Partnerschaft bekannt und unterzeichneten eine Reihe von Dokumenten zur bilateralen Zusammenarbeit, darunter ein Pakt über wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit, eine Vereinbarung über die gegenseitige Befreiung von der Visumpflicht für Diplomatenpässe und eine Freundschaft zwischen der chinesischen Stadt Wuhan und Ramallah, dem Sitz der palästinensischen Regierung im Westjordanland. jul/rtr
Taiwans Außenminister Joseph Wu hat in Prag um europäische Unterstützung bei der Sicherung des Friedens und der Stabilität in der Taiwanstraße gebeten. “Damit Taiwan stark und widerstandsfähig bleibt und den Mut hat, die Politik der Aufrechterhaltung des Status quo fortzusetzen, brauchen wir die Unterstützung europäischer Freunde”, sagte Wu in einer Rede bei einer Konferenz in der tschechischen Hauptstadt.
Bei dieser war auch Tschechiens Präsident Petr Pavel anwesend. Pavel war damit das erste EU-Staatsoberhaupt, das bei einer Veranstaltung offiziell mit einem Vertreter Taiwans in einem Raum war. Die Tschechische Republik unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. In seiner Rede betonte Pavel die Notwendigkeit, die demokratische Regierungsführung in Taiwan angesichts des zunehmenden Drucks seitens Chinas zu schützen. Zu einem persönlichen Treffen zwischen Pavel und Wu kam es jedoch nicht.
Außenminister Wu war in Prag, um Milos Vystrcil, den Präsidenten des tschechischen Senats, zu treffen. Vystrcil hatte in den vergangenen Jahren versucht, die Beziehungen des EU-Staats zu Taiwan zu fördern.Wu wird auch nach Brüssel reisen, um EU-Beamte zu treffen. Tschechien hat seit Antritt der Mitte-Rechts-Regierung 2021 seinen Ansatz gegenüber China und Taiwan geändert. Pavel, der im März sein Amt angetreten hat, war das erste EU-Staatsoberhaupt, das nach seiner Wahl mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen telefonierte – und nicht zuerst mit Peking. Eine Reise nach Taipeh schloss Pavel dennoch vorerst aus.
Wang Lutong, Chinas Generaldirektor für europäische Angelegenheiten, hatte Wus Reise bereits vorab kritisiert. Die Taiwan-Frage sei “der Kern der Kerninteressen Chinas”, schrieb Wang auf Twitter. “Wir fordern die europäische Seite dringend auf, separatistischen Aktivitäten für die ‘Unabhängigkeit Taiwans’ keine Bühne zu bieten.” ari
Bei den Verhandlungen zum geplanten EU-Sanktionspaket sind einem Medienbericht zufolge fünf in China und Hongkong ansässige Unternehmen von der Liste potenzieller Zielfirmen gestrichen worden. Drei Unternehmen sollten weiterhin aufgeführt bleiben, berichtete South China Morning Post am Mittwoch unter Berufung auf EU-Kreise. Zuvor habe es Gespräche mit chinesischen Diplomaten gegeben.
Der Entwurf einer Sanktionsliste ist Teil eines umfassenderen Russland-Sanktionspakets. Die Unternehmen sollen wegen der Weiterleitung verbotener europäischer Waren an das russische Militär mit Strafmaßnahmen belegt werden. Namen, die im Zusammenhang mit den möglichen Sanktionen kursieren, sind seit Anfang Mai unter anderem 3HC Semiconductors, King-Pai Technology und Sinno Electronics.
Die Verhandlungen zu dem elften Sanktionspaket laufen auf Hochtouren. Ungarn soll zuletzt seine Blockade gegen Zugeständnisse bei der ursprünglich geplanten Listung von chinesischen Unternehmen gelockert haben. Die EU-Botschafter waren am Mittwoch einer Einigung näher gekommen. Die Positionen stimmten zu “98 Prozent” überein, so ein Diplomat.
Mit Blick auf den Mechanismus für Sanktionen gegen Drittstaaten, die als Drehscheibe für Umgehungsgeschäfte Richtung Russland dienen, hat die EU-Kommission Bedenken weitgehend zerstreuen können. Die Kommission habe präzisiert, welche Güter und Technologien konkret ins Visier genommen werden könnten, so Diplomaten.
Die EU-Botschafter wollen am Montag einen neuen Anlauf für eine Einigung nehmen. Danach müsste das 11. Sanktionspaket im schriftlichen Verfahren von den Regierungen formell abgesegnet werden. sti/ari
Janka Oertel, Asien-Expertin beim Thinktank ECFR, will für die Grünen für das Europaparlament kandidieren. Das gab die Wissenschaftlerin am Mittwoch auf Twitter bekannt.
Oertel ist eine profilierte Sinologin und China-Expertin und hat viel internationale Erfahrung. Sie war Senior Fellow im Asienprogramm des German Marshall Fund of the United States (GMF) in Berlin, wo sie zur transatlantischen China-Politik sowie aufstrebenden Technologien und der Sicherheit in Ostasien arbeitete. Promoviert hat Oertel an der Universität Jena zur chinesischen Politik innerhalb der Vereinten Nationen und arbeitete unter anderem auch im UN-Hauptquartier in New York.
Unterstützung aus der Parteispitze hat sie: Grünen-Parteichef Omid Nouripour begrüßte die Ankündigung für die Europawahl ebenfalls auf Twitter: “Es ist eine gute Nachricht, dass Janka für uns nach Europa möchte. Sie wäre eine Bereicherung für die Grüne Fraktion im Europaparlament. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir eine ausgewiesene China-Expertin als starke europäische Stimme.” Reinhard Bütikofer, der bisherige China-Experte der Grünen im EU-Parlament, der jedoch nicht mehr antritt, twitterte: “Das ist ja mal wirklich eine gute Nachricht! Willkommen, Janka! Dafür lege ich mich gerne ins Zeug.” mgr/flee
Trotz der äußerst strikten Lieferketten-Vorschriften der USA für Produkte aus Xinjiang verkauft der chinesische Online-Shopping-Händler Temu Mode-Produkte aus Xinjiang an amerikanische Konsumenten. Das berichtet Bloomberg unter Bezug auf Rechercheergebnisse des in Tel Aviv ansässigen Unternehmens Ultra Information Solutions, das globale Lieferketten überprüft.
Seit 2021 ist im Rahmen des “Uyghur Forced Labor Prevention Act” (UFLPA) die Einfuhr von Baumwolle aus Xinjiang untersagt. Letztes Jahr wurde das Gesetz auf sämtliche Produkte aus Xinjiang ausgeweitet. Unter den zehn Temu-Produkten aus Xinjiang, die Ultra Information Solutions entdeckt hat, sind Sonnenbrillen und Sandalen. Ihre Herkunft war auf der Verkaufsseite nicht angegeben. Dass eines der Produkte unter Zwangsarbeit hergestellt wurde, kann nicht nachgewiesen werden. “Ihre Nähe bedeutet jedoch, dass ein wahrscheinliches Risiko besteht, nicht nur ein theoretisches Risiko”, sagt Ben Tzion, CEO von Ultra Information Solutions.
Sendungen aus China, die direkt an Verbraucher verkauft werden, können das Importverbot aus dem UFLPA umgehen, da sie unter einer Wertgrenze von 800 US-Dollar liegen, ab der erst eine Meldepflicht an die US-Zoll- und Grenzschutzbehörde ausgelöst wird.
Temu gehört zu PDD Holdings Inc., das auch Chinas E-Commerce-Portal Pinduoduo betreibt. Als Shopping-Portal für Kleidung und Deko-Artikel zu extrem günstigen Preisen ist es ein Konkurrent von Shein und strebt an, Amazon und Ebay in den USA Marktanteile abzuringen. Bloomberg hatte bei Untersuchungen vergangenes Jahr auch bei Shein Kleidungsstücke entdeckt, deren Baumwolle aus Xinjiang stammt. jul
China wird in diesem Jahr voraussichtlich den weltweit größten Exodus von Millionären verzeichnen, wie aus einer Studie von Henley & Partners hervorgeht. Der Untersuchung zufolge werden voraussichtlich 13.500 Personen mit einem Vermögen von mehr als einer Million US-Dollar die Volksrepublik verlassen. An zweiter Stelle der Länder, deren Reiche auswandern, liegt Indien mit 6.500, dahinter kommt Großbritannien mit 3.200.
Als einer der Hauptgründe gilt Xi Jinpings Konzept von “Common Prosperity”. Als politische Leitlinie hat es in den letzten Jahren das Klima für viele Unternehmer erschwert, unter anderem aufgrund harscher Crackdowns in unterschiedlichen Branchen. Vermögende Entrepreneure zieht es daher vermehrt ins Ausland, zum Beispiel ins kulturell und geografisch nahe Singapur. Auch die Covid-Beschränkungen haben dafür gesorgt, dass viele reiche Chinesen in den Stadtstaat ausgewandert sind. jul
Der viel gefeierte Künstler und Gestalter Huang Yongyu ist gestorben. Er starb am Mittwochnachmittag, wie seine Familie mitteilte. Er wurde 99 Jahre alt. Huang ist in China vor allem für die Gestaltung der Briefmarken mit den zwölf Tierkreiszeichen bekannt. Im Januar hatte er noch die Briefmarken für das Jahr des Kaninchens (2023) kreiert.
Die Anfrage erreichte mich im Sommer vergangenen Jahres: Ich hätte ein Foto veröffentlicht, das mich neben Dr. Wang Huiyao zeige, dem Gründer und Präsidenten des Center for China and Globalization (CCG). Ob mir nicht bewusst gewesen sei, dass ich mich mit einem Vertreter der chinesischen “Einheitsfront” habe fotografieren lassen?
Was war geschehen? Ich hatte anlässlich einer Europareise von Dr.Wang, inmitten der Corona-Pandemie eine der wenigen Möglichkeiten, mit einem Vertreter eines angesehenen chinesischen Think-Tanks persönlich zusammenzutreffen – in Berlin ein Arbeitsfrühstück zur Zukunft der deutsch-chinesischen Beziehungen ausgerichtet.
Freundlich machte ich den Fragesteller, einen jungen Journalisten einer großen deutschen Zeitung, darauf aufmerksam, dass Dr. Wang ein geschätzter Wissenschaftler und profunder Kenner der chinesischen Außenpolitik sei. Dass das CCG mit der Münchner Sicherheitskonferenz kooperiere und dort im Februar 2020 ein Abendessen ausgerichtet habe, bei dem sich auch (der US-Klimabeauftragte, Anm. d. Red.) John Kerry mit Dr. Wang habe fotografieren lassen. Leider half es nichts, das Urteil des jungen Mannes stand schon fest. Ich war Teil einer chinesischen “Einflussoperation” geworden.
Diese Zuschreibung war mir nicht neu. 2019 hatte ich mit dem damaligen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Hans-Peter Friedrich, in Berlin die China-Brücke gegründet. Der Gedanke, dass es einen Kreis von Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik geben könne, die aus eigener Überzeugung heraus – ganz ohne Inzentivierung seitens staatlicher chinesischer Stellen – mehr Gesprächskanäle nach und einen konstruktiveren Umgang mit China befürworten könnten, sprengte schon damals die Vorstellungskraft vieler Medienvertreter. Vollkommen unerheblich, dass die China-Brücke keine chinesischen Staatsbürger auf- oder chinesische Zuwendungen annahm: Natürlich war auch sie eine chinesische “Einflussoperation”.
Kürzlich hatte ich das Vergnügen erneut, stand ich doch 2016 Pate bei der Gründung einer chinesisch-deutschen Industriestädteallianz, die auf Initiative und mit Unterstützung der südchinesischen Stadt Foshan eine Plattform für den fachlichen Austausch von kommunalen Wirtschaftsförderern aus Deutschland und aus China zu Ansiedlungen im jeweils anderen Land etablieren wollte. Nicht ganz unerfolgreich: Mehr als 40 Städte konnten für das Projekt gewonnen werden. Als Beiratsmitglieder fungierten die Außenwirtschaftsagentur des Bundeswirtschaftsministeriums GTAI und des chinesischen Handelsministeriums CIPA. Aber dank des erneuten Einsatzes mutiger Journalisten, Deutschland vor “versuchter Unterwanderung” zu schützen, weiß ich jetzt, dass auch dies nichts anderes war als eine “Einflussoperation”.
“Einflussoperationen” allerorten. Spätestens seit der Veröffentlichung des Buches “Die lautlose Eroberung. Wie China westliche Demokratien unterwandert und die Welt neu ordnet” von 2020 ist die Behauptung, dass China mit allerlei Initiativen, von einer unsichtbaren Hand gesteuert, “westliche Demokratien unterwandert”, zum Leitmotiv weiter Teile der China-Berichterstattung in unserem Land geworden.
Fürsprecher der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit werden diffamiert und ihre Reputation beschädigt, als ginge es darum, unter Beweis zu stellen, dass es die Praktiken unserer Boulevardmedien noch immer gut mit denen aufnehmen können, die Heinrich Böll 1974 zum Gegenstand seiner Erzählung von der “verlorenen Ehre der Katharina Blum” machte. Und das alles wird gespeist aus einem journalistischen Ethos, das glaubt, fehlendes Wissen und mangelnden Sachverstand durch richtige “Haltung” kompensieren zu können.
In den 2000er-Jahren gehörte ich für einige Zeit dem Landesvorstand des Deutschen Journalisten-Verbands in Berlin an. Der war damals Träger der Berliner Journalistenschule und diskutierte viel über Qualitätssicherung in der Berichterstattung. Reflexion des eigenen journalistischen Handelns und seiner Konsequenzen hatte in diesen Diskussionen einen hohen Stellenwert. Davon scheint heute, in einer Zeit zunehmender Ideologisierung und Polarisierung unserer Debatten, in denen Verschwörungstheorien aller Art fröhliche Urständ feiern, nicht mehr viel übrig.
Das Mantra der allgegenwärtigen “Unterwanderung” durch China weist mehr als eine Ähnlichkeit auf mit dem “Deep State”-Geraune der “Querdenkenden”. Damit verabschieden sich seine Verfechter jedoch in eine neue, selbstverschuldete Unmündigkeit.
Staats- und Parteichef Xi Jinping hat die Botschafterposten von drei Ländern neu besetzt:
Zhao Bin wird Botschafter in der Demokratischen Republik Kongo und ersetzt Zhu Jing.
Zhou Ding ist zum neuen Botschafter von Simbabwe ernannt und ersetzt Guo Shaochun.
Tang Songgen wird Botschafter von Lettland und wird Liang Jianquan ersetzen.
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Früher waren Baugerüste oft aus Bambus. Heutzutage sind sie auch in China aus Stahl. Trotz anhaltender Immobilienkrise sind viele Städte voll von diesen Gerüsten. Der Bauboom in China hält also an. Käufer finden die fertigen Objekte damit aber noch lange nicht. Der Leerstand erreicht neue Rekorde. So funktioniert eben die “Sozialistische Marktwirtschaft mit chinesischen Besonderheiten”.