Table.Briefing: China

Nachruf auf Jan Hecker + ECCHR stellt Strafanzeige

  • Nachruf auf Deutschlands Botschafter in China
  • Menschenrechtsorganisation zeigt deutsche Firmen wegen Zwangsarbeit an
  • Preise für Nachhilfe werden reguliert
  • Peking sagt weitere Öffnung seiner Kapitalmärkte zu
  • Nato besorgt über Raketensilos
  • Liu He sichert Privatwirtschaft Unterstützung zu
  • Fan-Kultur wird unter Kontrolle gebracht
  • Die Volksrepublik in die Indo-Pazifik Strategie der EU einbeziehen
  • Tools: Die Bedeutung des Sozialkreditsystem für Steuern
  • Personalien: Pekings neuer Börsenchef Xu Ming
Liebe Leserin, lieber Leser,

der plötzliche Tod des deutschen Botschafters Jan Hecker sorgt in Berlin wie in Peking für tiefe Bestürzung. Erst vor wenigen Wochen hatte der außenpolitische Chef-Berater von Angela Merkel seinen Posten in der chinesischen Hauptstadt angetreten. Große Hoffnungen ruhten auf seinem Engagement. Nun herrscht allseits große Trauer. Wir blicken noch einmal auf Merkels Mann in China: Wie kam der gebürtige Kieler in den kleinen Beraterkreis der Kanzlerin? Sein Tod hat auch Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den Ländern. Denn Merkel hat Hecker nicht ohne Grund noch kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit nach China geschickt. Umso größer ist die Lücke, die er hinterlässt. 

Xinjiang ist eines der weltweit ertragreichsten Anbaugebiete für Baumwolle. Mehr als 80 Prozent der in China hergestellten Baumwolle kommt aus der nordwestlichen Provinz Chinas – rund ein Fünftel der gesamten Weltproduktion. Allerdings befürchten Nichtregierungsorganisationen schon seit Jahren, dass es in Xinjiang massenhaft zu Zwangsarbeit kommen könnte. Nun hat Menschenrechtsorganisation ECCHR Strafanzeige gegen mehrere deutsche Textilmarken und Händler gestellt. Die Klage richtet sich gegen die Discounter Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd, zudem C&A und Hugo Boss. Die Klage ist der Vorbote für steigenden Druck auf Firmen im Chinageschäft, analysiert Felix Lee.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Zum Tod des deutschen Botschafters Jan Hecker

Nachruf auf Botschafter Jan Hecker

Am frühen Montagmorgen werden an der Deutschen Botschaft in Peking die Fahnen auf halbmast gesetzt. Eine schreckliche Nachricht ist Gewissheit: Jan Hecker ist tot, Deutschlands neuer Botschafter in China. Im Alter von 54 Jahren ist Hecker verstorben, völlig überraschend und viel zu früh.

Noch am Freitagabend hatte Hecker in den Räumen der deutschen Botschaft im Pekinger Bezirk Chaoyang eine Kulturveranstaltung zu Ehren von Joseph Beuys ausrichten lassen. Auf Teilnehmer der Veranstaltung soll er gewirkt haben wie immer: offen, wach, und in seinen Gesprächen mit den Gästen stets interessiert zuhörend. Am heutigen Dienstag wollte er sich mit dem Peking-Korrespondenten des China.Table zum Mittagessen treffen.

Doch am Montag dann der Schock. “Mit tiefer Trauer und Bestürzung haben wir von dem plötzlichen Tod des deutschen Botschafters in China, Prof. Dr. Jan Hecker, erfahren”, teilt das Auswärtige Amt mit. “Unsere Gedanken sind in diesem Moment bei seiner Familie und den Menschen, die ihm nahestanden.”

Erst wenige Tage im Amt

Hecker war erst am 1. August zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern in China angekommen. Nach der vorgeschriebenen Corona-Quarantäne hatte am 24. August das chinesische Außenministerium Heckers diplomatischem Agrément zugestimmt, sodass er offiziell seine Arbeit als Botschafter aufnehmen konnte (China.Table berichtete). Die Freude über die Ernennung des gebürtigen Kielers zu Deutschlands Vertreter in China war allseits groß. Neben seinem scharfen Verstand und seiner schnellen Auffassungsgabe lobten Heckers Gesprächspartner im persönlichen Austausch vor allem seine Fähigkeit zum Zuhören.

Der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel beschrieb Hecker als einen klugen, weltoffenen und zugewandten Menschen. “Deutschland verliert einen seiner besten Repräsentanten.” Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour bezeichnete ihn als “Mensch, der die Welt verbessern wollte“.

Trauer in Berlin und Peking

Außenminister Heiko Maas würdigte Hecker als jemanden, der viel geleistet und dabei nie das Rampenlicht gesucht habe. Er selbst könne kaum fassen, dass ein Mensch so unvermittelt aus dem Leben gerissen werde, mit dem er vor Kurzem noch zusammengesessen und wichtige Fragen erarbeitet habe.

Auch Angela Merkel zeigte sich tief getroffen: “Der Tod Jan Heckers erschüttert mich zutiefst. Ich trauere um einen hochgeschätzten langjährigen Berater von tiefer Menschlichkeit und herausragender Fachkenntnis. Ich denke voller Dankbarkeit an unsere Zusammenarbeit und bin froh, mit ihm über Jahre so eng verbunden gewesen zu sein. Mein tiefstes Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und den anderen Angehörigen in ihrem unermesslichen Schmerz.”

Im chinesischen Außenministerium war man angesichts der Nachricht vom plötzlichen Tod des deutschen Botschafters ebenfalls schockiert. “Was für traurige und schockierende Nachrichten”, sagte ein hoher Beamter. Hecker habe in seinen wenigen Tagen in Peking sofort angefangen, aktiv die bilateralen Beziehungen zu stützen. Man stehe jedenfalls bereit, der Familie Hecker wie der deutschen Botschaft zu helfen.

Zu den genauen Umständen des Todes wurde bislang nichts bekannt. Maas sagte am Montag der Deutschen Presse-Agentur: “Wir haben aufgrund der Todesumstände keine Hinweise, dass Jan Heckers Tod in irgendeinem Zusammenhang mit seiner dienstlichen Funktion als deutscher Botschafter in Peking steht.” Alle weiteren Spekulationen verbieten sich an dieser Stelle, denn auch die Familie eines Diplomaten hat ein Recht auf Privatsphäre – und vor allem auch auf friedliche Trauer.

“Der beste Mann für den Job”

Hecker war kein Karriere-Diplomat. Der 1967 in Kiel geborene Jurist promovierte mit gerade mal 30 Jahren an der Universität Göttingen. Anschließend arbeitete er als Rechtsanwalt unter anderem für die internationale Kanzlei Freshfields, ehe er 1999 ins Bundesinnenministerium wechselte. Parallel dazu habilitierte er an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, wo er 2010 zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Danach ging Hecker ans Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig, wo er als Richter arbeitete – bis ihn 2015 der damalige Kanzleramtsminister Peter Altmaier in den Beraterstab um Angela Merkel holte. “Sein Pflichtbewusstsein, seine menschliche und berufliche Kompetenz und tiefe Bildung waren herausragend”, schrieb Altmaier am Montag auf Twitter.

Dort wurde Hecker Leiter des damals neu geschaffenen Koordinierungsstabes Flüchtlingspolitik – und war somit maßgeblich mitverantwortlich, dass Merkels bekanntes Versprechen “Wir schaffen das” in die Tat umgesetzt wurde. Zwei Jahre später wurde Hecker Merkels Chefberater für Außenpolitik. Das ist einer der wichtigsten außenpolitischen Posten in Berlin.

Heckers Aufstieg bis zum Leiter der wichtigen Abteilung II im Kanzleramt war vor allem aus zwei Gründen überraschend: Erstens wurde mit Hecker die wichtige Abteilung II im Kanzleramt erstmals seit 50 Jahren nicht einem gelernten Diplomaten anvertraut. Zweitens war Hecker ursprünglich ein politischer Gegner Merkels, nämlich als Mitglied der SPD von 1995 bis 2002. Doch was Merkel einst über die Wahl eines anderen Beraters sagte, schien auch auf Hecker zuzutreffen: Es gehe nicht um politische Gesäßtopografie, sondern um den “besten Mann für den Job”.

Für Dialog und Kooperation

Den besten Mann für den schwierigen Posten im aufstrebenden China – nicht weniger hatte Merkel offenbar im Sinn, als sie Hecker zu Deutschlands höchstem Vertreter in China ernannte. Ihr Plan: Nach der Bundestagswahl und dem Ende ihrer Kanzlerschaft sollte Hecker für Kontinuität im schwierigen Verhältnis zu der neuen Großmacht sorgen. Vertreter des chinesischen Außenministeriums sollen denn auch Heckers Ernennung ausdrücklich begrüßt haben und dabei vor allem auf seine Nähe zur Kanzlerin verwiesen haben. Schließlich ist es Merkel, die in den zunehmenden Spannungen Europas mit China einen eher zurückhaltenden Kurs vertritt. Im aktuellen Wahlkampf werben die beiden Kanzlerkandidaten und die -kandidatin allesamt für einen härteren Kurs gegenüber der Volksrepublik.

In einem Beitrag auf der Internetseite der deutschen Botschaft warb Hecker vor wenigen Tagen seinem Auftrag entsprechend für Dialog und Kooperation zwischen China und Deutschland. Man trage eine gemeinsame Verantwortung in Fragen von globaler Reichweite. Zu mehr sollte es nicht mehr kommen. In Peking übernimmt vorläufig der Gesandte Frank Rückert, die Leitung der Botschaft.

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Boss, Lidl und C&A weisen Vorwürfe der Zwangsarbeit von Uiguren zurück

Der Vorwurf wog zu schwer, um ihn zu ignorieren. Die Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hatte in der vorvergangenen Woche beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen mehrere deutsche Textilmarken und Händler gestellt. Die Klage richtet sich gegen die Discounter Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd, zudem C&A und Hugo Boss. Die Menschenrechtsorganisation wirft den Firmen vor, “direkt oder indirekt von Zwangsarbeit von Uiguren” in der chinesischen Region Xinjiang zu profitieren. Damit könnten die Unternehmen in Verbrechen gegen die Menschlichkeit involviert sein, lautet der Vorwurf.

Jetzt reagierten einige der betroffenen Firmen. Das Modelabel Hugo Boss erklärte, es gehe davon aus, dass bei der Herstellung der Waren “keine Rechtsverstöße vorliegen”, wie die Zeitschrift Textilwirtschaft berichtet. Hugo Boss habe “die Lieferanten aufgefordert, uns mitzuteilen und zu bestätigen, dass die Fertigung unserer Waren in unserer Lieferkette entsprechend unserer Werte und Standards erfolgt.” Besonderes Augenmerk gelte dabei den Menschenrechten. Ein wichtiger chinesischer Partner, die Esquel-Gruppe, habe “versichert”, alle Standards einzuhalten. Leider hätten sich aber wichtige Anbieter von unabhängigen Kontrollen aus der Region zurückgezogen, darunter der TÜV.

Auch C&A hat bereits Stellung genommen. Der Textilwirtschaft zufolge erklärte das Unternehmen, es beziehe gar “keine Kleidung von Herstellern mit Sitz in der Provinz Xinjiang”. Die Feststellung bezieht sich allerdings nur auf die Gegenwart. Die Klage des ECCHR bezog sich auf die Lieferbeziehung zu einem Anbieter, mit dem C&A bis vor einem Jahr zusammengearbeitet hat. Da schon seit 2017 über Menschenrechtsprobleme in Xinjiang berichtet werde, sei das zu spät, unterstellt die Organisation. Lidl teilte dem ECCHR mit, dass es mit zwei Firmen in Xinjiang, die ehemalige Insassen der Umerziehungslager beschäftigt haben sollen, seit “über einem Jahr nicht mehr” zusammenarbeite.

Wichtigstes Anbaugebiet für Baumwolle

Die Klage des ECCHR gegen die deutschen Unternehmen hat es in sich. Seit Jahren weisen Nichtregierungsorganisationen auf das Risiko von Zwangsarbeit im Baumwoll- und Textilsektor in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang hin. Die Region ist Heimat der muslimischen Minderheit der Uiguren, die von den chinesischen Behörden systematisch unterdrückt werden. Hunderttausende Uiguren sollen Berichten zufolge in den letzten Jahren zeitweise in sogenannte Umerziehungslager gesperrt worden sein. Die chinesische Regierung bestreitet das offiziell, chinesische Staatsmedien haben aber selbst mehrfach diese Lager erwähnt.

Zugleich ist Xinjiang eines der weltweit ertragreichsten Anbaugebiete für Baumwolle. Mehr als 80 Prozent der in China hergestellten Baumwolle kommt aus der Region, das entspricht rund einem Fünftel der Weltproduktion. Ein Großteil davon wird noch immer per Hand gepflückt. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch werden oft uigurische Arbeiter dafür eingesetzt. Die chinesische Regierung zwinge Uiguren unter anderem zur Arbeit in der Textilindustrie, heißt es in der fast 100-seitigen Klageschrift. Die Listen von Zulieferern der angezeigten Unternehmen belegen, dass diese entweder aktuell oder bis vor kurzem in Xinjiang produzierten.

Firmen weisen die Vorwürfe zurück

Auch andere internationale Modeunternehmen stehen unter Druck. Als die USA und EU im Frühjahr wegen der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der Region Sanktionen gegen chinesische Regierungsmitglieder verhängten, erklärten unter anderem Nike und H&M ihren Verzicht auf Baumwolle aus Xinjiang. Daraufhin standen diese Marken allerdings in China am Pranger. In den sozialen Medien rief unter anderem die einflussreiche kommunistische Jugendliga zum Boykott dieser westlichen Marken auf. Boss hatte erst versichert, keine Waren von Direktlieferanten aus der Region Xinjiang zu kaufen. Als man in den chinesischen sozialen Medien allerdings unter Beschuss geriet, versicherte das Unternehmen auf der chinesischen Plattform Weibo, weiterhin Baumwolle aus Xinjiang zu beziehen. 

Es ist nicht die erste Anzeige dieser Art, die das ECCHR einreicht. Mit ähnlichen Verfahren haben die Menschenrechtsanwälte schon früher für Aufsehen gesorgt. 2015 klagten sie gegen den deutschen Textildiscounter KIK. Wegen mangelnden Brandschutzes war vor neun Jahren eine Fabrikhalle in Pakistan von KIKs Lieferanten abgebrannt. 259 Mitarbeiter kamen dabei ums Leben. Die Zivilklage wurde allerdings wegen Verjährung abgewiesen. Dieser Grund wird im Fall von Xinjiang nicht gelten.

Das ECCHR fordert die Generalbundesanwaltschaft auf, “die mutmaßliche Zwangsarbeit und die mögliche rechtliche Verantwortung der Unternehmen zu untersuchen”. Die Leiterin des ECCHR-Programms Wirtschaft und Menschenrechte, Miriam Saage-Maaß, erklärte, es sei “inakzeptabel, dass europäische Regierungen China für Menschenrechtsverletzungen kritisieren, während die Unternehmen womöglich von der Ausbeutung” der uigurischen Bevölkerung profitierten. Tatsächlich sind Unternehmen verpflichtet, völkerstrafrechtliche Standards einzuhalten, selbst wenn sie Geschäftsbeziehungen in repressiven Ländern unterhalten. Falls sich der Verdacht der Zwangsarbeit bestätigen sollte, so Saage-Maaß, sei es “höchste Zeit, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden”.

Die Anzeige beruht auf dem existierenden Völkerstrafgesetzbuch, das Menschenrechtsverletzungen im Ausland strafbar macht. Es ist seit 2002 in Kraft. Menschenrechtsjuristen erwarten, dass ein europäisches Lieferkettengesetz den Anwälten noch wesentlich robustere Anhaltspunkte für Klagen gegen große Unternehmen bieten würde, die sich in Fernost mit Waren versorgen (China.Table berichtete). Ein solches Lieferkettengesetz soll in den kommenden Jahren endgültig formuliert und beschlossen werden.

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News

Der Staat reguliert Kosten für Nachhilfe

Chinas oberste Planungsbehörde NDRC will die Preise für Nachhilfeunterricht staatlich regulieren. Die NDRC teilte am Montag mit, dass sie künftig die Preisspanne für Nachhilfeunterricht und die Betriebskosten der Anbieter sowie die Gehälter der dort tätigen Lehrer genauer unter die Lupe nehmen werde. Demnach wolle die NDRC einen Referenzrahmen für Gebührenstandards festlegen, sodass die Preise für Nachhilfeunterricht bezahlbarer für Eltern werden. Auch die Gehälter der privaten Lehrer dürften nach Vorgabe der NDRC nicht mehr höher sein als etwa an öffentlichen Schulen.

Seit Wochen geht Peking massiv gegen die bisher boomende Nachhilfeindustrie im Land vor, da der Bereich von “Kapital zerfressen” sei (China.Table berichtete). Im Juli ging eine Schockwelle durch den Bildungssektor, als die Behörden verlangten, dass alle Institutionen, die lehrplanbezogene Nachhilfestunden anbieten, sich als gemeinnützige Organisationen registrieren müssen.

Chinas Bildungsministerium teilte am Montag in einer separaten Erklärung mit, dass die Überprüfung der Materialien, die Nachhilfeinstitute zum Unterrichten verwenden, verstärkt werden sollen. So müssten Mitarbeiter “eine feste politische Haltung einnehmen, die Bildungspolitik der Kommunistischen Partei umsetzen und eine gute Moral besitzen”. niw

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Peking sagt weitere Öffnung seiner Kapitalmärkte zu

Nachdem Pekings hartem Vorgehen gegen seine Technologieunternehmen, der Bildungsbranche und im Immobiliensektor in der jüngsten Zeit (China.Table berichtete), hat nun Yi Huiman, Chef der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde (CSRC) ausländischen Investoren eine weitere Öffnung der Kapitalmärkte zugesagt.

Öffnung und Zusammenarbeit seien die unvermeidlichen Trends bei der Entwicklung der globalen Kapitalmärkte, sagte Yi auf einer vom internationalen Verband der Börsen organisierten Konferenz, so Reuters. Es werde auch eine pragmatische grenzüberschreitende Kooperation zur Regulierung von chinesischen Unternehmen angestrebt, die im Ausland an der Börse gelistet sind.

Yis Worte kommen vor dem Hintergrund, dass Chinas Regulierer überraschend den Börsengang des Finanzdienstleiters Ant verschoben hatten und auch andere IPOs verzögert hatten. Erst am Wochenende hatte sein Stellvertreter bei der CSRC zudem Verbesserungen bei den Börsenzulassungsregeln für ausländische Unternehmen in China sowie für chinesische Firmen im Ausland angekündigt. niw

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Nato-Chef warnt vor neuen Raketensilos

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich besorgt über den Bau neuer Raketensilos in China geäußert. Die Volksrepublik könne ihre atomaren Fähigkeiten dadurch signifikant erhöhen, sagte Stoltenberg am Montag bei einer Konferenz zu Fragen der Rüstungskontrolle, wie die Nachrichtenagentur AP berichtete. China erweitere rapide seine Kernwaffenbestände um weitere Gefechtsköpfe und um eine größere Anzahl an hoch entwickelten Trägersystemen, so der Nato-Chef.

Das alles geschehe uneingeschränkt und vollständig intransparent, sagte Stoltenberg dem Bericht zufolge. “Als eine globale Macht hat China Verantwortung bei der Rüstungskontrolle”, ergänzte Stoltenberg an die chinesische Regierung gerichtet. Auch Peking würde von gegenseitigen Begrenzungen, mehr Transparenz und Berechenbarkeit profitieren.

China müsse sich zudem den internationalen Bemühungen zur Eindämmung der Verbreitung von Atomwaffen anschließen, betonte Stoltenberg. Bisher hat sich Peking Gesprächen zu diesem Thema weitgehend verweigert. Die Bauarbeiten neuer Raketensilos hatte Ende Juli die Vereinigung amerikanischer Wissenschaftler (FAS) gemeldet (China.Table berichtete). Die Experten entdeckten mithilfe von Satellitenaufnahmen nahe Hami (Kumul) in der Nordwestregion Xinjiang ein großes Areal mit im Bau befindlichen Silos für Atomraketen. ari

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Vizepräsident sichert Privatwirtschaft Unterstützung zu

Chinas Vizepräsident Liu He hat der Privatwirtschaft die Unterstützung der Regierung in Peking zugesagt. Man werde das Wachstum des Privatsektors auch weiterhin energisch unterstützen, da er eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der Beschäftigung, der Anpassung der Wirtschaftsstruktur und der Förderung von Innovationen spiele, sagte Liu He am Montag bei der Eröffnungsfeier der Internationalen Ausstellung für digitale Wirtschaft in China 2021.

“Es gibt keine Änderungen in der Unterstützung bei der Entwicklung des Privatsektors”, sagte He, der zudem wirtschaftlicher Chef-Berater von Präsident Xi Jinping ist. Liu stellte am Montag klar, dass Peking sich der Wichtigkeit privater Unternehmen durchaus bewusst sei. “Private Unternehmen haben zu mehr als 50 Prozent der Steuereinnahmen, mehr als 60 Prozent des BIP und mehr als 70 Prozent der technologischen Innovation beigetragen, sagte Liu in einer Videoansprache.

Lius Äußerungen fallen in eine Zeit, da die Regierung in Peking massiv gegen private Firmen vorgeht – sei es gegen Tech-Unternehmen, gegen Anbieter von Nachhilfeunterricht oder auch gegen die Musik- und Unterhaltungsbranche (China-Table berichtete). rad

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Die Partei knöpft sich die Fan-Kultur vor

Peking will den Einfluss von Stars aus der Unterhaltungsindustrie weiter begrenzen. Nachdem die Behörden zuletzt schon direkte “Säuberungskampagnen” gegen etliche Stars und Sternchen eingeleitet hatten (China.Table berichtete), wollen sie nun auch gegen die Fans und Anhänger der Stars vorgehen.  

“Kunst und Literatur sind wichtige Schlachtfelder für Ideen und Ideologie und damit extrem wichtig für die Arbeit der Partei”, sagte Jiang Yu vom Forschungszentrum für Entwicklung unter dem Staatsrat. Yu übte scharfe Kritik an den Geschäftspraktiken der Stars. Sie würden ihre Fans regelrecht manipulieren, beklagt Yu und fordert rasch mehr Kontrolle.

Kritiker sehen in dem Vorgehen der Behörden ein Zeichen dafür, dass der Einfluss von Staats- und Parteichef Xi Jinping weiter wachse. Xi hatte sich zuletzt für die “große Erneuerung der chinesischen Nation” ausgesprochen. Zu den Verhaltensregeln für die Unterhaltungsindustrie gehören seitdem Make-up-, Ohrring- und Tattoos-Verbote für zu androgyn aussehende Männer.

Partei sieht in Fan-Clubs eine Gefahr

Agenturen von Stars und ihre Internet-Plattformen sollen von den Behörden nun strenger kontrolliert werden. Fan-Gruppen in sozialen Netzwerken müssen künftig von Agenten autorisiert werden, die zugleich für die Aufsicht verantwortlich gemacht werden. Gerüchte und Attacken, mit denen sich rivalisierende Fangemeinden gegenseitig verbal angreifen, sind demnach künftig streng verboten. Eine weitere neue Regel besagt, dass Anhänger von Influencern nicht mehr dazu aufgefordert werden dürfen, ihrem Idol “virtuelle Geschenke” zu machen. Derartige Geschenke sind neben Werbeeinnahmen die größte Einnahmequelle der Influencer.

Die Macht der Gefolgschaft durch die neuen technischen Möglichkeiten ängstige die Partei, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Fan-Clubs werden mit einem “Kult” verglichen. “Fans denken, dass sie einfach in Organisationen mitmachen, um ihre Idole besser zu unterstützen”, kommentiert die chinesische Zeitung “Global Times”. Das Blatt warnt davor, dass die Popfans zu Staatsfeinden mutieren könnten. “Aber was sie hinter dem Vorhang nicht sehen können, ist nicht nur das profitsuchende Kapital, das danach giert, ihre Seele mit sorgfältig geformten Bildern ihrer Stars zu manipulieren, sondern auch gefährliche Organisationen, die auf die Gelegenheit warten, sie zu benutzen, um die chinesische Gesellschaft zu spalten” niw

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EU-Strategie zum Indopazifik keine Provokation Chinas

Die erweiterte Strategie der Europäischen Union zur Indopazifik-Region soll nach Aussage eines ranghohen Brüsseler Vertreters nicht dazu führen, China zu isolieren. Der Ansatz der EU werde inklusiv sein, betonte der Vize-Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS), Enrique Mora, am Montag bei einer Online-Veranstaltung des Thinktanks European Council on Foreign Relations (ECFR) und des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA). Zu dem inklusiven Ansatz gehöre demnach auch, dass China nicht ausgeschlossen werde, so Mora. Brüssel sehe die Indopazifik-Strategie und die China-Politik als zwei getrennte Punkte.

Die Region müsse einen eigenständigen Ansatz bekommen, der unabhängig von China die Zusammenarbeit stärke, betonte Mora. Dass die EU die Kooperation mit dem Indopazifik intensivieren wolle, sei keine Provokation in Richtung Peking. Es gehe primär um die Diversifikation der Beziehungen in verschiedenen Bereichen, beispielsweise bei der Frage der Lieferketten.

Mora wird am kommenden Dienstag den gemeinsamen Ansatz des EEAS und der EU-Kommission zur Indopazifik-Region vorstellen. Darin werden vor allem Details darüber erwartet, wie die Strategie konkret umgesetzt werden soll. Am Mittwoch kommender Woche soll die Region und das dortige Engagement der EU auch eine prominente Rolle in der Rede zur Lage der Union von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen spielen.

Die EU müsse für ihre Strategie auch dringend verstehen, welche Interessen die USA in der Region haben und verfolgen, betonte der APA-Vorsitzende Joe Kaeser. Er sprach sich für eine enge Koordination mit Washington aus. Brüssel müsse bei dem Thema aber auch führend vorangehen. Kaesers Ansicht nach, ist eine tiefgehende EU-Strategie für den Indopazifik-Raum angesichts eines erstarkenden Chinas überfällig. ari

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Presseschau

Nato-Generalsekretär warnt vor neuen chinesischen Raketensilos NZZ
Jimmy Lai’s Hong Kong media group files for liquidation THE GUARDIAN
China will not yield to external pressure on its rule of law; court evidence on Spavor and Kovrig solid: Chinese Embassy in Canada GLOBALTIMES (STAATSMEDIUM)
Deutscher Botschafter in China gestorben FAZ
China sichert Anlegern weitere Öffnung der Kapitalmärkte zu HANDELSBLATT
Alibaba und Tencent: Besser als Amazon? Gewagte Einschätzung DER AKTIONÄR
China’s Sinopharm seeks to develop its own mRNA Covid vaccine FT (PAY)
China: Zehn-Punkte-Plan soll Prominente und ihre Fans disziplinieren DEUTSCHLANDFUNK
Xi Jinping May Be Leading China Into a Trap BLOOMBERG (PAY)

Tools

Chinas System des Social Scoring für Steuerzahler

Von Zoey Zhang, Dezan Shira

Eine gute Sozialkrediteinstufung hat mehrere Vorteile für Unternehmen als Steuerzahler. Sie werden unter anderem bei

  • der Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen,
  • bei der Abgabe von Angeboten,
  • bei der Beantragung von Krediten,
  • bei der Erlangung von Geschäftsqualifikationen usw.

bevorzugt behandelt, während eine schlechte Einstufung zu einer strengeren Prüfung in einer Vielzahl von Steuerangelegenheiten führen kann. In diesem Artikel führen wir Sie durch das chinesische System zur Verwaltung von Steuergutschriften, um Ihnen dabei zu helfen, eine gutes Tax-Credit-Rating zu erhalten.

Wie funktioniert das System zur Vergabe von Steuer-Sozialpunkten?

China hat sein System zur Verwaltung des Taxpayer-Credits im Jahr 2014 eingeführt (STA Announcement [2014] No.40). Seitdem wird dieses System ständig verbessert und in den umfassenderen Mechanismus zur Überwachung von Sozialkredit für Unternehmen eingebunden.

Im Rahmen dieses Systems erfassen und bewerten die chinesischen Steuerbehörden in jedem Steuerjahr (vom 1. Januar bis zum 31. Dezember) die Daten der Steuerpflichtigen und werten die Ergebnisse der Bewertung der Steuerzahler im darauffolgenden April aus.

Nachdem die Steuerbehörden die Bonitätseinstufung der Steuerzahler anhand der jährlichen Bewertungskriterien oder der direkten Einstufung ermittelt haben, führen sie entsprechende Verwaltungsmaßnahmen durch, darunter Anreiz- und Strafmaßnahmen, für Steuerzahler unterschiedlicher Bonitätsstufen durch.

Was ist der Anwendungsbereich?

Das Steuergutschriften-Rating-System gilt für alle Körperschaftssteuerpflichtigen, die (a) die Steuerregistrierung abgeschlossen haben, (b) Produktions- und Geschäftstätigkeiten ausüben und (c) gemäß der STA-Bekanntmachung [2014] Nr. 40 der Steuererhebung auf der Grundlage ihrer Bücher unterliegen.

Der Anwendungsbereich wurde 2018 durch die SAT-Bekanntmachung über Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Bewertung von Steuergutschriften (STA-Bekanntmachung [2018] Nr. 8) auf folgende Bereiche ausgeweitet:

  • Neu gegründete Unternehmen, d. h. Unternehmen, die seit weniger als einem Kalenderjahr tätig sind.
  • Unternehmen ohne Geschäftseinkünfte in einem Kalenderjahr.
  • Unternehmen, deren Körperschaftssteuererklärungen auf der Grundlage einer Einkommensvermutung eingereicht werden.

Im Jahr 2020 fügte die State Taxation Administration of China (STA) in einer Mitteilung zu Problemen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Sozialkredit bei Steuerentrichtung (STA-Mitteilung [2020] Nr. 15) hinzu, dass eine “nicht-unabhängige Buchführungszweigstelle” (Zweigstellen, die von Steuerpflichtigen gegründet wurden, deren Registrierungsinformationen von den Steuerbehörden bestätigt wurden und deren Buchhaltungsmethode eine nicht-unabhängige Buchhaltung ist) sich nach Antragstellung freiwillig für die Teilnahme an der Gutschriftenprüfung entscheiden kann.

Wie wird die Bonitätseinstufung von Steuerzahlern berechnet?

Bisher gibt es fünf Bonitätseinstufungen für Unternehmenssteuerzahler – A, B, M, C und D:

  • Rating A >= 90 Punkte
  • Rating B >= 70, <90 Punkte
  • Rating M – für Neugründungen ohne bisherige Geschäftstätigkeit aber mit einer Bewertung über 70 Punkten neu geschaffen
  • Rating C >= 40, <70 Punkte
  • Rating D <40 Punkte.

Steuerzahler des Typs A haben die beste Bonitätseinstufung mit einer Punktzahl von 90 Punkten und mehr. Steuerzahler des Typs D haben die schlechteste Bewertung. Steuerzahler des Typs D haben entweder weniger als 40 Punkte erreicht oder wurden direkt als Typ D eingestuft (die direkte Einstufung gilt für Steuerzahler, die schwere unredliche Handlungen begangen haben).

Im Jahr 2018 wurde der spezielle Typ M neu aufgenommen, der sich auf neu gegründete Unternehmen bezieht, die im Steuerjahr keine Produktions- und Betriebseinnahmen erzielt haben und eine Bonitätsbewertung von mehr als 70 Punkten aufweisen.

Die Kreditpunkte (in der Regel mit einer Startpunktzahl von 100 oder 90) werden nach der Demerit-Methode vergeben – dem Steuerzahler werden Punkte abgezogen, wenn er die Indikatoren für die Bewertung nicht erfüllt.

Was sind die Indikatoren für die Berechnung des Steuer-Sozialratings?

Zu den Indikatoren für die Berechnung der Taxpayer-Credit-Bewertung gehören historischen Informationen des Steuerzahlers sowie interne und externe Informationen gemäß der STA-Ankündigung über die Veröffentlichung von Indikatoren und Methoden zur Bewertung des Steuerguthabens (STA-Ankündigung [2014] Nr. 48).

Die internen Steuerzahlerinformationen enthalten “wiederkehrende Indikatoren” und “nicht wiederkehrende Indikatoren”. Wiederkehrende Indikatoren beziehen sich auf Informationen, die von den Steuerzahlern während des Bewertungsjahres häufig generiert werden, wie z.B. Steuererklärungen, Steuerzahlungen, Belege und Buchhaltungsinformationen. Einmalige Indikatoren sind Indikatorinformationen, die seltener von den Steuerzahlern generiert werden, wie z. B. die Aufzeichnungen der Steuerbehörde über Steuerveranlagungen, Steuerprüfungen, Ermittlungen zur Bekämpfung von Steuervermeidung oder Informationen über Steuerprüfungen.

Gemäß der STA-Verlautbarung [2020] Nr. 15 kann die Startpunktzahl des Steuerzahlers 100 betragen, wenn in den letzten drei Bewertungsjahren einmalige Indikatorinformationen vorhanden waren. Liegen keine Informationen über einmalige Indikatoren in den letzten drei Bewertungsjahren vor, beträgt die Startpunktzahl 90.

Welche Anreiz- und Sanktionsmaßnahmen gibt es?

Nach der Ermittlung der Bonitätseinstufung des Steuerzahlers führen die Steuerbehörden entsprechende Verwaltungsmaßnahmen durch, einschließlich Anreiz- und Strafmaßnahmen. Steuerzahler des Typs A haben im Gegensatz zu Steuerzahlern des Typs D Anspruch auf Vorzugsbehandlung, wie z.B. vereinfachte Verwaltungsverfahren und beschleunigte Genehmigungen. Steuerzahler vom Typ D haben mit einer häufigeren Überwachung und Inspektion sowie strengerer Prüfung einer Vielzahl von steuerbezogenen Angelegenheiten zu rechnen. Das gilt beispielsweise für Anträge auf Mehrwertsteuererstattung für exportierte Waren.

Darüber hinaus hat sich die staatliche Steuerverwaltung STA aktiv am Aufbau des chinesischen Sozialkreditsystems beteiligt. Daher sind auch Konsequenzen außerhalb des Fiskalsystems zu erwarten.

Im Jahr 2015 haben die STA sowie die Banken- und Versicherungsaufsicht (China Banking and Insurance Regulatory Commission, CBIRC) den Mechanismus der “Bank-Tax Cooperation” eingerichtet. Die Steuerbehörden verpflichteten sich, einen Teil der Informationen über die Steuergutschriften der Steuerzahler an die Banken weiterzuleiten, wobei die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und die Genehmigung der Unternehmen vorausgesetzt werden. Die Banken nutzen diese Informationen, um ihr Kreditmodell zu optimieren und vertrauenswürdigen Klein- und Kleinstunternehmen Kredite zu gewähren. Ab November 2019 wurde der Kreis der Begünstigten von Steuerzahlern des Typs A und B auf Steuerzahler des Typs M (neu gegründete Unternehmen) erweitert.

Im Juli 2016 unterzeichneten 29 chinesische Regulierungsbehörden, darunter die SAT, die NDRC, die People’s Bank of China (PBOC) und viele weitere, gemeinsam ein Kooperationsmemorandum zur Gewährung von 41 Anreizen für Steuerzahler mit Steuergutschriften der Klasse A. Im Oktober 2016 unterzeichneten 40 chinesische Regulierungsbehörden gemeinsam ein Kooperationsmemorandum zur Gewährung gemeinsamer Anreize für vom Zoll zertifizierte fortgeschrittene Unternehmen.

Die STA hat 2017 mit der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) einen Kooperationsrahmen für die gemeinsame Nutzung und Anwendung von Krediten sowie Dutzende von Memoranden über gemeinsame Maßnahmen zur Belohnung von Ehrlichkeit und Bestrafung von Unehrlichkeit mit verwandten Regierungsabteilungen unterzeichnet. Sie will Mechanismen für die gegenseitige Anerkennung von Ratings und Kreditpunkten schaffen. Ein weiteres Ziel ist die Zusammenarbeit bei der Belohnung und Bestrafung auf Basis der Ratingergebnisse.

Welche Möglichkeiten gibt es zur Verbesserung des Ratings?

Um die Steuerzahler zu ermutigen, ihre Steuervergehen proaktiv zu beheben, hat China auch Maßnahmen zur Wiederherstellung der Steuergutschrift in das System zur Verwaltung der Steuergutschrift aufgenommen. Dadurch erhalten die Steuerzahler die Möglichkeit, in den Augen der Steuerbehörden ihre soziale Kreditwürdigkeit zu verbessern.

Gemäß der Bekanntmachung über Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Wiederherstellung von Steuergutschriften (SAT-Bekanntmachung [2019] Nr. 37) können Unternehmen, die in das chinesische System zur Verwaltung von Steuergutschriften einbezogen sind, ab dem 1. Januar 2020 eine Zurücksetzung ihres Taxpayer-Scores beantragen, indem sie steuerliche Unregelmäßigkeiten korrigieren und Kreditzusagen machen.

Steuerpflichtige Unternehmen, die eine Wiederherstellung ihres Steuerzahlung-Scorings beantragen, müssen eine der folgenden drei Bedingungen erfüllen:

  • Fall I: Das Unternehmen hat alle Steuererklärungen, Steuerzahlungen und Dateneingaben innerhalb der gesetzlichen Frist erledigt, nachdem es dies zuvor versäumt hatte;
  • Fall II: Das Unternehmen, das zuvor die geschuldeten Steuern, Säumniszuschläge und Bußgelder nicht oder nicht vollständig gezahlt hat und als Steuerzahler des Typs D eingestuft wurde, hat nun innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der gesetzlichen Zahlungsfrist gezahlt oder die Zahlung nachgeholt; oder
  • Fall III: Das Unternehmen hat alle entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt, sodass die Steuerbehörde den Status “Unregelmäßigkeiten” aufgehoben hat.

Der Steuerzahler kann sich an das zuständige Finanzamt wenden und sich verpflichten, die Unregelmäßigkeiten zu beheben. Das Finanzamt wird dann innerhalb von 15 Arbeitstagen die Prüfung abschließen und den Antragsteller über das Ergebnis informieren. Nach Abschluss der Reparatur der Steuergutschrift gelten für den Steuerzahler die entsprechenden steuerpolitischen und administrativen Maßnahmen auf der Grundlage der wiedererlangten Steuergutschrift.

China hat große Anstrengungen unternommen, um sein System der Unternehmensgutschriften zu optimieren und die Effizienz der Steuer- und Kreditverwaltung zu verbessern. Unternehmen wird dringend empfohlen, ihre Steuergutschriften und die Gründe für ihre schlechte Einstufung (falls vorhanden) im Auge zu behalten, die entsprechenden Bekanntmachungen der Steuer- und Aufsichtsbehörden zu lesen und professionellen Rat einzuholen, um einen Verlust an Sozialkreditpunkten auszugleichen.

Dieser Artikel ist zuerst im Asia Briefing erschienen, das von Dezan Shira Associates herausgegeben wird. Das Unternehmen berät internationale Investoren in Asien und unterhält Büros in China, Hongkong, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam.

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Personalien

Xu Ming ist Vorstandsvorsitzender und General Manager der neu gegründeten Börse National Equities Exchange and Quotations (NEEQ) in Peking. Xu hat zuvor sieben Jahre an der Shanghaier Börse gearbeitet und soll nun vor allem kleinen und mittelgroßen Unternehmen zu neuen Finanzierungsmöglichkeiten verhelfen und dabei den Aktienmarkt an Chinas “dritter Börse” aufbauen. Nach den Handelsplätzen in Shanghai und Shenzhen, die seit 1990 existieren, gibt es seit zwei Jahren zudem den Star Market in Shanghai für die heimischen Start-ups aus der Technologiebranche.

Xu Lei, bisheriger Leiter der Einzelhandelssparte von JD.com, wird die neu geschaffene Position des Präsidenten übernehmen. Er verantwortet künftig den täglichen Betrieb sowie die Entwicklung der verschiedenen Geschäftsbereiche von JD.com, teilte das in den USA an der Nasdaq notierte Unternehmen am Montag mit. Richard Liu, Gründer der E-Commerce-Plattform JD.com hat gestern überraschend angekündigt, sich aus dem Alltagsgeschäft seines Unternehmens zurückzuziehen, um an längerfristigen Strategien zu arbeiten und junge Manager im Unternehmen zu coachen.

Zhou Zixue tritt aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender von Semiconductor Manufacturing International Corp. (SMIC) zurück. Zhou bleibt weiterhin Executive Director des Chip-Herstellers. Gao Yonggang ersetzt Zhou im Vorstand, wie SMIC mitteilte.

  • SMIC

Dessert

Schon im Kindergarten muss das Dribbeln eines Basketballes sitzen. Auch der Sportlehrplan wird landesweit angepasst, denn künftig wird die Sportnote eine größere Rolle bei der Aufnahmen in gute Schulen spielen. Dass Seilspringen, Ball dribbeln oder Kung-Fu dann helfen könnten, sozial aufzusteigen, veranlasst immer mehr Eltern in den Städten, ihre Kinder statt nur bei der Mathenachhilfe auch beim Fußball- oder Schwimmkurs anzumelden. Dass eigentlich der Leistungsdruck von den Schultern der kleinsten Schüler genommen werden soll, wird dabei häufig vergessen.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Nachruf auf Deutschlands Botschafter in China
    • Menschenrechtsorganisation zeigt deutsche Firmen wegen Zwangsarbeit an
    • Preise für Nachhilfe werden reguliert
    • Peking sagt weitere Öffnung seiner Kapitalmärkte zu
    • Nato besorgt über Raketensilos
    • Liu He sichert Privatwirtschaft Unterstützung zu
    • Fan-Kultur wird unter Kontrolle gebracht
    • Die Volksrepublik in die Indo-Pazifik Strategie der EU einbeziehen
    • Tools: Die Bedeutung des Sozialkreditsystem für Steuern
    • Personalien: Pekings neuer Börsenchef Xu Ming
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    der plötzliche Tod des deutschen Botschafters Jan Hecker sorgt in Berlin wie in Peking für tiefe Bestürzung. Erst vor wenigen Wochen hatte der außenpolitische Chef-Berater von Angela Merkel seinen Posten in der chinesischen Hauptstadt angetreten. Große Hoffnungen ruhten auf seinem Engagement. Nun herrscht allseits große Trauer. Wir blicken noch einmal auf Merkels Mann in China: Wie kam der gebürtige Kieler in den kleinen Beraterkreis der Kanzlerin? Sein Tod hat auch Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den Ländern. Denn Merkel hat Hecker nicht ohne Grund noch kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit nach China geschickt. Umso größer ist die Lücke, die er hinterlässt. 

    Xinjiang ist eines der weltweit ertragreichsten Anbaugebiete für Baumwolle. Mehr als 80 Prozent der in China hergestellten Baumwolle kommt aus der nordwestlichen Provinz Chinas – rund ein Fünftel der gesamten Weltproduktion. Allerdings befürchten Nichtregierungsorganisationen schon seit Jahren, dass es in Xinjiang massenhaft zu Zwangsarbeit kommen könnte. Nun hat Menschenrechtsorganisation ECCHR Strafanzeige gegen mehrere deutsche Textilmarken und Händler gestellt. Die Klage richtet sich gegen die Discounter Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd, zudem C&A und Hugo Boss. Die Klage ist der Vorbote für steigenden Druck auf Firmen im Chinageschäft, analysiert Felix Lee.

    Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

    Ihr
    Michael Radunski
    Bild von Michael  Radunski

    Analyse

    Zum Tod des deutschen Botschafters Jan Hecker

    Nachruf auf Botschafter Jan Hecker

    Am frühen Montagmorgen werden an der Deutschen Botschaft in Peking die Fahnen auf halbmast gesetzt. Eine schreckliche Nachricht ist Gewissheit: Jan Hecker ist tot, Deutschlands neuer Botschafter in China. Im Alter von 54 Jahren ist Hecker verstorben, völlig überraschend und viel zu früh.

    Noch am Freitagabend hatte Hecker in den Räumen der deutschen Botschaft im Pekinger Bezirk Chaoyang eine Kulturveranstaltung zu Ehren von Joseph Beuys ausrichten lassen. Auf Teilnehmer der Veranstaltung soll er gewirkt haben wie immer: offen, wach, und in seinen Gesprächen mit den Gästen stets interessiert zuhörend. Am heutigen Dienstag wollte er sich mit dem Peking-Korrespondenten des China.Table zum Mittagessen treffen.

    Doch am Montag dann der Schock. “Mit tiefer Trauer und Bestürzung haben wir von dem plötzlichen Tod des deutschen Botschafters in China, Prof. Dr. Jan Hecker, erfahren”, teilt das Auswärtige Amt mit. “Unsere Gedanken sind in diesem Moment bei seiner Familie und den Menschen, die ihm nahestanden.”

    Erst wenige Tage im Amt

    Hecker war erst am 1. August zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern in China angekommen. Nach der vorgeschriebenen Corona-Quarantäne hatte am 24. August das chinesische Außenministerium Heckers diplomatischem Agrément zugestimmt, sodass er offiziell seine Arbeit als Botschafter aufnehmen konnte (China.Table berichtete). Die Freude über die Ernennung des gebürtigen Kielers zu Deutschlands Vertreter in China war allseits groß. Neben seinem scharfen Verstand und seiner schnellen Auffassungsgabe lobten Heckers Gesprächspartner im persönlichen Austausch vor allem seine Fähigkeit zum Zuhören.

    Der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel beschrieb Hecker als einen klugen, weltoffenen und zugewandten Menschen. “Deutschland verliert einen seiner besten Repräsentanten.” Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour bezeichnete ihn als “Mensch, der die Welt verbessern wollte“.

    Trauer in Berlin und Peking

    Außenminister Heiko Maas würdigte Hecker als jemanden, der viel geleistet und dabei nie das Rampenlicht gesucht habe. Er selbst könne kaum fassen, dass ein Mensch so unvermittelt aus dem Leben gerissen werde, mit dem er vor Kurzem noch zusammengesessen und wichtige Fragen erarbeitet habe.

    Auch Angela Merkel zeigte sich tief getroffen: “Der Tod Jan Heckers erschüttert mich zutiefst. Ich trauere um einen hochgeschätzten langjährigen Berater von tiefer Menschlichkeit und herausragender Fachkenntnis. Ich denke voller Dankbarkeit an unsere Zusammenarbeit und bin froh, mit ihm über Jahre so eng verbunden gewesen zu sein. Mein tiefstes Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und den anderen Angehörigen in ihrem unermesslichen Schmerz.”

    Im chinesischen Außenministerium war man angesichts der Nachricht vom plötzlichen Tod des deutschen Botschafters ebenfalls schockiert. “Was für traurige und schockierende Nachrichten”, sagte ein hoher Beamter. Hecker habe in seinen wenigen Tagen in Peking sofort angefangen, aktiv die bilateralen Beziehungen zu stützen. Man stehe jedenfalls bereit, der Familie Hecker wie der deutschen Botschaft zu helfen.

    Zu den genauen Umständen des Todes wurde bislang nichts bekannt. Maas sagte am Montag der Deutschen Presse-Agentur: “Wir haben aufgrund der Todesumstände keine Hinweise, dass Jan Heckers Tod in irgendeinem Zusammenhang mit seiner dienstlichen Funktion als deutscher Botschafter in Peking steht.” Alle weiteren Spekulationen verbieten sich an dieser Stelle, denn auch die Familie eines Diplomaten hat ein Recht auf Privatsphäre – und vor allem auch auf friedliche Trauer.

    “Der beste Mann für den Job”

    Hecker war kein Karriere-Diplomat. Der 1967 in Kiel geborene Jurist promovierte mit gerade mal 30 Jahren an der Universität Göttingen. Anschließend arbeitete er als Rechtsanwalt unter anderem für die internationale Kanzlei Freshfields, ehe er 1999 ins Bundesinnenministerium wechselte. Parallel dazu habilitierte er an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, wo er 2010 zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Danach ging Hecker ans Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig, wo er als Richter arbeitete – bis ihn 2015 der damalige Kanzleramtsminister Peter Altmaier in den Beraterstab um Angela Merkel holte. “Sein Pflichtbewusstsein, seine menschliche und berufliche Kompetenz und tiefe Bildung waren herausragend”, schrieb Altmaier am Montag auf Twitter.

    Dort wurde Hecker Leiter des damals neu geschaffenen Koordinierungsstabes Flüchtlingspolitik – und war somit maßgeblich mitverantwortlich, dass Merkels bekanntes Versprechen “Wir schaffen das” in die Tat umgesetzt wurde. Zwei Jahre später wurde Hecker Merkels Chefberater für Außenpolitik. Das ist einer der wichtigsten außenpolitischen Posten in Berlin.

    Heckers Aufstieg bis zum Leiter der wichtigen Abteilung II im Kanzleramt war vor allem aus zwei Gründen überraschend: Erstens wurde mit Hecker die wichtige Abteilung II im Kanzleramt erstmals seit 50 Jahren nicht einem gelernten Diplomaten anvertraut. Zweitens war Hecker ursprünglich ein politischer Gegner Merkels, nämlich als Mitglied der SPD von 1995 bis 2002. Doch was Merkel einst über die Wahl eines anderen Beraters sagte, schien auch auf Hecker zuzutreffen: Es gehe nicht um politische Gesäßtopografie, sondern um den “besten Mann für den Job”.

    Für Dialog und Kooperation

    Den besten Mann für den schwierigen Posten im aufstrebenden China – nicht weniger hatte Merkel offenbar im Sinn, als sie Hecker zu Deutschlands höchstem Vertreter in China ernannte. Ihr Plan: Nach der Bundestagswahl und dem Ende ihrer Kanzlerschaft sollte Hecker für Kontinuität im schwierigen Verhältnis zu der neuen Großmacht sorgen. Vertreter des chinesischen Außenministeriums sollen denn auch Heckers Ernennung ausdrücklich begrüßt haben und dabei vor allem auf seine Nähe zur Kanzlerin verwiesen haben. Schließlich ist es Merkel, die in den zunehmenden Spannungen Europas mit China einen eher zurückhaltenden Kurs vertritt. Im aktuellen Wahlkampf werben die beiden Kanzlerkandidaten und die -kandidatin allesamt für einen härteren Kurs gegenüber der Volksrepublik.

    In einem Beitrag auf der Internetseite der deutschen Botschaft warb Hecker vor wenigen Tagen seinem Auftrag entsprechend für Dialog und Kooperation zwischen China und Deutschland. Man trage eine gemeinsame Verantwortung in Fragen von globaler Reichweite. Zu mehr sollte es nicht mehr kommen. In Peking übernimmt vorläufig der Gesandte Frank Rückert, die Leitung der Botschaft.

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    Boss, Lidl und C&A weisen Vorwürfe der Zwangsarbeit von Uiguren zurück

    Der Vorwurf wog zu schwer, um ihn zu ignorieren. Die Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hatte in der vorvergangenen Woche beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen mehrere deutsche Textilmarken und Händler gestellt. Die Klage richtet sich gegen die Discounter Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd, zudem C&A und Hugo Boss. Die Menschenrechtsorganisation wirft den Firmen vor, “direkt oder indirekt von Zwangsarbeit von Uiguren” in der chinesischen Region Xinjiang zu profitieren. Damit könnten die Unternehmen in Verbrechen gegen die Menschlichkeit involviert sein, lautet der Vorwurf.

    Jetzt reagierten einige der betroffenen Firmen. Das Modelabel Hugo Boss erklärte, es gehe davon aus, dass bei der Herstellung der Waren “keine Rechtsverstöße vorliegen”, wie die Zeitschrift Textilwirtschaft berichtet. Hugo Boss habe “die Lieferanten aufgefordert, uns mitzuteilen und zu bestätigen, dass die Fertigung unserer Waren in unserer Lieferkette entsprechend unserer Werte und Standards erfolgt.” Besonderes Augenmerk gelte dabei den Menschenrechten. Ein wichtiger chinesischer Partner, die Esquel-Gruppe, habe “versichert”, alle Standards einzuhalten. Leider hätten sich aber wichtige Anbieter von unabhängigen Kontrollen aus der Region zurückgezogen, darunter der TÜV.

    Auch C&A hat bereits Stellung genommen. Der Textilwirtschaft zufolge erklärte das Unternehmen, es beziehe gar “keine Kleidung von Herstellern mit Sitz in der Provinz Xinjiang”. Die Feststellung bezieht sich allerdings nur auf die Gegenwart. Die Klage des ECCHR bezog sich auf die Lieferbeziehung zu einem Anbieter, mit dem C&A bis vor einem Jahr zusammengearbeitet hat. Da schon seit 2017 über Menschenrechtsprobleme in Xinjiang berichtet werde, sei das zu spät, unterstellt die Organisation. Lidl teilte dem ECCHR mit, dass es mit zwei Firmen in Xinjiang, die ehemalige Insassen der Umerziehungslager beschäftigt haben sollen, seit “über einem Jahr nicht mehr” zusammenarbeite.

    Wichtigstes Anbaugebiet für Baumwolle

    Die Klage des ECCHR gegen die deutschen Unternehmen hat es in sich. Seit Jahren weisen Nichtregierungsorganisationen auf das Risiko von Zwangsarbeit im Baumwoll- und Textilsektor in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang hin. Die Region ist Heimat der muslimischen Minderheit der Uiguren, die von den chinesischen Behörden systematisch unterdrückt werden. Hunderttausende Uiguren sollen Berichten zufolge in den letzten Jahren zeitweise in sogenannte Umerziehungslager gesperrt worden sein. Die chinesische Regierung bestreitet das offiziell, chinesische Staatsmedien haben aber selbst mehrfach diese Lager erwähnt.

    Zugleich ist Xinjiang eines der weltweit ertragreichsten Anbaugebiete für Baumwolle. Mehr als 80 Prozent der in China hergestellten Baumwolle kommt aus der Region, das entspricht rund einem Fünftel der Weltproduktion. Ein Großteil davon wird noch immer per Hand gepflückt. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch werden oft uigurische Arbeiter dafür eingesetzt. Die chinesische Regierung zwinge Uiguren unter anderem zur Arbeit in der Textilindustrie, heißt es in der fast 100-seitigen Klageschrift. Die Listen von Zulieferern der angezeigten Unternehmen belegen, dass diese entweder aktuell oder bis vor kurzem in Xinjiang produzierten.

    Firmen weisen die Vorwürfe zurück

    Auch andere internationale Modeunternehmen stehen unter Druck. Als die USA und EU im Frühjahr wegen der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der Region Sanktionen gegen chinesische Regierungsmitglieder verhängten, erklärten unter anderem Nike und H&M ihren Verzicht auf Baumwolle aus Xinjiang. Daraufhin standen diese Marken allerdings in China am Pranger. In den sozialen Medien rief unter anderem die einflussreiche kommunistische Jugendliga zum Boykott dieser westlichen Marken auf. Boss hatte erst versichert, keine Waren von Direktlieferanten aus der Region Xinjiang zu kaufen. Als man in den chinesischen sozialen Medien allerdings unter Beschuss geriet, versicherte das Unternehmen auf der chinesischen Plattform Weibo, weiterhin Baumwolle aus Xinjiang zu beziehen. 

    Es ist nicht die erste Anzeige dieser Art, die das ECCHR einreicht. Mit ähnlichen Verfahren haben die Menschenrechtsanwälte schon früher für Aufsehen gesorgt. 2015 klagten sie gegen den deutschen Textildiscounter KIK. Wegen mangelnden Brandschutzes war vor neun Jahren eine Fabrikhalle in Pakistan von KIKs Lieferanten abgebrannt. 259 Mitarbeiter kamen dabei ums Leben. Die Zivilklage wurde allerdings wegen Verjährung abgewiesen. Dieser Grund wird im Fall von Xinjiang nicht gelten.

    Das ECCHR fordert die Generalbundesanwaltschaft auf, “die mutmaßliche Zwangsarbeit und die mögliche rechtliche Verantwortung der Unternehmen zu untersuchen”. Die Leiterin des ECCHR-Programms Wirtschaft und Menschenrechte, Miriam Saage-Maaß, erklärte, es sei “inakzeptabel, dass europäische Regierungen China für Menschenrechtsverletzungen kritisieren, während die Unternehmen womöglich von der Ausbeutung” der uigurischen Bevölkerung profitierten. Tatsächlich sind Unternehmen verpflichtet, völkerstrafrechtliche Standards einzuhalten, selbst wenn sie Geschäftsbeziehungen in repressiven Ländern unterhalten. Falls sich der Verdacht der Zwangsarbeit bestätigen sollte, so Saage-Maaß, sei es “höchste Zeit, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden”.

    Die Anzeige beruht auf dem existierenden Völkerstrafgesetzbuch, das Menschenrechtsverletzungen im Ausland strafbar macht. Es ist seit 2002 in Kraft. Menschenrechtsjuristen erwarten, dass ein europäisches Lieferkettengesetz den Anwälten noch wesentlich robustere Anhaltspunkte für Klagen gegen große Unternehmen bieten würde, die sich in Fernost mit Waren versorgen (China.Table berichtete). Ein solches Lieferkettengesetz soll in den kommenden Jahren endgültig formuliert und beschlossen werden.

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    News

    Der Staat reguliert Kosten für Nachhilfe

    Chinas oberste Planungsbehörde NDRC will die Preise für Nachhilfeunterricht staatlich regulieren. Die NDRC teilte am Montag mit, dass sie künftig die Preisspanne für Nachhilfeunterricht und die Betriebskosten der Anbieter sowie die Gehälter der dort tätigen Lehrer genauer unter die Lupe nehmen werde. Demnach wolle die NDRC einen Referenzrahmen für Gebührenstandards festlegen, sodass die Preise für Nachhilfeunterricht bezahlbarer für Eltern werden. Auch die Gehälter der privaten Lehrer dürften nach Vorgabe der NDRC nicht mehr höher sein als etwa an öffentlichen Schulen.

    Seit Wochen geht Peking massiv gegen die bisher boomende Nachhilfeindustrie im Land vor, da der Bereich von “Kapital zerfressen” sei (China.Table berichtete). Im Juli ging eine Schockwelle durch den Bildungssektor, als die Behörden verlangten, dass alle Institutionen, die lehrplanbezogene Nachhilfestunden anbieten, sich als gemeinnützige Organisationen registrieren müssen.

    Chinas Bildungsministerium teilte am Montag in einer separaten Erklärung mit, dass die Überprüfung der Materialien, die Nachhilfeinstitute zum Unterrichten verwenden, verstärkt werden sollen. So müssten Mitarbeiter “eine feste politische Haltung einnehmen, die Bildungspolitik der Kommunistischen Partei umsetzen und eine gute Moral besitzen”. niw

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    • NDRC

    Peking sagt weitere Öffnung seiner Kapitalmärkte zu

    Nachdem Pekings hartem Vorgehen gegen seine Technologieunternehmen, der Bildungsbranche und im Immobiliensektor in der jüngsten Zeit (China.Table berichtete), hat nun Yi Huiman, Chef der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde (CSRC) ausländischen Investoren eine weitere Öffnung der Kapitalmärkte zugesagt.

    Öffnung und Zusammenarbeit seien die unvermeidlichen Trends bei der Entwicklung der globalen Kapitalmärkte, sagte Yi auf einer vom internationalen Verband der Börsen organisierten Konferenz, so Reuters. Es werde auch eine pragmatische grenzüberschreitende Kooperation zur Regulierung von chinesischen Unternehmen angestrebt, die im Ausland an der Börse gelistet sind.

    Yis Worte kommen vor dem Hintergrund, dass Chinas Regulierer überraschend den Börsengang des Finanzdienstleiters Ant verschoben hatten und auch andere IPOs verzögert hatten. Erst am Wochenende hatte sein Stellvertreter bei der CSRC zudem Verbesserungen bei den Börsenzulassungsregeln für ausländische Unternehmen in China sowie für chinesische Firmen im Ausland angekündigt. niw

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    Nato-Chef warnt vor neuen Raketensilos

    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich besorgt über den Bau neuer Raketensilos in China geäußert. Die Volksrepublik könne ihre atomaren Fähigkeiten dadurch signifikant erhöhen, sagte Stoltenberg am Montag bei einer Konferenz zu Fragen der Rüstungskontrolle, wie die Nachrichtenagentur AP berichtete. China erweitere rapide seine Kernwaffenbestände um weitere Gefechtsköpfe und um eine größere Anzahl an hoch entwickelten Trägersystemen, so der Nato-Chef.

    Das alles geschehe uneingeschränkt und vollständig intransparent, sagte Stoltenberg dem Bericht zufolge. “Als eine globale Macht hat China Verantwortung bei der Rüstungskontrolle”, ergänzte Stoltenberg an die chinesische Regierung gerichtet. Auch Peking würde von gegenseitigen Begrenzungen, mehr Transparenz und Berechenbarkeit profitieren.

    China müsse sich zudem den internationalen Bemühungen zur Eindämmung der Verbreitung von Atomwaffen anschließen, betonte Stoltenberg. Bisher hat sich Peking Gesprächen zu diesem Thema weitgehend verweigert. Die Bauarbeiten neuer Raketensilos hatte Ende Juli die Vereinigung amerikanischer Wissenschaftler (FAS) gemeldet (China.Table berichtete). Die Experten entdeckten mithilfe von Satellitenaufnahmen nahe Hami (Kumul) in der Nordwestregion Xinjiang ein großes Areal mit im Bau befindlichen Silos für Atomraketen. ari

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    Vizepräsident sichert Privatwirtschaft Unterstützung zu

    Chinas Vizepräsident Liu He hat der Privatwirtschaft die Unterstützung der Regierung in Peking zugesagt. Man werde das Wachstum des Privatsektors auch weiterhin energisch unterstützen, da er eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der Beschäftigung, der Anpassung der Wirtschaftsstruktur und der Förderung von Innovationen spiele, sagte Liu He am Montag bei der Eröffnungsfeier der Internationalen Ausstellung für digitale Wirtschaft in China 2021.

    “Es gibt keine Änderungen in der Unterstützung bei der Entwicklung des Privatsektors”, sagte He, der zudem wirtschaftlicher Chef-Berater von Präsident Xi Jinping ist. Liu stellte am Montag klar, dass Peking sich der Wichtigkeit privater Unternehmen durchaus bewusst sei. “Private Unternehmen haben zu mehr als 50 Prozent der Steuereinnahmen, mehr als 60 Prozent des BIP und mehr als 70 Prozent der technologischen Innovation beigetragen, sagte Liu in einer Videoansprache.

    Lius Äußerungen fallen in eine Zeit, da die Regierung in Peking massiv gegen private Firmen vorgeht – sei es gegen Tech-Unternehmen, gegen Anbieter von Nachhilfeunterricht oder auch gegen die Musik- und Unterhaltungsbranche (China-Table berichtete). rad

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    Die Partei knöpft sich die Fan-Kultur vor

    Peking will den Einfluss von Stars aus der Unterhaltungsindustrie weiter begrenzen. Nachdem die Behörden zuletzt schon direkte “Säuberungskampagnen” gegen etliche Stars und Sternchen eingeleitet hatten (China.Table berichtete), wollen sie nun auch gegen die Fans und Anhänger der Stars vorgehen.  

    “Kunst und Literatur sind wichtige Schlachtfelder für Ideen und Ideologie und damit extrem wichtig für die Arbeit der Partei”, sagte Jiang Yu vom Forschungszentrum für Entwicklung unter dem Staatsrat. Yu übte scharfe Kritik an den Geschäftspraktiken der Stars. Sie würden ihre Fans regelrecht manipulieren, beklagt Yu und fordert rasch mehr Kontrolle.

    Kritiker sehen in dem Vorgehen der Behörden ein Zeichen dafür, dass der Einfluss von Staats- und Parteichef Xi Jinping weiter wachse. Xi hatte sich zuletzt für die “große Erneuerung der chinesischen Nation” ausgesprochen. Zu den Verhaltensregeln für die Unterhaltungsindustrie gehören seitdem Make-up-, Ohrring- und Tattoos-Verbote für zu androgyn aussehende Männer.

    Partei sieht in Fan-Clubs eine Gefahr

    Agenturen von Stars und ihre Internet-Plattformen sollen von den Behörden nun strenger kontrolliert werden. Fan-Gruppen in sozialen Netzwerken müssen künftig von Agenten autorisiert werden, die zugleich für die Aufsicht verantwortlich gemacht werden. Gerüchte und Attacken, mit denen sich rivalisierende Fangemeinden gegenseitig verbal angreifen, sind demnach künftig streng verboten. Eine weitere neue Regel besagt, dass Anhänger von Influencern nicht mehr dazu aufgefordert werden dürfen, ihrem Idol “virtuelle Geschenke” zu machen. Derartige Geschenke sind neben Werbeeinnahmen die größte Einnahmequelle der Influencer.

    Die Macht der Gefolgschaft durch die neuen technischen Möglichkeiten ängstige die Partei, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Fan-Clubs werden mit einem “Kult” verglichen. “Fans denken, dass sie einfach in Organisationen mitmachen, um ihre Idole besser zu unterstützen”, kommentiert die chinesische Zeitung “Global Times”. Das Blatt warnt davor, dass die Popfans zu Staatsfeinden mutieren könnten. “Aber was sie hinter dem Vorhang nicht sehen können, ist nicht nur das profitsuchende Kapital, das danach giert, ihre Seele mit sorgfältig geformten Bildern ihrer Stars zu manipulieren, sondern auch gefährliche Organisationen, die auf die Gelegenheit warten, sie zu benutzen, um die chinesische Gesellschaft zu spalten” niw

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    EU-Strategie zum Indopazifik keine Provokation Chinas

    Die erweiterte Strategie der Europäischen Union zur Indopazifik-Region soll nach Aussage eines ranghohen Brüsseler Vertreters nicht dazu führen, China zu isolieren. Der Ansatz der EU werde inklusiv sein, betonte der Vize-Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS), Enrique Mora, am Montag bei einer Online-Veranstaltung des Thinktanks European Council on Foreign Relations (ECFR) und des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA). Zu dem inklusiven Ansatz gehöre demnach auch, dass China nicht ausgeschlossen werde, so Mora. Brüssel sehe die Indopazifik-Strategie und die China-Politik als zwei getrennte Punkte.

    Die Region müsse einen eigenständigen Ansatz bekommen, der unabhängig von China die Zusammenarbeit stärke, betonte Mora. Dass die EU die Kooperation mit dem Indopazifik intensivieren wolle, sei keine Provokation in Richtung Peking. Es gehe primär um die Diversifikation der Beziehungen in verschiedenen Bereichen, beispielsweise bei der Frage der Lieferketten.

    Mora wird am kommenden Dienstag den gemeinsamen Ansatz des EEAS und der EU-Kommission zur Indopazifik-Region vorstellen. Darin werden vor allem Details darüber erwartet, wie die Strategie konkret umgesetzt werden soll. Am Mittwoch kommender Woche soll die Region und das dortige Engagement der EU auch eine prominente Rolle in der Rede zur Lage der Union von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen spielen.

    Die EU müsse für ihre Strategie auch dringend verstehen, welche Interessen die USA in der Region haben und verfolgen, betonte der APA-Vorsitzende Joe Kaeser. Er sprach sich für eine enge Koordination mit Washington aus. Brüssel müsse bei dem Thema aber auch führend vorangehen. Kaesers Ansicht nach, ist eine tiefgehende EU-Strategie für den Indopazifik-Raum angesichts eines erstarkenden Chinas überfällig. ari

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    • Indopazifik
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    Presseschau

    Nato-Generalsekretär warnt vor neuen chinesischen Raketensilos NZZ
    Jimmy Lai’s Hong Kong media group files for liquidation THE GUARDIAN
    China will not yield to external pressure on its rule of law; court evidence on Spavor and Kovrig solid: Chinese Embassy in Canada GLOBALTIMES (STAATSMEDIUM)
    Deutscher Botschafter in China gestorben FAZ
    China sichert Anlegern weitere Öffnung der Kapitalmärkte zu HANDELSBLATT
    Alibaba und Tencent: Besser als Amazon? Gewagte Einschätzung DER AKTIONÄR
    China’s Sinopharm seeks to develop its own mRNA Covid vaccine FT (PAY)
    China: Zehn-Punkte-Plan soll Prominente und ihre Fans disziplinieren DEUTSCHLANDFUNK
    Xi Jinping May Be Leading China Into a Trap BLOOMBERG (PAY)

    Tools

    Chinas System des Social Scoring für Steuerzahler

    Von Zoey Zhang, Dezan Shira

    Eine gute Sozialkrediteinstufung hat mehrere Vorteile für Unternehmen als Steuerzahler. Sie werden unter anderem bei

    • der Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen,
    • bei der Abgabe von Angeboten,
    • bei der Beantragung von Krediten,
    • bei der Erlangung von Geschäftsqualifikationen usw.

    bevorzugt behandelt, während eine schlechte Einstufung zu einer strengeren Prüfung in einer Vielzahl von Steuerangelegenheiten führen kann. In diesem Artikel führen wir Sie durch das chinesische System zur Verwaltung von Steuergutschriften, um Ihnen dabei zu helfen, eine gutes Tax-Credit-Rating zu erhalten.

    Wie funktioniert das System zur Vergabe von Steuer-Sozialpunkten?

    China hat sein System zur Verwaltung des Taxpayer-Credits im Jahr 2014 eingeführt (STA Announcement [2014] No.40). Seitdem wird dieses System ständig verbessert und in den umfassenderen Mechanismus zur Überwachung von Sozialkredit für Unternehmen eingebunden.

    Im Rahmen dieses Systems erfassen und bewerten die chinesischen Steuerbehörden in jedem Steuerjahr (vom 1. Januar bis zum 31. Dezember) die Daten der Steuerpflichtigen und werten die Ergebnisse der Bewertung der Steuerzahler im darauffolgenden April aus.

    Nachdem die Steuerbehörden die Bonitätseinstufung der Steuerzahler anhand der jährlichen Bewertungskriterien oder der direkten Einstufung ermittelt haben, führen sie entsprechende Verwaltungsmaßnahmen durch, darunter Anreiz- und Strafmaßnahmen, für Steuerzahler unterschiedlicher Bonitätsstufen durch.

    Was ist der Anwendungsbereich?

    Das Steuergutschriften-Rating-System gilt für alle Körperschaftssteuerpflichtigen, die (a) die Steuerregistrierung abgeschlossen haben, (b) Produktions- und Geschäftstätigkeiten ausüben und (c) gemäß der STA-Bekanntmachung [2014] Nr. 40 der Steuererhebung auf der Grundlage ihrer Bücher unterliegen.

    Der Anwendungsbereich wurde 2018 durch die SAT-Bekanntmachung über Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Bewertung von Steuergutschriften (STA-Bekanntmachung [2018] Nr. 8) auf folgende Bereiche ausgeweitet:

    • Neu gegründete Unternehmen, d. h. Unternehmen, die seit weniger als einem Kalenderjahr tätig sind.
    • Unternehmen ohne Geschäftseinkünfte in einem Kalenderjahr.
    • Unternehmen, deren Körperschaftssteuererklärungen auf der Grundlage einer Einkommensvermutung eingereicht werden.

    Im Jahr 2020 fügte die State Taxation Administration of China (STA) in einer Mitteilung zu Problemen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Sozialkredit bei Steuerentrichtung (STA-Mitteilung [2020] Nr. 15) hinzu, dass eine “nicht-unabhängige Buchführungszweigstelle” (Zweigstellen, die von Steuerpflichtigen gegründet wurden, deren Registrierungsinformationen von den Steuerbehörden bestätigt wurden und deren Buchhaltungsmethode eine nicht-unabhängige Buchhaltung ist) sich nach Antragstellung freiwillig für die Teilnahme an der Gutschriftenprüfung entscheiden kann.

    Wie wird die Bonitätseinstufung von Steuerzahlern berechnet?

    Bisher gibt es fünf Bonitätseinstufungen für Unternehmenssteuerzahler – A, B, M, C und D:

    • Rating A >= 90 Punkte
    • Rating B >= 70, <90 Punkte
    • Rating M – für Neugründungen ohne bisherige Geschäftstätigkeit aber mit einer Bewertung über 70 Punkten neu geschaffen
    • Rating C >= 40, <70 Punkte
    • Rating D <40 Punkte.

    Steuerzahler des Typs A haben die beste Bonitätseinstufung mit einer Punktzahl von 90 Punkten und mehr. Steuerzahler des Typs D haben die schlechteste Bewertung. Steuerzahler des Typs D haben entweder weniger als 40 Punkte erreicht oder wurden direkt als Typ D eingestuft (die direkte Einstufung gilt für Steuerzahler, die schwere unredliche Handlungen begangen haben).

    Im Jahr 2018 wurde der spezielle Typ M neu aufgenommen, der sich auf neu gegründete Unternehmen bezieht, die im Steuerjahr keine Produktions- und Betriebseinnahmen erzielt haben und eine Bonitätsbewertung von mehr als 70 Punkten aufweisen.

    Die Kreditpunkte (in der Regel mit einer Startpunktzahl von 100 oder 90) werden nach der Demerit-Methode vergeben – dem Steuerzahler werden Punkte abgezogen, wenn er die Indikatoren für die Bewertung nicht erfüllt.

    Was sind die Indikatoren für die Berechnung des Steuer-Sozialratings?

    Zu den Indikatoren für die Berechnung der Taxpayer-Credit-Bewertung gehören historischen Informationen des Steuerzahlers sowie interne und externe Informationen gemäß der STA-Ankündigung über die Veröffentlichung von Indikatoren und Methoden zur Bewertung des Steuerguthabens (STA-Ankündigung [2014] Nr. 48).

    Die internen Steuerzahlerinformationen enthalten “wiederkehrende Indikatoren” und “nicht wiederkehrende Indikatoren”. Wiederkehrende Indikatoren beziehen sich auf Informationen, die von den Steuerzahlern während des Bewertungsjahres häufig generiert werden, wie z.B. Steuererklärungen, Steuerzahlungen, Belege und Buchhaltungsinformationen. Einmalige Indikatoren sind Indikatorinformationen, die seltener von den Steuerzahlern generiert werden, wie z. B. die Aufzeichnungen der Steuerbehörde über Steuerveranlagungen, Steuerprüfungen, Ermittlungen zur Bekämpfung von Steuervermeidung oder Informationen über Steuerprüfungen.

    Gemäß der STA-Verlautbarung [2020] Nr. 15 kann die Startpunktzahl des Steuerzahlers 100 betragen, wenn in den letzten drei Bewertungsjahren einmalige Indikatorinformationen vorhanden waren. Liegen keine Informationen über einmalige Indikatoren in den letzten drei Bewertungsjahren vor, beträgt die Startpunktzahl 90.

    Welche Anreiz- und Sanktionsmaßnahmen gibt es?

    Nach der Ermittlung der Bonitätseinstufung des Steuerzahlers führen die Steuerbehörden entsprechende Verwaltungsmaßnahmen durch, einschließlich Anreiz- und Strafmaßnahmen. Steuerzahler des Typs A haben im Gegensatz zu Steuerzahlern des Typs D Anspruch auf Vorzugsbehandlung, wie z.B. vereinfachte Verwaltungsverfahren und beschleunigte Genehmigungen. Steuerzahler vom Typ D haben mit einer häufigeren Überwachung und Inspektion sowie strengerer Prüfung einer Vielzahl von steuerbezogenen Angelegenheiten zu rechnen. Das gilt beispielsweise für Anträge auf Mehrwertsteuererstattung für exportierte Waren.

    Darüber hinaus hat sich die staatliche Steuerverwaltung STA aktiv am Aufbau des chinesischen Sozialkreditsystems beteiligt. Daher sind auch Konsequenzen außerhalb des Fiskalsystems zu erwarten.

    Im Jahr 2015 haben die STA sowie die Banken- und Versicherungsaufsicht (China Banking and Insurance Regulatory Commission, CBIRC) den Mechanismus der “Bank-Tax Cooperation” eingerichtet. Die Steuerbehörden verpflichteten sich, einen Teil der Informationen über die Steuergutschriften der Steuerzahler an die Banken weiterzuleiten, wobei die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und die Genehmigung der Unternehmen vorausgesetzt werden. Die Banken nutzen diese Informationen, um ihr Kreditmodell zu optimieren und vertrauenswürdigen Klein- und Kleinstunternehmen Kredite zu gewähren. Ab November 2019 wurde der Kreis der Begünstigten von Steuerzahlern des Typs A und B auf Steuerzahler des Typs M (neu gegründete Unternehmen) erweitert.

    Im Juli 2016 unterzeichneten 29 chinesische Regulierungsbehörden, darunter die SAT, die NDRC, die People’s Bank of China (PBOC) und viele weitere, gemeinsam ein Kooperationsmemorandum zur Gewährung von 41 Anreizen für Steuerzahler mit Steuergutschriften der Klasse A. Im Oktober 2016 unterzeichneten 40 chinesische Regulierungsbehörden gemeinsam ein Kooperationsmemorandum zur Gewährung gemeinsamer Anreize für vom Zoll zertifizierte fortgeschrittene Unternehmen.

    Die STA hat 2017 mit der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) einen Kooperationsrahmen für die gemeinsame Nutzung und Anwendung von Krediten sowie Dutzende von Memoranden über gemeinsame Maßnahmen zur Belohnung von Ehrlichkeit und Bestrafung von Unehrlichkeit mit verwandten Regierungsabteilungen unterzeichnet. Sie will Mechanismen für die gegenseitige Anerkennung von Ratings und Kreditpunkten schaffen. Ein weiteres Ziel ist die Zusammenarbeit bei der Belohnung und Bestrafung auf Basis der Ratingergebnisse.

    Welche Möglichkeiten gibt es zur Verbesserung des Ratings?

    Um die Steuerzahler zu ermutigen, ihre Steuervergehen proaktiv zu beheben, hat China auch Maßnahmen zur Wiederherstellung der Steuergutschrift in das System zur Verwaltung der Steuergutschrift aufgenommen. Dadurch erhalten die Steuerzahler die Möglichkeit, in den Augen der Steuerbehörden ihre soziale Kreditwürdigkeit zu verbessern.

    Gemäß der Bekanntmachung über Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Wiederherstellung von Steuergutschriften (SAT-Bekanntmachung [2019] Nr. 37) können Unternehmen, die in das chinesische System zur Verwaltung von Steuergutschriften einbezogen sind, ab dem 1. Januar 2020 eine Zurücksetzung ihres Taxpayer-Scores beantragen, indem sie steuerliche Unregelmäßigkeiten korrigieren und Kreditzusagen machen.

    Steuerpflichtige Unternehmen, die eine Wiederherstellung ihres Steuerzahlung-Scorings beantragen, müssen eine der folgenden drei Bedingungen erfüllen:

    • Fall I: Das Unternehmen hat alle Steuererklärungen, Steuerzahlungen und Dateneingaben innerhalb der gesetzlichen Frist erledigt, nachdem es dies zuvor versäumt hatte;
    • Fall II: Das Unternehmen, das zuvor die geschuldeten Steuern, Säumniszuschläge und Bußgelder nicht oder nicht vollständig gezahlt hat und als Steuerzahler des Typs D eingestuft wurde, hat nun innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der gesetzlichen Zahlungsfrist gezahlt oder die Zahlung nachgeholt; oder
    • Fall III: Das Unternehmen hat alle entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt, sodass die Steuerbehörde den Status “Unregelmäßigkeiten” aufgehoben hat.

    Der Steuerzahler kann sich an das zuständige Finanzamt wenden und sich verpflichten, die Unregelmäßigkeiten zu beheben. Das Finanzamt wird dann innerhalb von 15 Arbeitstagen die Prüfung abschließen und den Antragsteller über das Ergebnis informieren. Nach Abschluss der Reparatur der Steuergutschrift gelten für den Steuerzahler die entsprechenden steuerpolitischen und administrativen Maßnahmen auf der Grundlage der wiedererlangten Steuergutschrift.

    China hat große Anstrengungen unternommen, um sein System der Unternehmensgutschriften zu optimieren und die Effizienz der Steuer- und Kreditverwaltung zu verbessern. Unternehmen wird dringend empfohlen, ihre Steuergutschriften und die Gründe für ihre schlechte Einstufung (falls vorhanden) im Auge zu behalten, die entsprechenden Bekanntmachungen der Steuer- und Aufsichtsbehörden zu lesen und professionellen Rat einzuholen, um einen Verlust an Sozialkreditpunkten auszugleichen.

    Dieser Artikel ist zuerst im Asia Briefing erschienen, das von Dezan Shira Associates herausgegeben wird. Das Unternehmen berät internationale Investoren in Asien und unterhält Büros in China, Hongkong, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam.

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    Personalien

    Xu Ming ist Vorstandsvorsitzender und General Manager der neu gegründeten Börse National Equities Exchange and Quotations (NEEQ) in Peking. Xu hat zuvor sieben Jahre an der Shanghaier Börse gearbeitet und soll nun vor allem kleinen und mittelgroßen Unternehmen zu neuen Finanzierungsmöglichkeiten verhelfen und dabei den Aktienmarkt an Chinas “dritter Börse” aufbauen. Nach den Handelsplätzen in Shanghai und Shenzhen, die seit 1990 existieren, gibt es seit zwei Jahren zudem den Star Market in Shanghai für die heimischen Start-ups aus der Technologiebranche.

    Xu Lei, bisheriger Leiter der Einzelhandelssparte von JD.com, wird die neu geschaffene Position des Präsidenten übernehmen. Er verantwortet künftig den täglichen Betrieb sowie die Entwicklung der verschiedenen Geschäftsbereiche von JD.com, teilte das in den USA an der Nasdaq notierte Unternehmen am Montag mit. Richard Liu, Gründer der E-Commerce-Plattform JD.com hat gestern überraschend angekündigt, sich aus dem Alltagsgeschäft seines Unternehmens zurückzuziehen, um an längerfristigen Strategien zu arbeiten und junge Manager im Unternehmen zu coachen.

    Zhou Zixue tritt aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender von Semiconductor Manufacturing International Corp. (SMIC) zurück. Zhou bleibt weiterhin Executive Director des Chip-Herstellers. Gao Yonggang ersetzt Zhou im Vorstand, wie SMIC mitteilte.

    • SMIC

    Dessert

    Schon im Kindergarten muss das Dribbeln eines Basketballes sitzen. Auch der Sportlehrplan wird landesweit angepasst, denn künftig wird die Sportnote eine größere Rolle bei der Aufnahmen in gute Schulen spielen. Dass Seilspringen, Ball dribbeln oder Kung-Fu dann helfen könnten, sozial aufzusteigen, veranlasst immer mehr Eltern in den Städten, ihre Kinder statt nur bei der Mathenachhilfe auch beim Fußball- oder Schwimmkurs anzumelden. Dass eigentlich der Leistungsdruck von den Schultern der kleinsten Schüler genommen werden soll, wird dabei häufig vergessen.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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